Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest

     
Themen zur Zukunft
im Hochschwarzwald und Breisgau - ab Oktober 2006

   

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Blick vom Batzenberg nach Osten übers Schneckental und Bellenhöhe zum Belchen und Schauinsland (links) am 19.10.08

 

"Keine Ahnung" - Dilettanten sind die neuen Helden der Gesellschaft

So wie früher die Könner verehrt wurden, werden heute jene bewundert, die etwas nicht können und es trotzdem tun. Darf sich doch jeder verwirklichen, wie er es für richtig hält. Der Dilettantismus ist gewissermaßen zu einem gefühlten Grundrecht der modernen Konsumgesellschaft geworden. Ohne ihn wäre sie kaum mehr vorstellbar. Fast scheint es, dass er sie überhaupt erst zukunftstauglich macht, im Großen wie im Kleinen. Allein durch den technischen Fortschritt sind wir gezwungen, uns immer wieder auf Dinge einzulassen, über die wir gar nicht mehr verfügen können. Zeit für gründlichere Durchdringung bleibt niemals. Und je weniger wir Herr des Verfahrens sind, desto mehr haben wir gelernt, den Anschein dafür zu erwecken. Die Hybris gehört zum Charakter der Dilettanten. Learning by doing heißt die aus der Not geborene Devise, am heimischen Computer wie im Bundespräsidialamt.
Alles vom 15.1.2012 bitte lesen auf
http://www.welt.de/print/wams/vermischtes/article13815790/Wir-Dilettanten.html
 

Bruttosozialglück anstelle Bruttosozialprodukt - wie in Bhutan

Kein Zweifel, die Deutschen haben ihr Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2011 kräftig gesteigert. Doch sind sie in diesem Jahr auch glücklicher als im Jahr zuvor? Und wie soll man das Glück einer Gesellschaft überhaupt messen? Zumindest ein Land versucht genau dieses: Der Himalaya-Staat Bhutan misst Jahr für Jahr das Bruttosozialglück seiner Bürger.

Natürlich sind seine Maßstäbe nicht einfach auf Deutschland übertragbar. Doch eine Erkenntnis gilt auch hierzulande: "Eine Gesellschaft kann mehr produzieren und konsumieren. Dennoch können die psychischen Belastungen zunehmen. Mehr Produktion kann die Umwelt zerstören. Wenn die Quantität der Waren und Dienste wächst, können die Qualität des Lebens und jene der Natur sinken", sagt der Ökonom Dasho Karma Ura, der in Bhutan im Auftrag seines Königs das Bruttosozialglück messen und hüten soll. Dazu lässt Karma Ura jedes Jahr seine Leute ausschwärmen. Sie fragen die Menschen nach ihren Bedürfnissen, nach ihren Wünschen, nach ihren Ängsten, aber auch nach ihrer Versorgung mit Waren und Dienstleistungen. Anhand von 72 Indikatoren überprüfen die Forscher des Königs, ob das Bruttosozialglück größer geworden ist.
In den vergangenen Jahren ist Dasho Karma Ura mit den Ergebnissen sehr zufrieden. Fast alle Kinder des Dritte-Welt-Staates besuchen eine Schule, Gesundheitsleistungen sind gratis für alle, vielfach funktionieren die Nachbarschaftsbeziehungen, der Haus- und Landbesitz sei gerechter verteilt und die Wälder des Landes nehmen mehr Treibhausgase auf, als die 700 000 Bhutaner an die Umwelt abgeben. Nicht so gern erwähnt Karma Ura, dass ethnische Minderheiten in dem Land weit weniger Glück haben. Generell zählen die Bhutaner im Vergleich der armen Völker jedoch zu den glücklichsten.
Wie es dagegen um das Bruttosozialglück der Deutschen bestellt ist, weiß niemand. Das Bruttoinlandsprodukt, um das sich hierzulande alles dreht, misst nur, was an Waren und Dienstleistungen produziert und bezahlt wurde. Eine gute Versorgung ist sicherlich eine Voraussetzung zum Glück. Allerdings rechnet das Bruttoinlandsprodukt auch Unglück schön: Je mehr Autounfälle passieren, desto höher ist nach diesem Maßstab der Wohlstand. Auch der Verbrauch von Rohstoffen oder die Vermehrung des Abfalls und seine Beseitigung schlagen positiv zu Buche. Auf der anderen Seite zählen unentgeltliche Leistungen wie Kindererziehung oder Nachbarschaftshilfe nicht zum gemessenen Wohlstand, obwohl sie glücklich machen können.
Zwar streiten Experten darüber, was glücklich macht. Doch in manchen Punkten sind sie sich einig: Ist erst einmal ein bestimmter Standard erreicht, macht mehr Konsum nicht unbedingt glücklicher. Wirklich glücklich sind Menschen in Gesellschaften mit relativ gerechter Einkommensverteilung, einer intakten Umwelt und stabilen sozialen Verhältnissen. Nimmt man diese Kriterien, dann haben die Deutschen in den vergangenen zehn Jahren an Glück eingebüßt. Zu dieser Schlussfolgerung kommen die Wirtschaftswissenschaftler Hans Diefenbacher und Roland Zieschank, die einen nationalen Wohlfahrtsindex als Alternative zum Bruttoinlandsprodukt entwickelt haben. Darin rechnen sie ehrenamtliche Arbeit, auch Kindererziehung, zur Wertschöpfung hinzu, die Kosten für den Umweltverbrauch ziehen sie ab. Zudem berücksichtigen sie die Verteilung der Einkommen. Prompt kommen Diefenbacher und Zieschank zu der Schlussfolgerung, dass der wirkliche Wohlstand hierzulande seit dem Jahr 2000 ständig sinke – aus zwei Gründen: Die Einkommen sind immer ungleicher verteilt, und die Kosten des Umweltverbrauchs sind gestiegen.
Deshalb ist es höchste Zeit, dass seit Anfang 2011 die Enquetekommission Wachstums, Wohlstand, Lebensqualität des Deutschen Bundestages zwei Jahre lang überprüft, wie die Einflussfaktoren von Lebensqualität und gesellschaftlichem Fortschritt berücksichtigt werden können. Wenn die Abgeordneten diskutieren, werden sie herausfinden, dass ständige Meldungen über den unerschrockenen Konsum der Deutschen nicht viel aussagen, wenn gleichzeitig die Armut wächst, die sozialen Beziehungen zerfallen und Ressourcen aufgezehrt werden. Zwar kann die Politik das Glück des Einzelnen nicht garantieren. Sie kann aber die Voraussetzungen schaffen, dass mehr Menschen glücklich werden können.
30.12.2011, Wolfgang Kessler, Chefredakteur der christlichen Zeitschrift www.Publik-Forum.de  

 

Atomkraft ist nicht menschengerecht

Die Katastrophenmeldungen aus Japan befeuern auch hierzulande die Debatte über die Atomkraft. Axel Mayer, Grünen-Kreisrat aus Endingen, BUND-Regionalgeschäftsführer und Vizepräsident des Atomschutzverbands TRAS, beschäftigt sich seit Jahren mit den Risiken der Atomkraft und dem Kraftwerk in Fessenheim. Ihn befragte BZ-Redakteur Martin Wendel.

BZ: In Japan nimmt eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes ihren Lauf, weltweit flammt die Debatte um Atomkraft und ihre Risiken wieder auf. Wie fühlt man sich da als jahrzehntelanger Kämpfer gegen die Atomkraft?
Axel Mayer: Traurig, betroffen, wütend und "alt": In meiner Jugend gab's die Pro-Wyhl-Atombroschüren, in denen stand, dass ein Super-GAU einmal in einer Million Jahre passieren könnte. Nach Tschernobyl ist dies der zweite Super-GAU. So schnell geht eine Million Jahre vorbei.

BZ: Die Bundesregierung setzt die beschlossene Laufzeitverlängerung vorerst aus. Ist das für Sie ein glaubhaftes Indiz für ein energiepolitisches Umdenken?
Mayer: Leider nein. Ronald Pofalla, Chef des Bundeskanzleramts, sagte noch vor kurzem: "Kernkraft ist für die CDU Öko-Energie". Auch nach Tschernobyl gab's eine zuerst anschwellende dann schnell wieder abschwellende Betroffenheit. Es geht um viel Geld für die Betreiber und noch ist die politische Verfilzung zwischen Atomkonzernen und Schwarz-Gelb leider stark ausgeprägt. Ich hoffe, dass sich in der CDU die kleine Minderheit der echten, wertkonservativ-lebensbewahrenden Mitglieder irgendwann gegen die Pro-Atom-Funktionäre wehrt.

BZ: Die Atomkraftbefürworter warnen stets vor Risiken bei der Versorgungssicherheit, wenn es ums Abschalten von Atommeilern geht. Andere rechnen vor, Deutschland hätte auch beim Verzicht auf die sieben ältesten Atomkraftwerke genügend Puffer, um selbst in Spitzenlastzeiten die Stromversorgung garantieren zu können. Ist die Versorgungslücke eine Versorgungslüge?
Mayer: Die alten Atomkraftwerke könnten ohne Risiken bei der Versorgungssicherheit schnell abgeschaltet werden. Auch die neueren AKW sollten schneller abgestellt werden. Die Versorgungslücke ist eine Versorgungslüge. In Wyhl haben wir nicht nur Nein zur Atomkraft, sondern auch Ja zu den Alternativen gesagt und in diesem Bereich in 35 Jahren ungeheure Fortschritte erreicht. Langfristig gibt es mit und ohne AKW eine bedrohliche Energiekrise. Uran, Erdöl, Erdgas und Kohle sind endlich und die Energiepreise werden explodieren. Nur Erdwärme, Sonne und Wind stehen unbegrenzt zur Verfügung.

BZ: Was wäre nach Ihrer Ansicht ein glaubwürdiger Schritt der Politik in Sachen Abkehr von der Atomkraft?
Mayer: Ein erster Schritt wäre der schnelle, wahlunabhängige Ausstieg aus der beschlossenen Gefahrzeitverlängerung für AKW. Doch auch die neueren AKW müssen schnell vom Netz. Vor allem müssen die Alternativen und das Energiesparen massiv gefördert werden.

BZ: Die Katastrophe in Japan wurde ja offenbar durch eine tödliche Mischung aus einem massiven Naturereignis und ungeahnter Schlamperei ausgelöst. Ist die Situation in Deutschland da sachlich und nüchtern betrachtet wirklich vergleichbar?
Mayer: Die japanischen AKW galten bis vor einer Woche noch als "absolut sicher" und waren auf schwerste Erdbeben vorbereitet. Nach Tschernobyl wurde auf die "russische Technik" geschimpft und die westliche Technik für absolut sicher erklärt. Das Problem sind insbesondere Katastrophenabläufe, mit denen im Vorfeld weder Befürworter noch Kritiker gerechnet haben. Die Atomkraft ist nicht menschengerecht.
BZ: Bei aller Debatte um deutsche Atomkraftwerke stellt sich in Südbaden das Thema Risiko wohl vor allem durch das französische Kraftwerk in Fessenheim, mit dem Sie sich ja seit langem beschäftigen. Wie beurteilen Sie die Lage dort?
Mayer: In jedem AKW wird in einem Betriebsjahr pro Megawatt elektrischer Leistung die Radioaktivität einer Hiroshima-Bombe erzeugt. Das heißt, dass in den beiden Fessenheimer Reaktorblöcken mit je 900 Megawatt Leistung im Jahr in etwa die kurz- und langlebige Radioaktivität von zirka 1800 Hiroshima-Bomben entsteht. Die "Freisetzung" nur eines kleinen Teils dieser Radioaktivität hätte verheerende Folgen für unsere Region. Dazu kommt, dass Fessenheim das älteste französische AKW und nur unzureichend gegen Erdbeben geschützt ist. Fessenheim ist nicht nur ein französisches AKW. Auch die EnBW bezieht Strom von dort. Darum ist der Wechsel zu Ökostromanbietern auch ein wirksames Mittel gegen Atomstrom.

BZ: Glauben Sie, dass im Atomstromland Frankreich eine Debatte, vergleichbar mit der in Deutschland, überhaupt in Gang kommen kann?
Mayer: In Frankreich gibt es diese Debatte und auch einen sich verstärkenden Widerstand, und es gibt auch Überlegungen für gemeinsame Aktionen, eventuell auf allen Brücken am Oberrhein.

BZ: Zynisch gefragt: Müssen sich die Menschen in der Region überhaupt Gedanken machen, was sie bei einem Unfall in Fessenheim tun sollen oder können?
Mayer: Der Wind weht sehr häufig von Fessenheim Richtung Landkreis. Der aktuelle Katastrophenschutzplan für Atomunfälle kann bei kleineren Atomunfällen, die erst nach mehreren Tagen zu einer "Freisetzung" von Radioaktivität führen, zu einem gewissen Schutz der Bevölkerung beitragen. Er kann und soll auch Panikreaktionen verhindern, also beruhigen. Bei schweren Atomkatastrophen, beim Super-GAU in Fessenheim, bei denen nach kurzer Zeit ein Großteil des radioaktiven Inventars entweicht, bietet der jetzige Katastrophenschutzplan nur eine minimale Hilfe. Solche Unfälle, deren Eintrittswahrscheinlichkeit gering ist, die aber dennoch jeden Tag möglich sind, sprengen unser Vorstellungsvermögen. Sie sind im Plan "nicht vorgesehen". Wenn es in Fessenheim zu einem schweren Unfall oder Terroranschlag kommt, zu einer Katastrophe, die unwahrscheinlich ist und die dennoch morgen schon eintreten kann, wenn ein Teil des radioaktiven "Inventars" des Atomkraftwerks austritt und der Wind in Richtung Landkreis weht, dann werden wir unsere Heimat, mit allem was wir in Jahrzehnten mühevoll aufgebaut haben, schnell und endgültig verlassen müssen und froh sein, einfach nur zu überleben.
16.3.2011
Axel Mayer, BUND-Regionalgeschäftsführer und Grünen-Kreisrat in Emmendingen, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem AKW in Fessenheim

 

Beteiligungsprojekt "Bürgerforum 2011": Freiburger beim Bundespräsidenten

Gestern ging es los mit dem bundesweiten Bürgerbeteiligungsprojekt "Bürgerforum 2011", bei dem 10000 Menschen aus ganz Deutschland Zukunftsfragen diskutieren und Lösungen vorschlagen sollen: Bundespräsident Christian Wulff empfing auf seinem Berliner Amtssitz Schloss Bellevue Oberbürgermeister, Landräte und je eine Bürgerin oder einen Bürger aus den 25 teilnehmenden Städten. Aus Freiburg reisten OB Dieter Salomon und Verena Rogalski an, die Russisch und Sinologie studiert. Simone Lutz sprach mit der 22-Jährigen über ihren Besuch in Berlin.
Alles vom 26.1.2011 bitte lesen auf
http://www.badische-zeitung.de/freiburg/22-jaehrige-studentin-als-vertreterin-freiburgs-beim-bundespraesidenten--40451322.html

www.buergerforum2011.de

 

Ausdehnung des USA-Ölteppichs für Konstanz als Untergangsort

Nach der dem Untergang der Bohrinsel Deepwater Horizon im Golf von Mexiko sprudelt das Öl unaufhörlich - im schlimmsten Fall könnte das Öl noch bis August fließen. Der Ölteppich vergrößert sich  immer mehr. Wie groß ist der Ölteppich? Bei der Annahme, dass der Untergangsort der Bohrinsel bei Konstanz liegen würde, bedeckt der virtuelle Ölteppich große Teile Süddeutschlands und der Schweiz. Auch Frankreich und Österreich wären betroffen.

Ölteppich Ende Mai 2010 bei Annahme "Borinseluntergang in Konstanz" Ölteppich Ende Mai 2010 bei Annahme "Borinseluntergang in Konstanz"

3.6.2010, Mehr und interaktive Karte auf.
http://www.ifitwasmyhome.com/#loc=Konstanz%2C%20Deutschland&
lat=47.661937&lng=9.1724257&x=9.194398356249985&y=47.772809022097675&z=7

 

Die unbelehrbare Elite: Bischöfe und Spitzenbanker

Margot Käßmann, bis vor Kurzem Bischöfin und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, war für eine Woche in allen Medien – jetzt ist sie wieder verschwunden. Sie selbst wird froh darüber sein, weil sie nur so zur Ruhe kommen kann. Doch froh sind darüber auch andere: Vor allem das Führungspersonal in der katholischen Kirche, in den großen Banken und in der Wirtschaft. Denn mit ihrem Rücktritt nach einem schwerwiegenden privaten Fehler hat Margot Käßmann moralische Maßstäbe gesetzt, an denen sich viele katholische Bischöfe, die meisten Banker und Wirtschaftsbosse nicht messen lassen können – und lieber auch nicht messen lassen wollen. Selten zuvor hat sich in Deutschland eine Elite in Kirche und Gesellschaft als so unbelehrbar erwiesen wie jetzt.

Zum Beispiel die katholischen Bischöfe. Zwar ersucht nun einer von ihnen, Walter Mixa, um Rücktritt. Doch wie lange hat es gedauert, bis die Bischöfe überhaupt über Konsequenzen aus den unzähligen Missbrauchsfällen in katholischen Einrichtungen nachgedacht haben? Statt offensiv aufzuklären, wiegelten sie wochenlang ab: Sexuelle Gewalt gebe es in Familien, Internaten, Vereinen, sie sei kein spezielles Problem der Kirche. Dann räumten sie gegenüber der Öffentlichkeit immer nur das ein, was sie nicht mehr bestreiten konnten. Erst unter dem Druck der Bundesjustizministerin kam die Aufklärung ins Rollen. Doch Aufklärung hin, Aufklärung her – Anfragen an die Institution Kirche weisen sie schroff zurück. Auf grundlegende Kritik am Zwangszölibat für Priester, an der engen Sexualmoral und am männerdominierten, autoritären System der katholischen Kirche antworten sie mit einem Gegenangriff: So etwas sagten nur Feinde der Kirche. Dass inzwischen, so meldete die Katholische Nachrichtenagentur, 47 Prozent der Katholiken für grundsätzliche Reformen in ihrer Kirche sind, kümmert die Bischöfe nicht. Sie schützen nur ihre Institution.

Das Gleiche gilt für die meisten Spitzenbanker. Während Präsidenten von Sparkassen oder Volksbanken seit der Finanzkrise kritische Fragen stellen, hat bisher kein Spitzenbanker Verantwortung für die Krise übernommen. Wie die Bischöfe, räumten auch sie immer nur häppchenweise ein, was sie nicht mehr verschweigen konnten. Seit sich die Lage beruhigt hat, versuchen sie vor allem, jene Reformvorschläge der Politik zu torpedieren, die ihre Kreise in Zukunft stören konnten. Ansonsten machen sie weiter wie bisher. Die millionenschweren Bonuszahlungen fließen, als hätte es nie eine Krise gegeben. The show must go on. Dabei sind die Banker nicht alleine. Wer geglaubt hatte, das stark gewachsene Misstrauen in die Managerelite würde diese zu vertrauensbildenden Maßnahmen animieren, sieht sich getäuscht. Kaum hatte der Bundesverband der Deutschen Banken vor einer wachsenden Altersarmut gewarnt – schon zementierten viele Vorstände erst einmal ihre Privilegien im Alter. Während normale Arbeitnehmer ihre Rente erst mit 67 Jahren erhalten, können Vorstände schon mit 60 Jahren in den Ruhestand. Mehrere Dax-Unternehmen steigerten die Pensionsbeiträge ihrer Vorstandsmitglieder exorbitant – RWE um 43 Prozent. Bei Linde wurden die Pensionsrückstellungen von vier Vorständen von 370 000 Euro auf gut zwei Millionen Euro erhöht. So gewinnt man kein Vertrauen, aber so schützt man seine Interessen. Seit vielen Jahren kritisieren Eliteforscher wie der Darmstädter Soziologe Michael Hartmann, dass sich das hiesige Führungspersonal immer mehr von der Bevölkerung abschotte. Die Eliten setzen zwar auf eine hohe fachliche Ausbildung des Nachwuchses, rekrutieren aber vor allem Leute, die ebenso denken, leben und handeln wie sie. So sind viele Bischöfe hervorragend ausgebildet. Sind sie jedoch einmal im System, stellen sie ihr Können in den Dienst der Mutter Kirche – auch wenn es Opfer fordert.

Es waren hervorragend ausgebildete Banker, einschließlich einiger Nobelpreisträger, die das Finanzsystem an die Wand gefahren haben. Sie wollten nur ihren Reichtum und den ihrer Unternehmen mehren. Michael Hartmann sieht in diesen Eliten sogar eine Gefahr für die Demokratie. Und diese Gefahr besteht so lange, wie die Führungspersönlichkeiten nur ihre eigenen Interessen und die ihrer Institutionen im Sinn haben, ohne sich um die Folgen ihres Tuns für die Gesellschaft zu kümmern.
Wolfgang Kessler, 24.4.2010, Gastbeitrag in www.badische-zeitung.de

Wolfgang Kessler ist Wirtschaftspublizist und Chefredakteur der christlichen Zeitschrift Publik-Forum.
www.publik-forum.de


 

 

Wenn ich einem Fremden, der meinen Nachbarn bedroht, Waffen verkaufe

Wenn ein Fremder meinen Nachbarn bedroht und ich dem Fremden einen Knüppel oder ein Gewehr verkaufe, dann werde ich vermutlich bestraft. Wenn der Nachbar die Schweiz ist, der Fremde Herr Gaddafi und wenn Herr Sarkozy Herrn Gaddafi (und in andere Spannungsgebiete) Atomkraftwaffen liefert, dann wird das natürlich nicht bestraft und es ist nicht einmal ein Thema für die Mehrzahl der Medien. Der Zusammenhang zwischen heutigem Handeln und zukünftigen Folgen spielt in der Berichterstattung dann keine Rolle, wenn das heutige Handeln Gewinne bringt. Der Philosoph Günter Anders hat diese Art des Denkens und Verdrängens einmal Apokalypsenblindheit genannt.
Es wäre gut und wichtig, diese gefährliche Art des Denkens und des Journalismus zu überwinden.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Mayer, 11.3.2010, http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/gaddafi-dschihad.html

 

Die Macht der Illusionen: Job-Zufriedenheit wichtiger als Wachstum

Noch mehr Autos, noch mehr Fernseher, alle drei Monate ein neues Handy – das kann nicht gut gehen, sagen viele. Und wenn alle Menschen auf der Welt so viele Autos fahren, so viele Fernseher haben, so viele PCs betreiben wie wir Deutschen, dann: gute Nacht, Erde. Die Verantwortlichen in der Politik wissen auch Bescheid. "Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen. Wir brauchen endlich eine nachhaltige Entwicklung", sagte unlängst Finanzminister Wolfgang Schäuble. Doch obwohl alle wissen, dass es so nicht weitergehen kann, machen alle weiter wie bisher. Die Regierung hat gerade ein "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" verabschiedet – und auch die Regierten konsumieren munter weiter wie bisher.
Warum tun wir nicht, was wir wissen – und verändern unsere Art zu wirtschaften? Der wichtigste Grund liegt in den Triebkräften der kapitalistischen Wirtschaft. Unternehmen gelten dann als erfolgreich, wenn sie Ende des Jahres mehr Geld in der Kasse haben als am Anfang. Dann erhalten die Eigentümer eine höhere Dividende. Dann können die Unternehmen die Zinsen der Kreditgeber bezahlen. Sind die Gewinne hoch, können auch die Löhne steigen – es wird mehr gekauft. Dieses Wachstum steigert die Steuereinnahmen. Die Politiker können jetzt mehr Wohltaten finanzieren oder Schulden zurückzahlen, wenn sie es denn wollen. Mit dem Kapitalismus ist es scheinbar wie mit einem Fahrrad: Wenn man anhält, fällt es um. Das glauben auch die meisten Bürger. "Sie wollen unter allen Umständen ihren Lebensstandard halten. Da sie davon ausgehen, dass die Zukunft schlechter wird als die Gegenwart, verteidigen sie den Status quo", sagt Harald Welzer, Sozialpsychologe an der Universität Witten/Herdecke. Um ihren Status quo nicht zu gefährden, flüchteten viele Menschen in die Verdrängung. In Umfragen geben, so Welzer, viel mehr Inder an, dass ihr Lebensstil die Umwelt schädige, als Deutsche, obwohl der Ressourcenverbrauch jedes Deutschen ungleich größer ist als der jedes Inders.
Oder die Menschen flüchten in Machbarkeitsillusionen: Man könne doch mit Hilfe der Sonne so viel Strom produzieren wie mit Atom oder Kohle. Warum also sparen? Die meisten Bürger akzeptierten nur Lösungswege, so Welzer, die ihren Lebensstil nicht verändern: Elektroautos statt Verbrennungsmotoren ja – Alternativen zum Auto nein. "So sitzen die Bürger in ihren mit Abwrackprämien finanzierten Autos vor schuldenfinanzierten Baustellen im Mobilitätsstau", sagt Welzer.
Dazu kommt die soziale Frage. Auch wenn sie es nicht laut sagen, so klingt doch bei vielen Wachstumskritikern die Forderung nach Verzicht durch. Für manche gut situierten Bürger hat die Losung "Weniger ist mehr" durchaus einen guten Klang: sich freischwimmen vom Wohlstandsmüll, Ballast abwerfen, sich konzentrieren. Doch für Niedriglöhner oder Hartz-IV-Empfänger klingt "Weniger ist mehr" wie blanker Hohn.
Viele Wachstumskritiker fordern deshalb nicht mehr Nullwachstum, sondern ein anderes Wachstum. Zum Beispiel der Ökologe Wolfgang Sachs vom Wuppertal Institut. Er will ein grünes, ein sozialverträgliches Wachstum. All das soll wachsen, was leicht ist, langlebig, wiederverwertbar, solar, mit der Natur vereinbar. Und natürlich will Sachs – in Einklang mit Gewerkschaftern und vielen Sozialpolitikern – mehr von dem, was den Menschen dient: Erziehung, Bildung, Betreuung, Pflege. Ökologische und soziale Qualität soll wachsen. Schrumpfen soll dagegen, was schwer ist, fossil, atomar, unsozial oder ökologisch bedrohlich. Qualitatives Wachstum statt quantitatives Wachstum – damit können sich viele sicherlich anfreunden. Allerdings sind die Probleme damit nicht gelöst. Denn wer entscheidet, was dann wachsen darf und was nicht? Und ketzerisch gefragt: Entsteht bei qualitativem Wachstum nicht auch zusätzliches Einkommen, das dann quantitatives Wachstum schafft?
Klar: Mehr Qualität statt mehr Quantität ist ein Fortschritt. Doch echt bedroht wird der unumstößliche Wachstumsglaube erst, wenn sich herumspricht, was die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ermittelt hat: Dass das Wirtschaftswachstum der vergangenen 20 Jahre die Lebenszufriedenheit der Deutschen nicht gesteigert habe. Weit mehr als von Wachstum hängt das Glück der Menschen offenbar von der Zufriedenheit im Job und von einem funktionierenden sozialen Leben ab. Wenn immer mehr aber nicht mehr Glück verheißt, dann wird Wachstum wirklich unwichtiger.
30.12.2009, Wolfgang Kessler in der BZ
Wirtschaftspublizist und Chefredakteur der christlichen Zeitschrift Publik-Forum.  

 

Neujohr  2010

S Neujóhr isch jed’s Johr eimol do,
so isches all’wiil gsii,
un so wurds au in tausend Johr
allewiil noch sii-
oder au nit.

Mir Mensche,
mir hen d Zit erfunde,
teile s Läbe ii
in Freizit- un in Arbeitsstunde:
ä klari Symmetrie.

D Zit isch Geld,
hörsch d Mensche sage-
aber s Geld nit Zit.
Isches Johr no rum,
hörsch klage:
d Zit isch furt -
un s Geld grad mit.

Stefan Pflaum, 23.12.2009, www.dreisamtaeler.de

 

Wachstum des Sozialprodukts nein, der Alternativen Energien ja

Exponentielles Wachstum einer Wirtschaft führt zwangsläufig zur Selbstzerstörung
Bei einem anhaltenden Wachstum von 3% verdoppelt sich das Bruttosozialprodukt alle 23 Jahre, bei 5% sogar bereits alle 14 Jahre. Und eine Menge, die exponentiell wächst, vertausendfacht sich jeweils nach der zehnfachen Verdoppelungszeit. Dauerhaftes exponentielles Wachstum einer Wirtschaft ist nicht möglich und führt zwangsläufig zur Selbstzerstörung. Als Problemlösungsansatz kann es langfristig und global nicht dienen. Durch die periodischen Kriege im Laufe der Menschheitsgeschichte wurde das bisherige Wachstum immer wieder unterbrochen. Es wäre anzustreben, die aktuellen Probleme ohne großen (und damit vermutlich letzten) Krieg in den Griff zu bekommen.

Das Wachstum im Bereich der Alternativen Energien,
gehört zu den wenigen hoffnungsvollen Zeichen der Zeit. Von 1995 bis 2005 haben sich die Preise für atomar-fossile Energien mehr als verdoppelt, während sie sich für erneuerbare Energien halbiert haben. Windstrom ist global die am schnellsten expandierende Energienutzung. In der EU gingen im Jahr 2005 alle zwei Monate 1000 MW neue Windenergie ans Netz. In Kilowatt (Leistung) entspricht dies einem neuen AKW Gösgen (CH), in Kilowattstunden (Produktion) wird damit ein Atomreaktor der Grösse Beznau(CH) ersetzt - und dies alle 60 Tage. Und genau dieses positive Wachstum der zukunftsfähigen Energien wird von den Anhängern der atomar-fossilen Energiegewinnung massiv bekämpft.

Wachstumsbeschleunigungsgesetz
Schuldenwachstumsbeschleunigungsgesetz
Genkartoffelwachstumsbeschleunigungsgesetz
Atommüllwachstumsbeschleunigungsgesetz
Straßenundflugverkehrswachstumsbeschleunigungsgesetz
Klimawandelwachstumsbeschleunigungsgesetz
Abstandzwischenarmundreichwachstumsbeschleunigungsgesetz

Mehr vom 11.11.09 bitte lesen auf http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/wachstumskritik.html

 

Die leisen Intellektuellen

.... Moment mal. Intellektuelle? Gibt es die überhaupt noch? Oder sind sie, heimlich still und leise, mit der Bonner Republik und ihrem sentimentalen Nachzittern zu Grabe getragen worden? Das wäre nun zwar schon ziemlich lange her – aber Hand aufs Herz: Erinnern Sie sich daran, wann in der Öffentlichkeit zuletzt eine richtig knackige Debatte zwischen – sagen wir – Jürgen Habermas als dem letzten Universalvertreter der kritischen Aufklärung und, zum Beispiel, dem Hirnforscher Wolf Singer über die Freiheit des Christenmenschen entbrannt wäre? Oder Oskar Negt und Alexander Kluge sich lautstark Gedanken über das Ende der Arbeitsgesellschaft gemacht hätten?....
Alles von Bettina Schulte vom 13.10.2009 bitte lesen auf
http://www.badische-zeitung.de/meinung/kommentare/die-leisen-intellektuellen

Großes Kompliment an Bettina Schulte für ihre Philippika gegen "Die leisen Intellektuellen". Solch konstruktiv kritische Worte liest man heutzutage selten. Schade, weil doch gerade die Presse als "vierte Gewalt" dazu besonders verpflichtet wäre. Aber leider scheinen auch die Medien immer mehr den Lobbyisten Platz zu machen, die Moral und Ethik ausschließlich nach der Rendite fürs Unternehmen beurteilen.
BZ-Leserbrief vom 21.10.2009 von Klaus Zillich, Secau

 

Man müsste sich mehr mit Politik beschäftigen

Heute gibt es einen Leitartikel: "Gierig, schmierig, dumm?" Ich bin auch der Meinung, dass wir bei uns genügend Mandatsträger haben, die seit Jahrzehnten ordentliche Arbeit leisten. Unsere Politik wird im Ausland mehr geschätzt, als man es dem Volk weismachen möchte. Und die weniger Guten wurden auch mal vom Volk gewählt, ergo können sie auch wieder abgewählt werden. Aber dazu müsste man sich mit der Materie Politik beschäftigen. Das erfordert dann etwas mehr Einsatz, als ins Kino zu gehen und über Horst Schlämmer zu lachen.
Zum Einstieg in das Politikverständnis könnte ich den regelmäßigen Besuch von öffentlichen Gemeinderatssitzungen/Ausschusssitzungen wärmstens empfehlen. Das ist eine sehr spannende und informative Angelegenheit, da trennt sich schon die Spreu vom Weizen. Ich würde mich freuen, auf der Zuschauerbank künftig etwas mehr Gesellschaft zu haben, denn manchmal ist es da recht einsam. Und dann würde ich mir wünschen, es gingen am 27. September viele Bundesbürger zur Wahl, unabhängig von der Wetterlage, dass zumindest die Wahlbeteiligung etwas höher ist, als in Afghanistan. Es ist bei uns nicht lebensgefährlich zur Wahl zu gehen, garantiert.
BZ-Leserbrief vom 10.9.2009 von Alice Beil, Offenburg.
  

 


Neusprech und Greenwash: Über Propaganda und Sprache

Im Jahr 1949 erschien der berühmte Roman "1984" des englischen Autors George Orwell. Er beschreibt darin eine düster realistische Zukunftsvision, eine moderne Diktatur, einen Überwachungsstaat als Gedankenregime, in dem der allwissende, allsehende "Große Bruder" die Macht hat. Eine wichtige Form der Herrschaft in dieser Gedankendiktatur ist die Beherrschung und Manipulation der Sprache.

"Krieg ist Frieden
Freiheit ist Sklaverei
Unwissenheit ist Stärke"
Georg Orwell

Die Manipulation von Sprache als Mittel der Machtausübung und Unterdrückung ist vermutlich so alt wie die Sprache selbst. Gerade auch in der Zeit des Faschismus wurde Neusprech politische und propagandistische Realität. Hitler hat nicht immer von Krieg gesprochen, wie uns das eine vereinfachende Geschichtsdeutung weismachen will. Er hat in den ersten Jahren der Machtausübung immer wieder von Frieden gesprochen, aber Krieg gemeint. Das Gift des Bösen war durchaus auch in
Zucker getaucht. Wenn es der Geschichtsunterricht an den Schulen nicht wagt, diesen geschickt gestreuten "Zucker" zu beschreiben, dann können die Mechanismen der Propaganda nicht verstanden werden.

Vernichtungslager -- Konzentrationslager, Massenmord -- Endlösung

Auch heute wird Sprache* zur Desinformation missbraucht. Dies gilt insbesondere für die Sprache des Militärs, gerade auch in Kriegszeiten. Das vom Nürnberger Waffenproduzenten Werner Diehl, in Kooperation mit dem Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall, gegründete Gemeinschaftsunternehmen "Gesellschaft für intelligente Wirksysteme" stellt laut TAZ vom 2.3.09 u. a. "intelligente" Streubomben her, die nicht Streubomben genannt werden dürfen. Das orwellsche "Krieg ist
Frieden" galt auch für die deutsche Bundesregierung im lange Zeit unerklärten Krieg in Afghanistan. Ein asymmetrischer Krieg der in der öffentlichen Darstellung aber nicht so genannt werden sollte.
Erschreckend erfolgreich waren die Vorkriegs- und Kriegslügen der Bush-Regierung. Dass Diktatoren lügen wissen wir. Unsere Aufgabe als Demokraten ist es, den Lügen in der Demokratie entgegenzutreten.

Tötung von Zivilisten -- Kollateralschäden
Waffen & Streubomben - Intelligente Wirksysteme
Militärischer Auftrag mit der Option zu töten - Robustes Mandat
Angriff -- Vorwärtsverteidigung
Folter - Umstrittene Verhörmethode
Neusprech muss nicht immer nur die Ersetzung oder Neuschaffung von Begriffen sein. Manche alten, wohlklingenden Begriffe werden einfach umgedeutet. 1969 wollte Willy Brandt gegen den politischen Muff und Filz der Nachkriegszeit "mehr Demokratie wagen" Gemeint war damit der Wunsch und der Wille "mehr Reformen zu wagen". Über Jahrzehnte hat eine gezielte Umdeutung dieses positiv besetzten Begriffs stattgefunden. Heute steht das Wort "Reform" für Sozialabbau und den neoliberalen Umbau der Gesellschaft. Niemand hat sich gegen diesen Missbrauch des Begriffs gewehrt. Auch über die Begriffe "Arbeitnehmer und Arbeitgeber" lohnt es sich nachzudenken. Wer gibt und wer nimmt?

Entlassung, Kündigung -- Freisetzung
Sozialabbau -- Reformen
Gerechtigkeitsdebatte - Neiddebatte
Selbst bei "unpolitischen" Naturschutzthemen* gibt es Neusprech: /"Durch eine umfassende Untersuchung konnte nachgewiesen werden, dass die seit 1912 in Baden-Württemberg "ausgestorbenen" Wildkatzen wieder in den Wäldern des Landes umherstreifen."/ (Zitatende) Ausgestorben" ist ein seltsam beschönigendes Wort. Es klingt nach "still von uns gegangen". Bekämpft, verfolgt, ausgerottet, ausgemerzt..., diese Begriffe beschreiben den Umstand des "Aussterbens" ein wenig treffender.

Verfolgt, Ausgerottet, Ausgemerzt - Ausgestorben
Wenn es um die Durchsetzung von Industrieinteressen gegen Mensch, Natur und Umwelt geht, dann setzen Atom-, Gen- und Chemielobbyisten schon lange auf Greenwash. Neusprech ist bei den großen PR-Firmen zwischenzeitlich Tagesgeschäft, gerade auch, wenn nach großen Industrieunfällen (Bhopal, Seveso, Toulouse...) Krisenkommunikation als gezielte Desinformation betrieben wird. Mit dem gezielt eingeführten Kampfbegriff "Ökologismus" versuchen Industrielobbyisten und neoliberale Netzwerke positiv besetzte Begriffe wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Ökologie zu ersetzen, Zukunftsfähigkeit zu diskreditieren und die Umweltbewegung in die politische Nähe von Sekten zu stellen.

Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Ökologie - Ökologismus
Pestizid -- Pflanzenschutzmittel
Gift -- Wirkstoff
Beseitigung von
Giftmüll -- Entsorgung
Abwrackprämie - Umweltprämie
Müllverbrennung -- Thermische Abfallbehandlung
Kohlendioxid (CO_2 ) Abgas-Pipeline - Klimaschutzpipeline
Eine Blüte der Desinformation und des Greenwash erleben wir im Zusammenhang mit Klimawandel und Atomenergie. "Es gibt keine menschengemachte Klimaveränderung" war eine der vielen Werbeaussagen der PR-Firma Burson Marsteller im Auftrag der Öl- und Kohlekonzerne in den
USA. "Wegen der drohenden
 Klimaveränderung brauchen wir unbedingt mehr Atomkraftwerke" ist nun die gegensätzliche, neue Werbebotschaft von Burson Marsteller, denn die Meinungsmacher arbeiten jetzt auch für die Atomkonzerne. Der Begriff Atomkraftwerk wird von vielen Menschen immer noch mit der Atombombe assoziiert. Darum wurde schon vor Jahrzehnten der harmloser klingende Begriff der Kernenergie eingeführt. Eine Offenbarung in Sachen Neusprech ist die Notfallschutzbroschüre des
Regierungspräsidiums Freiburg für das AKW Fessenheim. Aus dem Katastrophenschutz wurde der Notfallschutz und Radioaktivität tritt bei einem Atomunfall nicht etwa unkontrolliert aus, sondern Radioaktivität wird freigesetzt... Auch auf vielen Wikipediaseiten heißt der AKW-Schornstein zur Abgabe von krebserzeugender Radioaktivität immer noch Abluftkamin.

AKW -- KKW
Atomkraftwerk -- Kernkraftwerk
Plutonium-AKW -- Schneller Brüter
Atommülllager -- Entsorgungspark
Atomunfall -- Ereignis
Atomkatastrophe -- Bedeutsames Ereignis
Katastrophenschutz -- Notfallschutz
Katastrophenschutzbroschüre - Notfallschutzbroschüre
Austritt von Radioaktivität -- Freisetzung von Radioaktivität
Entgiftung -- Dekontamination
AKW-Schornstein -- Abluftkamin
George Orwell war ein realistischer Visionär. Er hat Neusprech, die Gedankendiktatur und den Überwachungsstaat beschrieben. Viele Diktaturen des letzten Jahrhunderts in Ost und West waren schrecklich, aber glücklicherweise technisch noch unvollkommen. Heute, in der Demokratie, sind wir da technisch "weiter". Das zentrale Problem der Menschen sind nicht die unter entsetzlichen Opfern überwundenen Katastrophen und Diktaturen. Das Problem ist unsere offensichtliche Unfähigkeit daraus zu lernen. Gegen Neusprech, Propaganda und Greenwash lässt sich in der real existierenden Demokratie leichter angehen als in einer Diktatur. Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir beginnen, uns gegen die Manipulation der Sprache und des Denkens zu wehren?
Mehr Infos zu Neusprech und Greenwash unter
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/idx-greenwash.html
Axel Mayer, 16.1.2009, aktualisiert 10.6.2009, Bund Freiburg
Der Autor ist BUND-Geschäftsführer in Freiburg, Kreisrat und Vizepräsident im Trinationalen Atomschutzverband


 


Glücklich sein ist der Weg - alles Gute für 2009
 

Wir sagen uns immer, dass unser Leben besser sein wird, wenn wir erst einmal verheiratet sind, ein Baby haben, dann noch eines. Dann sind wir frustriert, weil unsere Kinder noch so klein und bedürftig  sind. Und wir sagen uns, dass alles gut sein wird, wenn sie erst einmal größer sind. Dann sind wir frustriert, weil sie in der Pubertät sind und wir mit ihnen zurechtkommen müssen. Bestimmt werden wir glücklicher sein, wenn sie erst einmal aus diesem Alter heraus sind . Wir erzählen uns, unser Leben wird besser, wenn unser Lebenspartner seinen/ihren Weg einmal richtig macht, wenn wir ein schöneres Auto haben, wenn wir mal Urlaub haben, wenn wir endlich in Rente gehen können. Die Wahrheit ist: Es gibt keine bessere Zeit, um glücklich zu sein, als jetzt. Wenn nicht, wann dann? Herausforderungen wird es in unserem Leben immer wieder geben. Es ist besser, das anzuerkennen und  sich zu entschließen, jetzt glücklich zu sein, trotz allem.

Immer wieder dachten wir, dass das Leben bald beginnen würde. Das richtige Leben. Aber immer gab es irgend ein Hindernis auf dem Weg, immer irgend eine Art von Prüfung, die zu bestehen war, irgend eine Arbeit, die noch erledigt werden musste, irgend eine Rechnung, die noch zu bezahlen war...
Dann würde das Leben beginnen. Diese Betrachtungsweise half mir zu sehen, dass es keinen Weg  zum glücklich sein gibt. Also, genieße den Augenblick. Höre auf, zu warten,
dass die Ferien anfangen,
dass die Schule wieder anfängt,
dass Du Dein eigenes Geld verdienst,
dass Du heiratest,
dass Du zehn Pfund abnimmst,
zehn Pfund zunimmst,
auf Freitagabend,
auf Sonntagmorgen,
auf ein neues Auto,
dass Dein Kredit abbezahlt ist,
auf den Frühling,
den Sommer,
den Herbst,
den Winter,
auf den 1. oder 15. des Monats,
dass sie Dein Lied im Radio spielen,
dass Du stirbst,
ass Du wiedergeboren wirst
 ... bevor Du Dich entschließt, glücklich zu sein. Glücklich sein IST der Weg. Ich bin schließlich zu der Erkenntnis gekommen, dass diese  „Hindernisse" das Leben sind.

Glücklich sein ist eine Reise, kein Ziel. Es gibt keine bessere Zeit um glücklich zu sein als JETZT! Und es ist immer JETZT. Also lebe und genieße jeden Augenblick. Versuche einmal, folgende Fragen zu beantworten: Nenne die 5 reichsten Menschen der Welt. Nenne die letzten 5 Miss Universum. Nenne die letzten 10 Nobelpreis-Gewinner. Nenne die letzten 10 Oscar-Gewinner. Fallen sie Dir nicht ein? Eher schwierig, nicht wahr? Mach Dir keine Gedanken, niemand erinnert sich daran. Applaus verklingt. Trophäen verstauben. Sieger sind bald vergessen.

Und nun beantworte diese Fragen:
Nenne 3 Lehrer, die zu Deiner Entwicklung beigetragen haben
- Nenne 3 Freunde, die Dir geholfen haben, als Du Probleme hattest
- Denke an einige Menschen, die Dir das Gefühl gegeben haben, etwas besonderes zu sein
- Nenne 5 Menschen, mit denen Du gerne Deine Zeit verbringst
...ist schon einfacher, nicht wahr? Die Menschen, die, die für Dein Leben wichtig sind, stehen in keiner Bestenliste, haben nicht das meiste Geld, haben nicht die höchsten Preise gewonnen... Es sind die Menschen, denen Du etwas bedeutest, die sich um Dich kümmern, die, egal was ist, immer zu Dir halten.. Denke einen Moment darüber nach. Das Leben ist ziemlich kurz. Und Du, in welcher Liste stehst Du? Weißt Du es nicht? Ich helfe Dir mal ein bisschen .. Du bist keiner von den  „Berühmtheiten", aber Du bist einer von den Menschen, an die ich gerne denke.

Vor einiger Zeit, bei der Olympiade in Seattle, USA, standen neun Athleten, alle geistig oder körperlich behindert, an er Startlinie für das100-Meter-Rennen..Der Startschuss fiel und das Rennen begann. Nicht jeder konnte rennen, aber jeder wollte dabei sein und gewinnen. Ein Junge stolperte und fiel, überschlug sich einige Male  und begann zu weinen ..Die anderen acht hörten das Weinen. Sie wurden langsamer Sie und sahen nach hinten. Sie hielten an und kamen zurück... Alle acht....Ein Mädchen mit Down-Syndrom setzte sich  zu dem Jungen umarmte ihn und fragte: „Fühlst du dich jetzt besser?" Dann gingen alle neun Schulter an Schulter über die Ziellinie. Alle Zuschauer standen auf und applaudierten. Und der Applaus dauerte sehr lange..

Die Menschen, die dies miterlebt haben, erzählen noch immer davon. Warum? Weil wir alle tief in uns wissen, dass das Wichtigste im Leben weit mehr ist, als nur für sich selbst zu gewinnen. Das Wichtigste im Leben ist, anderen Menschen beim Gewinnen zu helfen. Selbst wenn das bedeutet, dass wir selbst langsamer werden und  dies den Verlauf unseres eigenen Wettrennens ändert. Wenn Du diesen eMail weiter sendest, tragen wir vielleicht dazu bei, dass wir selbst und immer mehr Menschen dem Weg des Herzens folgen und einfach glücklich sind. Eine Kerze verliert nichts, wenn man mit ihr eine andere Kerze anzündet." Wie hast Du Dich entschieden? Lässt Du diese Botschaft verkümmern oder aufblühen und wachsen, indem Du  sie mit anderen Menschen teilst?

31.12.2008,  Mail als ppt zu Neujahr 2008/2009



Finanzkrise und Ökologie - Krise eines nicht nachhaltigen Systems

Die weltweite Finanzkrise ist auch eine Umweltkrise, die Krise eines nicht nachhaltigen und nicht zukunftsfähigen Systems.

"Die aktuellen, weltweiten Verluste belaufen sich auf ca. 1,4 Billionen Dollar - in etwa das Vierfache des deutschen Staatshaushalts." Quelle: Internationaler Währungsfonds (IWF). Die Staatsverschuldung der USA betrug im Oktober 2008 10,2 Billionen Dollar (in Zahlen: 10.200.000.000.000 US-Dollar). Die Badische Zeitung schrieb am 8. Oktober 2008: "Die Krise kostet 1 026 340 000 000 Euro."
Diese Summen und die 500 Milliarden Euro der SteuerzahlerInnen für die Bankenrettung in Deutschland, sind Zahlen die das menschliche Vorstellungsvermögen sprengen. Wenn sich die Menschen diese Beträge vorstellen könnten, wären der Ärger und die Proteste sicher noch ausgeprägter, als sie es bereits sind.
Der Hintergrund der aktuellen Finanzkrise, die sich weltweit gerade zu einer Wirtschaftskrise ausweitet, ist nicht nur die Habgier und Dummheit einiger Weniger und das Fehlen der notwendigen Kontrollen der Finanzsysteme, auch wenn dies jetzt gerne so dargestellt wird. Die Krise ist eine tiefer greifende Systemkrise und es ist eine gut gesteuerte Illusion zu glauben, es würde genügen an einigen wenigen Stellschrauben zu drehen um so die Probleme dauerhaft in den Griff zu bekommen. Habgier, Dummheit und das Fehlen notwendiger Kontrollen sind tatsächlich wichtige Gründe für die ökonomischen Probleme, die sich auch zu einer Weltwirtschaftskrise ausweiten könnten. Die Aspekte der Ökologie und der Nachhaltigkeit bleiben in der aktuellen Debatte zumeist außen vor. Die Krise ist typisch für eine nicht nachhaltige Wirtschaftsform, die nur funktioniert, wenn sie dauerhaft wächst. Manche jetzt, von den PolitikerInnen aller Parteien, in die Debatte gebrachten wachstumsfördernden Problemlösungsansätze greifen darum langfristig zu kurz und legen die Grundlage für kommende, größere Systemzusammenbrüche. Bei einem anhaltenden Wachstum von 3% verdoppelt sich das Bruttosozialprodukt alle 23 Jahre, bei 5% sogar bereits alle 14 Jahre. Und eine Menge, die exponentiell wächst, vertausendfacht sich jeweils nach der zehnfachen Verdoppelungszeit. Dauerhaftes exponentielles Wachstum einer Wirtschaft ist nicht möglich und führt zwangsläufig zur Selbstzerstörung. Als Problemlösungsansatz kann es langfristig und global nicht dienen. Durch Zusammenbrüche, Crashs und durch periodischen Kriege im Laufe der Menschheitsgeschichte wurde das bisherige Wachstum immer wieder unterbrochen und immer haben gerade die Armen unter diesen Zusammenbrüchen gelitten.

Immer mehr und immer dümmere Produkte kaufen mit Geld, das Mensch nicht hat. Diese zentrale Grundidee des "American Way of Life" (an der auch Wahlen in den USA wenig ändern) stand am Beginn der US-Immobilienkrise. Es ist der Mythenmix aus Konsumismus und der Illusion von Freiheit, aus schnellem Geld und schnellem Genuss. Niedrige Zinsen und die Illusion Wachstum sei dauerhaft möglich sorgten dafür, dass in den Vereinigten Staaten Häuser gekauft wurden, ohne dass die KäuferInnen Geld hatten. In einem Land, in dem (wie bei uns) die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht, wurden Darlehen aufgenommen, die größten Teils über künstlich steigende Immobilienpreise finanziert wurden. Die amerikanische VerbraucherInnen stockten die Hypotheken ihrer Immobilien im Rahmen steigender Immobilienpreise immer wieder auf. Die Finanzinstitute gaben den KäuferInnen sogar höhere Kredite, als die Kaufpreise der Immobilien. Mit diesem Geld (Schulden) gingen die Amerikaner shoppen und die Mehrzahl auch der deutschen Medien hielt (und hält!) dieses Verhalten für vorbildlich. Die Menschen nahmen immer höhere Hypotheken auf und konsumierten fleißig. Eine Studie zeigt, dass die Zufriedenheit der Menschen mit zunehmendem Konsum nicht steigt. Der Konsumismus ging so lange gut, wie die Immobilien im Wert immer weiter stiegen. Die "Schuldtitel" waren marktfähig, sie konnten an Dritte, also auch an europäische Banken weiterverkauft werden und diese haben fleißig gekauft. Als das erhoffte, illusorische amerikanische Dauerwachstum ausblieb, brach das System weltweit zusammen. Die Krise kostet nach bisherigen Schätzungen 1 026 340 000 000 Euro - und das ist nur die ökonomische, nicht die menschliche Seite der Krise.

Nachhaltig und zukunftsfähig ist nur ein System das ein "Gutes Leben" mit einem möglichst geringen Input an Rohstoffen und Energie und einem Höchstmaß an Gerechtigkeit ermöglicht. Der "American Way of Life" und unsere, auf unbegrenztem Wachstum beruhende, Raubbauwirtschaft ist zutiefst zerstörerisch. Die aktuelle Situation erinnert ein wenig an die Wochen nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl . Damals waren die Lobbyisten der "friedlichen" Nutzung der Kernenergie für einige Zeit in Deckung gegangen und hatten mit Hilfe guter Werbeagenturen erfolgreich Krisenkommunikation betrieben. Zwischenzeitlich sind die atomaren Wendehälse schon lange wieder aus der Deckung gekommen und wollen über die Gefahrzeitverlängerung von AKW langfristig auch in den Neubau von AKW einsteigen.

Jetzt sind kurzfristig viele VerkünderInnen des Raubbausystems, des schwachen Staates, der Privatisierung und des Neoliberalismus zu Wendehälsen geworden. Der weltweite Markt für Kreide müsste leergefegt sein, angesichts der Mengen von Kreide, die diese Damen und Herren geschluckt haben. Die heftigsten Lobbyisten dieser Zunft sind auch der Umweltbewegung in den letzten Jahren immer wieder begegnet. Es waren fast immer auch die gut organisierten LeugnerInnen des Klimawandels, die Lobbyisten der Gentechnik und Atomtechnik und die industriegesteuerten Ökooptimisten. Eines der größten Probleme unserer Demokratie sind die als Volksvertreter getarnten Industrievertreter in den Parlamenten. Immer wieder wurden in der Vergangenheit andere Länder benannt, die ein stärkeres, "vorbildhaftes" Wachstum haben. Vor dem Jahr 1990 wurde Japan als das "große Vorbild" dargestellt. Die boomende japanische Wirtschaft wurde idealisiert und den deutschen Arbeitnehmern sagten Medien und Politik, sie sollten sich die Japaner endlich als Vorbild nehmen. Dann platzte 1990 in Japan (als Folge exponentiellen Wachstums) die Immobilienblase, die Börse ging in den Keller und von einem Tag auf den anderen war in Deutschland das "Vorbild Japan" kein Thema mehr. Aufgearbeitet wurde dieser Medienflopp nie, wie die aktuelle Krise mehr als deutlich zeigt. Noch kurz vor der Krise im Jahr 2008 wurde in verschiedenen deutschen Medien Island als "Vorbild" in Sachen Turbokapitalismus dargestellt. Jetzt steht Island als Staat vor der Pleite.

Unbegrenztes Wachstum und Ökologie sind unvereinbare Gegensätze, auch wenn immer wieder fälschlicherweise und vielstimmig das Gegenteil behauptet wurde. Neoliberalismus und Umwelt sind wie Feuer und Wasser. Auch altlinke Problemlösungsmodelle die nur auf den "Starken Staat", mehr Konsum und mehr Wachstum setzen, können langfristig unsere Probleme nicht lösen. "In einem Jahr verbrauchen wir gerade weltweit so viele fossile Rohstoffe, wie die Erde innerhalb einer Million Jahre herausgebildet hat." Quelle: Zukunftsfähiges Deutschland 2008. Gleichzeitig erzeugen wir Atommüll der eine Million Jahre sicher gelagert werden muss. Es spricht wenig gegen eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Krisenintervention. Doch wenn in einer Zeit des Klimachaos und der schwindenden Energievorräte, Benzinfresser von der Steuer befreit werden, wenn in neue Straßen und Flugplätze investiert wird um die Konjunktur anzukurbeln, wenn Steuergelder verstärkt von unten nach oben umverteilt werden, dann legt die so genannte Krisenintervention die Wurzeln für zukünftige größere und nicht reparable Zusammenbrüche. Das Denken des größten Teils der politischen Klasse, der Medien und auch der Menschen beruht auf den folgenden Mythen und Illusionen:

  1. Unbegrenztes Wachstum im begrenzten System Erde ist dauerhaft möglich
  2. Alle könnten irgendwann genau so verschwenderisch und zerstörerisch leben wie die Menschen in den USA
  3. Der arme "Rest der Welt" kann unser verschwenderisches und zerstörerisches Wohlstandsmodell übernehmen (China, Indien und Russland sind gerade dabei, in einem "spannenden ökologischen Experiment" dieses Versprechen für sich einzulösen)
  4. Ungehemmter Konsum macht glücklich und zufrieden

Weil das weltweite Wachstum wegen der Krise gerade stockt, hat die Wirtschaft (und mit ihr die Menschen) immense Probleme. Die Weltwirtschaftskrise von 1929/30 hat zu Massenelend, Faschismus und Krieg geführt. Doch wenn unser System unbegrenzt wächst, und dies wird als hauptsächlich diskutierter Problemlösungsansatz gerade von rechts und links initiiert, wenn weiterhin weltweit Energie, Rohstoffe und gesellschaftliche Reichtümer verschwendet werden, dann stellt sich nicht die Frage, ob Teilsysteme kollabieren könnten, sondern nur noch die Frage, wann der große ökologisch-ökonomische Crash kommt. Woher sollen Rohstoffe und Energie für Alle kommen, wenn sich der American Way of Life weltweit verbreitet? Für den weltweiten Ausbau unseres Verschwendungsmodells reichen auch die alternativen Energien und die Rohstoffe nicht. Sie reichen aber, um weltweit ein gutes Leben führen zu können. Wer soll all die Produkte kaufen, wenn unsere deutsche Produktivität sich weltweit verbreitet? Und sind die Menschen, die heute den so genannten "hohen Lebensstandard" haben, tatsächlich zufrieden und glücklich, oder wachsen mit zunehmendem Wohlstand nicht sogar Habgier und Unzufriedenheit?

Unser Wirtschaftswachstum und Raubbausystem ist immer noch nicht abgekoppelt von einem erhöhten Energie- und Rohstoffverbrauch. Das Ende des Öl- und Uranzeitalters ist absehbar und wird durch den "erfolgreichen" Export unseres Verschwendungssystems nach China und Indien noch verstärkt. Deutlich wird dies u.a. durch die erkennbare Verknappung der fossilen Rohstoffe und damit langfristig auch beim Benzinpreis. Das weltweit knapper werdende Öl löst beim abhängigen Patienten Mensch klassische Suchtsymptome aus. Statt Energie zu sparen und Alternativen zu fördern, rufen wachstumsgläubige Politiker nach einer intensiveren Ölförderung und nach der noch härteren Energiedroge Atomkraft.
Die einzige Hoffnung in diesem Bereich, die erfolgreichen alternativen Energien, werden von den Anhängern der atomar- fossilen Energieerzeugung zum Teil immer noch massiv bekämpft.

Die Folgen unseres Handelns sind unabhängig von der aktuellen Krise eines Teils dieses Systems weltweit nicht zu übersehen. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre nimmt zu und das Weltklima verändert sich. Die so genannte friedliche Nutzung der Kernenergie gefährdet durch Unfälle, Terrorismusbedrohung und die Weiterverbreitung von Atomwaffen unsere Zukunft. Alles Wissen um Umweltfragen verhindert nicht den massiven Raubbau an den letzten Urwäldern der Erde und am beschleunigten Artensterben. Während der über- und fehlentwickelte Teil der Welt mit den Folgen von übermäßigem Konsums und Wohlstandsverwahrlosung zu kämpfen hat, sterben nach einem Bericht für die UNO täglich 100 000 Menschen wegen fehlender Nahrung. Im Jahr 2004 litten 842 Millionen Menschen an chronischer Unterernährung. Nachfolgenden Generationen wird es nicht zu vermitteln sein, wie viel Geld 2008 zur Bankenrettung bereitgestellt wurde, während Menschen hungern. Nur wenn es uns gelingt mit einem wesentlich verringerten Input von Energie und Rohstoffen ein gutes Leben zu führen, könnten auch die Länder des Südens an den Reichtümern der Welt gleichberechtigt teilhaben. Ohne einen gleichberechtigten Zugang aller Menschen zu den Ressourcen der Welt, ohne Abrüstung, Demokratie und Menschenrechte gibt es keine nachhaltige Zukunft.

Die schwierigste Zukunftsaufgabe der Umweltbewegung wird es sein, aufzuzeigen, dass unbegrenztes Wachstum begrenzte Systeme zerstört. "Gut leben statt viel haben" ist die Zukunftsdevise. Es gilt, eine tatsächlich nachhaltige Entwicklung einzuleiten und Wege für ein gutes, nachhaltiges Leben aufzuzeigen. Die wichtige und lesenswerte Studie des BUND "Zukunftsfähiges Deutschland" aus dem Jahr 2008 zeigt nachhaltige Wege in die Zukunft. Die größten Einschränkungen auf diesem Weg sind die ökonomischen Widerstände und die Tatsache, dass dieser zukunftsfähige Weg Vernunft und ein massives Umdenken voraussetzt. Wir sollten aus der Geschichte (und aus der aktuellen Finanzkrise) lernen und die sich beschleunigenden, weltweiten Zerstörungsprozesse beenden. Das große Problem sind nicht die bisherigen Finanz- und Wirtschaftskrisen, die Katastrophen, Kriege und Atomunfälle. Das Problem ist die immer wieder bewiesene Unfähigkeit der Menschen aus solchen "hausgemachten" Katastrophen zu lernen. Wie lange wir uns diese Unfähigkeit im Atomzeitalter, im Zeitalter des Klimachaos und der Globalisierung leisten können, wird sich zeigen.

3.11.2008 - ein persönlicher Debattenbeitrag von Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer (Freiburg), Kreisrat (Emmendingen) und Vizepräsident im Trinationalen Atomschutzverband (Basel) 3.11.08
nehr: http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/finanzkrise-wirtschaftskrise-oekologie.html

Dieses Diskussionspapier hat nicht den Anspruch die Hintergründe der gegenwärtige Krise "vollständig" zu erklären. Es richtet das Augenmerk auf wichtige, öffentlich viel zu wenig diskutierte Aspekte und Zusammenhänge. Kritik, Anregungen, Ergänzungen und weitere Diskussionsbeiträge werden unter bund.freiburg(at)bund.net gerne entgegengenommen und hier im Internet veröffentlicht.


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©  Freiburg-Schwarzwald.de, Kontakt, Last Update 17.03.12