Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Information zu Jerusalem ab Januar 2005
 

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Freiburger Bürgerreise

Die Reisegruppe im biblischen Yafo
 
Klagemauer
 
Tempelberg mit El Aksa Moschee
 
Akko Kiosk von 1909 auf der Rothschild Boulevard Bilder: Johannes Reiner
 

 

Jehuda Shauls Organisation "Das Schweigen brechen"
 

Gesucht: Ein Weg aus der Ausweglosigkeit der Lage der Bevölkerung Palästinas. Nun trauen sich auch namhafte Zeitungen wie die FAZ und die BZ, die anhaltend schlimme Lage der Palästinenser in den Fokus zu nehmen. Die 54 Soldaten der israelischen Armee, die die von ihren Vorgesetzten verlangten Grausamkeiten nicht länger mit sich herumschleppen konnten, haben sich der Organisation "Breaking the Silence" anvertraut. Die in psychische Nöte geratenen Soldaten wagen es nicht, ihre Namen preiszugeben, weil sie Repressalien seitens des Militärs und der israelischen Öffentlichkeit befürchten. Postwendend weist die Armeeführung die Vorwürfe gegen die "moralischste Armee der Welt, die gemäß "höchsten ethischen Code" handelt (Barak, lt. Israel Defence Forces vom 15. Juli) als unbegründet zurück und macht den Anklägern zum Vorwurf, dass man ihre Vorwürfe wegen ihrer Anonymität nicht prüfen könne. Worum geht es der von Jehuda Shaul gegründeten Organisation "Das Schweigen brechen"? Sie arbeitet daran, einen Weg aus der Ausweglosigkeit der Lage der Bevölkerung Palästinas zu finden – ebenso wie
die Schriftstellerin Professor Farhat-Naser,
der Psychologieprofessor Rolf Verleger (mit der Initiative 5767),
Felicia Langer (die am 16. Juli in Stuttgart das Bundesverdienstkreuz erhielt),
der Dirigent Daniel Barenboim (mit seinem israelisch-palästinensichen Orchester),
das Friedensdorf Neve Shalom/Wahat al-Salam (mit über 40 israelischen und palästinensischen Familien)
und wie vor allem Initiativen und Einzelpersonen.
Die Forderung nach gegenseitiger Akzeptanz und friedlichem Zusammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Völkern ist eine Möglichkeit. Ebenso notwendig ist die Information der Weltöffentlichkeit, um Wege aus dem Dilemma zu finden. Nur wer umfassend informiert ist, kann politisch tätig werden, Protestbriefe schreiben und auf Maßnahmen hinweisen, mit denen unter Umständen Druck ausgeübt werden kann. Selbst wenn Politiker wegen ihrer – einseitigen – Vorwürfe gegenüber Hamas kritisiert werden, steht es Friedenssuchern gut an, sich auch gegen die Raketenangriffe auszusprechen. Diese waren es schließlich, die im Dezember/Januar die Operation "Gegossenes Blei" mit hundertmal so viel Toten auf palästinensischer Seite bewirkt haben, 1200 nach israelischer Lesart, 25 Prozent von ihnen immerhin gehörten der Zivilbevölkerung an. Palästinensische Zahlen sind deutlich höher und nennen weitaus mehr zivile Tote. Kollateralschäden halt. Das "Blei" wurde eben auf dicht zusammenlebende 1,5 Millionen Menschen "ausgegosse".
BZ-Leserbrief vom 1.8.2009 von Dieter Schneyinck, Freiburg

http://www.badische-zeitung.de/das-schweigen-brechen--17172100.html
http://www.breakingthesilence.org.il/index_e.asp

 

Israel und Palästina: Menschenrechte sind unteilbar

Dürfen über 11 000 willkürlich inhaftierte Palästinenser, unter anderen Frauen, Kinder und ehemalige Hamas-Regierungsmitglieder, auch hoffen? Hatte nicht Präsident Obama schon kritisiert, dass Israel Erleichterungen für den blockierten Gazastreifen mit der Freilassung Schalits verknüpft.
Wo bleibt der mediale und politische Aufschrei über das Elend der Palästinenser und ihre Erniedrigung? Wo bleibt der Aufschrei über die neue Bedingung, die einen Palästinenserstaat noch unwahrscheinlicher erscheinen lässt, wenn von der ganzen Welt Israel als jüdischer Staat – und nicht als Israel, wie schon lange geschehen – anerkannt werden soll. Der Eifer, mit dem über die Wahlen und den Aufruhr im Iran berichtet wird, wäre angebracht, wenn man diesen Eifer auch für Palästina an den Tag legen würde. Waren nicht die Wahlen im Gazastreifen freie und faire Wahlen, die aber bis heute vom Westen und den westlichen Medien nicht anerkannt und gewürdigt werden, nur weil die "Falschen" gewählt wurden? Die Ungeheuerlichkeit, nämlich der neu geplante Bau von 300 Siedlungswohneinheiten auf gestohlenem und enteignetem Land der Palästinenser, ist geradezu eine Ohrfeige für Obama. Was heißt die Forderung "Siedlungsstopp"? Was ist mit den bestehenden Siedlungen, die alle unrechtmäßig errichtet wurden? Wenn Kanzlerin Merkel von unteilbaren Menschenrechten spricht, hat sie recht. Gelten diese aber nicht auch für das palästinensische Volk? Ich vermisse als Deutsche, die nach dem Krieg geboren ist und mit dem Grundgesetz aufgewachsen ist, dass diese unteilbaren Menschenrechte auch für andere (zum Beispiel für Palästinenser) gelten.
BZ-Leserbrief vom 15.7.2009 von Evelyn Hecht-Galinski, Malsburg-Marzell

 

Immanuel-Kant-Weltbürger-Preis in Freiburg an Jeff Halper

Der Israeli Jeff Halper wird am heutigen Samstag 9.5.2009 mit dem Immanuel-Kant-Weltbürger-Preis in Freiburg ausgezeichnet. Ein interessantes Interview mit ihm ist hier nachzulesen:
http://www.badische-zeitung.de/nachr...-14784006.html

Harper: "Ich bin ein jüdischer Israeli und trotzdem sage ich: Die Hamas sollte Israel nicht anerkennen. Man kann von Palästinensern nicht erwarten, dass sie den Zionismus unterstützen. 1948 gehörte 94 Prozent des Landes Palästinensern. Nach dem Oslo-Friedensplan sollen die Palästinenser nur 22 Prozent ihres ursprünglichen Landes erhalten. Leute wie Netanjahu oder der rechtspopulistische Lieberman wollen den Palästinensern nicht einmal so viel geben. So lange das so ist, kann die Hamas Israel nicht anerkennen."
Solche Leute braucht man um weiter zu kommen. Nicht dagegen Betonköpfe wie Netnajahu oder Lieberman.
12.5.2009, http://forum.politik.de/forum/showthread.php?t=213619#result

Israelkritische Israelis: Avnery, Moskovitz, Langer, Halper
Uri Avnery bekam 1995 den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück; “Prof. Dr.” Reuven Moskovitz im Jahre 2003 den Aachener Friedenspreis; Felicia Langer wurde 2006 mit dem Menschenrechtspreis der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde für ihr “Lebenswerk, ihren humanistischen Kampf für die Rechte der PalästinenserInnen und gegen fortgesetzte Menschenrechtsverletzungen der israelischen Regierung” geehrt. Die Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde wurde von “von Künstlern, Vertretern von Sozialverbänden, Theologen sowie entlassenen DDR-Wissenschaftlern, Juristen und Stasi-Mitarbeitern” gegründet, denen der Schutz von Bürgerrechten und Menschenwürde schon immer am Herzen lag. Nun ist der Pool “israelkritischer” Israelis, die sich dem deutschen Bedürfnis nach historischer Entlastung als nützliche Idioten zu Verfügung stellen, nicht unbegrenzt. Es kann nicht immer der Uri, der Reuven oder die Felicia sein. Das Volk will neue Gesichter sehen. Heuer war es Jeff Halper, “ein Gegner der israelischen Siedlungspolitik in den besetzten palästinensischen Gebieten”, ihm wurde letzten Samstag in Freiburg der “Immanuel-Kant-Weltbürger-Preis” verliehen. Der Preis, von einem Freiburger Gymnasial-Lehrer initiiert, wird an “friedenspolitisch engagierte” Menschen verliehen.
Henryk M. Broder, 10.5.2009, mehr auf
www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/notizen_aus_dem_kandertal_2/

Kant Weltbürgerpreis 2009 Freiburger Kantstiftung verleiht Kant-Weltbürgerpreis 2009 an brasilianischen Bischof und israelischen Menschenrechtsaktivisten. Der Kant-Weltbürger-Preis 2009 geht an den brasilianischen Bischof Luiz Cappio und den israelischen Menschenrechtsaktivisten Jeff Halper. Dies gab der Vorstand heute in Freiburg bekannt. Der Preis ist mit 15 000 Euro dotiert. Die Freiburger Kant-Stiftung würdigt die Preisträger für ihr "mutiges Eintreten zugunsten der Menschenrechte von politisch und sozial marginalisierten Bevölkerungsgruppen." In der Begründung heißt es weiter: "Eine Zivilisation, die die Menschenrechte zwar auf den Lippen führt, diesen aber gleichzeitig die Existenzgrundlage entzieht, bedarf jener entschiedenen Mahnung zu humaner Glaubwürdigkeit, der sich diese Preisträger verpflichtet haben."
Der brasilianische Bischof Dom Luiz Cappio (62) wurde über die Grenzen Brasiliens bekannt, als er zusammen mit drei weiteren Aktivisten, ein ganzes Jahr lang eine Wallfahrt unternahm. Und zwar von der Quelle bis zur Mündung des 2.700 km langen Rio São Francisco im Nordosten Brasiliens. Mit diesem symbolischen Akt wiesen die Wallfahrer die Öffentlichkeit auf die gravierenden Probleme des Flusstals und seiner Bevölkerung hin. Zum endgültigen Vorkämpfer für die Rechte der Armen wurde der aus wohlhabendem Hause stammende Cappio, als er mit einer wochenlangen Fastenaktion die umweltschädliche Umleitung des Rio São Francisco verhindern wollte. Der Schüler des brasilianischen Befreiungstheologen Leonardo Boff ist in Brasilien mittlerweile ein Nationalheld.
Jeff Halper (59) ist Aktivist des 1997 von ihm gegründeten Israelischen Komitees gegen die Hauszerstörungen (ICAHD). Das Komitee gehört zu den ersten israelischen Friedensgruppen, die mit Palästinensern in Israel und in den besetzten Gebieten zusammenarbeiten. Das ICAHD widersetzt sich mit juristischen Mitteln und gewaltfreien Aktionen der Zerstörung palästinensischer Häuser. Die Kantstiftung, die sich für die Einhaltung eines weltbürgerfähigen politischen Ethos im Sinne I. Kants einsetzt, würdigt Halpers unermüdliche Anstrengungen "sowohl Palästinenser als auch Israelis vom Joch struktureller Gewalt zu befreien." Er hat gerade an der - in den vergangenen eineinhalb Jahren vorbereiteten - Überfahrt der beiden Solidaritätsboote "Free Gaza" und "Liberty" von Zypern in den Hafen von Gaza teilgenommen. Damit soll die israelische Seeblockade gebrochen werden. Der in Minnesota geborene Halper besitzt die amerikanische und israelische Staatsangehörigkeit. Er ist Professor für Anthropologie. Halper hat mit spektakulären Aktionen dafür gesorgt, das sich der Blick der Weltöffentlichkeit immer wieder auf die Folgen der israelischen Besatzungs- und Belagerungspolitik für die Palästinenser gerichtet hat. Halper war 2006 für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden.
4.5.2009, mehr auf http://www.europas-erbe.de/kantstiftung/kant2009.html

 

Die Lügen des Kriegs in Gaza

Warum Israel den Krieg nicht gewinnen und die Hamas ihn nicht verlieren kann

Vor fast 70 Jahren wurde während des Zweiten Weltkriegs in Leningrad ein abscheuliches Verbrechen begangen. Länger als tausend Tage hielt eine Gang von Extremisten, die "Rote Armee" genannt wurde, Millionen von Einwohnern der Stadt als Geiseln und provozierte die deutsche Wehrmacht aus den Bevölkerungszentren heraus. Die Deutschen hatten keine andere Möglichkeit, als die Bevölkerung zu bombardieren und sie einer totalen Blockade auszusetzen, die den Tod von Hunderttausenden verursachte. Nicht lange zuvor wurde in England ein ähnliches Verbrechen begangen. Die Churchillbande versteckte sich inmitten in die Londoner Bevölkerung und missbrauchte Millionen von Bürgern als menschliche Schutzschilde. Die Deutschen waren so gezwungen, ihre Luftwaffe zu schicken und die Stadt widerwillig in Schutt und Asche zu legen.

Dies ist die Beschreibung, die jetzt in den Geschichtsbüchern stünde – wenn die Deutschen den Krieg gewonnen hätten. Absurd? Nicht absurder als die täglichen Nachrichten unserer Medien, die so oft wiederholt werden, dass einem speiübel wird: Die Hamas-Terroristen halten die Bewohner des Gazastreifen als "Geiseln" und benützen die Frauen und Kinder als "menschliche Schutzschilde", sie lassen uns keine Alternative, als massive Bombardements durchzuführen, in denen zu unserm großen Bedauern Tausende von Frauen, Kinder und unbewaffneten Männer verletzt oder gar getötet werden. In diesem Krieg – wie in allen modernen Kriegen - spielt die Propaganda eine große Rolle. Das reale Kräfteverhältnis zwischen der israelischen Armee mit ihren Kampfflugzeugen, Drohnen, Kriegsschiffen, Panzern, ihrer Artillerie einerseits und den paar Tausend leicht bewaffneten Hamaskämpfer ist 1.000:1, wenn nicht sogar 1.000.000:1. Auf der politischen Ebene ist der Unterschied vielleicht sogar noch größer. Aber im Propagandakrieg ist der Unterschied grenzenlos. Fast alle westlichen Medien wiederholten anfangs die offizielle israelische Propagandalinie. Sie ignorierten fast völlig die palästinensische Seite der Geschichte, ebenso wie die täglichen Demonstrationen des israelischen Friedenslagers. Die Gründe der israelischen Regierung ("Der Staat muss seine Bürger gegen die Kassam-Raketen schützen") wurde wie die reine Wahrheit akzeptiert. Der Blickwinkel von der anderen Seite, dass die Kassams nämlich nur eine Antwort auf die Belagerung seien, die anderthalb Millionen Menschen im Gazastreifen an die Grenze des Verhungerns bringt, wurde überhaupt nicht erwähnt. Erst als die schrecklichen Szenen aus dem Gazastreifen auf den westlichen Bildschirmen zu erscheinen begannen, fing die öffentliche Meinung der Welt langsam an sich zu verändern.

Die westlichen und israelischen Fernsehkanäle zeigten zwar nur einen winzigen Teil des entsetzlichen Geschehens, das jeden Tag 24 Stunden lang auf dem arabischen Sender Al-Dschasira zu sehen ist, aber ein Bild eines toten Babys in den Armen seines in Angst und Schrecken versetzten Vaters ist mächtiger als Tausend elegant formulierte Sätze des israelischen Armeesprechers. Und das ist letztendlich entscheidend. Der Krieg – jeder Krieg – ist ein Lügenreich. Ob dies nun Propaganda oder psychologische Kriegsführung genannt wird, jeder akzeptiert, dass es richtig ist, für sein Land zu lügen. Jeder, der die Wahrheit sagt, riskiert, als Verräter gebrandmarkt zu werden. Das Problem ist, dass Propaganda zuerst und vor allem den Propagandisten selbst überzeugt. Und nachdem man sich selbst davon überzeugt hat, dass die Lüge die Wahrheit und die Verfälschung die Realität ist, kann man keine vernünftigen Entscheidungen mehr treffen.
Ein Beispiel für diesen Prozess lieferte die bis jetzt erschreckendste Gräueltat dieses Krieges: das Beschießen der UN-Fakhura-Schule im Jabaliya-Flüchtlingslager. Kurz nachdem dieser Vorfall weltweit bekannt wurde, "enthüllte" die Armee, dass Hamaskämpfer von einem Vorplatz der Schule aus Mörsergranaten abgeschossen hätten. Als Beweis veröffentlichte man eine Luftaufnahme, auf der tatsächlich die Schule und der Mörser zu sehen waren. Aber innerhalb kurzer Zeit musste der offizielle Armeelügner zugeben, dass das Photo älter als ein Jahr sei. Also eine Fälschung. Später behauptete der offizielle Lügner, dass "unsere Soldaten aus dem Inneren der Schule" beschossen worden seien. Aber kaum einen Tag danach musste die Armee dem UN-Personal gegenüber zugeben, dass auch dies eine Lüge gewesen war. Keiner hatte aus der Schule geschossen, keine Hamaskämpfer waren in der Schule, die voll verängstigter Flüchtlinge war. Aber das Eingeständnis wurde kaum mehr wahrgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war die israelische Öffentlichkeit vollkommen davon überzeugt, dass "aus der Schule geschossen worden war" - und Fernsehsprecher zitierten dies als einfache Tatsache. Genau so ging es mit den anderen Gräueltaten. Jedes Baby wurde im Augenblick seines Todes zu einem Hamas-Terroristen. Jede zerbombte Moschee wurde sofort zu einer Hamasbasis; jedes Wohngebäude zu einem Waffenversteck; jede Schule zu einem Terrorkommandoposten; jedes zivile Regierungsgebäude zu einem "Herrschaftssymbol der Hamas". Auf diese Weise blieb die israelische Armee die "moralischste Armee der Welt".

Die Wahrheit ist, dass die Gräueltaten eine direkte Folge des Kriegsplanes waren
Dies wirft ein Licht auf die Persönlichkeit Ehud Baraks – eines Mannes, dessen Denk- und Handlungsweisen ein klarer Beweis für das ist, was "moralischer Irrsinn" genannt wird. Das wirkliche Ziel - abgesehen davon, mehr Sitze bei den kommenden Wahlen zu gewinnen - ist die Beendigung der Hamasherrschaft im Gazastreifen. In der Vorstellung der Kriegsplaner, sieht die Hamas wie ein Eindringling aus, der fremdes Land kontrolliert. Die Wirklichkeit sieht natürlich ganz anders aus. Die Hamasbewegung hat bei den ausgesprochen demokratischen Wahlen, die 2006 in der Westbank, in Ostjerusalem und im Gazastreifen stattgefunden haben, die Mehrheit der Stimmen gewonnen. Sie gewann, weil die Palästinenser zur Schlussfolgerung gekommen waren, dass die Fatah durch ihre friedliche, also gewaltfreie Herangehensweise nichts von Israel erreicht hat – weder den Stopp des Siedlungsbaus noch irgendeinen bedeutsamen Schritt in Richtung eines Endes der Besatzung oder der Schaffung des palästinensischen Staates. Die Hamas ist tief in der Bevölkerung verwurzelt – nicht nur als Widerstandsbewegung, die den fremden Besatzer bekämpft so wie einst die (jüdische) Irgun und die Sterngruppe –, sondern auch als eine politische und religiöse Organisation, die im sozialen, schulischen und medizinischen Bereich aktiv ist. Vom Standpunkt der Bevölkerung sind die Hamaskämpfer keine Fremdkörper, sondern die Söhne einer jeden Familie im Gazastreifen wie auch in den anderen palästinensischen Gebieten. Sie verstecken sich nicht "inmitten der Bevölkerung", die Bevölkerung sieht sie als ihre einzigen Verteidiger an. Deshalb gründet sich die ganze Operation auf irrigen Vermutungen. Das Leben der Bevölkerung in eine Hölle zu verwandeln, wird die Bevölkerung nicht dahin bringen, sich gegen die Hamas zu erheben, sondern das Gegenteil erreichen, sie vereinigt sich hinter der Hamas und verstärkt ihre Entscheidung, sich nicht zu ergeben. Die Bewohner von Leningrad haben sich nicht gegen Stalin erhoben, so wenig wie die von London gegen Churchill.

Derjenige, der den Befehl für solch einen Krieg mit solchen Methoden in einem dicht bevölkerten Gebiet gegeben hat, weiß, dass dieser ein entsetzliches Gemetzel unter der Zivilbevölkerung anrichten wird. Anscheinend hat ihm dies nichts ausgemacht. Oder er glaubt, "dies wird ihr Verhalten verändern" und " es wird ihr Bewusstsein verändern", so dass sie zukünftig Israel nicht mehr zu widerstehen wagen würden. Die Hauptsache für die Kriegsplaner war, die Todesrate unter den eigenen Soldaten so gering wie möglich zu halten, da sie wussten, dass die Stimmung eines großen Teils der Pro-Krieg-Öffentlichkeit sich ändern würde, sobald Berichte über eigene Todesopfern kommen würden. So war es beim ersten und zweiten Libanonkrieg. Diese Einstellung spielte eine besonders wichtige Rolle, weil der ganze Krieg ein Teil der Wahlkampagne ist. Ehud Barak, der in den ersten Tagen des Krieges in den Umfragen gewonnen hatte, wusste, dass seine Werte fallen würden, sobald Bilder mit toten Soldaten die Fernsehschirme füllen würden. Deshalb wurde eine neue Doktrin formuliert: um Verluste unter unseren Soldaten zu vermeiden, solle alles, was in ihrem Weg steht, total zerstört werden. Die Planer waren also nicht nur bereit, 80 Palästinenser zu töten, um einen israelischen Soldaten zu retten, wie es schon geschehen ist, sondern auch 800. Die Vermeidung von Todesfällen auf unserer Seite ist der vordringlichste Befehl, der Rekordzahlen von zivilen Toten auf der andern Seite verursachte. Dies bedeutete die bewusste Entscheidung für eine besonders grausame Kriegsführung – und das war ihre Achillesferse. Eine Person ohne Fantasie wie Barak (sein Wahlslogan heißt: "Nicht ein netter Kerl, sondern ein Führer") kann sich nicht vorstellen, wie anständige Leute rund um den Globus auf solche Aktionen wie die Tötung ganzer Großfamilien, die Zerstörung der Häuser über den Köpfen ihrer Bewohner, auf die Reihen von Jungen und Mädchen in Leichensäcken, auf die Berichte über Leute, die tagelang zu Tode bluten, weil die Krankenwagen nicht zu ihnen durchgelassen werden, auf das Töten von Ärzten und Sanitätern, die auf dem Weg sind, Leben zu retten, auf Berichte über das Erschießen von UN-Fahrern, die Lebensmittel bringen, reagieren. Die Fotos aus den Krankenhäusern mit den Toten, Sterbenden und Verletzten, die aus Platzmangel alle zusammen auf dem Fußboden liegen, haben die Welt erschüttert. Kein Argument hat die Kraft eines Bildes von einem verwundeten kleinen Mädchen, das dort auf dem Boden liegt, sich vor Schmerzen krümmt und "Mama! Mama"! schreit. Die Kriegsplaner dachten, sie könnten die Welt daran hindern, solche Bilder zu sehen, wenn sie die Presse gewaltsam davon abhalten, zum Schauplatz der Kämpfe zu gelangen. Die israelischen Journalisten waren zu ihrer Schande damit einverstanden, die Berichte und Photos zu bringen, die sie vom Armeesprecher erhielten, als ob dies authentische Nachrichten seien, während sie selbst meilenweit von den Ereignissen entfernt blieben. Ausländische Journalisten wurden gar nicht erst zugelassen, bis sie protestierten und dann zu kurzen ausgewählten und überwachten Trips mitgenommen wurden. Aber in einem modernen Krieg kann eine solch sterile und fabrizierte Sicht alle anderen Perspektiven nicht vollständig ausschließen. Die Kameras sind im Gazastreifen mitten in der Hölle und können nicht kontrolliert werden. Der arabische Sender Alj-Dschasira bringt die Bilder rund um die Uhr und erreicht jedes Haus.

Die Schlacht um den Fernsehschirm ist eine der entscheidenden Schlachten des Krieges
Hunderte Millionen Araber von Mauretanien bis zum Irak, mehr als eine Milliarde Muslime von Nigeria bis Indonesien sehen diese Bilder und sind geschockt. Dies hat eine große Auswirkung auf den Krieg. Viele der Fernsehzuschauer sehen die Herrscher Ägyptens, Jordaniens und der Palästinensischen Behörde als Kollaborateure Israels, das diese Gräueltaten gegen ihre palästinensischen Brüder ausführt. Die Sicherheitsdienste der arabischen Regime registrieren eine gefährliche Unruhe in der Bevölkerung. Hosni Mubarak, der aufgrund der von ihm zu verantwortenden Schließung des Rafah-Grenzüberganges angesichts panischer Flüchtlinge verantwortlich ist, der exponierteste aller arabischen Führer, begann Druck auf die Entscheidungsträger in Washington auszuüben, die bis jetzt alle Aufrufe für eine Feuerpause blockiert hatten. Diese verstanden langsam die Gefahr für die amerikanischen Interessen in der arabischen Welt und veränderten auf einmal ihre Haltung, was unter den selbstzufriedenen israelischen Diplomaten Bestürzung hervorrief. Leute mit "moralischem Irrsinn" können die Motive normaler Menschen nicht verstehen und müssen ihre Reaktionen erraten. "Wie viele Divisionen hat der Papst?", spottete Stalin. "Wie viele Divisionen haben die Menschen mit Gewissen?", könnte Ehud Barak nun fragen. Wie sich herausstellt, haben sie einige. Nicht sehr viele. Und sie reagieren auch nicht sehr schnell. Sie sind auch nicht stark und gut organisiert. Aber in einem bestimmten Moment, wenn die Gräueltaten überhand nehmen und die Massen der protestierenden Demonstranten zusammenkommen, kann dies einen Krieg entscheiden.

Ein Verbrechen gegen den Staat Israel
Das Versagen, das Wesen der Hamas zu begreifen, hat auch ein weiteres Versagen verursacht, nämlich die voraussagbaren Folgen zu verstehen: nicht nur dass Israel den Krieg nicht gewinnen kann - die Hamas kann ihn auch gar nicht verlieren. Selbst wenn es der israelischen Armee gelingen sollte, jeden Hamaskämpfer bis zum letzten Mann zu töten, selbst dann würde die Hamas siegen. Die Hamaskämpfer würden für die arabische Nation als Vorbilder dastehen, als die Helden des palästinensischen Volkes, als Vorbilder, denen jeder junge Mann in der arabischen Welt nacheifern sollte. Die Westbank würde wie eine reife Frucht in die Hände der Hamas fallen. Die Fatah würde in einem Meer der Verachtung untergehen, die arabischen Regime wären in Gefahr zusammenzubrechen. Falls der Krieg mit einer noch aufrecht stehenden, wenn auch blutenden, aber unbezwungenen Hamas endet – angesichts einer so mächtigen Militärmaschine wie der israelischen -, dann würde dies wie ein fantastischer Sieg aussehen, wie ein Sieg des Geistes über das Material.
Was sich in das Bewusstsein der Welt einprägen wird, wird das Image von Israel als blutrünstigem Monster sein, das bereit ist, jeden Augenblick Kriegsverbrechen zu begehen, und nicht bereit ist, sich an moralische Einschränkungen zu halten. Dies wird langfristig gesehen schwerwiegende Konsequenzen für unsere Zukunft, für unsere Position in der Welt haben und für unsere Chancen, Frieden und Ruhe zu erlangen. Am Ende ist dieser Krieg auch ein Verbrechen gegen uns selbst, ein Verbrechen gegen den Staat Israel.
Aus dem Englischen übersetzt von Ellen Rohlfs, vom Verfasser autorisiert.
12.1.2009, www.uri-avnery.de
www.gush-shalom.org

Uri Avneri ist Gründer der Friedensbewegung "Gush Shalom". Der langjährige Knesset-Abgeordnete Avnery, 1923 in Beckum geboren und 1933 nach Palästina ausgewandert, gehört seit Jahrzehnten zu den profiliertesten Personen der israelischen Politik. Er ist durch seine kämpferisch-kritische Begleitung der offiziellen israelischen Regierungspolitik weit über die Grenzen seines Landes hinaus bekannt geworden. Für sein Engagement für den Frieden im Nahen Osten sind ihm zahlreiche Auszeichnungen zuerkannt worden.

 

 

Israelis wie Palästinenser sollten internationale Macher wegjagen

Schuld alleine sind die Palästinenser, die Hamas! So unsere Bundeskanzlerin. Einen solchen Satz auszusprechen, ist unverantwortlich. Es dringend nötig, hier einmal die Wahrheit der Historie aufzuzeigen. Im Ersten Weltkrieg versuchten die Briten, die Mittelmächte dadurch zu schwächen, indem sie die Araber, die Teil des osmanischen Reiches der Türken waren, gegen die Türken mobilisierten. Dafür versprachen sie für die Zeit nach dem Krieg die Schaffung eines unabhängigen, großarabischen Reiches; einzige Bedingung: Überlassung palästinensischen Landes für eine Heimstatt der Juden. Die Araber waren damit einverstanden. Dies führte zur Balfour Declaration, der Zusicherung zur Errichtung einer nationalen Heimstätte für Juden in Palästina. Es führte aber auch zu einer Reise des französischen Professors Basch in die USA, wo er im Auftrag des französischen Außenministers Pichon den amerikanischen Juden die Zusicherung gab, dass bei der Verteilung der türkisch-vorderasiatischen Gebiete nach dem Krieg die Interessen der jüdischen Kolonien in Palästina von Frankreich und Großbritannien wahrgenommen werden würden. Kein Wort mehr von einem arabischen Reich. Man schuf die verschiedenen arabischen Staaten als englische und französische Mandatsgebiete, sprich Kolonien, und redete sich den Arabern gegenüber damit heraus, man habe sich gegen die amerikanischen Juden nicht durchsetzen können. Die Araber waren ein weiteres Mal die Betrogenen; ihr Zorn wurde von den "Friedensmächten" auf die Juden gelenkt und dieser Zorn, nein dieser Hass, hält bis heute an. Bitte, werten Sie. Wo blieb die internationale Friedenspolitik nach der Schaffung des Staates Israel, dem ich grundsätzlich das Existenzrecht einräume? Je nach Interessenslage beteiligen sich die Großen – da gehören wir mal wieder dazu – , an den daraus resultierenden widerlichen Geschäften mit Waffenlieferungen, ein interessantes Manöverfeld.

Israelis wie die Palästinenser sollten die internationalen Macher zum Teufel jagen. Die Juden sollten die Weiterführung des Josua-Programmes endlich aufgeben, ebenso wie die Palästinenser den Schwur zurücknehmen, die Juden ins Meer zu treiben.
Das Geld Amerikas und Deutschlands reicht locker aus, ein reiches Land zu schaffen, in dem alle Bewohnerinnen und Bewohner ein gutes Leben führen können. Noch einmal an die Adresse Merkel und auch Steinmeier und Co.: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie die Geschichte nicht mindestens so gut kennen wie ich; lassen Sie also jegliches unverantwortliches Gerede. 
16.1.2009, Hans Peter Roth, Lörrach


Israels Gesandter Ilan Mor an Uni Freiburg

Zwei Vorträge hält der Gesandte der israelischen Botschaft und stellvertretende israelische Botschafter in Berlin, Ilan Mor, am 13.1.2009 in Freiburg: 18.15 Uhr in der Aula der Universität zum Thema "Israel vor den Wahlen", 20 Uhr auf Einladung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und der Jungen Union im Hotel Roter Bären zum Thema "60 Jahre Israel – Errungenschaften und Herausforderungen". Durch den Krieg im Gazastreifen haben beide Auftritte nun besonderes Interesse bekommen.

Kritik am Besuch von Ilan Mor
Mit Störungen von Demonstranten wird bei Ilan Mors Vortrag in der Universität gerechnet, so Johannes Reiner, Vorsitzender der Freiburger Gruppe der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). Eine Absage der Veranstaltung im Roten Bären habe für die DIG jedoch nie zur Diskussion gestanden. "Dann hätten die radikalen Kräfte ja gewonnen, und das kann nicht sein. Die Bürgerschaft muss informiert werden. Von daher sind wir eher bestärkt worden, die Veranstaltung stattfinden zu lassen", sagte Reiner gestern der BZ. Die Ärztin Gabriele Weber, seit 20 Jahren mit einem Palästinenser aus dem Gazastreifen verheiratet und in Freiburg derzeit eine der Hauptinitiatorinnen von Mahnwachen und Demonstrationen für das palästinensische Volk, hat sich in einem Schreiben an die Prorektorin der Universität, Charlotte Niemeyer, gewandt, die in Mors Vortrag einführen wird. Darin kritisiert Weber: "Ich finde es unglaublich, dass ein Vertreter der israelischen Regierung an der Universität Freiburg ein Forum für weitere israelische Propaganda erhält. Warum erlaubt die Universität einem Vertreter der Kriegsregierung in Israel, die Menschenrechte, Völkerrecht, Kriegsrecht und alle anderen Rechte seit 60 Jahren mit Füßen tritt, einen Vortrag über die anstehenden Wahlen in Israel abzuhalten, ohne dass auch ein Vertreter der palästinensische Seite gehört wird?" Die Uni weist darauf hin, dass die Veranstaltung des Colloquium politicum im Sinne eines Dialogs der Kulturen sei. Kennzeichen der Universität sei Offenheit für alle, die an einem solchen Dialog teilnehmen wollten. Immer gleichzeitig einen Vertreter der Gegenseite einzuladen, sei nicht erforderlich, so Unisprecher Rudolf-Werner Dreier.
13.1.2009, fz, alles lesen auf http://www.badische-zeitung.de/kritik-am-besuch-von-ilan-mor

Schreiben von Gabriele Weber
Frau Bundeskanzlerin,
als deutsche Ärztin, die seit zwanzig Jahren mit einem Paläsinenser aus dem Gaza-Streifen verheiratet ist und drei Kinder hat, möchte ich Ihnen sagen, dass ich mich schäme durch Sie und Ihre Regierung im Ausland und vor allem bei meiner Familie in Palästina vertreten zu werden. Ist es möglich, dass es immer noch eine Steigerung von verlogener, einseitiger, manipulierender und menschenverachtender Politik gibt? Können Sie verstehen, warum mir Parolen wie "westliche Werte", "Verteidigung unserer Zivilisation", "einzige Demokratie im Nahen Osten", usw., usw. nur noch Übelkeit verursachen? Sind Sie wirklich der Meinung, dass die "westlichen Werte", zumindest in der Definition der Politiker, etwas sind, das verteidigt werden muss? Ist das, was die "einzige Demokratie im Nahen Osten" seit 60 Jahren unter dem Deckmantel der Selbstverteidigung betreibt, ein "westlicher Wert"? Wenn dem so ist, dann will ich nichts mehr mit "westlichen Werten" zu tun haben! Glauben Sie wirklich, dass nicht immer mehr Deutsche und Menschen aus anderen "westlichen" Ländern merken, wie sehr wir durch Sie als Politiker, durch die einseitige Berichtserstattung und die immer größere staatliche Überwachung ( natürlich alles im Sinne der Antiterror-Campagne!!) manipuliert werden? Glauben Sie wirklich, dass die Menschen, die Sie durch Ihre Politik vertreten, so dumm sind, das noch lange mit anzusehen? Die gesamte Familie meines Mannes lebt im Gazastreifen. Unsere drei Kinder und wir konnten sie seit fast neun Jahren nicht besuchen. Ab und zu Kontakt über Internet und Telefongespräche ist das Einzige, was unseren Kindern bleibt, um eine Beziehung zur Großfamilie in Gaza herzustellen. Im vergangenen Jahr haben wir versucht, über die ägyptische Grenze in Rafah nach Gaza zu gelangen. Aber die ägyptischen "Lakaien" Israels/Amerikas waren gnadenlos. Und das obwohl mein 70jähriger Schwiegervater auf der anderen Seite des Zaunes gewartet hatte. Das war zwar nur eine kleine Begebenheit, die unser "unwichtiges" Leben beeinträchtigt hat, aber ich kann verstehen, dass die Menschen in Gaza die Hoffnung auf Gerechtigkeit aufgegeben haben und dem jetzt drohenden Tod ruhig ins Auge schauen. Sie haben nichts mehr zu verlieren - schon gar nicht die Hoffnung auf eine GERECHTE politische Lösung.
3.1.2009, Dr. Gabriele Weber, Freiburg, http://blutfuerdiebundeskanzlerin.blogspot.com/
info at allgemeinmedizin-freiburg.de
 

Schreiben von Johannes Reiner
Liebe Freunde Israels, wie Sie wissen, beehrt uns in den nächsten Tagen der Gesandte Ilan Mor. Im Rahmen des vielfältigen Programmes hält Herr Mor am Dienstag, 13.01.09 um 18 Uhr c.t. im KG I, Aula einen Vortrag zum Thema "Israel vor den Wahlen - Perspektiven und Herausforderungen". Wir haben vor wenigen Stunden mehrfach Hinweise erhalten, dass diese Veranstaltung von Gegnern massiv gestört werden soll. Haben Sie keine Sorge um Ihre Sicherheit, die Polizei wird zahlreich vertreten sein.  Da die Veranstaltung eine "offene Veranstaltung" ist, können wir den Störern z.B. durch Anwesenheit und aktiver Unterstützung des Redners paroli bieten. Ich bitte also alle Mitglieder um Teilnahme an dieser Veranstaltung, damit wir den Ort nicht den aggressiven Störern allein überlassen. Helfen Sie durch Ihre Anwesenheit mit, das Bild von Freiburg und seinen Bürgern nicht allzu negativ werden zu lassen. Die Öffentlichkeit gehört der interessierten Bürgerschaft und nicht dem Mob irgendwelcher pöbelnder Chaoten. Ein Kneifen unsererseits wäre ein Gewinn für die Demonstranten mit zweifelhafter Gesinnung. Leider konnte ich den Aufruf aus den verschiedensten Gründen nicht früher verbreiten. Dennoch würde mich, auch im Namen unseres Co-Partners Colloquium politicum, freuen, wenn sich genügend Teilnehmer einfinden würden. Jetzt kann auch in diesem Zusammenhang die Solidarität zu Israel ergänzend unter Beweis gestellt werden.
Mit freundlichen Grüßen und Schalom
Johannes Reiner, 12.1.2009, johannes.reiner at t-online.de
PS: Die Veranstaltung mit Ilan Mor am Dienstag, 13.01.09 um 20 Uhr im Roten Bären ist total "ausverkauft" und wurde bereits auf Grund von Platznot in eine Steh-Veranstaltung umfunktioniert.

Infoabend mit zwei betroffenen Frauen in Endingen
Am Donnerstag, 8.Januar, 19:30 Uhr
in der Kornhalle (Marktplatz) in Endingen am Kaiserstuhl
Rivka Hollaender, jüdische Theologin und Lehrbeauftragte an der EH Freiburg, ist vielseitig engagiert im interreligiösen Austausch und der Frauenarbeit. Unter anderem ist sie Vorsitzende des Forums für „Interreligiöse Zusammenarbeit Freiburg“ und Mitgründerin des „Interreligiösen Frauennetz Baden“. Frau Holländer ist erst vor kurzem aus Israel zurückgekehrt und kann als Israelin Hintergründe fachkundig darstellen.
Die Ärztin Gabriele Weber ist Mitglied in Najdeh, einer sozialen Hilfsorganisation für Palästinenser.
Sie hat sich im letzten Jahr verstärkt an Freiburger Schulen gewandt, um auf die Not der Palästinenser aufmerksam zu machen. Zusätzlich unterstützt sie palästinensische Kulturarbeit. Frau Weber organisiert die in Freiburg auf dem Rathausplatz stattfindenden Friedensmahnwachen mit.
Frau Weber ist von der Gazakrise direkt betroffen, da sie mit einem Palästinenser verheiratet ist, dessen gesamte Familie im Gazastreifen lebt und seit Tagen dort in Lebensgefahr schwebt, seit Tagen gibt es keine Nachricht.
3.1.2009, http://gazagehtunsallean.blog.de/?tag=gabriele-weber

 

 

Muslime und Christen in Bethlehem leben zusammen

Christen in Palästina — eine ungeliebte Minderheit? Für mich ist und war gerade das Zusammenleben von Muslimen und Christen in Palästina ein Vorbild, an dem sich die Anhänger eines clash of civilisation ein Beispiel nehmen können. Bis heute besuchen wir unsere christlichen Freunde an Weihnachten und diese uns nach dem Ramadan. Da gibt es keine Diskussion: Christen gehören ebenso zu Palästina wie wir Muslime. Ich kann auch nicht verstehen, wieso ein Rudi Sinnreich die Palästinenser dazu auffordert, in die anderen 25 arabischen Länder zu gehen, ihr Land, ihre Heimat ihre Kultur und alles was sie als Palästinenser ausmacht, aufzugeben. Sollen sie damit für eine Schuld bezahlen, die sie nie auf sich geladen haben? Für die Vertreibung der Juden durch die Nationalsozialisten bezahlt ein Großteil der Palästinenser die (für unsere Vorstellungen kaum fassbar) seit vier Generationen in elenden Flüchtlingslager leben. So betrachtet, muss man einsehen, dass eine Zweistaatenlösung, ein Recht der Palästinenser ist und nicht etwa vom Wohlwollen des israelischen Staates abhängen sollte.
BZ-Leserbrief vom 22.12.2007 von Aminah Gneidieh, Freiburg

 

Kinderhilfe Betlehem: Brigitta Hagel sucht Spender für Caritas Baby Hospital

Tief berührt durch Eindrücke in Bethlehem / Brigitta Hagel hat das Caritas Baby Hospital, die einzige spezialisierte Kinderklinik im Westjordanland, besucht

Wenn Brigitta Hagel erzählt, strahlt sie. Es ist der tief in ihrem Bewusstsein verwurzelte christliche Glaube und damit die Hoffnung, die sie strahlen lassen. "Hoffnung ist nicht Optimismus, sondern die Überzeugung, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht", zitiert sie Vaclav Havel, den früheren Präsidenten der Tschechischen Republik und Schriftsteller.
Sinnvoll ist, so Brigitta Hagels Überzeugung und Erfahrung, die Kinderhilfe Bethlehem, die Träger des Caritas Baby Hospitals ist. Seit anderthalb Jahren gehört Brigitta Hagel dem Vorstand der Kinderhilfe Bethlehem an, sie vertritt in diesem Gremium die Katholische Frauengemeinschaft Deutschland (kfd). Erst vor einer Woche ist sie von einer Reise nach Palästina zurückgekehrt. Die Eindrücke sind noch frisch. Tief berührt habe sie das Gespräch mit einem Vater. Als er die Besucher als Deutsche erkannt hatte, sei er auf sie zugekommen und habe ein eindringliches Dankeschön formuliert. Zwei seiner drei Kinder würden nicht mehr leben, wenn es das Hospital nicht gäbe. "Sagen Sie das den Leuten bei Ihnen zu Hause und sagen Sie in meinem Namen Danke" , habe er ihr aufgetragen. Dieses Krankenhaus ist die einzige spezialisierte Kinderklinik im Westjordanland, jener 5800 Quadratkilometer großen Region im Nahen Osten, die einen Großteil des palästinensischen Autonomiegebietes ausmacht. In deren Zentrum liegt Bethlehem und dort wiederum das 1952 vom Schweizer Pater Ernst Schnydrig gegründete Caritas Baby Hospital. Das Krankenhaus hat 82 Betten, behandelt täglich bis zu 200 Kinder in der Ambulanz, führt ein College für Krankenpflegerinnen und -pfleger, eine Elternschule sowie eine Sozialberatung und eine Familienpflegeschule. Mit rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Einrichtung der zweitgrößte Arbeitgeber in Bethlehem. Ungeachtet religiöser oder nationaler Zugehörigkeit und wirtschaftlicher Situation finden Familien dort Hilfe. 90 Prozent der Betriebskosten werden aus Spenden finanziert. Jüngst hat der Vorstand beschlossen, die Ambulanz, die aus allen Nähten platzt, zu erweitern. Drei Millionen US-Dollar sind dafür veranschlagt.
Brigitta Hagel hat das Dankeschön des Vaters jüngst in der Pfarrei St. Georg vorgetragen. Am 4. Dezember wird sie in der Gemeinde St. Albert, der sie selbst angehört, von ihren Erlebnissen erzählen. Der jüngste Aufenthalt in Bethlehem diente der Vorbereitung einer Reise, die die kfd im kommenden Jahr ausrichten wird. Brigitta Hagel wünscht sich, dass dabei Frauen aus hiesigen Gruppen selbst Kontakte knüpfen. Jährlich 100 000 Euro spenden kfd-Mitglieder aus der Diözese Freiburg für den Betrieb des Hospitals. Viele kennt Brigitta Hagel persönlich. Bis 2004 war sie Frauenreferentin in der Katholischen Regionalstelle Breisgau/Schwarzwald/ Baar in Günterstal. Nach Freiburg kam Brigitta Hagel 1961. Auf dem zweiten Bildungsweg absolvierte sie hier eine Ausbildung in Theologie und Religionspädagogik. Von 1977 bis 1985 war sie Pfarrgemeinderatsvorsitzende in der Gemeinde St. Albert in Betzenhausen-Bischofslinde, seit 2005 gehört sie dem Gremium wieder an. Die 66-Jährige ist verwitwet, Mutter von drei Kindern und Großmutter von drei Enkeln. Das ehrenamtliche Engagement für die Kinderhilfe Bethlehem mache sie glücklich. "Es erfüllt mich, etwas bewirken zu können" , sagt sie.
Silvia Faller , 4.12.2007, BZ

Am 4.12.2007 informiert Brigitta Hagel im Albertsaal über die Kinderhilfe Bethlehem, Sundgauallee 9, Betzenhausen-Bischofslinde, 20 Uhr

Mehr zum Caritas Baby Hospital und "Kinderhilfe Betlehem" mit Spendenkonto >Kinder


 

 

 

Yad-be-Yad-Schule für bilinguale, interreligiöse Erziehung

In Jerusalem besuchen jüdische und arabische Kinder gemeinsam den Unterricht — und müssen dabei viel mehr lernen als die Sprache des Nachbarn

"Wie im Zoo" , feixt ein Junge, gerade sieben Jahre alt, ein aufgewecktes Kerlchen. Seine Mitschülerinnen und Mitschüler lachen, dabei meint es der Junge sehr ernst. Draußen, vor dem Fenster, bleiben die neugierigen Erwachsenen stehen und schauen ins Klassenzimmer. Der Vergleich ist gut gewählt. Zwei Lehrer, zwei Sprachen, 26 Kinder. Das alles in einem Klassenzimmer. Die 2 b macht vor, wie so was funktioniert. Und das unter erschwerten Bedingungen. Dauernd lugen Eltern durch die Fenster, um zu sehen, wie sich die Kleinen da drinnen machen. Schließlich findet der Unterricht in Jerusalems einziger jüdisch-arabischer Schule heute erstmals im neuen Gebäude statt, das mit Hilfe großzügiger Spender für elf Millionen US-Dollar errichtet wurde. Die vielen Erwachsenen vor den Fenstern animieren die Faxenmacher der 2 b, sich ein bisschen zu produzieren. Die beiden Lehrerinnen, Jaffa Shira Grossberg und Manal Darawshe, müssen ganzen Einsatz bringen, das Interesse ihrer Schüler wieder auf sich zu ziehen beziehungsweise an die Tafel zu lenken. Dort hängen Bilder von Kindern: fröhlichen, traurigen, nachdenklichen, übermütigen. Das jeweilige Attribut ist daneben angeschrieben — zweisprachig, in Hebräisch und Arabisch. "Wie fühlt sich dieses Kind?" , fragt Grossberg in Hebräisch und tippt auf das Wort an der Tafel. Auf Arabisch muntert Darawshe auf, sich zu melden: "Los, wer weiß es?" Natürlich wissen sie es, die meisten sogar in beiden Sprachen. Aber in welcher sie antworten wollen, ist ihnen überlassen. Eine Art bilinguales Ping-pong, bei dem die Wörter durch die Klasse hüpfen. Spaß scheint die Sache zu machen. Seit bald zehn Jahren gibt es die Yad-be-Yad- (Hand-in-Hand) Schule in Jerusalem, die jetzt eigentlich Max-Rayne-Schule heißt, benannt nach dem britisch-jüdischen Menschenfreund, ohne den der Neubau nicht möglich gewesen wäre. Sie gehört zu den Vorzeigeprojekten der Jerusalem Foundation, erfreut sich spendabler Unterstützer in Deutschland, Italien und der Schweiz, und erhielt noch zu Lebzeiten von Teddy Kollek, dem legendären Jerusalemer Bürgermeister, und Bundespräsident Johannes Rau den Friedenspreis der Israelisch-Deutschen Freundschaftsgesellschaft.
Viele der Kinder an der Schule kennen sich seit dem zweisprachigen Kindergarten der christlichen Vereinigung YMCA, der jetzt in die Schule integriert wurde. Majid und Motas, Mustafa, Jamie und Mustafa sind Oldtimer. Sie sind 13 Jahre alt und gehen in die achte Klasse: ein arabischer Christ, zwei Muslime, ein Jude. Aber so wie sie Schulter an Schulter auf den Treppenstufen im Hof hocken, Jeans, T-Shirts und eine Spur Gel in den Haaren, lässt sich das nicht unterscheiden. "Für uns spielt keine Rolle" , sagt Jamie, "wer Jude ist und wer Araber. Wir vier sind Kumpel." Motas findet daran "nichts Besonderes" . Genauso ist er überzeugt, dass sich ihre Freundschaft halten wird. Dass der Nahostkonflikt die Sache komplizieren könnte, weiß er. Nur, genauso wie Mustafa findet er, dass man "einen Juden immer als Mensch sehen" solle. Die vier besuchen sich untereinander, bleiben auch mal über Nacht. Und wenn Jamie von jüdischen Nachbarskindern gefragt wird, warum er bloß mit Arabern in die Schule gehe, erwidert er: "Weil ich das will." Natürlich haben irgendwann die Eltern entschieden, ihre Kinder in die Yad-be-Yad-Schule zu schicken. Fast ausnahmslos gehören sie der Mittelschicht an: Ärzte, Architekten, auch Journalisten. "Uns gefällt das ganze Konzept" , sagt Mark Yohai, ein Wirtschaftsmann. "Nicht wegen politischer Überzeugungen, sondern weil es einem pluralistischen Menschenbild entspricht." Deswegen nehmen die Yohais auch in Kauf, die zehnjährige Tochter täglich von ihrem West-Jerusalemer Vorort durch den Morgenstau in die Schule chauffieren zu müssen. Bei den arabischen Eltern kommt ein weiteres Motiv hinzu. Im vernachlässigten Ostteil liegt die durchschnittliche Klassenstärke bei 40 Kindern. In der Yad-be-Yad-Schule sind es höchstens 30 pro Klasse. Und die werden auch noch von zwei Lehrern gefördert. Zumindest in der Grundschule. Erst in der Mittelstufe gibt’s dann Mathe in Arabisch und Geografie in Hebräisch. Eigentlich passt auch die Lage der Max-Rayne-Schule zum Programm, ziemlich genau zwischen dem Patt-Viertel, einem jüdisch proletarischen Quartier, und dem arabisch-muslimischen Beit Safafa. Bei der feierlichen Eröffnung des Schulneubaus jedenfalls zeigte man sich stolz, in solch gemischter Nachbarschaft angesiedelt zu sein. "Wir bauen hier eine Oase für Friedensvisionen auf" , hat Festredner Dan Meridor gesagt. Der war einmal eine Größe im rechten Likud, auch wenn er schon damals als Taube galt. In der Nachbarschaft in Patt allerdings legt man auf Sonntagsreden wenig Wert. Von jüdisch-arabischer Koexistenz will man dort erst recht nichts hören. Einige Anwohner, angeheizt von einem rechten Rabbiner, sind verärgert über die Schule, diesen Fremdkörper in ihrer Mitte. Ihnen ist ein Dorn im Auge, dass dort jüdische, christliche und muslimische Feiertage gleichberechtigt gewürdigt werden. So kann es am jüdischen Lichterfest Hanukka vorkommen, dass neben der Menorah auch ein Christbaum steht und dazu Gebäck wie im muslimischen Fastenmonat Ramadan gereicht wird. Die oft gestellte Frage allerdings, ob man sich nicht eine Inselidylle geschaffen habe, entlockt Tamar Baranow ein müdes Lächeln. "Schön wär’s" , gibt sie zurück. Baranow unterrichtet die Fünftklässler. Sie erinnert an den Tag, an dem PLO-Chef Yassir Arafat starb. Die eine Hälfte der Kinder und Lehrer war bestürzt, die andere meinte dagegen mehr oder weniger vernehmbar, der Verstorbene sei bloß ein Terrorist gewesen. Unvergessen ist auch jener Tag im Juni vor wenigen Jahren, als in allernächster Nähe ein Selbstmordattentat auf einen Linienbus geschah. Eine schlimme Erfahrung, die eine gemeinsame Erkenntnis zurückließ: Es hätte jeden aus der Schule treffen können. Mit der weiter zurück liegenden Vergangenheit fertig zu werden, ist kaum leichter. In der fünften Klasse beginnt dieses Jahr der Geschichtsunterricht. Da wartet auf Tamar Baranow und ihre arabische Co-Lehrerin, Naama Abu Dalu, die heikle Aufgabe, den Kindern gleichermaßen den israelischen Unabhängigkeitstag historisch näher zu bringen als auch al-Nakba, die Katastrophe palästinensischer Flucht und Vertreibung. "Wir versuchen, beide Seiten der Geschichte zu vermitteln" , sagt Abu Dalu. Wie sie das anfangen wollen, haben sie schon besprochen. Jedes Kind soll zunächst daheim Familienforschung betreiben. Kein schlechter Ausgangspunkt in einer arabisch-jüdischen Klasse, um in die Untiefen des Nahostkonflikts einzutauchen. Die gängigen Schulbücher, ob in Hebräisch oder in Arabisch, reichen dafür nicht aus. Das Yad-be-Yad-Kollegium hat bereits drei alternative Lehrbücher entwickelt. Zwei Yad-be-Yad-Ableger in Galiläa profitieren mit und revanchieren sich mit ihren Materialsammlungen. Aber "Co-Teaching" ist keine halbe Sache. Allein fürs Koordinieren geht jede Menge Extrazeit drauf. "Manchmal hängen wir noch spätabends am Hörer, um den nächsten Tag zu planen." Die Co-Lehrer erzählen davon geradezu vergnügt. So unterschiedlich die zwei wirken — Tamar ein wenig burschikos, Naama eher weiblich elegant — in einem Punkt geht es der einen wie der anderen. Abu Dalu drückt es so aus: "Mir hat die Schule schon gefallen, als ich das erste Mal hörte, dass es so etwas überhaupt gibt."

Yad-be-Yad-Schule

Die Jerusalemer Yad-be-Yad-Schule für bilinguale, interreligiöse Erziehung wurde 1998 gegründet. Seitdem ist sie jährlich um eine Jahrgangsstufe gewachsen. Inzwischen reicht sie von der Vorstufe bis zur 9. Klasse und zählt 450 Schüler. Zwei kleinere Schulableger der Yad-be-Yad (Hand in Hand)-Organisation gibt es im Norden Israels. Geführt wird die Jerusalemer Schule von einer Doppelspitze: einem arabischen Direktor, Ala Khatib, und einer jüdischen Direktorin, Dalia Peretz (sie ist die Schwester des ehemaligen israelischen Verteidigungsministers Amir Peretz). Eine bilinguale Oberschule (bis Klasse 12) soll in den nächsten Jahren hinzukommen. Allerdings ist die Nachfrage danach unter arabischen Eltern größer als unter den jüdischen, die mehr Alternativen an guten weiterführenden Schulen haben.

Inge Günther, 26.10.2007

 

Eine Million israelische Streubomben liegen noch im Libanon

Der militärisch aufgerüstete Staat des Nahen Ostens hat einen Krieg begonnen und völkerrechtlich nicht gedeckt über 1000 000 Streubomben abgeworfen, die jetzt noch im Libanon liegen und tagtäglich Menschen, besonders Kinder, verletzen und töten. Und was ist mit der von Israel angerichteten Umweltkatastrophe der libanesischen Küste? Israels Lehre für den nächsten Krieg heißt also, laut Inge Günther, "besser gerüstet zu sein" . Vor solchen einseitigen Berichten können wir uns als Friedensaktivisten für einen gerechten Frieden in Nahost nur schaudernd abwenden.

BZ-Leserbrief vom 21.7.2007 von Evelyn Hecht-Galinski, Malsburg-Marzell
www.juedische-stimme.de


 

 

Faten Mukarker: Leben zwischen Grenzen - als christliche Palästinenserin in Bethlehem

Faten Mukarker, 51, ist momentan auf Deutschlandtour, um ihr Buch "Leben zwischen Grenzen" zu präsentieren und ihren deutschen Zuhörern einen Einblick in ihre Situation zu bieten. Vor ihrem Vortrag im Martin-Schongauer-Gymnasium stand die Autorin BZ-Mitarbeiterin Sarah-Lena Stein für ein Interview zur Verfügung. Faten Mukarker wohnte 20 Jahre in Deutschland. Für ihre Heirat kehrte sie nach Bethlehem zurück, wo sie bis heute lebt.

BZ: Sie leben in Beit Jala, nahe Bethlehem. Fühlen Sie sich als Mitglied der christlichen Minderheit, die weniger als 2 Prozent der Bevölkerung ausmacht, von der Gesellschaft ausgeschlossen?
Mukarker: Nein. Wir sind nur eine religiöse und keine ethnische Minderheit. Wir sind zwar Christen, aber auch Palästinenser und Araber. Wir leben in guter Eintracht mit den Muslimen. Wir haben die gleiche geschichtliche Vergangenheit, denn wir leben unter der gleichen Bürde der Besatzungspolitik.

BZ:
Viele Ihrer Verwandten sind bereits ausgewandert, darunter sogar Ihr ältester Sohn. Was hält Sie also in diesen schweren Zeiten in Bethlehem?
Mukarker: Ich lebe in Bethlehem, dem Heiligen Land, wo Jesus geboren ist. Es gibt viele heilige Stätten. Ohne die Christen, die diese beleben, wären sie nur noch große Steine, deshalb möchte ich dort bleiben. Sie dürfen nicht zu Museen werden.

BZ: Eine 8 bis 10 Meter hohe Mauer trennt Bethlehem von Jerusalem, ja sogar von Teilen Bethlehems selbst. Wie schaffen Sie es damit umzugehen?
Mukarker: Wer sagt denn, dass ich es schaffe?

BZ: Fühlen Sie sich durch die Mauer gefangen oder bedroht?
Mukarker: Ich fühle mich wie in ein Getto, ein Gefängnis, gesperrt. Man darf nicht vergessen, dass auch wir hinter der Mauer im 21. Jahrhundert leben. Als Lösung des Konflikts habe ich mir in dieser Zeit etwas anderes vorgestellt. Nächsten Monat leben wir 40 Jahre unter der israelischen Besatzung. Die Kriege begannen vor 60 Jahren. Der Konflikt selbst liegt aber schon über 100 Jahre zurück. Er hat so viele unschuldige Menschenleben und Leid auf beiden Seiten gefordert. Die Mauer kann keine Lösung sein, denn sie hindert die beiden Völker an der Versöhnung.

BZ: Kürzlich war Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in Palästina. Er stattete sogar der deutschen Schule ,Thalita Kuma’, auf die Ihre Kinder gehen, einen Besuch ab. Was versprechen Sie sich von seinen Bemühungen?
Mukarker: Wir erhoffen uns von der westlichen Welt, besonders von der EU, ein Gleichgewicht in der Nahostpolitik. Eine Politik, in der man beide Seiten in Betracht zieht. Das heißt, zwei Völker müssen berücksichtigt werden. Ein Vermittler muss diese beiden Seiten sehen. Herr Steinmeier war in meiner Heimat. Vielleicht betrachtet er manche Dinge jetzt anders, nachdem er die bedrückende Mauer selbst gesehen hat.

BZ: Was hoffen Sie für die Zukunft?
Mukarker: Ich hoffe, dass die Mauer eingerissen wird. Ich möchte, dass die Menschen auf beiden Seiten endlich ohne Angst leben können. Der Teufelskreis der Gewalt muss durchbrochen werden, damit sich die Völker versöhnen können. Das ist meiner Ansicht nach nur unter dem einen Grundsatz, der mir selbst der allerwichtigste ist, möglich: Leben und leben lassen.

BZ: Warum denken Sie, ist die Hamas an die Macht gekommen?
Mukarker: Die Leute sind von der letzten Autonomiebehörde enttäuscht, weil es keine politischen Erfolge gab. Das Wahlprogramm der Hamas war Änderung und Verbesserung. Deswegen hat man sich eine Veränderung der Lebenssituation versprochen.

BZ: Warum denken Sie, dass die Christen in Palästina eine Brücke zwischen den beiden Völkern, den Israelis und den Palästinensern, sein können?
Mukarker: Wir als Christen haben jüdische Wurzeln. Gleichzeitig sind wir hier auch Araber und leben die gleichen Traditionen wie die Muslime. Deshalb können wir beide als Brücke verbinden.

BZ: Zu Weihnachten war Bethlehem, der Geburtsort Jesu, insbesondere auch die Geburtskirche, sehr verlassen. Sind Sie traurig und fühlen Sie sich von den Christen in der Welt allein gelassen und vergessen?
Mukarker: Ja. Viele wissen leider auch gar nicht, dass es christliche Palästinenser gibt. Die Pilgerfahrten sind zur Stippvisite geworden. Die Pilger gehen kurz in die Kirche, kommen wieder raus, steigen in den Bus und sind weg. Die Menschen in der Kirche sind aber nicht nur Dekoration, sondern sie möchten auch Kontakt und Austausch mit den Pilgern haben. Es ist mir wichtig, dass es in der Kirche eine Begegnung gibt. Die Touristen, die kommen, geben der Stadt ein Stück Normalität zurück. Das ist wichtig, so lebt Bethlehem. Deshalb biete ich Führungen in der Kirche an und lade die Touristen danach zu mir, zu einem traditionellen, arabischen Essen ein. Dort erzähle ich ihnen dann von unserem Leben, damit sie einen Einblick bekommen und ein Austausch stattfindet.

Literaturhinweis: Faten Mukarker, Leben zwischen Grenzen. Eine christliche Palästinenserin berichtet; Karlsruhe, Hans Thoma Verlag, 15,25 Euro

26.5.2007, www.badische-zeitung.de

 

 

Fahrradreise von Freiburg nach Jerusalem

Warum macht ein 27-Jähriger so was? Am ersten April auf sein Fahrrad steigen und losfahren. Ungefähr drei Monate und 5000 bis 6000 Kilometer vor sich. Und als Ziel vor Augen: Jerusalem. "Ich habe die Möglichkeit" , sagt Andreas Blum, "ich habe die Freiheit, und die nutze ich." 27 Jahre ist er alt. Studiert an der Katholischen Fachhochschule in Freiburg Soziale Arbeit. Und interessiert sich einfach für Geschichte und Kultur und Religion, die ihm unterwegs begegnen werden.

Die Reise nach Jerusalem hat er als Idee eigentlich schon seit eineinhalb Jahren im Kopf. Wegen der guten Erfahrungen, die er im September 2003 machte, als er per Anhalter nach Syrien fuhr. Und weil er auch schon zweimal nach Barcelona radelte, wo er während seines ersten Praxissemesters mit jungen Migranten arbeitete. "Die Fahrt nach Jerusalem ist eine Kombination dieser Erfahrungen" , erklärt Andreas Blum, den vor allem die auf seinen Touren erlebte Gastfreundschaft begeistert. Diesmal ist der 27-Jährige allerdings nicht allein unterwegs. Seit Regensburg begleitet ihn Peter Nies aus dem westfälischen Olpe, ein 26-jähriger Ingenieur. Die Beiden haben sich übers Internet als Reisepartner gefunden und haben sich vorgenommen, drei Kontinente "zu machen" . Weshalb sie über Jerusalem hinaus noch bis Kairo weiterradeln wollen — um Europa, Asien und Afrika wenigstens ein Stückchen bereist zu haben, wenn sie Anfang Juli wieder nach Hause zurückkehren werden. Der Leistungsgedanke ist es freilich weniger, der Andreas Blum auf den Satttel seines "Globetrotter" treibt. Gerade vor dem ersten Tag am vergangenen Sonntag hatte er vorher großen Respekt: "Übern Schwarzwald wird’s schon anstrengend, aber dann geht’s lässig die Donau entlang." Dem Fluss folgend peilt er Istanbul an, weitere Stationen werden Kurdistan, Palmyra, Beirut und Petra sein. Doch so ganz genau will sich der Student gar nicht festlegen. Er will sich lieber auch mal für Touren abseits der Strecke Zeit nehmen. Um mit Menschen ins Gespräch zu kommen (auf Deutsch, Englisch, Französisch und ein wenig Türkisch).
Einen "Pilgerbrief" hat er dabei, mit dem er auf Unterkunft hofft in Kirchen, Moscheen, Synagogen. Er stellt aber klar: "Ich mache keine Pilgerfahrt." Auch wenn manches einer ähnelt. So freut er sich auf den Abstand von zu Hause und darauf, Neues kennen zu lernen. Unter anderem auch im Baby-Hospital in Bethlehem. Dieses Krankenhaus für palästinensische Kinder wird von der beim Deutschen Caritasverband in Freiburg angesiedelten Kinderhilfe Bethlehem unterstützt. Und auch Andreas Blum möchte da mit seiner Reise nach Jerusalem einwenig beitragen. Bei der mit seiner Tour verbundenen Spendenaktion hofft er, einen mindestens vierstelligen Betrag für das Kinderhospital zusammenzubekommen.
Doch so weit ist es noch lange nicht. Jetzt ist er gerade mal seit knapp einer Woche unterwegs mit seinem klappbaren und mit neuem Ritzel sowie neuer Kette ausgestatteten Tourenrad, mit einem Ersatzreifen und einigen Schläuchen im Gepäck, das ansonsten eher leichtgewichtig ist. Schließlich, meint Andreas Blum, sollen ihm Bücher über Land und Leute nicht den Zugang zu Begegnungen mit Land und Leuten verstellen.
Gerhard M. Kirk, .4.2007, www.badishe-zeitung.de

Reisetagebuch von Andreas Blum:
www.reise-nach-jerusalem-2007.de

 

 

Bischöfe in Israel: Nicht der Vergleich, die Situation ist absurd

Nicht der Vergleich von Bischof Hanke ist absurd. Absurd ist vielmehr die schon beklagenswert lange andauernde Situation im Heiligen Land.
Der neue Bischof von Eichstätt, Gregor Maria Hanke, lange Abt des Benediktinerklosters Plankstetten, ist ein kluger, besonnener und umsichtiger Mann, ein Hoffnungsträger unter den deutschen Bischöfen. Angesichts mancher aufgeregter Reaktionen kommt mir das spanische Sprichwort in den Sinn: "Wer die Wahrheit sagt, muss ein gesatteltes Pferd vor der Tür stehen haben" .
BZ-Leserbrief vom 30.3.2007 von Hermann Lang, Freiburg

Wachtürme, Mauern, Stacheldraht, Soldaten in Kampfanzügen und ein Volk in Armut - das sind nicht unbedingt Alltagseindrücke für deutsche Bischöfe und Kardinäle. Der Schock sitzt tief, als sie mit den Lebensbedingungen der Palästinenser in Ramallah konfrontiert werden. Der Augsburger Bischof Walter Mixa bemerkt, dass dies "fast schon Rassismus" sei, der Kölner Kardinal Joachim Meisner prophezeit: "Diese Mauer wird fallen wie die Berliner Mauer auch." Bischof Gregor Maria Hanke aus Eichstätt lässt sich gar zu der Äußerung hinreißen: "Morgens in der Gedenkstätte Jad Vaschem die Fotos vom unmenschlichen Warschauer Ghetto, abends fahren wir ins Ghetto nach Ramallah. Da geht einem doch der Deckel hoch."
http://www.main-rheiner.de/welt/nahost

 

Versöhnen als Aufgabe: Pfarrer Karl-Heinz Ronecker

Den Freiburger Pfarrer Karl-Heinz Ronecker haben sein Dienst und die geschichtlichen und politischen Umstände mehrfach mitten in brodelnde Konflikte geführt. Zwischen den Fronten, im Angesicht von Unverständnis, Wut und Vorbehalten, versuchte der evangelische Kirchenmann zu tun, was er als Nachfolger Jesu als seine Lebensaufgabe versteht: vermitteln und versöhnen.

Drei Auseinandersetzungen waren es, die den am 28. Oktober 1936 in Palmbach bei Karlsruhe geborenen Sohn eines altkatholischen Vaters und einer Mutter aus einer Waldenser-Familie besonders herausforderten, wie er selbst berichtet. Ronecker, der heute mit seiner Frau Ingeborg in Kirchzarten lebt, war Studentenpfarrer an der Freiburger Uni, als 1968 die Hochschulunruhen losbrachen. "Marx und Freud waren die großen Lehrer, die Gurus" , erinnert sich Ronecker. Die Kritik der Studenten an der bestehenden Gesellschaft und vor allem auch an der Kirche habe ihm zu schaffen gemacht, erzählt der Pfarrer, streckenweise auch Angst. Wie als Christ leben, das seien brennende Fragen gewesen. Gegen die Gräben an der Uni — Studenten verweigerten zum Teil jede weitere Zusammenarbeit mit den als reaktionär betrachteten Professoren — organisierte Ronecker "Mittwochsgespräche" zwischen den Parteien. Seine Studentengemeinde begann mit Nachhilfe für Gastarbeiterkinder, engagierte sich stärker für die Dritte Welt, besuchte die Menschen im Gefängnis. "Man musste etwas tun, musste vermitteln" , resümiert Ronecker. Als Pfarrer an der Herdermer Ludwigskirche und als Dekan (1973 bis 1991) hatte Ronecker sich mit der Friedensbewegung und Hausbesetzungen zu befassen. Wieder setzte sich der Theologe für den Dialog ein, etwa als Mitglied einer "Bürgengruppe" . Ronecker war auch in Whyl, als dort gegen das Atomkraftwerk protestiert wurde. "Einmal wurden junge Polizisten blutüberströmt an mir vorbei getragen. Quasi kraft Amtes habe ich Kontakt mit der Polizei und der Führung der Bürgerinitiative gesucht, um eine weitere Eskalation zu verhindern" , erzählt Ronecker. Dabei habe er selbst einen Stein abbekommen und sei fast im Rhein gelandet. Eine ganz besondere Zeit und Herausforderung waren für Karl-Heinz Ronecker, wie er erzählt, die Jahre von 1991 bis 2001. Die Evangelische Kirche hatte den konflikterprobten Freiburger zum Propst an die Erlöserkirche in der Jerusalemer Altstadt berufen. Auch auf diesem exponierten Posten suchte er das Gespräch mit Palästinensern und Juden. Seine Frau lernte sogar, koscher zu kochen, damit auch orthodoxe Juden zum Essen kommen konnten. Ronecker: "Kleine Zeichen können sehr viel ausmachen!"
Holger Schindler, 27.2.2007, www.badische-zeitung.de

 

 

Jugendliche aus Israel in Breisach -  Besuch in Mackenheim

Mackenheimer Judengarten

Jugendliche aus Israel und Deutschland, die zurzeit an einem Jugendaustausch teilnehmen, besuchten den jüdischen Friedhof in Mackenheim und hörten zu,
 was Günter Boll (rechts) zu erzählen wusste.

Foto: Ari Nahor

Zusammen lernen, miteinander reden, sich kennen lernen und austauschen, das wollen zurzeit 14 israelische und 10 deutsche Jugendliche in Breisach. Sie gehören zu einem Projekt, das das Blaue Haus in Breisach in Verbindung mit der Lehrerin Rosita Dienst-Demuth von der Lessing-Realschule Freiburg und dem "Haus der Ghettokämpfer" in Israel, vertreten durch Tanja Ronen, realisiert.

Als der 1938 aus Konstanz emigrierte Michael Bloch, der auch Breisacher Vorfahren hat, vor zwei Jahren in Israel starb, entwarf seine Familie ein Projekt, das seinen Namen tragen sollte: "Michaels Dialog" . Ziel dabei ist, am Beispiel der Familie Bloch zu untersuchen, wie eine jüdische Familie, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung geworden ist, in der Folge Versöhnungs- und Friedensarbeit leistete. Als Zielgruppe hatte man Jugendliche aus Israel und Deutschland im Auge, die sich nicht nur in beiden Ländern begegnen, sondern zwischenzeitlich auch über Internet Verbindung halten und zusammen ein Werk in beliebiger Art entwickeln sollen. Die Projektskizze wurde beim Wettbewerb "Frieden für Europa — Europa für den Frieden" eingereicht und für förderungswürdig befunden. Das ermöglichte nun den Jugendlichen aus Israel, deutsche Gleichaltrige zu treffen und damit den ersten Teil des Projekts in die Tat umzusetzen. Eine Woche dauert die Begegnung, von der eine Hälfte in Breisach und die andere Hälfte in Konstanz verbracht wird. Ein Tag mit anschließender Übernachtung in der Gastfamilie sorgt zudem für einen Einblick ins deutsche Familienleben.

Das Programm für den ersten Tag war dicht bepackt. Nachdem die Gruppe am Vormittag einen Eindruck von Breisach gewinnen konnte und von Bürgermeister Oliver Rein empfangen worden war, stand am Nachmittag der Besuch auf dem jüdischen Friedhof im elsässischen Mackenheim auf dem Programm. Auch der Mackenheimer Bürgermeister, Jean-Claude Spielmann, ließ es sich nicht nehmen, die Gruppe zu begrüßen und ihr mit Hilfe von Bildern zu demonstrieren, was in den letzten Jahren an Restaurationsarbeit geleistet worden ist. Auf dem Friedhof nahm sich Günter Boll, der zum Erhalt und der Erforschung des Mackenheimer "Judengartens" maßgeblich beigetragen hat, der Gruppe an und machte sie mit den Besonderheiten eines jüdischen Friedhofs im Elsass vertraut.

Da zeigte sich gleich der unterschiedliche kulturelle Hintergrund der Jugendlichen: Was für die Deutschen nur unverständliche Zeichen waren, konnten die Israelis mühelos lesen. Dennoch blieben auch für sie Fragen offen, die Günter Boll geduldig beantwortete. Glücklicherweise fanden Deutsche und Israelis aber in der englischen Sprache einen gemeinsamen Code, der eine Auseinandersetzung überhaupt erst möglich machte. Und die schien gut zu funktionieren. Es sei spät geworden am Abend zuvor, berichtete der 16-jährige Patrick Oestringer aus Freiburg, man habe viel erzählt und besprochen. Das bestätigte auch die 14-jährige Adva Bloch, eine Enkelin des Namensgebers des Projekts. Über Politik oder Vergangenheit habe man bis jetzt zwar nicht viel geredet, bis auf wenige Ausnahmen. So habe ein palästinensischer Junge, der auf deutscher Seite bei dem Projekt dabei ist, den jüngsten Krieg im Libanon problematisiert, ohne aber die israelischen Jugendlichen persönlich verantwortlich zu machen. Alle zeigten sich hochmotiviert und gespannt darauf, was der Austausch noch bringen wird. Tanja Ronen vom "Haus der Ghettokämpfer" ist daher auch mit dem Ablauf sehr zufrieden. Und auch Tzafrir Bloch und Smada Ben Arieh, die erwachsenen Kinder von Michael Bloch, die die Gruppe begleiten, freuen sich darüber, dass sich das Projekt gut anlässt. Im April wird die deutsche Gruppe nach Israel reisen. Und dazwischen bleibt viel Zeit, um übers Internet im Gespräch zu bleiben.

fsn, 26.1.2007, www.badische-zeitung.de

 

 

Friedenslicht - aber Bethlehem liegt nicht In Israel

Schön zu lesen, dass sich ein Jugendlicher nicht nur mit Killerspielen und Karriereplanung beschäftigt, sondern für den Frieden engagiert. Irritierend ist allerdings, dass weder dem Gymnasiasten Ehrentreich, noch den anderen Akteuren der Pfadfinder-Aktion "Friedenslicht aus Bethlehem" bekannt zu sein scheint, dass Bethlehem nicht in Israel liegt. Auch auf die unerträglichen Verhältnisse in der Geburtsstadt von Jesu wird in den offiziellen Verlautbarungen mit keinem Wort eingegangen.

Während die kleine Flamme auf besinnlichen Feiern durch Europa gereicht wird, versuchen die Palästinenser im Schatten einer über acht Meter hohen Mauer zu überleben. Abgeschnitten von ihren Landsleuten, ohne die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Entwicklung und gedemütigt und unterdrückt von der israelischen Militärmacht. Das Friedenslicht ist ein tolles Symbol für Hoffnung. Schade nur, dass eine auf diese Weise benutzte Flamme weder Verständnis noch die postulierte Zusammenarbeit fördern kann.

BZ-Leserbrief vom 22.12.2006 von Karin Hamacher, Rheinfelden

 

Friedlicheres Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern

Interview mit Dr. Dieter von Schrötter, Studienhaus Wiesneck in Buchenbach

Frage: Beobachter sehen in dem krankheitsbedingten Ausscheiden Scharons aus der Politik die Gefährdung des Prozesses hin zu einem friedlicheren Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinenser. Teilen Sie diese Befürchtung?
Antwort: Ich teile schon die Prämisse nicht, weil ich in der von Scharon geprägten Politik keine Entwicklung zum Frieden hin sehen kann. Obwohl er den Rückzug der jüdischen Siedler aus dem Gaza-Streifen durchgesetzt hat, ist während seiner Amtszeit eine Politik fortgeführt worden, die einer Verständigung Israels mit den Palästinensern im Wege steht. Entscheidend ist zweierlei: Erstens hat Scharon die Errichtung eines trennenden Zaunes auf palästinensischem Gebiet initiiert und forciert. Zweitens hat er den Ausbau jüdischer Siedlungen in der Westbank intensiviert. Dort leben rund 200 000 Siedler, während aus dem Gaza-Streifen ungefähr 7 000 Siedler abziehen mussten. Somit ist Ministerpräsident Scharon kein Friedensfürst gewesen, der während seiner Amtszeit eine wesentlich veränderte politische Lage geschaffen hat. Was ich aber angesichts seines Ausfalls aus der Politik registriere, ist eine extreme Unsicherheit auf beiden Seiten - sowohl bei den Israelis als auch bei den Palästinensern.

Frage: Sie beurteilen Scharon so streng wie Ex-Außenminister Fischer, der den jüngsten wohlwollenden Porträts des israelischen Ministerpräsidenten widersprach mit der Bemerkung, Scharon sei nie ein Visionär sondern nur ein Soldat gewesen.
Antwort: Das stimmt. Scharon hat stets wie ein Soldat gedacht. Für ihn hatte immer ein militärisch gesichertes Israel den Vorrang. Dies ging für ihn einher mit einer stetigen israelischen Präsenz in den Palästinensergebieten. Er war aber einsichtig genug, zu verstehen, dass die jüdischen Siedlungen im Gazastreifen inmitten von 1,3 Millionen Palästinensern nicht zu halten waren. Was die Westbank angeht, wo sich mit Judäa und Samaria Teile des biblischen Israel befinden, wo Hebron mit dem Grab von Vater Abraham liegt, war Scharons Haltung eindeutig: Diese Region muss Israel militärisch kontrollieren.

Frage: Soll jetzt der Eindruck entstehen, Scharons Ausscheiden aus der Politik gebe im Sinne einer Entwicklung zu mehr Verständigung Anlass zur Hoffnung.
Antwort: Nein. Denn jede Rakete, die aus den Palästinensergebieten abgefeuert in Israel einschlägt, stärkt dort nur die politische Rechte. Eine Wende hin zum Frieden wird aber ebenso verhindert mit jedem Meter Zaun, den die Israelis bauen.

Frage: In Israel wird im März ein neues Parlament gewählt. Was könnten diese  Wahlen außer dem Ende der Ära Scharon bringen?
Antwort: Eine absolute Mehrheit für eine politische Partei kann es aufgrund der Kräfteverhältnisse in der israelischen Politik nicht geben. Ich sehe die Position der von Scharon gegründeten und geführten Kadima-Bewegung trotz seines Ausscheidens als nicht hinfällig. Ihr Spitzenkandidat Ehud Olmert würde als Ministerpräsident aber Scharons Politik fortsetzen. Eine Rechts-Links-Koalition, in der Kadima die stärkste Fraktion bildet, ist möglich. 

Frage: Wie schätzen Sie Olmert ein?
Antwort: Er hat sich als Bürgermeister von Jerusalem einen Namen gemacht. Aber er ist kein Politiker mit dem Charisma eines Scharon. Er wird dennoch dessen politischen Weg fortsetzen - mit Zaunbau und weiterem Siedlungsausbau in der Westbank.

Frage: Ihm wird nachgesagt, er sei deutschfreundlich.
Antwort: Was damit zusammenhängt, dass Olmert der deutschen Politik Vertrauen entgegenbringt. Während der Amtszeiten der Bundeskanzler Kohl und Schröder sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel erheblich vertieft worden.

Frage: Ein Wahlsieg des von Nethanjahu angeführten Likud-Blocks schließen sie aus?
Antwort: Ich rechne nicht damit. Allerdings würde ein solcher zu einer erheblichen Verschärfung im Palästinenserkonflikt führen Dies hätte Auswirkungen auf die gesamte Region, auf die Innenpolitik in Ägypten, Jordanien, Syrien oder den Irak. Nethanjahu verfügt nicht über die politische Klugheit eines Scharon, der immerhin klare Prinzipien verfolgte. Nethanjahu interessiert nur die Macht.

Frage: In wenigen Tagen wird auch in den Palästinenser-Gebieten gewählt. Und die Hamas kandidiert mit ...
Antwort: Es wäre nicht schlecht, wenn sich die Hamas in politische Funktionen einbinden ließe und den bewaffneten Widerstand aufgäbe. Im Gaza-Streifen darf sie angesichts der miserablen wirtschaftlichen Situation mit guten Ergebnissen rechnen, in der Westbank wohl weniger. Dass es zu Wahlen aber kommt, glaube ich angesichts der anarchistischen Zustände dort erst, wenn sie stattfinden.

Frage: Ihre grundlegende Skepsis verführt zu der Annahme, in zehn Jahren sehe es zwischen Israelis und Palästinenser nicht besser aus als heute.
Antwort: Damit rechne ich leider. Ich sehe auf keiner Seite Persönlichkeiten, die eine wirkliche Friedenspolitik voranbringen könnten. Es fehlen die Protagonisten, die die Vorschläge des Nahost-Friedenquartetts oder der Genfer Initiative vom Oktober 2003 umsetzen. Dabei ginge es um einen Interessen-Ausgleich in der Jerusalem-, Siedlungs- und Flüchtlingsfrage. Die israelische Politik dürfte einem lebensfähigen palästinensischen Staat nicht im Weg stehen, die Palästinenser müssen auf Gewalt verzichten. Allerdings ist der Nahe Osten stets ein Land der Wunder.

Frage: Welche Wunder denn?
Antwort: Möglich war dort im Lauf der Jahre auch der damals unglaublich anmutende Besuch Sadats in Jerusalem, sein Friedensschluss mit Begin. Ebenso später das Oslo-Abkommen zwischen Rabin und Arafat.

Dieter von Schrötter in DER SONNTAG vom 15.1.2006, dvs@wiesneck.de

 

 


Caritas Baby Hospital - Kinderhilfe Betlehem

Hiam Marzouqa, Kinderärztin im Caritas Baby Hospital in Bethlehem, erzählt von ihrer Arbeit und ihrem Leben hinter der Mauer

Manche Kinder werden derart unterkühlt zu ihr gebracht - “ wenn ich die untersuche, wird meine Hand kalt” . Andere, zehn Monate alt, wiegen gerade mal acht Pfund. Überhaupt: “ Wenn ein Kind krank wird, bricht für die Eltern eine Welt zusammen” - weil sie noch nicht einmal die umgerechnet drei Euro für die Ambulanz im Caritas Baby Hospital aufbringen können. Dort arbeitet Hiam Marzouqa als Kinderärztin. Und dieses Dorf liegt in Bethlehem. Wo nach christlicher Überlieferung Gott in einem Baby namens Jesus in unwirtlicher Umgebung zur Welt gekommen ist, leiden Säuglinge und Kleinkinder heute an Fehlernährung, an Unterkühlung, unter Armut. Denn die palästinensische Stadt Bethlehem liegt im von Israel besetzten Westjordanland und ist seit Ende November vollständig von einer neun Meter hohen Mauer eingesperrt. Damit ist auch der Zugang zum einzigen auf Kleinkinder spezialisierten Hospital im Westjordanland und im Gaza-Streifen nahezu blockiert. “ Vorher fanden die palästinensischen Familien direkt zu uns, jetzt scheuen sie die Wartezeit und die Schikanen an den beiden Checkpoints nach Bethlehem” , erzählt Hiam Marzouqa bei einem Besuch in Freiburg.
Sie studierte in Würzburg Medizin, hier machte sie die Facharztausbildung in Kinderheilkunde. Dann ging sie nach Bethlehem zurück, wo sie als eins von sieben Kindern ihrer Eltern geboren worden war. Heute, sagt die 43-Jährige, würde sie sich anders entscheiden. “ Ich liebe Bethlehem, das Land, ich habe eine tolle Aufgabe - aber wenn ich gewusst hätte, wie sich das hier entwickelt, wäre ich in Deutschland geblieben.” Diese Armut, weil die Menschen aus Bethlehem nicht mehr in Israel arbeiten können und seit der Intifada im Jahre 2000 die Touristen ausbleiben. Immer diese Mauer vor Augen. Und dass sie als Christin nicht einfach mal eben “ in mein geliebtes Jerusalem” fahren kann. “ Das alles kann ein normaler Mensch nicht aushalten - man erstickt mit der Zeit.”  Mittlerweile leitet Hiam Marzouqa das Caritas Baby Hospital mit 82 Betten kommissarisch. 2004 wurden 3300 Kinder stationär und 25 000 ambulant behandelt . Und immer wieder hat sie es mit Krankheiten zu tun, “ die ich während der Ausbildung nicht gelernt habe” : typische Armutserkrankungen als Folge von Fehl- und Mangelernährung, Unterkühlung und Darmkrankheiten. Eine Krankenversicherung gibt es nicht. Um so wichtiger ist das Kinderkrankenhaus (auch wenn es weder über Computertomographie noch über eine Intensivstation verfügt). “ Das ist der Sinn unserer Arbeit: Wir sind für die armen Menschen da.”

Nicht nur um Krankheiten zu heilen. Das Hospital wird von der Kinderhilfe Bethlehem getragen und verfügt über einen Haushalt (2004) von 7,5 Millionen Euro. Es wird vorwiegend mit Spenden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz finanziert. Zu ihm gehören auch eine Mütterschule und ein Krankenpflege-College. Sozialarbeiterinnen leisten Lebens- und Überlebenshilfe. Mit 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist das Krankenhaus nach der Universität Bethlehem der zweitgrößte Arbeitgeber in der Region. “ Dieses Spital ist die Sonne für unser Gebiet” , sagt Hiam Marzouqa, “ weil es für alle da ist, egal, welcher Religion, welchem Volk sie angehören.”

Für die Ärztin ist es selbstverständlich, jüdische Medizin-Professoren um Rat zu fragen (was nur telefonisch geht). “ Ich hab’ ja keinen Hass gegen Juden.” Deshalb versucht sie auch immer wieder zu vergessen, dass sie “ gefesselt” ist. Doch im Unterbewussten nagt es an ihr: “ Ich kann nicht einfach ein Kind nach Jerusalem überweisen, wenn es nötig wäre - man kann einfach nicht machen, was man will und wann man es will.” Darum möchte Hiam Marzouqa auch nicht, dass ihre beiden Söhne Fadi (9) und Schadi (10) in Palästina, in Bethlehem bleiben. “ Weil sie dort kein Leben haben.”
Alles von Gerhard M. Kirk vom 24.12.2005 auf www.bzol.de lesen

Mehr zu Caritas Baby Hospital und "Kinderhilfe Betlehem" mit Spendenkonto

 

Betlehem und Weihnachten

Bethlehem, so berichtet es die Bibel, ist der Ort, an dem Jesus geboren wurde. Weil der Kaiser Augustus damals wissen wollte, wie viele Untertanen er hat, zogen Josef vor mehr als 2000 Jahren mit seiner Frau Maria nach Bethlehem, um sich dort zählen zu lassen. Weil alle Zimmer in den Gasthäusern belegt waren, mussten die beiden in einem Stall bei Tieren übernachten. Maria erwartete zu dieser Zeit ein Kind. Und ausgerechnet in dieser Nacht in Bethlehem kam dieses Kind, Jesus, zur Welt. Und weil er zwar in Bethlehem geboren wurde, aber nicht aus dieser Stadt kam, nannte man ihn “ von Nazareth” . Von dort waren der Zimmermann Josef und Maria gekommen. Die beiden wickelten das Kind ein, damit es sich nicht erkältet und legten es in eine Krippe, das ist ein Futtertrog für Tiere. Das war in der Nacht vom 24. zum 25. Dezember vor mehr als 2000 Jahren und deswegen feiern wir bis heute an diesem Tag Weihnachten.
Heute ist Bethlehem eine Stadt in einem Teil von Palästina. Wem dieses Gebiet gehört und wer hier leben darf, darüber gibt es seit vielen Jahren einen schlimmen Streit zwischen Israelis und Palästinensern. In diesem Streit mussten schon sehr viele Menschen sterben. Die Israelis, die hier ihren eigenen Staat haben, haben einen hohen Zaun, zum Teil auch eine Mauer zwischen sich und den palästinensischen Gebieten gebaut. Dieser Zaun soll sie schützen. Aber dadurch leben die Menschen heute in Bethlehem fast wie in einem Gefängnis. Das merken die Menschen, die zum Beispiel die Kirche besuchen wollen, die an der Stelle gebaut wurde, wo Jesus geboren worden sein soll.

Bethlehem - von Zaun und Mauer umgeben
In den vergangenen Jahren hat der Staat Israel damit begonnen, einen rund 700 Kilometer langen Sperrzaun als Grenze zu errichten, teilweise in Form einer hohen Betonmauer. Mit dieser Sicherheitsanlage soll das Eindringen von Selbstmordattentätern verhindert werden.
Rund um Bethlehem, die Geburtsstadt Christi im von Israel besetzten Westjordanland, ist die 20 Kilometer lange Sperranlage fertig gestellt. Palästinensische Einwohner von Bethlehem dürfen nur noch mit israelischer Sondererlaubnis das benachbarte Jerusalem besuchen. In Bethlehem liegt auch Rachels Grab, eine jüdische Wallfahrtsstätte. Durch verstärkte Auswanderung ist die christliche Minderheit in Bethlehem inzwischen auf etwa zwanzig Prozent gesunken.


Open Bethlehem - Kampagne gegen die Isolation und Vergessen


Wie die Menschen in der Geburtsstadt Christi versuchen, trotz des israelischen Mauerbaus nicht in Isolation zu versinken / Touristen bleiben weg

Der Begriff “ Checkpoint” greift zu kurz, um die israelische Einlasskontrolle nach Bethlehem zu beschreiben. Denn wer sich heute aus Richtung Jerusalem in die Geburtsstadt Christi aufmacht, muss einen ausgetüftelten Parcours an Kontrollen bewältigen, wie ihn Deutsche von der DDR-Transitstelle Marienborn kennen. Seit Ende November ist die neun Meter hohe Mauer im Norden Bethlehems komplett. Schlecht gelaunt prüft die Soldatin im Wachhäuschen die Ausweise, unbeeindruckt von dem Friedensgruß “ Schalom” , den ihr die leicht eingeschüchterten Fahrgäste zuwerfen. Immerhin, der Schlagbaum geht hoch. Jetzt dürfen sie sich einfädeln in die Warteschlange vor dem eigentlichen und einzigen Durchlass in der Mauer nach Bethlehem. Fast kommt man sich vor, als ob man ein Hochsicherheitsgefängnis betritt, als sich endlich das gewaltige Metalltor öffnet. Kein Wunder, dass sich die Einwohner Bethlehems wie Eingeschlossene fühlen. “ Die Geburtsstätte der Christenheit hat sich in ein Gefängnis verwandelt” , sagt der Bürgermeister Victor Badarseh mit einem gewissen Sinn für Dramatik. Tatsächlich schnüren Betonteile den Nordwesten in einem gewellten Halbkreis ein. Nach Osten hin schließt sich ein Sperrzaun an. Im Süden rücken jüdische Siedlungen an die palästinensische Stadt heran. Noch hat das bescheiden weihnachtlich dekorierte Zentrum rund um die Geburtskirche seinen Charme nicht eingebüßt. Aber das schläfrige Straßenleben wirkt, bei aller Beschaulichkeit, niedergedrückt.

Bethlehem ist unter Verschluss - in diesem Jahr noch massiver als im Vorjahr. Und doch regt sich neuer Aufbruchsgeist. “Open Bethlehem” - öffnet die Türen nach Bethlehem oder soll man sagen: Macht hoch die Tür nach Bethlehem? - nennt sich eine Kampagne, die eine örtliche Bürgerinitiative in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und Unterstützern in London und Washington jüngst gestartet hat. Ziel ist es, die Kunde in alle Welt zu tragen, “dass nicht nur für die Palästinenser, sondern für die gesamte Menschheit etwas auf dem Spiel steht, wenn Bethlehem in der Isolation versinkt” . So jedenfalls drückt es Carol Dabdouch aus, die Koordinatorin des Projekts. Die Idee entsprang einem Gag. Bei Dreharbeiten zu einem Film über ihre Heimatstadt hatte die Filmemacherin Leila Sansour den Einfall, Passanten in London zu befragen, wo denn Bethlehem liege. Die meisten waren bei ihrer Antwort unsicher, ob das überhaupt ein real existierender Ort sei und nicht nur ein legendärer, biblischer Schauplatz. Am Ende beschlossen Leila Sansour und ihre Freunde, dass Bethlehem dringend wieder auf die Landkarte des allgemeinen Bewusstseins gehöre. So gab eine Idee die andere. Eine Website wurde eingerichtet www.openbethlehem.org, ein Büro in der Bethlehemer Universität eingerichtet, von dem aus die Vernetzung mit der Außenwelt organisiert werden soll, ein Programm für Touren nach und Konferenzen in Bethlehem lanciert. “ Unsere Stadt steht schließlich in einzigartiger Weise für die Botschaft von Frieden, Liebe, Gleichheit und Koexistenz - Werte, die universal hochgehalten werden” , meint Carol Dabdouch.
Als weiteren Anreiz hat die Initiative für all jene, die sich ganz besonders um die Geburtsstadt verdient machen, einen eigenen Bethlehem-Pass geschaffen, mit dem eingravierten Sankt Georg auf dem roten, in Leder gebundenen Kuvert. Der soll dereinst den Drachen getötet und die Jungfrau gerettet haben und gilt seither als der von Christen wie Moslems verehrte Stadtheilige.

Am 1. Dezember kam der erste Pass aus dem Druck, drei Tage später überreichte ihn Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas persönlich Papst Benedikt XVI. in Rom. Der hat zwar streng genommen noch nicht außergewöhnlich viel für Bethlehem getan - abgesehen von einer Zusage, “für uns zu beten” , die Bürgermeister Badarseh von dem Besuch in Rom mitbrachte. Aber vielleicht, darauf hoffen jedenfalls die Aussteller der Pässe, nehme der Papst ja die von Abbas ausgesprochene Einladung nach Bethlehem an oder rufe gar die Christen aller Länder auf, “ zu uns zu kommen” . Das Millenniumsjahr, als Benedikts Vorgänger Paul Johannes II. auf dem Platz vor der Geburtskirche die Messe zelebrierte, erscheint den Einwohnern von Bethlehem im Rückblick geradezu paradiesisch.

Zumindest bis zum Beginn der zweiten Intifada im September 2000. Bis dahin lief das Pilger- und Touristengeschäft auf Hochtouren. Heutzutage hingegen tröpfelt diese Einnahmequelle nur noch. Auch wenn die Besucherzahlen wieder leicht steigen, fristet die Hälfte der Bewohner ein Leben unterhalb der Armutsgrenze. Die meist von israelischen Reiseveranstaltern für einen Kurztrip herangekarrten Gäste lassen kaum einen Schekel in palästinensischen Souvenirläden. Individualtouristen wiederum schreckt die Mauer ab.

“Dabei hat es zu keiner Zeit hier irgendwelche Angriffe auf Ausländer gegeben” , betont Dabdoub. Von den kursierenden Gerüchten, der irakische Al-Qaida-Flügel wolle ausgerechnet an Weihnachten in Bethlehem zuschlagen, hält sie gar nichts. Diese Schauergeschichten seien just in der Woche in Umlauf gesetzt worden, als Israel den neuen Grenzübergang in Betrieb nahm. Das sei “ kein Zufall” , glaubt sie. “ Plötzlich drehten sich alle Gespräche über die Panik und erst in zweiter Linie über die Mauer.” Vielleicht reagieren Leute unter Einschluss auch nur klaustrophobisch. Zehn Autominuten braucht es von der Bethlehemer Universität bis zum biblischen Hirtenfeld in Beit Sahour. Einige Kellner und Händler sitzen dort, wartend. Außer an der Wasserpfeife zu ziehen, haben sie nichts zu tun. Keiner in Sicht, der eine Besichtigungstour will, keiner, der ihre geschnitzten Andenken kauft. Kein Stern am Himmel über Bethlehem. Das Einzige, was im Tal glitzert, ist der silbrig aufblinkende Stacheldraht des Hochsicherheitszauns.
Kompletten Beitrag von
Inge Günther vom 19.12.2005 auf www.bzol.de lesen

 

Ingeborg und Karl-Heinz Ronecker - Bücher zu Jerusalem

Karl-Heinz Ronecker war von 1992 bis 2001 Propst der evangelischen Gemeinde in Jerusalem. In seinem Buch finden Sie einige seiner Predigten, die er in der Jerusalemer Erlöserkirche hielt - Predigten in Israels Gegenwart, aktueller denn je. Seine Frau Ingeborg Ronecker geht in ihrem Buch JerusalemJahre auf die alltäglichen Probleme der Menschen in Israel und Palästina ein - diesseits und jenseits der von Israel errichteten riesigen Mauer. Im dritten Buch präsentiert Ingeborg Ronecker Gedichte von Menschen, die in Jerusalem leben und in deutscher Sprache schreiben - also in der "Sprache der Verfolger". Erstaunlich, da Lyrik aus Israel heute zumeist in hebräisch oder Englisch verfaßt wird. Mit dem Erlös aus dem Verkauf der Bücher werden Menschen in Jerusalem unterstützt, die unverschuldet in Not geraten sind - Juden, Christen, Muslime, ....

Karl-Heinz Ronecker: Friede sei in einen Mauern, Jerusalemer Predigten,
176 Seiten, 15 Euro, ISBN 3-87173-153-6

Ingeborg Ronecker: JerusalemJahre, Von Intifada zu Intifada,
200 Seiten, 15 Euro, ISBN 3-87173-278-8, www.radius-verlag.de
Aufrüttelnd und lebendig

Ingeborg Ronecker (Hrsg): Sprach-Los, Gedichte aus Jerusalem, 12/2005,
Gedichtssammlung der Gruppe Lyris, Wilhelm Bruners,
160 Seiten, 14 Euro, ISBN 3-87173-317-2

Bestellungen der Bücher im Buchhandel oder oder Tel 07661/905838 (Ingeborg Ronecker).

Ekkehard Kaier in DER DREISAMTÄLER vom 15.12.2005

 

 

Jerusalem-Stiftung von Pfarrer Ivan Hoyanic aus Höchenschwand

Pfarrer Ivan Hoyanic aus Höchenschwand hat im August 2001 die Jerusalem-Stiftung ins Leben gerufen, um die Arbeit von Pater Thomas Maier in Jerusalem zu unterstützen.

BZ: Herr Pfarrer Hoyanic, die Stiftung wurde im August 2001 von Ihnen ins Leben gerufen. Was waren Ihre Beweggründe für die Gründung?
Hoyanic: Als ich im Jahr 2001 die Pfarrstelle in Höchenschwand antrat, lernte ich auch Pater Thomas aus Häusern kennen, der seit Jahren unter schwierigen Bedingungen in Jerusalem humanitäre Hilfe leistet. Er berichtete mir von seiner Arbeit und seinen Problemen. Da ich mich während meines Studiums auch im Orient aufgehalten und die dortigen Lebensbedingungen persönlich kennen gelernt habe, konnte ich die Schwierigkeiten von Pater Thomas einschätzen. Mit der Gründung der Stiftung wollte ich ganz einfach einen Beitrag zur Unterstützung der Arbeit von Pater Thomas leisten.

BZ: Welche konkreten Ziele verfolgt die Stiftung dabei?
Hoyanic: Bei der Gründungsversammlung der Stiftung haben wir in einer Satzung die Ziele festgeschrieben. So ist ein wesentliches Ziel die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in Jerusalem, die aufgrund ihres sozialen oder krankheitsbedingten Zustandes auf Hilfe angewiesen sind. Konkret geht die Hilfe an katholische Einrichtungen wie Kinderheime und Schulen, die von Pater Thomas persönlich betreut werden. Nationalität und Glauben der Kinder spielen dabei keinerlei Rolle. Gefördert werden aber auch die Verständigung zwischen den Menschen verschiedener Religionen und die Ökumene zwischen den christlichen Kirchen vor Ort.

BZ: Welche Projekte wurden bisher durch die Stiftung verwirklicht?
Hoyanic: Mit unserer Stiftung sollen keine großen Projekte unterstützt werden. Mit unseren Spenden werden vielmehr gezielt einzelne Personen oder Institutionen unterstützt. So erinnere ich mich an einen Fall, der auch hier durch Presse ging. Eine israelische Mutter von zwei Kindern wurde in Jerusalem erschossen. Pater Thomas hat sich gezielt um die beiden Kinder gekümmert. Mehrfach konnten auch schon Familien in Bethlehem, Bethainen und Jerusalem wegen existenzieller finanzieller Not geholfen werden. Pater Thomas überwies auch einen größeren Betrag an das Priesterseminar in Bethlehem. Mit diesem Betrag werden mehrere Stipendiaten mit monatlichen Zuwendungen unterstützt und ihnen die Ausbildung ermöglicht. Bei seinen Urlaubsaufenthalten in Häusern berichtet uns Pater Thomas regelmäßig über die Verwendung der Geldspenden und erzählt vom Leben zwischen den Fronten.
BZ vom 7.1.2005

Seit 2001 ist Pfarrer Iwan Hoyanic Seelsorger der katholischen Pfarreien St. Michael Höchenschwand und St. Fridolin Häusern.
St. Michael, Kirchstr. 1, 79862 Höchenschwand, Tel. 07672/534, Fax 92 48 32
St. Fridolin, St.-Fridolin-Str. 20, 79837 Häusern (WS Höchenschwand)
http://www.kath-region-hochrhein.de/wt_pfarreien.htm

  

 

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