Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Energiepolitik
im Breisgau und Hochschwarzwald
  

Home >Zukunft >Energiepolitik >Energiepolitik3

Infos zur Energiepolitik-Seite ab März 2006

Blick nach Norden vom Batzenberg über Ebringen zum Schönberg am 19.10.2008 - Goldener Oktober
Blick nach Norden vom Batzenberg über Ebringen zum Schönberg am 19.10.2008 - Goldener Oktober

 

Holz und Schnee - zwischen Schweizerhof und Gasthaus Schauinsland im Kappler Tal am 6.3.2006 Holz im Schnee - Energie mehr

Landesregierung und EnBW: Zwei Dinos stützen einander

Wer das Energiekonzept 2020 der Landesregierung gelesen hatte,1 der wusste, dass hier eigentlich
Firmenpolitik für EnBW gemacht wird. Zum "Landesenergiegipfel" wird logischerweise auch nur ein
Unternehmen geladen, mit dem sich dann große Übereinstimmung fest stellen lässt.2
Die Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energien in Baden-Württemberg hat deutlich gemacht, dass ein
Drittel des Stroms auch in Baden-Württemberg problemlos bis 2020 aus Erneuerbaren stammen
können. Mehr ist möglich, wenn es politisch gewollt wäre. Zudem sind die Effizienzgewinne durch eine
konsequente Dezentralisierung gewaltig, denn bei Großkraftwerken werden im besten Fall 40% der
Primärenergie genutzt; bei dezentralen BHKWs, bei denen auch die Wärme genutzt wird, erreichen wir
bis zu 95%! Beides zusammen würde EnBW mittelfristig die gesamte Stromerzeugung kosten, denn
Dezentrale und Erneuerbare erreichen die Renditemaßstäbe des Großkonzerns in der Regel nicht.
Dieser Markt ist EnBW daher strukturell kaum zugänglich. Volkswirtschaftlich würde Baden-
Württemberg von der dezentralen Energieerzeugung aus heimischen Quellen jedoch massiv
profitieren.
Eine Energiepolitik, die von der Landesregierung zugunsten eines Unternehmens ausgerichtet wird,
verhindert den Strukturwandel hin zu Dezentralität und Erneuerbaren. Sie ist weder nachhaltig noch
zukunftsfähig - und kann daher nicht im Interesse eines Bundeslandes sein, das von Innovation und
technologischem Vorsprung lebt. Die geforderte Laufzeitverlängerung und der Bau neuer
Großkraftwerke auf Importkohlebasis behindern den notwendigen und überfälligen Strukturwandel in
der Energiewirtschaft des Landes. Beide sind ein Versuch, Dinosaurier am Leben zu halten, der zum
Scheitern verurteilt ist, da er mit den Lösungen von gestern die Probleme von morgen bewältigen will.
Solche Versuche sind innovations- und technologiefeindlich, gefährden den Exportstandort
Deutschland - und sind einem Land mit großer Maschinenbau- und Ingenieurstradition unwürdig. Nur
wer den Strukturwandel aktiv voran bringt, kann von den Chancen profitieren, die dies auf dem
Weltmarkt eröffnet.
Ob Importkohle und alternde Atomkraftwerke eine höhere Versorgungssicherheit auf Dauer
gewährleisten können, muss bezweifelt werden. Richtig ist aber, dass der Ausbau der Erneuerbaren
Grenzen hat, wenn er politisch dermaßen behindert wurde und wird wie in Baden-Württemberg. Das
Land war durch die große Wasserkraft einmal führend bei der Stromerzeugung aus Erneuerbaren und
bei der Windenergie schon in den fünfziger Jahren mit dem Windlehrstuhl an der Uni Stuttgart und
dem ersten deutschen Windtestfeld auf der Schwäbischen Alb der wichtigste Forschungsstandort. Die
Fixierung auf die Atomkraft hat dazu geführt, dass dieser technologische Vorsprung verkommen ist.
Das Land ist weit abgeschlagenes Schlusslicht im Ausbau der Erneuerbaren, trotz bester Potentiale,
auch im Wind. Allein die Zulieferer profitieren vom Boom, der anderswo statt findet.
Jetzt sollen die Gewinne der Laufzeitverlängerung den Erneuerbaren auf die Beine helfen? Vielleicht
sollten die Verantwortlichen im Lande erst einmal dafür sorgen, dass die Karlsruher Altlasten -
Testanlagen für Schnellen Brüter und Wiederaufarbeitung - aus den satten Gewinnen der
Atomkonzerne gegenfinanziert sind. Diese Milliardengräber werden weitestgehend vom Steuerzahler
gefüllt. Hier hält sich die Atomwirtschaft vornehm mit Kostenübernahmeangeboten zurück.
Staatliche Forschungsförderung im Feld der EE hatten wir in großem Stil in den 80er Jahren. Sie war
kontraproduktiv und hat mit dem GOWIAN ihr Scheitern eindrucksvoll bewiesen. Wir brauchen eine
Strategie des Marktes: Ist hier die Nachfrage groß genug, folgt Forschung automatisch. Für die
Nachfrage müssen Instrumente wie das EEG, aber auch Subventionen oder Landesbürgschaften
genutzt werden, um Innovationen (welt)marktfähig zu machen. Das ist beim Wind auf eindrucksvolle
Weise gelungen. Hier gibt es inzwischen hohe Exportanteile zwischen 70-80% sowie (noch) eine
technologische Marktführerschaft deutscher Firmen.
Die Landesregierung versagt unseren Kindern diese Zukunftschancen - und vergrößert die "Altlasten",
an denen zukünftige Generationen schwer zu tragen haben werden. Das ist unverantwortlich
angesichts von Klimawandel und immer knapper werdenden fossilen und atomaren Ressourcen. Die
Berichte des IPCC und der Stern-Report sprechen eine eindeutige Sprache: Verzögert man den
Strukturwandel, könnte es für den Klimaschutz zu spät sein - und auf jeden Fall wird er später sehr
viel teurer. Baden-Württemberg stellt die Weichen in die energiepolitische Sackgasse, anstatt auf die
heimische Wertschöpfung einer dezentralen, regionalen Energieversorgung zu setzen. Anstatt die
Dynamik der Erneuerbaren zu nutzen, klammert man sich ängstlich an Energiedinos ohne Zukunft.
Energiepolitischer Gestaltungswille sieht anders aus .
Dr. Josef Pesch / fesa GmbH Freiburg 6.3.2008

1 http://www.wm.baden-wuerttemberg.de/fm/1106/Energiekonzept%202020.pdf
2 http://www.baden-wuerttemberg.de/sixcms/detail.php?id=182478

 

Das EEG wird zum Anfang 2009 novelliert

Ziel des EEG ist bis 2020 den Stromanteil von Ökostrom auf 25 bis 30 Prozent zu heben. Der Bundestag wird die Novelle ab Februar beraten. Sie kann vermutlich ab Anfang 2009 in Kraft treten

Das EEG ist das wichtigste und erfolgreichste Instrument zum Ausbau der erneuerbaren Energien hierzulande. Seit seiner Einführung im April 2000 stieg der Ökostromanteil von 6,3 auf zur Zeit 14 Prozent an. Kernelemente des EEG sind der vorrangige Anschluß von Stromerzeugern von erneuerbaren Energien und eine an den Kosten orientierte Vergütung des Strom, die einen wirtschaftlichen Betrieb auch neuer EE-Technologien möglich macht. Die Einspeisevergütung für Neuanlagen verringert sich dabei jährlich und soll die Kostensenkung der neuen Anlagentechniken fördern. Im Rahmen des regelmäßigen Überprüfung legte das BMU jetzt einen Erfahrungsbericht zum EEG vor, der auch einige Anpassungen und Änderungen vorsieht.

Um der stagnierenden Wasserkraft bessere Anreize zu bieten sollen ab 2009 die Vergütungssätze für kleinere Anlagen angehoben werden, formale Beschränkungen bei großen Anlagen sollen entfallen.
Da die Stromproduktion aus Biomasse unter dem EEG um das Siebenfache angestiegen ist, soll die Grundvergütung abgesenkt werden und im Gegenzug wegen der steigenden Kosten für die Rohstoffe die jährliche Degression von 1,5 auf 1 Prozent verringert werden (zum Vergleich: bei der Photovoltaik sind es 5% jährlich)
Der Bonus für Kraft-Wärme-Kopplung wird von 2 auf 3 Cent pro Kilowattstunde angehoben um den Anreiz für die Nutzung auch der Prozesswärme zu erhöhen
Der zögernde Einstieg in die Offshore Windkraft soll durch eine höhere Anfangsvergütung beschleunigt werden.
Weil die Kosten für Solarstromanlagen stark rückläufig sind, soll die Vergütung zukünftig pro Jahr um 7 Prozent und ab 2011 um 8 Prozent jährlich geringer ausfallen.
14.1.2008

 

EWS erhalten Preis des Forum Zukunftsökonomie

Für vorbildliches gesellschaftliches Engagement haben die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) den erstmals verliehenen "Preis der Arbeit" erhalten. Gestiftet wird er vom "Forum Zukunftsökonomie e.V." , einer Initiative von sechs Medien (vorwärts, BUNDmagazin, Einblick, taz, ver.di PUBLIK und Verbraucher konkret) mit zusammen mehr als drei Millionen Lesern.

Unternehmen, die tatsächlich ökologische und soziale Verantwortung übernehmen, "statt diese nur wie eine öffentlichkeitswirksame Monstranz vor sich her zu tragen", werden mit dem Preis der Arbeit gewürdigt. So beschrieb Schirmherrin Gesine Schwan das Anliegen dieser Auszeichnung.

Freudestrahlend nahm Ursula Sladek Ende November im Berliner Cafe Einstein den Leserpreis, die vom Karikaturisten der Badischen Zeitung und der Taz, Thomas Körner, genannt "Tom" gestaltete Trophäe entgegen, stellvertretend für die 650 Gesellschafter der EWS-Schönau. Die Schönauer sehen sich in guter Gesellschaft mit sieben anderen für den Preis nominierten Unternehmen, darunter auch der renommierte Buntstiftehersteller Faber-Castell. Faber-Castell erhielt den Jury-Preis und ist ebenfalls ein EWS-Kunde. Diese Unternehmen repräsentierten einen Gegenentwurf zu multinationalen Konzernen, welche zeitgleich mit Massenentlassungen und exorbitanten Managergehältern Schlagzeilen machen, hieß es bei der Veranstaltung. Das umwelt- und sozialverträgliche Konzept der "Stromrebellen" geht auf: eine stetig wachsende Anzahl von Stromkunden sorgt dafür, dass mit dem in Schönau erwirtschafteten Fördergeldern immer mehr private kleine Stromerzeugungsanlagen ans Netz gehen. 37000 Kunden und 900 geförderte Kleinkraftwerke sprechen für sich. Und Ursula Sladek sieht wieder eine kleine Strecke geschafft beim Umbau der Gesellschaft. Sladek bei ihrer Dankesrede: "Der Strom ist nur ein Vehikel auf dem Weg in eine soziale und ökologische Wirtschaft."
Stuttgarter Nachrichten vom 9.12.2006

Forum Zukunftsökonomie
Wenn sich die Verantwortlichen zu wenig bewegen, übernehmen Bewegungen Verantwortung
c/o Dr. Hans-Jürgen Arlt, Grabbeallee 15, 13156 Berlin, Tel 030 49 301 280
info at preis-der-arbeit.de
www.forum-zukunftsoekonomie.de

 

Schweden wird komplett auf Erneuerbare Energie umzustellen

Als erstes westeuropäisches Land will Schweden sich komplett vom Erdöl abkoppeln. Wie die britische Tageszeitung «The Guardian» berichtete, sollen bis 2020 Biotreibstoffe und erneuerbare Energien fossile Brennstoffe ablösen. «Unsere Abhängigkeit von Öl soll bis 2020 gebrochen sein», sagte die Ministerin für nachhaltige Entwicklung, Mona Sahlin, der Zeitung. «Es wird immer bessere Alternativen zum Öl geben.» Stockholm arbeite außerdem mit Automobilherstellern wie Saab und Volvo zusammen, um die Entwicklung von Antrieben auf der Basis von Biokraftstoffen und Ethanol voranzutreiben, hieß es. Damit wäre Schweden das erste Land der Erde, das praktisch ohne Öl auskommt.

Zur Kompensation will das skandinavische Land aber auch keine neuen Atomkraftwerke bauen, wie es weiter hieß. Eine Volksabstimmung hatte schon 1980 das Ende der Atomenergie in Schweden eingeleitet. In den kommenden Jahren werden die Meiler stillgelegt.

Angst vor globaler Rezession: Derzeit gewinnt Schweden seinen Strom weit gehend aus Atom- und Wasserkraft. Fossile Brennstoffe werden in erster Linie im Transportwesen verwendet. Zudem wurden Heizungen in Häusern in den vergangenen Jahren nach und nach auf Geothermie oder Abwärme aus Müllverbrennung umgestellt. Die Regierung in Stockholm nannte als Gründe für Schwedens Umstieg auf Erneuerbare Energien, man müsse handeln, bevor Klimaveränderungen Volkswirtschaften zerstörten und die immer geringer werdenden globalen Ölvorräte zu heftigen Preiserhöhungen führten. Das Energiekomitee der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften unterstützt die Pläne. Eine immer größere Nachfrage nach Öl bei in Kürze stark sinkendem Angebot könnte zu einer globalen Rezession führen, warnten die Forscher. Ministerin Sahlin wies darauf hin, dass sich der Ölpreis in Schweden seit 1996 verdreifacht habe. Der «Guardian» zitierte zudem einen Regierungsvertreter, der erklärte, Schweden wolle «mental und technisch auf eine Welt ohne Öl vorbereitet» sein.
...
Bei Erneuerbarer Energie liegt Schweden in der EU schon jetzt weit vorne: Im Jahr 2003 kamen 26 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen - der EU-Durchschnitt beträgt gerade einmal sechs Prozent. Island will bis 2050 ebenfalls auf fossile Brennstoffe weit gehend verzichten, wie «Guardian» weiter schreibt. Autos und Boote sollen dann mit Wasserstoff betrieben werden.
Kompletter Beitrag auf www.netzzeitung.de, 8.8.2006

MetropolSolar Rhein-Neckar e.V.
www.metropolsolar.de

ecorema - Daniel Bannasch
www.ecorema.de

 

Einsparcontracting: Am Energiesparen verdienen Kommunen wie Investoren

Einsparcontracting: Wie Gemeinden kostenlos zu einer Gebäudesanierung kommen, auch die Investoren dabei ihren Schnitt machen - und auch noch die Umwelt geschont wird.

Zu verschenken hat Michael Runkewitz nichts. Er ist Dienstleister, verdient mit seiner Arbeit Geld — und am Ende muss auch bei ihm die Rendite stimmen. Denn sein Arbeitgeber, die Firma Siemens Building Technologies (SBT), ist ein Unternehmen, keine Sozialeinrichtung. Irgendwie, kann man sagen, verteilt er dennoch Geschenke. Denn Vertriebsleiter Runkewitz lässt in kommunalen Schulen und Schwimmbädern neue Heizkessel und Lüftungssysteme einbauen, eine neue Beleuchtung oder auch mal eine moderne Steuerung der Haustechnik. Was auch immer es ist — die Siemens-Tochter zahlt. Keinen einzigen Cent muss die Stadtkasse beisteuern. Im Gegenteil: Ist die neue Technik installiert, spart der Kämmerer auch noch Energiekosten. Das ganze kann natürlich nur funktionieren, weil gleichzeitig auch die Investoren ihren Gewinn machen. Denn der überwiegende Teil der eingesparten Energiekosten fließt in ihre Kasse. “Meist sind es acht bis zwölf Jahre Laufzeit” , sagt Ingenieur Runkewitz. So profitieren am Ende alle Beteiligten: die Kommune, der Investor und obendrein die Umwelt. Und weil jedes Geschäftsmodell auch einen Namen braucht, heißt das ganze Contracting, genauer gesagt: Einsparcontracting. Dieses liegt im Trend, der leeren öffentlichen Kassen wegen. Und so tummeln sich heute Firmen unterschiedlichster Herkunft in diesem Markt: Energieversorger sind darunter, Firmen aus dem Anlagenbau, aus der Bauwirtschaft oder aus dem Sektor Gebäudemanagement. Aber auch mit Geld von Bürgern wird schon Einsparcontracting finanziert — statt in Windkraft- oder Solarfonds investieren Kleinanleger dann in die Energieeffizienz öffentlicher Bauten. So sanierte schon vor einigen Jahren in Freiburg die von Dieter Seifried gegründete Firma Eco-Watt mit privaten Geldern die Staudinger-Gesamtschule. Wenig später übertrug Seifried sein Modell nach Nordrhein-Westfalen. Vier Schulen wurden unter dem Namen Solar und Spar mit Bürgergeld auf Vordermann gebracht.


Hauptstadt des Einsparcontractings ist Berlin. Das liegt zum einen an der rührigen Berliner Energieagentur, die sich in diesem Metier beachtliche Kompetenzen erworben hat. Zum anderen liegt es an der katastrophalen Finanzlage der Stadt. Ortstermin in einem Hallenbad in Berlin-Schöneberg. Es ist eines von elf Bädern der Hauptstadt, die 2001 für das Einsparcontracting ausgeschrieben wurden. Hier war die Ölheizung marode, die Pumptechnik veraltet, die Beleuchtung ineffizient. Die Stadt aber hatte kein Geld für die Sanierung. Also holte sie sich einen Contractor ins Boot. Den Zuschlag bekam nach Ausschreibung die Siemens-Tochter SBT, die umgehend acht Millionen Euro in die elf Schwimmhallen investierte. Seither verbrauchen die Bäder 33 Prozent weniger Energie. Denn die neue Gasheizung wärmt deutlich sparsamer als der Kessel von anno dazumal. Lampen brennen in den Umkleiden nur noch, wenn auch Menschen zugegen sind. Und auch die Spül- und Filtertechnik zu Aufbereitung des Beckenwassers wurde auf aktuelle Effizienzstandards gebracht. Das drückt die jährlichen Energiekosten in den elf Bädern um gut 1,6 Millionen Euro. 320 000 Euro davon kommen dem Berliner Haushalt zugute, den Rest erhält der Investor. Zehn Jahre läuft der Vertrag, dann hat Siemens seinen Schnitt gemacht, und von den weiteren Einsparungen profitiert allein die Kommune. Das Prinzip hat in Berlin Methode. 502 Liegenschaften mit 1300 Gebäuden hat die Stadt inzwischen in solchen Energiesparpartnerschaften unter Vertrag — das ist Rekord in Deutschland. Die Stadt spart so dank der Privatinvestoren schon heute einige Millionen Euro pro Jahr.

So clever die Idee mit dem Contracting ist, so schwer war sie in der Praxis zu etablieren. Schließlich ist die Gestaltung der Verträge nicht ganz einfach, weil viele Faktoren berücksichtigt werden müssen — etwa schwankende Energiepreise oder Wettereinflüsse. Denn es soll ein kalter Winter ja nicht dem Investor die Rendite nehmen oder ein milder ihm unverschämt hohe Gewinne erbringen. Ferner müssen Vereinbarungen für den Fall einer veränderten Gebäudenutzung her — wenn in einer Schule zusätzlich Abendkurse angeboten werden (die zusätzlich Energie brauchen), oder die Schülerzahlen sinken (was Energie spart). Doch all dies lässt sich vertraglich festschreiben. Die Fragen, wie der Kontrakt auszusehen habe, waren daher bald geklärt. Fortan lagen die Hemmnisse in den Behörden. “Was sind wir am Anfang angefeindet worden von den kommunalen Verwaltungen” , sagt Michael Geißler, Geschäftsführer der Berliner Energieagentur. Mancher Abteilungsleiter im Hochbauamt witterte in der neuen Praxis einen Affront: Plötzlich kommen fremde Firmen in die Gebäude und wollen alles besser machen! Gehen damit nicht auch kommunale Arbeitsplätze verloren? Und überhaupt: Geben wir nicht wertvolles Know-how aus der Hand? Allzu menschliche Befürchtungen sind das. Doch sie konnten ausgeräumt werden — bei den ersten Projekten durch die Macht der Argumente, dann durch die Kraft der Fakten. “In Berlin ist nicht eine Stelle weggefallen wegen der Energiesparpartnerschaften” , resümiert Geißler. Die Verwaltungen verloren keine Kompetenzen. Als dann die ersten Projekte dem städtischen Haushalt tatsächlich bares Geld sparten, war das Eis gebrochen. So ist im Berliner Contracting-Geschäft die Routine eingekehrt. Agenturchef Geißler sagt: “Von den 5000 kommunalen Gebäuden in Berlin sind 4000 für Contracting geeignet.”
Ähnlich dürfte die Relation in anderen Städten aussehen. Bleibt die Frage, für welche Objekte sich Einsparcontracting lohnt. 150 000 Euro Energiekosten pro Jahr sollten es schon sein, rät die SBT. Weil einzelne Gebäude selten diesen Betrag erreichen, werden mehrere gepoolt, also in einem Auftragstopf zusammengefasst. Zudem muss ein ausreichendes Einsparpotenzial vorhanden sein; 15 Prozent gelten als Minimum. Die sind nicht nur bei Alt-, sondern auch bei Neubauten herauszuholen. So dürften den Contractoren die Aufträge in Zukunft kaum ausgehen. Zumal sie einen starken Verbündeten haben: steigende Energiepreise

Badische Zeitung Freiburg
Kompletten Beitrag vom 20.5.2006 von Bernward Janzing auf www.badische-zeitung.de lesen

 

 

Erdgas-Autos - sparsame und umweltfreundliche Alternative

Über die hohen Spritpreise zu klagen ist eine Sache, etwas dagegen zu tun eine andere. Zwar klagen Privatfahrer wie Flottenbetreiber über hohe Unterhaltskosten für ihre Fahrzeuge, doch die wenigsten fassen bislang eine Alternative ins Auge, die diese Kosten in relativ kurzer Zeit drücken kann: Erdgas. Der fossile Brennstoff kommt in der Regel in Hausheizungen oder Kraftwerken zum Einsatz, beim Betrieb von Verbrennungsmotoren spielt er bislang eine eher untergeordnete Rolle.

Dabei hat der Erdgasantrieb gegenüber jenem mit Diesel oder Benzin große Vorteile. Das zu 85 Prozent aus Methan bestehende Gas verbrennt sauber, Rußpartikel und Schwefel im Abgas gibt es nicht, es birgt 80 Prozent geringeres Ozon- und Smogbildungspotenzial und enthält 20 Prozent weniger Treibhausgase. Und Erdgas ist sparsam. Ein Erdgasfahrzeug verbraucht rund 30 Prozent weniger als ein mit Benzin betriebenes, allerdings sind die Verbrauchswerte nur schwer vergleichbar, da der Erdgasverbrauch in Kilogramm pro 100 Kilometer, der Benzinverbrauch dagegen in Liter pro 100 Kilometer angegeben wird. Der Brennwert von einem Kilogramm Erdgas entspricht etwa jenem von 1,5 Litern Benzin. Mehr Aufschluss gibt der Preisvergleich: Ein Kilogramm Erdgas wird derzeit für bundesweit durchschnittlich 79 Cent verkauft, ein Liter (Super-) Benzin kostet 1,27 Euro. Das Sparpotenzial eines vergleichbaren Erdgasfahrzeugs liegt so bei etwa 50 Prozent gegenüber dem Benzinfahrzeug. Bei einem Durchschnittsverbrauch von sieben Litern Super und einer Jahresfahrleistung von 20000 Kilometern spart ein Autofahrer mit einem Fahrzeug der Mittelklasse damit gut 800 EUR pro Jahr. Auch beim Vergleich mit einem Dieselfahrzeug liegt das Erdgasgetriebene — zwar nicht so weit, aber dennoch deutlich vorne. Die positiven Umwelteigenschaften wirken sich auch auf die Steuereinstufung aus, Erdgasfahrzeuge erreichen mühelos die D-4-Norm und damit die niedrigste Kfz-Steuerklasse.
Das Erdgas zum Fahren unterscheidet sich nicht von jenem zum Kochen, es wird lediglich komprimiert zu “Compressed Natural Gas” (CNG). Es ist nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls für den Motorbetrieb verwendeten Autogas (Flüssiggas, LPG), das als Abfallprodukt bei der Erdölraffinierung gewonnen und hauptsächlich Propan und Butan enthält. LPG-Motoren sind weniger leistungsstark als Erdgas-optimierte und verbrennen unsauberer.

Wenn dennoch derzeit nur rund 39000 Pkw auf deutschen Straßen rollen, hat dies vor allem mit dem recht grobmaschigen Tankstellennetz zu tun. Bundesweit bieten lediglich 667 Tankstellen Erdgas an. Ein gutes Drittel davon sind keine landläufig bekannten Tankstellen, sondern Erdgas-Abgabestellen bei regionalen Energieversorgern — mit sehr unterschiedlichen Öffnungszeiten und Zahlungsmodalitäten. In Südbaden gibt es derzeit acht Erdgas-Tankstellen; zwei in Freiburg, je eine in Auggen, Breisach, Herbolzheim, Lahr, Lörrach und Triberg. In Emmendingen ist die Zapfstelle der Badenova derzeit außer Betrieb, bis September wird eine neue Erdgas-Säule beim Tankhof Grün eingerichtet.

Trotz des lückenhaften Netzes lassen sich auch mit einem Erdgasfahrzeug problemlos größere Fahrten absolvieren, sie sollten lediglich etwas besser geplant werden als Ausflüge mit Benzin- oder Dieselautos. Denn die meisten ab Werk für Erdgas eingerichteten (monovalenten) Autos haben einen zusätzlichen Tank für “normalen” Sprit an Bord; ist der Gastank leer, schaltet die Elektronik automatisch um. Es gibt auch (bivalente) Systeme, die von vornherein für beide Antriebsarten eingerichtet sind, bei denen ist jedoch der Verbrauchsvorteil nicht so groß wie bei einem für Erdgas optimierten Fahrzeug, und der Motor verliert im Benzinbetrieb an Leistung. Ansonsten bestehen in dieser Hinsicht kaum Unterschiede. Der Erdgasmotor muss lediglich in der Drehzahlspitze gegen seinen Benzinbruder zurückstecken, im mittleren Drehzahlbereich, in dem sich der Motor meistens bewegt, ist die Leistung identisch. Ein weiterer Grund, der gegen ein Erdgasfahrzeug spricht, sind die relativ hohen Umrüstkosten beziehungsweise der Aufpreis für die Erdgasversion, wenn das Fahrzeug neu gekauft wird. Der Aufpreis für ein Neufahrzeug mit Erdgas-Equipment liegt bei Pkw zwischen 1500 und 3500 Euro, bei Transportern zwischen 3500 und 5500 Euro. Die Umrüstung eines gebrauchten, benzingetriebenen Fahrzeugs ist etwa ebenso teuer. Besonders günstig lassen sich die für das Erdgas notwendigen zusätzlichen Tanks bei Vans einbauen, oft können die Stahlflaschen unter dem Fahrzeugboden montiert werden. Bei anderen Fahrzeugen geht die Gas-Ausrüstung zu Lasten des Kofferraums. Versüßt wird einem potenziellen Erdgas-Fahrer die Entscheidung durch spezielle Rabatte, die viele Gasversorgungsunternehmen für die Umrüstung oder Neubeschaffung gewähren. Sie belaufen sich, je nach Versorger, auf Beträge zwischen 500 und 2500 Euro. Die Vergünstigungen werden als Bar-Zuschüsse oder auch als Gratis-Tankfüllungen ausbezahlt. Für Firmen gibt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zinsgünstige Darlehen. In Südbaden hat die “Badenova” fast das Erdgas-Monopol. Er hält sich mit seinen Zuschüssen am unteren Ende der Skala auf: Für die Umrüstung oder den Neukauf eines Erdgasfahrzeugs gibt es einmalig 500 Euro Tankguthaben in Form einer Tankkarte plus zwei Cent Kilometergeld für alle im ersten Betriebsjahr gefahrenen Kilometer ab 20 000 bis maximal 100 000 Kilometer.

Badische Zeitung Freiburg
Kompletter Beitrag vom 20.5.2006 auf www.badische-zeitung.de

Der Trägerkreis Edgasfahrzeuge, in dem Gasversorger und Autohersteller zusammengeschlossen sind bietet auf seiner Internetseite www.ergasfahrzeuge.de umfassende Informationen zum Thema Ergasfahrzeug mit Tankstellenfinder, neuesten Automodellen, Werkstätten für die Umrüstung und Zuschussmodalitäten an

 

 

Mauenheim bei Tuttlingen will Energie selbst produzieren

Die Gemeinde Mauenheim im Kreis Tuttlingen ist auf dem Weg, das zweite Dorf in Deutschland zu werden, dass sich selbst mit Energie versorgt. Die Gemeinde Jühnde in Niedersachsen machte bereits im vergangenen Jahr den Anfang und produziert Wärme und Strom aus Gülle und Mist. Auch Mauenheim will sich ab Oktober selbst versorgen.

Etwa einen halben Kilometer vom Ortsrand entfernt stehen die beiden Silos. An die sieben Meter ragen sie in die Höhe. Daneben sind zwei in den Boden eingelassene, zylindrische Behälter mit ungefähr zwölf Metern Durchmesser, so genannte Fermentierer. In ihnen vergären Gülle, Rindermist sowie Pflanzen- und Maissilage zu Biogas, das einen Motor in einem Stahlcontainer antreibt. Die Rohstoffe dafür kommen aus dem, was die Landschaft rund um die Anlage hergibt: von den Wiesen und Äckern und von einem Kuhstall in Sichtweite. Von da draußen hat man einen guten Blick auf das 400-Seelen-Dorf Mauenheim, das genau im Schnittpunkt zwischen Schwarzwald, Schwäbischer Alb und dem nördlichen Hegau liegt.
Das Biogaskraftwerk ist ein wichtiger Baustein der Selbstversorgung. Gebaut haben es die Landwirte Ralf Keller und Erich Henninger. 800 000 Euro hat es gekostet. “Vor zwei Jahren hatte ich die Idee zu einer Biogasanlage” , erzählt Ralf Keller. “Allein hätte ich es nicht gemacht, aber ich wusste sofort, mit wem es gehen würde.” Er schaut zu Erich Henninger. Der 51-Jährige ist Ortsvorsteher von Mauenheim und konventioneller Landwirt. Auf seinen 65 Hektar Ackerfläche baut er vor allem Mais, Energieroggen und Klee an. Ralf Keller (40) ist Ökobauer. Er züchtet Rinder. 140 Hektar Fläche umfasst sein Hof. In seinem Stall stehen 180 Angus-Rinder. Sie liefern den Mist und die Gülle für das Biogaskraftwerk. Erich Henninger bringt die pflanzlichen Substrate von seinen Feldern ein. Mit dieser Biomasse erzeugt das Kraftwerk 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr. Sie werden ins öffentliche Netz eingespeist und durch das Erneuerbare Energiengesetz (EEG) vergütet: 20 Jahre lang gibt es konstant elf Cent pro Kilowattstunde. Zusätzlich gibt es sechs Cent dafür, dass nachwachsende Rohstoffe verwendet werden und weitere zwei Cent, wenn auch die Wärme genutzt wird: 1,8 Millionen Kilowattstunden Abwärme fallen im Jahr an. “Die könnten wir einfach in die Luft blasen” , sagt Ralf Keller, “aber das wäre ja Wahnsinn, immerhin entspricht das etwa 180 000 Litern Heizöl, die Hälfte der Menge, die Mauenheim jährlich verbrennt.”  Die könnten sich die 100 Haushalte sparen, wenn sie sich an das Nahwärmenetz anschließen lassen, das die Singener Firma Solarcomplex ab Mai bauen will. 3,5 Kilometer Rohre müssen verlegt werden, damit alle Häuser versorgt sind. “67 Haushalte haben bereits unterschrieben und beziehen ab Oktober unsere Wärme” , sagt Bene Müller von Solarcomplex. Dies zu langfristig fast stabilen Preisen. Die eigens für den Betrieb der Anlage gegründete “Solarcomplex GmbH Bioenergie Mauenheim” verspricht einen Bezugspreis von 49 Cent umgerechnet auf einen Liter Heizöl — das für die nächsten zwei Jahrzehnte. Ein Liter Heizöl kostet zur Zeit um die 70 Cent. In den Wintermonaten kommt zusätzliche Wärme von einem Holzhackschnitzelkraftwerk. Ergänzt wird der Mauenheimer Energiemix aus Biogas und Holz mit der Sonne. Eine Photovoltaikanlage mit 50 Kilowatt soll ihren Strom ins Netz einspeisen.
Rund eineinhalb Millionen Euro kostet die Selbstversorgung. Das diese real wird, dafür putzt Bene Müller gern kräftig Klinken. Denn während der größte Teil der Kosten durch einen Bankenkredit sowie durch einen Landeszuschuss gedeckt ist, müssen fast 600 000 Euro durch Einlagen privater Investoren zusammenkommen — Mindesteinlage 2500 Euro. Verzinst werden soll das Geld mit fünf Prozent pro Jahr. “Das ist konservativ gerechnet” , meint Bene Müller. “Wer hier investiert, der hat auch eine gute Portion Idealismus” , sagt Edmund Gamb. Er ist Anlagenproduktmanager bei der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau. Andere Anlageformen brächten über einen solchen Zeitraum bedeutend mehr ein. “Unternehmerische Beteiligung bedeutet immer auch Risiko, das eine entsprechende Rendite belohnen sollte.” Ansonsten aber sieht Gamb das Projekt Bioenergiedorf Mauenheim auf soliden Füßen. Das sehen auch die Mauenheimer so: Die Idee sei super, sagt Christina Stark. Auch Elfriede Maier findet das Projekt eine gute Sache. Sie habe sich bereits mit dem Miteigentümer ihres Hauses verständigt und lässt sich anschließen. Sich darüber hinaus finanziell beteiligen möchte sich jedoch keine von beiden. Hier geben sich die Mauenheimer eher zugeknöpft. “Wir haben erst 300 000 Euro eingesammelt” , muss Bene Müller eingestehen.

Badische Zeitung Freiburg
Reiner Fritz, 3.5.2006 auf www.badische-zeitung.de

www.landkreis-tuttlingen.de

 


20 Jahre Schönauer Stromrebellen

Liebe Freunde, Mitstreiter, Verbündete
Nachdem vor 20 Jahren die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl dazu geführt hat, dass sich eine kleine Elterninitiative in Schönau anschickte, den Stromriesen zu zeigen, dass eine Energiezukunft ohne Atomkraft möglich ist, nachdem uns die damaligen Stromversorger belächelten: ".. das ist genau
so, als wollte klein Fritzchen die Stromversorgung übernehmen ..."  kann sich heute jeder davon überzeugen, dass mit den Elektrizitätswerken Schönau eine atomstromfreie, klimafreundliche Stromversorgung möglich ist.  

Herzlichen Dank an alle, die auf irgendeine Weise mitgeholfen haben, dass wir dort sind wo wir heute sind! Herzlichen Dank an alle Stromwechsler und alle die uns helfen, unseren Weg konsequent weiter zu gehen.
Donnerstag, den 20.4.06 um 20.15  wird in Südwest 3  in "Ländersache" ein Bericht über die EWS-Schönau gezeigt. Schauen Sie sich's an! Sagen Sie es weiter! Unsere gemeinsamen winzigen Nadelstiche können dazu führen, dass die "Dinosaurier" sich bewegen, anstatt die Energiezukunft nochmals 20 Jahre auf die lange Bank zu schieben.
Energiegeladene Grüße aus Schönau von
Ursula und Michael Sladek und dem gesamten EWS-Team
PS. Gern senden wir Ihnen übrigens jede gewünschte Menge Informationsmaterial zum Weitergeben
EWS Schönau GmbH, www.ews-schoenau.de, Fon: 07673 - 8885-0
M.Sladek@ews-schoenau.de , 19.4.2006


 



Wie lange reichen die weltweiten Energievorräte?

Im Internet und den Medien finden sich zum Thema weltweite Energieressourcen (Uran, Erdöl, Erdgas, Kohle, Sonne, Wind, Biomasse, Geothermie) die unterschiedlichsten, häufig interessengeleiteten
Angaben. Wir versuchen hier einige Infos zum Thema weltweite Energievorräte zusammenzutragen.

Die Atommlobby, u.a. organisiert im Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen, fasst auf ihrer Homepage (am 7. Sept.2005) die heutigen Erkenntnisse zusammen, allerdings ohne die Steigerungsraten des Verbrauchs einzubeziehen:
"Wie lange reichen die Energievorräte der Welt? Teilt man die aus heutiger Sicht technisch und wirtschaftlich abbaubaren Reserven durch den jetzigen Verbrauch, erhält man die so genannte
statische Reichweite. Diese beträgt für Erdöl rund 41, für Erdgas 67, für Kohle 192 und für Uran (ohne Brutreaktoren) rund 50 Jahre." Nach den realen Zahlen fließen dann die Zukunftshoffnungen der Atomlobby in den Text der Homepage ein: "Die statische Reichweite ist aber nur bedingt aussagekräftig, da sich einerseits der Verbrauch ständig ändert und andererseits immer noch neue Vorkommen entdeckt werden. Bei steigenden Energiepreisen lohnt sich auch der heute noch nicht wirtschaftliche Abbau von Vorräten."

Die Umweltorganisation Greenpeace hat im Jahr 2006 eine Studie über die Reichweite der Uranvorräte der Welt erstellt. Nach dieser Studie können die heute bekannten Uranvorräte einen steigenden Bedarf nicht decken: "Unter Berücksichtigung verschiedener Szenarien zur weltweiten Entwicklung des Kraftwerkbestandes, scheinen die Uranvorräte etwa zwischen 2026 und 2070 erschöpft. Geht man davon aus, dass Atomkraft tendenziell rückläufig ist, mit Ausbaubemühungen nur weniger Länder, werden die Vorräte nach realistischen Schätzungen bis circa 2050 reichen."

Die Fachzeitschrift /Politische Ökologie/ schreibt in ihrer Ausgabe vom März 2004:
"Bei den Steigerungsraten des Verbrauchs, welche die Internationale Agentur des OECD (International Energy Agency, IEA) berechnete, ergibt sich:

- ein Ende des Erdöls um 2035,
- von Erdgas vermutlich vor 2040,
- Kohle reicht bis maximal 2100. Dabei ist jedoch nicht berücksichtigt,
  dass sie die anderen Energieträger ersetzen muss und gleichzeitig zu
  einem gesteigerten CO_2 - Ausstoß führt.
- Uran reicht bei der heutigen Förderung nur bis 2040."


Bei der Kernfusion ist nicht abzusehen, ob sie jemals technisch und wirtschaftlich realisierbar sein wird. Die teilweise sehr unterschiedlichen, häufig stark interessengeleiteten Zahlen zu den Energievorräten der Welt zeigen dennoch deutlich die Endlichkeit dieser Ressourcen an. Ein plötzliches, abruptes Ende der Förderung von Gas, Öl, Uran und Kohle ist dennoch nicht zu erwarten, eher ein langsames Auslaufen, begleitet von einer massiven Preiserhöhung und damit einhergehenden sozialen Verwerfungen. Doch das unlösbare Grundproblem der nicht regenerativen Energiequellen wie Uran, Gas, Öl und Kohle sind nach Ansicht von BUND Geschäftsführer Axel Mayer die Probleme eines  unbegrenzten Wachstums und der damit verbunden ständig steigenden Nachfrage nach Energie:

Bei einem anhaltenden Wachstum des Energieverbrauchs von 3% verdoppelt sich dieser alle 23 Jahre, bei 5% sogar bereits alle 14 Jahre. Und eine Menge, die exponentiell wächst, vertausendfacht sich jeweils nach der zehnfachen Verdoppelungszeit. Dauerhaftes exponentielles Wachstum des Energieverbrauchs ist nicht möglich, auch wenn die Kohle, Öl- und Atomlobby anderes verkünden.

Unser Wirtschaftswachstum ist immer noch nicht ganz abgekoppelt von einem überhöhten Energie- und
Rohstoffverbrauch. Das Ende des Öl- und Uranzeitalters ist absehbar und rückt durch den Export unseres Verschwendungssystems nach China und Indien noch näher. Ein Teil des bisher "unterentwickelten" Rests der Welt (insbesondere China und Indien) ist gerade gerade dabei, unser
zerstörerisches Modell einer Raubbauwirtschaft nachzuahmen und ähnlich Energie und Rohstoffe zu verschwenden wir wir. Der beginnende Autoboom in diesen Ländern wird in unseren Medien immer noch unkritisch bejubelt. Die Folgen dieses Booms für Energievorräte, Ökologie und Weltklima sind
kein Thema. In China und Indien läuft zur Zeit das "spannendste ökologische Belastungsexperiment" der Menschheitsgeschichte. Und ist es den Menschen in Asien zu verdenken, dass sie unserem schlechten Beispiel nacheifern?

Das weltweit knapper werdende Öl löst beim abhängigen Patienten Mensch klassische Suchtsymptome aus. Statt Energie einzusparen und Alternativen zu fördern, rufen wachstumsgläubige Politiker nach einer intensiveren Ölförderung und nach der noch härteren und gefährlicheren Energiedroge Atomenergie. Die Abhängigkeit vieler Politiker und Parteien von der Energielobby gefährdet die Demokratie. Nur einen, zugegeben etwas makaberen, positiven Effekt könnte das beginnende Auslaufen der fossilen Energievorräte haben. Die Klimaveränderungen würden langfristig weniger verheerend ausfallen als bisher angenommen, wenn Erdöl und Gas nicht durch einen verstärkten Kohleeinsatz ersetzt werden.

Das Wachstum im Bereich der Alternativen Energien gehört zu den wenigen hoffnungsvollen Zeichen der Zeit. Von 1995 bis 2005 haben sich die Preise für atomar-fossile Energien mehr als verdoppelt, während sie sich für erneuerbare Energien halbiert haben. Windstrom ist global die am schnellsten expandierende Energienutzung. In der EU gingen im Jahr 2005, nach Angaben des Schweizer Energieexperten und Nationalrats Rudolf Rechsteiner, alle zwei Monate 1000 MW neue
Windenergie ans Netz. In Kilowatt (Leistung) entspricht dies einem neuen AKW Gösgen (CH), in Kilowattstunden (Produktion) wird damit ein Atomreaktor der Größe Beznau (CH) ersetzt - und dies alle 60 Tage. Und genau dieses positive Wachstum der zukunftsfähigen Energien wird von den  Anhängern der atomar-fossilen Energiegewinnung massiv bekämpft, denn jede neue Photovoltaikanlage und jedes neu gebaute, privat finanzierte Windrad nimmt den AKW - Betreibern und Atomkonzernen Anteile an der
Stromproduktion weg. Widerstand gegen Windräder wegen Vögeln, Fledermäusen und Landschaftsschutz? It´s the economy - stupid!

Die erneuerbare Energien sind Energiequellen, die sich durch natürliche Prozesse laufend erneuern. Sie stehen nach menschlichen Zeitmaßstäben unendlich lange zur Verfügung. Erneuerbare Energien haben drei originäre Quellen: Strahlung der Sonne, Kraft der Gezeiten, Wärme des Erdinneren (Geothermie). Sonne, Mond und Erde stellen diese unerschöpflichen Energien umweltverträglich zur Verfügung.

  • Die Sonne strahlt jährlich in Deutschland auf jeden Quadratmeter so viel Energie, wie in 100 Litern Öl enthalten ist. In der Sahara ist es sogar doppelt so viel.
  • Ein Windrad hat sich nach ca. einem halben Jahr (4- 7 Monate) Betrieb energetisch armortisiert, d.h. nach diesem halben Jahr erzeugt es "netto" Strom.

130.000 Arbeitsplätze waren im Jahr 2004 in Deutschland direkt oder indirekt auf die Nutzung der regenerativen Energien zurückzuführen.

Der derzeitige Weltenergiebedarf liegt bei etwa 400 Exajoule (400 Milliarden Milliarden Joule) pro Jahr.
Ein Exajoule entspricht der energetischen Menge, welche die Erde in 6 Sekunden von der Sonne empfängt. In einer Studie aus dem Jahr 2003 mit dem Titel "Energiewandel zur Nachhaltigkeit" prognostiziert der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung zu globalen Umweltveränderungen (WGBU) die Potenziale der erneuerbaren Energien für das Jahr 2100 folgendermaßen:

  • weltweite Wasserkraft: Der Wert des Potenzials für Wasserkraft könnte sich bis 2100 auf ca. 15 EJ pro Jahr steigern lassen.
  • weltweite Bioenergie - nachwachsende Rohstoffe: "Der Beirat schätzt das globale moderne Bioenergiepotenzial auf etwa 100 EJ pro Jahr, die sich zu 20% aus der Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe sowie zu jeweils etwa 40% aus forstwirtschaftlichen Reststoffen und Energiepflanzen ergeben. Ein derartiger Ausbau ist aber nur innerhalb von Jahrzehnten erreichbar."
  • weltweite Windkraft: "Bei der Windenergie kann nur ein gewisser Anteil des berechneten globalen technischen Potenzials als nachhaltig nutzbar angesehen werden. Der Beirat empfiehlt daher global etwa 140 EJ pro Jahr als langfristig erreichbaren Beitrag der Windenergie zu einer nachhaltigen Energieversorgung." Andere Experten sehen hier noch mehr Potentiale.
  • weltweite Solarenergie: "Im Gegensatz zu allen anderen Formen erneuerbarer Energien sind die technischen und auch die nachhaltig nutzbaren Potenziale der Sonnenenergie vor dem Hintergrund aller Zukunftsprojektionen menschlichen Energieeinsatzes praktisch unbegrenzt."
  • weltweite Erdwärme: "Erdwärme hat ein großes technisches Potenzial und steht im Gegensatz zu Sonnen- und Windenergie kontinuierlich zur Verfügung. Das nachhaltig nutzbare Potenzial wird vom Beirat dennoch bis 2100 nur sehr vorsichtig auf 30 EJ pro Jahr eingeschätzt"

Den zerstörerischen Traum von dauerhaftem, unbegrenzten Wachstum im begrenzten System Erde können allerdings auch die Alternativenergien nicht erfüllen.
Wer den American Way of Life mit Energie- und Rohstoffverschwendung, mit Umwelt- und Innenweltverschmutzung auf den Rest der Welt übertragen will, der fährt diesen Planeten mit und ohne regenerative Energiequellen gegen die Wand.

Mit Wind- und Sonnenenergie geht das dann nur ein wenig langsamer. Beim Energiegipfel im Kanzleramt könnten die Weichen in die richtige Richtung gestellt werden, doch eingeladen wurden insbesondere die VertreterInnen der rückwärtsgerichteten Atom- und Kohlelobby.

Axel Mayer, BUND - Regionalgeschäftsführer, 30.3.2006
h
ttp://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/projekte/wind/energievorraete.htm

Umfassende Infos zum Thema Wachstum und Wachstumskritik, Energie und Energievorräte finden Sie hier:
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/projekte/wachstum_idx.htm


Deutscher Stromexport steigt auf 8,5 Mrd kWh im Jahr 2005

Viel Strom fließt in das Ausland / Hoher Exportüberschuss
Deutschland hat im vergangenen Jahr seinen Stromexport weiter gesteigert. Zwar nahm auch die Menge des Stromimports zu, doch in der Gesamtbilanz hat Deutschland seine Rolle als Stromexporteur gefestigt: Die Ausfuhr lag im Jahr 2005 um 8,5 Milliarden Kilowattstunden höher als die Einfuhr. Damit erzielte die Bundesrepublik im Jahr 2005 das höchste Stromexport-Saldo seit der Wiedervereinigung.

Im Vorjahr hatte der Exportüberschuss noch bei 7,3 Milliarden Kilowattstunden gelegen. Das wesentliche Importland ist Frankreich, Exportländer sind vor allem die Schweiz, Österreich und die Niederlande. Das gab der Verband der Netzbetreiber, eine Organisation der Stromwirtschaft, bekannt.
Politisch interessant ist die Exportstärke der deutschen Stromwirtschaft vor dem Hintergrund des beschlossenen Atomausstiegs. Der Reaktor Biblis A zum Beispiel, der gemäß Atomkonsens als nächstes abgeschaltet werden soll, hat im Jahr 2005 rund 7,8 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. Damit wäre Deutschland auch ohne Biblis A noch Nettoexportland, selbst wenn kein einziges neues Kraftwerk ans Netz ginge.

Bernward Janzing am 19.4.2006 auf www.badische-zeitung.de

 

Umdenken in der Energiepolitik: Bioenergiedorf Jühnde wird vorgestellt

Der Gewerbeverein Ühlingen-Birkendorf hatte zu einer Informationsveranstaltung über das Bioenergiedorf in Jühnde in Niedersachsen eingeladen. Die Veranstaltung kam durch den Kreisgeschäftsführer der Grünen, Bernd Wallaschek, zustande. 50 Besucher informierten sich an diesem Abend über die Möglichkeiten der Energieversorgung durch Biomasse.

Die Bevölkerung über Energiesparmöglichkeiten zu informieren, hat sich der Gewerbeverein bereits bei der Gründung zum Ziel gesetzt und bei den ersten Energiespartagen 2004 gemeinsam mit dem NABU-Zentrum am Naturena Badesee in Birkendorf umgesetzt. Ging es vor zwei Jahren im Vorfeld der Ausstellung der Mitgliedsbetriebe um Pellets-Heizungen, so informierte man in diesem Jahr über Biomasse. Referent Volker Ruwisch, stellte das erste Bioenergiedorf Deutschlands vor und beantwortete die zahlreichen Fragen.

Konzipiert wurde das Bioenergiedorf-Modell von einer Projektgruppe der Universität Göttingen. Wissenschaftliche Analysen begleiten das Projekt, um im Rahmen der Forschung auch anderen Dörfern den Weg in eine nachhaltige Energieversorgung zu ermöglichen. Öl und Gas sind nicht nur teuer geworden, die Vorkommen sinken ständig, der Verbrauch nimmt zu. Die CO2 Konzentration und damit die globale Erderwärmung sind nach Überzeugung des Referenten hausgemacht und können nur durch ein Umdenken in der Energiepolitik gesenkt werden. Im Jahr 2000 begannen die Planungen. Mit dem 800-Einwohner-Ort Jühnde konnte eine Gemeinschaft gewonnen werden, die bereit war, den Ausstieg und die Eigenversorgung zu wagen. 70 Prozent aller Ortsbewohner machten mit, leisteten viele ehrenamtliche Stunden und investierten in eine energieunabhängige Zukunft.

Die Landwirte liefern die Biomasse, das heißt, Gülle und Pflanzensilage, die durch Vergärung Biogas erzeugt, das durch CO2-neutrale Verbrennung in einem Blockheizkraftwerk mittlerweile mit vier Millionen Kilowattstunden doppelt so viel Strom liefert, wie Jühnde benötigt. Die anfallende Abwärme deckt rund 60 Prozent des Wärmebedarfes zum Heizen, den Rest liefert ein Holz- Hackschnitzelheizwerk, in welchem Abfallholz, das bisher verrottete, eingesetzt wird. An besonders kalten Tagen steht ein Heizölkessel zur Deckung eventuellen Spitzenbedarfs zur Verfügung. Die Einsparung an Heizöl beträgt rund 350 000 Liter. Gekostet hat die Anlage 5,3 Millionen Euro, 1,5 Millionen konnten über Zuschüsse gedeckt werden. Nach dem ersten Winter konnte nun pro Haushalt eine Einsparung von 600 bis 1500 Euro errechnet werden. Die Reduzierung des CO2-Ausstoßes liegt bei 60 Prozent. Diese Bilanz kann sich sehen lassen: Ressourcen werden geschützt, da alle Pflanzen verwendet werden können. Der Einsatz von Kunstdünger erübrigt sich, da das Abfallprodukt aus der Biogasanlage wieder auf die Felder ausgebracht wird. Die Landwirte profitieren von gesicherten Lieferverträgen.

Die Fragen der Besucher waren vielfältig. Im Raum standen auch ethische Bedenken, Pflanzen, die als Lebensmittel genutzt werden können, zur Energieversorgung zu verwenden. Der Gewerbeverein wird bei seiner Ausstellung am 14. Mai auch eine Pelletsheizung im Betrieb, Fotovoltaik, thermische Solarnutzung und das Modell einer Holzhackschnitzelheizung vorstellen.


bbr am 22.3.2006 auf www.badische-zeitung.de
 

Bioeinergiedorf Jühnde GbR, www.bioenergiedorf.de

Energiekonsument = Energieversorger
Menschen in einer Dorfgemeinschaft entscheiden sich, ihre Energieversorgung auf heimische Energieträger umzustellen und den Betrieb der Energieanlagen selbständig zu organisieren. Das heißt, sie bauen die Energieträger (Nachwachsende Rohstoffe) selbst an, sie betreiben gemeinschaftlich die Energieanlagen (Genossenschaft), und sie nutzen die selbsterzeugte Energie zum Heizen ihrer Häuser (Wärmekunden).
Franz Alt, www.sonnenseite.com

 

 

Energiewende ist möglich: Ökonom Gebhard Kirchgässner zur Nachhaltigkeit

Zum neunten Mal trafen sich auf Einladung der IHK-Südlicher Oberrhein Unternehmer und Wissenschaftler zum “Forum Nachhaltigkeit” Flims (Schweiz) . Das Forum will Denkanstöße für umweltgerechtes und sozialverträgliches Wirtschaften geben. Unser Mitarbeiter Heinz Siebold sprach mit Professor Gebhard Kirchgässner von der Universität St. Gallen, Direktor des Schweizerischen Instituts für Außenwirtschaft und Angewandte Wirtschaftsforschung.

BZ: Der Begriff Nachhaltigkeit — die Verbindung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten in der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung — ist mittlerweile Allgemeingut geworden. Was versteht die Ökonomie darunter?
Kirchgässner: Vor allem eine sehr langfristige Perspektive, die spätere Generationen sowie die natürlichen Grundlagen der Produktion berücksichtigt. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, aber die traditionelle Wachstumstheorie hat das ausgeblendet. Sie ging davon aus, dass Rohstoffe in praktisch beliebiger Menge zu konstanten Preisen zur Verfügung stehen. Aber die fossilen Rohstoffe werden über kurz oder lang aufgebraucht sein, und wir werden uns dann im wesentlichen nur noch auf die Sonnenenergie in allen ihren Varianten stützen können. In beschränktem Maße ergänzt durch Kernenergie. Die erneuerbaren Energiearten rentieren sich zu den heutigen Preisen noch nicht. Dies wird sich ändern, wenn die Nachfrage nach Energie weiter so steigt und damit der Preis für die fossilen Brennstoffe entsprechend hoch geworden ist.

BZ: Sie glauben, dass der Markt das lösen kann? Die Marktmechanismen sind im Energiesektor doch sehr eingeschränkt.
Kirchgässner: Der Preis ist letztlich das einzige wirksame Mittel. Da aber die Umweltkosten nicht voll im Marktpreis berücksichtigt sind, ist es gerechtfertigt, den Preis politisch zu erhöhen, um das Verhalten von Produzenten und Verbrauchern zu ändern. Solange das Benzin so günstig ist, werden treibstoffsparende Techniken vom Markt kaum nachgefragt.

BZ: Ist Nachhaltigkeit gleichzusetzen mit der Lösung der Energiefrage?
Kirchgässner: Das Problem der nicht erneuerbaren natürlichen Ressourcen ist weitgehend ein Energieproblem. Man kann mineralische Rohstoffe weitgehend recyceln oder durch andere ersetzen, aber dazu braucht man Energie. Die Materie an sich bleibt erhalten, die verbrauchte fossile Energie aber ist unwiederbringlich verloren.

BZ: Und wie sieht es mit der Nachhaltigkeit der Ressource Mensch aus?
Kirchgässner: Technischer Fortschritt muss uns dazu befähigen, mit gleichem Ressourceneinsatz immer bessere und wertvollere Produkte herzustellen. Das dazu erforderliche Wissen muss an die kommenden Generationen weitergegeben werden. Das ist unbestritten und zu leisten. Schwieriger ist die Aufgabe, die Gesellschaft zusammenzuhalten: Umweltbedingungen oder wirtschaftliche Faktoren wie das Auseinanderdriften der Einkommensentwicklung können dazu führen, dass eine Gesellschaft aus dem Gleichgewicht gerät. Wir brauchen gar nicht weit zu blicken.

BZ: Was bedeutet soziale Nachhaltigkeit?
Kirchgässner: Es bedeutet für uns vor allem, dass wir unsere Sozialsysteme so weiterentwickeln müssen, dass sie den unteren Schichten ein menschenwürdiges Auskommen ermöglichen und gleichzeitig die Belastungen für diejenigen, die die Leistungen erbringen, erträglich halten. Dies ist schwierig, aber machbar. Länder wie Dänemark zeigen, dass es dafür Modelle gibt.

BZ: Ist die Energiewende ohne Wohlstandsverlust zu schaffen?
Kirchgässner: Es wird Einschränkungen geben, aber es gibt keinen Grund, weshalb die Wende nicht möglich sein sollte. Außerdem schafft die Entwicklung erneuerbarer Energien auch neue Arbeitsplätze. Das war historisch immer so: Knapper werdende Ressourcen erzwingen einen sparsameren Umgang mit ihnen und die Suche nach Alternativen.

BZ: Wird es eine Renaissance der Kernenergie geben?
Kirchgässner: Das ist möglich, aber ich glaube nicht, dass so das Energieproblem langfristig gelöst werden kann. Dazu sind die Folgen, die mit dieser Technologie verbunden sind, zu problematisch. Vor allem die Sicherheitsrisiken, die mit dem atomaren Abfall verbunden sind

Alles vom 9.3.2006 auf www.bzol.de lesen

© by freiburg-schwarzwald.de, Kontakt, Update 31.10.08