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Ökohauptstadt Freiburg
zu Umwelt, Nachhaltigkeit

   

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Freiburg: Ecological Capital, Environmental Capital, Solar City, Sustainable City, Green City?

Blick nach Südwesten vom Stadtgarten zum Münster am 1.8.2007
Blick nach Südwesten vom Stadtgarten zum Münster am 1.8.2007

 

Freiburg und Umwelt: Alles Öko in der Umweltstadt?

Freiburg, die Stadt im Süden am Oberrhein, hat einen guten Ruf. Sie gilt als die Ökohauptstadt, gelegen im Sonnengürtel der Republik, der "Toscana Deutschlands". _Hier wurde in Sachen Ökologie tatsächlich viel erreicht und doch bedeutet "Umwelthauptstadt" eigentlich nicht mehr, als dass die weltweiten Zerstörungsprozesse in Freiburg ein wenig langsamer ablaufen als anderswo.

Immer wieder erhielt die Stadt mit ihren rund 215.000 EinwohnerInnen, darunter etwa 30.000 Studierenden, überregionale Umweltpreise: 1992 wurde sie als Ökohauptstadt, im Jahr 2004 als zukunftsfähige Kommune ausgezeichnet. Im bundesweiten Vergleich der Städte mit über 100 000 Einwohnern hat Freiburg (mit seinen 1800 jährlichen Sonnenstunden) auch schon mehrfach den ersten Platz in der Solarbundesliga gewonnen.
Die Wurzeln dieser positiven Entwicklung liegen einige Jahrzehnte zurück. Noch bis 1962 war Freiburg eine eher verschlafene, konservativ -katholische Bischofs- und Universitätsstadt. Die Randlage in Deutschland und die Kriege mit Frankreich hatten dazu geführt, dass große umweltbelastende Betriebe in Freiburg und Südbaden nicht angesiedelt wurden. Um das Jahr 1975 gab es in dieser, trotz SPD Bürgermeister, politisch eher konservativen Region massive ökologische Konflikte. So wurden nicht
weit von Freiburg entfernt ein umweltbelastendes Bleichemiewerk im französischen Marckolsheim und drei Atomkraftwerke in Wyhl (D), Kaiseraugst (CH) und Gerstheim (F) durch Bauplatzbesetzungen verhindert. Der BUND und die Bürgerinitiativen organisierten 1976 die weltweit erste, große Ausstellung zu alternativen Energien, die "Sonnentage" in Sasbach am Kaiserstuhl. Aus diesem erfolgreichen "Nein" zur Atomenergie und dem frühen "Ja" zu den zukunftsfähigen Energieträgern entstanden regionale Netzwerke von UmweltschützerInnen. Wichtige Wurzeln des Freiburger Ökoinstitutes, des Bund für Umwelt und Naturschutz, der Partei die GRÜNEN und der heutigen Freiburger Umwelt- und Energiefirmen liegen in diesen ersten großen, ökologischen Konflikten am Oberrhein.
Kritische und engagierte Menschen erzeugten so über viele Jahre hinweg immer wieder den nötigen politischen Druck, um ökologische Fortschritte zu erreichen und dies schlug sich auch in den Freiburger Wahlergebnissen nieder.

Schon 1986, nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und bedroht vom französischen AKW Fessenheim, hat Freiburg, als eine der ersten deutschen Städte, ein lokales Energieversorgungskon-zept zum städtischen Klimaschutz verabschiedet: Energie-, Wasser- und Rohstoffverbrauch
sollten gemindert, die Nutzung erneuerbarer Energien sowie der Einsatz
neuer Energietechnologie vorangetrieben werden. Heute engagiert sich die
Stadt in Sachen Klimaschutz.

Ein wichtiges Freiburger Vorzeigeprojekt ist der ökologisch ausgerichtete, neue Stadtteil Vauban mit seiner energie- und flächensparenden Bauweise. Die mehrfach ausgezeichnete BUND-Ökostation im Freiburger Seepark ist ein umweltpädagogisches Bildungsprojekt mit bundesweiter Ausstrahlung.

Hinter diesen und anderen erfreulichen Freiburger Erfolgen steht die Arbeit engagierter Menschen, wie z.B. der Solararchitekt Rolf Disch, der Solarpionier Georg Salvamoser, Heide Bergmann von der BUND-Ökostation, Nik Geiler vom AK Wasser des BBU, von BürgerInnen, Menschen in der Freiburger Politik und Verwaltung, engagierten Leuten in den Umweltorganisationen und einer Medienlandschaft, die zumeist aufgeschlossener als anderswo über die Themenbereiche Mensch, Natur, Umwelt und Nachhaltigkeit berichtet. Das jahrzehntelange umweltpolitische Engagement der BürgerInnen hat sich
ökologisch und ökonomisch gelohnt. Führende Solarforschungsinstitute sind in Freiburg zu finden, neben einer Vielzahl an kleinen und mittleren Betrieben, die sich in unterschiedlichster Form der Förderung und dem Einsatz der regenerativen Energien widmen.

Mit Fahrraddemos und anderen Protesten forderten vor Jahrzehnten die  Menschen die Einführung einer kostengünstigen Umweltkarte für den ÖPNV. Die vorbildliche Regiokarte zur Nutzung des ÖPNV in Freiburg und den Kreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald ist heute eine Selbstverständlichkeit. Auch in die sonstige Förderung des umweltverträglichen Verkehrs haben Stadt und Region viel investiert. Der Anteil der Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel gegenüber dem Auto erreicht in Freiburg inzwischen Spitzenwerte. Aus den Anfängen der Umweltbewegung am Oberrhein hat sich eine große Dichte verschiedenster Umwelteinrichtungen entwickelt: Das Öko-Institut hat hier eine Geschäftsstelle, der Internationale Rat für Umweltinitiativen sein Europasekretariat, außerdem ist Freiburg Sitz des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme und des Weltdachverbandes Solarenergie.


Auch in einer Ökohauptstadt ist nicht alles grün was glänzt
 
Um das Jahr 1990, als regional und bundesweit eine mächtige Lobby für gewinnbringende und zumeist überdimensionierte Müllverbrennungsanlagen und gegen biologisch-mechanische Abfallbehandlungsanlagen kämpfte, war die Verbrennungslobby in Freiburg geschickter und einflussreicher als die VertreterInnen der kostengünstigeren und ökologischeren Variante. Eines der großen Umweltthemen am Oberrhein ist der zunehmende massive Flächenverbrauch. Während in anderen Gebieten Deutschlands die Bevölkerung abnimmt, boomt die Region und der Wachstumstraum und Wachstumswunsch ist - insbesondere in den Landkreisen um Freiburg - ungebrochen. Wer wollte nicht in der Ökohauptstadt, in der "Toscana Deutschlands" und im Sonnengürtel der Republik wohnen? So führt gerade der gute Ruf der Ökoregion zu Flächenverbrauch, Zersiedelung und einer Verscheußlichung der Landschaft am Oberrhein. Der von Protesten begleitete Ausbau der B 31 durch Freiburg wurde mit einem massiven Polizeiaufgebot durchgesetzt. Strassenausbau führt immer zu mehr Verkehr. Stadt und Region leiden unter dem zunehmenden Transitverkehr durch Freiburg (B 31) und auf der europäischen Nord - Südtrasse (Autobahn).

Während jede größere neue Solaranlage gebührend gefeiert wird, ist die Verschwendung von 50 Megawatt Abwärme in der TREA Bremgarten (hier wird auch der Freiburger Müll verbrannt) beinahe kein Thema in der Ökohauptstadt. Die TREA gibt täglich ungenutzt eine Wärmemenge an die Umwelt ab, die 120 000 Litern Erdöl entspricht. Der Anteil erneuerbarer Energien in Freiburg ist immer noch gering. Da
nützt auch rot-grünes städtisches Wollen wenig, wenn die Energiepolitik des Landes Baden-Württemberg in der Konzernzentrale der EnBW entschieden wird. Das Regierungspräsidium Freiburg wacht, dass die Freiburger Windenergiepläne einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Energieversorgung nicht in den Himmel wachsen.

Die Gefahren der Gentechnik werden im so genannten "Gentec-Biovalley" am Oberrhein nicht gerne diskutiert. Nicht nur an der Uni Freiburg will man an beidem verdienen, am Umweltschutz und an der Gentechnik.
Ökologie, Klimaschutz und Umwelt sind heute in Freiburg insbesondere dann große Themen, wenn sich damit Geld verdienen lässt. Selbstfindung und weit entfernte umweltpolitische "Modethemen" scheinen heute wichtiger als die Ausdehnung der umweltbelastenden elsässischen Schwerindustriezone. Greenwash, ein "grünes Mäntelchen" für umweltbelastende Industrieanlagen, ist am Oberrhein weit
fortgeschritten, wo selbst die Atomkonzerne EnBW und EDF mit "aufildurhin" einen industriegelenkten "Umwelt"verband gegründet haben.

Die zentrale Zukunftsfrage nach den "Grenzen des Wachstums" wird auch in Freiburg nicht gerne gestellt. Zukunftsfähige Kommune und Ökohauptstadt Freiburg heißt noch lange nicht: "Vorwärts zu Ökologie und Nachhaltigkeit". Ökohauptstadt Freiburg bedeutet, dass es unter Mühen regional gelungen ist die weltweiten Zerstörungsprozesse zu verlangsamen. Der Rohstoff- und Energieverbrauch, die Atommüll- und CO2-Produktion der FreiburgerInnen ist auch nicht ansatzweise nachhaltig und zukunftsfähig und lässt sich keinesfalls auf den "Rest der Welt" übertragen.

Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit sind ohne soziale Gerechtigkeit nicht zu erreichen. Die Menschen in Freiburg, Umweltorganisationen und Umweltfirmen, aber auch eine engagierte Verwaltung haben in Sachen Umwelt und Nachhaltigkeit manches erreicht und es gibt viele Gründe, stolz auf das Erreichte zu sein. _Freiburg ist in wichtigen Teilbereichen tatsächlich umweltfreundlicher als viele andere Kommunen. Die Stadt ist auf dem richtigen Weg die ersten Schritte gegangen und man kann von Freiburg lernen. Doch der berechtigte Stolz führt manchmal auch zu einer gewissen Behäbigkeit, zu einem Nachlassen der Anstrengungen und zum Irrglauben, (fast) alle Umweltziele erreicht zu haben. Auch der wichtige, fortschrittsbeschleunigende Druck der Umweltbewegung hat nachgelassen. Doch es gibt gerade auch in Freiburg keinen Grund, die Hände in den Schoß zu legen, denn von echter Nachhaltigkeit und tatsächlicher Zukunftsfähigkeit ist auch die Ökostadt noch weit entfernt.

Axel Mayer, BUND Geschäftsführer Freiburg, 7.8.2007
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/freiburg-umwelt-oeko-hauptstadt.html

Freiburg: Ecological Capital – Environmental Capital?

Freiburg, the Southern German city, located in the area between the Upper Rhine and the Black Forest, has a good reputation. It is said to be Germany´s ecological capital, situated in the sun belt of the country, the 'German Tuscany'. In fact, many things were achieved here in the ecological field. But 'environmental capital' actually only means that the global processes of destruction in Freiburg proceed a little slower than elsewhere. The city of 215,000 inhabitants (among them 30,000 students) frequently was awarded environmental prizes, e.g. the titles 'Ecological capital' in 1992 and 'Sustainable city' in 2004. Freiburg several times won the 'national solar league' (there are 1,800 annual hours of sunshine in Freiburg). This positive development has its roots in the past. Until 1962, Freiburg had been a rather sleepy and conservative catholic city, dominated by the university and the bishop. The city´s position at the edge of Germany and the wars with France had led to the absence of large companies that pollute the environment.

Massive ecologically motivated protests came up in this politically rather conservative region around 1975. For example, by staging sit-ins people prevented a French chemical factory not far from Freiburg, as well as three nuclear plants in German, French and Swiss cities close by. Based on the successful 'No' to nuclear power and the early 'Yes' to sustainable energy sources, regional networks of environmentalists came into existence. Important ecological institutions like the Freiburger Oeko-Institut [Institute of Ecology], the BUND [Friends of the Earth], the party Die Grünen [Greens] and today´s environment and energy companies have their roots in the initial ecological conflicts in the Upper Rhine area. Critical and dedicated people for years have been generating the political pressure necessary to achieve ecological progress. Freiburg´s ecological spirit influences the city´s election results as well.

After the Chernobyl disaster and menaced at the same time by the French nuclear power station Fessenheim, in 1986 Freiburg was one of the first German cities to adopt a local concept of energy supply in order to protect the climate. The programme included the reduction of consumption of energy, water and resources. Further issues were the use of renewable energy sources and the application of new energy technologies.

A model project in Freiburg is the ecologically oriented new district Vauban. The whole quarter´s construction method follows the main idea of saving energy and space. The several times awarded BUND-Oekostation [ecological centre] in Freiburg is a project of environmental education with nationwide influence. Those and other encouraging successes are based on the work of dedicated people, like for example 'solar architect' Rolf Disch, pioneer of solar energy Georg Salvamoser, Heide Bergmann from the BUND-Oekostation, Nik Geiler from the AK Wasser [working group 'water'] of the BBU, people that are part of Freiburg´s political life and administration, and committed citizens in the environmental organisations. Another factor is Freiburg´s media scene. Here subject areas like man and nature, environment and sustainability are reported on more openly than elsewhere. The citizen´s engagement in environmental politics over the past decades has been profitable ecologically and economically. Leading research institutes of solar technologies are based in Freiburg, as well as a multitude of small and medium-sized companies dealing in various ways with the promotion and application of regenerative energies.

Decades ago, people in Freiburg with bicycle demonstrations and other forms of protest demanded the introduction of a low price environment ticket for the local public transport. This exemplary ticket which enables to make use of the public transport in Freiburg and around today has become conventional. City and region invested a good deal in the promotion of other environment-friendly means of transport. By now, the percentage of environment-friendly modes of transport in Freiburg has reached its peak. A large number of diverse ecological institutions have developed from the beginnings of the environmental movement: the Oeko-Institut´s office as well as the European office of the ICLEI [Local Governments for Sustainability] can be found here. Furthermore, the Fraunhofer Institute for Solar Engery Systems ISE and the International Solar Engergy Society ISES are based in Freiburg.


Even in an ecological capital all that glitters is not green

In the beginnings of the 1990s a powerful lobby was fighting at regional and national level for lucrative and ususally oversized waste incineration plants and against the construction of mechanical biological treatment plants. In Freiburg, the skilful and influential incineration lobby won a victory over the supporters of the more cost-effective and more ecological version of waste plant.

Another major ecological topic is the usage of land which still increases significantly. While the population in other German regions is decreasing, the Freiburg region is booming. There still is a strong belief in growth especially in the area around Freiburg. Who would not like to live in the environmental capital, the 'German Tuscany', the nation´s sun belt? So the ecological region´s good reputation itself leads to a vast usage of land, splinter development and disfigurement of the landscape along the Upper Rhine. The extension of the B 31 road through Freiburg was accompanied by protests but nonetheless enforced by means of a huge array of police units. Street extension in general leads to more traffic. The city and the region suffer from the increasing transit traffic through Freiburg and on the European North-South route.

While every new and passably sized solar plant is duly celebrated, the waste of 50 megawatts lost heat in the waste incineration plant TREA Bremgarten (where also Freiburg´s refuse is incinerated) is hardly spoken of in the ecological capital. The TREA plant every day emits an unused amount of heat corresponding to the energy of 120,000 litres of oil. The share of sustainable energies used in Freiburg is still small. Municipal intentions cannot lead to grand results when energy politics of the conservative state Baden-Württemberg are decided upon in the EnBW energy company´s corporate headquarter. Freiburg´s wind energy plans of a sustainable and future-oriented energy supply are prevented by the regional administrative authority.

The risks of genetic engineering are not discussed willingly in the so-called 'Gentech-Biovalley' along the Upper Rhine. Not only at the University of Freiburg people want to profit from both environment protection and genetic engineering. Ecology, climate protection and the environment still are great topics in Freiburg, in particular when they can be made money with. Nowadays self-discovery and other fashionable subjects that distantly can be connected with environmental politics seem to have gained more importance than the enlargement of the Alsace´s zone of heavy industrie. Greenwash, the 'green cloak' for industrial plants that cause environmental damage, is far advanced along the Upper Rhine. Here even the atomic companies EnBW and EDF with “Au fil du Rhin“ have founded an 'environment' organisation controlled by the economy.

Sustainable community and ecological capital do not yet mean 'pushing ahead with ecology and sustainability'. Ecological capital Freiburg means that with lots of effort people succeeded to regionally slow down the global processes of destruction. But still the consumption of resources and energy as well as the production of nuclear waste and carbon dioxid cannot be called sustainable in the slightest. Therefore, they must not be adopted by the 'rest of the world' in no way.

Sustainability cannot be reached without social justice. Freiburg citizens, environmental groups and companies as well as the committed administration reached many ecological aims. There are many reasons to be proud of the results achieved, and Freiburg indeed in crucial fields is more environmentally friendly than many other cities. The city has made the first steps in the right direction and others can learn from Freiburg. But the legitimate pride sometimes leads to a certain laziness, a weakening of efforts and the wrong belief to have reached (almost) every ecological aim. The essential pressure of the environmental movement has decreased as well. So there is no need for Freiburg to lie back, because the ecological capital is still far away from real sustainability.

Axel Mayer, BUND Geschäftsführer Freiburg, 7.8.2007
Translation: Annalena Ehrenfeld, 7.8.2007

©  by freiburg-schwarzwald.de, Kontakt, Update 20.03.08