Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Kultur und Brauchtum
im Breisgau und Hochschwarzwald

   

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 Blick nach Norden auf halbem Weg zwischen Birkendorf und dem Steinatal am 21.9.2006 um 18 Uhr
Blick nach Norden auf halbem Weg zwischen Birkendorf und dem Steinatal am 21.9.2006 um 18 Uhr

Europäischer Kulturpreis von Pro Europa an Walter Kardinal Kasper

"Mephisto" in St. Peter: Welt-Schauspieler Klaus Maria Brandauer ist Laudator für „Gottes Schauspieler" Walter Kardinal Kasper.

Am Sonntag, den 21. August 2011 wird Nathan der Weise, Jedermann, Hamlet, Wallenstein, Mephisto, Derrick und James Bond zu Walter Kardinal Kasper und seinen Ehren-Gästen sprechen. Sie werden in der Stimme von Klaus Maria Brandauer sagen: „SAG NIEMALS NIE“ - zu Gott und Jesus Christus. Das Schauspiel mit den zwei ganz außerordentlichen Welt-Schauspielern findet statt vor 160 geladenen
Gästen im Fürstensaal des Geistlichen Zentrums der Erzdiözese Freiburg; im ehemaligen Kloster St. Peter im Schwarzwald. Der Titel des Schauspiels lautet: Europäische Kulturpreisverleihung an den
„Schauspieler Gottes für Wahrheit und Nächstenliebe“, Seine Eminenz, Walter Kardinal Kasper. Sein Laudator wird Faust-Mephistopheles und Welt-Schauspieler Klaus Maria Brandauer sein. Brandauer spielt jedoch nicht den „Teufel im Fauststoff“, er wirbt nicht für einen „Teufelspakt“ und er schloss auch keine Wette mit „Gottes Kardinal“. Brandauer spielt auch nicht, als "Hendrik Höfgen", „Affe der Macht“; er zelebriert den „Paredros“ für Kultur.
Er spricht nicht als Geist, der stets verneint und zerstört, sondern als Botschaft für Geist MIT Liebe; für Kultur und Kommunikation, die Werke schafft und Menschen ver- eint, statt verneint. In dem „ Element“ seiner Lebens-Reife wird Brandauer ein Plädoyer gegen eine materialistische Welt halten. Er wird das Wirken und Epos des Religions-Gelehrten für Wahrheit und Nächstenliebe darstellen. Der Kurien-Kardinal und ehemalige Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Prof. Dr. Walter Kasper, erhält den Europäischen Kultur- Kommunikationspreis der Europäischen Kulturstiftung Pro Europa. Kasper und Brandauer kennen sich gut und sind sich eng verbunden. Brandauer ist selbst „Europäischer Kulturpreisträger“ und erklärte sich sofort bereit, das Lebenswerk des Kardinals zu würdigen. Die Zeremonie beginnt mit einem Pontifikalamt in der Barrock-Kirche St. Peter. Es wird durch Walter Kardinal Kasper, Freiburgs Erzbischof Zollitsch und St. Peters Pfarrer Stefan Meisert zelebriert. Die Preis-Verleihung beginnt um 11 Uhr mit einer Einführung durch Erzbischof Dr. Robert Zollitsch. Dem Präsidenten der Europäischen Kulturstiftung. Dr. Ernst Seidel, ist es wiederum gelungen, einen sehr würdigen Preisträger zu bestimmen, und einen ganz außergewöhnlichen Laudator zu gewinnen.
19.8.2011. www.regionalia.de

 

Liste der archäologischen Kulturdenkmale im Landkreis BH

Kürzlich haben der Regierungsvizepräsident Klemens Ficht und Andreas Haasis-Berner vom Referat "Denkmalpflege" des Regierungspräsidiums in Freiburg Landrätin Dorothea Störr-Ritter eine Liste der archäologischen Kulturdenkmale im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald überreicht. In der Alten Druckerei des Regierungspräsidiums waren aus diesem Anlass auch Bürgermeister und Verwaltungsvertreter der Gemeinden Vogtsburg-Bischoffingen, Münstertal, Ihringen, Ehrenkirchen, Eichstetten und Umkirch sowie Andrea Bräuning, die Leiterin des Fachbereiches Archäologie im Referat Denkmalpflege und weitere Mitarbeiter des Landratsamtes anwesend.

"Wir wollen mit dieser Übergabe dokumentieren, welche Bedeutung die Denkmale für uns haben", sagt Klemens Ficht zur Begrüßung. Diese Liste umfasst etwa 50 Städte mit knapp 1500 Kulturdenkmalen. Das zeige, auf welch wichtigem kulturhistorischen Boden sich die Menschen hier befänden, erklärte Ficht. Es sei entscheidend, dass diese Dinge für die Nachwelt erhalten werden, denn die Frage, woher wir kommen, beschäftige uns alle und sei sehr wichtig. Die Liste, über deren Erstellung Ficht ganz besonders dankbar ist, soll dazu dienen, die Bauplanung sowie den nachhaltigen Schutz der archäologischen Überlieferungen zu erleichtern. Die einzelnen Gemeinden sollen über ihren Inhalt informieren, betroffene Grundstückseigentümer und Interessierte können jeweils im Rathaus Einblick in die Liste erhalten. Denkmalpfleger Andreas Haasis-Berner gab daraufhin einen kleinen Einblick in die Vielfalt der Denkmale, die die komplette Zeitspanne der Besiedlung abdecken. Im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald gebe es doppelt so viele Kulturdenkmale wie in den beiden benachbarten Landkreisen Ortenau und Schwarzwald-Baar, die etwa gleichgroß seien.
Spitzenreiter seien die Gemeinden Ehrenkirchen und Vogtsburg, die jeweils fast 100 archäologische Kulturdenkmale aufweisen können. So nannte er zum Beispiel das älteste Bergwerk Deutschlands, das "Ramelsbacher Eck" im Münstertal, das aus der Zeit um 5000 vor Christus stammt. Die Siedlung dazu lässt sich in Mengen nachweisen.
Die ersten großen Städte (oppida) wurden von den Kelten erbaut, zwei davon lagen auch im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, das "Tarodunum" auf den Gemarkungen Kirchzarten und Buchenbach und eine weitere bei Ehrenstetten. Aus der römischen Zeit gibt es nur kleinere Dörfer (vici) wie zum Beispiel in Umkirch.
Mit dieser Liste sind nun die vielen geschichtlichen Orte aus dem schon früh sehr dicht besiedelten Teil Deutschlands dokumentiert und können so weiter geschützt, gepflegt und für die Nachwelt erhalten werden.  
20.11.2011, Regierungspräsidium

 Ein unliebsames Geschenk: Holzskulptur vor Sonnenberg-Schule

In der letzten Sitzung vor der Sommerpause hat traditionell Hermann Wöhrle, Rektor der Grundschule, das Wort. Diesmal hatte er nicht nur eine Bilanz über das Schulgeschehen im Gepäck, sondern auch eine ungewöhnliche Kritik. Zum Jubiläums-Schulfest anlässlich des zehnjährigen Bestehens hatte Bürgermeister Bernd Gassenschmidt nämlich als Geschenk eine Holzskulptur angekündigt, die man in der Schule aber nicht will. Vorsichtig versuchte Wöhrle das zu vermitteln. Der Künstler Thomas Rees, der bereits die vermeintlich historische Gerichtseiche am Castellberg bildhauerisch gestaltete, erhielt vom Gemeinderat den Auftrag, aus dem oberen abgesägten Teil des Baumes eine Skulptur für die Schule zu fertigen. Rees habe dazu wie bei der Eiche eigene Ideen entwickelt und diese ebenfalls so schnell umgesetzt, dass auch hier kein Einfluss mehr auf die Gestaltung möglich war, bedauerte Wöhrle. Gleichwohl habe er dem Bildhauer deutlich zu verstehen gegeben, dass er die Skizzen gerne in der Gesamtkonferenz hätte diskutieren wollen. Nun sei die Vorderseite der Skulptur ohne jede Chance auf Mitwirkung der Schule ausgesprochen "gruselig" geraten, fand Wöhrle, und ein völlig veraltetes Lehrerbild kreiert worden. Ein greiser, miesepetriger Pauker trichtere in den Kopf eines Schüler-Teufels Buchstabensalat, der ihm zu den Ohren wieder herauskomme. Ernst könne man das nicht nehmen und ein gewollt humoristischer Ansatz komme für ihn nicht zum Ausdruck, befand Wöhrle. Ein solches Abbild vor der Sonnenberg-Schule vermittle jedem unkundigen Bürger oder Touristen einen völlig falschen Eindruck des tatsächlichen pädagogischen Konzeptes, das dort umgesetzt werde, betonte der Rektor. Er versuche zwar, das unliebsame Geschenk gelassen zu sehen und den Sachverhalt zu relativieren, so Wöhrle, bleibe aber kritisch, weil sich das Ganze im öffentlichen Raum abspiele. Vor dem Rathaus wolle man ja auch nicht die Statue eines Diktators aufstellen, mutmaßte er. "Wenn es denn Napoleon wäre, könnte man es gelten lassen", konterte Ratsherr Wolfgang Spranger launig. Und Barbara Burgert appellierte: "Wenn Lehrer gute Arbeit leisten, kann eine Skulptur dem guten Ruf der Schule nicht schaden." Auch Herbert Paulin fand, die Skulptur sollte nicht so negativ gesehen werden. Blieb Wöhrle nur die Hoffnung, dass der "Frevel" auf der Frontseite mit einem versöhnlicheren Motiv auf der Rückseite kompensiert werde.

Sabine Model , 26.7.2008, www.badische-zeitung.de

Doch lieber einen Napoleon - Skulptur vor der Schule - Kommentar
Einem geschenkten Gaul, heißt es, schaut man nicht ins Maul. Wo aber schaut man hin, wenn man das ganze Geschenk nicht mag? Rektor Wöhrle findet die Darstellung pädagogischer Methoden von vor 100 Jahren vor seiner Schule nicht lustig, zumal in seiner Ära ein Leitbild entwickelt wurde, nach dem Selbstständigkeit, Kreativität und Selbstvertrauen der Schüler offen und integrativ gestärkt werden sollen.
Wer bei der neuen Schulskulptur genau hinschaut, erblickt in des Schülers hinterhältiger Hand noch eine Steinschleuder. Will er damit vielleicht das eintrichternde, brillenblinde Konterfei des Lehrer-Lempel-Modells zu Boden strecken? Lustig ist anders. Dann doch lieber einen Napoleon vor dem Rathaus. Wer aber auf einen "Wiedergutmachungsakt" des offenbar mittelalterverliebten Künstlers auf der Rückseite hofft, wird enttäuscht. Was immer Thomas Rees an persönlichen Schul- und Lebenserfahrungen dort aufgearbeitet haben mag, ist unbekannt. Auf der Rückseite der Skulptur offenkundig wird, dass dort ein Lehrer einer Gruppe Kinder den Weg zur Karriereleiter auf diesem Erdenrund weist. Einige Schüler sind schon oben angekommen. Doch was erwartet sie da? Ein Teufelchen hat bereits mit blitzenden Glaskugel-Augen den Angelhaken ausgelegt und der bekannte Wilhelm-Busch-Pauker mahnt mit eindeutiger Geste zum Schweigen. Was lernen wir daraus? Wer Karriere machen will, hält besser den Mund, sonst holt ihn am Ende der Teufel? Welche Aussichten für Schüler, die tagtäglich an einem solchen Mahnmal vorbeilaufen müssen! Bleibt bei allem künstlerischen Respekt nur der Zusatz eines Hinweisschildes: So nicht! Schon gar nicht bei uns.
Sabine Model, 26.7.2008, BZ

 

Kulturoase Hartheim?

Bislang war Hartheim – ein kleiner Ort 20 Kilometer südwestlich von Freiburg – nicht gerade dafür bekannt, dass sich Künstlerinnen und Künstler aus verschiedensten Nationen darum reißen würden, hier einen Gastauftritt zu absolvieren. Mit seinen 4500 Einwohnern, seinem schönen See und den vielen alten Bauernhäusern, erinnert Hartheim eher an ein kleines Provinzstädtchen, als an einen Geheimtipp in Sachen moderner Kultur. Doch das könnte sich bereits bald ändern. Daran zumindest arbeiten derzeit fieberhaft die KünstlerInnen des Tanz-Ensembles Coco-Plus aus Freiburg. In einem alten Gasthof probt das Ensemble augenblicklich an seinem neuen Stück „Halte mich wenn Du kannst“. Dass es sich bei diesem Gasthof nicht um irgendein Haus handelt, sondern um den ehemaligen Zweitwohnsitz des bekannten Schriftstellers Dietrich Schwanitz macht das Vorhaben für die Künstlerinnen nur noch interessanter - auch wenn man sich eigentlich einen idealen Raum für modernes Tanztheater nun wirklich ganz anders vorgestellt hätte.

Benedikt Strunz von Radio Dreyeckland hat Cocoplus bei seinen Proben in Hartheim besucht und entführt uns in seinem Beitrag in das alte Schwanitz- Haus: http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=16115

PS: Der Termin für die Premiere des Tanztheater- Stückes ist auf Ostermontag den 09.04.2007 um 11 Uhr Mittags festgelegt. Karten gibt es – so lange der Vorrat reicht – vor Ort.

29.3.2007

 

Gesellschaft driftet auseinander - Homo Ludens - Prekariat

Die Gesellschaft driftet auseinander. Mehr Bildung kann helfen, aber nicht losgelöst von musischen Werten und Perspektiven

Etwas läuft schief. In Deutschland, in vielen Teilen Europas, in der Neuen Welt . . . Es ist messbar an zahlreichen Phänomenen, die nicht selten reichlich isoliert wirken, die aber in der Summe immer wieder zu einer Erkenntnis führen: Die Gesellschaft, zumal in den demokratischen Ländern, driftet auseinander. In arm und reich, leistungsbereit und phlegmatisch, gebildet und ungebildet, einflussreich und hilflos.

Das Alarmierende an der Entwicklung ist, dass diese Polarisierung auch das Korsett klassischer Demokratien zu sprengen droht: die Dreiteilung — Soziologen mögen ob dieser Vergröberung ein Nachsehen haben — mit einem starken Mittelstand als wesentlichem Stützpfeiler des Systems. Dieser fühlt sich mehr und mehr zerrieben zwischen den Kräften einer reicher werdenden Oberschicht und den Lasten der alten und neuen Unterschicht. Nicht zu verschweigen, dass die Durchlässigkeit der Schichten — ein wesentliches Merkmal von Demokratien — unter diesen Voraussetzungen immer weniger funktioniert und das Gespenst des sozialen Unfriedens droht. So weit die Bestandsaufnahme. Mittlerweile hat sich die Diskussion über soziale Ungleichheit glücklicherweise von der symptomatischen auf eine verstärkt ursächliche Ebene verlagert. "Mehr Geld bringt keinen sozialen Fortschritt. Bildung schon", schrieb Walter Wüllenweber vor Kurzem im Stern.

Wo immer die Notwendigkeit des "Prinzips Bildung" (Wüllenweber) betont wird, ist die Pisa-Studie nicht fern. Bildungsarmut sei das größte Hindernis im Hinblick auf Integration, Verbesserung der Lebensqualität und Erfolg. Wohl wahr. Doch was ist, wenn sich Teile einer Gesellschaft dem Recht auf Bildung schlichtweg verweigern, wenn die neue Unterschicht, "Prekariat" genannt, gar keinen Aufstiegswillen zeigt? Die Gesellschaft reagiert mit Achselzucken. "Aus prekären Arbeitsverhältnissen folgen prekäre Existenzweisen"  konstatiert Thomas Gross in der Zeit. Prekär eben.

Wagen wir einen kleinen Exkurs ins Populistische. Vielleicht geht es den Leuten ja einfach noch zu gut? Dieser Einwand, vorgetragen zumeist von den Vertretern jener Generation, die echte Notzeiten — um Diktatur und die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs herum — noch miterlebt haben, führt auf eine interessante Fährte. Ist es nicht das eigentlich Prekäre, dass diese Gesellschaft Wohlbefinden schon seit einem halben Jahrhundert vorwiegend durch (materiellen) Wohlstand definiert? Dass es einem scheinbar nur dann gut gehen kann, wenn man den Reizen der Konsumwelt erliegt? Wozu diente dann in einem immer noch funktionierenden Sozialstaat das "Prinzip Bildung" . . . ? Exkursende.

Vielleicht ist diese Zäsur der passende Moment für eine These: Es ist ja richtig, den Begriff der Bildung als feste Größe in der aktuellen Debatte um Armut und Ungleichheit zu handeln. Doch so lange die Gesellschaft Bildung auf ihre kognitive Komponente reduziert, ignoriert sie einen Teil des menschlichen Wesens: den homo ludens (Johan Huizinga). Hier muss unbedingt erst einmal der Erfinder dieser Idee genannt werden — Friedrich Schiller — , wenn dieser in seiner Ästhetischen Erziehung sagt: Der Mensch "ist nur da ganz Mensch, wo er spielt" . Man kann die These weiter abstrahieren: Eine Gesellschaft, die sich von ihren kulturellen Werten und Traditionen distanziert, muss sich nicht wundern, wenn sie sich zunehmender Perspektivlosigkeit — übrigens in allen Schichten — ausliefert. Der Mensch, definiert durch seine drei Aktionskreise Handeln, Denken und Gestalten, verabschiedet sich zunehmend von Letzterem. Gestalten aber tangiert, wie Egon Friedell in seiner Kulturgeschichte der Neuzeit schreibt, die Bereiche Kunst, Philosophie und Religion. Spielen und Gestalten haben die gleichen Wurzeln, Spielen kann kreatives Potenzial wecken. Und trotzdem diskutiert die Gesellschaft über Kunst, als sei sie Luxus. Verzichtbar.


für den Verlust kultureller Perspektiven gibt es reichlich. Es beginnt bei der untergeordneten Rolle von musischer Erziehung in vielen Lehrplänen — die Orchideenfächer Kunsterziehung und Musik werden sogar gegeneinander ausgespielt. Es setzt sich fort im Stellenwert von Kunst und Kultur sowie Philosophie und Religion in der Gesellschaft. Nicht selten wird das Schlagwort von der "aufgeklärten Moderne" zur Entschuldigung für ein Desinteresse an diesen Disziplinen. Gewiss, jeder politisch Verantwort liche würde dem widersprechen und auf Parteiprogramme und Leitsätze verweisen, wie sie auf jeder Internetseite politischer Institutionen zu finden sind.


Baden-Württemberg: "Auch ist für eine moderne, hochentwickelte Gesellschaft die Identifikation mit Kultur und die Entwicklung neuer Impulse von unschätzbarem Wert" , heißt es da im Portal der Landesregierung. Und doch ist gerade die Verwendung der Verben, die die Philosophie des Ländles umreißen sollen,verräterisch: "Leben und mitgestalten, reisen und erleben, lernen, forschen, wirtschaften, arbeiten" ist da der Reihe nach anzuklicken. Kein Element der Selbstreflexion, des Nachdenkens, des "Spielens" . Stattdessen immer nur: Voranschreiten. Die Kultur könne ja immerhin ihren Teil dazu beitragen.

Es ist problematisch, die musischen Komponenten des Lebens allein aus der Kosten-Nutzen-Perspektive zu betrachten. Das degradiert sie zu Ersatzbefriedigungen, wie es umgekehrt den Konsum zu einem Wert an sich erhebt. Aber wie anders soll die Gesellschaft über Kultur noch nachdenken, nachdem das eingetreten ist, was der Verhaltensforscher Konrad Lorenz 1973 in seinem gewichtigen Büchlein Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit befürchtet hat? Das "Abreißen von Traditionen" . In beispielloser Geschwindigkeit haben die westlichen Nachkriegsgesellschaften zumal seit 1968 ihre kulturellen Traditionen über Bord geworfen, als handle es sich um ideologischen Ballast. Natürlich, das Wissen und die Werte unserer Geschichte sind noch nicht verschüttet. Aber sie beschränken sich auf den Elfenbeinturm der Wissenschaft und eine von der übrigen Gesellschaft mit Argwohn betrachtete Intelligenzija, sie verstauben in Archiven und Bibliotheken. Vielleicht ist es kein Zufall, dass in solchen Zeiten Politiker über den Verkauf von Kulturgütern nachdenken, verkennend, dass es sich um Mosaiksteine ihrer eigenen Identität handelt.
Noch ein letztes Mal Schiller und der homo ludens. Es erscheint wichtig, dass dieses Bekenntnis zu einem Menschen, der nur über das freie Spiel (mit Gedanken und Taten) vollends zu sich selbst findet, ein Gegenentwurf zu den meisten Weltanschauungen der Gegenwart ist. Und ein Votum für einen von utilitaristischen Zwängen freien Umgang mit musischen, spielerischen Werten. Weil sie Teil unseres Wesens sind. Sofern das eben nicht bereits vergessen wurde. Konrad Lorenz wird da im Hinblick auf das von ihm prognostizierte "Abreißen von Traditionen" jedenfalls ganz pessimistisch: Es sei schwer, jenen, die sich vom Wertekanon distanziert hätten, beizubringen, "dass eine Kultur ausgelöscht werden kann wie eine Kerzenflamme". Man muss seinen Pessimismus nicht teilen. Erfolgreiche Erziehungsprojekte mit Kindern aus unterprivilegierten Schichten und verschiedenen Kulturkreisen wie Daniel Barenboims West-Eastern Divan-Orchester lassen hoffen: auf eine spielerischere Zukunft.
Gesamten Artikel von Alexander Dick, 10.11.2006, auf www.badische-zeitung.de lesen


 

 

Schierefest des Heimatvereines Titisee am Grießbachhof

Eine ganz besondere Atmosphäre herrschte wieder einmal auf dem “Schierefescht” des Heimatvereins Titisee. In die leere Scheune (Schiere) des Grießbachhofs in der Schildwende hatten die Trachtenträger am Samstag eingeladen. Viele Gäste saßen sich regelrecht fest. Die “offene Bühne” war “offen” für jeden, der sein musikalisches und gesangliches Können einem Publikum präsentieren wollte. Sie wurde fleißig genutzt. Kaum hatte ein Musikus seinen Vortrag beendet, stand die nächste Instrumentalgruppe auf und legte los. Das “Schierefescht” ist einmalig, bietet es doch für die Besucher eine bunte Vielfalt an Musik- und Gesangsauftritten, die es in dieser Form nirgends gibt.

Bei der nun fünften Ausgabe des “Schierefeschts” stimmte alles. Vielfalt gab es in jeder Hinsicht für die Gäste, die in der Scheune, aber auch zahlreich vor den Toren Platz nahmen. Der Aufforderung des Heimatvereins “jeder, wo Luscht un Laune hät, kann bi uns uffträte” , wurde eifrig angenommen. Bis tief in die Nacht hinein war auf der Bühne etwas geboten. Traditionell eröffneten die Handharmonika- und Akkordeonspieler des Heimatvereins den Konzertreigen. Dann ging es Schlag auf Schlag. Die Sängerrunde aus Buchenbach wurde vom Drehorgelspieler Wolf abgelöst. Seine handgekurbelte Musik kam so gut an, dass alle Anwesenden am Ende der Darbietung vehement “Zugabe” forderten. Sonja schmetterte drei kurze Lieder “a cappella” ins Mikrofon und erhielt herzhaften Applaus. August und seine “Steirische” gestalteten den nächsten Bühnenauftritt. Als Stimmungsmacher entpuppte sich Albert mit seinem Akkordeon. Er unterhielt mit einem reichen Fundus an Spaß- und Trinkliedern. Kräftig wurde in der Schiere mitgesungen. Blasmusik vom Feinsten ertönte von neun Musikern der Stadtmusik Neustadt, die mit viel musikalischem Können brillierten. Es folgten ein Mundharmonikaspieler aus Buchenbach und die “Bratwurstmusik” mit Harfe, Querflöte und Bassgeige.

Wie im Vorjahr absolvierten die drei Unadinger Alphornbläser mit ihren langen Instrumenten gleich zwei Auftritte ganz zum Vergnügen des Publikums hin. Mit Akkordeon, Gitarre und Bariton heizte ein Trio aus Waldau und Neustadt ein. Ganz zum Schluss griff Siggi Mark zum Akkordeon und gestaltete einen stimmungsvollen Ausklang. Hedwig Tritschler zeigte während des Abends die Kunst des Goldstickens. Ihr Stickrahmen wurde ausgiebig bewundert

Badische Zeitung Freiburg
Eva Korinth, 27.6.2006 auf www.badische-zeitung.de

 

 

 

Kaum eine Diskussion in den letzten Jahren ist leidenschaftlicher und mit mehr Emotionen geführt worden als die über die jüngste Rechtschreibreform, die 1996 in Wien von Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein und anderen Staaten mit deutschsprachigen Bevölkerungsteilen beschlossen wur­de. „Absurdes Theater“, „Provinz-Hampelei“, „Chaos“, „selbstherrlich“, „überflüssig“, „Ende der deutschen Sprache“ – welche Bewertungen haben sich nicht an diese Reform geheftet?! Wo doch lediglich zwischen 2 - 3 % der ganzen Rechtschreibung verändert werden sollen! Wenn man dann noch berücksichtigt, so Dieter E. Zimmer, dass viele der reformierten Formen in Texten nur sehr selten vorkommen, reduziert sich die Zahl auf ganze 1,24 Prozent. Nach der letzten Reform der Reform auf noch weniger. Das ist wohl kaum ein „radikaler Traditionsbruch“! Warum also solch heftige Reaktionen auf so wenig Änderung? Sogar Der Spiegel, Welt, Süddeutsche Zeitung, Bild und die Frankfurter Allgemeine lehnten sich auf.

Zuerst muss man wissen, dass die ‚rechte Schreibung’ „kein natürliches Element der Sprache“ ist und die Normen für die Schreibung deshalb allzeit veränderbar. Und jede Zeit - heute jeder Tag - bringt neue Wörter und damit neue Widersprüche, neue Schreibvorschläge und neue Kompromisse. Schreibregeln sind Regeln auf Zeit. Dieter E. Zimmer hat zwischen 1855 und 2004 genau 41! Reformversuche und Re­formen gezählt.

Bis in Deutschland überhaupt ein­mal eine einheitliche Rechtschreibung zustande kam, vergingen Jahrhunderte, in denen sich Sprachvereine, Buchdrucker, Kanzleien und Gelehrte um eine solche Vereinheitlichung bemühten. Ich will nur zwei Namen nennen: Johann Christoph Adelung, nach dessen „Vollständiger Anweisung zur Deutschen Orthographie“ Goethe seine Gesamtausgabe im Verlag Göschen korrigieren ließ, und die Brüder Grimm mit ihrem „Deutschen Wörterbuch“ - das alphabetische Prinzip der Wörteranordnung war darin durchgesetzt. Vorher musste man Wörter im Lexikon unter ihrem Stammwort suchen, also zum Beispiel Umtrunk unter trink. Es wird noch nicht „zwischen Umgangssprache und Dialekt im heutigen Sinne unterschieden“ und es gab nahezu jede nur denkbare Variante der Schreibung eines Wortes. So: Ernte, Ernde, Ärnte, Ärnde, Ärndte. Also wie heute noch in der Mund­artschreibung. Der Sprachforscher Hugo Moser unterschied noch für die Lutherzeit allein neun Schreib- und Druckersprachen. Im Vergleich zur Antike allerdings waren alle diese Schreibungen schon höchst fortschrittlich, kannte man doch in alten Zeiten kaum Regeln und schrieb diewörterbeliebigzusammenund ganzohnezeichensetzung. Aber das ist lange her.

Bei jeder Sprachreform kann man von einem „Idealzustand“ ausgehen und aus diesem dann Regeln ableiten (Deduktion), die man in die „tatsächliche Sprache“ umsetzt, oder man geht von einem für vorbildlich gehaltenen Sprachzustand aus - einer Region, einer Kanzlei, einem Autor - und erklärt diesen dann für andere zur Norm. Das wäre der induktive Weg. Als solch ein vorbildlicher Sprachzustand bot sich die Schriftsprache einer Oberschicht an, so das „Meißnische Deutsch“, nach Meißen, der alten Hauptstadt Obersachsens, genannt oder die Schriftsprache eines Hofes. Luther entschied sich bei seiner Bibelübersetzung „zumeist für die am weitesten verbreitete Form“. Das Resultat von Regelungen für die menschliche Gesellschaft wird meist eine Mischung von beiden oben aufgezeigten Vorgehensweisen sein. Dies gilt auch für Rechtschreib-Reformen, die schwieriger und langwieriger sind als gemeinhin angenommen. Nicht nur, weil es Geg­ner einer Reform gibt, sondern auch, weil anderen keine Reform weit genug zu gehen scheint. Und aus vielerlei anderen Gründen. 

1876 war eine Orthographie-Konferenz in Berlin gescheitert, weil man sich nicht über die Schreibung der gedehnten Vokale einigen konnte. Also, ob man Al, Aal oder Ahl schreiben sollte. 1879 schloss sich Österreich einem bayrischen Regelheft an, das Vorbild für ein preußisches Regelbuch wurde und 1880 durch ein „vollständiges ortho­grahisches Wörterbuch“ des Hers­fel­der Schulrektors Konrad Duden ergänzt. Im Jahre 1901 erklärte die II. Orthographie- Konferenz in Ber­lin diesen ‚Duden’ für die deutschsprachigen Bundesstaaten sowie für Österreich und für die Schweiz für verbindlich. So wurde z. B. das Deh­nungszeichen th wie in Thür und Rath abgeschafft.

Auch damals ging das von einer kleinen Expertenrunde beschlossene Regelwerk nicht ohne starke Proteste in die deutsche Sprachwelt hinaus. Bismarck hatte schon 21 Jahre zuvor ein Rechtschreib-Re­gel­werk, die „Puttkamersche Recht­schreibung“, im amtlichen Verkehr ver­bieten lassen. Das war eine rein politische Maßnahme. Wie die, dass Dänemark 1949 die gemäßigte Kleinschreibung einführte, um sich von der deutschen Rechtschreibung abzusetzen“, die übrigens „welt­weit die einzige Buchstabenschrift mit Großschreibung aller Substantive“ ist.

Die neue Regelsammlung von 1996 wurde auf Grund geharnischter Proteste schon mehrfach revidiert. Sogar das Bundesverfassungsgericht wurde eingeschaltet, das die Reform für verfassungsgemäß erklärte.

Das neue „Süstem der Ortokrafi“ - so formulierte Georg Christoph Lich­tenberg schon im 18. Jh. ironisch - wird sich nach neuerlichen Kompromissen wohl durchsetzen. Einiges Unsinnige wird von selbst verschwinden, etliche Ungereimtheiten werden bestehen bleiben. Warum aber wird diese Debatte so heiß geführt?

Nicht nur weil es hinsichtlich Groß- und Klein-, Getrennt- oder Zu­samm­enschreibung, Fremdwortschreibung, Zeichensetzung und Silbentrennung  so viele Argumente gibt. So das etymologische Argument, das die Herkunft der Wörter erkennbar lassen will. Dann dürfte man auf keinen Fall trennen Pä-dagogig, wie die neue Rechtschreibung das zulässt, denn das Wort Pädagoge kommt vom Griechischen paid-agogós (aus gr. pais, paidós „Kind“) und agogós „leitend; Leiter, Führer“). Dann haben wir das Traditionsargument, das Schreibungen konservieren will, z.B. das Dehnungs-/h/ in Jahr, im Holländischen jaar geschrieben und schließlich das morphologische Prinzip, nach dem Wortfor­men möglichst konstant gehalten werden sollen (Morphemkon­stanz). So schreibt man  die Haut und die Häute aber heute, obgleich Häute und heute doch gleich gesprochen werden. Es soll aber der Wortstamm Haut erkenntlich bleiben. Man schreibt der Tag, und an den Tagen, Land, Länder obgleich man spricht /tak/ und /tagen/, /lant/, /länder/. Soll man auch Tak und Tagen, Lant, Länder schreiben, wie das phonologische Argument („schreib, wie du sprichst!“) dies fordert? Inwieweit sollen sich Buchstaben (Grapheme) und Laute (Phoneme) entsprechen? Eins zu eins? „Die meisten heute gebräuchlichen Alphabete erfüllen dieses Kriterium jedoch nicht“, weil entweder das Schriftsystem bestimmte lautliche Veränderungen nicht mitgemacht hat oder die Sprache ein Alphabet benutzt, das für eine andere Sprache entwickelt worden war. Deshalb gibt es auch willkürlich entwickelte Formen. Also 8tung!  Sollen wir  for und für, anstelle (an Stelle?) von vor und für schreiben. Warum nicht for und vür? Denkbar wären auch Schreibungen wie: „Wir verkaufen die Häute häute an die Läute“ oder „Wir verkaufen die „Heute heute an die Leute“ oder „die Hoite hoite an die Loite“ oder „die Häute hoite an die Leute“. Wir sehen: alles keine leichte Entscheidung. In anderen Sprachen, die auch das lateinische Alphabet benutzen, bezeichnen dessen Buchstaben zum Teil ganz andere Laute: Das deutsche /u/ wird im Französischen /ü/ gesprochen und das deutsche /j/ im Englische /dsch/. Die Türken schreiben für die deutsche Buch­sta­benverbindung /sch/ ein /ş /.

Ein Franzose wiederum, der die deutsche Ausführung des lateinischen Alphabets benutzen würde, müsste für sein Sätzchen „sie ist sehr jung“ (elle est très jeune) schreiben: „Äl ä drä schönn“. Die englische Rechtschreibung ist vorwiegend historisch, die türkische phonologisch, die deutsche gemischt. Schreibung ist alles andere als nicht komplex. Einerseits möchte man in der Schrift möglichst viel Sprachgeschichte aufbewahren, andererseits möglichst vielen Menschen das schnelle Lesen ermöglichen. Dann darf man nicht zu viel historischen Ballast mitschleppen, der das Lernen erschwert, aber auch wiederum nicht soviel Geschichte über Bord werfen, dass zukünftige Generationen unsere Bücher nicht mehr entziffern können. Die Sorge um die leichte Erlernbarkeit von Schrift und Lesen war nicht immer gegeben. Im Gegenteil: Lesen und schreiben zu können galt als Privileg, als Machtinstrument weniger. So sollten nur Mönche die Bibel lesen und interpretieren können. Dass Bauern, Handwerker und Soldaten diese Fähigkeit des Schreibens und Lesens besitzen, war alles andere als erwünscht. Auch noch nach dem Mittelalter war der homme de lettre („Mann des Buchstabens“!) ein Repräsentant dieser elitären Einstellung. Frauen waren vom Recht auf Bildung schon als Geschlecht ausgeschlossen.

Die Schrift, eine der großen Revolutionen der Menschheit, „die wichtigste Kulturtechnik zur Erweiterung der Sprachverwendung“, ist immer konservativer als die gesprochene Sprache. Sie bewahrt Jahrhunderte lang Gewachsenes (Ge­wax­enes?, Gewaksenes?) auf, weshalb es nicht verwundert, wenn Menschen sogar den Untergang einer ganzen Kultur heraufbeschwören, soll an der heiligen Kuh „Schrift“ etwas geändert werden. Die Türkei hat aber  am 3. November 1928 sogar das arabische Alphabet durch das lateinische, das „in der Welt am weitesten verbreitete System“, ersetzt, ohne dass ihre Kultur verschwand und auch in China gibt es Bestrebungen, die chinesische Wortschrift zugunsten des lateinischen Alphabets, das Laute statt Wörter wiedergibt, ab­zu­schaffen. Auch Indonesien hat in den dreißiger Jahren das lateinische Alphabet übernommen. Nicht wenige Menschen jedoch empfinden Änderungen in der Schreibung als geradezu körperlichen Schmerz. Die Schrift scheint „ebenso prägend wie andere Kulturmuster“ auch, also Verwandtschaft, Religion, Moral. Schrift ist nicht nur Ge­brauchsgegenstand, sondern auch ein Netz für Identifikationen und sie scheint tief ins Seelische des Menschen verwoben zu sein. Deshalb der Konflikt zwischen Beharrungsvermögen und Notwendigkeit zur Anpassung an die Zeit. Deshalb die Weigerung des Pen und der Akademie der Dichtung, im neu ge­gründeten Rat für Rechtschreibung zur Überarbeitung der Reform mitzuarbeiten und deshalb der Brief der Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, einer femme de lettre par exellence, an die deutschsprachigen Autoren, mit der Bitte, die Mitarbeit in diesem Gremium zu verweigern. Sie selbst scheut sich nicht, sich der radikalen Kleinschreibung (einschließlich Eigennamen) zu bedienen und ganz ohne Komma zu schreiben. Sie will keinen Kompromiss und keinerlei Be­vor­mundung, durch wen auch immer.

Eine endgültige Lösung kann es für ein ständig wachsendes und sich veränderndes Gebilde, wie die Sprache eines ist, sowieso nie geben. Und was sich durchsetzen wird und was nicht, lässt sich ohnehin nicht von oben durchsetzen. Das regelt sich mit der Zeit von selbst. Darauf könnte man sich doch einlassen. Oder? Warum also diese heftigen Reaktionen bei einem doch vermeintlich langweiligen Thema? Dies war unsere Ausgangsfrage. Ich habe versucht, im Phänomen Schrift / Schrei­bung und in der Geschichte derselben einige Begründungen dafür zu finden. Aber diese reichen sicherlich nicht aus zur Erklärung der menschlichen Befindlichkeiten. Diese bleiben so geheimnisvoll wie die Erfindung und Herkunft der Schrift überhaupt.  Bleiben wird, dass, aus welchen Gründen auch immer, mehr Menschen gut lesen als gut schreiben können und Millionen von beiden Fähigkeiten ganz ausgeschlossen sind. Letzteres gilt auch für den Um­gang mit elektronischen Medien. In diesem Faktum liegen die Ur­sachen für soziale Konflikte in der Zukunft.

Die neue Reform der Reform nimmt einige Veränderungen wieder zurück und lässt in einigen Fällen zwei Schreibungen zu. Unzulässig soll in Zukunft wieder die Abtrennung von Einzelvokalen am Wortanfang und Wortende sein. Also nicht mehr E-sel oder A-bend. Das wäre ja auch Bi- omüll. Unt mannIn sol ja auch nichz übathraibenn.

Der Autor ist Fachleiter am Sprachenkolleg für studierende Ausländer in Freiburg.     

Stefan Pflaum am 18.5.2006 im Dreisamtäler, www.dreisamtaeler.de


 

 

France Mobil mit Aurelie Guetz motiviert Kinder und Jugendliche

Vous apprenez le francais? Die beiden 1. und die beiden 2. Klassen der Carl-Friedrich-Meerwein-Grundschule lernen bereits Französisch. Sie waren natürlich stolz, einige Worte mit Französischlehrerin Aurelie Guetz von „ France Mobil“ zu reden.

France Mobil ist eine Initiative des französischen Ministers für Bildung und Forschung und der Robert-Bosch-Stiftung. In Deutschland haben die Kultusminister die Schirmherrschaft übernommen. Beim „ France Mobil“ handelt es sich um einen Smart: eine Sprachschule auf Rädern, deren Referentin den Kindern die Sprache deutlich macht und eine Vielfalt von authentischen französischen Materialien anbietet. Aurelie Guetz bot den Emmendinger Schulkindern mit viel Charme, mit Heiter- und Fröhlichkeit die verschiedensten französischen Spiele an. Es begann mit der Begrüßung: Bonjour Leon, Bonjour Aurelie. Dann wurde es schon etwas schwieriger, denn so ganz verstanden die Kinder dann doch nicht die französischen Wörter. Doch nach einigen Anläufen klappte die Aktion dann doch wunderbar. Alle Kinder stellten sich vor: Je m’ appelle Felix, je m’ appelle Maik. Nach dieser Einstimmung folgten die Wörter „ Monsieur“ und „ Madame“ , grand und petit.
Aurelie verstand es auf spielerische Art, den Schulkindern die Angst vor der „ fremden“ Sprache zu nehmen. Tatkräftig unterstützt wurden die Erstklässler von ihrer Lehrerin Roswitha Risch. Aurelie erzählte den Kindern von Standards in Frankreich. Diese sollten dann erzählen, ob sie schon in Frankreich waren. In der Tat: Die meisten fuhren bereits mit ihren Eltern zum Einkaufen ins Elsass.
Dann wurde gezählt - von zero bis dix, also von null bis zehn. Bei den französischen Liedern stimmten alle mit ein. Nach 45 Minuten hieß es: Au revoir !
Die rollende Sprachschule tourt zur Zeit durch den Landkreis. Die Station an der Meerwein-Grundschule gilt als voller Erfolg. Bereits am Freitag war das „ France Mobil“ an der Freiämter Grundschule; heute macht es in Teningen Station und am Donnerstag ist es an der Grundschule in Emmendingen-Wasser.
Weitere Infos: Centre Culturel Francais de Freiburg, Im Kornhaus, 61 / 2073923

Alles von Pia Grättinger vom 7.12.2005 auf www.bzol.de lesen

 

Lange Nacht der Kultur am 18.3.2005 im Haus der Natur am Feldberg

Muss es in einem "Haus der Natur" immer trocken und fachlich anspruchsvoll zugehen? Muss es immer nur um Naturschutz gehen? Nein, es geht auch mal anders! Am Freitag, 18. März 2005 findet im "Haus der Natur" - wie in vielen großen Museen - eine "Lange Nacht" statt. Es gibt keine Vorträge, keine Diskussionen über das Für und Wider von Diesem oder Jenem, es geht nicht um heimisches Gemüse vom Direktvermarkter, sondern um heimische Kultur vom Direktanbieter: Mundart-Kabarettisten aus dem Badischen und Musiker aus der Regio zeigen ihr Können.

Sogar der "König von Baden" gibt sich die Ehre: Jörg Kräuter, der zuletzt im Kino im Höfle in Lenzkirch begeisterte. Er beschreibt seine Heimatoffensive so: ". . . .liegt zwischen fruchtbaren Tälern und holzreichen Höhen das liebliche Land Baden, wo reblausige Rotnasen und spargelspitze Landfrauen unter ihren badisch-bommeligen Kopfputzen friedlich einhergehen mit fundamentalistisch-erdigen Marktweibern, die mit geblümten Tüchern verschleiert, kittelschürzig bis allerheilig die Früchte des Landes feilbieten, während badisch-feministische Haus-Zwetschgen und verchromte Teilzeit-Tippsen zum Wohle des Landes schalten und walten, derweil fleißige, leibeigene Handwerksgesellen den Reichtum des Landes mehren. Ein glückliches Land! Doch es ziehen dunkle Wolken über das traditionsschwangere Baden. Die Heimat ist in Gefahr!"

Kann ein Religionslehrer an berufsbildenden Schulen lustig sein? Als "Nepomuk, der Bruddler" liest Ottmar Schnurr - Theologe mit Lehrauftrag für Sozialwesen und Religionspädagogik - aus seinen Glossen über den alltäglichen Alltag, staubtrocken, badisch und sehr witzig.

Der Lenzkircher à capella-Frauenchor La Metà (übersetzt: "Die bessere Hälfte") besteht seit vier Jahren und bewältigte in dieser Zeit viele sehr erfolgreiche Auftritte. Die stimmgewaltigen Frauen nehmen die Besucher mit auf eine musikalische Reise durch die Welt der Gospels und Evergreens.

Das neu gegründete Duo "Nix Neues" präsentiert Lovesongs aus Jazz und Pop von Ella Fitzgerald bis Shakira. Gudrun Zaltenbach (vocals) wurde der Jazz durch ihre Eltern nahe gebracht, Stefan Büchner (piano) kam über den Klavierunterricht zur klassischen Musik, später dann durch Gesangs-Begleitung auch zur "U-Musik". Wenn er nicht am Flügel sitzt, leitet der promovierte Biologe das Naturschutzzentrum Südschwarzwald.

Für die weitere musikalische Unterhaltung sorgt das "Silver Jazz Quintett" aus Freiburg mit großer musikalischer Bandbreite von Jazz über Swing, Bossa Nova, Blues, Latin bis zur Klassik. Das Silver Jazz Quintett setzt sich zusammen aus Job von Witzleben (piano), Hanns-Christof Spatz (bass), Charlotte Hase (vocal), Patrizio Foresta (drums) und Albrecht Rasche (tenorsax).
BZ vom 1.3.2005

Muss es in einem "Haus der Natur" immer trocken und fachlich anspruchsvoll zugehen? Muss es immer nur um Naturschutz gehen? Nein, es geht auch mal anders! Am Freitag, 18. März 2005 findet im "Haus der Natur" - wie in vielen großen Museen - eine "Lange Nacht" statt. Es gibt keine Vorträge, keine Diskussionen über das Für und Wider von Diesem oder Jenem, es geht nicht um heimisches Gemüse vom Direktvermarkter, sondern um heimische Kultur vom Direktanbieter: Mundart-Kabarettisten aus dem Badischen und Musiker aus der Regio zeigen ihr Können.

"Lange Nacht": Freitag, 18. März, von 18 Uhr bis Mitternacht. Eintritt: vier Euro.
Kontakt: Tel 07676/9336-30
www.naturschutzzentren-bw.de 

  

Hallolaüs - Nikolaus 2003 am 6.12.2001 von Harald Noth

Diämol han i z Berlin im Kanzleramt agruefe un han gsait, wänner grad am Spare sin, no kennte ner doch dr Nigelaüs uf Hallowiin lege un Winächte uf Oschtere! Des wämmer scho läng, sait do d Sekretäri, s fählt numme no eber, wus durchsetzt - wiä wärs dänn mit ihne, Herr Noth? Ich, nit füül, riäf glii bim Arbeitgäberverband a: Des mit Winächte un Oschtere goht voll in Ordnig, sait dr Mann am Delifon, do spare mer zwee Fiirtig, aber dr Nigelaüs un s Hallowiin sott mer üsenander loo! No gang i zu dr Gwerkschaft. Sälli meine s Gegedeil: Nigelaüs un Hallowiin dät zämme basse, aber Winächte uf Oschtere lege? Kunnt nit in Frog. In dr letschte Verzwiiflig wänd i mi an dr Erzbischof. Un bikumm d Rot Kart zeigt. Fir alli zwee Vorschleg.

Wäge däm isch jetz wider dr glich Rummel wiä s letscht Johr: Dertemol han ene zwoo Wuche noch em Hellowiin s erscht Mol gsähne, dr Santi Glaüs - im e Kaüfhüüs. Oder ischs dr Winächtsmann gsii? Ball druf hän sich d Ereignis iberschlage: Adväntobe bim Dechterli in dr Glass, Adväntsbazar bim Bue in dr Schuel, Winächtsfiir im Gschäft, Johresabschluss mit Nigelaüs bim Elferat un noch e Veranschtaltig bim Kingilizichterverein, wu dr Bischoff vu Myra diä verdiänte Mitgliider gehrt het. Alli Samschtig in dr Läde rum jäschte. Un aü an mänkem Obe go Gschänkli sueche goh. Go Grischtbaüm kaüfe. Go s Krippespiil iistüdiäre. Un Bredli bache. Un so witter.

In sinere Sturm- un Drangzit het dä Spinner, wu do schribt, emol gsait: ihr kenne mich am . . . kitzle, un het s Gäld, wu d Chrischtkindli koschtet hätte, uf Uganda gschickt. Des dät er sich hit nimmi droie. Heiliger wiä dr Winächtsrummel isch uns Ditsche numme no dr Ürlaüb. Warte nur! S git amenort in dr Schwiz e nätts Derfli, hoch in dr Alpe, do hets Schnee, un e nätt, glei Feriähiisli, wu noch mit Holz gfiirt wird. Un s kunnt noch emol so wit, no bin ich dert obe, mit minene Kinder, vum Hallowiin bis zum Silväschter. S fählt numme no eber, wus zahlt. Eb is villicht emol eber ebis vu Uganda schickt?

Harald Noth im Lueginsland am 6.12.2003

  



zugstreckt und erwidert - alemannische Wörter

Aus Dichterlaune wurde Gedankenaustausch, der in literarischen Abend mündete und „St. Petermer Mundarttage“ begründete

ST. PETER. Der Gedanke kam rein zufällig, Freunde einzuladen und jeden aufzufordern, zu reden „wie ihm der Schnabel gewachsen ist“. Heraus gekommen ist ein Vorderösterreichischer Dialektabend, der Gedanken und Freunde – unterlegt von einem köstlichen Menü – zu einem Fest der Sinne, einem besinnlichen Fest, vereinte. Dass er die ersten St. Petermer Mundarttage beschließen würde, wurde Gastgebern und Gästen erst zum Schluss bewusst.

In „zueg'steckt“ liegt der Schlüssel dessen, was dem geneigten Leser nun zugetragen werden soll. Übrigens: In der Sache ist es sicher kein Unterschied, ob „jemand jemandem etwas in den Briefkasten steckte“ oder „ob ebber ebberm ebbis zueg'steckt het in' Briefkaschde“. Doch welch phonetische und gefühlsmässige Welten liegen dazwischen! „Zueg'steckt“ ist nicht einfach abgelegt in den Briefkasten, „zug'steckt“ – es lässt ein wenig Scheu vermuten und das Gefühl, hier geht etwas nur Absender und Empfänger an. Was nichts mit Unrecht zu tun hat! Wohl aber nicht gleich in alle Öffentlichkeit posaunt werden muss.

Konkret verbirgt sich hinter diesem „zueg'steckt“ , was ein Professor und ein Sprachkundler gegenseitig im Briefkasten vorfinden: Selbstgedichtetes, gereimt oder ungereimt, vielleicht nur ein Wort, eine kleine Szene, eine Freude, eine Furcht.....? Sie waren sich fremd, begegneten sich, stellten die Gemeinsamkeit „Faszination der Sprache“ fest, eine Freundschaft entwickelte sich. Hervorgerufen durch den kleinsten selbstständigen sprachlichen Bedeutungsträger, wie das Lexikon den Begriff „Wort“ erklärt.

Wörter und Worte sind untrennbar mit dem abendlichen Gastgeber, Professor für Behindertenpädagogik, Franz Schönberger, und seinem „Stargast“, dem Sprachlehrer und Hobbymusiker, Stefan Pflaum, verbunden. Ersterer ein echter Linzer, letzterer ein solcher Badener, beide eint die historische Vergangenheit, in der ihre Länder unter der vorderösterreichischen Herrschaft der Habsburger standen.

Viele Wörter ergeben „Sprache“. „Die Spracheigentümlichkeiten einer Gruppe von Sprachteilhabern widergibt“, die Mundart. Gefärbt von Ton und Klang der Mutter-Sprache, dem Dialekt. Ihn wissen beide famos mit Dialektikals Kunstmittel zu gebrauchen, ob österreichisch, deutsch oder alemannisch als„Haiku“ verpackt.

Als Sprachkunstwerk, lesend und dichtend, wobei die Stilmittel Rhythmus und Reim k(l)eine Rolle spielen: „D' Muatta rät“: 1899 rät sie dem Sohn „g'scheiter, du bleibst!“ (emotionaler Einfluss ?), 1949 rät sie „g'scheiter, du gehst!“ (politischer Einfluss ?), 1999 hätte sie raten müssen „was g'scheiter wär, kann i dir net sogn, do musst heutzutag' scho an G'scheiteren frogn!“ (Weisheit des Alters ?). „Stefan Pflaum hat mir zu diesem Abend Mut gemacht“, wird Gastgeber Franz Schönberger später bekennen, nach den Pflaumschen Zeilen, „wemmer will, kammer, – mer mueß bloß Ehrengäste des Abends waren die Linzer Germanisten, Edeltraud Meinschad und Georg Jungwirth. Arten und Un-Arten noch waschecht von den Lippen kommen. Der betagte 89-Jährige und seine Begleiterin trugen ihren aktuellen literarischen Teil dazu bei. Wie auch andere Gäste sich zu Wort meldeten, Horst Rether siebenbürgisch-sächsisch, Karlheinz Jetter schwäbisch, Stefan Pflaum elsässisch, St. Peters Bürgermeister Gottfried Rohrer alemannisch. Gastgeberin Heidi-Schönberger-Kuse steuerte den dialektmäßig unidentischen – weil niederdeutschen – jedoch nicht weniger interessanten Part bei. Josef Weinhebers „Philosoph“ hatte das letzte Wort.

Mundart hat Charme, Wärme, ist liebevoll. Oder spitzfindig, ja brutal. Sie kann bagatelliesieren oder knuten, loben oder strafen. Die Mundart lebt!
Monika Rombach, 16.Juli 2001

  

© by freiburg-schwarzwald.de, Update 24.02.12