Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Wiesental -
Infos ab März 2005
      

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Aitern, Böllen, Fröhnd, Neuenweg, Schönau, Schönenberg, Tunau, Utzenfeld, Wembach, Zell

Blick vom Abzweig nach Todtnauberg nach Süden über Todtnau zum Hasenhorn (oben links) am 10.1.2006

Frauen im Oberen Wiesental - Landfrauenverband

Über die Lebenssituation von Frauen im Oberen Wiesental informierte sich in der vergangenen Woche Regierungspräsident Julian Würtenberger. Neben viel Innovationskraft und perfekter Koordination zeichnet die Frauen eine starke Vernetzung aus. "Die aktuellen Entwicklungen im ländlichen Raum stellen uns vor große Herausforderungen", sagte Regierungspräsident Julian Würtenberger am 28. Oktober bei einer Pressefahrt mit dem Landfrauenverband Südbaden. Der demographische Wandel und dessen Auswirkungen auf das Infrastrukturangebot wie Kindergärten, Busverbindungen und Versorgungseinrichtungen brächten Probleme mit sich, mit denen vor allem Frauen zu kämpfen haben. "Frauen auf dem Land müssen lange Anfahrtswege zum Kindergarten, zur Schule, zum Arzt, zur Apotheke, zum Laden und zur Post in Kauf nehmen, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich erschwert", so Rosa Karcher, Präsidentin des Landfrauenverbandes Südbaden. Nur mit einer angemessenen Kinder- und Seniorenbetreuung und einer ausreichenden Grundversorgung, wozu auch ein schnelles Internet zähle, könne langfristig eine Arbeitsperspektive für Frauen im ländlichen Raum geschaffen werden.

Den Lebensalltag von Frauen im ländlichen Raum schilderten Susanne Stiegeler aus Aitern sowie Inge und Anja Stiegeler aus Fröhnd. Familie Stiegeler aus Aitern führt einen Nebenerwerbsbetrieb mit Mutterkuhhaltung. Zusätzlich gibt es eine Schnapsbrennerei. Susanne Stiegeler vermietet drei Ferienwohnungen und zwei Ferienzimmer mit Frühstück an Urlaubsgäste. "Wichtig ist, dass der Familienzusammenhalt gut funktioniert. Eine große Portion Idealismus gehört auch dazu", so die Mutter zweier Söhne, die beide, ebenso wie die Schwiegereltern, tatkräftig mit anpacken. Eine große Herausforderung sei die Bewirtschaftung der Steilhänge. "Eine unserer größten Sorgen sind die aktuell niedrigen Milchpreise", betonte Anja Stiegeler vom zweiten besuchten Betrieb in Fröhnd. Investitionen würden deshalb zurückgestellt. Noch gibt es im Ort drei Betriebe, die Milch abliefern. Sollte noch ein Betrieb aufgeben, würde der Ort nicht mehr von der Molkerei angefahren. "Dann müssten wir die Milch jeden zweiten Tag nach Schönau bringen. Das käme dann zu der täglichen Pendelei zum Kindergarten und zur Schule auch noch dazu", so die Mutter von vier Kindern.
Die letzte Station der Pressefahrt führte den Regierungspräsidenten zu Landfrau Barbara Berger-Marterer in Adelsberg. Die Heilpraktikerin betreibt eine eigene Praxis, stellt Branntweine und Bienenprodukte her, die sie vor Ort verkauft. Künftig möchte sie noch Kräuterkurse anbieten und hat hierzu in Eigenarbeit mit Unterstützung von Familie und Freunden den alten Stall renoviert und umfunktioniert. "Fortbildung, Offenheit und ein gutes Netzwerk" sieht sie als Schlüssel ihres Erfolges. "Der ländliche Raum ist auf die wirtschaftliche Dynamik von Unternehmensgründungen angewiesen. Gerade Frauen sind oft die treibende Kraft, sie kennen die Situation vor Ort und haben wertvolle soziale Kontakte", so das gemeinsame Fazit von Würtenberger und Karcher beim Abschlussgespräch.
Birgitta Klemmer, 7.11.2009, www.badische-bauern-zeitung.de

 

Todtnauerli-Radweg: 22 km zwischen Zell und Todtnau auf ehem. Bahntrasse

Das "Todtnauerli" verband die Wirtschaft im Oberen Wiesental mit dem Oberrhein, heute bietet sich die Bahntrasse als Ausflugziel an

Blühende Wiesen, grasende Kühe, urige Schwarzwaldhäuser, schattige Wälder, felsige Böschungen und ein kleiner Tunnel - all das findet sich an der ehemaligen "Todtnauerli" -Bahntrasse zwischen Zell und Todtnau. Hier, am ehemals vorderösterreichischen Oberlauf des Flusses, hat die Wiese wenig Ähnlichkeit mit dem gebändigten Unterlauf im vorderen Wiesental. Die Landschaft wird hier zusehends rauer, die Hänge steiler und der Fluss fließt kraftvoll durch sein steiniges, mitunter tief eingegrabenes Bett. Das "Todtnauerli" dampfte von 1889 bis 1968 durchs Obere Wiesental, brachte Feriengäste samt Gepäck in die Sommerfrische oder den Skiurlaub, die Milch zur Molkerei, das Grubenholz in die Bergwerke, Fasern und Garne in die Textilfabriken und die Winterrationen an Kraut und Briketts zu den Menschen im Hinterhag. Obwohl der Zug oft so langsam fuhr, dass man zwischendurch aussteigen und Blumen pflücken konnte, war er wichtig für die wirtschaftliche und touristische Entwicklung des Oberen Wiesentals. Das Wirtschaftswunder und der Siegeszugs des Automobils nach 1949 trieben die Schmalspurbahn dann aber in die "roten Zahlen" . Seit 40 Jahren ist sie Geschichte. Heute ziehen zwei der alten Todtnauerli-Dampfloks eine Museumsbahn am Genfer See und die ehemalige  Bahntrasse entlang der Wiese wurde zum Rad- und Wanderweg umgewandelt. Auf Initiative des Atzenbacher Ortschaftsrates beschlossen die sechs an der Trasse liegenden Gemeinden, durch Infotafeln an den früheren Haltepunkten und Bahnhofsstandorten an die Verkehrsader zu erinnern, hierzu gab es Zuschüsse vom Naturpark Südschwarzwald. Der alten Bahnstrecke per Fahrrad zu folgen, ist ein lohnenswerter Halbtagsausflug, auch für Familien mit Kindern — zumal es auf dem Rückweg ab Todtnau leicht bergab geht. Die B 317 muss bis zum Ortsende von Atzenbach zweimal überquert werden, eine weitere Überquerung ist kurz vor Schönau erforderlich, ansonsten fährt man ruhig und entspannt fernab der Straße. Spielplätze, Gasthäuser, das Wieseufer, Grill- und Wassertretstellen bieten Gelegenheit zur Rast und als zusätzliche Motivation für die anstrengende Passage zwischen Utzenfeld und Todtnau locken die gastronomischen Angebote am Ziel, dem Todtnauer Marktplatz.
Die Route beginnt am Zeller Bahnhof, hier findet sich die erste Infotafel. Man folgt der Bahnhofsstraße zur Stadtmitte, wird von da zum ausgeschilderten Todtnauerli-Radweg geführt und folgt dann dem Fluss. Am Zeller Ortsende führt der Radweg ein kurzes Stück neben der B 317 entlang, bald darauf geht es rechts ab nach Atzenbach und auf einer verkehrsberuhigten Straße durch das Dorf. Hier erinnern die Skulpturen einer Reisenden und eines Schaffners an den einstigen Bahnhof. Am Dorf ende muss die B 317 überquert werden. Nach Atzenbach wird’s wildromantisch, mit steilen Berghängen, sanften Blumenwiesen und dem braungrünen Wasser der Wiese. Auf Höhe von Niederhepschingen gibt es eine Schutzhütte samt Grillstelle, kurz darauf säumen steile Felsböschungen den Weg und es geht durch einen 80 Meter langen beleuchteten Tunnel hindurch. Bei Wembach mündet der Weg in einen Firmenparkplatz. Hier heißt es auf die Beschilderung zu achten! Nach ein paar Metern entlang der B 317 wird diese überquert, dann geht es auf einem sanft an- und absteigenden Sträßlein über Wiesen und Weiden bis zur Wassertretstelle in Schönaus Talaue. Danach beginnt der anstrengendere Teil. Zunächst geht’s durch die Talaue bis Utzenfeld. Die Infotafel am dortigen Gemeindehaus kündet vom ehemaligen Bahnhof: Hier wurden einst die "Schneflerwaren" der Bernauer Holzschnitzer, Vieh, Gruben- und Papierholz verladen. Nach Utzenfeld verlässt der Weg den Fluss und führt bergauf durch den Wald. Erst bei Schlechtnau nähert er sich wieder der Wiese, die dort mittlerweile auf Bachformat geschrumpft ist. In Todtnau selbst künden der Gasthof zum "Schwarzwald Bähnle" und eine letzte Infotafel am Busbahnhof von der einstigen Endstation. Auf dem Rückweg rollt man bis Utzenfeld entspannt bergab, auch der Rest der Strecke fährt sich locker und bietet noch die eine oder anderen Einkehrmöglichkeit.

Der Todtnauerli-Radweg: zwischen Zell und Todtnau ist durchgehend ausgeschildert. Gesamtlänge: 22 Kilometer. Reine Fahrzeit bei durchschnittlichem Tempo: Talaufwärts circa zwei Stunden, talbawärts: 75 Minuten.

Silke Hartenstein, 30.9.2008, BZ

 

 

Gelebtes Ehrenamt: Lebenshilfe im Trudmättle in Wembach

Christoph Meyer, Geschäftsführer der Lebenshilfe Lörrach, zeigte der SPD-Bundestagsabgeordneten Marion Caspers-Merk, wie Ehrenamt in Wembach gelebt wird. Diese Woche machte die Politikerin auf ihrer Sommertour Halt bei der Lebenshilfe-Außenstelle im Trudmättle.

In Wembach erleben diese Woche acht behinderte Kinder mit fünf ehrenamtlichen Betreuern ein Kinderferienprogramm mit Ausflügen und Spielen. "Wenn das Ferienprogramm der Lebenshilfe ansteht, kommt ein dicker Balken in den Kalender" , sagte Bürgermeister Robert Goldmann. Die Gemeinde stellt ihren Bürgersaal im Rathaus als Spielstube und die Küche zur Verfügung. Seit zehn Jahren arbeiten Lebenshilfe und Gemeinde zusammen, 2006 wurde in Wembach erstmals ein Ferienprogramm für behinderte Kinder angeboten. Auf die Frage von Marion Caspers-Merk, wie den Kindern das Programm gefällt, antwortete der älteste Teilnehmer, Efisio (18) nachdrücklich: gut! "Das ist genau das, was die Familien im Landkreis wollen" , weiß Michael Tränkle, Bereichsleiter bei der Lebenshilfe Lörrach. Die Kinder übernachten zu Hause in ihrer vertrauten Umgebung und werden von zehn bis 17 Uhr betreut. Wichtig sei, die ehrenamtlichen Helfer — die gewöhnlich keine Fachkräfte sind — auf die Betreuung vorzubereiten. Die Fachkräfte der Lebenshilfe stehen in ständigem Kontakt zu den freiwilligen Helfern.  Ziel ihrer Sommertour sei, aufzuzeigen, wie vielfältig Ehrenamt ist, sagte Marion Caspers-Merk. Ihr war wichtig klarzustellen: "Ehrenamt geht nur mit Hauptamt." Es brauche — wie bei der Lebenshilfe — einen verlässlichen Rahmen, in dem Ehrenamt zum Einsatz kommen könne. Christoph Meyer hofft, dass die Lebenshilfe sich auch noch in fünf Jahren die Miete für die Räume im Wembacher Trudmättle leisten kann: Für die Menschen im Oberen Wiesental sei das eine enorme Erleichterung. Ansonsten müssten sie, beispielsweise für eine Beratung zum Thema Frühförderung, bis nach Lörrach fahren. Christoph Meyer machte darauf aufmerksam, dass Pflegebedürftigen, die zuhause betreut werden — zum Beispiel demenzkranke oder behinderte Menschen — möglicherweise Anspruch auf einen zusätzlichen Geldbetrag haben und diesen bisher gar nicht einfordern. Der zusätzliche Leistungsbetrag für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz wurde erst zum 1. Juli dieses Jahres bedeutend angehoben. "Vor Ort muss Druck ausgeübt werden, auch dafür ist die Lebenshilfe wichtig" , betonte Marion Caspers-Merk.
Karin Maier , 2.8.1008, BZ, www.lebenshilfe-loerrach.de

 

Sonniges Hebelfest in Hausen - Plädoyer für den Dialekt

Für die "wunderbare Zusammenführung aller Generationen" und die in Hausen erfahrene Herzlichkeit dankte der neue Vorarlberger Hebelpreisträger Arno Geiger in der Festhalle Hausen, wo die zwölf "alten Mannen" und Frauen in der ersten Reihe saßen und auch als Erste begrüßt wurden. Bei sommerlichen Temperaturen erlebten die Besucher am 10. Mai zur Feier des 248. Geburtstags von Johann Peter Hebel im geschmückten Dorf das immer wieder eindrucksvolle Fest.

Das Hebelfest führt die Gäste nicht nur zum Feiern zusammen, sondern auch zur gemeinsamen Besinnung und Zukunftsorientierung mit Hebel als Ratgeber. Im Mittelpunkt stand die Verleihung des Johann-Peter-Hebel-Preises 2008 an Arno Geiger. Um 6 Uhr wurde das Dorf wie gewohnt durch Böllerschüsse und die Hebelmusik geweckt, um 9.30 Uhr entzückten die Kindergartenkinder in der Festhalle mit Gedichten, Liedern und volkstümlichen Tänzen. Die kleinen Vreneli und Hanseli, die alten Mannen, Vertreter
von Gemeinde, Landkreis und Ministerium, der neue Regierungspräsident Julian Württenberger, der neue Hebelpreisträger und auch der neue Hebelplakettenträger Werner Störk zogen mit den Gästen aus Basel vom Bahnhof zur Festhalle, vorbei am Hebelhaus, begleitet von der Hebelmusik, die auch die Feier in der Halle umrahmte. Besonders begrüßte Bürgermeister Martin Bühler neben Delegationen aus Hausen/Aargau und Wipfatal/Thüringen auch den Leiter der Arbeitsstelle für Literarische Museen, Archive und Gedenkstätten in Marbach, Dr. Thomas Schmidt.
Die Präsidentin der Basler Hebelstiftung, Beatrice Mall-Grob, machte in ihrer Ansprache den Stellenwert des Dialektsprechens zum Thema und ging kritisch auf den "Aktionsplan Pisa" ein, wonach in Schweizer Kindergärten nur noch Hochdeutsch gesprochen werden soll. Die Jugend soll fit gemacht werden für die Ökonomie, der Einzelne wird einer globalen Vision untergeordnet. Bei aller globalen Vereinheitlichung dürfe der Blick auf den einzelnen Menschen nicht verloren gehen. Johann Peter Hebel habe sich immer für das Schicksal des einzelnen Menschen interessiert. Am Einzelschicksal bekomme Geschichte eine menschliche Bedeutung. Dem Einzelnen Werte zu vermitteln für eine humane Gesellschaft sei deshalb wichtiger, als immer nur auf Pisa zu schielen. "Wer sich bewusst ist, woher er kommt, hat den Blick dafür, wohin er geht" und sei weniger verführbar. Da spiele es keine Rolle, ob er Dialekt spricht oder Hochdeutsch, Französisch oder Englisch. Nach der mit viel Beifall bedachten Rede erhoben sich einige Zuhörer von den Plätzen. Anschließend erhielten Schüler und Lehrlinge die Geschenke der Hebelstiftung (die Braut war nicht anwesend), Schüler der 9. Klassen trugen gemeinsame das Hebelgedicht "Die Überraschung im Garten" vor, dann spielte eine Klarinettengrupe der Musikschule. Bürgermeister Bühler pflichtete Beatrice Mall-Grob bei: "Mir schwätze Alemannisch und sollten uns nicht unterkriegen lassen". Eine Lanze für den Dialekt brach daraufhin auch Dr. Dietrich Birk, Staatssekretär im Wissenschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg, vor der Preisverleihung: "Heimat ist da, wo ich verstehe und verstanden werde" zitierte er Karl Jaspers. Dialekt zu sprechen, "gehört zur Landschaft" und das müsse trotz globalisierter Welt gepflegt werden. Im alemannischen Sprachraum sei Johann Peter Hebel zum Symbol für die Zusammengehörigkeit einer Region, aus der er Kraft schöpfte. Dietrich Birk überbrachte die Grüße der Landesregierung und sicherte der Gemeinde Hausen die Unterstützung des Landes für die Erweiterung des Hebelhauses und die Aktivitäten zum Jubiläumsjahr 2010 zu, damit Hebels 250. Geburtstag "im ganzen Land gebührend gefeiert werden kann" . Der "Literatursommer 2010" soll landesweit Johann Peter Hebel gewidmet sein, es gelte Hebels Erbe zu bewahren. Bürgermeister Martin Bühler zeigte sich hoch erfreut und versprach ein "tolles Projekt" . 2010 habe man die Chance, die Bedeutung von Hebels Werk auch im Württembergischen zu würdigen. Es hätten sich schon einige württembergische Gemeinden gemeldet, die im Literatursommer Veranstaltungen anbieten wollen. Nach dem gemeinsamen Schlusslied "Ne Gsang in Ehre" folgte der Aufbruch zum Hebel- und Dichtermähli. Am Nachmittag folgten die Schülerdarbietungen und nochmals spielte die Hebelmusik.
Hermann Jacob, 13.5.2008, www.badische-zeitung.de

 

Geschichtschronik eines Mambacher Volksschullehrers

Ein umfangreiches Schreibmaschinen-Manuskript des früheren Mambacher Volksschullehrers Raimund Müller fand kürzlich Ortsvorsteher Manfred Dietsche im Archiv der Ortsverwaltung. Müller hat es wohl — die recht unkritische Beschreibung des Aufstiegs der Nationalsozialisten in Deutschland legt es nahe — um 1933 verfasst. Spannend an dem Fund ist die chronologische Auflistung teilweise furchtbarer Begebenheiten wie Hungersnöte, Überfälle oder Pestepidemien bis zurück in das Jahr 820.

Das lang gestreckte Tal der Wiese zwischen Lörrach und Todtnau ist eine historisch bedeutende Region. Das mächtige Röttler Schloss hoch über Lörrach, die unzähligen Schanzen an den Hängen des Tals oder die Reste der Silberbergwerke bei Todtnau: alle erzählen spannende Geschichten aus vergangenen Tagen. Diese Geschichten festzuhalten hatte sich wohl auch Raimund Müller zum Ziel gesetzt. Den historischen Wert des Schriftstückes mag man anzweifeln, Quellen nennt der Autor nicht. Doch ist die Chronik allemal lesenswert, da Müller stets Vorgänge, die ganz Süddeutschland betrafen, aus Mambacher Sicht beschreibt. Die erste Erwähnung beschreibt das Jahr 820, in dem mit Missernte, Hungersnot und Viehseuche schon einmal das vorherrschende Unglück vergangener Tage genannt wird. Denn dass die Bevölkerung an Hunger leidet, zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Manuskript, bis ins 18. Jahrhundert. Doch auch Kriege wirkten sich bis an den Zusammenfluss von Angenbach und Wiese aus. So wird immer wieder von verheerenden Plünderungen berichtet, von denen sich die Mambacher Bevölkerung erholen musste. Auch einige lesenswerte Anekdoten erwähnt Müller in seinen Aufzeichnungen. Im Jahre 1796, zur "Zeit der Revolutionskriege in Frankreich" , ereignete sich dem Schriftstück zufolge eine wahre "Heldengeschichte" . Eine Horde von 600 französischen "Sansculotten" , "furchtlose und todesmutige" Franzosen mit langen Hosen, verirrte sich ins hintere Wiesental. Dort wurden sie von den "Tal- und Bergbewohnern gestellt, mussten sich rat- und orientierungslos gefangen geben" . Ihre Waffen samt Munition durften sie bei dem folgenden Marsch gen Osten aus unerfindlichen Gründen selbst tragen. Ein unverzeihlicher Fehler, die Franzosen drehten nämlich "den Stiel um, luden ihre Gewehre und pfefferten so rücksichtslos drauflos" , dass ihre Bewacher den Rückzug antreten mussten. In der Folge einiger Seuchenjahre trat im Jahr 1407 im Wiesental eine rätselhafte "nie da gewesene Nieskrankheit" auf, so dass "viele Befallene an diesem Niesen elendiglich ersticken mussten" . Mitleidig sagte man damals "Helf Gott zur Gesundheit" — angeblich der Ursprung unseres heute noch gebräuchlichen "Gesundheit" . Bemerkenswert auch die von Lehrer Müller aufgezeichneten Wetterverhältnisse. Für Manfred Dietsche waren es vor allem diese Beobachtungen, die ihn dazu veranlassten, das Schriftstück zu veröffentlichen. Vom Jahr 820 bis ins frühe 20. Jahrhundert gab es offenbar teilweise des öfteren erhebliche Schwankungen. Wüstentrockene Jahre wechselten sich mit Überschwemmungen ab, milde Winter und schneereiche Mai- oder sogar Junitage sind in den Aufzeichnungen zu finden — ein Beleg dafür, dass es die heutigen Wetterkapriolen schon damals gab und das ohne den CO-Ausstoß, dem solche Phänomene jetzt angelastet werden. Für interessierte Bürgerinnen und Bürger hält Manfred Dietsche das interessante Manuskript zur Einsicht bei der Ortsverwaltung bereit.
N
icolai Kapitz , 27.3.2008, BZ

 

 

Die verdeckte Armut alter Menschen

1253 Menschen sind im Landkreis Lörrach auf die Grundsicherung im Alter angewiesen, um über die Runden zu kommen

Helene T. ist 93 Jahre alt und lebt von einer kleinen Witwenrente sowie einer geringen Altersrente. Die beiden Renten werden durch die "Grundsicherung im Alter" auf 490 Euro monatlich aufgestockt. Zusätzlich übernimmt das Sozialamt die Kosten für "Essen auf Rädern" , wobei Helene T. einen kleinen Eigenanteil zu leisten hat. Auf die Miete entfallen 150 Euro. Die 93-Jährige lebt in äußerst bescheidenen Wohnverhältnissen. Ihr bleiben nach Abzug der Miete und ihres Anteils am Essen auf Rädern monatlich 320 Euro. Von diesen 320 Euro muss die alte Frau auch ihre Kleidung und weitere Ausgaben bezahlen, sowie ihre Stromrechnung begleichen, berichtete das Lörracher Landratsamt in einem Pressegespräch. Auch die Kosten für Gesundheitspflege und Fahrtkosten müssen bezahlt werden. Sie ist daher froh, dass die zusätzlichen Leistungen des Rententrägers für ihre Kindererziehung nicht angerechnet werden. Für jedes von ihr geborene Kind erhält sie 26,57 Euro im Monat, die ihr vom Sozialamt anrechnungsfrei belassen werden. Helene T. ist zufrieden und auch ein wenig stolz, dass sie immer noch in ihren eigenen vier Wänden lebt und nicht in einem Heim. Das klappt deshalb, weil sich ein Sohn — der wirtschaftlich auch nicht auf Rosen gebettet ist — regelmäßig um sie kümmert. Einen finanziellen Beitrag kann er nicht leisten.

Im Lörracher Landratsamt, das für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständig ist, ist Helene T. kein Einzelfall. Von den derzeit 1253 Menschen, die Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsunfähigkeit beziehen, sind mehr als die Hälfte 65 Jahre und älter. Das Absenken des Rentenniveaus und die Zuzahlungen für Gesundheitsleistungen haben zu einem deutlich niedrigeren Leistungsniveau, beziehungsweise zu hohen Aufwendungen der älteren Menschen geführt. Es ist davon auszugehen, dass sich die Einkommenssituation älterer Menschen in Zukunft noch deutlich verschlechtern wird. Gleichzeitig nimmt die bereits heute bestehende Ungleichheit in der Einkommenssituation zu. Alleinstehende, hochbetagte Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund sind im Alter deutlich stärker von Armut betroffen. Auch findet Armut im Alter häufig verdeckt statt. Aspekte wie der Gesundheitszustand, Pflegebedürftigkeit, soziale Integration, die Verfügbarkeit sozialer Netzwerke und die Wohnsituation können die ökonomische Lage verschärfen. Gerade die gesundheitliche Situation der Älteren birgt ein weiteres Armutsrisiko, da Zuzahlungen, Praxisgebühren, die Kosten für Hilfsmittel und nicht-verschreibungspflichtige Medikamente oft zu hohen finanziellen Belastungen führen. Vor allem Pflegebedürftigkeit erhöht das Armutsrisiko deutlich. In einer besonders schwierigen Situation sind außerdem psychisch Kranke, chronisch Kranke, Menschen mit Behinderungen und Mitglieder sozialer Randgruppen, deren bisherige Lebenssituation eine finanzielle Altersvorsorge nicht zuließ. Landrat Walter Schneider fordert, dass von Seiten der Politik und der Gesundheits- und Sozialdienste reagiert werden muss. Um Altersarmut zu verhindern, müssten die sozialen Sicherungssysteme qualitativ und quantitativ gestärkt werden. Risiken wie Arbeitslosigkeit, Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit müssen unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung nachhaltig abgesichert werden, um Armut im Alter zu vermeiden. Bislang hat der Landkreis noch zweistellige Zuwachsraten bei den Fällen in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu verzeichnen. Ein Blick auf die vergangenen Jahre macht deutlich, wie dramatisch die Kostenentwicklung in diesem Bereich war: Im Jahr 2005 lagen die Ausgaben bei 7,4 Millionen Euro, im Jahr 2006 bereits bei 8,2 Millionen Euro und 2007 waren 9,5 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt, die jedoch voraussichtlich nicht ausreichen werden. Für das Jahr 2008 hat der Landkreis nun 12,5 Millionen Euro in den Kreishaushalt eingestellt.
3.1.2007, www.badische-zeitung.de

Grundsicherung im Alter
65-Jährige und Ältere haben einen Anspruch auf Grundsicherung nach dem 12. Sozialgesetzbuch sofern sie ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen können. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners, die dessen notwendigen Lebensunterhalt übersteigen, sind zu berücksichtigen. Unterhaltsansprüche gegenüber den Kindern und Eltern des Anspruchsberechtigten bleiben weitgehend unberücksichtigt. Leistungen der Grundsicherung im Alter gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt vor. Der Bruttobedarf bei der Grundsicherung setzt sich zusammen aus dem für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz für den Haushaltsvorstand beziehungsweise Alleinstehenden von 347 Euro sowie für den volljährigen Haushaltsangehörigen in Höhe von 278 Euro. Berücksichtigt werden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie Mehrbedarf für behinderte Personen und für kostenaufwändige Ernährung. Weitere Informationen und Anträge Grundsicherung im Alter sind erhältlich bei allen Bürgermeisterämtern sowie dem Landratsamt Lörrach, Sachgebiet Sozialhilfe, Pflege und Grundsicherung, Palmstraße 3, Telefon: 07621/4100.

 

Lebenshilfe in Aussenstelle Wembach - Ferienprogramm für Kinder

Ein fünftägiges Spiel- und Spaßprogramm hatten Lisa, Maxi und fünf weitere behinderte Kinder beim Kinderferienprogramm der Offenen Hilfen der Lebenshilfe Lörrach in den Herbstferien in Wembach. Vom Ausgangs-, Ruhe-, Bastel- und Gemeinschaftsraum im Bürgersaal lag der Spielplatz als beliebtes Nahziel stets in Blickweite.

Fünf Begleitpersonen standen den sieben bis 13-jährigen Kindern aus dem Landkreis Lörrach beim Basteln, Spielen, Kochen, Backen und bei Ausflügen zur Seite. "Eine 1: 1 Betreuung ist zum Teil schon fast nötig" , sagt Diplom-Sozialpädagogin Eva Kerrom. Die großen Altersunterschiede spielten keine Rolle. "Die Gruppe hat sehr schnell zusammengefunden" , freute sich Eva Kerrom. Praktikant Marco und freiwillige Helfer gingen den Kindern auch beim Essen zur Hand oder halfen, wenn sie unsicher waren beim Gehen. "Heute raus?" , wollte Lisa am letzten Tag wissen. Auf den Belchen ging es kurz darauf mit der Gondelbahn. Das Programm hat dieses Mal Simone Brahm mit organisiert. Die Lörracherin hat im September ein berufsvorbereitendes soziales Jahr (BSJ) begonnen. Was gemacht und gekocht wird, werde von Tag zu Tag entschieden, erklärte sie. Auch ein Ausflug zum Glasbläserhof und ein Besuch des Todtnauer Wasserfalls mit einem "Rolli" -Fahrer über den seit kurzem barrierefreien Zugangsweg standen auf dem Programm. "Man macht fast durchweg positive Erfahrungen" , sagte Honorarkraft Sigrid Schardin. Mit Erwachsenen mit Behinderungen geht sie regelmäßig Schwimmen, doch bei Kindern werde man mehr gefordert, erklärte sie. Die volle Aufmerksamkeit von Lisa und Maxi forderte anschließend erst einmal die Teigschüssel mit dem Waffelteig. Beide Kinder ließen es sich nicht nehmen, Eva Kerrom beim Teigrühren unter die Arme zu greifen.
Ferienprogramme für Kinder mit Behinderungen bietet die Lebenshilfe Lörrach seit 2006 regelmäßig im Wembach an. Im Oktober 2005 hat sie die Außenstelle im Oberen Wiesental eröffnet. Im Jahr 2008 plant die Lebenshilfe in den Pfingstferien und Herbstferien ein Ferienprogramm für die Kinder in der Wembacher Außenstelle. In Lörrach wird in den Fastnachtsferien und Sommerferien ein Programm für Kinder mit Behinderungen auf die Beine gestellt.
Karin Maier, 22.11.2007, www.badische-zeitung.de

Eine Angehörigengruppe behinderter Kinder trifft sich am ersten Freitag im Monat von 10 bis 11.30 Uhr (Ausnahme: Schulferien) in Wembach - Kontakt: Monika Oettlin-Leisinger, 07621 4011-41, E-Mail: offenehilfen@lebenshilfe-loerrach.

 

 

Udo Bornkessel ehrenamtlicher Naturschutzwart im Oberen Wiesental

Sein ehrenamtlicher Arbeitsplatz ist das Obere Wiesental, sein Anliegen ist es die Natur zu schützen und Wissen über die regionale Flora und Fauna zu vermitteln: Vor einem Jahr wurde Udo Bornkessel aus Hausen zum Naturschutzwart für das Obere Wiesental bestellt. Und hat seither noch keinen Tag die Entscheidung für sein Engagement im Grünen bereut.

"Jeden Tag gehe ich raus in die Natur" , sagt der 66-jährige Wahl-Hausener über seinen unbezahlten Traumjob, den er gleich nach der Pensionierung übernommen hat. Eine Naturschutzwart-Ausbildung hat Udo Bornkessel vom Schwarzwald-Ranger im Haus der Natur auf dem Feldberg erhalten. Und wer Udo Bornkessel heute sucht, wird ihn mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwo bei einer Exkursion im Belchengebiet entdecken. Die Liebe zu allem, was da kreucht, wächst und fleucht hat der gebürtige Thüringer und gelernte Siebdrucker mit der Muttermilch in einem anthroposophischen Elternhaus aufgesogen. Später, bei der Bundeswehr, konnte Bornkessel die früh erworbenen Kenntnisse gut gebrauchen: Er hatte sich für einige Jahre verpflichtet, war bei einer Spezialeinheit und hätte sich im Ernstfall hinter der Front im Feindesland durchschlagen sollen. Die soldatische Vergangenheit merkt man dem Naturschutzwart sofort an: Die gerade Haltung, die klaren Worte, die Bornkessel findet, wenn die Rede auf Naturfrevler jeglicher Art kommt. Im Hebeldorf und darüber hinaus kennt man ihn bereits als jemanden, der die Menschen direkt anspricht, wenn mal ein Obstbaum in voller Blüte gefällt wurde oder im Wald geparkte Gartenabfälle für Ärger sorgen. Und auch den Weg zu den Bürgermeistern scheut Udo Bornkessel nicht, wenn er glaubt, über diese oder jene Naturschutzmaßnahme nicht ausreichend informiert worden zu sein. "Der Mensch braucht die Natur, muss sie aber auch schützen," ist Bornkessels Credo, das er mit Leidenschaft lebt. Dabei sucht er selten die Konfrontation. "Die Bürger wissen doch oft gar nicht, dass sie etwas falsch machen, ich erkläre es ihnen halt." Und am Ende müsse dann möglichst eine für alle Seiten verträgliche Lösung herausspringen. Hat Bornkessel einen Übeltäter auf frischer Tat ertappt — wenn er beispielsweise zentnerweise Pilze aus dem Wald heimbringen will— darf er dessen Personalien feststellen und die Polizei informieren. Unterstellt ist er der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Vermittler zwischen Bürgern und dem Naturschutz sollen die Naturschutzwarte sein. Und sie sollen die Verbindung zu den Förstern halten— etwa beim Thema Borkenkäfer. Eng arbeitet Udo Bornkessel auch mit der Projektleiterin fürs Naturschutzgroßprojekt, Sigrid Meineke, zusammen. Vor allem eine Aufgabe liege ihm, sagt der Hausener: "Am liebsten erkläre ich Schülern, wie das funktioniert mit dem Naturschutz." Und eine Bezahlung gibt Udo Bornekessel schließlich doch noch zu: "Einmal im Jahr spendiert der Landrat einen heißen Fleischkäse."22.10.2007, BZ


 

Wiesion

Über s Flüssli "Wiese" hät de Nikolaus Cybinski emool dichtet:
"Begradigt & vergiftet
fließt sie ihrem Ende entgegen"
Jetze hät e Lörracher Bürgerinitiative erreicht, dass e Teil vo ihre Kanalisirig zruckbaut, de Fluss us siinere Tieflag wider in d Stadt gholt wird. Lengscht hät "Feldbergs liebligi Tochter" ihre Schrecke verlore, wo zue de hoche Dämm un de viile Schwelle gführt gha hät. Wie hät si de Hebel um 1800 no beschribe:
"Mengmol haseliersch, und 's mueß der Alles us Weg goh;
öbbe rennsch e Hüsli nieder, wenns der im Weg stoht.
Wo de gohsch, und wo de stohsch, isch Balgen un Balge."

Wenn d Wiese renaturirt isch, chönnti de Lachs ämend wider Laichplätz finde un s gäbti sicher wider meh großi Forelle, sonigi wie au mir früehner drin gfange hän. En alte Stettemer hät mer verzellt: Mer hän amig in de Wiese badet, am Wuhr, un däno, bevor mer heim sin, e Forelle gfange. Jetz wo ane dämit? Mer hän jo nit emool e Handtuech däbii gha im Hochsummer. Un verwütsche häsch di nit dörfe lo, vom Bammert, wo nit nummen uf d Tülliger Rebe ufpasst hät, oder vom e Ortspolizischt. Mer hän si halt in de Badhose heimtrage un no chönne agää dämit, vor allem vor de Maidli. Au e Vision. Lumpeseckel hät mer zue so me Angeber glaub frieher gsait.
Markus Manfred Jung, 28.7.2007, Lueginsland

 

Consolar aus Lörrach - 2006 mit dem stärksten Jobzuwachs

Wenn alles nach Plan läuft, wird das nicht die letzte Jobmotor-Auszeichnung für Consolar sein. Das Unternehmen hat 2006 in Lörrach die Zahl der Mitarbeiter von sieben auf 17 gesteigert, plant bis ins Jahr 2011 seinen Umsatz zu verzehnfachen und die Zahl der Stellen auf 200 zu erhöhen. Consolar hat Erfahrung in Sachen Wachstum. Von Anfang an hatte man zwei Standorte. Die Mitbegründer Ulrich Leibfried und Rolf Konrad leiten den Betrieb in Lörrach. Hier wird entwickelt, produziert, gelagert und versandt. Von Frankfurt aus wird der Vertrieb, das Marketing und der Bereich Finanzen gesteuert.

Gegründet wurde das Unternehmen vor 13 Jahren. Hilfreich für den Anbieter von Solarwärmeanlagen war sicher, dass die Kombianlage Solus II von der Stiftung Warentest als System mit der besten Anlageeffizienz ausgezeichnet wurde. Außerdem rechne sie sich auch finanziell am schnellsten. Internationale Gütesiegel für den Röhrenkollektor Tubo folgten. Die Nachfrage nach dem weiterentwickelten Röhrenkollektor machte den Einsatz zusätzlichen Personals notwendig. Und die hatte die Auszeichnung als Jobmotor zur Folge. Dieses Jahr werden wohl erneut 20 Stellen geschaffen, sagt Leibfried, weil der Umsatz von fünf Millionen Euro voraussichtlich verdoppelt werde. Die Zuversicht der Consolar-Leitung gründet auch auf Solaera. Dieses System, das derzeit noch getestet wird und 2008 auf den Markt kommen soll, wird die Energieeinsparung nach Consolar-Angaben verdoppeln. Während nach dem aktuellen Stand der Technik etwa 20 bis 40 Prozent der Hauswärmeversorgung über die Sonne abgedeckt werden, lassen sich durch diese neue Systemtechnik 85 Prozent der Energie sparen. Leibfried hofft, dass die Entwicklung des Unternehmens nicht zu einem Umzug des Betriebs führen muss, denn am Standort in der Lörracher Gewerbestraße wird es voraussichtlich eng werden.

Consolar geht nicht nur mit innovativen Produkten neue Wege, sondern auch bei der Firmenleitung. So sorgt eine ausgeprägte Mitbestimmung, die etwa zu einem gemeinsam beschlossenen Gehaltsmodell und Gewinnbeteiligung geführt hat, für hohe Motivation. Grundlage allen Handelns sei eine ökologisch nachhaltige Wirtschaftlichkeit und der Anspruch, einen aktiven Beitrag zu einer umweltfreundlichen Energiegewinnung zu leisten. Für das Engagement im ethischen Bereich wurde Consolar 2005 die Auszeichnung "Ethics in Business" verliehen.
Klaus Rütschlin, 19.3.2007, www.badische-zeitung.de

 

Weideinspektion: Gegen Zuwachsen der Landschaft

Für Weideinspektor Walter Martin gibt es wohl doch einen Nachfolger / Erhaltung des typischen Landschaftsbildes als Aufgabe

Im Mai tritt Walter Martin, Leiter der Weideinspektion im Landratsamt, seinen Ruhestand an. Er hat seinen letzten Arbeitstag schon hinter sich, um noch seinen Resturlaub zu nehmen. 28 Jahre lang war der 63-jährige Agraringenieur in Sachen Weidewirtschaft unterwegs. Wie Walter Holderried, stellvertretender Landrat und Leiter des Dezernats Ländlicher Raum beim Landratsamt, auf BZ-Anfrage bestätigte, solle Martins Stelle wiederbesetzt werden, da sie als Teil der übergebietlichen Beratung auch den Landkreisen Waldshut und Breisgau-Hochschwarzwald zugute käme. Zuerst müsse das Anforderungsprofil fest gelegt werden, danach erfolge möglichst bald die Ausschreibung, so Holderried, der von Martins "riesigem angesammelten Erfahrungsschatz" spricht. Martin drückt es so aus: "Mein Nachfolger hat einen dicken Packen Arbeit vor sich" 
Das Gebiet der Weideinspektion erstreckt sich über 40 Gemeinden in den Höhenlagen der Landkreise Lörrach, Waldshut und Breisgau-Hochschwarzwald. Der Chef der Weideinspektion brachte während seiner Amtszeit etliche Projekte voran: Die Gründung des Weide- und Landschaftspflegezweckverbands Südschwarzwald (WLPV) und von Landschaftspflege- und Weideverbänden, den Bau gemeinschaftlich genutzter Weideschuppen und Maschinenhallen und die Wiedereinführung der Ziegenhaltung zur Landschaftspflege. Heute werden in seinem Gebiet 3000 Ziegen gehalten, freut sich Martin: "Ohne die Fressarbeit der Ziegen wäre die Offenhaltung der Weiden und Wiesen nicht gelungen" . Sorgen bereitet ihm jedoch der sich abzeichnende schleichende Rückgang der Artenvielfalt auf den ökologisch wertvollen Weideflächen des Südschwarzwalds. "Wir haben hier Flächen mit bis zu 40 Arten, die auf der Roten Liste stehen" . In diesem Zusammenhang ist Martin auf den "großen Gleichmacher" Europäische Union nicht gut zu sprechen. "In den letzten Jahren wurde es immer schwieriger, Programme und Richtlinien auf die Erfordernisse des Südschwarzwalds auszurichten" . Die Folgen sieht Martin in einer künftigen intensiveren Nutzung von rund zwei Dritteln der offenen Flächen, wodurch satte grüne Wiesen mit wenig Artenreichtum entstünden. Auf das letzte, schwer zu bewirtschaftende Drittel sieht er Verdornung und Verwaldung zukommen. Auf Dauer könnte sich so die hiesige Höhenlandschaft in eine Mischung aus sattgrünem Allgäu und tief bewaldetem Nordschwarzwald verwandeln. Martin: "Wenn’s der Laie sieht, ist’s zu spät. Wir sollten’s uns leisten können, ein so wertvolles Gebiet weiter extensiv zu bewirtschaften" .

Hilfe bei der extensiven Bewirtschaftung leistete der Pflegeverband, der zu Spitzenzeiten 400 Hektar schwierige Flächen pro Jahr betreute und über einen 12 Zivis und vier ABM-Kräfte starken Pflegetrupp verfügte. Durch Wegfall der Doppelförderung waren es 2006 noch vier Zivis, drei ABMler und 65 Hektar betreute Fläche, derzeit kämpft der WLPV ums Überleben.

Auch von den landwirtschaftlichen Betrieben haben während Martins Amtszeit längst nicht alle überlebt. Der Rückgang in der Höhenlandwirtschaft verlaufe "schleichend, aber stetig" . Bislang, so Martin, konnten die unbewaldeten Flächen durch Vergrößerung bestehender Betriebe, die Bewirtschaftung durch Wanderschäfer und auswärtiges "Gastvieh" gehalten werden. An sich wurde die Weideinspektion um 1930 von der Badischen Landesregierung eigens zu dem Zweck gegründet, die Produktivität des Weidelandes zu steigern, auch durch höheren Düngereinsatz. Dies scheiterte an den Wirren des Zweiten Weltkriegs und dem Mangel in der Nachkriegszeit. In den 70ern dann wurde der hohe ökologische und touristische Wert der bunt blühenden Weiden erkannt und die Aufgabe der Weideinspektion wandelte sich: "Der Wert war da, jetzt ging’s darum, diesen Wert stabil zu halten". An seiner Arbeit schätzte er vor allem, "dass man was bewegen und ein Arbeitsergebnis feststellen konnte" . Nun freut er sich, mehr Zeit am Wasser und beim Camping verbringen zu können, möchte jedoch weiterhin aktiv bleiben: "Nur in der Wohnung im Kreis herum laufen, das will ich nicht" .
Silke Hartenstein , 16.3.2007, www.badische-zeitung.de

 

Boom im Wiesenvalley 

Von ihrem Arbeitsplatz sind es für Diana Stöcker-Unnerstall nur einige Schritte bis zu jenem Punkt, an dem die Wiese Deutschland verlässt. Ganz unauffällig verabschiedet sich das Flüsschen, kein Grenzer steht hier Wache, kein Schlagbaum zeigt die Trennlinie. Der Fluss und die Grenze, beide haben seit Jahrhunderten die Lebensumstände in der Region zwischen Basel und dem Feldberg bestimmt. Der Fluss brachte Wasser und Energie, von jenseits der Grenze kam das Geld, beides zusammen war die Basis für gesundes Wirtschaften. Erst wurden Mühlen gebaut, später Spinnereien und Webereien. "Feldbergs Tochter, wo de bisch, isch Nahrig und Lebe!" dichtete Johann Peter Hebel. Diana Stöcker-Unnerstalls Büro befindet sich dort, wo eine der Keimzellen der Textilindustrie im Wiesental war — und wo die Zukunft weiter wachsen soll. Ein guter Ausgangspunkt also für einen Streifzug durch ein Tal, das wegen seiner vielen Hersteller von Vakuumpumpen auch einmal den Spitznamen "Pumpen-Valley" bekam. Hier wurde vor mehr als 250 Jahren die Firma Koechlin Baumgartner und Compagnie (KBC) gegründet, die trotz massiver Schrumpfkur bis heute zu den führenden Stoffdruckern der Welt zählt. In dem 100 Jahre später errichteten Handdruckgebäude, das im Zuge der KBC-Sanierung verkauft wurde, sitzt heute das Innovations-Center Lörrach (Innocel). 29 Unternehmen hat Stöcker-Unnerstall ins Innocel geholt, alle aus den Branchen Lifescience oder Internet-Technologie. Auf der anderen Straßenseite hat ein junges Pharma-Unternehmen vor wenigen Jahren neu gebaut, auch das steht für den Neubeginn auf alter Brache. Von Diana Stöcker-Unnerstalls Schreibtisch aus streift der Blick über Bruchsteinmauern und Computerbildschirm, hangelt sich entlang neuer Stahlträger, alter Holzdielen und gläserner Trennwände zwischen den Büros. An kaum einem Ort des Wiesentals liegen Vergangenheit und Zukunft so dicht beieinander wie in diesem denkmalgeschützten Gebäude, in dem heute an der Entwicklung von Herzkathetern und Stents gearbeitet wird, wo klinische Studien und energiesparende Systeme in der Medizintechnik entwickelt werden. Der Abschwung hatte hier seinen Ort — und der Aufschwung hat ihn hier.

20 000 Arbeitsplätze verlor das Wiesental in den vergangenen 20 Jahren durch den Niedergang der Textilindustrie, "heute sind wir eine Vorzeigeregion", frohlockt Immo Leisinger, Vize-Hauptgeschäftsführer der IHK. Mit 56 Prozent hat der Landkreis Lörrach die höchste Exportquote in Baden-Württemberg, dem Bundesland mit dem höchsten Exportanteil in der ganzen Bundesrepublik, und die ist Exportweltmeister. Der Landkreis Lörrach ist ein Zuzugsgebiet, von 191 000 Einwohnern im Jahr 1985 auf 225 000 gewachsen, allein die Stadt Lörrach hat seither fast 6000 Einwohner zugelegt und steuert auf die 50 000 zu. Die Landkreisbevölkerung wächst schneller als im Baden-Württemberg-Schnitt, sie ist auch jünger: 16,3 Prozent sind unter 15 Jahre alt, im Durchschnitt Baden-Württembergs sind es 15,8, bundesweit 14,1 Prozent. Das hat viele Ursachen. Eine davon: Trotz des Aderlasses der Textilbranche gibt es hier etwas, das in vielen Regionen fehlt: qualifizierte Arbeit. Ein Teil der Jobs findet sich jenseits der Grenze, in der Pharmaindustrie in Basel, doch auch am deutschen Hochrheinufer gibt es sie, in Weil am Rhein und vor allem im vorderen Wiesental.

Das Tal macht sehr schön anschaulich, was sich hinter der Floskel vom Strukturwandel verbirgt. Die Textilindustrie hat fast 200 Jahre das Wirtschaftsleben hier geprägt.
Entlang der Wiese entstanden im 18. und 19. Jahrhundert Spinnereien und Webereien, hier wurden Stoffe bedruckt und gefärbt — viele der Gründer kamen aus der Schweiz, die chemische Industrie aus Basel lieferte die Zutaten. In Blütezeiten hatte KBC 1600 Mitarbeiter, allein im Städtchen Zell arbeiteten 3000 in der Textilbranche. Irisette, Fessmann & Hecker, die Spinnerei Atzenbach — klangvolle Namen. Das galt auch für Medima, den Hersteller von Angorawäsche aus Maulburg. Doch die Unternehmen wurden die ersten Opfer der beginnenden Globalisierung, sie waren der Billigkonkurrenz aus dem Balkan und Fernost nicht gewachsen. Viele verschwanden, wer blieb, musste schrumpfen und sich spezialisieren. KBC hat heute noch rund 550 Mitarbeiter, in Lörrach sind heute noch knapp 1000 Menschen im Textilbereich tätig. Geblieben ist die Fertigung von Spezialtextilien, für Autoreifen (Todtnau), Filter oder Billardtische (Lörrach). Und statt Kuschelunterwäsche wird in Maulburg extra dünner, leichter und dennoch reißfester Stoff für Airbags produziert. In den 80er-Jahren galt die Region als Krisengebiet, zumal auch das Land zum Rückzug blies: 1984 schloss die Pädagogische Hochschule in Lörrach, wichtigste Bildungseinrichtung auf deutscher Seite der Region. Als Ersatz bekam Lörrach eine Berufsakademie, die heute 1300 Studenten zählt. 2008 sollen es noch einmal 300 mehr sein.

Wer von jenem Punkt, wo die Wiese die Grenze passiert, vorbei an der Burgruine Rötteln, der Markgrafenstadt Schopfheim und der Michaelskapelle das enger werdende Tal hinauffährt nach Todtnau oder Richtung Wiedener Eck abzweigt, erkennt, dass die Grenzen der Orte und Städte verschwinden. Wo vor Jahren Weiden und Äcker waren, sind heute Gewerbegebiete, die Gemeinden wuchern einander entgegen. Dabei erstaunt die Zahl der Firmen, die zu den Global Playern gehören: Ganz vorne Endress + Hauser in Maulburg, das unter den Weltmarktführern der Mess- und Regeltechnik ist und mit 3400 aktiven Patenten zu den innovativsten Unternehmen gehört. Aber auch zwei große Hersteller von Vakuumpumpen (Busch, Rietschle/Denver Gardner) fertigen hier und wichtige Autozulieferer wie Mahle, Autokabel und Hella. Aus Schopfheim gehen große Rührwerke in alle Welt (Ekato), aus Steinen Wirbelschichtanlagen (Hüttlin), wer Bürsten produzieren will, ob für Zähne oder Schuhe, wird ein Angebot von Zahoransky in Todtnau einholen. Die Bürstenindustrie war ein wichtiger Wirtschaftszweig im oberen Wiesental, auch sie ist weitgehend verschwunden.

Wer es noch genauer wissen will, dem erzählt Wolfgang Schneider gern aus New York. Dort hat der Geschäftsführer der Firma H2O eine Fachmesse für Umwelttechnik besucht und festgestellt, dass die stärkste Fraktion aus dem Wiesental kam. Hidden Champions nennt man diese Unternehmen, versteckte Sieger - kleine, aber feine Adressen, die nur Insidern bekannt sind. Firmen, die Nischen besetzen und dort in der Weltelite mitspielen. So wie der Lörracher Laborgerätehersteller Bürkle oder VST in Schopfheim, die Spezialbeschichtungen für Presswerke der Autoindustrie entwickelt hat. Oder eben H2O, die in Steinen unmittelbar am Wiesenufer gebaut haben.

Flüsse verbinden, Berge trennen — im Wiesental bedeutet dieser alte Lehrsatz der Ethnologen: Das Leben hier ist schon immer ausgerichtet auf das Zentrum Basel, auch, weil vom Rest des Landes wenig zu erwarten ist. Das Wiesental hatte immer einen hohen Anteil an Heimarbeitsplätzen. In solchen Regionen — dazu zählt der Freiburger Wirtschaftsgeograf Bernhard Mohr vor allem auch den Hochschwarzwald mit seiner Uhrenindustrie — findet sich ein idealer Nährboden für Tüftler, die nach kleinen praktischen Lösungen suchen, um die Produktion zu verbessern. Das weckt Erfindergeist und schult Unternehmermentalität. An diese Tradition knüpft das Innocel an: Zwei ehemalige Ingenieure eines Herstellers von Herzschrittmachern, der seinen Betrieb in Lörrach aufgegeben hat, haben sich selbstständig gemacht und im Innocel ihre erste Firmenadresse gefunden. Ebenfalls unter diesem Dach arbeiten zwei Professoren der Berufsakademie in ihren Jungunternehmen. Das ist den Lehrern ausdrücklich gestattet, ja es ist erwünscht und mit der Steinbeiss-Stiftung gibt es dafür eine Rechtsform. Das gewährleistet eine enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis, Lehre und Alltag.

Wie überhaupt die Berufsakademie sich als Glücksfall erweist. Karl-Heinz Dröge, ihr Vizedirektor, lebt seit Monaten mit der Baustelle hinterm Haus. Dort wächst ein Neubau, der den gestiegenen Bedarf decken soll. 2006 hatten die Berufsakademien im Land wieder bis zu vier Prozent mehr Studenten — deren Zahl ansonsten leicht zurückgeht. Und in diesem Jahr kommt ein Studiengang "Healthcare-Management" neu hinzu. Daraus schließt Dröge auf eine Fortsetzung des Aufschwungs. "Ein solcher Studiengang kostet ein Unternehmen 30 000 bis 50 000 Euro in drei Jahren. Ein Unternehmer investiert das nur, wenn er erwartet, dass das Geschäft dann noch läuft. Wer einen BA-Studenten einstellt, macht das mit der Perspektive von vier bis fünf Jahren." Für die Region fast noch wichtiger: Studenten hält es gern in der Nähe des Studienortes. Dröge weiß aus Erfahrung, dass zwischen fünf und acht Prozent der Lörracher Studierenden sich später selbstständig machen. Das sind in all den Jahren fast 4000. "Die meisten guten Firmengründungen geschehen durch Abspaltung. Im Idealfall beginnt jemand als Zulieferer für seine alte Firma" , sagt Immo Leisinger.

Wer eine diese jungen Firmen sehen will, radelt am besten an der Wiese entlang von Lörrach nach Steinen, vorbei an einem der letzten noch betriebenen kleinen Wasserkraftwerke, vor dem sich der Fluss zu einer kleinen Aue staut. Wolfgang Schneider steht im Empfangsraum der Firma
H2O im Industriegebiet von Steinen und schaut zufrieden in die Vitrine. Spielzeugautos der Marken Daimler, Audi, BMW stehen hier, ein John-Deere-Traktor, ein Rotring-Kugelschreiber und eine Canon Digitalkamera, Werkstücke von Bosch, Buderus, Miele und Kolbenschmidt. Das sind die anschaulichen Visitenkarten der langen Kundenliste des erst vor acht Jahren gegründeten Unternehmens. 50 Beschäftigte hat H2O unterdessen — und Platz für weiteres Wachstum. Mit zwei Kollegen hat Schneider das Unternehmen 1999 als Management-Buy-Out gegründet. Der alte Arbeitgeber Mannesmann Demag Wittig in Schopfheim war Ihnen nicht mehr beweglich genug. Schneider hatte in Schopfheim eine Anlage entwickelt, die per Vakuum stark verschmutzte Industrieabwässer reinigt und dabei 90 Prozent Energie spart. "Wir hatten ein innovatives Produkt, wir hatten eine Produktstrategie und wir hatten eine Marketingstrategie. Aber in einem großen Unternehmen fehlt dann die Dynamik, so etwas zum Erfolg zu führen" , sagt Schneider. Bereits 2001, zwei Jahre nach der Firmengründung, wurde er mit dem Innovationspreis des Landes ausgezeichnet. Inzwischen gehört H2O auf dem Weltmarkt zu den Top drei, 60 Prozent des Umsatzes werden im Ausland erzielt. "Dass das so schnell geht, hätten wir selbst nicht gedacht" , sagt Schneider. Angesichts wachsender Umweltprobleme und der Wasserknappheit in vielen Regionen der Welt sieht er noch großes Wachstumspotenzial. Schneider muss auch weiter kreativ sein, denn nur wenige Kilometer talaufwärts in Hausen sitzt einer der größten Konkurrenten, auch die dortigen Entwickler sind ehemalige Mannesmann-Ingenieure, so wie einst die beiden Firmengründer Busch und Rietschle als Kollegen in Schopfheim begonnen haben. Diese Form des Wachstums aus sich selbst heraus sei eine der Stärken der Region, sagt IHK-Mann Leisinger. Für die Region seien gerade diese Unternehmen wichtig, weil sie hier verwurzelt seien.

Aber warum hier, im abgelegenen Wiesental? Weil die Rahmenbedingungen gut seien, glaubt Schneider. "Und weil wir zwar am Rande Deutschlands, aber im Herzen Europas liegen." Die Textil- und später die Chemieindustrie habe in ihrem Umfeld eben auch Maschinenbauer gebraucht. Pumpenhersteller, Hersteller von Rührwerken, Messtechniker, die gesamte Bandbreite der Fachbereiche Pneumatik, Mechanik, Elektrotechnik, Verfahrenstechnik. Und vielleicht weil man so abgelegen liegt, hat man sich regionaler Zulieferer bedient und diese damit gefördert. "Es gibt hier ein ausgeprägtes Denken in Netzwerken. Der kurze Weg über die Straße ist hier noch selbstverständlich" , sagt Leisinger. Auch Bernhard Mohr sieht in diesen "typischen regionalen Netzwerken und Kompetenzzentren" einen großen Vorteil der Region. Dazu kommt, dass die "Industrie am Oberrhein überdurchschnittlich in den Weltmarkt eingebunden und damit globalisierungserfahren" ist. So hat sich der einstige Nachteil, die nationale Randlage, zu einem Vorzug entwickelt. "Den Unternehmern kommt dabei die Grenzlage zugute. Denn sie sind es gewöhnt, sich auch außerhalb des eigenen Landes zu bewegen und zu behaupten." Leisinger und Mohr haben noch eine Erklärung für die erfolgreiche Modernisierung: Die Unternehmen haben eine ideale Größe. Klein genug, um flexibel zu reagieren. Klein genug auch, weil die Topografie des Tales für Großindustrie keinen Raum hat. Groß genug andererseits, um kleine Krisen zu überstehen oder neue Märkte zu erobern.

Dennoch: An der Abgeschiedenheit des Tales und den damit verbundenen Nachteilen hat sich nichts geändert. "Als ich die Erweiterung des Unternehmens geplant habe, hatte ich zunächst die klare Vorstellung, dies hier auf dem Grundstück zu machen" , sagt Theodor Wanner, Gründer und Inhaber der Firma Sensopart in Wieden. "Aber ich musste auch daran denken: Bekomme ich hier überhaupt die Leute, die ich brauche?" Wer den im Stil eines Schwarzwaldhofes gebaute Firmensitz sieht, zumal im Winter, wer den Weg etwa von Freiburg über das Wiedener Eck kennt, der ahnt, vor welchem Problem Wanner stand. Am Ende baute er in Gottenheim.

Wanner war 2002 Träger des Innovationspreises und damit Nachfolger von Wolfgang Schneider — auch das ein Beleg dafür, dass hier einige kreative Köpfe versammelt sind. Wanner hat früher für Sick in Waldkirch optische Sensoren entwickelt und dann den Sprung in die Selbständigkeit gewagt. Inzwischen beschäftigt sein Unternehmen 110 Mitarbeiter und wächst weiter. Vor sich auf dem Schreibtisch hat er einen Würfel mit rund fünf Zentimetern Kantenlänge liegen, in dem unscheinbaren blauen Teil stecken eine Laserkanone, eine Digitalkamera und ein kleiner Rechner mit der Kapazität eines durchschnittlichen Laptops. Hightech aus dem abgelegenen Schwarzwaldtal. Das Ding kann Sicherheitscodes lesen. Eines Tages soll es auch echte Schriftzüge erkennen — dann müssen zum Beispiel Waren im Kaufhaus nicht mehr mit Barcodes ausgezeichnet sein, die zwar die Kasse, nicht aber der Kunde lesen kann. Denkbar ist auch, dass Blinde von einem solchen Lesegerät im Kaufhaus die Regale absuchen lassen nach den Produkten, die sie auf ihrem Einkaufszettel stehen haben. Wanner weiß: "Jedes Jahr muss mindestens ein neues Produkt kommen." Es muss kleiner sein oder besser oder billiger — oder alles zusammen, um sich auf dem Weltmarkt durchzusetzen. Die Abgeschiedenheit von Wieden scheint ideal, um solche Entwicklungen voranzutreiben.

Aber wie bringt man junge Ingenieure ins Wiesental, selbst wenn die landschaftlichen Reize nicht zu übersehen sind? "Wir haben es schwer, Ingenieure hierher zu holen" , sagt Wanner. Bisweilen nimmt er sich selbst das Wochenende Zeit, um einem Bewerber die Vorzüge der Region zu zeigen. Er geht selbst an die Schulen, hat mit anderen Unternehmen den "Initiativkreis Oberes Wiesental" gegründet. Im Aufschwung der ganzen Region sieht er einen großen Vorteil: Wenn es hier mehr als den einen Arbeitgeber gibt, steigert das die Chance, jemanden in die Region zu holen. Zumal immer häufiger der Partner oder die Partnerin mit entscheidet; es also auf die Attraktivität einer Region in mehrfacher Hinsicht ankommt. Daher will Leisinger noch einen Trumpf ins Spiel bringen: Basel. Seit dem Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU ist die Grenze noch offener geworden. Auch in Basel sind gute Leute dringend gesucht: Ende 2006 hat die Kantonalbank Baselland ermittelt, dass 42 Prozent der Firmen Fachkräfte suchen, Ende 2005 waren es nur 27 Prozent.

Badische Zeitung Freiburg
Franz Schmider, 10.3.2007, www.badische-zeitung.de


 

 

Initiativkreis Oberes Wiesental (IOW) - Sponsoring

Alle zwei Jahre wechselt der Vorstand im Initiativkreis Oberes Wiesental, im Rotationsverfahren müssen alle Firmen einmal "ran" . Bei der jüngsten Mitgliederversammlung im Rathaus Todtnau war es wieder so weit: Die bisherigen Vorstände wurden ohne Gegenstimme entlastet und die neuen Amtsinhaber gewählt.

Erster Vorsitzender ist jetzt Eduard Schill, Geschäftsführer der Hella Innenleuchten-Systeme, zweiter Vorsitzender ist Karl Lais von Karl Lais Holzbau. Karl Lais war bisher Kassenprüfer und gibt sein Amt an Stefan Ganzmann (Frank Bürsten) ab. Schatzmeister ist Steffen Wintergerst von Heinzmann, der die Buchhaltung des IOW bereits seit einem Jahr erledigt. Michaela Renz übernimmt als Koordinatorin des IOW weiterhin die Schriftführung. Vor den Wahlen gaben die beiden bisherigen Vorstände Fritz W. Rueb und Thomas Faller ihren Rechenschaftsbericht ab. Mit den vier Arbeitsgruppen des Initiativkreises sind zahlreiche Projekte vorangetrieben und umgesetzt worden. Hervorzuheben ist in erster Linie die Zusammenarbeit mit den Schulen, aus welcher etwa der jährliche Berufsorientierungstag hervorgegangen ist. Auch das Sponsoring des Technikunterrichts am Gymnasium gehört zu den IOW-Projekten. Für die besten Leistungen im naturwissenschaftlich-technischen Bereich, der Wirtschaftslehre, sowie der Informatik stiften die IOW-Mitglieder jährlich für die herausragenden Schülerinnen und Schüler einen Anerkennungspreis. Die über 100 Auszubildenden aller IOW-Mitglieder konnten am Ersten Auszubildendentag im Oberen Wiesental teilnehmen. Dieses Projekt soll jährlich wiederholt werden. Die Schilderaktion hat in der Bevölkerung größeres Aufsehen erregt. Mit der Aufschrift "Oberes Wiesental" auf den Schildern, die an den Zufahrten aufgestellt wurden, sollte die Region für den Besucher verortet und die Zusammengehörigkeit der Wirtschaftsregion dokumentiert werden. Die neuen Projekte des IOW werden an der Mitgliederversammlung im Februar detailliert besprochen.
5.1.2006, Badische Zeitung

 

 

Gleitschirmclub Wiesental in Schönau seit 15 Jahren

Beim Gleitschirmclub Wiesental in Schönau vergeht die Zeit im Flug / 71 freischwebende Mitglieder / Wetterkenntnisse sind das A und O für sicheren Flug

Farbenfrohe Gleitschirme, die majestätisch über Schwarzwaldtälern kreisen: Ein schöner Anblick. Seit 1987 ist die junge Sportart in Deutschland vom Bundesverkehrsministerium genehmigt, seit 1991 gibt es im Landkreis Lörrach den mittlerweile 71 Mitglieder starken Gleitschirmclub Wiesental.

Wer einfach mal wissen möchte, wie sich das Segeln durch die Lüfte anfühlt, kann bei der Gleitschirmflugschule "Skymaster Paragliding" in Schönau einen Tandemflug buchen. Zum großen Flug geht es heute mit Walter Wagner hinauf zum luftig überm Tal gelegenen Ehrsberger Köpfle. Der Leiter der Gleitschirmflugschule wirft prüfende Blicke gen Sommerhimmel. Bei Gewitter, Regen und Sturm ist das Fliegen einfach zu gefährlich, doch der Wettergott meint es heute gut mit dem Sohn der (nicht schwindelfreien) Berichterstatterin. Rasch ist der Zweimann-Gleitschirm auf der Bergwiese ausgebreitet, noch schneller sind Sturzhelm und Fallschirm angelegt, Wagner gibt dem Teenager die Anweisung: "Du musst einfach nur laufen, laufen und ziehen" . Ein herzhaftes "Happy Landing!" zum Abschied, dann laufen beide nach Kräften los, der "Passagier" voran, bis plötzlich kein Boden mehr unter den Füßen ist. Wagner nutzt einen Aufwind, um mehr Flughöhe und -länge zu erreichen, rasch wird das rote Segel kleiner. Später, am Landeplatz im Wühreloch, erübrigt sich die Frage, ob´s Spaß gemacht hat - ein Blick auf das strahlende Gesicht des Mitfliegers sagt genug. "Das sollte jeder mal gemacht haben!" , meint der Teenager begeistert und erzählt aufgeregt, wie man sich im Aufwind kreisend hinauf schraubt: "Man muss sich in die Kurve legen, wie beim Motorradfahren" - wie´s aussieht, hat die Sportart einen weiteren Fan gewonnen.

Pro Jahr gewinnt der 15 Jahre alte Gleitschirmclub Wiesental rund fünf Neumitglieder hinzu, freut sich Vorsitzender Martin Sütterlin. Das Fluggebiet des Clubs mit seinen fünf Startplätzen am Zeller Blauen, Ittenschwander Horn, Ehrsberger Köpfle, Holzener Kreuz und bei Aitern sei recht anspruchsvoll, so Sütterlin. Hier müsse man um Höhenmeter kämpfen, die Landeplätze seien recht weit von den Startplätzen entfernt. Dafür jedoch sind vom Vereins-Gebiet aus Flüge in alle Richtungen möglich, bei Westwetterlage kann einen die Thermik auch mal weit über den Feldberg bis ins 170 Kilometer entfernte Villingen oder in den Bodensee-Raum tragen. Bei guten Winden und labiler Wetterlage (oben ist es kälter als unten) sind fünfstündige Flüge bis zu 3300 Metern Höhe möglich, das Ganze bei maximal 50 Stundenkilometern. Die Greifvögel scheinen sich über die farbenfrohe Gesellschaft zu freuen, erzählt Sütterlin: "Manchmal spielen sie sogar mit dem Piloten" . Als sich der Gleitschirmclub vor 15 Jahren formierte, standen etliche Bewohner der Bergdörfer der exotisch anmutenden Sportart skeptisch gegenüber, erinnert sich Sütterlin. Mittlerweile hat man sich an den Anblick der bunten Flieger gewöhnt, zumal beim Landen allenfalls etwas Gras flach getreten oder schlimmstenfalls ein Weidezaun umgerissen wird. Im letzteren Fall meldet sich das Clubmitglied zwecks Schadensbehebung beim Landwirt, stellt Sütterlin klar, der sich bei den Weidewarten, Jägern und der Gemeinde Fröhnd für gute Zusammenarbeit bedanken möchte. Wenn am Vatertag die Trachtenkapelle Fröhnd ihr Musikfest feiert, präsentiert sich dort auch der Gleitschirmclub mit Flugwettbewerben und die Festgäste erleben den Anblick bunter Himmelssegler zu Blasmusikbegleitung. Auch sonst treffen sich die Gleitschirmpiloten nach ihren Flügen gern in Fröhnd/Kastels Restaurants, die Geselligkeit wird zudem bei Ausflügen gepflegt. Bis zu 40 Piloten sind am Wochenende bei gutem Flugwetter im Clubgebiet unterwegs, jedes Jahr kommt ein befreundeter Club aus dem Stuttgarter Raum zum Flugweekend, insgesamt kämen pro Jahr rund 100 Gastpiloten aus ganz Baden-Württemberg, so Sütterlin. Seit 2005 organisiert der Club an Wochenenden und Feiertagen ab der Gemeindehalle Fröhnd einen gern und viel genutzten Shuttle-Service zu den Flugplätzen. Konflikte mit den Naturschutzbehörden gebe es in ihrem Fluggebiet kaum, meint Sütterlin. Der Delta-Club Todtnau jedoch, der zweite Gleitschirmclub im Landkreis, verfüge aus Naturschutzgründen nur über einen einzigen Startplatz am Hasenhorn. Weitere Clubs in der Nachbarschaft gibt es in Wehr, am Hochblauen und im Münstertal.

Kompletten Beitrag von Silke Hartenstein vom 2.9.2006 auf www.badische-zeitung.de

Blick nach Nordosten über den Gleitschirm-Landeplatz in Richtung Wühre
Blick nach Nordosten über den Gleitschirm-Landeplatz Wühreloch in Richtung Wühre - mehr


 

 

Musikschule Oberes Wiesental - Ausstieg der Stadt Zell?

Die Stadt Zell denkt darüber nach, ihren jährlichen Zuschuss von rund 35 000 Euro an die Musikschule Oberes Wiesental einzustellen. Im Gespräch mit BZ-Redakteur Robert Bergmann erläutert Musikschulleiter Michael Spychalski, welche Konsequenzen sich daraus für die Einrichtung ergeben könnten.

BZ: Seit Veröffentlichung der Zeller Prioritäten(streich)liste, auf der es für die Musikschule nur für einen hinteren Platz reichte, haben Sie eine Sorge mehr?
Spychalski: Das kann man wohl sagen. Wir müssen jetzt damit rechnen, dass der Haushaltsposten der Stadt Zell "Zuschuss für die Musikschule" eingespart wird. Ich muss sagen, ich fand es absolut erschreckend, dass uns die Zeller Gemeinderäte lediglich zwei Stimmen geben mochten.
BZ: Wie wichtig ist eigentlich der Zeller Zuschuss für die Finanzierung der Musikschule? Sehen Sie die Schule in Gefahr?
Spychalski: Der Fortbestand der Schule wäre weniger durch den Ausfall des Zeller Zuschusses, als vielmehr durch die sich ergebenden Konsequenzen für die Lehrkräfte gefährdet. In einer Konferenz, die ich diese Woche gehalten habe, erklärten mir die Zeller Lehrkräfte, dass sich ihre Situation beim Ausstieg von Zell so verschlechtern würde, dass sie sich nach geeigneten Alternativen umsehen müssten. Das heißt, ich verliere mittelfristig wertvolle professionelle Lehrkräfte.
BZ: Erklären Sie uns doch mal, warum die Stadt Zell — vom Geld einmal abgesehen — unbedingt bei der Musikschule bleiben sollte.
Spychalski: Vielleicht ist das Argument in Zeiten knapper Kassen ja schwer zu vermitteln. Aber ich finde, eine Gemeinde hat nicht zuletzt einen Bildungs- und Kulturauftrag. Musikschulen gehören für mich etwa so zu einem Bildungsangebot, das eine Stadt bereithalten muss, wie eine öffentliche Schule. Die Musikschulen sind dringend gefordert, ein Bildungssegment zu bedienen, das von den Grund- und Hauptschulen nicht mehr bedient werden kann. Da sehe ich auch die Stadt Zell in der Pflicht.
BZ: Nun hat die Stadt Zell unbestreitbar große finanzielle Probleme. Sehen Sie denn irgendeine Möglichkeit der Stadt in dieser besonderen Situation entgegenzukommen?
Spychalski: Da müssten sich natürlich die Herren Bürgermeister im Oberen Wiesental einig sein, ob man was machen kann und will. Aber die Kosten entstehen nun einmal anteilig nach der Schülerzahl. In Schönau und Todtnau, wo es ebenfalls finanzielle Zwänge gibt, bin ich damals ebenfalls mit der Forderung konfrontiert gewesen, Geld zu sparen. Also ehrlich gesagt, sehe ich wenig Möglichkeiten, den Zeller Anteil von derzeit 280 Euro pro Schüler und Jahr zu senken, ohne das Unterrichtsangebot gravierend zu verändern.
BZ: Sie sind ja vor eineinhalb Jahren angetreten mit der Vorgabe, das damals ziemlich gestörte Verhältnis von Musikschule auf der einen und den Vereinen und Gemeinden im Oberen Wiesental auf der anderen Seite wieder zu verbessern. Ist Ihnen das gelungen?
Spychalski: Mit dieser Strategie bin ich ziemlich weit gekommen, wenn auch nicht so weit, wie ich gedacht habe. Was die Gemeinden betrifft, da gibt es zurzeit keine Bewegung. Es gibt weder neue Eintritte noch weitere Austritte. Ich nehme an, dass da die finanzielle Situation ebenfalls eine Rolle spielt. Erfreulich ist, dass in jüngster Zeit immer wieder Musikvereine den Weg zu uns finden und uns um Unterstützung bitten.
BZ: Können Sie Beispiele nennen? Und was bieten Sie den Vereinen dann an?
Spychalski: Also der Musikverein aus Häg ist dabei und auch von der Trachtenkapelle Fröhnd habe ich eine Anfrage. Ich kann den Vereine eine Modellrechnung anbieten, wie beide Seiten auch ohne Zuschuss der Gemeinde auf ihre Kosten kommen. Wir können dann gemeinsame Projekte machen, die etwas bringen und am Ende auch bezahlbar sind. Es gibt also Bewegung auf Seiten der musikalisch Verantwortlichen.
BZ: Die Erfahrung haben Sie durchgängig bei allen Vereinen gemacht oder gibt es auch Vorbehalte?
Spychalski: Es gibt auch Gegenbeispiele. In Zell beispielsweise wurde mir von der Stadtmusik unmissverständlich signalisiert, dass man einer Zusammenarbeit nicht interessiert sei. Ähnliches habe ich auch von manchen Vereinen in Schönau erfahren, die mir sogar Konkurrenzangebote machen. Wenn ich die Vorstände dann darauf anspreche, heißt es etwas schnippisch: "Tja, so ist halt der Markt" . Ich sehe im Tal eine Art Nord-Süd-Gefälle, was den Kontakt zu den Vereinen angeht. In Todtnau läuft es sehr gut und je weiter südlich es geht, umso schwieriger wird die Sache.
BZ: Woran liegt es denn , dass die Musikschule in den Vereinen häufig weniger als ein Partner und eher als Konkurrenz wahrgenommen wird?
Spychalski: Vereine und ihre handelnden Personen sind, so mein Empfinden, überaus tief in der dörflichen Struktur verankert. Da wird es unsere überörtliche Einrichtung wohl immer schwer haben, nicht als ein Fremdkörper betrachtet zu werden.
BZ: Dabei haben Sie doch durch die groß angelegten Musiktheaterprojekte wie etwa "Gianna" einiges dafür getan, viele junge Menschen aus dem Tal in ihre Arbeit einzubinden. Haben Sie dafür wenigstens Anerkennung bekommen?
Spychalski: Dafür habe ich von denen, die unvoreingenommen hingegangen sind, sehr viel Anerkennung bekommen. Es gibt aber allerdings auch eine recht große Kritiker-Fraktion, die von der Musikschule eher erwartet, dass sie sozusagen etwa Nettes, wenig Tiefschürfendes produziert. Diese Leute rümpfen über unseren durchaus auch anspruchsvollen und ungewöhnlichen Musiktheater-Stil eher die Nase oder sind irritiert. Aber damit kann ich leben. Zumal wenn sich, wie nach "Gianna" , alle Teilnehmer dafür ausgesprochen haben weiterzumachen und sich sogar eine eigene Stepptanzgruppe gebildet hat.
BZ: Wie geht es jetzt weiter?
Spychalski: Beim Musiktheater wird es im Herbst ein neues Stück geben. Was die Schule insgesamt angeht, werde ich fröhlich meine Arbeit weitermachen. Das heißt, ich will allen, auch den Zeller Bürgern und den Verantwortlichen bei der Stadt zeigen, dass es zur Musikschule keine Alternative gibt.

17.7.2006, www.badische-zeitung.de

 

 

Schwarzwaldtäler mit Supermärkten und Tankstellen zubauen

Jede Gesellschaft stellt sich ja bekanntlich die Gebäude hin, die sie verdient hat. Angefangen mit den alten Ägyptern, die mit geringfügigen Kollateralschäden ein paar protzige Pyramiden ans Nilufer knallten, ging es weiter im Mittelalter und in der Renaissance mit mächtigen Burgen, hohen Kathedralen und niedlichen Jagdschlösschen. Diese forderten bekanntlich ebenfalls das ein oder andere Opfer aus den etwas weniger privilegierten Gesellschaftsschichten. Das Industriezeitalter wusste uns dann mit funktionalen Fabriken zu beglücken, in denen die Arbeiterschaft sich ihres Mehrwerts bewusst wurde und im Akkord zu leiden hatte. Und wir? Wir pflastern als Zeichen der postmodernen Dienstleistungsgesellschaft unsere Schwarzwaldtäler mit Supermärkten und Tankstellen zu. Nachdem Zell mit seinem Riesen-Marktplatz auf dem einstigen Zell-Schönau-Areal den Vorreiter spielte, macht nun auch Schönau von sich reden. Der Bau eines neuen Einkaufstempels auf grüner Wiese im Aiterfeld ist — allem Wehgeschrei des örtlichen Einzelhandels zum Trotz — fast in trockenen Tüchern. Und während im Buchenbrand die Tankstelle mit angeschlossenem Autohaus im Dornröschenschlaf verharrt, werden im Norden bereits neue Zapfsäulen mit Köpfen gemacht: Die Tanke in Schönenbuchen wächst unübersehbar heran mit allem Ehrgeiz, ein echter Hingucker für benzindurstige Autofahrer zu werden. Da fragt sich doch der ein oder andere Bürger, ob die Stadt nicht hätte lenkend eingreifen können, um den Eindruck zu vermeiden, dass sich in der schönen Au alles nur noch um Sprit dreht. So aber wird in nicht allzu ferner Zukunft im Süden die eine Tankstelle weiter vor sich hinrotten und im Norden eine neue Station Benzin verteilen: gelungene Aushängeschilder fürwahr. Darüber, welche Opfer uns alle diese modernen Landmarken abfordern werden, sind wir uns noch nicht im Klaren. Vielleicht kommt uns ja einfach nur die schöne Landschaft abhanden, stirbt unser ästhetisches Empfinden für eine ausgewogene Stadt-Land-Struktur. Das aber müssen wir für diese bleibenden Zeugnisse unserer Kultur wohl in Kauf nehmen.

Robert Bergmann am 10.6.2006 auf www.badische-zeitung.de

 

Krebs-Selbshilfegruppe im oberen Wiesental

Gabriele Göller möchte eine Krebs-Selbsthilfegruppe im oberen Wiesental etablieren / Informationsabend am Mittwoch in der Zeller Begegnungsstätte

Auffangen, informieren, begleiten - unter diesem Motto versteht sich die bundesweit aktive Vereinigung “Frauenselbsthilfe nach Krebs e. V.” als Institution, die vom Krebs betroffenen Frauen und Männern Hilfe zur Selbsthilfe gibt. Seit 2001 gibt es die Lörracher Gruppe, die von Gabriele Göller aus Höllstein und ihrer Stellverteterin Erika Tribull betreut wird. Weitere Gruppen gibt es in Rheinfelden und Kandern. Nun will sich die Gruppe Lörrach für eine weitere Gruppe im oberen Wiesental einsetzen. Deshalb findet am Mittwoch, 18. Januar, um 19 Uhr in der Begegnungsstätte Zell ein Informationsabend der Frauenselbsthilfe mit Gabriele Göller statt. Wer die Diagnose Krebs erhalte sei verunsichert und habe Angst, weiß Göller. Am 18. Januar sollen interessierte Männer und Frauen nun über die Gründung einer neuen Selbsthilfegruppe informiert werden. Zu entscheiden ist, ob in Zell oder einem anderen Ort im oberen Wiesental eine eigene Gruppe gegründet werden kann, damit Betroffene wohnortnah eine Anlaufstelle im Krankheitsfall haben.

Die “Frauenselbsthilfe nach Krebs” gibt es seit genau 30 Jahren. 1976 wurde diese Organisation von Frauen gegründet, die an Brustkrebs erkrankt waren. Bundesweit bestehen zwischenzeitlich über 400 Gruppen; mehr als 80 alleine in Baden-Württemberg. Regelmäßig treffen sich Betroffene dort, um gemeinsam mit der Krankheitsbewältigung zurecht zu kommen. Bei den monatlichen Treffen werden auch Ärzte, Psychologen, Ernährungsberater oder anderen Spezialisten eingeladen. Man rede aber nicht nur über die Krankheit, sondern auch über Alltagsdinge und mache sich gegenseitig Mut, sagt Gabriele Göller. Daneben stehen auch kulturelle Veranstaltungen auf dem Programm.
Informationen bei Gabriele Göller, 07627/9729966 oder goeller-fsh-loerrach@mail.pcom.de  .

 

 

 

Holzenergie-Projekt in Zell - Nahwärmenetz für Sie

Zahlreiche Zuhörer konnte die Holzenergie-Betreibergesellschaft, die in Zell ein Nahwärmenetz plant, zur jüngsten Informationsveranstaltung im Hotel “ Löwen” Zell begrüßen. Bürgermeister Rümmele betonte, dass sich die Stadt Zell angesichts hoher Energiepreise in Ihrer Entscheidung für Holz als Energieträger bestätigt fühlt: “Holz ist die Alternative” . Eine Hackschnitzelanlage der Holzenergie-Betreibergesellschaft wird neben fünf städtischen Gebäuden auch einige weitere Häuser mit Wärme versorgen. Neben dem Hotel “ Löwen” haben weitere 5 Privatenreiner eine Beteiligung am Nahwärmnetz Zell vereinbart, wie Geschäftsführer Daniel Weiß erläuterte.

Für alle weiteren Interessenten bleibt noch bis zum 28. Februar Zeit, sich zu entscheiden, denn bereits am 1. Oktober wird das Nahwärmenetz in Betrieb genommen. Wer Interesse an einem Anschluss hat sollte sich beeilen, da die Kapazität der Heizzentrale begrenzt ist. “Ist der Heizkessel älter als 10 Jahre, sollte sich jeder Hausbesitzer nachrechnen, in vielen Fällen kann mit einem Anschluss Geld gespart werden” , erläuterte Agraringenieur Daniel Weiß. Ein weitere wichtiger Aspekt sei, dass ein Großteil der Gelder, die für eine Holzfeuerung ausgegeben werden, auch in der Region für Arbeitsplätze sorgen. Neben dem Einsatz von heimischem Holz möchte die Holzenergie-Betreibergesellschaft Zell noch einen Schritt weiter gehen und den Zellern Bürgern die Möglichkeit geben, sich direkt am Unternehmen zu beteiligen. Ab einer Mindesteinlage von 2 500 Euro kann jeder Mitunternehmer werden. Erwartet wird für diese Geldeinlagen eine Rendite von 5 Prozent pro Jahr.
BZ vom 5.1.2005

Holzenergie-Betreibergesellschaft Zell GmbH & Co KG
Agraringenieur Daniel Weiß, Heizungsbaumeister Hanspeter Sprich und Forstwirt Carl Baier
Tel 07631/705338, Nahwärmenetz Zell

 

 

Schließung des St. Josefshauses in Hag-Ehrberg

Hart für die Mitarbeiter wie für die Bewohner / Senioren sorgen sich vor der Zukunft / Im kommenden Jahr hätte das St. Josefshaus sein 100-jähriges Jubiläum feiern können. Doch dieser runde Geburtstag ist weder den Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz in Hegne, die das Heim mit Hingabe und Fürsorge betreuten, noch den in ihrer Obhut befindenden 16 älteren Personen gegönnt.

Bekanntlich wird das Heim in Häg – auf Anordnung des Lörracher Landratsamtes - zum 30. November 2005 endgültig geschlossen. Eine Entscheidung, die vor allem bei den Betroffenen große Bestürzung ausgelöste. Inzwischen haben die Mehrzahl der Bewohnerinnen ihre bisher behütete und gewohnte Umgebung bereits verlassen. Bei allen war es ein erzwungener Abschied. Manchen ging das Ganze so nahe, dass sie apathisch wurden. „Auch viele Tränen“, so erzählte uns die Heimleiterin, Schwester Maria-Josefa, „sind geflossen“.

Vor allem die Sorge um das Ungewisse treibt die älteren und auf fremde Hilfe angewiesenen Personen um. Was erwartet sie an einem völlig neuen Ort? Bange Fragen, die sich alle stellen. Spricht man mit den Betroffenen selbst, so waren sie mit ihrer Pflege und ihrer Unterkunft im St. Josefshaus äußerst zufrieden. Alle hatten ihr eigenes Zimmer, eigene Möbel und wurden von den Ordensschwestern mütterlich versorgt. „Es war wie in einer großen Familie“, bestätigt uns Schwester Maria-Josefa. Doch seit bekannt ist, dass das Heim geschlossen wird, ist spürbar Wehmut eingekehrt. Wehmut, die sich tief im Innern vergräbt. Der Abschied vom Häger Heim bedeutet auch, dass eine kleine vertraute Gemeinschaft auseinandergerissen wird. Viele der Bewohnerinnen, die sich seit Jahren kannten, werden nun in verschiedenen Häusern eine neue Bleibe finden, weshalb der Abschied besonders schwer fällt. Hart wiegt auch das Schicksal der völlig blinden Emile W., für die das Josefshaus seit mehr als 25 Jahren ein behütetes Zuhause war. Jede einzelne Stimme war ihr vertraut – außerdem fand sie sich in ihrer gewohnten Umgebung durch Tasten alleine zurecht. Wird sie sich an einen neuen Platz gewöhnen können? Wir wissen es nicht. „Und so tut das Weggeben dieser Menschen den Schwestern besonders weh“, erfahren wir. Im Laufe der Zeit kannte man die Wünsche und Gewohnheiten der Einzelnen, war mit ihren Schwächen und Vorlieben vertraut. Kurzum, man akzeptierte sich gegenseitig als jemand, der das Glück hatte, seinen Lebensabend in einer Gemeinschaft verbringen zu dürfen. Auch Bürgermeister Bruno Schmidt bedauert den Weggang der Barmherzigen Schwestern, die in den zurückliegenden 100 Jahren für Häg segensreich wirkten. Im Dorf selbst kann man´s ebenfalls noch nicht fassen, dass mit dem 30. November alles zu Ende gehen wird.

Es werden auch alte Erinnerungen an „Schwester Angelina“ wieder wach, die sich in den Fünfziger und Sechziger Jahren als „gute Seele und Engel der Kranken“ mit ihren Hausbesuchen bei vielen Hägern einen achtbaren Namen machte. Und auch Pfarrer Franz Leppert sieht im Weggang der Schwestern einen unersetzlichen Verlust für die Gemeinde.
Alles von Paul Berger vom 6.10.2005 auf www.bzol.de

 

Cabanja-Weltladen in Zell - Fairer Handel in der Welt 

Auch im vergangenen Jahr hat sich der Cabanja-Weltladen in der Zeller Kirchstraße gut gehalten. Trotz weiteren Ladenschließungen in Zell und allgemeiner Kaufzurückhaltung bei vielen Konsumenten konnte der Umsatz des ausschließlich ehrenamtlich geleiteten Weltladens auch im Jahre 2004 knapp gehalten werden.

So konnte die Vorsitzende Edith Ganter in der sehr gut besuchten Mitgliederversammlung des Vereins "Frieden und Entwicklung e.V." auf ein erfolgreiches Jahr 2004 zurückblicken. Der Verein, der der Träger des Weltladens ist, konnte im vergangen Jahr wieder mehr als 6300 Euro für Selbsthilfe-Projekte überall auf der Welt spenden. So unterstützte man die Initiatoren des Projektes "Raphael", das gegen die unwürdige Beschneidung afrikanischer Frauen kämpft. Der größte Spendenbetrag wurde für die Fluthilfe in Südostasien bereitgestellt. Weitere bedeutende Spenden gingen nach Rumänien und nach Südafrika. Finanziert wurden diese Spenden durch die Überschüsse des Cabanja-Ladens und durch Spenden der Mitglieder. Für dieses Jahr hat sich der Verein wieder einiges vorgenommen. So soll in einem großen Schulprojekt der "Faire Handel" und die Prinzipien und Organisation der Weltläden den Schülern in Zell und Umgebung nahe gebracht werden. Der Weltladentag ist am 14. Mai 2005 und wird sich des Themas "Kinderarbeit" annehmen. Die "Faire Woche" wird vom 19. bis 25. September organisiert. Und schließlich steht im November das 20-jährige Gründungsjubiläum des Cabanja-Weltladens an, das entsprechend gefeiert werden soll.

Nur wenige Veränderungen brachten die Vorstandswahlen. Edith Ganter wurde in geheimer Wahl für weitere zwei Jahre einstimmig als 1. Vorsitzende gewählt. Ihre Stellvertreter sind Myriam Kursawe und neu Gerlinde Kiefer, die das Amt von Peter Sternagel übernimmt. Die Finanzen verwaltet weiterhin Gottfried Keller, Schriftführerin bleibt Almut Hailperin, als Beisitzer fungieren Agathe Linder und Karl L. Simon.
BZ vom 31.3.2005

Cabanja Weltladen Zell
Kirchstrasse 4, 79669 Zell, Tel 07625/928600
Faire Aktion von Cabanja und Hotel Löwen in Zell >fairerHandel1 (23.9.2005)

  

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