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Kleines Wiesental
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Bürchau, Elbenschwand, Neuenweg, Raich, Sallneck, Tegernau, Wies, Wieslet

Blick von Sonnhalden nach Nordwesten auf Oberbürchau am 13.6.2006


Demografischer Wandel: Das Kleine Wiesental schrumpft - etwas tun

Gerd Schönbett treibt eine Sorge um, die er mit vielen Kollegen kleiner Gemeinden in ländlichen Gebieten teilt: Die Jungen gehen, die Alten bleiben und die Probleme kommen. Strukturwandel oder demografischer Wandel nennt sich das Phänomen abstrakt, Schönbett aber erlebt es konkret. "Wenn das so weiter geht, können wir in zehn Jahren auf unser Ortsschild schreiben: Seniorengemeinde Kleines Wiesental."
Alles von Julia Jacob vom 22.9.2011 bitte lesen auf
http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/wider-den-wandel--49743815.html

Der Streit um "www.kleines-wiesental.de"

Der Begriff "Kleines Wiesental" ist augenscheinlich sehr begehrt – zumindest als Domain fürs Internet. Denn die Adresse mit dem Namen der noch jungen Gemeinde ist gleich mehrfach in unterschiedlicher Schreibweise belegt. Das führt unweigerlich zu Konflikten, denn gerne würde sich die Gemeinde im Internet unter http://www.kleines-wiesental.de wiederfinden. Aber diese Domain ist bereits vergeben. Der Ex-Klein-Wiesentäler Michael Opitz aus Schönau hat sie sich gesichert. Und zwar vor Jahren schon, just als der damalige Gemeindeverwaltungsverband Kleines Wiesental unter http://www.gvvkw.de ins Netz ging. Nachdem nun aber der Verwaltungsverband aufgelöst ist und sich die acht Verbandsgemeinden zur Einheitsgemeinde Kleines Wiesental zusammengeschlossen haben, soll es noch in diesem Jahr zu einem neuen Internetauftritt kommen. Der Schwerpunkt der geplanten neuen Homepage liegt dabei zu 90 Prozent auf dem Tourismus mit Buchungsmöglichkeit, weshalb der Gemeinderat unlängst mit der Firma "Land in Sicht" einen auf diesem Gebiet profilierten Spezialisten mit dieser Aufgabe betraut hat. In Absprache mit dem Landratsamt und dem Naturpark Südschwarzwald standen dabei drei renommierte Firmen zur Wahl. Nicht zum Zuge kamen bereits im Vorfeld örtliche Interessenten, denen Bürgermeister Schönbett und der Gemeinderat mangels entsprechender Referenzen diese anspruchsvolle Arbeit einfach nicht zutrauten. Daran knüpft sich nun ein Streit um die begehrte Domain.  ....
Alles von Wolfgang Roth vom 12.3.2010 bitte lesen auf
http://www.badische-zeitung.de/der-streit-um-www-kleines-wiesental-de

 

Zu viele Pilze im Gepäck: 1 kg/Person erlaubt

Das feucht-warme Klima der letzten Tage führte dazu, dass die Pilze im wahrsten Sinne des Wortes "aus dem Boden geschossen" sind. Mit den Pilzen kommen – wie jedes Jahr – Scharen von Pilzsammlern in die hiesigen Wälder. Bei Niedertegernau stoppte die Polizei jetzt drei Männer, die aus dem Wald kamen. Die Beamten kontrollierte sie und stellten fest, dass sie den richtigen Riecher hatten. Alle drei Männer hatten mehr Pilze gesammelt, als erlaubt und damit gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen. Das regelt nämlich, dass pro Person lediglich 1 Kilogramm Pilze gesammelt werden darf. Alle drei hatten die erlaubte Sammelmenge um einige Kilogramm überschritten. Die zu viel gesammelten Pilze wurden beschlagnahmt. Die drei Männer mussten eine Kaution bezahlen, da sie nicht in Deutschland wohnen. Und sie wurden beim Landratsamt angezeigt.
11.7.2009

 

Chronologie einer historischen Entscheidung, die nicht freiwillig erfolgte

Am 8. Oktober trifft die Verbandsversammlung des GVV Kleines Wiesental die historische Entscheidung: Die Vereinigung zur neuen "Gemeinde Kleines Wiesental" am 1. Januar 2009 und die Auflösung des Gemeindeverwaltungsverbandes zum 31.12. 2008 ist beschlossen. Die Vereinbarung zur Einheitsgemeinde wird abgesegnet. Bürgermeister Simen enthält sich der Stimme, Elbenschwand verzichtet auf den Ortschaftsrat.  ....
Alles von Hermann Jacob vom 3.1.2009 bitte lesen auf
http://www.badische-zeitung.de/kleines-wiesental/das-spannende-ringen-um-die-einheit-im-tal

 

87 Prozent stimmen für Einheitsgemeinde - Schwache Beteiligung

Eine deutliche Mehrheit von 87 Prozent gab es am Sonntag bei der Bürgeranhörung für die Einheitsgemeinde Kleines Wiesental. Von den 2313 Wahlberechtigten machten allerdings nur 959 Bürger (41 Prozent) von der Möglichkeit Gebrauch, ihre Meinung zum Einheitsprojekt zu dokumentieren. 826 sagten "Ja".

Die schwache Wahlbeteiligung ist deshalb auch ein Punkt, den alle Vertreter der politischen Gemeinden bedauerten, während man insgesamt mit dem Votum sehr zufrieden ist. Die Bürchauer stimmten mit 96 Prozent für die Einheitsgemeinde, Elbenschwand kann mit 100 Prozent das deutlichste Ergebnis vermelden vor Tegernau, wo 99 Prozent für die Einheit votierten. In Neuenweg wurden die wenigsten Ja-Stimmen im ganzen Tal abgegeben: Nur 56 Prozent wollen die Vereinigung der acht Dörfer. In Raich sind es 90 Prozent, in Sallneck 82 Prozent, in Wies 90 und in Wieslet 78,4 Prozent. Die geringste Wahlbeteiligung gab es in Wies, wo nur 29,3 Prozent der Stimmberechtigten von ihrer Möglichkeit Gebrauch machten, mit ihrer Stimme den Gemeindevertretern Rückhalt zu geben. Auch in Wieslet war die Beteiligung mit 36,6 Prozent nicht berauschend. Am meisten sahen sich die Bürchauer mit 66,3 Prozent in der Pflicht, sich an der Anhörung zu beteiligen. Man sehe sich bestätigt durch das Ergebnis, meinte Bürgermeisterstellvertreter Erwin Asal in Bürchau, wo der Zug Richtung Einheit schon sehr früh bestiegen wurde.
In diesem Sinne äußerte sich auch Karlheinz Bauer, stellvertretender Bürgermeister in Elbenschwand. In Elbenschwand wurde außerdem eine informative Befragung über die Ortschaftsverfassung angehängt: 15 waren für die Einführung von Ortschaftsräten, 39 dagegen. Sehr eng ist das Einheits-Votum in Neuenweg. 58 stimmten mit "Ja" , 45 mit "Nein" . Bürgermeister Schwald meinte, es sei klar gewesen, dass es sehr knapp werden würde. Im Gemeinderat gab es Stimmen, die lieber eine Ablehnung gehabt hätten (siehe Bericht über die Bürgerversammlung).
Sehr zufrieden wiederum ist Bürgermeister Erwin Schlageter mit dem Ergebnis in Raich. Er führt die geringe Wahlbeteiligung darauf zurück, dass nach der langen Diskussion über dieses Thema eine gewisse Verdrossenheit in der Bevölkerung herrsche. Dem pflichtet Sallnecks Bürgermeister Dieter Vollmer bei. Für Gerhard Wagner (Tegernau) ist erfreulich, dass die Linie des Gemeinderates nicht in Frage gestellt worden sei. Horst Wezel (Wies) meinte, man habe ein "Ja" empfohlen, und die Bürger hätten dies unterstützt. Wieslets Eugen Simen sagte: "Die Bürger haben entschieden, der Gemeinderat wird sich daran halten" .
7.7.2008, BZ

 

 

Kleine Erzeuger machen beim Milchboykott nicht mit

Die Breisgaumilch beklagt 90 Prozent weniger Milchlieferungen durch den Boykott. Viele Milchbauern im Landkreis Lörrach beteiligen sich am Lieferstopp, nicht aber die kleinen Erzeuger im Oberen Wiesental. Die Regionalvertreter des Milchbauernverbandes BDM kritisieren sie dafür scharf. Die Verweigerer wiederum fühlen sich zu Unrecht attackiert und unter Druck gesetzt.

Einen höheren Preis für ihre Milch wollen sie alle. Gestritten wird über den Weg, wie ein solcher erreicht werden kann. Udo Steinebrunner, Teamleiter des BDM für das Obere Wiesental, setzt auf Boykott und beklagt die mangelnde Solidarität vieler Milchbauern in der Region. Von 30 Milchbauern im Oberen Wiesental beteiligten sich nur vier. "Ich glaube die haben noch nicht verstanden, dass es wirklich um unsere Existenz geht" , sagt er. Der BDM-Kreis-Teamleiter Jörg Vollmer vom Hagenbacher Hof bei Rheinfelden schließt sich Steinebrunner an und sagt: "Wir wollen die Betroffenen wachrütteln." Die Boykott-Verweigerer weisen die Vorwürfe zurück. Es sollte jedem selbst überlassen bleiben, wofür er sich entscheidet. Viele dieser Landwirte haben Angst. Davor, dass der Tanklaster die abgelegenen Höfe vielleicht gar nicht mehr anfährt. Davor, dass die ohnehin schon geringen Einnahmen ganz ausbleiben. Und sie haben Angst vor dem Druck des BDM — keiner der Boykott-Boykottierer will namentlich genannt werden. Einer sagt: "Das bringt doch ohnehin nichts." Wenn jemand die Preise regulieren müsse, dann die Politik. Er wisse von Bauern, die ihre Milch heimlich nachts abholen ließen aus Furcht vor dem Verband. Udo Steinebrunner bezeichnet die Milchbauern, die den Boykott nicht unterstützen als engstirnig. "Viele sind einfach nicht informiert und wissen deshalb nicht, wie wichtig dieser Schritt jetzt für uns ist." Nur gemeinsam seien die Milchbauern stark und dazu braucht es die Kraft jedes Einzelnen. Jörg Vollmer glaubt, dass die Wiesentäler auf Subventionen hoffen. "Die glauben, dass die Politik sie rettet, aber wir können uns nur selber retten." Auch Udo Steinebrunner ist ein vergleichsweise kleiner Erzeuger. Er ist voll berufstätig, die Landwirtschaft seine Nebenerwerbsquelle. "Aber wenn es bei diesem niedrigen Preis bleibt, werde ich zum Jahresende aufhören." 240 Liter liefert Steinebrunner normalerweise jeden zweiten Tag an die Breisgaumilch. Auch ihm tut es weh, die übrige Milch ins Gülleloch zu kippen. Viel schlimmer fände er es aber, ganz aufgeben zu müssen. Drei bis vier Wochen kann er den Boykott schlimmstenfalls durchhalten. So lange will Wilhelm Keller aus Häg-Ehrsberg nicht warten. "Ich hoffe, dass sich bald etwas bewegt" , sagt er. Von den anderen Milchbauern im Oberen Wiesental, die sich nicht am Boykott beteiligen, ist er enttäuscht: "Wenn wir damit wirklich was erreichen und mehr Geld für unsere Milch bekommen, dann profitieren sie ja auch davon." Immer noch gibt es Landwirte, die hin- und hergerissen sind. Ein Milchbauer aus dem Oberen Wiesental, der sich bisher nicht am Boykott beteiligt, denkt noch darüber nach. "Heute liefere ich meine Milch noch mal ab, aber übermorgen vielleicht schon nicht mehr."
31.5.2008, BZ

 

 

 

Einheit möge stark machen: Zusammenschluß von acht Gemeinden

Die Straße schlängelt sich talaufwärts Richtung Belchen, wechselt vom linken ans rechte Bachufer und wieder zurück, weil der Platz knapp ist, umkurvt Bergnasen, die das mäandrierende Wasser der Kleinen Wiese freigelegt hat, führt vorbei und an wenigen Häusern, die verloren am Straßenrand stehen. Ein Ortsschild taucht auf: Bürchau. Schwarze Schrift auf gelbem Grund. Ortseingang. Dann noch eins: Bürchau. Roter Balken darüber. Ortsende. Man muss schon ganz bei der Sache sein, um den Ort nicht zu verpassen. Um die kleine Dorfkirche am Hang nicht zu übersehen und ein Stückchen daneben das Rathaus. Oder das schmucke Gemeindehaus mit der Wanderkarte im Schaukasten und der Informationstafel. Bürchau, einst Bundessieger im Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" . Darunter die wichtigsten Adressen. Die Telefonnummern sind dreistellig. Im Gemeindehaus gab es auch einmal eine Filiale der Sparkasse, aber irgendwann war es den Bankern sogar zu aufwendig, auch nur einmal pro Woche für ein paar Stunden den Schalter zu öffnen. 190 Einwohner sind einfach zu wenig. Auch der Metzger ist aus dem Tal verschwunden und der Bäcker und der Lebensmittelhändler. Sie alle sind weg aus dem kleinen Wiesental. 3000 Einwohner, verteilt auf acht Gemeinden und eine Fläche, die mit 80 Quadratkilometern halb so groß ist wie die der Stadt Freiburg, wie soll sich das rechnen?

Herbert Baier, ehrenamtlicher Bürgermeister der selbstständigen Gemeinde Bürchau, hat sich mit der Entwicklung abgefunden. Zwangsläufig. Ändern kann er sie nicht, allenfalls kann er helfen, die Folgen abzufedern. Er hat sich mit seinen Kollegen zusammen bemüht, jetzt kommen täglich ein Bäcker- und zweimal pro Woche ein Metzgerwagen, noch in diesem Jahr auch ein fahrender Lebensmittelhändler. Damit die, die noch hier wohnen, auch bleiben und sich versorgen können. Dass neue Bürger kommen, diese Hoffnung hat er inzwischen aufgegeben. In Raich (297 Einwohner) und Tegernau (390 Einwohner) stehen Baugrundstücke zum Verkauf. Den Trend zum Leben auf dem Land gab’s in den Siebzigern. Heute zieht es die Menschen ran an die Zentren. "Das Leben hier ist nicht so billig, wie manche meinen" , sagt Baier. Fast sein gesamtes Berufsleben fuhr der Rentner täglich 40 Kilometer nach Lörrach zur Arbeit. "Heute wollen oder müssen die Frauen auch arbeiten." Also braucht es ein zweites Auto. Denn natürlich kann niemand ein Busnetz unterhalten hinauf nach Wies (650 Einwohner) oder nach Elbenschwand (164), nach Sallneck (355) oder Neuenweg (340).

Baier ist froh, dass es zumindest den Schulbus gibt, der auf dem Rückweg die ganz Kleinen mitnimmt in die fünf Kindergärten, die die acht Gemeinden noch immer unterhalten. Eine der Gruppen zählt noch zehn Kinder. "Ohne die Kirche als Träger wäre das nicht zu machen" , sagt Baier. Noch gibt es die Hauptschule für das gesamte Tal, 60 Schülerinnen und Schüler in sechs Klassen. Aber wie lange noch? Bürchau ist mit 48,9 Jahren die älteste Gemeinde im Landkreis Lörrach. Nicht zuletzt, weil die Alten bleiben, und nicht ins Heim gehen. Die Versorgung erfolgt noch in der Familie. Ist das nicht der Idealfall? Erstrebens- und erhaltenswert? Einfach konservieren geht nicht. Herbert Baier weiß das. Baier schaut durch das Fenster seines Esszimmers hinunter auf die Hauptstraße, rechts das Ortsschild, links das Ortsschild, alles sehr übersichtlich. Man sieht von hier aus aber auch die verstreut liegenden Höfe, viele von ihnen frisch hergerichtet mit Geldern aus den diversen Förderprogrammen, die er angezapft hat. Zuletzt haben sie noch einen Jugendraum eingerichtet. Die Jungen sollen bleiben, also muss man etwas tun für sie. Baier lässt nichts unversucht.
Doch unter der sichtbaren gibt es eine verborgene Wahrheit, die Baier in einem Satz zusammenfasst: "Wir haben sieben Kilometer Kanalisation bei 190 Einwohner." 160 Abwasserschächte muss die Gemeinde in Schuss halten — mehr als sie Häuser zählt. Wie soll die Gemeinde den Unterhalt schaffen? Wasser und Abwasser kosten in Bürchau pro Kubikmeter 6,40 Euro, in Freiburg sind es 3,40, in Lörrach 3 Euro. Und es stehen Investitionen in mittlerer sechsstelliger Höhe an. Bürchau hängt wie die Nachbarn am Tropf. Einnahmen von 300 000 Euro stehen Ausgaben in Höhe von 360 000 Euro gegenüber. Keine großen Beträge, aber dafür fix: Abgaben an den Landkreis und den Verwaltungsverband, die Umlage für die Schule und den Kindergarten, die Kosten für den Gemeindearbeiter und die Sekretärin (16 Stunden im Monat), für den Gebäudeunterhalt, für Beleuchtung, Heizung und die Sitzungsgelder des Gemeinderates. Schulden darf Bürchau keine machen, die Manövriermasse ist gleich null. In Eigenregie könnte sie die Abwassergebühr erhöhen oder die Grundsteuer. Baier hat nachgerechnet: "Würden wir die Grundsteuer verdoppeln, brächte uns das gerade mal 20 000 Euro." Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. "Die Gemeinden im kleinen Wiesental können so nicht mehr weiterbestehen" , sagt Jürgen Hirnschal, Dezernent im Landratsamt Lörrach. 350 000 Euro beträgt das jährliche Defizit aller acht Gemeinden, das vom Land noch gedeckt wird. 2009 soll damit Schluss sein. Seit mehr als einem Jahr versucht Hirnschal den Bürgermeistern, Gemeinderäten und wo es geht auch den Bürgern das zu vermitteln. Und die Alternativen aufzuzeigen: Ein nicht ausgeglichener Haushalt kann nicht genehmigt werden, dann wird ein Zwangsverwalter eingesetzt.
Hirnschal hat es dieser Tage wieder erzählt, in der Versammlung des Verwaltungsverbandes. Er hat den Bürgermeistern der acht Gemeinden wärmstens empfohlen, sich aus eigenen Stücken zu einer neuen Gemeinde zusammenzuschließen, das würde ihre Startchancen verbessern. Er machte ihnen Hoffnung auf Fördermittel. "Geben Sie uns noch etwas Zeit" , baten drei der acht Bürgermeister. Wozu sie diese bräuchten, wollte Herbert Baier wissen, schließlich berate man die Frage seit Monaten, habe sogar einen Mediator zu Rate gezogen. Was sich denn Neues ergeben habe, wollte er wissen. Die Frage blieb unbeantwortet. Denn die Antwort ist nicht so leicht in Worte zu fassen wie die Zahlen über das Defizit im Verwaltungshaushalt und die Kosten für die neue Kanalisation. Vermutlich ist es einfach zu viel verlangt von den Bürgermeistern, dass sie sich selbst abwickeln sollen. Und die Bürger sind mit ihrem Dorf und den Nachbarn tiefer verwurzelt, als man sich das in den Behördenstuben in Freiburg oder Stuttgart vorstellen mag. Bei einer Bürgerversammlung in Sallneck regte ein Bürger an, man solle eine Umfrage unter den Bewohnern starten: Wie viel ist euch eure Selbstständigkeit wert? 100 Euro von jedem Einwohner, schlug er vor, und der Haushalt wäre ausgeglichen. Liegt da die Zukunft?

Neuerdings lehnt Wieslet, mit 800 Einwohnern die größte im Tal, die Einheitsgemeinde der armen Schlucker ab und sucht den Anschluss an die Stadt Schopfheim. Dabei könnte Wieslet, am Taleingang gelegen, wohl als einzige Gemeinde überleben. Sie könnte für Neubürger interessant sein wie für Gewerbebetriebe. Was umgekehrt bedeutet: Ohne Wieslet ist für die anderen sieben Gemeinden durch einen Zusammenschluss nichts gewonnen. Das Land werde das niemals hinnehmen, sagt Hirnschal. Im Tal empfindet man dies als Bevormundung der gewählten Vertreter der Gemeinden durch die Verwaltung.
Eine Chance haben die Gemeinden noch: Wenn es ihnen aus eigener Kraft gelingt, den Haushalt auszugleichen, werde das Land die Selbstständigkeit respektieren. Aber welche Gemeinde wird ihren Werkhof als Erste schließen, welche die Feuerwehr auflösen? Der eine Gemeindearbeiter in Bürchau muss im Winter sieben Kilometer Straßen räumen und im Sommer die Böschungen mähen sowie 70 Hektar Fläche versorgen. "Der hat gut zu tun" , sagt Baier. Auf ihn zu verzichten ist ausgeschlossen. Ebenso auf die Feuerwehr, die kaum löscht, aber immer da ist, wenn Bäume Straßen blockieren oder Hochwasser droht. Also müsste er den Kindergarten schließen. Doch das würde bedeuten, dass man die Zukunft aufgibt. Dann doch lieber einen großen Partner suchen. Aber was ist dadurch mehr gespart als die 400 Euro für die Sekretärin und die Sitzungsgelder für die Gemeinderäte? Kleinvieh macht auch Mist, sagt man auf dem Land. Am Fuß des Belchen macht die Straße das Tal hinauf einen Knick und ehe man sich’s versieht, führt der Weg hinunter, zurück in Richtung Wiesental. Böllen. Da steht es Schwarz auf Gelb. Mit 100 Einwohnern die kleinste Gemeinde im Land. Die Bilder gleichen sich. Von den 42 Gemeinden des Landkreises haben 20 weniger als 1000 Einwohner. Das Kleine Wiesental ist vermutlich erst der Anfang.
Franz Schmider , 2.4.2008, www.badische-zeitung.de

 

 

Einheitsgemeinde mit Ortschaftsräten als Ziel - Aufgabe der Selbstständigkeit



Nach monatelangem Hin und Her haben sich die Bürgermeister des Kleinen Wiesentales nun durchgerungen, die Selbstständigkeit aufzugeben und eine Einheitsgemeinde zu bilden: Die Verbandsversammlung des GVV spricht sich für den Zusammenschluss aller acht Gemeinden aus — mit Ortschaftsräten und unechter Teilortswahl. Die einzelnen Gemeinden sollen bis 15. März die Grundsatzbeschlüsse fassen. Vor dem endgültigen Beschluss sind Bürgeranhörungen vorgesehen.


Dass etwas in der Luft lag, zeigte schon das riesige Publikumsinteresse. An die 40 Zuhörer verfolgten die 234. Versammlung des GVV , die Verbandsvorsitzender als "eventuell historisch" bezeichnete. Ausschlaggebend für das Umdenken war die Sitzung am 1. Februar, in der es Professor Dr. Steger (ehemals Gemeindetag) offenbar verstanden hat, die noch skeptischen Burgis von der Notwendigkeit eines Zusammenschlusses zu überzeugen. Dass auch er die Ortschaftsverfassung vorschlug, dürfte dies erleichtert haben. Die GVV-Verwaltung formulierte eine Empfehlung an die Gemeinden mit sechs Punkten. Die darin festgelegte Vorgehensweise wurde von der Gemeinde Wies noch präzisiert und um einen Punkt erweitert (siehe Extrakasten). So wurde es dann beschlossen. Bürchau und Elbenschwand wollten es beim Beschlussvorschlag des GVV belassen, nachdem der anwesende Landratsamts-Dezernent Jürgen Hirnschal wegen des Zeitdrucks (Kommunalwahl 2009) vor zu vielen Extraklauseln und Bedingungen warnte. Vor allem hatte er Bedenken gegen die Festlegung von Mindeststrukturen in den Orten. Die Einheitsgemeinde müsse finanziellen Spielraum gewinnen, was nur funktioniere durch Anpassung der Infrastruktur (Zusammenlegungen). Wenn aber Ortschaftsräte mitreden, werde es schwieriger sein, zu entscheiden, welche Struktur man noch finanzieren möchte. Aus dem Publikum kamen Zurufe, man möge solche Bedenken nicht überhören.
Bürgermeister Horst Wezel (Wies) erklärte, man habe den Ablauf klar und konkret beschreiben wollen, "damit jeder weiß, was auf ihn zukommt" und am Ende eine "Zustimmung aus vollem Herzen" möglich wird. Der jetzt gefundene Kompromiss sei sinnvoll für das Tal und die Bewohner.
Eugen Simen (Wieslet) hätte gerne "mit Schopfheim was gemacht" , aber da das gesetzlich scheinbar nicht möglich sei, sei man bereit, mit dem Kleinen Wiesental zusammenzuarbeiten. "Es wird nicht kampflos laufen, jeder wird noch ein paar Sachen anmelden" , meinte Simen. Herbert Baier (Bürchau) sagte: "Wir müssen akzeptieren, dass die Fortschreibung der Vergangenheit nicht Zukunft bedeuten kann" . Man bekomme die Finanzen eigenständig nicht in Ordnung. Mit Ortschaftsräten habe man aber fast dieselben Kosten wie mit ehrenamtlichen Bürgermeistern, deshalb würde man sich notfalls mit einem "Ortssprechern" begnügen. Angesichts einer GVV-Verwaltung, die mit modernster EDV-Technik ausgestattet ist und über bestens ausgebildetes Personal verfüge, warnte Baier vor dem Arbeitsplatzabbau und Verlust von Bürgernähe. Gerhard Wagner betonte, Tegernau habe zwar als Sitz der Einheitsgemeinde eine gute Ausgangsposition, verliere aber auch die Selbständigkeit.
"Die Zeit ist reif" , sagte Horst Riedacher (Elbenschwand), dem die Diskussion nicht gefiel: "Wenn jede Gemeinde so ein Papier wie Wies bringt, kommen wir nicht weiter " . Das sei "Blödsinn" . In der Einheitsgemeinde brauche man auch eine Verwaltung, und ob die Angebote von Zell und Schopfheim in Zukunft noch so gelten, stimmt ihn skeptisch. Erwin Schlageter (Raich) sieht das Ganze auf einem "guten Weg" , auch wenn man bei der Ortschaftsverfassung etwas andere Vorstellungen habe. Mit ihm war sich Werner Schwald (Neuenweg) einig, dass die Entscheidung in den Gemeinden leichter falle, wenn die Bürger "wie bei der Gemeindereform" wissen, was als Infrastruktur noch bleiben soll.
Dieter Vollmer (Sallneck) ließ aufhorchen mit einem Ultimatum: "Wenn die Ortschaftsverfassung zur Disposition gestellt wird, sehe ich mich nicht mehr gebunden an die Entscheidung" . Der Kompromiss sei schon ein Zugeständnis, "jeder musste Abstriche machen" . Wenn die Bevölkerung gegen die Ortschaftsverfassung wäre, würde er es aber mittragen. Man müsse jetzt "vorwärtsgewandt diskutieren" . "Unter der Ortschaftsverfassung geht nichts" , sagte auch Horst Wezel, und sie sei finanzierbar. Die Ortschaftsräte kosten etwa 95 000 Euro. "Wenn wir das nicht finanzieren können, ist es erledigt" , meinte Horst Riedacher.
Jürgen Hirnschal (Landratsamt) ergänzte, dass bei der Bürgeranhörung nur über die Frage "Einheitsgemeinde ja oder nein" abgestimmt werden könne — ohne den Zusatz "mit Ortschaftsverfassung" . Bürgermeister Baier beantragte schließlich, den Beschlussvorschlag der Verbandsverwaltung zur Abstimmung zu bringen. Als "weitergehender Vorschlag" erhielt aber der vorgezogene Wieser Vorschlag die Mehrheit. Verbandsvorsitzender Gerhard Wagner: "Jetzt geht’s ans Eingemachte"
14.2.2008, www.badische-zeitung.de

 

Für acht Gemeinden droht das Ende der Selbstständigkeit

Acht kleine und arme Gemeinden im Kleinen Wiesental müssen sich neu organisieren, um ihre Finanznot zu bewältigen

In einer Idylle Südbadens herrscht Unruhe: Im Kleinen Wiesental im Landkreis Lörrach diskutiert man heftig darüber, ob die acht Gemeinden weiterhin selbstständig bleiben können. Denn das Regierungspräsidium Freiburg kürzt Zuschüsse des Landes — übt damit finanziellen Druck auf die kleinen und armen Kommunen aus — keineswegs zur Freude der Bürgermeister, der Gemeinderäte und vieler Bürger. Dass die CDU/FDP-Regierung spätestens 2011 ohne neue Schulden auskommen will, wirkt sich bereits bis in den hintersten Winkel des Landes aus: Das Freiburger Regierungspräsidium muss den so genannten Bedarfsgemeinden den Zuschuss aus dem Ausgleichsstock des Landes zusammenstreichen. Der Staat müsse sparen, deshalb müssten auch die Strukturen der Gemeindereform vor 35 Jahren fortgeschrieben werden, sagt Karl-Heinz Eckhold, der Chef der Kommunalaufsicht im Regierungspräsidium. Prompt klagt man im Kleinen Wiesental über die "Daumenschrauben" des Präsidiums. Bürchaus Bürgermeister Herbert Baier prangert deren Vorgehen als "neue Gemeindereform durch die Hintertür" an. Zehn Gemeinden mit vielen Ortsteilen und kleinen Weilern zählte das Tal vom Südhang des Belchen bis zur Mündung der kleinen in die große Wiese südlich von Schopfheim, ehe Anfang der 70er-Jahre in Baden-Württemberg das kommunale Aufräumen begann. Langenau und Enkenstein, die beiden südlichsten Gemeinden im Tal, entschieden sich, Stadtteile von Schopfheim zu werden. Die acht übrigen Kommunen im Kleinen Wiesental blieben selbstständig, schlossen sich aber zu einem 80 Quadratkilometer großen Gemeindeverwaltungsverband mit heute rund 3000 Einwohner zusammen.

Die 500 000 Euro, die das Kleine Wiesental nicht mehr aus dem Ausgleichsstock erhält, hat der Verband mit Einsparungen noch verkraftet. Doch der weitere Verlust von 750 000 Euro Landeszuschuss von 2010 an lasse sich nicht mehr ausgleichen, klagt Tegernaus Bürgermeister und Verbandsvorsitzender Gerhard Wagner. Eine Eingemeindung nach Schopfheim gilt im Kleinen Wiesental allenfalls als Notlösung: "Dann wären wir nicht nur fünftes, sondern nur sechstes Rad am Wagen." Doch Schopfheim winkt selbst ab: Der Zuwachs um die acht kleinen Gemeinden sei "überhaupt kein Thema" , erklärt Bürgermeister Christoph Nitz (CDU). Dabei würden dies Eingemeindung der 19 400 Einwohner zählenden Stadt zum Sprung über die Grenze von 20 000 Einwohnern verhelfen.
Damit könnte Schopfheim Große Kreisstadt und Bürgermeister Christoph Nitz (CDU) Oberbürgermeister werden. Doch der nennt diesen Aufstieg "kalten Kaffee" , weil die Funktion der Großen Kreisstadt nicht nur mit Kompetenzen, sondern auch mit Kosten verbunden wäre. Da Schopfheim den kleinen Nachbarn im Kleinen Wiesental derzeit die kalte Schulter zeigt, greift vielleicht die Idee von Nachbarbürgermeister Dieter Schwald in Malsburg-Marzell: Alle Bedarfsgemeinden innerhalb des Regierungsbezirks, die auf Mittel aus dem Ausgleichsstock angewiesen und die die Kürzungen hart treffen sind, sollten sich zusammenschließen und gemeinsam für den Erhalt der Landeszuschüsse kämpfen — notfalls vor dem Verwaltungsgericht. Werner Schwald, Bürgermeister in Neuenweg, meint, wenn rund 3000 Wahlberechtigte die nächste Landtagswahl boykottieren, wäre dem Kleinen Wiesental die große Aufmerksamkeit der Medien sicher. Der Anregung des Regierungspräsidiums, zum Ausgleich der Gemeinde-haushalte Wald zu verkaufen, will man dagegen nicht folgen.
Lörrachs Landrat Walter Schneider kritisiert die kurze Übergangsfrist, die den kleinen Gemeinden bleibe, um ihre Etats auf den Ausfall wesentlicher Einnahmen einzustellen. Aber auch er spricht von einer "dramatischen Situation, in der es keine Tabus geben darf" . Denn er kennt keinen Ausweg, wie die acht Gemeinden trotz aller bisherigen Einsparungen künftig ihre Finanznot bewältigen können. So müsse man "alles auf den Prüfstand stellen, auch den Gedanken der Einheitsgemeinde" . Er wisse, dass Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) keine neue Gemeindereform von oben wolle. Gerade deshalb aber sollten die Gemeinden im Kleinen Wiesental von sich aus eine zukunftsträchtige Lösung finden.
Grehard Kiefer, 12.2.2007, www.badische-zeitung.de .


 

 

 

Kleinstgemeinden: Zuschüsse nicht nur nach Einwohner, auch nach Fläche

"Dramatisch" , so beschreibt Landrat Walter Schneider die Lage der Bedarfsgemeinden im Kreis nach der Entscheidung des Regierungspräsidiums von 2010 an keine Zuschüsse mehr zum Ausgleich der Verwaltungshaushalte zu gewähren. Aber, "die Gemeinden werden von uns nicht alleine gelassen" , so Schneider gestern vor den Medien weiter. Indes müssten diese im Detail nachweisen, dass sie es nicht allein schafften. Klar sei zudem, dass das Thema angesichts der wenigen Betroffenen außerhalb des Kreises politisch kaum wahrgenommen werde.


Die Entscheidung des Verteilerausschuss sei einerseits ein "Schock", so Schneider; andererseits sei aber auch klar, dass der "Schwerpunkt" des Ausgleichstocks die Investitionshilfe sei und Zuschüsse zum Ausgleich der Verwaltungshaushalte eine "Ausnahme" bildeten. Wenn die Gemeinden im Kleinen Wiesental oder im Verwaltungsverband Schönau diese "Ausnahme" beanspruchten, müssten sie diesen Bedarf "dezidiert nachweisen. Das sind wir der Solidargemeinschaft aller Gemeinden schuldig" , so Schneider. Deshalb müsse alles auf den "Prüfstand" . Indes sei auch anzuerkennen, dass die acht Gemeinden das Gesamtdefizit bereits im vergangenen Jahr von rund einer Million auf circa 750000 Euro reduziert hätten.

Er bedauere, dass dieses Engagement nicht ausgereicht habe. Deshalb ziele der Beschluss des Regierungspräsidiums "eindeutig darauf ab" , die Kleinstgemeinden im Kreis dazu zu bewegen, "sich zu einer Gesamtgemeinde zusammenzuschließen" . Das müsse deshalb auch geprüft werden: Denn der Verteilerausschuss sei offenbar nicht länger bereit, die im Landesvergleich "ungewöhnlich klein strukturierten Verhältnisse" im Kreis (Infobox) finanziell ohne diese Prüfung weiter zu unterstützen. Letztendlich, so Schneider weiter, könnten solche Zusammenschlüsse aber nur von den "Gemeinden auf "freiwilliger Basis entschieden werden" . Und wenn die Gemeinden der Auffassung seien, dass die Lösung ausscheide, weil der Verbund so große werde, dass zum Beispiel ein hauptamtlicher Bürgermeister angestellt werden müsse, müsse das nachgewiesen werden.

Oberstes Ziel bleibe es, das Kleine Wiesental und die Belchenregion "als attraktiven Lebensraum" zu erhalten und die Verhältnisse eigenverantwortlich zu regeln. Indes sei die Frage, unter welchen Bedingungen der Ländliche Raum seine "Stärke entfalten könne" . Von daher unterstütze er die Forderung des Bürgermeisters von Malsburg-Marzell, Dieter Schwald, bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen des Landes die Fläche einzubeziehen. Allerdings helfe das den Kleinstgemeinden im Kreis kurzfristig auch nicht weiter — zumal die Übergangsfristen bis ’09 kurz seien. "Wie die Gemeinden das bei den schwierigen strukturellen Gegebenheiten schaffen sollen, sehe ich derzeit nicht" , so Schneider.

Baden- Württemberg hat 1110 Gemeinden. Diese verteilen sich auf neun Stadt- und 35 Landkreise. Die durchschnittliche Einwohnerzahl pro Gemeinde liegt bei 4635; der Kreis Lörrach hat mit durchschnittlich 1327 Einwohnern die kleinste Gemeinde-Struktur im Land überhaupt. Im Kreis Tuttlingen liegt der Mittelwert schon bei 1694 und im Alb-Donau-Kreis bei 1866 Einwohnern; der angrenzende Kreis Breisgau-Hochschwarzwald kommt auf 3248, der Kreis Waldshut gar 3988 Einwohner. Den größten Mittelwert hat der Kreis Karlsruhe mit 11824 Einwohnern. Landesweit gibt es überhaupt nur 82 Kommunen mit weniger als 1000 Einwohnern.

3.3.2007, www.badische-zeitung.de


 

Aiterns Bürgermeister Renz: Wir sollen ausgeblutet werden: 

Scharfe Worte für neue Ausgleichsstock-Regeln / Betroffene GVV-Bürgermeister enttäuscht

An finanzschwache Gemeinden im Landkreis soll künftig aus dem Ausgleichsstock des Landes nur noch Geld für Investivmaßnahmen fließen. Zum Ausgleich eines defizitären Verwaltungshaushalts werden die Gemeinden spätestens ab 2009 auf sich gestellt sein (siehe auch BZ vom Dienstag). Wir haben die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden im GVV Schönau um eine Einschätzung gebeten.
Im Gebiet des Gemeindeverwaltungsverbands ist von der härteren finanziellen Gangart des Landes gegenüber den finanzschwachen Kommunen besonders Aitern betroffen. Dort kann der Verwaltungshaushalt schon seit Jahren ohne Zuschuss aus dem Ausgleichstock nicht mehr ausgeglichen werden. Bürgermeister Richard Renz ist denn auch besonders empört über die schlechten Nachrichten aus Freiburg und kündigte juristische Schritte an: "Ich gehe davon aus, dass wir vor das Verwaltungsgericht ziehen" . Die Richtlinien des Ausgleichsstocks, so Renz, sähen eindeutig vor, dass finanzschwache Gemeinden auch beim laufenden Geschäft, sprich beim Verwaltungshaushalt , unter die Arme gegriffen werden müsse. "Ich sehe es nicht ein, "dass wir ausgeblutet werden sollen," erklärte Renz. Aiterns Bürgermeister will sich jetzt mit den Gemeinden im Kleinen Wiesental zusammenschließen mit dem Ziel , eine Musterklage anzustrengen. Den CDU-Landtagsabgeordneten Ulrich Lusche hat Renz schon angeschrieben und ihn um Unterstützung gebeten. Und Landrat Schneider sieht Renz jetzt ebenfalls in der Pflicht. Die Gemeinde Aitern könne schließlich nichts für ihre schlechte Infrastruktur und dafür, dass man keine Einnahmen generiere.

Neu im Club der defizitären Gemeinden sind seit einigen Jahren Wieden, Schönenberg, Böllen und Fröhnd. Diese Kommunen haben zwar für ihren Verwaltungshaushalt bislang noch kein Geld aus Stuttgart bekommen, schieben aber erkleckliche Fehlbeträge vor sich her. Die sollen vom Ausgleichsstock in diesem Jahr ausgeglichen werden. Mehr Geld soll dann aber für die laufenden Maßnahmen einer Kommune nicht mehr fließen. "Wir haben von den 5,4 Millionen Euro keinen Cent bekommen" , stellt Wiedens Bürgermeister Berthold Klingele klar. Diese Summe hatte das RP genannt, sei in den vergangenen fünf Jahren in die Verwaltungshaushalte der Bedarfsgemeinden im Kleinen und Oberen Wiesental geflossen. In Wieden, wie auch in Schönenberg, Fröhnd und Böllen seien Fehlbeträge aufgelaufen. Dass diese jetzt ausgeglichen werden sollen, freut Wiedens Bürgermeister. Ob das Bergdorf aber auf Dauer Fehlbeträge im Verwaltungshaushalt wird vermeiden können, bezweifelt Klingele: "Das wird schwierig" . Er fordert, dass bei der Förderung durch das Land endlich auch die Fläche einer Gemeinde als Faktor für die Schlüsselzuweisungen einbezogen wird: "Sonst werden wir dauerhaft den Haushalt nicht ausgleichen können" . Für Klingele zeigt der jüngste Entscheid des Verteilungsausschusses , dass "die kleinen Gemeinden im Land keine Lobby mehr haben" .

Da ist sich Klingele mit seinem Schönenberger Kollegen Michael Quast einig. Die Frage, wie das Land mit finanzschwachen Gemeinden umgehen will, sei eine politische Frage und könne nicht auf der Verwaltungsebene gelöst werden, erklärte Quast gestern am Redaktionstelefon. Die Schönenberger schieben einen Fehlbetrag von 140 000 Euro vor sich her, können aber 2007 einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen. Für einen ausgeglichenen Haushalt auch über 2007 hinaus möchte Quast seine Hand nicht ins Feuer legen. Dies hänge schließlich von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung im Land und vielen weiteren nicht steuerbaren Faktoren ab. Sein unbedingtes Ziel sei es, erklärt Quast, dass Schönenberg innerhalb des GVV selbstständig bleibt. "Der Verband ist doch ein Erfolgsmodell, es wäre töricht ihn aufzugeben" . Die Sparmöglichkeiten seiner Kommune hält Quast für "weitgehend ausgereizt."
Kräftig gespart wird auch bereits in Fröhnd, wie gestern Bürgermeister Gerhard Wiezel deutlich machte. "Wir haben schon auf die verschlechterte Finanzsituation reagiert" . Man habe bereits eine halbe Personalstelle auf dem Werkhof abgebaut und stelle die Werkhofleistungen gegen Bezahlung auch anderen Gemeinden zur Verfügung, erklärte Wiezel. Sollten die Erträge der Gemeinde aus dem Wald nicht wieder nach unten gehen, ist Wiezel vorsichtig optimistisch, dass es der Gemeinde gelingt, in den kommenden Jahren einen ausgeglichenen Verwaltungshaushalt vorzulegen. Wiezel sieht aber die politische Ebene gefordert, "andere Voraussetzungen zu schaffen, um den ländlichen Raum zu fördern". Die Einmalzahlung aus dem Ausgleichstock zum Abbau des Fehlbetrags von 140 000 Euro wird in Böllen begrüßt. "Da sind wir froh drüber" , sagt Bürgermeister Kiefer. Eine Garantie, dass die kleinste selbstständige Gemeinde im Land künftig keinen defizitären Verwaltungshaushalt mehr erstellt, sei das aber nicht. "Das wird schwierig" . Kiefer hofft, dass in den nächsten Jahren "der Wald etwas abwirft" . Sparen könne man, mangels kommunalen Personal nichts. Kiefer: "Wir können höchstens noch aus der Tourismusförderung aussteigen."
31.1.2007, Badische Zeitung

 

Als Landwirt hat man es nicht leicht
 
Mit einer großen Portion Idealismus betreibt Heiner Brunner seinen 80-Hektar-Betrieb in Wies / Enormer Bürokratie-Aufwand

Kuh sein in Deutschland, das wird sich heute nicht so sehr von dem unterscheiden, was es früher einmal war. Bauer sein dagegen schon — haben doch viele Landwirte heutzutage mit Existenznöten und einer ständig wachsenden Bürokratie zu kämpfen. Im Kleinen Wiesental gibt es nur noch wenige Haupterwerbslandwirte, unter ihnen Heinrich Brunner aus Wies.

Der Familienbetrieb wurde von Brunners Vater aufgebaut, der damals den Beruf des Schreiners ausübte und mit drei Kühen begann. "Die meisten Wieser hatten früher Felder und zwei bis drei Kühe" , erzählt Heiner Brunner. Neben ihren meist handwerklichen Berufen konnten die Bewohner des Ortes sich so selbst mit den nötigsten Lebensmitteln wie Kartoffeln, Weizen und Obst verpflegen. Mit dem Generationswechsel gaben viele Familien diesen Nebenerwerb auf. Nicht so die Brunners. Am Anfang behalf man sich mit provisorischen Ställen außerhalb des Ortes, und nach und nach wurden immer mehr Parzellen aufgepachtet. Schließlich übernahm Heinrich Brunner, gelernter Forstwirt, den Hof des Vaters und bewirtschaftet heute 80 Hektar Land in Wies und Umgebung. Mit 25 Vorderwälder-Milchkühen und zehn Mutterkühen, die mit ihren Kälbern auf der Weide stehen, ist für den Landwirt und seine Familie (seine Frau und die beiden Söhne helfen ebenfalls tatkräftig mit, denn Löhne könnte der Bauer nicht zahlen) viel zu tun. Jeden Morgen und abends müssen die Kühe gemolken werden. Dabei hilft ein fahrbarer Melkstand, denn die Weiden sind auf das ganze Gebiet verteilt. Ein Limousin-Rind als Vaterkuh sorgt für die Kälber, die verkauft oder geschlachtet werden.

Das Leben als Landwirt hat sicher seine idyllischen Seiten: Arbeiten mitten in der Natur, mit Tieren und nicht in einem engen Büro. Doch auch die Verwaltungsarbeit bleibt den Bauern nicht erspart. Ein wunder Punkt auf der Seele der Landwirte ist dabei die neue EU-Agrarreform, die gerade auch in Deutschland umgesetzt wird. Eine dicke Broschüre soll den Bauern erklären, welche Rechte und Pflichten durch die Reform auf sie zukommen. "Der Grundgedanke war eigentlich recht gut" , gibt Heinrich Brunner zu bedenken. Nur hätten bisher die Bauern noch nicht wirklich viel von der Umsetzung. Bis 2004 wurden vom Staat produktionsbezogene Direktzahlungen (z.B. Ackerprämie, Mutterkuhprämie, Sonderprämie für männliche Rinder, Milchprämie) gezahlt. Dies soll nun schrittweise bis 2013 auf betriebsbezogene Direktzahlungen ("Betriebsprämien" ) umgestellt werden. Die Zahlungen werden dann auf die bewirtschaftete Fläche umgerechnet. Dabei wird auch unterschieden, ob es sich um Acker- oder Grünland handelt. Doch um diese Fördermitteln zu erhalten, müssen die Landwirte diverse Anforderungen erfüllen. Dies nennt sich auf gut Neudeutsch in der Landwirtschaft "Cross Compliance" und besagt, dass der Landwirt den Umwelt- und Tierschutz so wie die Lebensmittel- und Futtersicherheit gewährleisten muss. Dazu gehören auch die Düngerverordnung und die Tierkennzeichnung. Hält er sich nicht an die Vorgaben, werden die Direktzahlungen gekürzt. "Früher war das alles nicht so kompliziert" , erinnert sich Brunner. Viele Bauern seien genervt über die wachsende Bürokratie. Jede Bestandsveränderung muss innerhalb von sieben Tagen angemeldet werden, sonst werden wieder Zahlungen gekürzt. Hierbei müssen aufwändige Dokumentationen geführt werden. "Bekommt ein Tier Medikamente, reicht es nicht, wenn der Tierarzt dies bestätigt, man muss es noch einmal extra aufnotieren" , erklärt der Landwirt. Da es sich bei seiner Weidefläche um kleinparzelliertes Gebiet handelt, muss er jede dieser Flächen sowie ihre Bewirtschaftungsform in einem "Flurstücksverzeichnis" festhalten. "Würde ich Ackerbau betreiben, wäre es noch komplizierter" , meint Brunner, denn hier muss genau verzeichnet werden, was auf den einzelnen Flächen angebaut wird. Zurzeit bekommt der Bauer Subventionen wegen der Steilhanglage, doch das auch nur, wenn die Hangneigung vermessen worden ist — kommt ein neues Gebiet dazu, das nicht vermessen wird, gibt es kein Geld. "Und irgendwann wird das vielleicht auch noch gestrichen" . Ein weiterer Sorgenpunkt für die Landwirte sind die sinkenden Milchpreise, die in Baden-Württemberg zudem noch an der absoluten Untergrenze rangieren. "Uns ist es lieber, Geld für unser Produkt zu bekommen als vom Steuerzahler" , macht Brunner klar. Wobei sie durch die Bewirtschaftung auch einen großen Beitrag für die Natur leisteten. Zudem machte der heiß-nasse Sommer der Landwirtschaft zu schaffen. Trotz des nassen Wetters könne man die Kühe nicht von der Weide holen, und außerdem müsse man Futter dazukaufen, um einigermaßen damit auszukommen. Nicht zuletzt sei es so, dass die Kühe weniger Milch geben, wenn das Wetter schlecht ist. Von der Landwirtschaft allein zu leben ist nicht einfach. "Die Leute sagen oft: Ach, der hat ja schon wieder einen neuen Traktor, aber ist immer am Jammern. Wir sind halt in einem schwierigen Eck wegen der Hanglage und können uns daher nicht umgehemmt vergrößern wie vielleicht die Landwirte in der Rheinebene" , schildert Brunner die Lage. Mit einer Milchquote von 120 000 Litern pro Jahr würde man ihn dort auslachen, meint er. Was treibt einen Landwirt an, trotz aller Schwierigkeiten nicht zu resignieren? "Ohne einen gewissen Idealismus bräuchte man das hier alles gar nicht zu machen" , stellt Brunner klar. Und die Hoffnung auf bessere Zeiten für die Landwirte gibt er nicht auf.

Stephanie Werner , 2.9.2006, www.badische-zeitung.de

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