Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Senioren ab März 2007
Selbsthilfegruppen im Schwarzwald

  

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Senioren und Alter - Pflegeheim, Hospiz, Demenz, Initiativen, Selbsthilfegruppen

Blick vom Wittnauer Rebhüsli nach Süden über den Bettlerpfad zum Staufener Burgberg im Nebel sowie Ölberg (rechts)   
Blick vom Wittnauer Rebhüsli nach Süden über den Bettlerpfad zum Staufener Burgberg im Nebel sowie Ölberg (rechts).

 

Kreisseniorenrat: Ehrenamtliches Engagement älterer Menschen

Sie vertreten die Interessen der Alten im Landkreis: Vortand des Kreisseniorenrates mit dem Vorsitzenden Michael Maluck (5. von rechts) Foto: privat

Alle zwei Jahre treffen sich die Mitglieder des Kreisseniorenrates zur ihrer Mitgliederversammlung und wählen ihren Vorstand neu. Die diesjährige Versammlung im Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald brachte keine Veränderungen in der Besetzung des Vorstandes, lediglich der bisherige zweite stellvertretende Vorsitzende Siegfried Bußmann stand für eine Wiederwahl aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung. Dieser Posten wurde nicht neu besetzt. Sozialdezernentin Eva-Maria Münzer bedankte sich bei allen Anwesenden für deren vorbildliches Engagement im Kreisseniorenrat. Sie seien das beste Beispiel für das ehrenamtliche Engagement älterer Menschen. Mit ihren Erfahrungen und Kenntnissen würden sie erfolgreich für Bedingungen eintreten, die ein aktives, eigenverantwortliches Leben im Alter und ein Altern in Würde ermöglichen.
Im Hinblick auf den demographischen Wandel sei der Landkreis mit seiner guten pflegerischen Infrastruktur und seiner flächendeckenden Beratungsstruktur schon heute gut aufgestellt. Allerdings bedinge die wachsende Zahl hochaltriger Menschen im Landkreis eine solidarisch handelnde Gesellschaft. Hier müssten in Zukunft auch neue Lösungswege gefunden werden.

Über die konkrete Arbeit des Vorstands des Kreisseniorenrates der vergangenen zwei Jahre informierte anschließend Michael Maluck, der Vorsitzende des Seniorenrates. So habe man etwa den Seniorenwegweiser neu aufgelegt, eine Seniorenverbraucherkonferenz organisiert, zahlreiche Gespräche mit den Städten und Gemeinden geführt und die Gründung ortsnaher Seniorenvertretungen angeregt. Regional sei der Austausch verschiedener Akteure und Organisationen vor Ort gefördert worden. Sein ausdrücklicher Dank ging an Landrätin Dorothea Störr-Ritter, den Kreistag und die Verwaltung des Landratsamtes für die finanzielle und sonstige Unterstützung des Kreisseniorenrates. Den abwechslungsreichen Nachmittag rundete das Referat "sicher fit unterwegs" ab. Der Vorsitzende der Kreisverkehrswacht Freiburg-Müllheim, Franz Kopp, stellte dabei die Veranstaltungsreihe "Mobil bleiben, aber sicher" der örtlichen Verkehrswachten vor. Hier würde der Wunsch älterer Menschen aufgegriffen, mobil zu sein und zu bleiben. Die Veranstaltungen vermitteln nützliche Tipps und Informationen, worauf ältere Menschen achten sollten, um sicher unterwegs zu sein. Damit würde der Tatsache Rechnung getragen, dass ältere Menschen einerseits über einen reichen Erfahrungsschatz verfügen und als Auto-, Motorrad- oder Fahrradfahrer eine oft jahrzehntelange Fahrpraxis mitbringen.
Andererseits treten im Laufe der Jahre aber körperliche Defizite auf, häufig auch unbemerkt, welche die Fahrsicherheit beeinträchtigen.
31.12.2010, Landkreis BH
 

 

Caritas eröffnet Beratungsstelle für Ältere im Dreisamtal

Immer mehr Ältere brauchen immer mehr gute Beratung - Caritas eröffnet „Beratungsstelle für ältere Menschen und deren Angehörige im Dreisamtal“ – Für Bürgermeister Andreas Hall eine „absolute Notwendigkeit“

Kirchzarten/Dreisamtal (glü.) Als das Land Baden-Württemberg 1991 insgesamt flächendeckend 220 sogenannte „IAV-(Information-Anlauf-Beratung)-Stellen“ einrichtete, waren die Politiker auf einem guten Weg. Sie hatten endlich einmal die Zeichen der Zeit, sprich: die Konsequenzen aus dem demografischen Wandel der Gesellschaft erkannt und richteten ein hilfreiches Beratungsnetz für ältere Menschen und deren Angehörige ein. Die Finanzierung teilten sich zu je einem Drittel Land, Kreis/Kommunen und Träger. Das ging gut und war gut bis zum Jahre 1999. Dann stieg das Land aus der „Anschub-Finanzierung“ – wie es seinen Beitrag klassifizierte – aus und ließ die Kommunen und Träger im Regen stehen. Das Aus für die IAV-Stelle Dreisamtal war gekommen. „Doch das wollten wir nicht so hinnehmen“, erklärte am Montagmorgen Kreis-Caritasgeschäftsführer Bernhard Scherer vor der Presse im Caritas-Altenpflegeheim Kirchzarten. Es entstand 2000 ein Altenhilfeverbund von Caritas, Diakonie, Kirchlicher Sozialstation und Pflegeheim mit einer Beratungsstelle in Stegen. Die Gemeinden des Dreisamtals unterstützten mit 50 Cent je Einwohner die wichtige Aufgabe. Als 2006 Kirchzarten und Oberried mit ihrer Freiwilligkeitsleistung ausstiegen, dauerte es bis Ende 2008, als jegliche Übergangslösungen scheiterten. Im Jahre 2009 gab es seitens der Caritas oder anderer Träger keine offizielle Beratungsstelle für ältere Menschen. Und die nun geforderten Rathäuser fühlten sich schnell wegen mangelnder Beratungskompetenz überfordert. Immer mehr pflegende Angehörige machten sich stark und forderten qualifizierte Beratung ein. Das Thema kam in Kirchzarten in den Bürgermeisterwahlkampf und der gewählte Kandidat Andreas Hall wurde massiv an sein Versprechen, sich des Themas anzunehmen, erinnert.

Ende 2009 kam es zu einer Vereinbarung, dass sich alle sechs Dreisamtalgemeinden – Kirchzarten, Oberried, Stegen, Buchenbach, St. Peter und St. Märgen – wieder mit einem Obolus von 70 Cent je Einwohner an einer neuen „Beratungsstelle für ältere Menschen und deren Angehörige im Dreisamtal“ in Trägerschaft des Kreis-Caritasverbandes beteiligen. Damit kann die Caritas immerhin zwölf Stunden der Diplom-Sozialpädagogin Gabriele Zeisberg-Viroli bezahlen. Die anfallenden Sachkosten wie Miete oder Material trägt die Caritas. Wichtig sei, so Bernhard Scherer, dass die Vereinbarung jetzt unbefristet mit Kündigungsmöglichkeiten geschlossen wurde. Ähnliche Vereinbarungen gäbe es an anderen Orten des Landkreises auch. Die früher in der Seniorenwohnlage Stegen ansässige Beratungsstelle befindet sich ab sofort im „Caritas-Altenpflegeheim Kirchzarten“. „Aus Kirchzarten kommen die meisten Anfragen“, weiß Gabriele Zeisberg-Viroli. Auch Norbert Mechsner, beim Kreis-Caritasverband als Fachbereichsleiter für die Altenhilfe zuständig, freut sich über die „Wiederbelebung“ der Beratung: „Die Einstellung der Gemeinden gegenüber solchen Freiwilligkeitsleistungen hat sich angesichts der enormen Zunahme alter Menschen positiv verändert. Die Gemeinden setzen damit ein wichtiges gesellschaftpolitisches Signal!“

Einen bunten Strauß wichtiger Aufgaben stellte dann Gabriele Zeisberg-Viroli vor. Sie will bei ihrer umfassenden Beratung von Pflege- und Hilfebedürftigen sowie deren Angehörigen mit der Erstellung eines individuellen Hilfeplanes sowie der Information über notwendige Versorgungs- und Unterstützungsmöglichkeiten helfen. Im Bedarfsfall vermittelt sie die erforderlichen Dienste – neutral und trägerübergreifend. Klar, dass für sie die Selbsthilfe und Unterstützung des sozialen Umfeldes vor der professionellen Hilfe steht – ambulant vor stationär. Ein wichtiges Beratungsthema ist sicher die notwendige Finanzierung von Pflege. Zeisberg-Viroli versteht ihren Einsatz als „aufsuchende Arbeit“: „Ich mache mir auf jeden Fall bei Hausbesuchen einen Eindruck vor Ort.“ Wichtig sei ihr auch, wenn sich Nachbarn mit ihren Sorgen und Beobachtungen bei melden. So könnten wichtige Versorgungslücken aufgedeckt werden. Die Sozialpädagogin empfiehlt übrigens, sich frühzeitig und prophylaktisch von ihr beraten zu lassen: „Die Auseinandersetzung mit dem Alter ist gerade bei der hohen Lebenserwartung heute ganz wichtig.“ Kirchzartens Bürgermeister Andreas Hall, den der „Dreisamtäler“ telefonisch nach seiner Meinung zur wiederbelebten Beratungsstelle fragte, hat eine ganz klare Position: „Diese Beratungsstelle ist eine absolute Notwendigkeit. Sie ist ein Muss angesichts der Bevölkerungsentwicklung.“ Das Dreisamtal sei der einzige weiße Flecken im Landkreis gewesen, der jetzt endlich gefüllt sei. Und dass er damit ein Wahlversprechen einlösen konnte, freut ihn besonders.
Gerhard Lück, 24.2.2010, www.dreisamtaeler.de

 

 

Seniorpartner in School (SiS) bildet zu Streitschlichtern und Mediatoren aus

Als Ingenieur suchte Dieter Fuhrmann nach technischen Lösungen, heute sind es zwischenmenschliche Konflikte, die der 73-Jährige lösen hilft: Er ist einer von 14 Freiburger Senioren, die der Verein Seniorpartner in School (SiS) zu Schulmediatoren ausgebildet hat. Seit Schuljahresbeginn kommt Dieter Fuhrmann nun jeden Mittwochvormittag in die Stühlinger Hebelschule, um gemeinsam mit seiner Kollegin Karin Vollbrecht (65) die Schülerinnen und Schüler als Gesprächspartner und Streitschlichter zu begleiten.
Alles von Stefan Merkle vom 19.5.2009 bitte lesen auf
http://www.badische-zeitung.de/freiburg/viel-zeit-zum-zuhoeren

 

Selbstbestimmtes Wohnen im Alter - Projekt

Vorwort: Wir alle haben einen „Horror“ davor, irgendwann einmal in einem „Heim zu landen“. Es gibt in unserem sozialen Umfeld genug traurige Beispiele. Zu einem menschenunwürdig, sowohl für die Bewohner als auch das Personal, zum anderen nicht bezahlbar. Entweder geht es an die eigenen Substanzen, nicht gerade zur Freude der evtl. Erben, oder das Sozialamt zahlt.  Und damit wir alle !
Eine lebens- und liebenswerte Zukunft, ein menschenwürdiges Dasein im Alter, das wünschen wir uns alle! Jeder Mensch braucht eine Aufgabe. Wird er „abgeschoben“, entmündigt,sein Tagesablauf bestimmt, baut er erfahrungsgemäß ganz schnell ab. Wer möchte sich schon bevormunden lassen ? Sein Schicksal selbst in die Hand nehmen – bestimmen
„Wie, wo, mit wem möchte ich meine nächsten ….. Jahre verbringen ?
Was erwarte ich, was bin ich bereit zu geben ?“
Haus zu groß, Gartenarbeit zu viel, einsam in den eigenen vier Wänden?
Kann ich Wohnraum bieten?  Oder möchte ich eine Hausgemeinschaft
gründen?
Jeder ein Reich für sich, aber nicht allein !
Wenn ich das Bedürfnis habe, mich  zurückzuziehen – kein Problem – wenn ich Lust auf ein gemeinsames Frühstück oder ein Schwätzchen habe – ab in die Gemeinschaftsküche. Wenn es mir mal nicht so gut geht, kann ich auf Menschen zurückgreifen, die mir Hilfe leisten, ohne für jeden „Händedruck“ zu zahlen.
Selbstbestimmtes Wohnen im Alter – ein Thema, was uns alle betrifft ! Uns, unsere Eltern – unsere Zukunft !!! Mit dem Vorwort ist eigentlich alles gesagt:

Mein Vorschlag:
Menschen motivieren, eine emotionale Ebene und Vertrauen schaffen – Gleichgesinnte zusammen bringen – im Rahmen von gemeinsamen Unternehmungen, feststellen, mit wem möchte ich unter einem Dach leben.  
Sponsoren suchen: z.B. Krankenkassen  - (könnten viel Geld einsparen in Bezug auf Pflegeversicherung & Co.) Volksbanken, Sparkassen – Finanzierung
Älteren Menschen Möglichkeiten bieten, sich mit ihren Erfahrungen einzubringen –   Oma und Opa „Dienst“, Betreuung, Alleinerziehende unterstützen,  gesunde Ernährung auf spielerische Weise vermitteln (KRANKENKASSEN können damit eine Menge Geld sparen – Hilfe, unsere Kinder sind zu dick …. Folgekosten…)

SOZIALES UND WIRTSCHAFTLICHES  verbinden !
Mensch sein, Mensch bleiben – Gutes tun und darüber reden !!!
1.        Vertrauen schaffen, emotionale Verbindung herstellen.
2.         Genossenschaftsgedanken „rüberbringen“
3.         Möglichkeit anbieten, Gleichgesinnte miteinander in Kontakt zu bringen
4.         Wohnprojekte realisieren

1 und 3 würde ich mir mit Ihrer/Euerer Unterstützung zutrauen… was heisst hier, würde ich -    traue ich mich !!! Allerdings, ich müsste da noch was in Sachen Rhetorik machen. Auf 2,3 Leute zugehen – kein Problem – aber vor einem großen Publikum ???  Nee, noch nicht!

Am Donnerstag 29.5.2008 habe ich einen Termin bei der ARGE. Werde dafür „kämpfen“, einen Rhetorik Kurs machen zu können. Mit meinem Einkommen ist das leider nicht zu finanzieren. „Selbstbestimmtes Wohnen im Alter“   menschenwürdig, lebens- und liebenswürdig -  ein Thema, was uns alle betrifft – zukunftsweisend !!!  
In diesem Sinne, packen wir es an !    -   „Wie, wo mit wem ?“   Fragebogen folgt !

26.5.2008, Heidi Reiser, Ballrechten, SAGES e.G., eMail: hei.reiser at t-online.de

  

 

Für ein neues Verständnis vom Alter: Mitverantwortliches Handeln

Professor Andreas Kruse, Institut für Geontologie Heidelberg,erinnert an Möglichkeiten alter Menschen, mitverantwortlich zu handeln

Der Beifall der annähernd 200 Frauen und Männer will schier nicht enden. Selbst vom Oberbürgermeister scheint an diesem Mittwochabend die Erschöpfung am Ende seines sitzungsreichen Arbeitstags während der vergangenen Stunde im Kaisersaal des Historischen Kaufhauses wie abgewaschen. Dieter Salomon, sechzig Minuten zuvor bei der Begrüßung noch sichtlich indisponiert, springt auf und bedankt sich aufs Herzlichste. Bei dem, dem der Applaus gilt und dem es gelungen scheint, den OB regelrecht zu begeistern: Andreas Kruse. Der Direktor des Instituts für Gerontologie (das ist die Wissenschaft vom Alter) an der Universität Heidelberg hat gerade deutlich gemacht: "Menschliches Leben im Alter kann nur gut gelingen, wenn es mitverantwortlich gelebt wird. Und die Frage an die Kommune ist: Wie ermöglichst du ein solches mitverantwortliches Leben, ein solches selbstverantwortliches Handeln älterer Menschen?" Das ist zugleich eine wesentliche "Ansage" des Fünften Altenberichts der Bundesregierung, den Andreas Kruse federführend erarbeitet hat. "Gib dem alten Menschen die Möglichkeit, mitverantwortlich zu handeln — und es wird neuer Schwung in den öffentlichen Raum kommen!" Darum geht es dem Heidelberger Professor: um ein neues Verständnis von öffentlichem Raum und um ein ganz anderes Verständnis von Alter. Nicht ohne Grund hat ihn das städtische Seniorenbüro für die Veranstaltungsreihe "Demographischer Wandel als Chance — Älterwerden gestalten" nach Freiburg geholt. Und der 52-Jährige lässt denn auch keinen Zweifel am notwendigen Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen. Möglichkeiten dafür sieht Andreas Kruse reichlich. Allerdings: "Wir müssen zu einer grundlegend anderen Auffassung des Alters kommen." Weg von der Verengung des Lebens aufs Körperliche, hin zu einer Wahrnehmung der Existenz als eines Ganzen (seelisch, geistig, kulturell). Und da sei niemand zu alt, um den öffentlichen Raum nicht mitgestalten zu können. "Das eigentlich Politische äußert sich nicht im Wählenkönnen, sondern verwirklicht sich in der Kommunikation mit anderen — und die Kommune ist der Ort dafür." Deshalb müsse es gelingen, jedem und jeder deutlich zu machen, dass ohne ihn und sie das Gemeinwohl nicht gelingen kann. "Es muss uns darum gehen, jeden Menschen in den öffentlichen Raum zu holen und ihm die Voraussetzungen zu schaffen, diesen Raum gestalten." Das gilt, ist Andreas Kruse überzeugt, auch für Menschen in Grenzsituationen ihrer Existenz. "Auch ein an Demenz erkrankter Mensch möchte sich zutiefst als politischer Mensch fühlen, sich nicht aus dem öffentlichen Raum hinausdrängen lassen." Als Beispiel erinnert der Professor an Johann Sebastian Bach, der in seinem letzten Lebensjahr, obwohl schwerstkrank, die "Kunst der Fuge" schrieb und seine Messe in h-Moll vollendete. Für Andreas Kruse ist es daher klar: Der alte Mensch hat nicht nur das Potenzial, mitverantwortlich zu handeln, er ist dazu geradezu verpflichtet. Vorausgesetzt, Chancengerechtigkeit bildet von klein auf die Selbst- und damit die Mitverantwortung aller Menschen aus. Der Beifall des Oberbürgermeisters und der anderen 200 will schier kein Ende nehmen.

Gerhard M. Kirk , 18.1.2008, www.badische-zeitung.de

 

 

Pflegeheime in Moneglia (I) und Freiburg (D)

Wo ist es am schönsten in Moneglia, einem kleinen Ort an der ligurischen Küste zwischen Genua und La Spezia? Natürlich an dem nur ca 300 m breiten Strand, der nach Osten und Westen von den steilen Felsen begrenzt wird. Und genau hier liegt die "casa di curare", das Pflegeheim. Damit die Besucher wie Urlauber es auch sehen, steht auf dem großen Schild "Il Gabbiano - Residenza Protetta per Anziani", also "Die Möwe - geschützte Residenz für Betagte". Das Erdgeschoß besteht im wesentlichen nur aus einem großen offenen Raum - dem Aufenthaltsraum. Hier findet alles statt, hier wird gesessen, gesprochen, gelebt. Hier wird der Besuch empfangen - da bekommt auch die Oma, die sonst nie besucht wird, etwas ab. Hier findet sogar die routinemäßige Arztvisite statt - Blutdruckmessen ist schließlich nichts geheimes. Und durch die großen bis zum Boden reichenden Scheiben können die Betagten (sie werden stolz Anziani genannt, also Alte, Betagte bzw. Bejahrte, nicht etwa Bewohner, Senioren oder Heiminsassen) über die Terrasse zum Badestrand, zum Meer oder nach rechts zum kleinen Fischerhafen schauen. Und zwar den ganzen lieben Tag lang. Morgens nach dem Aufstehen werden die Alten, sofern nicht bettlägrig, aus ihren Zimmern in den Aufenthaltsraum geholt und bleiben hier bis zum Abend - nur unterbrochen durch die Siesta bzw. Mittagsruhe, zu der sie nach dem gemeinsamen Mittagessen in die Zimmer gebracht werden. Im Aufenthaltsraum ist immer Betrieb, immer etwas los, gleichwohl in ruhiger und gemütlicher Atmosphäre und ohne TV. Hier gibts viel zu sehen, zu spüren und zu hören (molto rumore tutta la giornata): Badebetrieb und Strandleben von früh bis spät. Ob dieses bunte Treiben von den Alten bei so viel Demenz und Alzheimer überhaupt wahrgenommen wird? Meine Frage stößt auf Unverständnis bei der jungen Altenpflegerin: Dies sollen die Alten doch bitte selbst entscheiden dürfen. Badegäste in Bikini und mit Taucherbrille schauen herein zu den Alten auf den Stühlen, hinter den Gehfreis bzw. in ihren Rollstühlen, Kinder winken in der Hoffnung, dass eine Uroma vielleicht doch zurückwinkt.
Hier in Moneglia regiert der gesunde Menschenverstand, und der sagt, dass die Alten sich "mittendrin" am wohlsten fühlen. Dabei werden sie weder versteckt noch ausgestellt - so können sie teilhaben am Alltagsleben.

Blick nach Nordosten über den Strand von Moneglia am 7.11.2007 - links das rote Gebäude des Pflegeheims Pflegeheim "Il Gabbiano - Residenza Protetta per Anziani" mit Terrasse zum Strand Blick vom großen Aufenthaltsraum über Terrasse und Sandstrand zum Meer
Blick nach Nordosten über den Strand von Moneglia am 7.11.2007 - links das rote Gebäude des Pflegeheims Pflegeheim "Il Gabbiano - Residenza Protetta per Anziani" mit Terrasse zum Strand Blick vom großen Aufenthaltsraum über Terrasse und Sandstrand zum Meer
  am 7.11.2007

Nun zu Freiburg: Hier scheint der gesunde Menschenverstand durch gerontologisch-wissenschaftliche Untersuchungen etwas zugeschüttet zu sein: Pflegeheime in grabesruhiger Abseitslage, auch tagsüber verbringen der Senior und die gegenderte Seniorin die Zeit vornehmlich im eigenen Komfort-Eineinhalbzimmer mit TV und Dusche/WC. Und bei den Pflegeheimen in Innenstadtlage, wie in der Adelhauser- oder Hermannstrasse? Hier sorgt der moderne Fensterbau dafür, dass keinerlei Sichtkontakt zwischen Alten im Rollstuhl drinnen und Passanten zu Fuß draußen möglich ist.
Ich versuche, Moneglia auf Freiburg zu übertragen: Wo ist es am schönsten in Freiburg? Natürlich am Münsterplatz. Bei Oberkirch bzw. Historischen Kaufhaus geht nicht, da es hier zu schattig ist. Das Pflegeheim muß an dessen sonniger Nordseite liegen, beim Rappen oder besser im Basler Hof an der Ecke Marktgasse und Conrad-Gröber-Strasse. Das Regierungspräsidium als Denkmalschutzbehörde wird gerne den Einbau raumhoher Glasscheiben genehmigen - so können die Alten das bunte Treiben auf dem Wochenmarkt verfolgen, täglich zwischen 8 und 13 Uhr; und nachmittags können sie den zunehmend aus China angereisten Touristen beim "Wurschtessen" zuschauen. Und die Alten werden sogar von den Passanten gesehen und wahrgenommen, tagaus tagein.

Zusammenfassend zur Lage: In Moneglia liegt das Pflegeheim mittendrin am Strand, also am schönsten Platz: zentral, sonnig, laut (nicht von Autos, sondern von Menschen), also am Lieblingsplatz von jung und alt. In Freiburg liegen Pflegeheime vornehmlich fernab: Attribute wie freie Aussichtslage, Schwarzwaldblick, Villengegend, Residenz, "wo andere Urlaub machen" verdecken das, was im Grunde Abschiebung heißt.
Zusammenfassend zum Pflegekonzept: In Moneglia verbringen die Anziani bzw. Alten die meiste Zeit zusammen im offenen Erdgeschoß. Die riesige Panoramaverglasung gibt das Gefühl, dabei zu sein, draußen wie drinnen. In Freiburg wird die Tageszeit einsam in den eigenen vier Wänden abgesessen - unterbrochen durch Essen und Programm.
Zusammenfassend zum Schluß: In Moneglia ist man auf die Anziani stolz, man zeigt sie bzw. sich mit ihnen. In Freiburg heißen die Alten nicht mal mehr "Alte", sondern eher Heiminsassen und neuerdings Heiminsassinnen, die man komfortabel und sogar barrierefrei versteckt. Kursana-mäßig reicht die deutsche Sprache nicht mehr aus, um die Vorzüge dieser Altenpflegeheime zu beschreiben.
Ek,  12.11.2007

 

SeniorpartnerInSchool.de - Brückenschlag von Großeltern zu Enkeln

Seniorpartnerinnen und -partner sollen Schülern helfen, ihre Konflikte selbst zu lösen

Großeltern und Enkel können oft besser miteinander als Eltern und Kinder. Die von der Wirtschaft geprägte gesellschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre — Stichworte Flexibilität und Mobilität — sorgt jedoch dafür, dass sich Großeltern und Enkel nur selten sehen. So erfahren junge Menschen nur selten etwas von der Lebenserfahrung der Älteren und bekommen wenig von deren Gelassenheit und Zugewandtheit zu spüren. Seit 2001 versucht deshalb der gemeinnützige Verein "Seniorpartner in School" (SiS) wenigstens in der Schule Brücken zwischen Alt und Jung zu schlagen.

Und das demnächst auch in Freiburg. Hier nämlich will Brigitte Eckhardt vom SiS-Landesverband zu Beginn des Jahres 2008 mit der Ausbildung dieser Seniorpartner beginnen. Danach sollen sie regelmäßig an einem Tag in der Woche in einer Schule als Mediatoren und Mediator innen in Streitfällen vermitteln — und zwar unabhängig von Schulleitung, Lehrerinnen und Eltern. "Kinder sollen sich in der Schule ohne Stress wohl fühlen, um gut lernen zu können" , erklärt die Ärztin Brigitte Eckhardt, "dazu möchten wir beitragen, indem wir ihnen zeigen, wie sie ihre Konflikte selbst lösen können." Dabei verstehen sich die Seniorpartner innen und -partner nicht als Konkurrenz zu den an etlichen Schulen arbeitenden Streitschlichtern, sondern suchen die Zusammenarbeit. Da sie ihre ehrenamtliche Arbeit obendrein selbst organisieren, machen sie den Schulen auch keine zusätzliche Arbeit. Die Ehrenamtlichen sind 55 Jahre und älter und haben eine Ausbildung nach den Richtlinien des Bundesverbandes Mediation, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert und kostenlos angeboten wird. In Freiburg soll’s damit Anfang nächsten Jahres losgehen. Und Brigitte Eckhardt ist überzeugt, dass es auch hier Ältere gibt, die bei dieser Seniorpartnerschaft mitmachen werden, "weil sie Kinder gern haben — und weil sie Zeit haben, die sie sinnvoll nutzen wollen" . Um eine Brücke zur übernächsten Generation zu bauen und so für sie Verantwortung zu übernehmen, wenn sie sie schon als Großeltern kaum zu sehen bekommen.
24.10.2007, BZ

 

 

Der wahre Neuanfang - als Oma

Ein Anfang ist besser als ein Ende. Und ein Ende ist nur zu ertragen, wenn es einen neuen Anfang gibt. Nach dem Ende des Berufslebens noch mal ein Studium beginnen, ein Instrument lernen, ein Kunsthandwerk in Angriff nehmen, das wär’s. Hab’ ich auch gedacht und mich auf die Malerei gestürzt, mich mit Materialien, Techniken und Farben beschäftigt, mit Kunst und Künstlern auseinander gesetzt, Museen und Kurse besucht. Irgendwann hatte ich ein paar Grundlagen, und an dem Punkt hätte ich eigentlich richtig anfangen müssen zu arbeiten: Üben, ausprobieren, sehen, verwerfen und mir mit Versuch und Irrtum mühsam einen Weg bahnen, mich richtig reinknien, alles rund herum vergessen.

Aber dann kamen die Enkelkinder, es kamen andere Interessen, Verpflichtungen und Ablenkungen. Es fehlte die Kraft, es fehlte die Zeit, alles unter einen Hut zu kriegen. Und es kam die Einsicht, ich kann nicht mehr wie in meiner Jugend auf vielen Wegen gleichzeitig laufen. Und so bin ich irgendwie im Neuanfang stecken geblieben. Mein Aufbruch in die Malerei läuft auf ein nettes Hobby hinaus, alles andere wäre Selbstbetrug. Und denke ich an all die Ausstellungen in Wartezimmern und Cafés, Ausstellungen von Debütanten und Spätanfängerinnen, dann frage ich mich: Wie weit ist eigentlich der Weg zur Kunst? Was ist ein Neuanfang, wenn er in Inkompetenz und Dilettantismus endet? Und mir kommt der leise Verdacht, Professionalität und Können sind zumindest für uns Normalmenschen die Privilegien der mittleren Lebensjahre. Neidvoll schaue ich manchmal auf meine eigenen jungen Jahre zurück, als ich mit Tempo und Power vieles geschafft habe, was mir heute versagt bleibt.

Ja, es gibt Menschen, die sind kreativ bis ins hohe Lebensalter. Picasso hat mit 90 noch wunderbare Bilder gemalt. Es gibt Wissenschaftler, die schreiben in späten Jahren ihre besten Bücher, wie Eric Kandel, der in seinen Werken die Essenz seines Wissens und seiner Erfahrungen einer breiten Leserschaft zugänglich macht. Doch sie sind Ausnahmebegabungen, und sie setzen fort, was sie schon ihr Leben lang betrieben haben. Derweil nehmen mich mehr und mehr die Enkelkinder in Anspruch und bremsen meinen Ehrgeiz aus. Sie wollen mit mir spielen, basteln, malen und experimentieren. Ich zeige ihnen Tiere und Pflanzen, ich lese Geschichten vor und bringe ihnen Lieder und Gedichte nahe. Ich begleite sie durch ihre Kindergarten- und Schulzeit. Sie werden ins Leben hineinwachsen und ihre eigenen Kompetenzen entwickeln, hoffe ich wenigstens. Sie sind der wahre Neuanfang. Und meine Kompetenz besteht heute vor allem in Lebenserfahrung.
Ilse Bungers, 25.9.2007, BZ

 

Sinnfaktor für Ältere genauso wichtig wie Spaßfaktor für Jüngere

Aus dem Traum vom Reisen wird meistens nichts. Studie über Ruheständler

Altersträume und Wirklichkeit klaffen einer Studie zufolge weit auseinander. "80 Prozent der Berufstätigen träumen davon, im Alter große Reisen zu machen. Tatsächlich bleiben 70 Prozent nach der Erwerbsphase zu Hause" , sagte Zukunftsforscher Horst W. Opaschowski am Mittwoch bei der Vorstellung einer Untersuchung zu "Altersträumen" der "Stiftung für Zukunftsfragen". Ursache dafür sei nicht Geldmangel, sondern Trägheit und Bequemlichkeit. Statt sich in der Welt umzusehen, blieben die meisten Alten lieber zu Hause vor Radio und Fernseher oder im eigenen Garten. Wichtig für Menschen jenseits der 50 seien Familie, Freundschaft und soziales Engagement. "Der Sinnfaktor ist für Ältere genauso wichtig wie der Spaßfaktor für die Jüngeren", sagte Opaschowski. Auch der 80-Jährige wolle noch das Gefühl haben, gebraucht zu werden. Für die Studie wurden 2000 Deutsche befragt. Opaschowski betonte, dass der demographische Wandel inzwischen die Altersgrenze verschoben habe. "Alt ist man in Deutschland inzwischen erst mit 71,6 Jahren." Die attraktivste Zeit ist der Umfrage zufolge die "Mitte des Lebens" , das Alter vom 25. bis zum 49. Lebensjahr. Sie löse das Ideal Jugend zunehmend ab, hieß es weiter.
20.9.2007, www.rnz.de

Rüben ziehen statt reisen - Träume im Alter
Der "Freizeitforscher" Horst W. Opaschowski versteht es seit Jahren, Kaffeesatzleserei als Trend- oder gar gesellschaftlich relevante Sozialforschung zu verkaufen. Jetzt hat "Opa" seinen Kosenamen wieder einmal Lügen gestraft: Unsere Alten wollen gar nicht so, wie sie, rein demographisch und körperlich, könnten. Oder können umgekehrt nicht so, wie sie zu wollen behaupten. Der Geist ist jung und willig, das Gammelfleisch schwach. Von wegen Reisen, Kultur, Fortbildung, "wenn ich mal in Rente bin . . . " Unsere Senioren werden immer rüstiger und gefühlsmäßig jünger. Aber statt sich endlich die Träume ihrer Jugend zu erfüllen, hängen sie, wie wir alle, lieber vor der Glotze. Statt frei nach Udo Jürgens mit dem Motorrad durch die Sahara zu fahren, ziehen sie Rüben im Schrebergarten. Was für die Jungen "Sun und Fun" sei, sagt Opaschowski, ist für die so genannten Best ager Lebensfreude und Sinn. Wenn das Alter subjektiv-statistisch erst mit 71,6 Jahren beginnt, kommt die Rente mit 67 natürlich zu früh. Alt sind eh immer nur die anderen, und Jugend schützt vor Torheit nicht. Kaum dass Landrätin Pauli (50) ihre Latexhandschuhe versteigert hat, will sie den Bund fürs Leben nach sieben verflixten Jahren auslaufen lassen. Sie hat vielleicht nur an ihren Parteifreund Seehofer gedacht. Aber sie kann sich jetzt bald ihre Jugendträume im Garten erfüllen, während der alte Stoiber sich noch lange nicht mit dem Lehnstuhl begnügt.
Martin Halter, 20.9.2007, BZ

 

 

Gesellschaft weder überaltert noch unterjüngt, sondern generationenentwöhnt

Demographischer Wandel ist immer: "Unter-" und "Über-" sind Vorsilben, die eine Wertigkeit transportieren. Wenn wir etwa von "Unterversorgung" oder "Übertreibung" reden und schreiben, meinen wir eine Abnormität, mindestens eine Abweichung, die wir nicht hinnehmen dürfen.

"Überalterung" ist ein Unwort. "Unterjüngung" auch. "Überalterung" ist es, weil es nicht in einem wissenschaftlichen Sinne verstanden werden kann, sondern als ein "zu viel von" . Aber kann eine Gesellschaft zu viele Alte haben? "Mehr als genug" oder "mehr als zu gebrauchen" , etwa? Mindestens ebenso viel Unbehagen löst "Unterjüngung" aus. Da geht es assoziativ um einen lebensbedrohlichen Mangelzustand. Diesen hatten Boulevardblätter schon in den achtziger Jahren mit dem doch recht über-triebenen Wort von den "aussterbenden Deutschen" zu umschreiben versucht, da seit ziemlich genau 1975 die Zahl der Geburten die der Sterbefälle Jahr für Jahr unterläuft. Alle Erschreckensvokabeln dieser Art beruhen auf einem weit verbreiteten Missverständnis: Demographischer Wandel ist mitten unter uns. Denn er ist immer. Wobei der zweite Satz wichtiger erscheint als der erste. Anders gesagt: Die Altersstruktur unserer Gesellschaft ist keine Konsequenz unserer Jetzt- und Selbstbezogenheit. Sie ist schon gar nicht einer amtierenden Regierung zur Last zu legen. Sie ist vielmehr ein Produkt der späten 1960er und der 1970er Jahre. Wir löffeln immer anderer Leute Suppe aus.

Die heute Vierzigjährigen bekamen damals einen bildungsbezogenen, geschlechterrollenbezogenen und ökonomischen Aufbruch in die Wiege gelegt, der ihr Erwachsenenleben nachhaltig prägte. Heute schlagen sie dieser Gesellschaft den Takt, im Erwirtschaften und im Wiederausgeben, im Einandergleichtun und erst recht im Karriere-Basteln. Und eben diese heute Vierzigjährigen werden dereinst als Achtzigjährige andere Wertigkeiten, Biografien und Lebensentwürfe haben als andere Altengenerationen vor ihnen. Darf man ihnen dieses zum Vorwurf machen? Sie, die als Ausdruck unseres Wohlstandes, als Baby-Boomer willkommen waren und denen viele heute nicht sagen können: "Wohin mit euch in dreißig, vierzig Jahren?" Demographischer Wandel ist immer, nur immer anders. Er verlangt nach Gestaltung, aber auch nach "Verständnis" für die Zeiten, aus denen er herrührt. Oder, mit den Worten eines namhaften Demographieforschers: Der demographische Bremsweg beträgt ziemlich exakt 30 Jahre. Jetzt suchen manche nach einer Reißleine, um den freien Fall in eine andere Gesellschaft abzufangen. Aber an welchem Fallschirm würden wir baumeln? Die Programme sind benannt: Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Verbesserung der Betreuungsinfrastruktur für Kinder im Vorschulalter, insbesondere von unter Dreijährigen, deutliche materielle Entlastung von Familien. Nun: Gelänge es tatsächlich, so die Geburtenzahlen zu steigern, so hätten wir es doch mit einer polarisierten Altersstruktur zu tun: Hier die zunehmende Zahl der Alten und Immerälterwerdenden, dort die Kinder und Jugendlichen, die in einer anderen Welt groß zu werden versuchen. Und dazwischen eine von den Anforderungen einer sich rasant verändernden Arbeitswelt gehetzte Generation, deren Versorgungsleistung in beiden Richtungen, gegenüber jung und alt, längst an der Überforderungsgrenze angelangt ist. Drei biographische Welten. Jede ohne wirklichen Bezug zu den anderen Welten, aber dafür mit Ansprüchen. Möglicherweise hat der Umstand, dass wir dieser Gesellschaft vergeblich mehr Kinder wünschen, mehr mit unseren Erwartungen und Ansprüchen als mit unseren Möglichkeiten zu tun. Genau betrachtet stehen wir vor einem scheinbaren Widerspruch: Gerade weil wir Kinder im Grunde genommen bestmöglich um- und versorgen wollen, setzen wir erst keine in die Welt. Soziologen nennen dies das "Perfect Nest" -Syndrom. Die partnerschaftlichen Rollen der Geschlechter verteilen sich (langsam, aber sicher) zunehmend gleicher. Paare verwirklichen sich in vielfältigen Bezügen (Beruf, soziale Netze, Freizeit, Konsum). Der Kinderwunsch wird dabei immer aufgeschoben. Es passt am Ende nie oder nur noch für — statistisch — einundeindrittel Kind.

Solange die Kinder noch im (elterlichen) Hause sind, ist ja zunächst noch alles in Ordnung mit dem Generationenvertrag im gesellschaftlichen Mikrokosmos. Sind die Kinder aber erwachsen, beruflich "unterwegs" oder schon (woanders) etabliert, löst sich dieser Generationenvertrag im gesellschaftlichen Mikrokosmos in Luft auf. Mit dem leeren Nest kommt für immer mehr Menschen eine Situation, in der sich jede Generation auf sich zurückgeworfen sieht. Noch problematischer sieht es für Menschen ohne Kinder aus. Jede zehnte Frau des Geburtenjahrganges 1940 ist kinderlos geblieben. Unter allen Frauen des Geburtenjahrganges 1955 ist es schon jede Fünfte. Im Jahre 2030, wenn sie 75 Jahre alt sein wird, wird jede Fünfte die Versorgungsfrage stellen. Aber wem? Wir sind also nicht überaltert oder unterjüngt, sondern "entgenerationalisiert" . Auch so ein Unwort. Sagen wir besser: "generationenentwöhnt" . Das Zusammenleben von mehr als zwei Generationen ist kein Modell mehr. Das mag an verlorenen Funktionen liegen, am Gefühl, gebraucht zu werden, jenseits der emotionalen "Nestwärme" , die wir auch heute in der Familie suchen, wenn auch auf immer größer werdende Distanz. Wonach wir also suchen sollten, sind neue Rollen der Altersphasen. Da fehlt es uns an (Be-)Deutungen der Altersphase unmittelbar im Anschluss an die Erwerbsphase ebenso wie an Antworten für die wachsende Zahl Hochaltriger, die unserer Hilfe bedürfen. Wenn uns die Altersbilder schon nicht in Ruhe altern lassen, dann sollten wir uns wenigstens etwas Vernünftiges zu tun geben.
Berthold Dietz, 1.8.2007

Berthold Dietz, Jahrgang 1967, ist Prorektor der Evangelischen Fachhochschule Freiburg und daselbst Professor für Soziologie.

 

 

Henning Scherf: WG, Pflege, Mehrgenerationenhaus, Familie, Heim

Wie weiter, wenn es nicht mehr geht? Sollten alte Menschen daheim gepflegt werden, im Kreis der Lieben, oder von Profis im Heim? Stefan Hupka fragte den früheren Bremer Bürgermeister Henning Scherf nach seinen Vorschlägen und WG-Erfahrungen.

BZ: Herr Scherf, man wünscht es niemandem, aber wenn es dazu kommt, dass Sie pflegebedürftig werden, von wem wollen Sie dann gepflegt werden?
Scherf: Von Verwandten und Freunden. Wir leben hier seit zehn Jahren zusammen und haben schon zwei von uns bis zu ihrem Tod begleitet. Wir haben das alles mit eigenen Kräften geschafft. Und wir haben uns hier fest versprochen, dass wir uns nicht alleine lassen und uns gegenseitig helfen, wenn es so weit ist.
BZ: Das kann harte körperliche Arbeit sein. Fürchten Sie auch Überforderung?
Scherf: Wenn das der Fall sein sollte, weil wir selber älter und schwächer geworden sind, dann möchten wir zu Hause ambulante Hilfen in Anspruch nehmen.
BZ:
Wollen Sie die Fälle kurz schildern?
Scherf: Eine unserer Mitbewohnerinnen, Rosemarie, wurde krebskrank und wollte nicht ins Krankenhaus. Da haben wir gesagt, gut, das schaffen wir, wenn es sein muss, rund um die Uhr, einer nach dem anderen. Nach ihrem Tod wurde ihr ältester Sohn, der auch bei uns lebte, todkrank. Auch er wollte zu Hause sterben. Ihm haben wir fünf Jahre lang geholfen.
BZ: Kosten die täglichen und nächtlichen Verrichtungen Sie Überwindung - Hygiene bei Inkontinenz und so weiter?
Scherf: Wenn man mal drin ist in dieser Aufgabe, kostet das keine Überwindung mehr. Alleine wäre man wohl schnell überfordert. Dann käme man auch wohl kaum zum Schlafen. Aber mit mehreren, in diesem Fall acht, geht das. Dann kann man sich das teilen.
BZ: Diese Wohnform, ein Mehrgenerationenhaus, wie Sie sagen, ist also in Ihren Augen etwas, das man propagieren kann?
Scherf: Unbedingt! Gerade im Zusammenhang mit unserem Thema. Ich bin sehr dafür, dass man sich in seiner Nachbarschaft oder, wenn es geht, sogar unter einem Dach darauf einstellt, jemanden zu pflegen. Das kann und sollte man üben und lernen. Man kann sich auch an Institutionen wenden, die einem helfen, damit man es selber schafft. Früher war häusliche Pflege eines Angehörigen die Regel. Heute ist sie die Ausnahme.
BZ: Sehen Sie das als Bürgerpflicht an?
Scherf: So will ich das ungern nennen. Manche können es ja aus objektiven Gründen gar nicht. Aber ich wünsche mir, dass das gelingt. Es ist eine Sache auf Gegenseitigkeit. Ich biete sie meinen Freunden an und kann so auch selber leichter zulassen, zum Pflegefall zu werden. Nicht Pflicht, sondern gegenseitiges Vertrauen ist die Basis dafür.
BZ: Sie haben darauf hingewiesen, dass Menschen heute im Idealfall noch 30 Jahre zur Verfügung haben zwischen dem Eintritt in den Ruhestand und dem Lebensende. Da kann man viel unternehmen, zum Beispiel Kreuzfahrten — oder einen Angehörigen pflegen. Ist das nicht doch eine Frage der Verantwortung?
Scherf: Ich jedenfalls möchte gerne mein Leben sinnstiftend verbringen. Ich bin keiner, der nur unterhalten und abgelenkt werden will. Ich möchte alles wissen und alles annehmen können, auch meine schwierigen Lebensabschnitte. Dazu gehört, dass ich mich vertraut mache mit dem Pflegen, mit der Last, die da auf einen zukommt. Ich glaube, dieses Bewusstsein muss wieder in unsere Mitte gerückt werden.
BZ: Wie meinen Sie das?
Scherf: Wir haben uns aus vielerlei Gründen darauf eingerichtet, dass uns das Pflegen abgenommen und anderswo erledigt wird, dass es eine Stelle gibt, bei der man diese Last abliefern kann. Das ist kein guter Weg. Das bedeutet ein Abwehren und Abwerten dieser wichtigen Lebenserfahrung, den Versuch, einen Teil des Lebens zu verdrängen. Ich möchte aber auch diesen Teil gerne annehmen, gerne mehr darüber wissen, mehr können und das Wissen und Können weitergeben. Natürlich hoffe ich, dass ich auch davon profitiere, wenn ich einmal selbst pflegebedürftig bin.
BZ: Von den Profis der Wohlfahrtspflege bekommt man oft zu hören: Lasst uns mal machen, wir verstehen mehr davon. Sollten sich die Profis mehr zurückhalten?
Scherf: Ja, bitte. Ein solches Verhalten ist schon fragwürdig. Ich kenne viele Profis, da ich jahrelang als Sozialsenator selbst für diesen Sektor verantwortlich war, auch viele Einrichtungen aufgebaut habe. Ich habe selbst eine Pflegeausbildung gemacht und selbst gepflegt. Ich weiß, wie das ist. Deshalb werbe ich unter den Profis — bei wachsender Zustimmung übrigens — , dass wir nicht alles professionalisieren. Stattdessen sollten wir aus humanen Gründen die Hilfe der Nachbarschaft, der Familie und der Angehörigen mehr fordern und fördern. Wir sollten denen das nicht alles abnehmen, sondern sie stärker motivieren, weil es um Menschlichkeit geht und weil so viele pflegebedürftige Menschen sich das wünschen.
BZ: Sollten die Profis sich etwa überflüssig machen?
Scherf: Überflüssig werden die nie sein. Sie werden die häusliche Pflege unterstützen und helfen, wenn die Amateure nicht mehr weiterkommen. Sie springen ein, wenn es nicht mehr geht, aber sie ersetzen nicht einfach die gegenseitige Mithilfe, sondern sie machen sie möglich. So sollten wir das sehen.
BZ: Sollte man das Geben und Nehmen stärker organisieren, mit Zeitkonten, Seniorengenossenschaften, vertraglichen Gegenleistungen und so weiter?
Scherf: Ich kann mir da ganz viel vorstellen. Es gibt auch schon ganz viel. Man muss sich das mal überlegen: Es ist der größte Arbeitsmarkt, den wir haben, mit den meisten Beschäftigten. Natürlich wächst er weiter, weil wir alle älter und weil immer mehr Menschen älter werden. Auf diesem großen Dienstleistungssektor sollte es viele, viele Alternativen geben. Es muss bunt zugehen, und es darf nicht immer nur die eine Antwort geben: Wir nehmen euch in die Vollpflege, wollen das möglichst alleine machen und brauchen weder Mithilfe noch Arbeitsteilung. Das wäre eine Sackgasse.
BZ: Einerseits sollen Erwerbstätige immer mobiler werden, verlangt die Politik, andererseits sollen die Familien bei der Pflege der Angehörigen zusammenhalten. Wie passt das zusammen?
Scherf: Stimmt, da gibt es viele schmerzliche Prozesse. Damit muss man umgehen lernen. Wenn ich es dann nicht mit meiner Familie schaffen kann, weil mein Arbeitsplatz nicht familiennah ist, muss ich mich eben in der neuen Nachbarschaft umsehen und es dort organisieren.
BZ: Was schlagen Sie da konkret vor?
Scherf: Ich plädiere für Wahlfamilien, dafür, dass wir Nachbarschaften mobilisieren, dafür, dass wir diese Monokultur — alles konzentriert sich nur auf die Kleinstfamilie — beenden, dass wir generationenübergreifende Quartiere in den Mittelpunkt rücken, in denen dann auch beruflich mobile Leute einen Rahmen für gegenseitige Hilfe haben. Wenn sie nicht für die eigenen Eltern und Geschwister da sind, dann eben für Freunde, Kollegen und Wohngenossen. Da ist eine große Entwicklung im Gange.
BZ: Auch bei den Trägern?
Scherf: Bei manchen. Es gibt hier einen Träger, die Bremer Heimstiftung, die ich selber jahrelang geleitet habe, der größte Träger in Bremen, die bauen nur noch Quartiere und Dörfer, und sie bauen keine Alteneinrichtung mehr ohne Krippe, ohne Kindergarten, ohne Angebote für Menschen, die als Berufstätige mit kleinen Kindern ihren Arbeitsalltag organisieren müssen. Die haben einen Zuspruch wie niemand sonst, da wollen die Leute hin. Das ist die Zukunft.
BZ: Was halten Sie vom neuen Anlauf zu einer Pflegereform?
Scherf: Ich finde, die sind auf dem richtigen Weg, ich finde das alles ein bisschen zu zaghaft, ich würde gerne weitergehen, aber ich weiß, dass man in Koalitionen Rücksicht nehmen und auch den kleinen Nenner hoch schätzen muss. Aber sie haben’s kapiert: Es darf nicht alles immer auf Professionelle und Heimunterbringung hinauslaufen, sondern es muss, bitte sehr, in wachsendem Maße Unterstützung für nachbarschaftliche, ambulante Versorgung Gebrechlicher möglich sein.
BZ: Auch, weil es sonst nicht mehr bezahlbar ist?
Scherf: Auch deshalb, aber vor allem aus Humanität. Ich bin oft unterwegs in Einrichtungen und habe Tausende kennen gelernt, die dort leben. Ich weiß, was sie sich wünschen. Und weil sie selbst sich kaum äußern, sage ich es: Die ganz große Mehrheit möchte in vertrauter Umgebung alt werden und sterben und wünscht sich dringend, wirklich dringend, dass wir diesen Wunsch respektieren. Stoppen sollten wir also die Investorenmodelle, die jetzt überall aus ökonomischen Gründen, weil sie dicke Rendite wittern, ein großes Haus neben das andere an den Rand der Städte bauen. Die Menschen wünschen sich etwas anderes.

Henning Scherf wurde 1938 in Bremen geboren und war erst Sozial-, dann Bildungssenator und bis 2005 Bürgermeister seiner Heimatstadt. Der Sozialdemokrat hat in Freiburg und Berlin Jura und Soziologie studiert. Er lebt mit Ehefrau Luise in einer achtköpfigen Wohngemeinschaft in der Bremer Innenstadt

Badische Zeitung Freiburg
21.7
.2007, www.badische-zeitung.de




Generationen im Austausch - Forum Alt + Jung

Demographische Entwicklung fordert ehrenamtliches Engagement

Wie überall in Deutschland leben auch im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald immer mehr ältere Menschen. Glaubt man den Prognosen, wird in Baden-Württemberg bis 2030 die Zahl der 60jährigen und
Älteren um 46 Prozent und die Zahl der 90jährigen und Älteren sogar um 132 Prozent ansteigen. Darüber hinaus werden immer weniger Kinder geboren und die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter wird sinken. Mit Blick auf die demographische Entwicklung ist es höchste Zeit, Strukturen zu entwickeln, die sich an den Bedürfnissen aller Generationen orientieren, besonders auch an den Bedürfnissen älterer Menschen. Das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald hatte deshalb zu einem Forum  "Alt &  Jung - Generationen im Austausch" eingeladen. Hier standen besonders neue Formen des Miteinanders und der gegenseitigen Unterstützung der Generationen im Fokus. Sechs Projekte aus der Praxis stellten ihre Ideen und bereits umgesetzten Maßnahmen vor.

So etwa das Schüler-Senioren-Projekt der Ernst-Leitz-Schule aus Sulzburg. Seit September 2004 besuchen die Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse in ihrer Freizeit jeden Montagnachmittag die Bewohnerinnen und Bewohner der Gevita Residenz in Müllheim. Bei schönem Wetter fahren die Jugendlichen die Heimbewohnerinnen und -bewohner in  ihren Rollstühlen spazieren, bei schlechtem Wetter wird unter anderem gemeinsam gesungen, gebastelt, erzählt und Kaffee getrunken. Bei diesem Sozialprojekt gibt es Raum für Begegnungen zwischen Jung und Alt. Beide Seiten können voneinander lernen. So erwerben die Jugendlichen durch den Umgang mit Senioren wertvolle soziale Kompetenzen. Der anwesende Lehrer berichtete, dass man sowohl den Seniorenheimbewohnern als auch den Schülern anmerkt, dass sie Interesse und Freude an den Gesprächen und den abwechslungsreichen gemeinsamen Unternehmungen haben. Dieses Sozialprojekt wurde zwischenzeitlich in das Schulprogramm aufgenommen und jeder beteiligte Schüler erhält nach Abschluss ein Zertifikat von der Gevita und von der Schule sowie eine Dokumentationsmappe über die durchgeführten Arbeiten.

An den Schulen in Bad Krozingen, Hartheim und Staufen richtete man in diesem Frühjahr eine generationsübergreifende Berufsstarthilfe ein. Hier kooperiert das Kinder- und Jugendbüro der Stadt Bad Krozingen und das Jugendreferat der Stadt Staufen mit dem Lions Club Bad Krozingen-Staufen. Erfahrene Mitglieder des Lions Club sind seit Frühjahr 2007 Mentoren, die Schulabgängerinnen und Schulabgänger individuell auf ihrem Weg in ein Ausbildungsverhältnis begleiten. Der sogenannte "Lions-Freund" steht hier mit seinen Erfahrungen und Kontakten in die Wirtschaft den Jugendlichen, die eine Begleitung wünschen, zur Verfügung.

Ein außergewöhnliches und bisher einmaliges Projekt in Deutschland stellte Ursula Mangold aus Bollschweil vor. Die Initiative bolando steht für Wohnen in Bollschweil - Leben auf dem Land -  Begegnen im Dorf. Sie sorgt dafür, dass in Bollschweil das erste genossenschaftlich geführte Dorfgasthaus in Deutschland entsteht. Es ist als Einkehrmöglichkeit für Vereine und Wanderer, als Ort für private Feiern und kulturelle  Veranstaltungen und besonders als Begegnungsstätte für die Bollschweiler gedacht. Das Gasthaus öffnet frühestens im Sommer 2008. Die Initiative schweißt aber bereits jetzt viele Einwohner Bollschweils unterschiedlichsten Alters zusammen.

Weitere gute Beispiele für ein vorbildliches Miteinander sind die Arbeitsgruppe "Alt und Jung begegnen sich" aus Gottenheim, die regelmäßige Besuche im Seniorenwohnheim organisiert und die sich gerne um alle Senioren in der Gemeinde kümmern möchte. Oder das Haus der Generationen Südbaden e.V. aus Heitersheim, das sich als generationsverbindende Lebensinitiative versteht. Der Verein gründete im April 2006 ein Begegnungszentrum in Heitersheim für alle Generationen mit großem Seminarangebot. Im April 2007 wurde das erste generationsübergreifende Wohnhaus in Bad Krozingen von zwei Familien bezogen, die sich im Alltag gegenseitig unterstützen. Schließlich das Kursangebot "Eltern pflegen - Eltern sein" des Caritasverbandes für den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Hier werden pflegende Angehörige mit Kindern in ihrer Pflege- und Elternkompetenz gestärkt.

Am Ende der Veranstaltung hatten die Gäste, Referenten und Referentinnen im "Wiener Café" Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch. An mehreren Gruppentischen entstanden rege Diskussionen zu selbst gewählten Inhalten. Abschließend stand für alle Anwesenden fest, dass die Themen noch lange nicht ausgeschöpft sind und weitere Forumsangebote des Landratsamtes gerne angenommen werden.
Landratsamt, 25.6.2007




 

Wie überstehen Familien und Unternehmen den Generationswechsel?

"Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben, sie ist böse, gottlos und faul. Sie wird niemals so sein, wie die Jugend vorher, und es wird ihr niemals gelingen, unsere Kultur zu erhalten." Auch wenn heute selten derart absolute und schonungslose Äußerungen über die Jugend zu hören sind - die zitierte findet sich eingekratzt in eine babylonische Tontafel - , hat sich eines doch über Jahrtausende hin erhalten: das tiefe Misstrauen der Alten, ob die Jungen das Überlieferte auch in zufrieden stellendem Maße weitertragen und am Leben erhalten wollen - und/ oder können. Im Gegenzug die ewige Anstrengung der Jungen zu zeigen, dass sie auch etwas können, nicht immer dasselbe, aber ebenso gut.

Immer wieder, und wie man sieht "schon immer" , ist die verschiedene Sichtweise der Generationen ein ergiebiges — und anstrengendes — Thema. Vor einigen Jahren hat dieses Thema auch in der Wirtschaft Einzug gehalten, verbunden mit der (Wieder-) Entdeckung eines längst vertrauten Phänomens: Familienunternehmen oder "family business" , wie der Fachbegriff in der angelsächsisch geprägten Wirtschaftssprache genannt wird. Die Organisationslehre hat erkannt, dass unterschiedliche Typen von Unternehmen unterschiedlich funktionieren und unterschiedlichen Erfolgsgesetzen unterliegen. Unternehmen, deren Eigentümer in einer anonymen Aktionärsgemeinschaft verschwinden und deren erkennbare Ziele sich auf wachsende Marktanteile und wachsenden shareholder value reduzieren, haben zunehmend Mühe, ihren Mitarbeitern eine ausreichende Identifikationsplattform zu sein. Wer aber dauerhafte Leistung und Loyalität von qualifizierten Mitarbeitern will, muss mehr bieten als eine Firmenphilosophie auf Hochglanzpapier oder ab und an flexible Lohnzulagen.

Familienunternehmen sind wieder Mode geworden
Wie passt das eigentlich zusammen: Familie und Unternehmen? Ist nicht die Welt der Unternehmen geprägt von Nüchternheit, Kühle und Rationalität, während im Reich der Familie die Emotionalität regiert? Dass es nicht nur passt, sondern unter bestimmten Voraussetzungen sogar ein vielen anderen überlegenes Unternehmensmodell sein kann, ist Gegenstand eines zur Zeit intensiv wachsenden Forschungsfeldes. Hier interessiert uns ein ganz spezieller Aspekt der Familienunternehmen: der Generationswechsel. Eine (wiederholt auftretende) Entwicklungsstufe für Familienunternehmen, die an Komplexität nichts zu wünschen übrig lässt. Die Existenz des Unternehmens soll gesichert werden, die Familie soll als Familie auch nach dem Generationswechsel noch eine möglichst harmonische Einheit sein — und nicht zuletzt soll das Vermögen von Unternehmen und Familie erhalten und gerecht verteilt werden. Man muss kein ausgewiesener Experte sein, um das Konfliktpotential zu erkennen, das in dieser scheinbar harmlosen Sollaufzählung steckt. Es ist aber keine Frage des Schicksals, ob sowohl Familie als auch Unternehmen einen Generationswechsel unbeschadet überstehen, möglicherweise sogar neue fruchtbare Impulse für alle Beteiligten zu gewinnen sind. Hilfreich ist, das komplexe Gefüge der Situation zu differenzieren und einzelne Aspekte auch je getrennt zu betrachten. (Externe Experten, die zu Rate gezogen werden können, qualifizieren sich unter anderem dadurch, dass sie dabei die Grenzen ihrer eigenen Expertise erkennen und nicht auf allen Feldern zugleich "mitmischen" .) Die Wissenschaft hat das Geschehen in Familienunternehmen in drei Bereiche unterteilt, die auch beim Generationswechsel je für sich betrachtet und gelöst werden müssen.

Das Vermögen
Das Vermögen für ein Unternehmen zu wahren, verlangt langfristige Planung unter geschickter Kenntnis unserer verstrickten Steuergesetzgebung.Ein Thema dabei, das keinesfalls allein unter steuerlichen oder gar lediglich mathematischen Gesichtspunkten "erledigt" werden darf, ist die Frage einer gerechten Aufteilung des Erbes. Was ist das Unternehmen wert? Wie soll der Ausgleich in Privatvermögen für die Nicht-Nachfolger im Unternehmen aussehen? Hier muss Offenheit gelernt und geübt werden, Bedenken müssen auf den Tisch zwischen allen Betroffenen. Werden im Vorfeld der Übergabe nicht ehrlich Interessen, Wünsche und auch Bedenken diskutiert, wird die Familie, häufig dann die Geschwister ohne die bindende Kraft der Eltern, in späteren Jahren so manchen erbitterten Kampf um Gerechtigkeit neu kämpfen müssen.

Die Familie
Wurde Familie früher eher als zuverlässig funktionierende Versorgungseinrichtung für alle Generationen verstanden, so ist die Vorstellung, Familie sei ein Ort des gegenseitigen Wohlwollens und der Liebe, heute stark in den Vordergrund gerückt. Hohe Erwartungen werden an die Kinder gerichtet, mit der Fortführung des Lebenswerkes der Eltern diesen zugleich den erwünschten Respekt zu zollen. Wie aber kann ich als Nachfolger die unvermeidlichen und notwendigen Fehler machen, ohne das Werk der Übergeber zu beschädigen, wie kann ich die notwendigen Erfahrungen machen, wenn "die Alten" nicht loslassen können?

Das Unternehmen
Verlässlichkeit und Tradition sind für jedes Unternehmen hohe Güter — und bergen die Gefahr, sich zu sehr an Bewährtem zu orientieren. Veränderung aber ist lebensnotwendig für die Kontinuität eines Unternehmens. Eine Charakterisierung unternehmerischen Handelns als "kreative Zerstörung" trifft die Sache gut. Generationswechsel sind exemplarische Situationen für solche gefürchteten Zerstörungen. Exemplarisch deshalb, weil sich hier zeigt, wie schwierig es für die Kontinuität eines Unternehmens ist, bewährte Wege zu verlassen. Und wie — paradoxerweise — gerade im Loslassen der gesicherten Traditionen erst Zukunftsfähigkeit für ein Unternehmen zu erreichen ist.

Andrea Steinhilber, 29.5.2007, www.suedkurier.de
Professorin an der Hochschule Konstanz und Partnerin der consensis Unternehmerberatung.
www.consensis.de/consensis/index.php

 

 

Wohnideen für Alte: Vom Mehrgenerationenhaus bis Senioren-WG

Eine abbezahlte Immobilie galt einmal als wichtige Anlage fürs Alter. Die Zeiten haben sich geändert. Die Kinder wollen das Haus meist nicht mehr, älteren Menschen ist es oft zu anstrengend, es in Schuss zu halten. Also verkaufen viele Senioren und ziehen um. Dabei müssen sie nicht zwischen Eigentumswohnung oder Altersheim wählen. Vom Mehrgenerationenhaus bis zur Senioren-WG gibt es neue Wohnformen.


46 Treppenstufen sind es vom ausgebauten Dachboden bis in den Keller. Heidi Puchtler weiß es genau. Schließlich hat sie die Stufen 33 Jahre lang gewischt. Früher täglich, dann noch drei mal die Woche. Dazu der Garten: Fast 800 Quadratmeter Rasen, Blumenrabatten, Bäume, die im Herbst viel Laub abwerfen. Von den sieben Zimmern im Haus standen mehr als die Hälfte leer — die Kinder waren längst aus dem Haus, ihr Mann verstorben. Heidi Puchtler, 67 Jahre alt, hatte genug. "Die viele Arbeit, die hohen Kosten" , sagt sie. Auch wenn es ihr schwer fällt, sich vom Traumhaus mit Kachelofen zu trennen — sie hat sich eine Eigentumswohnung gekauft und ist umgezogen, vom Bayreuther Vorort ins Stadtzentrum. 86 Quadratmeter stellen nun für sie ein überschaubareres Terrain dar. Die Situation von Heidi Puchtler ist typisch für ihre Generation: Die für die große Familie erworbene Immobilie hat ausgedient. Zu groß, zu teuer in der Instandhaltung und viel zu viel Arbeit. So empfinden es viele ältere Menschen. Nur selten haben die Kinder Interesse an den hart erarbeiteten vier Wänden der Eltern. "Heute wird Mobilität im Berufsleben erwartet: Die Kinder ziehen weg und haben ihren Lebensmittelpunkt oft anderswo" , sagt Holger Geissler, Psychologe im Kölner Marktforschungsunternehmen Psychonomics.
"Für Kinder ist eine Immobilie der Eltern oft lediglich ein Vermögenswert" , sagt Robert Anzenberger, Vorstand des Münchner Immobiliendienstleisters Planet-Home. Wird ein Haus vererbt, sei der erste Gang oft direkt zum Makler. Die gängige Vorstellung, dass ein abbezahltes Haus die beste Altersvorsorge sei, weil man von der Rente keine Miete mehr bezahlen müsse, ist hinfällig. Das kann so sein, trifft aber in vielen Fällen nicht zu. Zwischen drei und vier Euro pro Quadratmeter kostet ein Haus an Instandhaltung im Monat, rechnet Anzenberger vor. Dazu gehören Strom, Heizung, Wasser und kleine Schönheitsreparaturen. "Eine neue Heizanlage oder ein neues Dach sind nicht eingerechnet." Viele Menschen scheuen im Alter die Kosten. Die Folge: Die Immobilie verliert an Wert. Eine von vielen Alternativen: Statt die oft knappe Rente in ein überdimensioniertes Haus zu stecken in eine Eigentumswohnung umziehen — ein Modell, das inzwischen viele ältere Menschen wählen. "Das ermöglicht Unabhängigkeit bei Reisen, weniger Arbeit und Wohnkomfort. Dazu schafft man sich durch den Verkauf des Hauses Liquidität, die wirtschaftliche Freiräume schafft" , sagt Anzenberger. Auch im Alter zur Miete zu wohnen halten Geldanlage-Experten für überlegenswert. Das spart — je nach Größe der Immobilie — Steuern und Versicherungen, die beim Eigentum fällig werden.

Da viele ältere Menschen weder alleine leben noch ins Altenheim umziehen wollen, schafft das neue Wohnformen: Mehrgenerationenprojekte, bei denen Jung und Alt unter einem Dach leben, sich helfen und unterstützen, werden immer beliebter. Ein anderes Modell lebt Bremens Ex-Bürgermeister Henning Scherf vor. Er wohnt seit 17 Jahren in einer Alten-Hausgemeinschaft. "Eigentumswohnung unter einem Dach mit Freunden, verbindlich und distanziert zu gleich, auf Dauer angelegt und auf Fürsorge" , sagte er in einem Interview.

Die klassische Wohngemeinschaft ist nicht mehr nur Studentensache. Volker Kowitz vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) sieht darin eine zukunftsweisende Wohnform: "Man hilft sich in der Wohnung gegenseitig, ist in Gesellschaft, beugt Vereinsamung vor und lebt mit Mitbewohnern zusammen, die man sich aussucht." Elf Frauen zwischen 65 und 91 Jahren, die seit mehr als zehn Jahren in wechselnder Besetzung in einer Göttinger Jugendstilvilla zusammenleben, sind das viel zitierte Paradebeispiel.

Heidi Puchtler hat anders vorgesorgt. Sollte die neue, barrierefreie Wohnung eines Tages nicht mehr passen, wird sie noch mal die Umzugskisten packen. "Das Seniorenwohnheim ist gleich nebenan" , sagt sie. Nicht umsonst werden die Wohneinheiten Am Glasenweiher als "Wohnen mit Weitblick" angeboten.
aj, 28.4.2007, www.badische-zeitung.de


Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung
Infos zu Beratungsstellen, etwa zur Wohnungsanpassung. Bestellbar bei Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung, c/o Albatros e.V. Koordinierungsstelle, Mühlenstr. 48, 13187 Berlin,
www.wohnungsanpassung.de

Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA)
Beratung zum Thema Alter und Wohnen im Alter. Forum für gemeinschaftliches Wohnen im Alter
Macht generationenübergreifende Wohnformen bekannt und richtet sie ein.
Köln, Tel 0221/931847-0, www.kda.de

Bundesvereinigung (FGWA) 
Verein Urbanes Wohnen. Organisation von Wohnprojekten in München und Bayern.
Tel 0511/4753253, www.fgwa.de 

Wohnprojektbörse für Senioren, in der bestehende oder geplanten Wohnprojekten vermittelt werden.
www.netzwerk-wohnprojekte.de
www.wohnprojekte.de

Barrierefreies Wohnen
www.nullbarriere.de

 

Karitativer Altenhilfeverbund Hochschwarzwald - Berater Wendelin Schuler

Wendelin Schuler weiß fast alles über die Versorgung im Alter. Gestern legte der Sozialarbeiter seine Jahresbilanz der Beratungsstelle für ältere Menschen im Hochschwarzwald vor. Die Einrichtung ist gefragt. Gerne kommen mittlerweile die Menschen zu ihm, lassen ihn in die Wohnung oder fordern Vereine ihn für Vorträge an. Sein Wissen wurde 2006 von sieben Hochschwarzwaldgemeinden honoriert — sie beteiligen sich an der Finanzierung der Seniorenberatungsstelle mit 9965 Euro.

Schuler ist in neun Gemeinden unterwegs. Den Löwenanteil der Finanzierung, 45 445 Euro, stemmten die drei Mitglieder des karitativen Altenhilfeverbundes Hochschwarzwald: Die Sozialstation, das Seniorenzentrum St. Raphael und der Caritasverband. 4200 Euro stammten 2006 aus Erträgen von Krankenkassen und Spenden. Die Vertreter des Altenhilfeverbundes, Georg Scharbatke (Sozialstation Hochschwarzwald), Klaus Lauber (Seniorenzentrum) und Norbert Mechsner (Caritasverband), sind froh, dass 2006 Löffingen ins Finanzierungsboot gekommen ist. Und für 2007 beteiligt sich Feldberg. Jetzt fehlt nur noch Hinterzarten.
Wendelin Schuler ist mehr denn je Helfer und Anwalt der älteren Menschen. Hier hat sich in den sechs Jahren seit Bestehen der Seniorenberatungsstelle Hochschwarzwald eine Verschiebung seiner Tätigkeitsschwerpunkte ergeben. Die Themen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sind stark gefragt. Pflegende Angehörige von Demenzkranken suchen Hilfe zur Entlastung im Alltag. Und am meisten dreht sich seine Arbeit um die Finanzierung der Pflege. Hier gilt es für die Antragsteller den Bürokratiedschungel sicher zu durchschreiten, immer wieder nachzuhaken und, so Schuler, "auch mal auf den Tisch zu hauen" . Hinzu kommt, dass die Mühlen der Bürokratie und Institutionen sehr langsam mahlen, die Finanzierung der zumeist sofort benötigten Hilfe zu sichern. Hier kann der Sozialarbeiter viel aus dem Nähkästchen plaudern. Beispielsweise von einer 89-jährigen Dame, die im Juni 2006 einen Grundsicherungsantrag stellte, der jetzt im März 2007 genehmigt wurde. Vier Monate lang hatte die Frau kein Geld. Ohne Schuler und seiner Hartnäckigkeit würde dieses Verfahren immer noch schweben.
Seine Unterstützung geht oftmals über Monate, ja Jahre. Das Niveau und die Anforderungen seien gestiegen. Ohne sachkundige Hilfe würden vielen Antragstellern die Kosten davonlaufen und sie entnervt aufgeben und auf ihnen zustehende Unterstützung verzichten. Die Anträge für häusliche Hilfe auszufüllen, das sei das Einfachste, so Schuler. Auch hier erhalte er deutlich mehr Anfragen als früher.

2006 betreute Wendelin Schuler 251 Personen. Das sind 13 mehr als im Vorjahr. Er fuhr 15 000 Kilometer durch den Hochschwarzwald und absolvierte 639 Hausbesuche und Beratungen. Hinzu kommen noch Vortragsveranstaltungen und der Infotag Pflege. Die Statistik weist aus, dass 30 Prozent (das sind 75 Personen) seiner Klienten aus Titisee-Neustadt stammen. 16 Prozent (41) besucht er in Löffingen. 14 Prozent (34) in Lenzkirch und elf Prozent (26) wohnen auf der Gemarkung Hinterzarten. Es folgen prozentual Eisenbach (19), Friedenweiler-Rötenbach (19), Feldberg (15), Schluchsee (12) und Breitnau (8). Mittlerweile nutzen auch die Rathäuser gerne den Draht zu Schuler und informieren ihn, wenn es bei einem älteren Mitbürger klemmt. Für dieses Jahr hat er bereits zehn Vorträge bei Vereinen in seinem Terminkalender.

Badische Zeitung Freiburg
Eva Korinth
, 28.3.2007, www.badische-zeitung.de

 

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