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Demenz - Alzheimer
Wohngruppen, Selbsthilfe im Schwarzwald

  

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Demenz, Alzheimer, Selbsthilfegruppen, ...

Blick vom Wittnauer Rebhüsli nach Süden über den Bettlerpfad zum Staufener Burgberg im Nebel sowie Ölberg (rechts)   
Blick vom Wittnauer Rebhüsli nach Süden über den Bettlerpfad zum Staufener Burgberg im Nebel sowie Ölberg (rechts)


Demenz als Überbegriff dafür, dass Menschen in ihrer geistigen Leistungsfähigkeit nachlassen.
1,3 Mio Menschen in Deutschland leiden an Demenz, 2050 werden es doppelt so viele sein.
Jeder dreißigste unter 70 und jeder vierte über 85 ist von Demenz betroffen.
Gedächtnis und Denkvermögen lassen nach, vor allem leidet aber auch die örtliche Orientierung der Patienten.

Alzheimer ist eine Unterform der Demenz, bei der Ablagerungen (sog. Plaques) im Gehirn Nervenzellen absterben lassen. Zwei Drittel der Demenzkranken leiden an Alzheimer, pro Jahr 120.000 neue Alzheimerdiagnosen.
Alsheimerkranke Schalke-Trainer Rudi Assauer, Filmbösewicht Charles Bronson, Colombo Peter Falk, Rhetoriker Walter Jens, Theater Heidi Kabel, US-Präs. Ronald Reagan, Beau Gunter Sachs, Fussball-WM Helmut Schön, Englands Margaret Thatcher,

 In Freiburg sind 2370 Personen demenziell erkrankt, davon 1000 in Pflegeheimen

Rund fünf Prozent aller 75-Jährigen leiden unter einer Demenz,
bei den 80-Jährigen sind es bereits zehn Prozent und bei den 85-Jährigen 20 Prozent.
 


die "neue Pflegedimension" - mehr
 


 

Was ist eigentlich Demenz - Ursachen? Vorbeugung?

Demenz kann als Krankheit des hohen Alters bezeichnet werden, obwohl sie auch früher auftreten kann. Der Begriff Demenz stammt vom Lateinischen Dementia ab und heißt Verrücktheit. Mindestens 50 Prozent aller an Demenz erkrankten Menschen leiden unter der Alzheimerschen Form, 20 Prozent gehen auf Gefäßverengungen zurück, der Rest auf andere altersbedingte Ursachen.

Demenz äußert sich in einer fortschreitenden Einschränkung der geistigen, später auch der motorischen Fähigkeiten. Im Vorfeld einer Demenz sind oft psychische Störungen zu beobachten, die kaum von denen einer Depression unterschieden werden können, wie zum Beispiel Verlust von Interessen, Reizbarkeit und Verstimmungen. Zuerst kommt es zum Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Erinnerungen aus längst vergangenen Zeiten bleiben sehr viel länger erhalten. Demenz-Kranke verlieren ihre Eigeninitiative. Sie vernachlässigen ihre früheren Hobbys und ihre Körperpflege. Schließlich sind sie nicht mehr in der Lage, sich ausreichend zu ernähren. Sie verlieren das Hungergefühl. All dies wird begleitet vom zunehmenden Verlust der Sprache. Im weit fortgeschrittenen Stadium der Krankheit erkennen die Betroffenen schließlich nicht einmal ihre engsten Angehörigen wieder.

Wenn der an Demenz erkrankte Mensch noch in der Lage ist zu erkennen, dass er in einer Situation nicht angemessen reagiert hat, kann das bei ihm Unruhe, Resignation oder Aggressionen auslösen. Menschen, die an Demenz erkrankt sind, fühlen sich oft falsch verstanden, herumkommandiert oder bevormundet. Im Umgang mit Erkrankten ist es deshalb unerlässlich, über die Eigenarten der Krankheit Bescheid zu wissen und die Verhaltensweisen und — ganz wichtig — die Sprache darauf einzustellen. Menschen mit Demenz sind auch bei sehr fortgeschrittener Krankheit vor allem über direkte Sinneswahrnehmungen wie Gerüche, Geräusche oder Berührungen erreichbar. In der Ursachenforschung ist die Wissenschaft noch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis gelangt. Es scheint Faktoren zu geben, die Demenz fördern. Dazu zählt die vom Hirnforscher und Gehirnjogging-Papst Bernd Fischer genannte Antriebs- und Interesselosigkeit, andererseits aber auch Überlastung durch Stress. Bisher gibt es noch keine Therapie oder Behandlung, die Alzheimer stoppt oder heilt. Aber wir können vorbeugen: Menschen brauchen Bekannte und Freunde, mit denen sie sich regelmäßig treffen und austauschen, damit es dem Gehirn nicht langweilig wird — mindestens zehn, sagt Fischer.

Vorbeugend kann lebenslanges Lernen sein, feinmotorische Tätigkeiten wie Musizieren oder Stricken, Reisen oder Gartenarbeit. Sport treiben oder sich wenigstens jeden Tag ordentlich bewegen soll das Risiko, an Demenz zu erkranken, ebenfalls senken.
Hagen Späth, 8.12.2007

Geschätzte 1,3 Millionen Menschen gelten in Deutschland als dement. Das heißt: Oft finden sie deshalb nicht mehr zurück, wenn sie ihre Unruhe aus dem Haus getrieben hat. Ab dem Alter von fünfzig verdoppelt sich das Demenzrisiko mit jedem Jahrzehnt. 

 

Demenz ist ein Tabu: 200000 Neuerkrankungen jährlich - 30% der Alten

Die Pflege älterer Menschen und Demenzkranker ist eines der Schwerpunktthemen auf dem Ärztetag in Ulm. Michael Neubauer sprach mit Cornelia Goesmann, der Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, über die Forderungen der Ärzte.

BZ: Die jüngst verabschiedete Pflegereform bringt Verbesserungen für Demenzkranke mit sich. Was beklagt nun die Ärzteschaft?
Goesmann: Uns geht es vor allem um die Zukunft. Wenn wir nicht bald das Thema Demenz ernster nehmen, werden wir es nicht schaffen, die Altersverwirrten angemessen betreuen zu können. Was passiert, wenn wir - wie vorhergesagt - immer mehr alte Menschen haben, von denen rund 30 Prozent demenzkrank sind? Wir gehen davon aus, dass jedes Jahr rund 200 000 Mitbürger an einer Demenz neu erkranken werden. Schon heute haben wir Ärzte in den Praxen immer mehr alte Patienten und Pflegeheimpatienten. Viele haben meistens mehrere chronische Krankheiten gleichzeitig.
BZ: Wie gut ist Deutschland auf diesen Wandel vorbereitet?
Goesmann: Da bin ich besorgt. Es wird wenig darüber nachgedacht, weil die Themen Demenz und Altwerden weitgehend tabuisiert sind. Verwandte schämen sich für ihre alten Mitmenschen, die nicht mehr so angepasst sind. Jemand, der nicht leistungsfähig ist und geistige Einbußen hat, wird in dieser Gesellschaft oft belächelt. Wir müssen das Thema enttabuisieren.
BZ: Was konkret muss man tun?
Goesmann: Auch bei Demenz ist Vorsorge wichtig; Bewegung kann Altersverwirrtheit vorbeugen. Eine Gesamtversorgung aller künftigen Pflegebedürftigen wird nur möglich sein, wenn sich jeder mehr um den anderen kümmert. Wir brauchen professionelle Tagesbetreuung, Nachtwachen, Rehabilitationsmaßnahmen, die bisher nicht flächendeckend eingerichtet sind. Viele Menschen müssten nicht ins Heim, wenn man mit einer Reha ihre Fähigkeiten stärken würde.
21.5.2008

 

 

Caritas bietet Schulungsreihe für Angehörige von Demenzkranken

Gabriele Zeisberg-Viroli

Kirchzarten (glü.) Überraschend ist das Ergebnis nicht, das die Universität Jena zu Tage gefördert hat: Wer einen Angehörigen pflegt, braucht selbst mehr Hilfe, um mit den physischen und insbesondere psychischen Belastungen besser fertig zu werden. Über eine Million Menschen leiden in Deutschland an Demenz, zwei Drittel davon am Typ Alzheimer. Die Mehrzahl der Erkrankten, die auf fremde Hilfe bis hin zu intensiver Pflege angewiesen sind, wird zu Hause durch Familienangehörige versorgt. Leider sind immer noch zu viele betroffene Familien mit der Pflege auf sich allein gestellt. Sie wissen zu wenig über den Krankheitsverlauf, den richtigen Umgang mit den Kranken und die Unterstützungsmöglichkeiten. Gabriele Zeisberg-Viroli, von der Caritas-Beratungsstelle für ältere Menschen in Stegen, beobachtet dies auch in der Region Dreisamtal, wo noch sehr viele Menschen zu Hause gepflegt werden. Aus diesem Grund bietet der Caritasverband unter ihrer Leitung an acht Nachmittagen die Schulungsreihe „Hilfe beim Helfen“ für Angehörige an. Die Diplom-Sozialpädagogin hat langjährige Erfahrungen in der Beratungsarbeit mit älteren Menschen und den Kurs „Hilfe beim Helfen“ bereits viele Male durchgeführt. Er findet im Löffler-Stüble des Caritas-Altenpflegeheimes Kirchzarten statt. Die Kosten der Schulung trägt die BARMER-Pflegekasse Freiburg.
Der Kurs für pflegende Angehörige beginnt am 4. März 2008 um 17:30 Uhr. Harmut Ehrle-Anhalt, Chefarzt an der Helios-Klinik Müllheim, wird in die Thematik „Wissenswertes über die Alzheimer-Krankheit aus medizinischer Sicht“ einführen. An weiteren sieben Nachmittagen geht es um Themen wie die verschiedenen Stadien der Alzheimer-Krankheit sowie um die jeweiligen richtigen Pflegemöglichkeiten. Es ist aber auch das Ziel, den Gedankenaustausch der Angehörigen untereinander zu fördern und der Isolation entgegenzuwirken. Die weiteren Kurstermine finden am 11. März, 1., 8., 15., 22. und 29. April sowie am 6. Mai von 16 bis 18 Uhr statt.
Während der Kurszeiten bietet das Pflegeheim Kirchzarten die Möglichkeit, die kranken Angehörigen im Pflegeheim betreuen zu lassen oder eine Betreuung zu Hause zu vermitteln. Wer sich informieren oder anmelden möchte, kann dies unter der Telefonnummer 07661 982452 der Beratungsstelle für ältere Menschen und deren Angehörige bei Gabriele Zeisberg-Viroli tun.
Gerd Lück, 28.2.2008, www.dreisamtaeler.de

 

 

Klangschalen-Therapie für Demenz-Erkrankte im Heiliggeiststift

Therese Pieroth gibt zu: "Ich war auch skeptisch." Nach gut einem Jahr, in dem nun die Klangschalentherapie schon bei an Demenz erkrankten Menschen zum ersten Mal in Freiburg angewandt wird, ist die Wohnbereichsleiterin im Heiliggeiststift jedoch davon angetan: "Es ist ein Erlebnis zu sehen, wie eine Bewohnerin auf den Klang reagiert, wie sie sich öffnet und weicher wird."

In der "Oase", einem vor drei Jahren geschaffenen und mit besonderen Reizen (Düfte, Musik, Tücher) ausgestatteten Raum für drei scheinbar nicht mehr ansprechbare Frauen, liegt Elisabeth Manner (Name geändert) reglos in ihrem Bett. Sabrina Paternoga schlägt mit einem Filzklöppel leicht an die so genannte Jupiter-Schale ("fürs Herz" ), lässt sie über der 84-Jährigen schwingen und behutsam auf deren Brust landen. Dann bringt die promovierte Musikpsychologin und Musiktherapeutin den tiefen platonischen Jahreston ("fürs Gemüt" ) zum Klingen und stellt die Schale neben dem linken Arm ab. Es folgt der Uranus-Ton ("für den Verdauungstrakt" ), sachte schwebt die Klangschale auf den Unterbauch Elisabeth Manners. Nun schlägt Sabrina Paternoga die drei Schalen nacheinander zart an. Immer wieder. Und die zuvor scheinbar teilnahmslos daliegende 84-jährige Frau wirkt plötzlich sehr aufmerksam. "Die Schwingungen gehen durch den ganzen Körper durch" , erklärt Sabrina Paternoga leise, "das ist gut für die Durchblutung und fürs Immunsystem." Sanft wallen Grund- und Obertöne durch die "Oase" . Scheinen gleichzeitig anregend und beruhigend. In Asien, erzählt die Therapeutin, werden Klangschalen schon seit Jahrtausenden zur Heilung verwendet. Ihre eigenen handgearbeiteten Unikate kommen aus Nepal und Tibet und bestehen aus Kupfer, Zinn, Eisen, Blei, Gold und Silber. "Die von den Klängen ausgehende Ruhe ist vergleichbar mit dem Ruhigwerden während des Meditierens" , sagt die Klangtherapeutin, "das haben Messungen der Hirnströme ergeben." Die Wirkungen erstaunen die Therapeutin ebenso wie das Pflegepersonal. Eine seit vielen Jahren bettlägerige, in sich zurückgezogene Frau nahm wieder Kontakt zur Außenwelt auf, ihre starre Körperhaltung wurde weicher. Eine andere Bewohnerin des Heiliggeiststifts bestätigte, ihre körperlich-seelischen Beschwerden seien nach einer Behandlung bis in die Nacht hinein erheblich gelindert. Und eine wegen Verdauungsbeschwerden oft verkrampfte Bewohnerin ist während der Klangschalen-Therapie und noch Stunden danach sichtlich entspannt. "Es ist richtig zu spüren, wie es den Frauen gefällt" , sagt Therese Pieroth, "manche lächeln sogar." Die Öffnung der in sich verschlossenen Menschen halte an. Ein gesteigertes Wohlbefinden sei unverkennbar. Nach Ansicht der Wohnbereichsleiterin war es deshalb eine gute Entscheidung, das Taschengeld Elisabeth Manners für die Klangschalentherapie einzusetzen (eine Stunde kostet 30 Euro). Und Therese Pieroth bedauert, diese klingende Anregung wegen des fehlenden Geldes nicht mehr Menschen im Pflegeheim zukommen lassen zu können. Sabrina Paternoga jedenfalls, die auch in der Altenpflege-Ausbildung Musiktherapie für an Demenz erkrankte Menschen unterrichtet, ist mit der Wirkkraft ihrer Klangschalen zufrieden. "Für mich muss meine Arbeit einen Sinn haben — und der ist am sinnvollsten bei denen, die scheinbar am wenigsten noch wahrnehmen."
Gerhard M. Kirk , 15.1.2008, BZ


 

Wie geht man mit Demenzkranken um? Drei Erfahrungsberichte

Seit sechs Jahren kümmert sich Friedbert Hauser (Name geändert) um seine Frau Ursula, die 72 Jahre alt und an der Alzheimerschen Form der Demenz erkrankt ist. Nur dank seiner Unterstützung kann sie noch zu Hause leben. Anfangs, so berichtet der Ehemann über den Krankheitsverlauf seiner Frau, seien Anzeichen der Krankheit wie Orientierungslosigkeit oder Sprachstörungen nur punktuell aufgetreten, "danach hat sie sich immer wieder stabilisiert" . Seit etwa vier Jahren müsse man von einer starken Demenz sprechen. Damals habe sie sich häufig bedroht und bestohlen gefühlt und wollte ständig weglaufen. Angstattacken seien Aggressionen gefolgt. Inzwischen ist Ursula Hauser ruhiger geworden, allerdings ist eine Kommunikation kaum mehr möglich. Seit drei Jahren erkennt sie ihren Mann nicht mehr. Er sagt: "Es war grausam, sehen zu müssen, wie ihr Bewusstsein stirbt. Ich hatte zwei Jahre lang Tränen in den Augen." Friedbert Hauser kümmert sich rund um die Uhr um seine Frau. Er wäscht sie, putzt mit ihr die Zähne, denkt daran, dass sie genug trinkt, einen täglichen Rhythmus einhält und nachts schläft. Wie schwierig sich das gestalten kann, verdeutlicht er mit einem Beispiel: "Den Mund aufmachen zum Zähne putzen, das geht nicht sofort. Darauf muss ich sie mehrmals vorbereiten." Jede kleinste Tätigkeit braucht viel Zeit, das geht nur mit Geduld, nochmals Geduld und viel Einfühlungsvermögen. In Hausers Fall auch mit Liebe zu dem Menschen, den er ja viele Jahre ganz anders kennen gelernt hat. Er weiß schon lange, dass es keinen Sinn macht, seiner Frau zu widersprechen oder sie zu verbessern. Das führt eher dazu, dass sie sich sperrt. Hauser: "Der Kranke hat immer Recht." Anfang vergangenen Jahres hat die Arbeitsgemeinschaft Ambulante Hilfen in Lahr eine Betreuungsgruppe für Menschen mit Demenz mit dem Namen "Zeit für mich" eingerichtet. Jeden Dienstag zwischen 14.30 und 17.30 Uhr können pflegende Angehörige die Kranken in die Gruppe ins Ludwig-Frank-Haus bringen. Dort steht für jede(n) Kranke(n) eine Ehrenamtliche zur Verfügung — zwar nur für drei Stunden, aber für die Angehörigen eine Zeit, die sie sehr schätzen. Auch Friedbert Hauser bringt seine Frau regelmäßig und hat dann ein wenig Zeit für sich. Wie er sie nutzt? "Ich leg’ mich hin und schlafe. Sie glauben nicht, wie gut das tut, ohne immer mit einem Ohr bei meiner Frau zu sein." Nach anfänglichen Widerständen geht seine Frau sehr gerne zur Gruppe. Sie fühle sich dort sehr gut aufgehoben, sagt Hauser: "Wir nennen die Gruppe das kleine Paradies."

Eine der Ehrenamtlichen, die "im kleinen Paradies" die Betreuung übernehmen, ist Anita Frei aus Mietersheim. Die 51-Jährige wollte, nachdem die Kinder groß waren, über die Hausarbeit hinaus etwas Sinnvolles leisten, "am besten bei jemand, der Hilfe braucht" . So kam sie zur Nachbarschaftshilfe und deren Leiterin Karin Ganter. Als Vorbereitung auf die Dienstags-Gruppe und auf die Hausbesuche, die ebenfalls zum Projekt "Zeit für mich" gehören, hat sie Fortbildungen besucht, die die Besonderheiten der Krankheit und den Umgang mit den Eigenarten des Kranken zum Inhalt hatten. Heute ist Anita Frei nicht nur bei der Dienstags-Gruppe dabei, sondern entlastet durch ihre Hausbesuche auch Menschen, deren Partner oder Eltern an Demenz erkrankt sind und die sie zu Hause pflegen. Mit Frau A. geht sie viel spazieren, weil sie sowieso immer läuft. Beim Gehen nimmt Anita Frei Frau A. an der Hand. "Körperkontakt ist ganz wichtig" , sagt sie. Während des Spaziergangs hat sie sich angewöhnt, ab und zu ein Lied zu singen. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass Frau A. oft mitsingt und sich freut, weil alte Erinnerungen auftauchen. Frau B., die sie ebenfalls besucht, spricht wenig, hört aber gerne zu, wenn ihr Anita Frei von sich und ihren Kindern erzählt. Insgesamt ist Anita Frei viermal die Woche als ehrenamtliche Betreuerin unterwegs. "Ich habe meine Tätigkeit noch nie als Belastung empfunden, eher als Bereicherung. Vor allem dann, wenn mir gesagt wird: Das war aber ein schöner Nachmittag." Bevor ein ehrenamtlicher Helfer eine Betreuung übernimmt wird geprüft, wie der Krankenstand ist. Dabei wird auch die Biografie des Kranken aufgearbeitet, betont Karin Ganter von der Nachbarschaftshilfe, die auch das Projekt "Zeit für mich" leitet. Das sei wichtig, um bestimmte Verhaltensweisen, die in der persönlichen Geschichte des Patienten liegen, verstehen zu können. Kommt es zu einer Betreuung, wird zunächst geprüft, ob der Kranke den neuen Helfer überhaupt annimmt. Frei: "Wenn ja, muss bei jedem Besuch neu ausgetestet werden, wo die Kranke heute steht und was möglich ist." Sowohl bei der Betreuung zu Hause als auch im Pflegeheim sind die Ehrenamtlichen zumeist weiblich.

Einer der wenigen Männer ist Wilfried May. Seit sieben Jahren hilft er mit, wo er kann. Zunächst für die Nachbarschaftshilfe, dann immer mehr für das Ludwig-Frank-Haus, zu dessen Bewohnerinnen und Bewohnern er im Lauf der Zeit eine besondere Verbundenheit entwickelt hat. May sagt, dass er 12 bis 15 Stunden wöchentlich ehrenamtlich im Einsatz ist. Wer ihn kennt, weiß, dass dies mit Sicherheit untertrieben ist. Dadurch, dass May bei der Bundeswehr beschäftigt war, kam er in den Genuss, schon mit 50 Jahren den Abschied einreichen zu können. Doch er wollte unbedingt etwas tun — "Man braucht doch noch eine Aufgabe" — sah sich um und erkannte, dass er mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit "im Kleinen" gezielt sehr viel bewirken kann. Im Ludwig-Frank-Haus hat May eine Vielzahl verschiedener Dienste übernommen. Da er schon so lange dabei ist, kennt er Jede und Jeden im Haus. Kommen neue Bewohner, besucht sie May als einer der ersten, weil er weiß, dass die Seniorinnen und Senioren oft Probleme mit der Orientierung in der neuen Umgebung haben. Oft geht er von Zimmer zu Zimmer und spricht mit den Menschen: "Mein Grundsatz: Große Ohren, kleiner Mund" . Er bringt jene, die Hilfe benötigen, zu Veranstaltungen, zu den Gottesdiensten oder geht ganz einfach mit ihnen im Garten spazieren. Zweimal die Woche kommt May um die Mittagszeit, um einigen der ganz schwer Erkrankten das Essen zu reichen. Er kümmert sich um die beiden Kaninchen und bringt sie auch schon mal einer bettlägerigen Bewohnerin aufs Zimmer. Beim Streicheln der Kaninchen kommen Menschen, die an Demenz erkrankt sind, über den direkten Sinnesreiz längst verloren geglaubte Erinnerungen zurück. Über dieses Engagement hinaus ist May als Externer in den Heimbeirat des Hauses gewählt worden, um sich für die Interessen der Senioren einzusetzen. Beim Hospizverein hat er eine Fortbildung zum Sterbebegleiter gemacht. Für ihn ein völlig logischer Schritt auch dann für die Menschen da zu sein, wenn sie ihren letzten Weg gehen. May kümmert sich gerne um Menschen mit Demenz, "sie liegen mir mehr am Herzen" , sagt er. Zum einen fühlt er sich von ihren durch die Krankheit ausgelösten Eigenarten heraus gefordert. "Man muss andere Zugangswege finden" , sagt er. Zum anderen kann er hier das Personal des Hauses mehr entlasten, weil Menschen mit Demenz meist sehr viel mehr an Zuwendung brauchen als andere. Er hat Weiterbildungen besucht, sich im Internet und mit Hilfe von Büchern informiert. Dabei hat er auch viel darüber erfahren, wie mit Menschen mit Demenz am besten umzugehen ist. Das wichtigste für ihn: Den erkrankten Menschen so zu nehmen, wie er ist, "zu sehen, ob er sich wohl fühlt oder ob er etwas braucht" .

Für Informationen zur Krankheit, finanzielle Hilfen oder Anlaufstellen ist Heike Augsten von der Demenzagentur der Stadt Ansprechpartnerin unter 07821/9105010 oder E-Mail: heike.augsten@lahr.de

Badische Zeitung Freiburg
Hagen Späth , 8.12.2007, www.badische-zeitung.de

 

Sozialstation Sankt Martin Endingen: Gute Noten im Caritas-Vergleich

Das Kuratorium der Sozialstation Sankt Martin ist mit der Entwicklung seit 2006 zufrieden. Die Sozialstation arbeitete wirtschaftlich, Umzug und Betriebsberatung haben den Alltag verbessert, und die Pflegekräfte genießen in der Region einen guten Ruf.


Das Vorstandsteam der Sozialstation Sankt Martin legte am Dienstag in Endingen das Jahresergebnis 2006 und die Haushaltsplanung für 2008 vor. Der Vorsitzende Helmut Eitenbenz fasste für die Mitglieder wie in jedem Jahr Neues und Altes zusammen. Der Rückblick auf 2006 fiel etwas ausführlicher aus: Es war das Jahr mit dem Umzug in den Neubau, mit feierlicher Einweihung und dem Tag der offenen Tür zu 25 Jahren Sozialstation in Endingen. Die Sozialstation ließ sich außerdem von einer Betriebsberatung auf die Finger sehen. Seitdem gibt es einige neue Organisationsformen, unter anderem ein Handy für jeden Mitarbeiter. Die Daten der Einsätze draußen gehen direkt an den Computer. Das erlaubt eine Überprüfung der Touren und anderer Organisationsabläufe. Mit dem Ergebnis war der Vorstand mehr als zufrieden. Bester Beweis: Die Sozialstation stellte sich einer Prüfung und schnitt unter 99 ähnlichen Einrichtungen innerhalb des Caritasverbands mit Platz sechs ab. Nur 14 der geprüften Sozialstationen schreiben keine roten Zahlen, ergänzte Eitenbenz die Information. Großen Raum nimmt seit dem Umzug das Angebot für die Betreuung von Demenz-Patienten ein. Mit zwei Nachmittagen in der Woche gestartet, wurde das Angebot inzwischen ausgedehnt und findet jetzt an allen Wochentagen statt, von Montag bis Freitag, und die Nachfrage ist hoch. Besonders geschätzt wird von den Besuchern der Garten, in dem sie auch allein bleiben können, und die Nähe zum Kindergarten, die für fröhliche Kontakte sorgt.
"Die Demenzbetreuung wird wohl die große Aufgabe der Zukunft werden", sagte Eitenbenz. Derzeit laufen Überlegungen, ein betreutes Wohnen anzubieten. Mit der Entscheidung wird es noch dauern: Erst muss sich zeigen, was das neue Pflegegesetz tatsächlich bringt. Die Fachleute rechnen in den nächsten zwei Jahren mit einem neuen Heimgesetz, mit mehr Spielraum für Wohngruppen. Der Haushalt 2008 sieht nach der Planung Einnahmen und Ausgaben in Höhe von rund 822 000 Euro vor. Im Stellenplan sind 13 Pflegefachkräfte in Voll- und zehn Kräfte in Teilzeit berücksichtigt. Dazu kommen acht Hauspflegerinnen, vier Stellen mit Leitungsaufgaben und 27 ehrenamtliche Betreuer. Im Schnitt werden von Sankt Martin mehr als 250 Patienten regelmäßig betreut, mit rund 50 000 Einsätzen im Jahr. Weitere 168 Patienten wurden darüber hinaus im Jahr 2006 im Rahmen der Pflegeberatung besucht. Zuschüsse erhält die Sozialstation noch aus den Kirchengemeinden. Sie erlauben eine Betreuung dort, wo Kranken- und Pflegekasse Lücken gelassen haben und helfen bei zusätzlichen Aufgaben, denen sich die Sozialstation mit ihrem christlichen Menschenbild verschrieben hat. Für die Mitglieder des Kuratoriums äußerte Endingens Bürgermeister Hans-Joachim Schwarz den Dank an die Mitarbeiter der Sozialstation. "Wir kommen ja zu vielen älteren Leuten" , sagte er. Bei den Altersjubilaren werde dann auch immer ziemlich schnell über die Sozialstation geredet. Mit deren Dienstleistungen, sagte Schwarz, seien alle zufrieden.
Ilona Hüge , 24.11.2007, BZ

 

Alzheimer-Betreuungsgruppen im Hochschwarzwald

Betreuungsgruppen dienen in erster Linie der Entlastung der pflegenden Angehörigen. Diese können die Versorgung der Erkrankten - wenn auch nur für einige Stunden - abgeben und diese Zeit für sich selbst nutzen. Da sie den Betreuungsansatz und die Betreuer/-innen kennen, wissen sie ihre Kranken in einer Umgebung, die deren Bedürfnissen weitmöglichst entspricht.

Am 31.12.2002 lebten im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald über 245000 Einwohner, davon 22,9 Prozent bzw. ca.56000 über 60 Jahre alt. Im Durchschnitt leiden 6 Prozent der über 60jährigen an mittelschwerer bis schwerer Demenz. Demnach haben etwa 2400 Personen in unserem Landkreis Alzheimer.

Die Sozialstationen Südlicher Breisgau und Markgräflerland haben in 6 Grundkursen bislang 70 ehrenamtlich Engagierte für die Betreuung Demenzkranker geschult

Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V.
Koordination Betreuungsgruppen,Sabine Hipp (E-Mail: sabine.hipp@alzheimer-bawue.de)
Haussmannstr. 6, 70188 Stuttgart, Tel. 0711 / 2 27 07 60, (Stand März 2003)

Landesverband der Deutschen Alzheimer Gesellschaft -
Haussmannstr. 6 , 70188 Stuttgart, Tel.: 0711/226 49 20 , Fax: 0711/226 49 22
E-Mail: info@alzheimer-bawue.de 

www.alzheimer-bawue.de , http://www.alzheimer-bawue.de/betrgr.html

 

 

Freiburger Modell - Netzwerk Wohngruppen für Menschen mit Demenz

Die Diagnose Demenz trifft vor allem die Angehörigen alter Menschen hart. Die Auswirkungen auf das Leben von Betroffenen und deren Familien sind schwer abzuschätzen. Viele entscheiden sich dafür, den Kranken weiterhin im häuslichen Umfeld zu betreuen oder, wenn die Krankheit zu weit fortgeschritten ist, ihn in einem Pflegeheim unterzubringen. Das Freiburger Modell bietet da eine vielversprechende Alternative.

"Die konzeptionelle Gestaltung und Ausrichtung des Netzwerkes betont ausdrücklich das Prinzip der »geteilten Verantwortung«. Ebenso wie dieses Grundprinzip für einen gelingenden (Wohngruppen-)
Alltag von Professionellen, Angehörigen und engagierten Bürgern gilt, bedarf es des Engagements einer verantwortungsbereiten kommunalen und regionalen Bürgerschaft. Die Gründung des
Vereins trägt dem Rechnung."

"Freiburger Modell - Netzwerk Wohngruppen für Menschen mit Demenz in Freiburg und der Region"
Tel 0761/478 1285 (Netzwerk-Team),
Vereinsvorsitzender Martin Mybes, Tel 0761/ 2823 113
Stellvertretende Vereinsvorsitzende Waltraud Kannen
Bugginger Strasse 38, 791114 Freiburg, Tel 0761/ 478 12 - 85
wohngruppen@efh-freiburg.de , www.freiburger-modell.de

Freiburger Modell - Netzwerk Wohngruppen für Menschen mit Demenz in Freiburg >Senioren2 (8.1.2005)

 

Wohngemeinschaft Birkenhofscheune: Modell, Freiwillige gesucht

Die Butter in der Spülmaschine / Die Demenz ist eine der gefürchteten Volkskrankheiten der Zeit / Besuch in einer Senioren-Wohngemeinschaft
 
Es fing schleichend an. Ingrid Buchner war eine rege Frau von 68 Jahren, als sie plötzlich begann,  ihre   eigenen Aussagen  ständig zu wiederholen, "wie eine Schallplatte mit  Sprung", sagt ihre Tochter. Dann gelang ihr das Schreiben nicht mehr,  die Fernbedienung des Fernsehers erschien ihr mit einem Mal rätselhaft, Messer und Gabel wurden ihr fremd. Bald wandten Nachbarn  sich irritiert ab, Freunde gingen ihr aus dem  Weg. "Das war schmerzhaft und entmutigend für meine Mutter, aber sie hat versucht, es sich  nicht anmerken zu lassen." Zuletzt vergaß sie fast alles, die Butter fand sich in der Spülmaschine wieder und  die einst geliebten Pflanzen ertranken jämmerlich auf der Fensterbank. "Irgendwann war klar, dass es wohl Alzheimer ist", berichtet Christina Buchner über die vergangenen neun Jahre im Leben ihrer Mutter.
Ingrid Buchner aus Freiburg leidet an einer der großen Volkskrankheiten der Zeit - und einer der am meisten gefürchteten. Einer Krankheit, deren Leitsymptom das Vergessen ist und deren bestimmendes  Gefühl die Trauer über den eigenen Zustand und eine diffuse, allgegenwärtige Angst in einer Welt, die  fremd geworden ist. Bundesweit sind derzeit rund 1,2 Millionen Menschen an Demenz erkrankt, die meisten davon an der Alzheimerschen Krankheit. Ist bei den Unter-70-Jährigen etwa jeder dreißigste  betroffen, so ist es bei den Über-85-Jährigen schon jeder vierte. Experten rechnen mit einer Verdoppelung der Patientenzahlen in den kommenden 20 Jahren. Verursacht wird das bislang unheilbare Leiden  meist durch das Absterben von Nervenzellen und ihren Verbindungen in  Teilen des Gehirns (Alzheimer) oder durch Schädigungen von Nervenzellen in Folge von Durchblutungsstörungen, die zu vielen kleinen, oft unbemerkten Schlaganfällen führen (vaskuläre Demenz). Der "Abschied vom Ich" beginnt meist bei vollem Bewusstsein, nach und nach scheint die Identität zu verlöschen, die Persönlichkeit sich aufzulösen, der Patient fühlt sich wie in einem Labyrinth,  ohne Ausweg, seinen Gefühlen ausgeliefert. Oft ist eine Depression die Folge. Wird die Krankheit früh erkannt, lässt sich  ihr Verlauf  jedoch  oft mit Medikamenten, Kunsttherapie  oder Gedächtnistraining hinauszögern.
"Es war ein großer Schreck", erinnert sich Christina Buchner an den Tag der Diagnose. Sie besorgte sich Bücher über Demenz und begann sich einzuarbeiten in die Welt, in der ihre Mutter zusehends zu verschwinden drohte. "Mit der Zeit bin ich reingewachsen", sagt sie, "inzwischen kann ich es sogar mit Humor nehmen."

Auf der Suche nach einem Ort, an dem Ingrid Buchner künftig leben konnte, fiel der Tochter  ein Flyer von "Labyrinth - Wohn- und Lebenshilfe für Menschen mit Demenz" in die Hand. Der Freiburger Verein hat im Frühjahr 2004 im ehemaligen Ballsaal des Gasthof Hirschen in Ebnet die damals erste Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz in Südbaden eröffnet, vor zwei Monaten kam  eine zweite in der historischen Birkenhofscheune in Kirchzarten-Burg hinzu.  Dort lebt Ingrid Buchner  nun mit fünf anderen Frauen und zwei Männern, rund um die Uhr ambulant betreut und begleitet von Mitarbeiterinnen  des Pflegedienstes Pflege mobil.
Ganz vorsichtig fährt  Eberhard Krug  (Name geändert) mit dem Messer unter die rote Schale des Apfels. Er beobachtet, wie sie sich ablöst, das gelbe Fruchtfleisch freigibt und auf dem Teller landet. "Ein Apfel", stellt Krug befriedigt fest. Korrekt gekleidet mit weißem Hemd und marineblauer Weste sitzt der 80-Jährige  auf seinem Stammplatz am runden Esstisch, dem Herzstück der WG Birkenhofscheune. Für das Mittagessen habe er  heute schon Kartoffeln geschält und  Karotten geschnitten, berichtet die Pflegerin. "Das mach' ich öfters", sagt Krug  und sein Blick kommt wie von weit her, "schließlich bin  ich hier daheim." Seine Mitbewohnerin Johanna Weil (Name geändert) gießt vorsichtig Milch in ihren Kaffee. Angesprochen auf die Aquarellbilder an der Wand schweigt  die 85-Jährige, als warte sie, bis  die Frage   zu ihr gefunden hat, dann sagt sie: "Das Zweite von unten ist von mir", und blickt auf ein Bild,  in dem gelbe, rote und hellgrüne Wolken wie pulsierend ineinander schweben. "Früher war ich besser", meint sie und strahlt wie ein Mädchen.

Wohngemeinschaften für Demenzpatienten sind im Kommen, aber noch immer die Ausnahme. In Südbaden leben 35 bis 40 Prozent der Betroffenen in Altenheimen,  60 bis 65 Prozent werden zuhause von ihren Lebenspartnern  oder  Angehörigen gepflegt - oft bis zur Erschöpfung des Pflegenden. Denn nur etwa die Hälfte von ihnen nimmt professionelle Hilfe von Pflegediensten in Anspruch. Für die Angehörigen bedeutet das oft,  mit den gefürchteten "Wesensveränderungen" des Patienten alleine fertig werden zu müssen. "Diese Aggressionen und Feindseligkeiten entstehen aus dem Gefühl von Angst und Fremdheit heraus", erklärt Lisa Bodsworth, Altenpflegerin in der WG Birkenhofscheune. So bezichtigten die Patienten Angehörige des  Diebstahls oder fühlten sich von Unsichtbaren bedroht. Oft seien Wahrnehmungsstörungen der Grund:  Flecken auf dem Teppich erscheinen  als  Schwarze Löcher    und Schatten als Fratzen,  die sich  bei den heutigen Senioren oft auf unheilvolle Weise mit Erinnerungen an Krieg, Flucht oder Gefangenschaft mischen.
"Wir  wollen einen Alltag ermöglichen", beschreibt Lisa Bodsworth das Konzept der WG. Als Mieter im Namen der Bewohner haben die Angehörigen  Hausschlüssel, regelmäßig helfen sie  beim Kochen oder Malen, Singen oder beim Abwasch.  Bodsworth verweist auf Studien, die zeigen, dass ein möglichst individuelles, selbstbestimmtes und zugleich  familiäres und verlässliches Leben sowie ein behutsamer,  geduldiger Umgang, der die Welt der Demenz als wahr akzeptiert,  den Kranken gut tun. Wenn einen Bewohner der WG  nachts die Unruhe packt, leistet er eben der Nachtwache Gesellschaft, wenn eine Bewohnerin ständig  "Wer bist du?" fragt, erhält sie jedes Mal Antwort.
Demenz ist alles andere als eine Privatsache", sagt Cornelia Kricheldorff, Professorin für Soziale Gerontologie an der Katholischen Fachhochschule in Freiburg. Weil das Alter der stärkste Risikofaktor für den Ausbruch einer Demenz ist und immer mehr Menschen immer älter werden, steige die  Wahrscheinlichkeit, dass  künftig jeder - als Betroffener oder Angehöriger -  mit der Krankheit zu tun bekommt. Wie die Pflege mit dem Beruf und der Familie zu vereinbaren ist, wie sie finanziert wird - das gehe alle an. "Die Demenz ist eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft", sagt Kricheldorff.
In der WG Birkenhofscheune  verabschiedet sich die Pflegerin der Frühschicht.  Eberhard Krug, der mit Johanna Weil auf der Terrasse sitzt, schaut auf. "Kommen sie morgen wieder?", fragt er und fügt hinzu: "In alter Frische?" Und  es scheint, als blitze ein klein wenig Schalk in seinen Augen. Ingrid Buchner und  eine andere Bewohnerin  gehen  mit der Betreuerin  ein Brot kaufen, für das Abendessen. "Die beiden Frauen sind offenbar Freundinnen geworden, obwohl  sie kaum miteinander sprechen", sagt Lisa Bodsworth. Denn auch wenn alles andere schwinde,  Humor und die Fähigkeit zur Freundschaft blieben bis zuletzt.

Die  Wohngemeinschaft Birkenhofscheune sucht Freiwillige, die mit den Bewohnern spazieren gehen, sowie stabile Gartenmöbel.
Kontakt: Lisa Bodsworth, Telefon 0761/3884147, Verein Labyrinth, Telefon 07633/808440, info@labyrinth-freiburg.de.


Sigrun Rehm, 12.8.2007, www.der-sonntag.de



Beratung:  Seniorenbüro der Stadt Freiburg, Kaiser-Joseph-Straße 268 (Eingang Friedrichsbaupassage), Telefon 0761/201-3034 (Regina Bertsch)
Alternative Wohnprojekte:  Infos beim Freiburger Seniorenbüro (siehe oben) und beim Netzwerk Wohngruppen für Menschen mit Demenz, Telefon 0761/47812-85,  wohngruppen@efh-freiburg.de, www.freiburger-modell.de
Weitere Informationen: Den sehr sachkundigen Wegweiser "Demenz und psychische Erkrankungen im Alter" gibt es beim Freiburger Seniorenbüro (siehe oben) und auf  der Webseite www.freiburg.de unter "Senioren"/"Demenz und Psyche".


 

Links

www.deutsche-alzheimer.de

 

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