Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Lenzkirch im Hochschwarzwald
zwischen Neustadt und Schluchsee

 

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Infos zu Gemeinde Lenzkirch mit Grünwald, Kappel, Raitenbuch und Saig am Juni 2006

Blick nach Norden über den Wildenhof auf Raitenbuch zum Hochfirst am 25.2.2004

Grabmale an Allerheiligen - Trauerbewältigung vor 180 Jahren

Allerheiligen und Allerseelen sind im Kirchenjahr hohe Gedenktage. Längst wird nicht mehr nur der vielen "Heiligen" gedacht. Und es geht auch nicht allein darum, wie einst durch Fürbitten und Almosen die Leiden der Verstorbenen im Fegefeuer zu erleichtern. Vielmehr sind diese Tage auch in unseren modernen Zeiten noch tief im Volksbewusstsein verankert. Manch historischer Grabstein erzählt darüber hinaus aus der Lenzkircher Bürger- und Familiengeschichte oder von längst vergessenen Berufen und verdeutlicht uns bis heute den gesellschaftlichen Stand der Verstorbenen.

Im sich neigenden Jahr gehören sie zu den Ritualen der traditionellen Sippenfrömmigkeit, zu den Gedenktagen der Familien. Gottesdienst- und Gräberbesuch zählen vielerorts noch zu den Selbstverständlichkeiten, ebenso wie die besondere Pflege der Grabstätten im Vorfeld der Gedenktage.
Wer sich bei der Grabpflege auf dem Lenzkircher Friedhof einmal eine Pause gönnt und einen Blick auf die
uralten, vergessenen Grabmale am Rande der Friedhofsmauer wirft, dem mag erst richtig bewusst werden, dass die Rituale der Erinnerung, Trauerbewältigung und der individuellen Bestattung schon zu allen Zeiten einen hohen Stellenwert eingenommen haben. Bemooste Gedenksteine als letzte Zeitzeugen, als teilweise künstlerisch gestaltete Denkmale und Erinnerungen mit kargen Hinweisen auf heute längst vergessene Lebensgeschichten. Als "Sachgesamtheit" steht die Friedhofsmauer gemeinsam mit diesen historischen und teilweise eingelassenen Grabsteinen schon seit langem unter Denkmalschutz. Was kaum noch bekannt ist: Vor gut 180 Jahren wurde die massive "Gottesacker-Umfassung" aus Bruchsteinen der Burgruine Urach erbaut. Und schon früh stellte man erhaltenswerte Denkmale abgeräumter Grabstätten entlang der Friedhofsmauer auf. Einige wenige wurden auch an ihrem ursprünglichen Standort über alle Zeitstürme hinweg erhalten, wie beispielsweise der mächtige Erinnerungsstein für Commerzienrat Franz Josef Faller. Gegenüber der Eulogiuskapelle erzählt dieses Monumentaldenkmal, das eigens von einem Steinmetzmeister im fernen Colmar entworfen und gefertigt wurde, von jenem Mann, der einmal Mitbegründer der Lenzkircher Uhrenfabrik war, der die Interessen seiner Heimat in der 1. Badischen Kammer und später im Deutschen Reichstag vertrat. Ausgerechnet bei der Verwirklichung eines seiner größten Anliegen, bei der Eröffnung der Höllentalbahn im Jahre 1887, brach er auf dem Bahnsteig in Titisee leblos zusammen. Noch am Ort des traurigen Geschehens ehrte der anwesende Großherzog den bedeutenden "Wälder und Lenzkircher Bürger" .
An anderer Stelle erinnert eine biedermeierliche, 160 Jahre alte Erinnerungstafel an Dominik Ketterer, der 1859 gerade mal 39-jährig verstorben ist. Blumen umrankt und verblasst erzählt auch diese Tafel aus der Geschichte des Haslachstädtchens. Denn der jung Verstorbene war der erstgeborene Sohn des wohlhabenden Adlerwirts und Posthalters Isidor Ketterer. Ein weiterer Sohn Isidors, Engelbert Ketterer, wurde in diesen Jahren Wirt und Posthalter auf dem Hotel Adler Post in Neustadt und begründete über eineinhalb Jahrhunderte die "Hotelier-Dynastie" in der Wälderstadt. Gegen Osten an die Mauer gelehnt finden wir dann das steinerne Kreuz des 1803 geborenen "Oberwundarztes" Josef Wiest, Teilnehmer der badischen 1848er Bewegung. Das einstmals bedeutende Geschlecht der Wiest ist mit vielen Verzweigungen seit circa 1650 in Lenzkirch nachweisbar und hat sich mit letzten Nachkommen bis heute erhalten. Sehr persönlich und berührend ist ganz in der Nähe die Inschrift auf einem seltenen gusseisernen Grabmal gehalten. Aufmerksame Friedhofbesucher lesen in altertümlicher Schrift: "Ach, zu frueh bist Du von uns geschieden. All umsonst war unser Flehn. Liebe Mutter ruh im Frieden bis wir Dich einst wieder sehn. Gewidmet von ihrem hinterlassenen Gatten mit sechs Kindern." Die so betrauerte Sophia Naegele ist in diesen Tagen vor genau 148 Jahren verstorben. Das jüngste Kind der Familie war zu diesem Zeitpunkt knapp 12 Jahre alt.
Eher streng kommt dagegen das über 115 Jahre alte Marmorkreuz des Paul Tritscheller daher. Ähnlich wie der oben genannte berühmte Bürgersohn Franz-J. Faller, galt auch Tritscheller als innovativer Geist, als liberaler Förderer der Wirtschaft. 1822 geboren, war er bereits mit 26 Jahren Hauptmann der Bürgerwehr, mit knapp 30 Jahren Mitbegründer der Uhrenfabrik, später Mitglied des Landtages und des Reichstages. Trotz etlicher Nachkommen verliert sich der einst einflussreiche Familienname im 20. Jahrhundert im Haslachstädtchen.
Auf der Straßenseite in die Umfassung eingemauert sind die unscheinbaren steinernen Buchseiten mit den kargen Lebensdaten von Ferdinand und Sophie Kessler. Kaum jemand kennt heute noch die Familiengeschichte der Kesslers. Und doch spiegelt auch diese Familie ein Stück Lenzkircher und Kappeler Bürgergeschichte wieder: Der 1865 verstorbene Ferdinand war einst Elsassträger, seine 1822 geborene Frau Sophie stammte von der ältesten Kappeler Wirtschaft, der "Blume" . Dieser verzweigten Familie entstammte übrigens auch der 1900 geborene Schriftsteller Peter Stühlen: Er war der Verfasser einer recht erfolgreichen Romantrilogie, mit dem Band "Aus schwarzen Wäldern" als bekanntestem Werk. "Dem Auge bist Du fern, dem Herzen bleibst Du nah." Unter trauernden und bemoosten Sandstein-Engeln lesen wir dieses, und werden uns gerade an den anstehenden, kollektiven Gedenktagen des Spätherbstes unserer Vergänglichkeit bewusst. Und so sind Friedhöfe den Gläubigen immer auch Station auf dem Weg in eine andere, in eine jenseitige Welt. Doch bei alledem können Friedhöfe dem bürger- und heimatgeschichtlich Interessierten gleichzeitig ein Ort der Reflexion sein. Ein Ort, der es vermag, unter den Skulpturen trauernder Engel, unter den Schnörkeln gusseiserner Kreuze oder auf den steinernen Buchseiten längst Vergangenes noch einmal in Erinnerung zu rufen. Dem Lenzkircher Gottesacker gelingt solches noch, auch wenn die Gedenksteine langsam zerbröseln und die Inschriften bald für immer verblassen.
Manfred-G. Haderer, 30.10.2008, BZ

 

 

 

Neuer Steg beim Zusammenfluss von Haslach und Gutach

Gäste sorgen bei der Übergabe für erste Belastungsprobe / Naturpark Südschwarzwald zahlt die Hälfte der 30 000 Euro Baukosten

Gefahrlos können Naturliebhaber und Wanderer künftig wieder die Haslach unmittelbar am Zusammenfluss mit der Gutach überschreiten. Die neue Brückenkonstruktion aus Stahl und Holz ist aufgerichtet und hat ihre erste Bewährungsprobe bestens bestanden. Anlässlich der von der Lenzkircher Ortsgruppe des Schwarzwaldvereines organisierten Übergabefeier, stellten sich alle Beteiligten auf dem durchaus beeindruckenden Flussübergang auf, symbolisierten so den Brückenschlag zwischen beiden Talseiten. Als der Lenzkircher Schwarzwaldvereinsvorsitzende Harald Fritsche bei herrlichem Herbstwetter mit einem Glas Sekt auf die neue Brücke anstieß, bekam auch die Haslach einen Schluck ab. Er wollte sie milde stimmen, obwohl dies künftig vermutlich nicht mehr nötig sein wird, denn die verzinkte Stahl-Holz-Konstruktion ist höher gelegt als die alte Brücke und somit wohl kaum noch Hochwasser gefährdet. In früheren Zeiten war hier am Beginn der Wutach schon manch vermeintlich stabile Brücke vom Frühjahrshochwasser weggerissen worden. Die Vorgängerbrücke war nach 19 Jahren im feuchten Schluchtenklima morsch geworden, der Austausch war unumgänglich. Beim Abbau ist die alte Brücke förmlich auseinandergebrochen. Die neue Konstruktion plante Architekt Theo Gremmelsbacher und wurde bei der Einweihungsfeier ausdrücklich als "finanziell konzertierte Aktion" gelobt. Denn für diese im Naturschutzgebiet Haslach- und Wutachschlucht recht ansehnliche Baumaßnahme musste gemeinsam ein ordentliches Geldpaket geschnürt werden. Sowohl Fritsche als auch Lenzkirchs Bürgermeister Reinhard Feser freuten sich, dass der Brückenbau trotz allseits klammer Kassen relativ rasch zustande kam. Die errechneten 30 000 Euro Baukosten wurden zwischen dem Naturpark Südschwarzwald, der Gemeinde Lenzkirch, dem Hauptverein des Schwarzwaldvereins und der Lenzkircher Ortsgruppe aufgeteilt. Vorbereitende Arbeiten verrichtete zudem der Lenzkircher Bauhof. Dabei war es ein Glücksfall, dass der Naturpark Südschwarzwald mit 50 Prozent der Netto-Baukosten den größten Zuschussanteil übernommen hat. Roland Schöttle, Geschäftsführer des Naturparks Südschwarzwald, nannte die Brücke deshalb auch "eines der größeren Zuschussprojekte" . Angesichts der Stahlkonstruktion habe ihm "zwar das Herz geblutet" . Doch wegen des feuchten Standorts unten in der Schlucht sei dies wohl die dauerhafteste Lösung. Die Lauffläche besteht aus leicht austauschbaren Holzbohlen. Der Lenzkircher Schwarzwaldverein investiert alle zum 125-Jährigen Jubiläum eingegangen Spenden in diesen Brückenbau. Deswegen waren zur Feier nicht nur Handwerker und benachbarten Ortsgruppen geladen, sondern auch alle Sponsoren. Vorsitzender Fritsche hatte bei der Brückeneinweihung gleich noch einmal einen Grund zu Freude: Für die Sparkasse Hochschwarzwald überbrachte Monika Winterhalder einen zusätzlichen 500-Euro-Scheck zur Deckung der Baukosten. Wie sehr Wanderer den Aufstieg durch die Haslachschlucht lieben, zeigte sich an diesem schönen Herbsttag während der Übergabefeier. Immer wieder kamen Wanderer mit einem Rucksack vorbei, wunderten sich über die Feierlaune oder lasen das neue unmittelbar neben der Brücke angebrachte Informationsschild. Seit es den stark beworbenen und binnen weniger Monate sehr gut angenommenen Schluchtensteig gibt, hat die Zahl der Wanderer hier noch einmal kräftig zugelegt. Lenzkirch trägt mit den Naturdenkmalen Haslachschlucht, Rechen- und Höllochfelsen sowie dem Mühlenweg und dem Geopark etliche Höhepunkte und viele Kilometer zu diesem Etappenwanderweg bei.
Manfred-G. Haderer , 15.10.008, BZ

 

 

 

Eine Auszeit für überforderte Eltern: Fachklinik Ursee

Die Durststrecke ist überwunden: Fachklinik "Ursee" in Lenzkirch ist ausgebucht

Mit einem "Tag der offenen Tür" feierte die Fachklinik "Ursee" in Lenzkirch das 50-jährige Bestehen des Deutschen Arbeitskreises für Familienhilfe. Dabei konnte sich die Bevölkerung eingehend in dem weitläufigen Gebäudekomplex umsehen, die Geschichte des Trägers in einer Ausstellung betrachten, ihren Nachwuchs in kompetente Hände geben und sich Vorträge über Angsterkrankungen und Depressionen anhören. 38 Appartements, die genügend Platz für Mütter oder Väter mit mehreren Kindern bieten, sind nach einer dreijährigen Durststrecke ständig ausgebucht. "Im April 2007 ist die Bezahlung der Kur zur Pflichtleistung der Krankenkasse geworden" , erklärt Verwaltungsleiterin Bärbel Bohne-Leymann den Aufschwung. Seitdem ziehen jeden Mittwoch etwa 100 neue Patienten in die Fachklinik ein und versuchen in drei Wochen, gesund zu werden, zu entspannen und neue Kraft zu sammeln. Viele der Mütter sind im alltäglichen Leben überfordert. Weg aus dem Milieu, Hilfe annehmen, neue Perspektiven erkennen, — das könnten die ersten Schritte in ein besseres Leben werden. Denn Überforderung macht auf Dauer krank, wie die ärztliche Leiterin Mechtild Mönig-Schuth weiß: "Die häufigste Erkrankung bei unseren Patienten ist ein Erschöpfungssyndrom, danach kommen Probleme mit dem Haltungsapparat, gefolgt von Atem- und Hauterkrankungen, bis hin zu Depressionen mit Panikattacken." Sie kommen mit Kleinkindern unter drei Jahren, aber auch oft mit Schulkindern. Für die Ferienzeit verweist die Klinik bereits auf eine Warteliste. Für Schüler, die ihren Elternteil während der Schulzeit begleiten, steht eine Pädagogin zur Verfügung, die bis zum Gymnasium die Betreuung übernimmt. "Die Kinder bekommen die Hausaufgaben vom Lehrer mit oder wir erhalten sie per Fax" , berichtet Bohne-Leymann. Etwa 70 Mitarbeiterinnen kümmern sich im "Ursee" rund um die Uhr um die Patienten. Ganztägige Kinderbetreuung ermöglicht es den Müttern und Vätern, sich ganz auf sich selbst zu konzentrieren, die Natur zu genießen und die Seele baumeln zu lassen. "Wir schaffen Inseln, in unserem vielseitigen Freizeitangebot finden Sport und Wellness statt. In Gesprächen versuchen wir Lösungsansätze zu finden" , gibt die ärztliche Leiterin Auskunft über die ganzheitlichen Aufgaben. Ein Gesamtpaket für Körper und Seele bietet die Klinik, die bisher jeden Winter das Haus mangels Belegung für zwei Monaten schließen musste. Die Zeiten sind vorbei. "Diesen Winter machen wir nur für eine Woche zu" , freut sich Bohne-Leymann über die wachsende Nachfrage. Die Fachklinik "Ursee" verarbeitet in ihrer Küche regionale Produkte. Durch die nahe Ortsmitte ist sie wirtschaftlich ein starker Partner für den Einzelhandel. Ihre Patienten bilden eine wichtige Kaufkraft in Lenzkirch. Der Blick in die nahe Zukunft ist positiv. Eine Erweiterung ist geplant. Das Personalhaus soll abgerissen werden, an seiner Stelle entsteht demnächst ein zusätzliches Appartementhaus, das Platz für acht bis neun Familien bieten wird.
Heidrun Simoneit , 29.9.2008, BZ

 

Paul Heer saniert Bildstöckle zwischen Schönenberg und Grünwald

Stolze 311 Jahre alt ist das älteste Bildstöckle auf Lenzkircher Gemarkung. Aufmerksame Wanderer finden es, ausgehend vom Schönenberg und vorbei an der Grillstelle etwas versteckt am Weg nach Grünwald. Unter dichten Fichten stehend, war es zuletzt arg bemoost, die Schrift unleserlich geworden. Dann nahm sich Paul Heer, Ehrenmitglied des Schwarzwaldvereins, des wertvollen Kleindenkmals an. Jetzt steht es wieder als Kleinod längst vergangener Zeiten am Waldweg, bei dem es sich bei einer Wanderung lohnt, inne zu halten.

Schon vor Jahrzehnten hat das Landesdenkmalamt dieses "heilige Zeichen" früher Volksfrömmigkeit, das laut eingemeißelter Jahreszahl bereits 1697 errichtet wurde, in die Liste der Kulturdenkmale aufgenommen. Man sollte tatsächlich einmal mit dem Auge oder auch mit den Fingern die verschiedenen Reliefs, Inschriften und Jahresangaben nachfahren und sich die alten Zeichen verinnerlichen. Dies gelingt umso besser, seit der 86-jährige Paul Heer, einst Fachwart für Heimatpflege im Schwarzwaldverein, das Bildstöckle mühsam von Flechten und Moosen gereinigt und die alte Schrift wieder lesbar gemacht hat. Neben den Reliefs von Kreuz, Schmuckkreisen, einem stilisierten Mühlrad und einem zusätzlichen Kugelkreuz auf der Rückseite, kann der aufmerksame Wanderer folgende Inschrift entziffern: "So du hier gehst vorbey, dein Grueß ein Ave Maria sey. Joseph Firder" . In die bis auf ein verwittertes Blechbild leere Marterlnische hat Heer, korrespondierend zur Inschrift, nun wieder eine kleine Madonna gestellt. "Joseph Firder" allerdings, der möglicherweise das fromme Zeichen am Wegesrand errichten ließ oder der hier vielleicht einem Unglücksfall zum Opfer fiel, kann man geschichtlich nicht mehr festmachen. Doch auch ohne namentlichen Bezug ranken sich um solche Orte der Volksfrömmigkeit stets Sagen und Geschichten. Den Ahnen galten diese Kleindenkmale und ihre Umgebung stets als Ort des Gedenkens und des Gebetes, Plätze des stillen Innehaltens, der Beklommenheit und immer auch des Geheimnisvollen. Hier wurde schon einmal eine Kerze entzündet oder ein Wunschzettel versteckt. Auch Gewanne wurden nach diesen Wegkreuzen benannt. So heißt in diesem speziellen Fall im Volksmund ein bis heute offen gehaltenes Stück Feld mitten im Wald schlicht "d’ Bildstöckleacker". Dieser liegt etwas weiter in Richtung Grünwald. Es gibt übrigens eine Geschichte, die von Generation zu Generation zu diesem Ort und zu diesem Bildstöckle erzählt wurde, jedoch beinahe in Vergessenheit geraten wäre. Der verstorbene Alt-Löffelschmiedewirt Lorenz Helmle hat sie dem Autor einst noch weitergegeben, so dass dieser sie noch im Buch "Kreuzgeschichten" festhalten konnte.
Demnach wurde ein Liebespaar auf dem Heimweg von einer Tanzveranstaltung in Lenzkirch von einem furchtbaren Schneesturm überrascht. Als sich die jungen Leute durch meterhohe Verwehungen kämpften, verließen sie nach und nach die Kräfte. Und auf halbem Weg in den Weiler Grünwald kamen sie schließlich nicht mehr weiter. Das erschöpfte Paar hielt an dieser Stelle an, so dass das tödliche Verhängnis seinen Lauf nahm. Eng umschlungen, so will es die vermutlich romantisierende Überlieferung, habe man das Paar erst Wochen später aufgefunden.
Manfred G. Haderer , 22.8.2008, BZ

 

 

Manfred-G. Haderer geehrt: Verdienste um Heimat, Kultur, Wandern

Der Schwarzwaldverein zeichnete Manfred-G. Haderer mit dem Preis für Verdienste um Kultur, Heimat und Wandern aus. Die Preisverleihung durch den Präsidenten Eugen Dieterle erfolgte während der 139. Hauptversammlung am Samstag in Geisingen, Landkreis Tuttlingen. Zu den Gratulanten zählte auch Harald Fritsche, Bezirksvorsitzender Hochschwarzwald im Schwarzwaldverein. In seiner Laudatio honorierte Präsident Dieterle die Verdienste von Manfred-G. Haderer um Kleindenkmale in seinem Buch Spurensuche wie auch dessen Einsatz in der Interessengemeinschaft Altes Lenzkirch. Gewürdigt wurden auch seine Veröffentlichungen in der Badischen Zeitung zu den Themen Schwarzwald, Ortsgeschichte, Handwerk und Wanderwege.
17.6.2008, BZ

 

 

125 Jahre Schwarzwaldverein: Naturschutz und Heimatpflege

Die Ortsgruppe Lenzkirch im Schwarzwaldverein besteht seit 125 Jahren. Allemal ein Grund zum Feiern und für unseren Mitarbeiter Manfred-G. Haderer in der Vereinschronik zu blättern. Im dritten Teil schildert er die Entwicklung des Vereins nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Arbeit der 1950er Jahre war von Markierungs- und Wegearbeiten bestimmt, es gab erheblichen Nachholbedarf aus den Kriegs- und Besatzungsjahren. Außerdem widmete man viele Aktivitäten der großen Aktion "Rettet die Wut achschlucht" . Zur Energiegewinnung sollten damals die Wutach- und Haslachschlucht aufgestaut werden. Damit wäre auch ein bis heute beliebtes Wandergebiet in den Fluten versunken. Letztlich hatten die Proteste Erfolg, die Naturschutzgebiete konnten gerettet werden. 1956 gelang es dem Lenzkircher Schwarzwaldverein eine Jugendgruppe zu gründen, 41 Kinder und Jugendliche machten damals mit.
Baumlos präsentierte sich in den 50er Jahren noch der Pflumberg. Er galt lange Zeit als Lenzkircher Hausberg, denn von seinem über 1100 Meter hohen Gipfel hatte man einst eine herrliche Aussicht. Außerdem fanden an seinen Hängen überregional bedeutende Skirennen statt. Deshalb erstellte die Ortsgruppe auf der Höhe 1956 die Pflumberghütte. Erst als der Pflumberg mehr und mehr zuwuchs und der Wald überhand nahm, verlor die Hütte an Attraktivität. Vor wenigen Jahre schenkte der Schwarzwaldverein die noch recht gut erhaltene Hütte den "Strohberghexen" , die sie auf ihrem Grillplatz am Sommerberg aufstellten. Die 1960er Jahre unter dem Vorsitz von Dr. Schweighöfer waren Konsolidierungsjahre. Die Zeiten waren etwas behäbig, man beschäftigte sich in den "Wirtschaftswunderjahren" vorwiegend mit sonntäglichem Wandern und Dia-Abenden. Nach rund zehn Jahren löste sich auch die Jugendgruppe wieder auf. 1967 begann die lange Ära des Vorsitzenden Otto Mink. Der Forstmann, der vor wenigen Wochen hochbetagt verstorben ist, forcierte die Tätigkeiten wieder und vor allem gelang es ihm, sehr viele Mitglieder zu werben. 250 Mitglieder hatte der Verein 1967 bei seinem Amtsantritt, als er 1991 seinen Posten niederlegte, waren es über 500. Etliche Neuerungen wurden nun eingeführt. Jetzt gab es Themenwanderungen zu Fauna und Flora, erstmals entdeckte man Ziele in den Vogesen oder in der Schweiz. In den 70er Jahren entstand eine Skiwandergruppe, Wanderparkplätze wurden eingerichtet, Orientierungstafeln aufgestellt und ein massiver Haslachsteg gebaut. Außerdem entstanden die Naturschutzdienste auf dem Feldberg oder in der Wutachschlucht, für die die Lenzkircher Ortsgruppe immer etliche Streifengänger abstellte. 1983 konnte man das 100-jährige Bestehen groß feiern. Neben Otto Mink prägten in dieser Zeit Vorstandsmitglieder wie Dr. Julius Böß, Ingrid Horn, Klaus Kurtz, Manfred Haderer senior oder Benedikt Klaus den Verein. 1991 übernahm Otto Thoma für drei Wahlperioden die Vereinsführung. Seit den späten 1980er Jahren begann sich auch mehr und mehr das Aufgabenfeld des Schwarzwaldvereines zu verändern. Nicht mehr allein die Pflege und Markierung der Wege sowie das Wandern standen im Vordergrund. Naturschutz und Heimatpflege spielten eine zunehmende Rolle. Dabei leistete die Lenzkircher Ortsgruppe unter Fachwart Paul Heer vorbildliche Arbeit. Die Ruine Urach wurde aufwendig saniert, die Wasserhäuschen im Urseetal erneuert, Wegekreuze betreut. Etwas völlig Neues für eine Schwarzwaldvereinsportsgruppe war die Herausgabe eines Buches: 1998 entstanden die zwischenzeitlich zweimal aufgelegten "Kreuzgeschichten" .

Im Jahr 2000 wurde ein Generationenwechsel eingeläutet, der auch in den folgenden Jahren fortgesetzt werden konnte. Die Lenzkircher Vorstandschaft präsentiert sich um den Vorsitzenden Harald Fritsche heute wesentlich jünger. Das Image des "reinen Wandervereins" wurde längst abgelegt. Auch die Aufgaben wurden anders verteilt. So konnten viele neue Vorhaben angepackt werden, die Ortsgruppenarbeit gestaltet sich heute praxisorientierter und mit vielen neuen Ideen. In den vergangenen acht Jahren erneuerten freiwillige Helfer die brachliegende Säntisblickhütte, etliche Wegekreuze wurden saniert oder umgesetzt, bei der neuen Wegemarkierung nahm die Lenzkircher Ortsgruppe eine Pionierrolle ein. Bei der Verwirklichung des Bähnleradweges half man mit, zuletzt wurde viel Arbeit in den neuen Schluchtensteig investiert. Die vernachlässigte historische "Franzosenschmiede" in Kappel ist durch den Einsatz des Vereins wieder ein Aushängeschild. Höhepunkte der Vereinsarbeit waren sicher die Erneuerung des Haslachschlucht-Wanderweges mit der Sicherung der Felskanzeln am Rechen- und Höllochfels und die Gestaltung des Geologieparks in der Schlicht. Dieses Engagement und die viele ehrenamtliche Arbeit des Lenzkircher Schwarzwaldvereines waren dem Land vor fünf Jahren eine ganz besondere Ehrung wert. Bei einem Festakt wurde der Ortsgruppe die begehrte Eichendorff-Plakette des Landes verliehen.
16.5.2008

 

 

Testo Standort Titisee stärkt auch Lernzkircher Stammwerk

Bürgermeister Feser sieht mit dem Testo Standort Titisee die Region Hochschwarzwald und das Stammwerk Lenzkirch gestärkt

Fünf Jahre nach dem ersten Schritt aus der Haslachgemeinde, der am Ende zur Umsetzung der Tis (Testo industrial services) nach Kirchzarten führte, plant die Testo AG, der Branchenführer in der Umwelt- und Klimamesstechnik, einen zweiten Schritt und möchte in Titisee einen zusätzlichen Standort errichten. Diese unternehmerische Entscheidung richte sich aber nicht gegen den Stammsitz, sondern solle den Standort Lenzkirch stärken. "Wir haben die Fertigung in Lenzkirch eingerichtet und dabei wird es sicher auch bleiben" , versicherte Vorstandsvorsitzender Burkart Knospe.

Über die Expansionspläne des größten Arbeitgebers in Lenzkirch, der dort etwa 600 der weltweiten 1500 Mitarbeiter beschäftigt, informierten Vorstandsvorsitzender Burkart Knospe und Testo Vorstand Lothar Walleser am vergangenen Montag dann Bürgermeister Reinhard Feser und erläuterten ihm die Gründe für einen weiteren Standort in Titisee. Mit dem zusätzlichen Standort rückt die Testo AG etwas näher an Freiburg und Donaueschingen heran, weist günstige Verkehrswege und eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel auf. Damit, so hofft das Unternehmen, werde es für Pendler attraktiver und damit könnten die neuen Arbeitsplätze mit auch hochqualifizierten Fachkräften leichter besetzt werden.
Bürgermeister Reinhard Feser, der am Mittwochnachmittag am Pressegespräch im Neustädter Rathaus teilnahm, verknüpfte seine Anwesenheit damit, dass diese Testo-Entscheidung nicht gegen die Gemeinde Lenzkirch gerichtet ist. Es sei eine unternehmerische Entscheidung, deren Gründe er durchaus nachvollziehen könne. Rückblickend auf den Beginn seiner Amtszeit im Jahre 2003 erinnerte sich Feser, dass er damals mit gemischten Gefühlen nach Kirchzarten zum Richtfest der Testo gefahren sei. Die Sorge, dass sich Testo vielleicht ganz aus Lenzkirch verabschieden könnte, kam auf. Fünf Jahre später könne er aber sagen, dass der Testo-Neubau in Kirchzarten der Firmenentwicklung in Lenzkirch nicht geschadet habe. Der Erfolg auf den Weltmärkten sorgte für stetiges Wachstum, was sich in Gebäuden und Mitarbeiterzahlen ausdrückt. Mit der jüngsten im vergangenen September fertiggestellten Erweiterung ist Platz für 200 Arbeitsplätze geschaffen worden. Und Testo hat in Lenzkirch noch Entwicklungsmöglichkeiten. Selbstverständlich würde die Gemeinde alle Hebel in Bewegung setzen, wenn es darüber hinaus Platzbedarf geben sollte, versicherte Feser. Aber mit einem Bauplatz von 34 000 Quadratmetern direkt an der B 31 und nur wenige Schritte vom Bahnhof Titisee entfernt, damit kann die Gemeinde Lenzkirch nicht dienen, so Feser. Weil die Gemeinde und das Unternehmen eine vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit pflegen, sei sein Vertrauen in die Aussagen der Testo-Vorstände sehr groß, versicherte Feser, dass die Bauabsichten in Titisee für den Standort Lenzkirch nicht von Nachteil sein werden. Für die Entwicklung einer Region sei die Zahl und Qualität der Arbeitsplätze der ganz entscheidende Faktor. Deshalb sei die Testo-Entscheidung eine gute Entscheidung für die gesamte Region Hochschwarzwald. Und ein Standort Titisee ist sehr viel angenehmer als ein Standort Freiburg, im Dreisamtal, im Raum Donaueschingen oder gar noch weiter entfernt, meinte Feser.
Ralf Morys , 1.3.2008, BZ

 

Bahnstrecke Lenzkirch-Bonndorf im Oktober 1907 eröffnet

Uhrenfabrik und ihre Arbeiter profitierten / Aus der Geschichte einer Badischen Nebenbahn

Vor genau 100 Jahren im Oktober 1907 wurde die Bahnstrecke zwischen Kappel-Gutachbrücke über Lenzkirch nach Bonndorf in Betrieb genommen. Sie war nicht ganz sieben Jahrzehnte in Betrieb. Übrig geblieben ist davon heute kaum noch etwas. Die jüngere Generation erinnert sich heute nicht einmal mehr an Triebwagen, Güterzüge oder den stattlichen Lenzkircher Bahnhof mit den Nebengebäuden.
Dennoch: An die Einrichtung dieser Nebenbahn knüpften die Anliegergemeinden einst so große Hoffnungen, der Bau übte auf die Bewohner des östlichen Hochschwarzwaldes eine solche Faszination aus, dass es sich lohnt noch einmal an die Geschichte des "Bähnles" zu erinnern, auch wenn es gar kein "richtiges" Jubiläum mehr ist. Denn bereits vor 30 Jahren verließ der letzte Zug den Lenzkircher Bahnhof, der nur wenige Jahre später den Baggerschaufeln zum Opfer fiel. Heute steht anstelle des einst dominierenden Bahnhofsgebäudes das Lenzkircher Kurhaus und dort wo einst die Züge verkehrten, wird seit ein paar Jahren fleißig geradelt. Denn die Bahntrasse zwischen Lenzkirch und Holzschlag wurde zu einem attraktiven Radweg ausgebaut. Jetzt soll mit Unterstützung des Naturparks auch die Strecke zwischen Lenzkirch und Kappel-Gutachbrücke für Radler ausgebaut werden. Damit wäre ein im Hochschwarzwald einmaliges Projekt entstanden. Wer die Strecke heute die Strecke offenen Auges abradelt, den erinnern noch etliche Bauwerke und Dämme und Landschaftseinschnitte an die Eisenbahnvergangenheit.
Die Geschichte der einstigen Bahn reicht übrigens mehr als ein Jahrhundert zurück. Denn bereits in der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts gab es Bestrebungen, eine Bahnlinie in Richtung Bonndorf zu bauen. Noch hatte man keine genauen Vorstellungen zur Linienführung und man ging auch davon aus, dass Bonndorf nicht Endstation sein sollte. Vielmehr dachte man an einen Anschluss an die neue Höllentalstrecke mit einem Tunnel von Titisee durch den Saiger Berg nach Lenzkirch und an eine Weiterführung dieser Eisenbahnstrecke nach Stühlingen mit Anschluss an die Schweiz. 1891 und 1893 gingen Petitionen an die großherzoglich-badische Regierung, man möge doch eine "moderne Lebensader" für diesen Teil des Schwarzwaldes schaffen. In beinahe schon drastischer Weise schilderte man in diesen Eingaben, wie "lebensnotwendig" ein solcher Bahnbau für die Region sei. Man brachte Landtag und großherzoglicher Regierung zum Ausdruck, dass aufgrund der rückständigen und schlechten Verkehrsverhältnisse die Landwirtschaft und die gerade aufstrebende Industrie, die Bevölkerung bald nicht mehr werde ernähren können. Doch noch dauerte es über eineinhalb Jahrzehnte, bis die angestrebte moderne Anbindung an die "Außenwelt" auch tatsächlich kommen sollte. Erst einmal sollte die Höllentalbahn von Neustadt in Richtung Donaueschingen verlängert werden, somit gingen Lenzkirch und Bonndorf vorerst leer aus. Erst als diese Trasse fertiggestellt war, machten sich die Verantwortlichen ernsthaft Gedanken, die beiden Städtchen und somit auch die umliegenden Gemeinden und Ortschaften mit einer Stichbahn an die "weite Welt" anzubinden. Der Traum einer großzügigen Linienführung einer Durchgangsbahn Freiburg, Titisee, Lenzkirch, Bonndorf, Schaffhausen mit einer Anbindung an die Gotthardbahn war damit endgültig ausgeträumt. Letztlich gab man sich mit der Zusage mit einer Nebenbahn überhaupt noch ans Eisenbahnnetz des Kaiserreiches angeschlossen zu werden, zufrieden.

Zwar zog sich der Baubeginn erneut hin, doch ab 1905 gingen die Arbeiten dann doch überraschend schnell vor sich. "Fremdarbeiter" aus Italien und vom Balkan wurden rekrutiert, die teilweise unter unwürdigen Bedingungen schuften mussten. Überall an der Strecke entstanden Arbeiterbaracken, Kantinen und Erschließungsstandpunkte. Vieles wurde in mühsamer Handarbeit geschaffen. Überführungen, Dämme und Brückenbauwerke entstanden. Das mächtigste und attraktivste Bauwerk überbrückt bis heute das Tal bei der Löffelschmiede in Unterlenzkirch: das Klausenbachviadukt. Die Sensation jedoch war für die Anrainer ein mächtiger Dampfbagger, der die tiefen Erd einschnitte auf der Strecke schuf. Alte Fotos zeigen ganze Heerscharen von Bürgern, die staunend die fauchende Arbeit dieses bisher nie gesehenen "Ungetüms" verfolgen.
Schon nach zwei Jahren war der Kraftakt beendet, die neue Bahnlinie fertiggestellt. Doch von Anfang an stand die Strecke unter keinem sehr guten Stern. Denn bereits die für Ende September 1907 groß angekündigte Eröffnungsfeier musste wegen Erkrankung des Großherzogs abgesagt werden. Er konnte nicht mehr kommen, Böller, Musik und Honorationen wurden per Telegraf "zurückgepfiffen" . Ganz sang- und klanglos wollte man das Ereignis jedoch doch nicht vorbeiziehen lassen. Die Einweihung der Bahnlinie fand immerhin noch mit Kindern beziehungsweise Schülern statt. Und man ließ einen Sonderzug mit geladenen Gästen fahren. In Bonndorf gab es einen kleinen Festumzug und in Lenzkirch lud die Gemeinde immerhin zu einer "Erfrischung" zur Feier des Tages ein. Kurze Zeit später verstarb der Großherzog.
Die ersten Betriebsjahre ließen sich noch recht ordentlich an. Bahnhofshotels in Lenzkirch und Bonndorf waren entstanden und die große Lenzkircher Uhrenfabrik profitierte vom modernen Verkehrsmittel ebenso wie viele pendelnde Arbeiter. Außerdem wurde aus den großen Waldgebieten (Saatfeld) viel Holz abtransportiert. Für die neue Dampfmaschine in der Lenzkircher Fabrik schafften Güterzüge nun auch die notwendige Kohlen heran. Und erste Touristen und "Luftschnapper" aus den Städten nutzten das neue Verkehrsmittel für die Anreise. Nur sieben Jahre nach der Eröffnung der Bahnlinie 1914 begann der Erste Weltkrieg. Der aufstrebende frühe Tourismus brach für mehr als ein Jahrzehnt gänzlich zusammen, die Lenzkircher Uhrenfabrik mit einstmals mehr als 500 Beschäftigten hatte ihren Höhepunkt ebenfalls überschritten. Schließlich brach sie während der Weltwirtschaftskrise ganz zusammen und ein guter Bahnkunde für den Güterverkehr fiel damit quasi von einem Tag auf den anderen weg.
Bereits in den 1920er und 1930er Jahren kristallisierte sich heraus, dass diese Nebenbahn niemals kostendeckend fahren würde. Nach anfänglicher Euphorie waren die täglich fünfmal verkehrenden Personenzüge nachweislich nie auch nur annähernd ausgelastet. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die strategisch völlig unbedeutende Bahn auch noch Ziel von Bombenangriffen. Die Bomben verfehlten zwar die Lenzkircher Bahnanlagen, Treffer schlugen allerdings ins benachbarte Bahnhof-Hotel (Vogt) ein.
Nach dem Krieg keimte noch einmal Hoffnung auf: Denn es sah anfänglich tatsächlich noch einmal nach einem bescheidenen Aufschwung aus, als aus den deutschen Großstädten die Touropa- und Kindersonderzüge gen Lenzkirch und Bonndorf fuhren. Doch auch diese Episode blieb letztlich ein "Strohfeuer" . Die neue Verkehrspolitik der Bahn grub bereits in den 1950er Jahren dem Personenverkehr auf der Schiene das Wasser ab. Denn jetzt wurden immer mehr Bahnbusse zwischen Neustadt, Lenzkirch und Bonndorf eingesetzt. Das war für viele Anrainer bequemer. Die Kappler sparten sich so den weiten Weg zum Grünwälder Bahnhof. Schließlich pendelten am frühen Morgen und am Nachmittag gerade noch Gymnasiasten, Handels- und Berufsschüler mit dem unvergessenen "Schienenbus". Folglich wurde seitens der Deutschen Bundesbahn bereits 1967 ein erster Schlussstrich gezogen, als der Personenverkehr sang- und klanglos eingestellt wurde. Nicht einmal die Gemeinde begehrte mehr auf. Einzig die Schüler betrauerten ihren lieb gewonnenen "Schienenbus" , protestierten auf dem Neustädter Bahnhof mit einigen selbst gemalten Plakaten und Sprechchören. Notiz nahm davon kaum jemand. Es war der Anfang vom (schleichenden) Ende, auch wenn die Bahn versprach, auf alle Fälle am Güterverkehr festzuhalten. Doch gerade mal neun Jahre später, also 1976, verließ von der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen, auch der letzte Güterzug den Lenzkircher Bahnhof. Nicht einmal ihren 70. Geburtstag hatte die Linie nach Bonndorf somit geschafft. Zwischen Lenzkirch und Bonndorf waren die Schienen bereits entfernt, als sich die Lenzkircher im Frühjahr 1977 noch einmal an ihre Eisenbahngeschichte erinnerten. Sie organisierten einen letzten Sonderzug an den Bodensee. Nur im Schritt-Tempo durfte dieser aus Sicherheitsgründen bis nach Kappel-Gutachbrücke fahren. Doch für die Lenzkircher war es ein richtiges Volksfest. Hunderte fuhren mit Musik, Tanz, in historischen Kostümen und mit einem ordentlichen Getränkevorrat an den Bodensee. Vermutlich war diese letzte Reise mit Start am Lenzkircher Bahnhof die Zugfahrt mit den meisten Passagieren überhaupt. Nur wenige Tage später wurden dann auch die Gleise zwischen Lenzkirch und Kappel-Gutachbrücke entfernt. Drei Jahre Galgenfrist gab es noch für den Bahnhof. Dann verschwand auch dieser Zeuge der Lenzkircher Bahnvergangenheit vom Erdboden, ein hoffnungsvoll begonnenes, aber nie erfolgreiches Kapitel Verkehrsgeschichte im Hochschwarzwald war somit endgültig geschlossen.
Manfred G. Haderer, 6.10.2007, BZ

 

Mesa Parts erhält Preis von Continental Automotive Systems

Eine erneute Auszeichnung und Bestätigung für ihre hochqualitativen Produkte hat die Firma Mesa Parts jetzt erhalten. Die Lenzkircher Hersteller von Feindrehteilen bekamen zum dritten Male in fünf Jahren den Lieferantenpreis von Continental Automotive Systems (CAS) für ihre Produkte von höchster Qualität verliehen.

Nach der Auszeichnung in den Jahren 2002 und 2004 erhält das Lenzkircher Unternehmen Mesa Parts auch für das Jahr 2006 den Lieferantenpreis von Continental Automotive Systems (CAS). CAS gehört zu den weltweit führenden Herstellern von Brems- und Sicherheitssystemen für Autos. Der Preis wurde im Mai von Mesa-Geschäftsführer Julian Meyer im Schloss von Mainz entgegengenommen. Neben Mesa Parts aus Lenzkirch erhielten von etwa 150 vertretenen Lieferanten nur neun weitere Zulieferer eine Auszeichnung von Continental Automotive Systems. Insgesamt lieferte Mesa Parts im vergangenen Jahr 97 Millionen Teile an CAS, die dort für den Bau von ABS- und ESP-Systemen verwendet wurden. Die Qualität der gelieferten Teile war außerordentlich hoch und lag bei lediglich 5 ppm (fünf fehlerhafte Teile auf eine Million gelieferte Teile). Mesa Parts belieferte 2006 insgesamt sechs Werke von CAS, fünf von ihnen sogar mit einer Fehlerquote von 0 ppm. "Man spürt, dass bei Mesa alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen" , so Samir Salman, Senior Vice President Purchasing und Mitglied der Geschäfts leitung, bei der Preisvergabe. Geschäftsführer Julian Meyer zeigte sich sehr erfreut über die dritte Auszeichnung binnen fünf Jahren. "Das ist für uns alle ein Ansporn, daran weiter anzuknüpfen" , sagte der Geschäftsführer des Familienunternehmens. Meyer betonte, dass Continental Automotive Systems ein wichtiger Kunde für den Lenzkircher Automobilzulieferer sei. "Umso schöner" , so Meyer, "dass man bei CAS auch hinsichtlich Zusammenarbeit und Kommunikation mit Mesa Parts insgesamt sehr zufrieden ist." Julian Meyer dankte den Mitarbeitern ausdrücklich für die Konstanz in Leistung und Zuverlässigkeit: "Mesa Parts kann stolz darauf sein, einer der besten Lieferanten von CAS zu sein."
2.6.2007, www.badische-zeitung.de

 

Atmos in Quartal 1/2007 von Aufträgen überrollt 

Der Auftragseingang liegt im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 44 Prozent höher / Baupläne am Stammsitz angehen

Bei Atmos, dem Hersteller von medizinisch-technischen Geräten, brummt es so richtig! Das Lenzkircher Unternehmen wird "von Aufträgen überrollt" , bringt Geschäftsführer und Eigner Peter Greiser die Geschäftslage im ersten Quartal 2007 auf den Punkt. Im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Vorjahres bedeutet dies ein Plus an Auftragseingängen von sagenhaften 44 Prozent. Die Nachfrage kommt aus Deutschland, Nord- und Osteuropa, dem Mittleren Osten und aus Amerika. Anlässlich des vierteljährlichen Geschäftsberichtes der Firma Atmos MedizinTechnik GmbH & Co. KG begrüßte Geschäftsführer Peter Greiser die gesamte Belegschaft im Kurhaus in Lenzkirch. Peter Greiser informierte zunächst über Neueinstellungen. Seit Anfang des Jahres begannen 14 neue Mitarbeiter ihre Tätigkeit bei Atmos. Des Weiteren entsandte das Unternehmen zwei Studenten der Fachhochschule Furtwangen, die bereits in Lenzkirch ihre Praxissemester absolviert haben, zur Atmos-Tochter in die USA, um durch dortige Marktstudien den Geschäftsführer zu unterstützen. Ein weiterer Student wird zu Atmos Asia nach Malaysia wechseln, um die Kollegen dort zu unterstützen und die Einkaufs- und Produktionsmöglichkeiten im Land genauer auszuloten, gewährte Greiser kurze Einblicke in die Strategien.
Mit Stand erstes Quartal 2007 arbeiten 166 Mitarbeiter in Lenzkirch und noch einmal 44 bei den Töchtern weltweit. Bis zum Jahresende wird diese Zahl wohl noch weiter aufgestockt werden müssen, meinte Geschäftsführer Greiser. Auf die Geschäftslage eingehend, machte Peter Greiser deutlich, dass Atmos im Moment "von Aufträgen überrollt wird" und das Auftragsvolumen im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Vorjahres um 44 Prozent höher liegt. Hauptsächlich komme diese gesteigerte Nachfrage an Atmos-Produkten aus Deutschland, Nord- und Osteuropa, dem Mittleren Osten und Amerika. Zu den bekannten medizinisch-technischen Produkten hat die weltweite Markteinführung der neuen HNO-Behandlungseinheit S 61 Servant von Atmos für extreme Furore auf den Märkten für Medizintechnik in aller Welt gesorgt. Mit diesem kurzen Einstieg wurde das Wort an den Vertriebsleiter Deutschland, Ralf Kühnemund, übergeben. Er verdeutlichte den Mitarbeitern am Stammsitz des Unternehmens , in einer gelungenen Präsentation, wie es zu der erwähnten Steigerung kam.
Mehrere Großaufträge konnten von Partnern in Deutschland, aber auch auf der ganzen Welt gewonnen werden. Diese fast schon unglaubliche Nachfrage führte zu Steigerungen bei den Aufträgen, die alle Erwartungen bei weitem übertrafen. "Auf den letzten Kongressen wurde auch deutlich, dass bei Medizinern Atmos einen sehr guten Namen hat, der für Qualität in allen Bereichen steht" , meinte Kühnemund.

Des Weiteren wurden in einigen Ländern dieser Welt neue Partner gefunden, die bereits nach kurzer Zeit große Erfolge erzielen konnten. Axel Kanefeyer konnte in seiner Tätigkeit als Area Manager gleich mehrere Ausschreibungen in den von ihm betreuten Ländern gewinnen. Zusätzlich wurde jetzt die Exportlizenz für Japan, dem drittgrößten Medizintechnikmarkt der Welt, erteilt. Eine gute Auftragslage benötigt mehr Mitarbeiter und dem zufolge auch mehr Platz. Aus diesem Grund wird bereits die angrenzende Villa seit Anfang des Jahres saniert, um diese nutzen zu können. Der Technische Geschäftsführer Wolfgang Hessler informierte gleichzeitig über ein geplantes Bauvorhaben. So soll im Bereich des Wareneingangs sowie der Versandabteilung kräftig gebaut werden. Bei der in der vergangenen Woche stattgefundenen Beiratsitzung wurde diesesBauvorhaben vorgestellt und verabschiedet. Die Pläne werden jetzt vom betreuenden Architekturbüro fertig gestellt und bei der Gemeinde Lenzkirch eingereicht. Vermutlich werden diese dann in zwei Bauabschnitten in die Realität umgesetzt. Zusätzlich wurde ein Areal im Bereich Niederdorf von Atmos erworben, um für zukünftige Vorhaben auch räumlich gewappnet zu sein. Die Parkplätze von Atmos sind ebenfalls an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt. Die Zahl der Stellplätze, werden um rund 100 Parkplätze erweitert werden. Peter Greiser zog zum Abschluss des Quartalsberichtes folgendes Fazit: Atmos hat 2007 einen sehr guten Start hingelegt. Und durch die bereichsübergreifende Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter wird diese extreme Auftragslage auch bewältigt werden können. Dies bedeute auch: Atmos wächst weiter! Im Anschluss an diese Quartalsinformation wurde die gesamte Belegschaft wie üblich zu einem Imbiss in die Atmos-Kantine eingeladen.
7.4.2007, Atmos

 

 

Schwarzwaldverein: Geologiepark weckt Stolz 

Gut aufgestellt präsentierte sich die Ortsgruppe des Schwarzwaldvereins Lenzkirch bei der Hauptversammlung im Kurhaus. Die Bilanzen der Spartenleiter, etliche Ehrungen und Lob von Bürgermeisterstellvertreter Klaus Kerdraon für die geleistete Arbeit prägten die Veranstaltung. Den Mitgliedern wurde der neue Internetauftritt präsentiert, und ein erster Ausblick galt bereits dem kommenden Jahr. Dann nämlich wird der Verein 125 Jahre alt.

Dieses Jubiläum ist ungewöhnlich — innerhalb des Hauptverbandes gehören die Lenzkircher in den erlesenen Kreis jener sechs Ortsgruppen, die schon zur Gründungszeit mit dabei waren und das Gesicht des großen deutschen Wandervereines von Beginn an mitprägten. Vorsitzender Harald Fritsche eröffnete die Versammlung mit einem Rückblick. Dabei gewichtete er die Arbeiten für den neuen Geologiepark auf dem Aussichtspunkt in der Schlicht besonders. "Ich denke, darauf können wir stolz sein. Von diesem Projekt profitieren alle: Einheimische, Wanderer, Hobbygeologen und die Schule." Demnächst wird der so genannte "Schluchtenweg" gleichfalls die Mitarbeit der Lenzkircher Ortsgruppe erfordern. Erste Vorbereitungen wurden in diesen Tagen getroffen. Laut Fritsche will man von Lenzkircher Seite nicht nur die Haslachschlucht, sondern auch den Mühlenweg und den neuen Geologiepark in die Streckenführung einbeziehen. Die Aufgaben des Vereines sind auf viele Schultern verteilt, und die Arbeitsteilung funktioniert im zuletzt stark verjüngten Vorstand, wie die Berichte der Ressortleiter zeigten. Ein akkurates Zahlenwerk präsentierte Rechnerin Karin Böhm. Dabei zeigte sich, dass der Schwarzwaldverein kräftig in bestehende und neue Einrichtungen investiert und damit auch manches Mal eine klamme Gemeindekasse entlastet. Kräftig zu Buche schlagen die Heimatpflege, die Arbeiten in der Wutach- und Haslachschlucht oder neu aufgestellte Ruhebänke. Für den Unterhalt der Pfade und Stege in der Haslachschlucht gibt es eine Rücküberweisung aus dem Fonds der "Arbeitsgemeinschaft Wanderwege Wutachschlucht" .

Für den Bereich Naturschutz ist seit dem vergangenen Jahr Gemeindeförster Andreas Schellbach zuständig. Ehrenamtliche Naturschutzwarte waren wieder viele Stunden auf dem Feldberg oder in der Wutachschlucht unterwegs. Aufwändig gestaltete sich die Bekämpfung des Springkrautes. Für diese Aktion zog Schellbach dennoch eine positive Bilanz. Im Gegensatz zu anderen Regionen habe man im Haslachtal mit der Ausbreitung dieser Neophyten noch Glück. "Wir haben das bei uns im Griff, und das Urseetal ist sogar noch von Springkraut frei." Schellbach koordinierte außerdem die Arbeiten zum Geologiepark. Unter anderem sollen noch verschiedene Steinblöcke angeschliffen werden, teilweise schönen Strukturen besser erkennen können. Körperliche Arbeit ist oftmals für den Wegewart Eugen Waldvogel angesagt. Er kümmert sich um die korrekte Beschilderung ebenso wie um verbogene oder absichtlich umgedrehte Hinweispfähle. Dieser Unsitte will man künftig ein Ende bereiten. Nach und nach sollen alle Pfähle einbetoniert werden. Erst in den letzten Tagen waren Frühjahrsarbeiten in der Haslachschlucht zu erledigen, Muskelkraft ist notwendig, Kettensäge, Hacke und Schaufel leisten dabei meist gute Dienste. Mit Eugen Waldvogel als Wegewart hat die Ortsgruppe seit dem vergangenen Jahr einen guten Griff getan. Heimatpfleger Artur Wangler berichtete von der Überwachung der Wegekreuze und Bildstöckle, von der Pflege der Ruine Urach, aber auch von grobem Vandalismus. So wurden Glas und Madonna bei einem Wegkreuz am Bühl zerschlagen. Demnächst soll das Granitzler-Bildstöckle am Hochfirsthang saniert werden. Um Öffentlichkeitsarbeit, Vereinschronologie und Ideen im historisch-heimatpflegerischen Bereich kümmert sich Manfred Haderer. Er ließ in der Versammlung das Vereinsjahr mit allen Aktionen immer noch einmal Revue passieren. Dabei erinnerte er auch daran, dass die Ortsgruppe die Wasserentnahme im Naturschutzgebiet kritisch hinterfragt hat und die Entwicklung dort auch weiterhin beobachten wird. Außerdem habe man 2006 in Lenzkirch über 110 Wanderführer für zwei Tage zu Gast gehabt, für diese Unterkünfte und ein Programm organisiert. Im Namen des Vorstands bedankte Haderer sich beim Vorsitzenden Harald Fritsche für dessen großes Engagement.
Manfred G. Haderer , 19.3.2007, www.badische-zeitung.de

Schluchtensteig von der Wutach - zur Wehraschlucht >Schluchtensteig

 

Stoßfelsen und die Bärenhöhle zwischen Ursee und Raitenbucher Höhe

Es gibt einige sagenumwobene Orte in der Haslachgemeinde. Der Ursee gehört dazu. Ebenso die Raitenbucher Höhe. Es heißt, hier spukt es. Sind es drunten am Ursee eher die Hexen, Seejungfrauen oder das "Kutterwible" , so liegt auf der Raitenbucher Höhe das Revier des "Tubacksbue" , der als Raitenbucher Fasnetsfigur auch heute noch seine Streiche treibt. Ein sagenhafter und landschaftlich einmaliger Ort, ist der Stoßfelsen. Er liegt zwischen dem Ursee drunten im Tal und der sonnigen Raitenbucher Höhe mit ihrem Blick auf den "Höchsten" .

Blick vom Fischbacher Weg nach Norden über die Quelle des Urseebachs zum Stoßfelsen am 9.9.2008

Der Stoßfelsen war einst ein beliebtes Ausflugsziel und ein herrlicher Aussichtspunkt. Der nach Osten offene Blick reicht von hier weit über das Urseetal, Lenzkirch und Kappel hinweg bis hinaus auf die Baar. Bei guter Weitsicht kann man sogar einige Alpengipfel erkennen. Bis in die 1970er-Jahre führte von der Raitenbucher Höhe ein Wanderweg hinauf auf den Stoßfelsen, der zwar nach Osten steil und schroff abfällt, von Westen jedoch auf leicht ansteigendem Gelände gut erreichbar ist. Genau genommen ist die Bezeichnung "Stoßfelsen" ein bisschen irreführend. Denn es handelt sich nicht nur um einen Fels, sondern um den Abschluss des Urseetales, um die Wasserscheide und mit 1078 Metern auch um den höchsten Punkt zwischen dem nach Lenzkirch weit geöffneten Tal und der zum Windgfällweiher abfallenden Höhe. Seit dem Orkan "Lothar" ist der Stoßfelsen als steil aufragende, zerklüftete Wand vor allem von der Fischbacherstraße wieder gut erkennbar. Gut zugänglich ist der Ort jedoch nur vom Querweg zwischen der Raitenbucher- und der Fischbacherhöhe. Wenn man sich auskennt und über etliche Hindernisse den Aussichtspunkt erreicht hat, wird man dort gerade im Winter mit gänzlicher Ruhe auf einem sonnigen Fleckchen belohnt. Einige Baumskelette stehen hier oben, Brombeerranken und Ginster finden auf dem kargen Boden einen Halt.

Einige Meter unterhalb des Aussichtspunktes und nur schwer zugänglich liegt die "Bärenhöhle". Höhlen sind auf den Schwarzwaldhöhen eigentlich eine große Rarität. Tatsächlich tut sich für Kundige am Steilabfall ein eineinhalb Meter hoher Schlund auf. In gebückter Haltung gelangt man in eine rund viereinhalb Meter tiefe Höhle, Wasser tropft aus den Spalten des Sedimentsgesteins, rasch wird es dunkel. Etwas tiefer gibt es noch ein kleineres, nicht begehbares Loch im Felsen. Um Höhlen ranken sich immer auch alte Geschichten und Sagen. Wenn man unten den "unheilvollen" Ursee sieht und auf der anderen Seite um den nächtens spukenden "Tubacksbue" weiß, ist es kein Wunder, dass sich solche Legenden auch um Stoßfelsen und Bärenhöhle ranken. So sagt schon der Name, was man sich früher glaubhaft erzählte: Bären hätten in dem Loch gehaust und später habe allerlei zwielichtiges Gesindel dort Unterschlupf gefunden. Aber es gibt auch die in alten Büchern festgehaltene Sage, dass die Höhle eine Verbindung zum Ursee habe. Wenn man im dunklen Felsschlund ein Steinchen in die Tiefe fallen lasse, so habe man früher nach einiger Zeit deutlich das Aufschlagen auf dem Wasser des Ursees gehört. War am moorigen See ein Beobachter postiert, soll dieser sogar die typischen Ringe auf dem dunklen und sonst gänzlich glatten Wasser registriert haben. Man wertete dies als Beweis dafür, dass sich der Ursee unterirdisch noch weit nach Westen zieht. Denn schließlich, so erzählt es der Sagenschatz, wurde einst das Jochholz eines im Ursee versunkenen Ochsengespanns Jahre später am Ufer des Titisees angeschwemmt.

Schade nur, dass der Stoßfelsen als Aussichtspunkt beinahe ebenso in Vergessenheit geraten ist, wie die alten Geschichten. Der Zugang auf dem einstigen Waldweg ist kaum noch zu finden, längst hat ihn die Natur sich zurückgeholt. Er wurde schon seit Jahren nicht mehr neu ausgeschildert und gepflegt, umgestürzte Bäume und Wurzelstöcke machen selbst dem Ortskundigen den Weg schwer. Einst standen auf dem Felsen sogar zwei Ruhebänke, wo Spaziergänger die Aussicht genießen konnte. Der Schwarzwaldverein hatte sich um dieses Naturkleinod gekümmert und bis in die 1970er-Jahre einen Rundweg, den "Möslekapf — Stoßfelsen" ausgeschildert. Einige letzte Wegzeichen an alten Bäumen künden noch heute davon. Vielleicht gibt es ja im Rahmen einer seit vergangenem Jahr vom Schwarz-waldverein geförderten Aktion, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, zugewachsene Aussichtspunkte wieder zu reaktivieren und von Bäumen und Buschwerk zu befreien, etwas Hoffnung für den vergessenen "Stoßfelsen".
Manfred-G. Haderer , 19.2.2007, www.badische-zeitung.de

 

Junge begeistern sich nicht für Technik - Abhilfe?

Lenzkircher Firmen diskutieren ihre Probleme mit Regierungspräsident Sven von Ungern-Sternberg

Wie kann man junge Menschen im Hochschwarzwald für Technik begeistern — und für die Unternehmen vor Ort? Diese Frage diskutierten die Geschäftsführer der großen Lenzkircher Firmen mit Regierungspräsident Sven von Ungern-Sternberg bei dessen Besuch in Lenzkirch. Testo-Vorstandsvorsitzender Burkart Knospe bot dem Regierungspräsidium seine Unterstützung dabei an.
"Schüler wollen heute alles werden, nur nicht Techniker oder Elektroniker", sagte Burkart Knospe in einer Diskussionsrunde mit dem Regierungspräsidenten. Er wünsche sich, dass es den Schulen in der Region endlich gelinge, in Schülern wieder Leidenschaft für Technik zu wecken. "Ich biete mich und die Firma Testo an, das Thema Technikfaszination zu unterstützen" , so Knospe weiter.

Das Thema sei dem Regierungspräsidium nicht neu, versicherte Sven von Ungern-Sternberg: "Da haben Sie einen Verbündeten in uns." Der Technikermangel in Deutschland sei nicht nachvollziehbar, so Ungern-Sternberg. "Technische Berufe eröffnen massenhaft Perspektiven, aber das ist bislang nicht durchgekommen." Es sei eine Frage der Bewusstseinsbildung. Das Regierungspräsidium versuche das: "Wir haben uns massiv in die Science-Days eingeklinkt, ich habe die technischen Schulen in Villingen-Schwenningen besucht." Der neue Schulpräsident Siegfried Specker werde sicherlich mehr Gewicht auf diese Berufe legen.  Sie habe mit Freude gehört, dass Knospe die Schulen unterstützen wolle, sagte Diplom-Pädagogin Maria Leufke-Kowatsch. Die Schule in Lenzkirch sei hervorragend ausgestattet. Das Problem sei vielmehr der Stundenplan. So werde in der zehnten Klasse eine Stunde Chemie pro Woche unterrichtet. Sie regte die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft an der Schule an: "Für Nachmittags bräuchten wir die Unterstützung der Fachleute."  Es gehe nicht nur darum, Schüler für Technik zu gewinnen. "Warum schaffen wir es nicht, die Leute, die hier leben, für die Betriebe vor Ort zu begeistern?" , fragte Martin Scholz von Kematen Cosmetics. "Warum immer nur pendeln?" An den Schulen sollte gezielt für die Firmen des Hochschwarzwaldes als Arbeitgeber geworben werden. Beziehungsweise unter den Mitarbeitern dafür, auch in die Nähe ihrer Arbeitsplätze zu ziehen.

"Wir bemühen uns ja auch, die Attraktivität von Lenzkirch zu steigern," meinte Gemeinderätin Ulrike Fiedler dazu. Mit der neuen Kinderkrippe und einem attraktiveren Kinoprogramm habe Lenzkirch doch einiges zu bieten. "Was die Preise für Bauland und die Mieten angeht, ist Lenzkirch unschlagbar gegenüber Freiburg." Der Gemeinderat sei gefordert, in der Infrastruktur eventuell andere Schwerpunkte zu setzen. "Vielleicht wäre ja eine engere Zusammenarbeit zwischen dem Gemeinderat und ihren Mitarbeitern vorstellbar", regte sie an. Er glaube nicht daran, dass es möglich sei, Mitarbeiter aus Freiburg zu einem Umzug nach Lenzkirch zu bewegen, meinte Atmos-Geschäftsführer Peter Greiser: "Es gibt einen Glaubenskrieg zwischen Stadt- und Landmenschen. Den kriegen wir nicht aufgelöst." Ihn bewegte eher das Problem der Bildung und Ausbildung im Hochschwarzwald. Während Mesa Parts vor allem Facharbeiter brauche, brauche Atmos relativ viele Ingenieure. Fachhochschulen oder Berufsakademien gebe es in Lörrach, Freiburg, Furtwangen, Donaueschingen und Konstanz. "Zwischen Konstanz und Lörrach finden sie nichts mehr." Nun sei vor einem Jahr beschlossen worden, in Tuttlingen eine neue Berufsakademie zu eröffnen. ""Für mich ist das nicht verstehbar" , meinte Greiser. "Da ist eine riesige Diaspora dazwischen." In der Tat sei die Südflanke ganz schwach ausgebaut, räumte Ungern-Sternberg ein. Ansiedlung folge eben den Verkehrsachsen. Deshalb werde nun die A 98 ausgebaut, dann folge die Industrie. "Man kann Fachhochschulen und Berufsakademien nicht in die Pampa setzen" , meinte der Regierungspräsident.

"Wie groß müssen denn die Unternehmen hier in Lenzkirch werden, damit wir hier eine Berufsakademie bekommen?", setzte Burkart Knospe nach. Das könne er nicht sagen, so Ungern-Sternberg. Mit Blick auf die Testo AG sagte er jedoch: "Mit Flaggschiffen kann man auch in die hohe Politik greifen" Ein größerer Kreis, eine Hochschwarzwaldkampagne könne da durchaus was bewirken. Donaueschingen werde nicht zufällig als zweite Bastion des Regierungspräsidiums ausgebaut. "Das ist der Raum, der es nötig hat und gleichzeitig gut angebunden ist."
Katharina Meyer , 18.1.2007, www.badische-zeitung.de

 

Arnand Colignon sponsort SV Saig: Von Paris nach Saig

Seit sieben Jahren lebt Arnand Colignon in Saig und fühlt sich dort pudelwohl. "Ich bin ein Teil von den Saiger Möbeln", sagt der Franzose mit einem charmanten Akzent. Als kleines Dankeschön für seine herzliche Aufnahme in die Gemeinde sponserte er den Sportverein mit Trikots und brachte dessen Vereinshaus wieder in Schuss.

Was einen Pariser in den Hochschwarzwald führt? Die Liebe. Vor 19 Jahren lernte Arnand Colignon seine Frau Marion kennen, die als Aupair von Falkau nach Paris gekommen war. Mit ihr kehrte er nach Deutschland zurück. Zuerst lebten sie in Falkau, vor sieben Jahren zogen sie mit ihrer kleinen Tochter nach Saig. Er fühle sich hier heimisch, sagt Arnand Colignon, der die Hektik in der Großstadt gerne gegen ein beschauliches Leben auf dem Lande tauschte. Was ihm besonders gefällt? Die Natur, die Ruhe und vor allem die netten Menschen, die ihn so herzlich aufgenommen haben. Feindseligkeit sei ihm nie begegnet, sagt der 37-Jährige. Von Anfang an fühlte er sich integriert und besitzt mittlerweile einen großen Freundeskreis. Auch beruflich hat sich Arnand Colignon in der Gemeinde etabliert. Vor neun Jahren machte er sich selbstständig und gründete die Firma Acteam. Das Geschäft brummt. Sein Montageservice ist gefragt, das Auftragsbuch bis Mitte Juni voll. Fast alle Aufträge bekommt er aus Saig. Soll ein Boden verlegt, eine Decke abgehängt, oder müssen Isolierarbeiten ausgeführt werden, wenden sich die Bürger an den Ein-Mann-Betrieb. Für so viel Entgegenkommen sei er dankbar, sagt der Handwerker gerührt und als kleines Dankeschön an Saig sponserte er im vergangenen Sommer die Fußballtrikots für die erste Mannschaft vom SV Saig 1908. Dabei ist er selbst kein großer Fußballfan. Zwar spielte er ein Jahr lang in der Mannschaft mit, aber mit mäßigem Erfolg. Aber er bewundere das große Engagement der Jugendlichen im Ort, das in einer Großstadt wie Paris nicht die Regel sei. Dieses Engagement wolle er unterstützen und helfe immer gern, wenn er könne. Eine weitere Gelegenheit dazu bekam er, als Vorsitzender Michael Diemand ihn wegen eines Schadens im Sporthäusle ansprach, den es zu beheben galt. Ohne zu zögern sagte Arnand Colignon zu und verbrachte ein ganzes Wochenende damit, die Spuren eines Wasserschadens im Gebäude zu beseitigen. In insgesamt 19 Stunden ehrenamtlicher Arbeit renovierte er die komplette Küche, wechselte die Gipsplatten an den Wänden aus, verpasste der Decke einen frischen Putz und fließte den Boden neu. Dafür hat er künftig freien Eintritt bei allen Vereinsveranstaltungen.

Ob er nicht auch ein wenig französische Lebensart in den Schwarzwald gebracht habe? Beim Arbeiten nicht, antwortet Arnand Colignon lachend. "Sei doch nicht so deutsch, sagen viele, wenn ich am Schaffen bin" ; aber hinsichtlich leckerer französischer Kochrezepte schon. Im vergangenen Jahr bot er in der Gemeinde einen Kochkurs für Männer über 30 Jahre an und bekam viele Zusagen. Allerdings musste er das Vorhaben verschieben, weil er viel Arbeit hatte. Aber sobald er wieder mehr Zeit hat, möchte er sich die Kochschürze umbinden und Interessierte in die Feinheiten der französischen Gourmet-Küche einführen, ihnen beibringen wie marinierter Wildschweinbraten oder Seeteufel auf Gemüse Julienne zubereitet werden. Denn Arnand Colignon versteht als gelernter Restaurantfachmann einiges vom Kochen. Zudem stammt er aus einer Gastronomen-Familie. "Bei uns zu Hause wurde nur gegessen, oder vom Essen geredet." Als 19-Jähriger eröffnete er mit seinem Vater ein Restaurant in der Normandie. Wie es zu seinem Berufswechsel kam? Während seinem Militärdienst in Paris lernte er nicht nur seine Frau, sondern, unabhängig von ihr, auch seinen künftigen Chef von der damaligen Falkauer Firma Senn kennen. Dieser bot ihm einen Ferienjob an den er annahm und aus dem schließlich drei Jahre wurden. In dieser Zeit lernte er alles über Trockenbau. Die Arbeit machte ihm Spaß und als die Firma pleite ging, beschloss Colignon sich in diesem Bereich selbstständig zu machen. Alles habe wunderbar geklappt, sagt der Franzose. Sogar der badische Dialekt geht ihm heute leicht über die Lippen.
Eva Weise , 123.1.2007 , www.badische-zeitung.de

Arnaud Colignon (ACteam) ist der neue Trikotsponsor der ersten Mannschaft. Hierfür möchten sich die Aktiven sowie die Vorstandschaft des SV Saig recht herzlich bedanken.
www.sv-saig.de

 

 

 

Lenzkirch Clocks: Buch von George A. Everett

Weltweit gelten Lenzkircher Uhren als Raritäten auf Sammlermärkten und im Internet. Jetzt ist in Amerika ein Buch erschienen, das sich mit den antiken Zeitmessern made in Lenzkirch beschäftigt. Der aus Alabama stammende US-Amerikaner George A. Everett erzählt in seinem Buch "Lenzkirch Clocks" , zu deutsch Lenzkircher Uhren, die Geschichte der Lenzkircher Uhr und dokumentiert anhand zahlreicher Fotografien und Bilder die technische Entwicklung.

Buchautor George A. Everett ist in Lenzkirch kein Unbekannter und unterhält seit Jahren sehr gute Kontakte zu den Lenzkircher Uhrenfreunden, die begeistert die Buchvorstellung in Lenzkirch übernahmen. Lenzkircher Uhren, erklärten die Uhrenfreunde witzelnd, seien der Rolls Royce unter den Uhren und auf Grund ihrer Robustheit lediglich bei Uhrmachern weniger geschätzt. Bei Sammlern und Liebhabern hingegen würden die teilweise seltenen Stücke oftmals zu horrenden Preisen gehandelt. Der während seiner Militärzeit in Deutschland stationierte George A. Everett hat schon mehrmals die Lenzkircher Uhrenfreunde besucht, woraus ein regelmäßiger Kontakt entstanden ist. Einige der in seinem Buch veröffentlichten Bilder entstanden bei eben diesen Besuchen im Hochschwarzwald. Der erste Kontakt von Everett mit einer Lenzkircher Uhr kam in einem Antiquitätenladen in Deutschland zu Stande. Dort habe er, ohne genau zu wissen, was er da vor der eigenen Nase hatte, zum ersten Mal ein Werk aus dem Uhrenstädtchen im Schwarzwald gesehen. In diesem Augenblick sei die Empfindung gewesen, dass dies die schönste Uhr sei, die er jemals erblickt hatte. Auf die Frage was dies denn für eine Uhr sei, habe ihm der Verkäufer nur geantwortet, dass es sich um eine Lenzkircher Uhr handle und die sei aber nicht zu kaufen. Seit diesem Schlüsselerlebnis, welches Everett wohl nachhaltig geprägt hat, habe er damit begonnen sich näher mit Lenzkircher Uhren zu beschäftigen. Das Besondere seien die unsignierten Lenzkircher Modelle, mit denen sich Everett auch in seinem Buch beschäftigt, wie schon der Untertitel "the unsigned story" besagt. 
Der amerikanische Liebhaber von Lenzkircher Uhren hat dafür in mehr als 15-jähriger akribischer Arbeit hunderte von Lenzkircher Uhren genau analysiert und hofft mit seinem Werk einen Grundstein für weitere Arbeiten zur Geschichte der Lenzkircher Uhr gelegt zu haben. Für die Lenzkircher Uhrenfreunde jedenfalls steht fest, dass das Buch ein absolutes Muss für alle Sammler ist und selbstverständlich in jeden Uhrenhaushalt gehört.
Sebastian Kaiser , 30.12.2006, www.badische-zeitung.de

 

 

Dennigs Ladengeschäft: Ein Haus erzählt von 300 Jahren

Bis vor rund eineinhalb Jahrzehnten gab es in der Freiburger Straße, am westlichen Ortsausgang von Lenzkirch, noch Dennigs Ladengeschäft. Es war ein klassischer, kleiner Dorfladen. Ein Gemischtwarenhandel mit einem tollen Wein- und Spirituosenangebot, wo man selbst am Heiligabend noch ein gutes Fläschchen bekam. Auf Bruno Dennig, den viele Lenzkircher noch in guter Erinnerung haben, war eben Verlass. Doch dann schloss auch dieser "Tante-Emma-Laden" für immer.

Der durchaus spannenden Haus- und Familiengeschichte dieses alten Anwesens ist der heute in Waldshut-Tiengen wohnhafte Heimatforscher Kurt Hodapp in den vergangenen Jahren nachgegangen, hat mit der ihm eigenen Sorgfalt und Detailverliebtheit das Schicksal des Hauses und seiner Besitzer in den vergangenen 300 Jahren aufgearbeitet. Herausgekommen ist eine 300 Seiten starke Arbeit, die über manch verschlungene Wege durchaus Erstaunliches zutage fördert und so auch zur Orts- und Bürgergeschichte beiträgt. Auch wenn gewisse bauliche Veränderungen im Laufe der Zeit die Ansicht etwas veränderten, so ist das Dennig-Haus doch noch ein charakteristisches Schwarzwaldhaus geblieben. Vor allem wer das Hausinnere kennt, Details wie den einstigen engen Aufgang von der niederen Stube in die oberen Gemächer in Erinnerung hat, den fasziniert auch die Geschichte seiner Bewohner, ihrer Berufe und ihrer Leistungen für das Allgemeinwohl. Die erste belegte Quelle für das Anwesen "auf dem Binzenrain" datiert laut Hodapp aus dem Jahr 1705. Nachgewiesen ist für das Anwesen nämlich ein längst ausgestorbenes Gewerbe, das der "Nagelschmiede" . Die industrielle Fertigung von Drahtstiften und Nägeln aller Art, machte diesem alten Berufszweig, der gerade auch im Schwarzwald stark vertreten war, bereits im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts nach und nach den Garaus. Es war die Familie der " Rohrwasser" , die hier das Naglerhandwerk betrieb. Rund 100 Jahre wurde auf dem Anwesen dieses Handwerk von drei Generationen der Rohrwasser-Sippe betrieben, dann hatten Kaufleute und Handelsmänner das Sagen, bis um 1870 auch ein erstes, richtiges Ladengeschäft nachweisbar ist. Rund 200 Jahre blieb das Anwesen, zu dem anfänglich im hinteren Bereich auch eine Naglerhütte und später eine Art "Leibgedinge" gehörte, im Besitz der Rohrwasser-Linie. Allerdings gab es später nur noch weibliche Nachkommen, sodass die Besitzernamen wechselten. Hodapp fand heraus, dass aus dieser Familie mit dem 1764 geborenen Johann-Evangelist Rohrwasser sogar ein "Doktor der Medizin" hervorging, der anfänglich auch in Lenzkirch praktizierte und später Stadt-Physikus in Pfullendorf wurde.

Nach Kaufmann Lender, der 1904 starb und im Uhrenstädtchen auch als Gemeinderat war, beginnt eine neue Familienära. Durch Kauf, später im familiären Erbgang, erscheinen nach und nach die Besitzernamen Ruf, Schacher und Dennig. Franz Ruf erwarb das charakteristische Haus und übernahm auch das ja bereits bestehende "Gemischtwarengeschäft" . Dieser Mann war wohl der bekannteste und legendärste Vertreter der Familienreihe. Schon aufgrund seiner stattlichen Größe eine eindrucksvolle Gestalt, der schon früh den Beinamen "d´ groß Franz" oder "d´ lang Franz" erhielt, war er auch ein recht umtriebiger Bürger, der sich allerorten ehrenamtlich engagierte. Er war Rechner des Cäcilienvereines, Vorstand des Turnvereins, stellvertretender Vorsitzender des Gesangvereins, aktiver Feuerwehrmann und Mitglied im Bürgerausschuss, später Gemeinderat. Für sein Geschäft warb und inserierte er pfiffig mit Sprüchen wie: " Wer billig und solid will kaufen, soll zum langen Franz auf den Blumenrain laufen:" 1942 tritt seine Tochter Lina Schacherer das Erbe an und führt den Gemischwarenhandel weiter. Ihr Mann Karl Schacherer war übrigens der Gründer der "Jotti" Wachswaren- und Schuhcremefabrik, die bis 1980 in Lenzkirch produzierte und für ihre guten Produkte auch recht bekannt war. Noch einmal wechselte die Besitzergeneneration in den frühen 50er-Jahren. Tochter Hildegart Schacherer heiratete Bruno Dennig und von nun an führten sie das Geschäft. Mit der zunehmenden Motorisierung kam 1960 als zusätzliches Standbein die bis heute bestehende Tankstelle dazu. Bruno Dennig, als Tankwart in der lila Latzhose und mit Schildmütze wird vielen noch in Erinnerung sein. Der letzte Tante-Emma-Laden besteht längst nicht mehr. 300 Jahre Haus- und Familiengeschichte wurden vom Heimatforscher offengelegt. Nichts erinnert heute mehr an die Nagelschmiede und vom Gemischt- und Kolonialwarenladen künden noch die ehemaligen Geschäftsräume und die Fenster. Zuletzt arbeitete hier noch ein Kopier-Laden, derzeit stehen die Räumlichkeiten leer.
Alles von
Manfred G. Haderer vom 7.9.2006 auf www.badische-zeitung.de

 

 

 

IG Geschichte zeigt "altes Lenzkirch" in der Wiest'schen Scheune

Viel gearbeitet wurde in den vergangenen Wochen in der Scheune des Wiest´ schen Anwesens. Mitglieder der Interessengemeinschaft Geschichte haben entrümpelt und "entstaubt" , teils neuen Boden eingezogen, Dielen ausgewechselt und vieles mehr. Die Scheune im denkmalgeschützten Haus ist zu einem sehenswerten Kleinod geworden. Der eigentliche Grund für den gewaltigen ehrenamtlichen Aufwand ist jedoch ein anderer: Die Interessengemeinschaft bereitet eine Ausstellung über das alte Lenzkirch vor.

Seit der Gründung vor knapp zwei Jahren (die BZ berichtete) trifft man sich zwanglos, aber regelmäßig. Alte Ansichten, Schriftstücke, Dokumente und allerlei Raritäten wurden schon zusammengetragen und verschiedene Ideen gesammelt. So wurde ein Kalender mit historischen Postkarten für Lenzkirch angedacht. Auch die Beschilderung der (wenigen) historischen Gebäude im Haslachstädtchen soll angepackt werden. Diese Projekte scheitern vorerst noch an den Finanzen. Denn die Mitglieder der Interessengemeinschaft bringen nicht nur viel Eigeninitiative und Arbeitseinsatz ein. Sie finanzieren bisher auch alles aus eigener Tasche. Gleichgültig, ob es sich um Kopien historischer Ansichten oder um die Ausleuchtung der historischen Scheune in der ehemaligen Wiest´ schen Mühle handelt. Die Gemeinde begrüßt zwar die Arbeit der Idealisten, an finanzieller Unterstützung ist derzeit jedoch nichts zu erwarten. Und Sponsoren haben sich bisher noch keine gefunden. Immerhin: Glaser Pfaff half kostenlos bei der Bestückung alter Bilderrahmen. Nach allerhand Vorarbeit, vielen Arbeitseinsätzen und auch gehörigem finanziellem Aufwand will man demnächst "eine etwas andere Ausstellung" auf die Beine stellen. Nicht wie gewohnt Stellwand an Stellwand mit einigen professionell gerahmten alten Fotos im modernen Kurhaus will man den interessierten Lenzkirchern präsentieren. Vielmehr bot sich die bisher nur als Lagerraum genutzte Scheune im Haus Wiest an der Haslach an. Alten Lenzkirchern ist das Anwesen noch als ehemalige Mühle bekannt. Mühlrad und Zubehör sind zwar seit 50 Jahren verschwunden, dennoch blieben einige Utensilien aus jener Zeit erhalten. Jahrhundertealtes Dielen- und Balkenwerk sind noch original erhalten und die Scheune bietet in ihrer Mehrstöckigkeit und den Ausblicken bis unters Dach ein einmaliges Raumerlebnis. Um alle "Stolperfallen" und möglichen Gefahrenstellen auszuräumen, wurden auf eigene Kosten Ausbesserungen vorgenommen. Die historischen Lenzkircher Ansichten wurden in alte Bilderrahmen eingepasst und kommen auf dem Holzwerk der Scheune und auf den Stellwänden eine Etage höher gut zur Geltung. Ausgesucht wurden kaum bekannte Fotos, überwiegend älter als 80 Jahre: Dorfansichten, die Kirche im Bau, Jahrmarkt mitten in Lenzkirch, Viehmarkt im Angel, aber auch einige bekannte Persönlichkeiten. Vorgesehen ist auch ein kleine Künstlerecke mit Bildern von Malern und deren "eigener Sicht" auf das ehemalige Uhrenstädtchen. Auch einige Raritäten werden gezeigt, etwa ein früher "Kuchenautomat" oder ein Metallbaukasten der einstigen Firma Wittner. Die Interessengemeinschaft wird keinen Eintritt verlangen, hofft aber auf Spenden der Besucher. Damit will man die Kosten decken, und man könnte sich auch vorstellen, eine solche Ausstellung mit anderen Exponaten aus dem reichen Fundus später einmal aufleben zu lassen. Außerdem werden einige Kopien alter Ansichten und auch historische Postkarten zum Kauf angeboten. Um die Ausstellung gleichzeitig zu einem Treff zu machen, damit sich historisch Interessierte zwanglos über alte Zeiten unterhalten können, wird auch eine Kleinigkeit zum Trinken angeboten. Je nach Resonanz soll die erste Scheunen-Ausstellung auch an den folgenden September-Wochenenden geöffnet werden.


Interessengemeinschaft
Die Interessengemeinschaft Lenzkircher Geschichte gründete sich 2004. Damals setzten sich etliche geschichtsinteressierte Lenzkircher zusammen mit dem Ziel, in der Bevölkerung das Bewusstsein für die bewegte Vergangenheit des einstigen Uhrenstädtchens zu erhalten und wieder zu stärken. Der heutige Kur- und Industrieort ist geschichtsträchtig wie nur wenige Schwarzwaldgemeinden. Ob Burg Urach, Kolumban Kayser, Hecker, Handelsgesellschaften, die einstmals größte Uhrenfabrik: Die spannende Vergangenheit ist noch überall greifbar, man muss sie nur dokumentieren und aufzeichnen. Gerhard Wiest ergriff vor zwei Jahren die Initiative und fand einige Gleichgesinnte. Heute arbeiten Robert StolI, Volker Matt, Dietmar Schneider, Christian Kramer, Martin Scharmacher und Manfred Haderer als "fester Stamm" mit. Hin und wieder gesellen sich auch weitere Interessenten dazu. Man trifft sich zwanglos, diskutiert, sammelt und archiviert. Man versteht sich nicht als Verein mit festen Statuten, doch Eigeninitiative und Engagement sind Voraussetzung für die Mitarbeit. Interessierte sind bei den Treffen willkommen.
Manfred G. Haderer , 1.9.2006, www.badische-zeitung.de

 

Lenzkircher Uhren-Freunde 10 Jahre

Lenzkircher Uhren ticken in New York, St. Petersburg und anderswo / Ein Verein in der Haslachgemeinde hält die Erinnerung an die Produkte der Firma Agul wach / Dauerausstellung im Kurhaus zeigt 50 der wertvollen Zeitmesser

Mit einer Postkarte fing vor 30 Jahren alles an: Sie weckte Michael Kramers Interesse für historische Uhren, die einst in der Lenzkircher Uhrenfabrik Agul produziert wurden. Er wurde zum Kenner, Sammler und Mitbegründer der "Lenzkircher Uhren-Freunde" . In diesem Jahr feierte der Verein bereits sein zehnjähriges Bestehen. Michael Kramer stöberte als Jugendlicher gerne auf Flohmärkten, um neue Schätze für seine Postkartensammlung zu ergattern. Auf einem seiner Streifzüge entdeckte er eine alte Postkarte, die ihn stutzig machte. "Uhrenfabrik Lenzkirch" stand da in Großbuchstaben. Davon hatte er noch nie gehört. Spontan kaufte er die Karte."Damit fing alles an, ich war Feuer und Flamme" , erzählt Michael Kramer. Er las alles, was er über die einstige Uhrmacherkunst in seinem Heimatort finden konnte, und knüpfte Kontakte zu Uhrensammlern im Ort. Es wurde sein größter Wunsch, einen Zeitmesser "made in Lenzkirch" zu besitzen. Eineinhalb Jahre später war es soweit: Mit 20 Jahren kaufte er seine erste Uhr. Sie kostete 600 Mark.

Das war viel Geld, vor allem für einen Lehrling. Kramer absolvierte zu dieser Zeit eine Ausbildung als Brauer und Mälzer bei der Brauerei Rogg. Der "Napoleonhut" von 1920 legte den Grundstein für seine Sammlung. Heute zieren über 50 tickende Raritäten sein Wohnhaus, füllen Wände, Schränke und Regale. Jedes einzelne Sammlerstück liegt ihm am Herzen. Michael Kramer war seit 1995 ein regelmäßiger Gast beim Lenzkircher Uhrenhock. Aus diesem Treff gründete sich ein Jahr später aus 20 Mitgliedern der Verein "Lenzkircher Uhren-Freunde" . "Wir wollten uns nicht länger nur in der eigenen guten Stube an unseren Uhren erfreuen, sondern gemeinsam ein Museum gründen und die Geschichte der Uhrenfabrikation öffentlich dokumentieren" , sagt Michael Kramer, der bisher fürs Schriftliche verantwortlich war und seit Januar den Vorsitz führt. Sie setzten sich zum Ziel, weitere einst in Lenzkirch gefertigte Uhren zurück in ihre Heimatgemeinde zu bringen. Immerhin waren von Lenzkirch aus bis zum Ende der Uhrenfabrik einst 2,6 Millionen Zeitmesser auf die Reise in alle Welt gegangen. Die Uhren aus der Haslachgemeinde tickten in London ebenso wie in in New York oder Sankt Petersburg. Sie hielten Ausschau nach einer attraktiven Ausstellungsmöglichkeit für ihre edlen Exemplare. Anfangs stellten sie im Heimatmuseum in einer Vitrine aus, aber dort wurde es bald zu eng. 2004 zogen sie ins Lesezentrum im Obergeschoss des Kurhauses um. Unter den Dachschrägen wurden fünf große Vitrinen eingebaut, verkleidet und mit Sicherheitsglas bestückt. "Allein hätten wir das nicht finanzieren können" , sagt Michael Kramer. Deshalb seien sie dankbar, dass Lenzkircher Gewerbebetriebe und Privatpersonen die Vitrinen mitgesponsert haben. Nachdem das eigene "Uhrenvermögen" des Vereins anfänglich recht bescheiden war, ist es in den vergangenen Jahren gewachsen. "Wir fingen bei Null an" , sagt Kramer, "heute sind 50 wertvolle Zeitmesser in den Vitrinen zu bewundern." Über die Hälfte ist Vereinseigentum, der Rest sind Leihgaben von Mitgliedern. Freischwinger, Kamin-, Stutz- und Prunkuhren sind ebenso vertreten wie Regulatoren oder die weithin bekannten Wecker, die in manchen Haushalten heute noch ticken. Ein weiteres Prunkstück wäre ein 2,14 Meter hoher Gewichtsregulator, eine Leihgabe aus Amerika, den Michael Kramer und Jürgen Kessler in Belgien abholten — sie kann nicht ausgestellt werden, weil sie nicht in die Vitrinen passt. Nun wartet sie auf einem Dachboden auf ihren Besitzer. Die Stücke vermitteln einen guten Eindruck über die Produktionspalette Lenzkircher Uhren, die zwischen 1851 und 1932 in alle Welt gingen. Möglich wurden die Rückkäufe unter anderem durch den Erlös des Ausstellungsbuches "150 Jahre Lenzkircher Uhren" , das anlässlich der Jubiläumsausstellung 2001 herausgegeben wurde. Experten kamen von weither angereist. "Ursprünglich war nur ein Flyer geplant" , verrät Kramer, der für die Texte verantwortlich war. Daraus wurde ein Begleitheft und schließlich ein 190-seitiges Buch, für das er neun Monate lang jede freie Minute am Computer saß.
Der Verein ist im Internet vertreten und besitzt in internationalen Fachkreisen einen guten Ruf. Zweimal jährlich wird die Vereinszeitschrift "Der Lenzkircher Uhrenfreund" an 150 Mitglieder weltweit versendet. Und wenn in Brasilien ein Ersatzteil für eine Uhr aus dem Hause Agul benötigt wird, geht bei den "Lenzkircher Uhren-Freunden" per Mausklick eine Anfrage ein. Die Ausstellung im Kurhaus soll um neue Vitrinen erweitert werden. Dann können weitere edle Exemplare in Lenzkirch wieder beheimatet werden.


Eva Weise, 21.8.2006, www.badische-zeitung.de

 

Blick in Lenzkirchs Uhren-Geschichte

Uhrenfreunde zeigen wertvolle Zeitmesser in zusätzlichen Vitrinen / Ausstellung frei zugänglich

Erst kürzlich wurde der Verein der Lenzkircher Uhrenfreunde zehn Jahre alt. Rechtzeitig zu diesem Jubiläum ergänzten die Vereinsmitglieder die Ausstellungsvitrinen im Obergeschoss des Kurhauses. Mehr als 20 wertvolle Exponate aus der Glanzzeit der Lenzkircher Uhrenfabrik finden nun hinter schwerem Sicherheitsglas einen würdigen Platz. Für das Kurhaus, für die Freunde alter Uhren und für alle Gäste stellt die nun erheblich vergrößerte Ausstellung eine schöne Bereicherung dar. Bereits 2004 hatten die Uhrenfreunde die ersten Vitrinen unter der Dachschräge des Kurhauses eingebaut. Mit den ersten gut 20 Zeitmessern aus der Blütezeit der Uhrenfabrikation des Haslachstädtchens war die Grundlage für eine würdige Ausstellung gelegt. Mit der jetzt vorgenommen Erweiterung, die die bisherigen Vitrinen nahtlos ergänzt, nimmt die Ausstellung langsam aber sicher Museumscharakter an. Denn inzwischen kann man hier bereits etwa 45 äußerst seltene und wertvolle Zeitmesser bewundern. Neben den vereinseigenen Uhren, die nach und nach angekauft und so in ihre ehemalige Heimat zurückgeführt wurden, ist eine der Glasvitrinen mit Leihgaben von Familie Dilger bestückt. Zusammen mit den bereits bisher gezeigten Exponaten vermittelt die Ausstellung zwischenzeitlich einen sehr umfassenden Eindruck über die ebenso außergewöhnlich umfangreiche Produktionspalette Lenzkircher Uhren, die zwischen 1851 und 1930 in alle Welt gingen. Als absolute Hochzeit der Lenzkircher Uhrenfabrik (Agul) gelten die Jahre um 1900, als die Lenzkircher Fabrikationsstätte nicht nur zu den europaweit qualitätvollsten, sondern mit über 500 Beschäftigten gleichzeitig auch zu den größten gehörte. Nach Frankreich, England, Russland oder Amerika gingen, speziell auf die landestypischen Präferenzen abgestimmt, Regulatoren, interessante Freischwinger, Kamin- Stutz und sündhaft teuere Prunkuhren. Dazu gesellte sich eine Reihe verschiedener Weckermodelle, bis hin zum frühen "Reisewecker" .

Über diese gewaltige Produktionspalette bietet die Ausstellung der Lenzkircher Uhrenfreunde bereits einen sehr guten Eindruck. Eine Stutzuhr mit Beistellkerzenhaltern und reicher Applikation, gebaut um 1880, eine Jugendstil-Portaluhr von 1905 oder eine wunderschöne Laternenuhr, verziert mit vergoldetem Messing, lassen das Herz der Uhrenliebhaber höher schlagen. Um ein seltenes Stück handelt es sich auch bei der beinahe metergroßen Gutsherrenuhr von 1895 oder der Figurenuhr mit großem Amor-Aufsatz. Jeder Sammler kennt die berühmten Lenzkircher Regulatoren. Doch weniger bekannt sind zeitgemäße Modelle wie die " Bauhaus-Uhr" im rechteckigen Marmorblock oder eher schlichte Anfertigungen wie die ausgestellte Porzellanuhr. Möglich wurde die aufwändige Erweiterung der Vitrinen durch die Leihgaben und durch einen Sponsor. Das schöne an der Uhrenausstellung ist, dass sie im Lesebereich des Kurhauses jederzeit frei zugänglich ist und eine zuschaltbare Ausleuchtung die wertvollen historischen Exponate jedem Interessenten auch ins "richtige Licht" setzt.

Alles von Manfred-G. Haderer  vom 18.8.2006 auf www.badische-zeitung.de lesen

 

Hölzerne Tierfiguren am Naturlehrpfad zerstört

Entlang des Naturlehrpfades am Sommerberg haben unbekannte Täter in der Nacht auf Dienstag randaliert. Dabei richtete sich die sinnlose Zerstörungswut auf die dort aufgestellten Holztiere, die stark beschädigt wurden. Zwei Rentner aus den Reihen der Stadtmusik Lenzkirch haben die Sommerberganlagen gepflegt und in ihrer Freizeit die hölzernen Tierfiguren geschnitzt. Hinweise ans Polizeirevier Titisee-Neustadt, 07651/93360.
11.8.2006, Badische Zeitung

 

 

Das Springkraut im oberen Haslachtal jäten 

Vielerorts haben ehrenamtliche Helfer resigniert aufgegeben: Das Indische Springkraut erwies sich als stärker und wuchert weiter. Auf der Lenzkircher Gemarkung, in den Revieren der Förster Martin Bach und Andreas Schellbach, hat man die Situation dagegen im Griff. Jährliche, geplante und kompromisslose Aktionen führten bisher zum Erfolg. Auch derzeit sind ehrenamtliche Helfer und Ferienjobber wieder unterwegs, um der aus dem asiatischen Raum stammenden Pflanze den Garaus zu machen.

Seit zehn Jahren wird in den Lenzkircher Forstrevieren das Indische Springkraut schon bekämpft. Zwar sind auch Haslach- und Urseetal nicht ganz von diesen Problem-Neophyten frei. Doch die inselartigen Vorkommen meistert man laut Förster Andreas Schellbach bisher noch sehr gut. "Verhältnisse wie in der Wutachschlucht wollen wir hier nicht" . Deshalb ist die jährliche, gezielte Aktion gegen das Springkraut unerlässlich. "Wenn wir aufmerksam und konsequent sind, dann bleiben wir auch Sieger" , so Schellbach bei einem Arbeitseinsatz entlang der Haslach im Bereich der Falkenmatten. Das auffällige indische Springkraut mit seinen rosa Blüten sei ein richtiges "Teufelszeug" , so der Experte. Einst als attraktive Zierpflanze eingeführt und fatalerweise in der Landschaft auch von Imkern gezielt als Herbstnahrung für Bienen ausgesät, hat sich dieser Neophyt (neue, eingewanderte Pflanzenart) in den vergangenen 20 Jahren unglaublich vermehrt. Die einzelnen Pflanzen können an günstigen Standorten gut zweieinhalb Meter hoch werden. Kein Wunder also, dass einheimische Arten keine Chance mehr haben. Jede einzelne Pflanze produziert bis zu 2000 Samen. Die Samenkörner sind schwimmfähig, deswegen ist die Ausbreitung entlang von Bach- und Flussläufen besonders groß. Man sieht: es sind zähe Überlebenskünstler, die nur schwer in Schach zu halten sind. Immerhin, so hört man von den Experten, sei ein Großteil der Bevölkerung inzwischen sensibilisiert. Man erkenne, dass die Pflanzen einheimische Arten zurückdrängen und so einen negativen Einfluss auf die Tierwelt haben. Selbst bei den Imkern, hat inzwischen ein Umdenken eingesetzt. Der Grund: Qualität und Menge von Pollen und Nektar sind nicht ausreichend, um den nötigen Ertrag und vollwertiges Bienenfutter in den Herbstmonaten zu liefern. Gemeinsam mit Mitgliedern des Schwarzwaldvereines, Ferienjobbern und Zwei-Euro-Kräften geht Schellbach derzeit ganz gezielt gegen die Pflanze vor: in Falkau, in Saig am Kuhberg und eine Stelle in der Hiera, in Mühlingen-Falkenmatten, in Kappel und in der Haslachschlucht abwärts der Kläranlage. Nicht sehr erfolgreich ist man dagegen entlang der Gutach. Der Grund: Auf Neustädter Gemarkung gibt es sehr viele Springkrautflächen gegen die nichts getan wird und so schwemmen diese immer wieder neuen Samen in Richtung Wutach. Für die Helfer ist die Spingkraut-Bekämpfung anstrengend. Die Pflanzen sind teilweise mannshoch, stehen auf feuchtem Boden, sodass die Männer in den Falkenmatten mit ihren Gummistiefeln teilweise knietief einsinken. Der pflanzliche Einwanderer hat ein schwach entwickeltes Wurzelwerk, sodass er sich einfach ausreißen lässt. An geeigneten Stellen lässt man das Kraut dann eintrocknen. Förster Schellbach möchte auch die Bevölkerung noch etwas mehr sensibilisieren: Das ausgerissene Springkraut möge man nicht auf den Kompost, an den Waldrand oder an Bachufer werfen. Denn dort würde es sich rasch weiter verbreiten.

Manfred-G. Haderer , 5.8.2006, www.badische-zeitung.de

 

Vor 70 Jahren untersagten die Nationalsozialisten die Eulogius-Wallfahrten

Genau 70 Jahre ist es her, dass das nur wenige Jahre zuvor ins Leben gerufene Eulogiusfest mit Pferdeweihe und großer Prozession während der Nazi-Zeit wieder von der Bildfläche verschwand. 1936 wurde der für lange Jahre letzte Eulogi-Ritt gefeiert. Sang- und klanglos ging unter, was sich bei Bauersleuten und den schon damals vielen Festbesuchern großer Beliebtheit erfreute. Die Gründe lagen auf der Hand. Dem NS-Regime und den politisch maßgeblichen Vasallen vor Ort war dieses christliche Fest mit seinen fast ausschließlich religiösen Wurzeln ein Dorn im Auge.

Politische Einflussnahme, wie sie wohl anfänglich versucht wurde, hatte wenig Erfolg. Auch deshalb entzogen die Nationalsozialisten dem Fest seine Existenzberechtigung wieder und setzten dem so genannten “religiösen Getue” rasch wieder ein Ende. Im kommenden Jahr sind es dann 60 Jahre her, seit das erste Eulogiusfest nach dem Zweiten Weltkrieg gefeiert wurde, noch unter Beobachtung der französischen Besatzungsmacht. 2009 werden es gar 1350 Jahre sein, seit der Bischof, Heilige und spätere Schutzpatron verstarb. Seine Reliquien wurden später in die Kathedrale von Noyon übertragen.

Eine ganze Reihe denkwürdiger Daten jährt sich oder steht in nächster Zukunft an, wenn sich am kommenden Sonntag, 25. Juni, wieder 200 oder mehr Reiter aus dem gesamten Hochschwarzwald in Lenzkirch treffen, den Festgottesdienst bei der Eulogius-Kapelle begehen und anschließend feierlich durch das Haslachstädtchen ziehen. Dann ist dies für viele Lenzkircher auch so etwas wie der höchste Feiertag, der sich schon frühmorgens um fünf Uhr durch Kanonenschläge und musikalisches Wecken ankündigt. Tausende Zuschauer säumen die Straßen, kommen von nah und fern zum traditionellen Fest zu Ehren des Heiligen Eulogius, des Patrons der Pferde, der Bauern und Schmiede. Nach dem kirchlichen Teil, der sicher zu den herausragenden Festanlässen im Hochschwarzwald gehört, schließt sich ein malerisches Leben und Treiben in den Straßen und auf den Plätzen an. Der große Jahrmarkt lockt seit vielen Jahrzehnten sein Publikum, wird zum Treffpunkt für jung und alt. Die Lenzkircher Bevölkerung, so fand Heimatforscher Kurt Hodapp vor Jahren heraus, verehrt den heiligen Eligius, dessen Name sich im süddeutschen Raum allgemein zu Eulogius abwandelte, schon sehr lange. Seit 1595 ist eine Wallfahrtskapelle auf dem Binzenrain nachweisbar. Das in Stein gemeißelte Datum 1659 weist wohl auf einen Umbau hin und bereits 1684 war die Kapelle wieder zu klein geworden. Sie wurde damals durch eine wunderschöne, barocke Kirche in massiver Steinbauweise mit dem charakteristischen Zwiebel-Dachreiter ersetzt. Zur gleichzeitigen Friedhofskapelle wurde das Eulogius-Kirchlein übrigens erst im 19. Jahrhundert, als der Friedhof auf den Binzenrain verlegt wurde.

Speziell im ausgehenden 17. und mehr noch im 18. Jahrhundert blühten die Wallfahrten allgemein und im speziellen auch zu dieser kleinen Kirche sowie die Verehrung der vielen Schutzheiligen auf. Auch der Heilige Eulogius profitierte von dieser Form der einfachen Volksfrömmigkeit. Das wundert nicht, ist der heilige Eligius für die ländliche Bevölkerung nach und nach doch zum der Viehpatron, Beschützer der Pferde, Reiter und der Hufschmiede schlechthin geworden. Und in der zu jener Zeit noch fast gänzlich bäuerlich geprägten Einwohnerschaft lag somit das Gebet zu diesem Schutzpatron nahe. Allerdings: Umritte, Pferdeweihe, Prozessionen oder ähnliches Brauchtum kannte man damals noch nicht. Deshalb hat der Heimatforscher auch recht, wenn er dem Eulogius-Fest, wie es in unserer Zeit gefeiert wird, entgegen vieler anderer Überlieferungen, keine sehr lange Tradition bescheinigt. Denn der traditionelle Festbrauch, so wie ihn heute jedermann kennt, gesellte sich erst 1934 zur bis dahin schon gepflegten Verehrung des Schutzpatrons hinzu. Und 1936, nach gerade mal drei großen Eulogiusfesten mit Umritt, Feldgottesdienst und Pferdeweihe und großer Beteiligung der Bevölkerung, war aus den oben genannten Gründen vorerst einmal schon wieder Schluss. Alle Bemühungen 1937 wieder ein Eulogiusfest zu organisieren waren zum Scheitern verurteilt. Eine menschenverachtende und wenig später Völker mordende Weltanschauung obsiegte für das kommende Jahrzehnt. Dies hielt damals — in vorsichtig gewähltem Wortlaut — auch die Geistlichkeit in Protokollen und im damaligen St.-Nikolaus-Pfarrblatt fest. Vielleicht also bietet die kirchliche Feier und das anschließende fröhliche Treiben genau 70 Jahre nach dem letzten Fest, das in der Zeit des NS-Regimes gefeiert werden durfte, auch die Möglichkeit einer Erinnerung an jene unseligen Zeiten.


Manfred G. Haderer am 21.6.2006 auf www.badische-zeitung.de

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