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Gewalt
in Hochschwarzwald und Breisgau
    

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Gewalt, Zivilcourage, ...


Blick übers Markgräflerland zum Hochblauen am 15.11.2006 bei 20 Grad Wärme

"Wer im Spiel das Töten übt, greift auch im echten Leben eher zur Gewalt."
Professor Manfred Spitzer, Neurobiologe, Leiter der psychiatrischen Uniklinik in Ulm
 
Tatort: Hinkebein", Sonntag 11.3.2012, 20.15 Uhr, ARD    


 

KKP - Kommunale Kriminalprävention 10 Jahre in Freiburg

Freiburg ist in Baden-Württemberg die Stadt mit den anteilig meisten Drogenverbrechen. Auf 100 000 Bürger kamen im vergangenen Jahr 539 Drogendelikte, in der Landeshauptstadt Stuttgart waren es "nur" 534. Dies ist das Ergebnis einer nach Regionen differenzierten Auswertung des Bundeskriminalamtes (BKA) zur Kriminalstatistik 2007. Im Widerspruch dazu steht die Geschichte, die Stadt und Polizei zum zehnjährigen Bestehen der Kommunalen Kriminalprävention (KKP) präsentieren. "Sie ist ein Erfolgsmodell" , sagt Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach (SPD).

In seinem Dezernat ist die KKP angesiedelt. "Ohne die Kommunale Kriminalprävention wäre die Sicherheitslage in der Stadt objektiv und subjektiv schlechter." Auch Meinrad Drumm, der als Leiter der Prävention bei der Polizeidirektion Freiburg von Beginn an als Vertreter der Polizei bei der KKP mitgewirkt hat, bestätigt: "Die Kommunale Kriminalprävention hat sich auf jeden Fall bewährt." Das über die Jahre entwickelte Konstrukt "Kommunale Kriminalprävention" wirkt komplex: Seine Geburtsstunde war die Gründung des so genannten Koordinationsrates am 1. April 1998. Dieses Gremium zählt 25 Mitglieder und tagt zweimal jährlich. Darin sitzen Fachleute aus Stadtverwaltung, Polizei, den Gemeinderatsfraktionen, der Justiz, der Arbeitsgemeinschaft Freiburger Bürgervereine und dem Max-Planck-Institut. Die Basis ist also breit. "Präventionsarbeit", erklärt Drumm, "kann die Polizei nicht allein bewältigen". Vorbereitet werden die Sitzungen des Koordinationsrates von einer fünfköpfigen Lenkungsgruppe.

Zur KKP gehört zudem der 2002 gegründete, mittlerweile 40 Mitglieder zählende Verein "Sicheres Freiburg" . Dessen Geschäfte führt Beate Hauser, insgesamt stehen der Geschäftsstelle für Büro und Personal 30 000 Euro zur Verfügung, daneben gibt es Projektmittel in Höhe von 3000 Euro sowie bei Bedarf aus einem weiteren Fördertopf. Zudem erhält der Verein Spenden sowie Zuweisungen der Gerichte. Von Kirchbach nennt den Verein das "Schnellboot" und den operativen Arm, der die Bürgerinnen und Bürger mit ins Boot holt. So hat "Sicheres Freiburg" beispielsweise das Solidarmodell Anti-Graffiti Freiburg mit auf die Beine gestellt (die BZ berichtete), das Hausbesitzer in ihrem Kampf gegen Sprayer unterstützt. Die Liste der Bürgervereine, die bei den zweimal im Jahr stattfindenden Reinigungsaktionen mitmachen sollen, ist mittlerweile lang. Als Nächstes werden im Herbst die Häuserwände im Stadtteil Littenweiler gesäubert. "Das Problem ist nicht in zwei Jahren zu beseitigen, da muss man immer kontinuierlich dranbleiben" , sagt von Kirchbach und räumt ein, dass es in Sachen Prävention manchmal einen langen Atem brauche: "Das geht in der Politik eben nicht Schlag auf Schlag." Dennoch: Die Kommunale Kriminalprävention hat vieles angestoßen und vorangebracht. Die Idee der Hausverbote in den Kneipen — in 2007 und 2008 wurden insgesamt 72 ausgesprochen — ebenso wie FRIG, das Freiburger Integrationsprojekt gegen häusliche Gewalt. Vieles angestoßen haben vor allem auch die Arbeitskreise. Darin befassen sich rund 30 Menschen mit Themen wie Sucht und Gewalt an Schulen, der Sicherheit sowohl im öffentlichen Personennahverkehr als auch auf Straßen und Plätzen. Ein anderer Arbeitskreis kümmert sich um "Angsträume" in der Stadt. Damit sind Orte gemeint, die Menschen meiden: weil Haltestellen zugewachsen, Fußwege und Parks schlecht ausgeleuchtet und Unterführungen dunkel sind. Hunderte von Zusendungen von Bürgerinnen und Bürger hat der zuständige Arbeitskreis erhalten, berichtet Meinrad Drumm. Sie waren und sind für Stadt und Polizei die Basis, um mit konkreten Maßnahmen die angeprangerten Missstände zu beheben — sprich: den Menschen die Angst zu nehmen. So wurden Fußwege besser beleuchtet und hohe Hecken gestutzt, so zum Beispiel an der Haltestelle Runzmattenweg. "Das sind in der Summe viele spürbare Verbesserungen" , sagt Drumm. Auf die Kriminalstatistik, an deren Spitze Freiburg landesweit seit langem steht, mögen sie vielleicht keinen unmittelbaren Einfluss haben, für viele Bürger haben sie die Stadt aber zweifelsohne sicherer gemacht.
9.7.2008, www.badische-zeitung.de

 

Freiburger Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt FRIG 10 Jahre

Das "Freiburger Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt" (FRIG) feiert sein zehnjähriges Bestehen, die konstituierende Arbeitssitzung fand im Januar 1998 statt. Gefeiert wird morgen Vormittag im Kaisersaal des Historischen Kaufhauses am Münsterplatz. Die Vorsitzende des Projekts, die Ärztin und CDU-Stadträtin Ellen Breckwoldt, erzählte BZ-Mitarbeiter Sebastian Wolfrum, warum Intervention nötig ist, wie FRIG arbeitet und was für die Zukunft geplant ist.

BZ: Frau Breckwoldt, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie von Fällen wie dem Beziehungsdrama in Kappel hören?
Breckwoldt: Das ist natürlich schrecklich. Für Frauen, die sich von ihren gewalttätigen Partnern trennen wollen, ist es oft besonders wichtig, sich an Beratungsstellen zu wenden. Bei einer professionellen Beratung werden nämlich auch individuelle Sicherheitsvorkehrungen für die Frau eingebaut. Das ist nötig, denn gewaltbereite Männer neigen, wie man jetzt wieder gesehen hat, leider oft dazu, in Trennungssituationen die Kontrolle zu verlieren.
BZ: Gibt es denn in Freiburg sehr viel häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder?
Breckwoldt: Ja, die gibt es leider sehr wohl. Nehmen Sie als Beispiel das Frauenhaus, in dem Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, Zuflucht finden. Das ist immer voll.
BZ: Wie kann FRIG da vorbeugend helfen?
Breckwoldt: Ganz wichtig bei unserer Arbeit ist, das Thema häusliche Gewalt in ein anderes Licht zu rücken. Früher wurde Gewalt in den eigenen vier Wänden oft unter den Teppich gekehrt, wurde als Streit abgetan, der niemanden außerhalb der Familie etwas angeht. Aber das ist nicht so. Wir wollen einen Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung bewirken. Häusliche Gewalt ist eben keine Privatsache, sondern ein krimineller Akt, der öffentlich geächtet werden muss.
BZ: Was hat sich in den letzten zehn Jahren getan?
Breckwoldt: Zum Glück ist da einiges passiert. Wichtiger Teil unserer Arbeit war, alle Institutionen an einen Tisch zu bringen, die mit dem Thema häusliche Gewalt in Berührung kommen: die Polizei, die Staatsanwaltschaft, die Richter, aber eben auch soziale Einrichtungen, Ärzte und Geistliche. An der Polizeiakademie Freiburg gibt es beispielsweise einen Fortbildungskurs für die Beamten zum Thema "Gewalt im sozialen Nahraum" . Es ist sehr wichtig, dass die Polizisten auf diesem Gebiet geschult werden, sind sie doch oft die Ersten, die vor Ort sind. Bei der Staatsanwaltschaft wurde sogar ein Sonderdezernat für häusliche Gewalt eingerichtet.
BZ: Was können Frauen tun, die Opfer häuslicher Gewalt werden?
Breckwoldt: Wir haben in Freiburg eine Beratungsstelle, an die sich jede Frau wenden kann. Hier versuchen wir dann gemeinsam eine Lösung zu finden. Das kann eine psychologische Betreuung sein, etwa zur Aufarbeitung der Gewalterfahrung. In schwerwiegenderen Fällen gibt es für die Frauen auch die Möglichkeit, in ein Frauenhaus zu ziehen, um sich so vor ihrem Partner zu schützen. Seit 2001 gibt es auch den so genannten Platzverweis durch die Polizei — der Täter wird der Wohnung verwiesen und darf sich der Frau nicht mehr nähern. Wird die Bedrohung durch den Partner als besonders groß eingeschätzt, kann sogar ein Platz in einem Frauenhaus in einer anderen, weit entfernten Stadt beschafft werden.
BZ: Was planen Sie für die Zukunft?
Breckwoldt: Für die Zukunft wird wichtig sein, die in Freiburg geschaffenen Strukturen zu festigen, sie von den Personen, die jetzt daran arbeiten, unabhängig zu machen. Außerdem die Öffentlichkeitsarbeit: Jede Frau soll wissen, dass sie sich jederzeit an uns wenden kann. Wir arbeiten gerade an einer verbesserten Zusammenarbeit mit der Psychiatrie der Universität Freiburg. Ein weiteres Projekt ist die Aufklärungsarbeit an Schulen. Hier gibt es noch einiges zu tun.

Häusliche Gewalt: Im Jahr 2007 hatte die Polizei in Freiburg 1045 Einsätze wegen häuslicher Gewalt, 2006 waren es 1348 Fälle, im Jahr davor 1233. 2006 wurden nach Angaben des Amts für öffentliche Ordnung in Freiburg 104 Platzverweise erteilt, 2007 waren es 85. Infos im Internet unter www.frig-freiburg.de 24-Stunden-Beratung unter Telefon: 0761/ 31072.

Zehn Jahre FRIG: Donnerstag, 10. Juli, 10 bis 13 Uhr, Historisches Kaufhaus.
swo, 9.7.2008, BZ

Kleine Helden: Wenn Kinder Gewalt in Familien erleben >Gewalt1 (25.3.2010)


 

 

 

Scheibenfeuer nach Straßenfest im Sedanviertel Freiburg

Polizei versuchte, Eskalation zu vermeiden / Grünen-Stadträtin Monika Stein muss mit auf die Wache

Zwei Feuer auf offener Straße beschäftigten die Polizei in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai einige Stunden lang im Sedanviertel. Am Rande des Straßenfestes in der Spechtpassage und der Wilhelmstraße hatte eine Gruppe von Festbesuchern ein Feuer auf der Kreuzung Wilhelmstraße/Belfortstraße entfacht. Als Brennmaterial waren Bauholz und Paletten von einer nahe gelegenen Baustelle geholt worden. Ein Augenzeuge berichtete, es habe eine friedliche Lagerfeuerstimmung geherrscht, auch wenn das Feuer von der Größe her eher einem Scheibenfeuer als einem Lagerfeuer geglichen hätte. Von den rund 100 bis zwischenzeitlich 400 Menschen um das Feuer, so die Schätzungen des Polizeisprechers Karl-Heinz Schmid, ging zunächst keine Gefahr aus. Auch die Polizei griff nicht ein. "Wir wollten die deeskalierende Strategie fahren und beruhigend einwirken." Man habe lediglich den Verkehr umgeleitet. "Immer mal wieder flogen Flaschen in Richtung der Polizisten" , sagt Schmid. Doch erst als einige aus der feiernden Gruppe ein Toilettenhäuschen von einer Baustelle auf die Straße warfen und versuchten, eine Kippmulde am Rand eines Anwesens in Brand zu setzen, schritten die Beamten ein. Zwei durch Flaschenwürfe beschädigte Autos und eine in Brand gesetzte Mülltonne bilanzierte die Polizei, als gegen 2.30 Uhr die meisten Festbesucher gegangen waren und die Feuerwehr beide Feuer gelöscht hatte. Von sechs Personen wurden die Personalien aufgenommen, gegen einen 22-jährigen Mann wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Unter denjenigen, die von der Polizei mit aufs Revier genommen wurden, war auch die Stadträtin Monika Stein (Junges Freiburg/Die Grünen). Von den Krawallen habe sie nichts mitbekommen, sagt Stein, weil sie in einer Kneipe saß. Als sie diese verließ und mit einem Bekannten am Feuer stehen blieb, "um mich zu wärmen und gemütlich das Bier auszutrinken" , sah sie sich und ihren Begleiter sowie einen Dritten plötzlich von mehreren Beamten umstellt. Obwohl sie sich ausweisen konnten, seien sie mit dem Hinweis, es bestehe Verdacht auf Landfriedensbruch und Störung der öffentlichen Ordnung aufs Polizeirevier Nord gebracht worden. Dort habe man sie fotografiert sowie die Jacken und Taschen untersucht, doch keiner hätte sie gefragt, was sie denn am Feuer gemacht hätten. "Diese ganze Aktion" , sagt Stein, "erscheint mir sehr rätselhaft."
Claudia Füßler , 3.5.2008, www.badische-zeitung.de

Scheibenfeuer: Wer kommt für die Kosten auf?
Zu: "Scheibenfeuer im Sedanviertel" , BZ vom 3. Mai:
Beim Lesen dieses Artikels habe ich mir schon etwas verwundert die Augen gerieben. Mitten auf einer Kreuzung in Freiburg wurde in Anwesenheit der Polizei "friedliche Lagerfeuerstimmung" erzeugt. Die dazu notwendigen Materialien wurden von einer nahe gelegenen Baustelle entwendet. "Immer mal wieder flogen Flaschen in Richtung der Polizisten." Schon zu diesem Zeitpunkt wurde meines Erachtens Landfriedensbruch begangen. (Landfriedensbruch bedingt die Teilnahme an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Gegenstände, oder die Androhung von Gewalttätigkeiten gegen Menschen, aus einer Gruppe von Menschen ausgehend, in gemeinsamer Aktion, die in der Weise die öffentliche Sicherheit gefährden; oder auch nur die Aufforderung oder das Agitieren zu dem Zweck, solche Verhaltensweisen bei anderen Menschen hervorzurufen oder zu fördern.) Deeskalierend wird jedoch zunächst nur der Autoverkehr umgeleitet. Als steuerzahlender Bürger muss ich mich fragen wer für die Kosten (Einsatz der Polizei, Einsatz der Feuerwehr, vermutlich beschädigter Straßenbelag) aufkommt? Dass sich dann auch noch eine Stadträtin (Junges Freiburg/Die Grünen) gemütlich ihr Bier trinkend und wärmend, dazugesellt setzt dem Ganzen die Krone auf.
BZ-Leserbrief vom 7.5.2008 von Monika Glockner, Freiburg

Braucht Freiburg so eine Stadträtin?
Wer ist Monika Stein? Eine Freiburger Stadträtin, die sich biertrinkend an einem illegalen, überdimensionalen Lagerfeuer im öffentlichen Verkehrsraum wärmt! Die für sich polizeiliche Sonderrechte in Anspruch nehmen will und die Polizeiarbeit in Frage stellt. Braucht Freiburg zum Wohle der Stadt und ihrer Bürger so eine Stadträtin? Nein! Sie sollte ihr grünes Hütchen nehmen und in Zukunft die Finger von der Politik lassen.
BZ-Leserbrief vom 7.5.2008 von Veronika Müller, Freiburg

Gemeingefährliche Naivität
Als BZ-Leser konnte ich mich nicht recht entscheiden, ob ich den Artikel über das Feuer im Sedanviertel, mit anschließender Verhaftung der Grünen Stadträtin Monika Stein, lustig finde oder skandalös. Allein die zitierte Aussage, sich am Feuer zu wärmen und das Bier gemütlich auszutrinken klingt nach gemeingefährlicher Naivität. Ist es denn üblich, dass Nachts ein großes Feuer zum Wärmen einlädt in der Belfortstraße? Von Stadträten ist man ja zwischenzeitlich vieles gewohnt, aber mit dieser Aussage beleidigt Frau Stein die Intelligenz der Beamten und der Bürger (Wähler). Als Bürgervertreter, was Stadträte nunmal sind, hätte ich mir mehr erwartet.
BZ-Leserbrief vom 7.5.2008 von Heinrich Traisse, Freiburg

Legen Sie Ihr Mandat nieder!
Zu dem Straßenfest im Sedanviertel am Abend des 1. Mai schreibt ein Leser ("Scheibenfeuer" , BZ vom 3. Mai).
Eine Stadträtin, gewählt von Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Freiburg und auf das Gemeinwohl dieser Stadt verpflichtet, wärmt sich bei einem "gemütlichen Bier" an einem "Lagerfeuer" , welches mitten auf einer belebten Straßenkreuzung von randalierenden Chaoten entfacht wurde. Und das Ganze, ohne sich im Geringsten darüber Gedanken zu machen, was da eigentlich vor sich geht. Unglaublich! Im Polizeirevier Nord mit dem Verdacht auf Landfriedensbruch und Störung der öffentlichen Ordnung konfrontiert, erscheint dieser Stadträtin anschließend auch noch diese ganze (Polizei-) Aktion als sehr rätselhaft! Das sollte den Wählerinnen und Wählern bei der nächsten Gemeinderatswahl zu denken geben! Meine Empfehlung an Frau Stadträtin Monika Stein: Zahlen Sie der Stadt Ihre bisher erhaltenen Sitzungsgelder zurück, legen Sie für die Reparatur der Straße noch einige Tausender drauf und Ihr Mandat als Stadträtin möglichst schnell nieder!
BZ-Leserbrief vom 19.5.2008 von Hubert Jakob, Freiburg

Oh, hätten sie doch geschwiegen
Man reibt sich verwundert die Augen. Die BZ widmet dem zweifelhaften Mai-Feuer einen weiteren Redaktionsbeitrag. Dabei drängt es sich einem auf: Oh, hätten sie doch geschwiegen, die verehrte Stadträtin Stein sowie die Sprecher der Grünen im Stadtrat! Was hat denn die verdienstvolle Arbeit von Frau Stein mit Randgruppen mit ihrer Teilnahme an einem zweifelhaften Vergnügen — um das unschöne Wort Randale zu vermeiden — zu tun? Es hätte Frau Stein als Repräsentantin der Freiburger Bürgerschaft besser angestanden, mäßigend auf die "Veranstalter" einzuwirken, als nur sich am Feuer zu wärmen und dabei gemütlich das Bier auszutrinken. Offenbar schien es ihr wie den Initiatoren dieses zweifelhaften Vergnügens völlig normal zu sein, dass Material entwendet und mitten in der Stadt ein offenes Feuer entfacht wird — ein obskures Rechtsbewusstsein! Kann man bei Jugendlichen und Heranwachsenden ihr rechtswidriges Handeln noch geistiger Unreife zuschreiben, so sollte dies bei einer Mandatsträgerin wohl kaum anwendbar sein. Dass die Polizei erst nach längerem Zuschauen eingeschritten ist, was sie fälschlicherweise als Deeskalationsbemühen umschreibt, macht einmal mehr deutlich, dass sie mit ihrer Personalstärke an der Grenze des Leistbaren angelangt ist. Umso wichtiger ist, dass auch engagierte Bürger durch ihr Verhalten einen Beitrag zum Rechtsfrieden leisten. Dazu gehören zweifellos insbesondere die gewählten Repräsentanten der Bürgerschaft.
BZ-Leserbrief vom 26.5.2008 von Heinrich Heydgen, Denzlingen

Maifeuer im Sedanviertel: Es braucht keine Ausreden
Da geht doch eine Lehrerin und grüne Stadträtin am Abend des 1. Mai im Sedanviertel spazieren, sieht ein illegales Lagerfeuer, welches "jugendliche Alternative" aus geklauten Holzpaletten errichtet hatten— und die Spaziergängerin denkt ganz harmlos "Prima, da kann ich mich energiesparend aufwärmen und gemütlich ein Bier trinken." In ihrer Begeisterung bemerkt sie natürlich nicht, dass nahe an einem Haus eine Müllkippe brennt, dass aus der "gemütlichen" Gruppe Bierflaschen gegen Polizisten fliegen. Sie wird sich wohl nur gefragt haben: "Was hat die Polizei hier zu suchen." Als sich Randalierer verzogen und die Feuerwehr in diesem bewohnten Viertel das Feuer gelöscht hatte, wagte es die Polizei einige der "Anwesenden" vorübergehend festzunehmen und erkennungsdienstlich zu behandeln. Das ist bei Straftaten sogar die Pflicht der Polizei. Aber, und das ist wohl das Verwerfliche an der Sache: eine grüne Stadträtin so zu behandeln, das ist, ja, das ist "komplette Willkür." Flugs nahm sich die grüne Stadträtin eine Anwältin und ihre Parteifreunde gaben eine Ehrenerklärung heraus. Vielleicht wäre es hilfreich, wenn sich einzelne Stadträte dann und wann mit den Aufgaben der Polizei und den entsprechenden Verordnungen beschäftigen würden. Für die öffentliche Sicherheit und die Erforschung strafbarer und ordnungswidrige Handlungen ist auch in Freiburg immer noch die Polizei als Exekutive zuständig. Das gilt für Straßenkehrer, Bankdirektoren, Parteifunktionären und Neonazis ebenso wie für Stadträte aller Schattierungen, Wohnungslosen und Punks. Um Vorbild zu sein braucht's keine Ausreden, Ehrenerklärungen, Sonderrechte und Anwälte, da braucht's Einsichten und dann und wann auch Entschuldigungen oder einen leisen Rücktritt.
BZ-Leserbrief vom 26.5.2008 von Klaus Scheler, Münstertal

Kann es nicht mehr lesen, wie schlimm die Jugend sein soll

Ich kann es nicht mehr lesen! Wie schlimm die Jugend sein soll und geworden ist. Ich bin ein sogenannter Sozialwaise, ein vernachlässigtes Kind und wurde 1999 mit neun Jahren vom Jugendamt aus meiner leiblichen Familie genommen. Dann folgten knapp zwei Jahre Pflegefamilie, danach fünf Jahre Heimunterbringung. Mit 16 Jahren wurde ich dort über Nacht rausgeworfen (aus dem Heim), nur weil ich eine Lehre machen wollte! Das Heim, mein Vormund und das Jugendamt unterstellten mir, ich sei unfähig dazu. Mittlerweile bin ich im zweiten Lehrjahr und habe die Zwischenprüfung schon bestanden! Nur durch ein Vormundswechsel konnte ich das umsetzen, was viel Zeit und Geld kostete, weil es nur mit Anwaltshilfe möglich war.

Ich bin die ganzen Jahre nie kriminell geworden oder ein notorischer Schulschwänzer, ich habe mich bemüht, zur Kostendämpfung beizutragen, mein neuer Vormund arbeitet ehrenamtlich, es sind keine teuren Heimkosten mehr fällig, ich arbeite und werde nach meiner Lehre auch arbeiten und meine Steuern zahlen, das ist mein Ziel, mein Weg! Aber seit dem Rauswurf aus dem Heim und dem Beginn meiner Lehre bekomme ich keine Unterstützung mehr.

Traurig, dass das Jugendamt nicht mal über den Tellerrand blickt und Jugendlichen was zutraut, auch wenn sie aus desolaten Familienverhältnissen stammen. Damit will ich den Kindern und Jugendlichen da draußen sagen, wenn ihr Ziele und Hoffnungen habt, dann glaubt an euch und kämpft! Ich mache den Anfang, ohne Gewalt und Perspektivlosigkeit! Liebe Gesellschaft und liebes Jugendamt glaubt endlich an mich und helft mir, noch stabiler zu werden, jetzt brauche ich euch noch etwas. Später werde ich einer von euch sein, den Helfenden! Das ist ein Versprechen!
BZ-Leserbrief vom 29.2.2008 von Victor Lang, Bad Krozingen


CAJ Freiburg - Auch die Ursachen anschauen

Zum Bericht "Absprung zur rechten Zeit" (BZ vom 19. Januar).

Einigen jungen Menschen wird Gewalt angetan, psychische und gesellschaftliche. Die Gegengewalt zeigt sich zum Teil in der nun diskutieren Kriminalität, verursacht durch junge Menschen. Diese Gewalt gilt es selbstverständlich zu verurteilen, jedoch müssen wir uns auch die Ursachen dafür anschauen. Diese junge Menschen sehen keine Perspektive und kein Ziel für sich und ihr Handeln. Sie sind von der gesellschaftlichen Teilhabe und einem gesellschaftlichen Status ausgeschlossen. Sie erhalten zu wenig Unterstützung von zu Hause oder in der Schule, die nötig wäre um einen (guten) Abschluss zu machen und anschließend eine Lehrstelle zu erhalten. Doch auch die Zahl der Lehrstellen reicht nicht aus. In Gesprächen bei Veranstaltungen für HauptschülerInnen erzählten mir diese, dass nicht wenige ihrer Lehrer sagten, "sie könnten nichts und aus ihnen würde auch nichts werden" . Das spricht eher für eine Überforderung der Lehrer als für eine zutreffende Einschätzung. Mehr Unterstützung wäre nötig. Jeder Mensch strebt nach Anerkennung und Akzeptanz. Manchen fehlt dieses und sie nehmen sich, was sie nicht bekommen. Dabei haben sie erwachsene Vorbilder, die Gelder veruntreuen, Mitarbeiter ausnutzen, leere Versprechungen machen, Umweltschäden in Kauf nehmen, schnellen Erfolg auf Kosten anderer suchen. Die Christliche ArbeiterInnen Jugend (CAJ) Freiburg arbeitet viel mit Hauptschülern und konnte einige davon als Mitglieder gewinnen. Diese Mitglieder berichten davon, wie gut es ihnen tut, Verantwortung übertragen, Zu- und Vertrauen geschenkt zu bekommen und sich ausprobieren zu können. Die aktuelle politische Diskussion ist sicherlich nicht förderlich, auch nicht als Vorbild für die Jugendlichen.
BZ-Leserbrief vom 4.2.2008 von Goran Topolic, Diözesansekretär, CAJ-Diözesanverband, Freiburg


 

Jugendgewalt: Vernetztes Hausverbot im Dreisamtal

Nicht nur bundesweit, auch im Dreisamtal ist es ein Trend: Körperverletzungsdelikte nehmen zu. Wurden im Jahr 2004 im Dreisamtal 49 solche Fälle registriert, stiegen sie 2005 auf 78 und im Jahr 2006 sogar auf 95 Fälle, was quasi einer Verdoppelung entspricht. „Diese Zahlen, die alle Altersgruppen und alle Körperverletzungsdelikte umfassen, machen deutlich: es wird heute auch im Dreisamtal schneller zugeschlagen“, führt Armin Gleichauf, Leiter des Polizeipostens Kirchzarten, aus, „und dieser Trend soll sich nicht fortsetzen!“

Um diese Problematik in den Griff zu bekommen, wurde im Dreisamtal im Januar 2007 ein Arbeitskreis ins Leben gerufen, der das Konzept des vernetzten Hausverbotes erarbeitete. Der Startschuss dafür fiel mit dem 19. Januar 2008 genau in die Fastnachtszeit, einer Zeit in der traditionell viel Alkohol fließt und mit dem entsprechenden Promillegehalt im Blut einzelne schneller ausrasten und zuschlagen. Das Besondere an diesem Modell ist, dass sich Polizei, Jugendtreffs, Gastronomie und mit Kirchzarten, Buchenbach, Stegen, Oberried, St. Peter, St. Märgen, Kappel und Ebnet alle Kommunen des Dreisamtals zusammengeschlossen haben und gemeinsam an einem Strang ziehen. Nach dem Motto „Ja zum Feiern, Spaß haben oder Party machen! Nein zum Ausrasten und Draufhauen!“ werden diejenigen, die Stress machen, Konsequenzen in Form eines vernetzten Hausverbotes zu spüren bekommen, das durch ein kommunales Aufenthaltsverbot auf Plätzen noch getoppt werden kann. Hauptzielgruppe sind Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsen, also schwerpunktsmäßig ein Alterspektrum von 16 bis 25 Jahren. Fallen jedoch 40-Jährige als Störer und Schläger auf, kann für diese genauso ein vernetztes Hausverbot ausgesprochen werden.

„Es geht uns nicht darum, nun massenhaft Hausverbote auszusprechen. Wir werden hier sehr differenziert agieren“, beschreibt Polizeihauptmeisterin Heike Mann. Vorgesehen sei ein stufenweises Vorgehen: so war Auftakt der Aktion das Verteilen gelber Karten in Form von Warnbriefen an über zwanzig Personen, die im Jahr 2007 mehrfach auffielen. Mit dieser „Gelben Karte“ werde ihnen klar gemacht, dass sie im Fokus stehen, ihr Verhalten beobachtet und Konsequenzen nach sich ziehen werde. „Sie haben es nun selbst in der Hand, ob sie ein Hausverbot ausgesprochen bekommen oder nicht. Wir sehen das nicht als Drohung, sondern als Chance. Sie können ihr Verhalten ändern! Uns ist es am liebsten, wenn wir keine Hausverbote verhängen müssen!“ Mann macht des weiteren deutlich, dass das vernetzte Hausverbot zeitlich begrenzt ausgesprochen werde, je nach Alter (14 bis 18 Jahre)  für sechs Monate oder ein ganzes Jahr (über 18). Ziel des „vernetzten Hausverbots“ ist es, das Sicherheitsgefühl der Menschen im Dreisamtal zu stärken. „Dabei geht es nicht nur darum, dass die Polizei möglichst wenige Gewaltdelikte bearbeiten muss. Auch die Gemeinde will, dass ihre Bürger sich sicher fühlen; genauso wollen Wirte oder Vereine einen reibungslosen Ablauf ihrer Veranstaltungen ohne Gewaltexzesse. Es liegt im Interesse der Mehrheit und dieses Interesse wird nun durch eine konzertierte Aktion konsequent geschützt!“ legt Walter Arndt, Leiter des Amts für öffentliche Ordnung der Gemeinde Kirchzarten dar.
Mit Hausverboten wurden auch bisher schon Erfahrungen gesammelt, allerdings bezogen sich diese nur auf einzelne Jugendzentren, Festhallen und Gaststätten. Durften Störer beispielsweise nicht mehr ins AC, war das nicht wirklich ein Problem, sie konnten auf andere Dreisamtalgemeinden ausweichen. Das wird mit dem vernetzten Hausverbot nicht mehr möglich sein. Störer werden mit ihm konsequent ausgeschlossen. „Bisher konnten sie oft als coole Clique auftreten und fühlten sich in ihrer kleinen Gruppe stark. Wenn sie nun auf keinem Fest mehr geduldet werden, dann trifft es sie durchaus hart. Denn es sind Jugendliche, die im Dreisamtal verwurzelt sind und hier ihre Freunde und Kumpel haben. Deshalb hoffen wir“, so Gleichauf, „dass das vernetzte Hausverbot sie davon abhält, überhaupt gewalttätig zu werden.“ Die Polizei kann auf eine breite Palette an präventiven Maßnahmen zurückgreifen, die gerade im Hinblick auf Fastnacht zum Einsatz kommen. So ließen sich die meisten Veranstalter schon vorab vom Jugendsachbearbeiter der Polizei beraten, wie sie das Jugendschutzgesetz effektiv einhalten können. Die Polizei wird Präsenz zeigen, Jugendkontrollen durchführen, auffällige Personen, die schon vor Veranstaltungsbeginn mit Bier- und Schnapsflaschen gesichtet werden, ansprechen und im Auge behalten oder alkoholisierte Jugendliche den Eltern überstellen. Kommt es trotzt dieser präventiven Maßnahmen zu Entgleisungen, drohen vernetzte Hausverbote. Der konkrete Ablauf sieht dann so aus, dass der Veranstalter bei Problemen die Polizei ruft, die den Tatbestand dann aufnimmt, prüft und der zuständigen Gemeinde weiterleitet. Diese spricht dann das vernetzte Hausverbot aus und informiert alle anderen Teilnehmer des Projekts. Alle Beteiligten wollen hier mit Augenmaß agieren, aber Gleichauf betont, dass diejenigen, die ein solches Verbot bekommen, es auch verdient haben. „Das sind Mehrfachtäter, die auf bisherige Maßnahmen in keinster Weise angesprochen haben.“ Im übrigen müsse eine bestimmte Schwelle überschritten werden, um ein Hausverbot zu bekommen. Dies sind Körperverletzung, Sachbeschädigung, Sexualdelikte, Raub- und Diebstahlsdelikte, Nötigung, Bedrohung, Verstoß gegen das Waffen-, Sprengstoff- und Betäubungsmittelgesetz sowie fremdenfeindliche, rechtsextremistische Handlungen. Deshalb werden solchen Taten künftig mit aller Entschlossenheit auch Konsequenzen folgen. „Mit dem vernetzten Hausverbot haben wir ein brauchbares Werkzeug zur Hand, wie Erfahrungen anderer Städte zeigen“, zeigt sich Gleichauf überzeugt, „und in erster Linie ist es unser Ziel, Gewalttaten zu vermeiden, denn schließlich will die große Mehrzahl der Fest- oder Gaststättenbesucher ein friedliches Miteinander!“
Dagmar Engesser, 31.1.2008, www.dreisamtaeler.de

 

 

Jugendliche tun was: Herr Koch sollte öfter mal die BZ lesen

Großes Kompliment für die Badische Zeitung und ihre Aktion "Jugendliche tun was" , bei der in der gesamten Ausgabe eingestreut verschiedene Porträts junger Menschen vorgestellt wurden, die sich in Musik- und Sportvereinen, in der Schule, für soziale Projekte, bei den Ministranten oder bei der Feuerwehr engagieren. Die BZ machte in eindrucksvoller Weise deutlich, dass die ganz große Mehrheit der deutschen und ausländischen Jugendlichen friedfertig ist und sich für andere Menschen einsetzt, während gewalttätige Jugendliche eine absolute Minderheit darstellen. Es wäre wünschenswert, dass CDU-Ministerpräsident Koch in Hessen mal über die Potenziale der Jugend nachdenkt, anstatt immer dann, wenn ihm das Wasser bis zum Hals steht, die ausländerfeindliche Karte zu ziehen. War es bei der vorletzten Wahl die Angstkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft ("hier kann man gegen Türken unterschreiben" ), so muss dieses Mal eine Verschärfung des Jugendstrafrechts bei gewalttätigen ausländischen Jugendlichen herhalten, um bei verunsicherten Rentnern und am rechten Rand Stimmen zu fischen. Ich wundere mich, dass Herr Koch das Jugendstrafrecht nicht verschärfen wollte, als junge Neonazis ausländische Mitbürger in den neuen Bundesländern zusammengeprügelt haben. Im Übrigen ist deutlich geworden, dass Strafverfahren in Hessen wesentlich länger als in anderen Bundesländern dauern, weil Herr Koch bei Polizei und Justiz massiv Stellen gestrichen hat. Seine Aktion ist ebenso plump wie unbegründet, weil die meisten Experten erwähnt haben, dass die abgestuften Sanktionen des Jugendstrafrechts gut geeignet sind, gewalttätige Jugendliche wieder in die Gesellschaft zurückzubringen. In diesem Sinne argumentiert auf wohltuende Weise in der gleichen Ausgabe der Badischen Zeitung der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU), der mit dem Stuttgarter Haus des Jugendrechts eine vorbildliche Einrichtung geschaffen hat. Vielleicht sollte Herr Koch öfter mal die Badische Zeitung lesen oder eine Studienfahrt nach Stuttgart unternehmen. Es ist allerdings zu befürchten, dass dieser "brutalst mögliche" Populist der CDU nicht therapierbar ist.
BZ-Leserbrief vom 1.2.2008 von Guido Willmann, Freiburg

www.badische-zeitung.de/jugend

 

Härtere Strafen bringen gar nichts

Die Welt auf dem Dorf scheint nicht mehr so heil zu sein, wie es oft vermutet wird. Eine wachsende Zahl von Kommunen leistet sich mobile Jugendarbeit. Hintergründe erläutert Willi Ingenhoven vom Christophorus Jugendwerk Oberrimsingen im Gespräch mit BZ-Mitarbeiterin Silvia Faller. Der 58-jährige Erzieher und Heilpädagoge arbeitet seit sieben Jahren als Streetworker in Breisach und hat in weiteren Kommunen aus dem Kreis Breisgau-Hochschwarzwald eine Bestandsaufnahme der Situation Jugendlicher vorgenommen.

BZ: Herr Ingenhoven, was ist los auf den Dörfern?
Ingenhoven: Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt nicht "das Dorf" oder "die Dörfer" . Man muss genau hingucken, die Situationen sind sehr verschieden. In Schallstadt etwa war das Ergebnis meiner Analyse, dass man eigentlich keinen Streetworker braucht, weil es dort keinen sozialen Brennpunkt im engeren Sinne gibt. Hilfreich wäre jedoch ein Koordinator, der die bestehenden Angebote miteinander vernetzt und die ehrenamtlich Engagierten unterstützt.
BZ: Dann geht es also nicht nur um schwierige Jugendliche?
Ingenhoven: Mit Sicherheit nicht. Es geht darum, vorhandene Strukturen so zu vernetzen, dass die Angebote effektiver bei den Jugendlichen ankommen. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. In einer Gemeinde bin ich auf einen Jugendraum gestoßen, der nur von einer Gruppe von vielleicht zehn Leuten genutzt wurde. Sie haben sich dort regelmäßig getroffen, um Filme zu schauen. Ich will das gar nicht abwerten, die Jugendlichen haben auch viel gemacht in dem Raum. Aber dieser Treff hat eben nicht dem entsprochen, was die Kommune mit dem Angebot bezweckt hatte.
BZ: Und wie finden Sie heraus, wo die Lücken sind?
Ingenhoven: Na, ich frage die Jugendlichen direkt, wo, wie und mit wem sie ihre Freizeit verbringen oder auch, was sie machen oder wohin sie gehen, wenn sie Probleme haben. Ich höre mich auch bei den Bauhofmitarbeitern um und frage, wo die Dreckecken sind. Dort gehe ich dann abends oder nachts hin und spreche die Jugendlichen an. Aus Schallstadt beispielsweise liegen mir 200 ausgefüllte Fragebogen vor.
BZ: Hier in Breisach arbeiten Sie schon seit sieben Jahren. Wenn Sie jemand aufforderte Bilanz zu ziehen, was haben Sie erreicht?
Ingenhoven: Das ist gar nicht einfach zu beantworten, denn mein Tätigkeitsfeld hat sich im Lauf der Jahre verändert. Ich wurde speziell für die Integration von Jugendlichen aus Spätaussiedlerfamilien eingestellt. Heute bin ich Ansprechpartner für alle Fragen rund um Jugendliche.
BZ: Belegt das nicht schon den Erfolg?
Ingenhoven: Das kann man so sehen. Wir haben es tatsächlich geschafft, dass die Kinder und Jugendlichen aus diesen Familien Zugang zu den allgemeinen Angeboten finden. Es gibt nicht mehr diese Cliquen, die sich isolieren und für Unruhe sorgen. Wenn Sie eine Erfolgsmeldung hören wollen: Im dritten Jahr, nachdem ich meine Tätigkeit hier aufgenommen habe, war die Zahl der registrierten Straftaten Jugendlicher drastisch zurückgegangen. Diese Entwicklung ist aber nicht nur mir zuzuschreiben. Meine Arbeit in Breisach ist deshalb recht effektiv, weil es hier einen Runden Tisch gibt. Wir sprechen vom Praktikertreffen, das alle sechs bis acht Wochen stattfindet. Dazu kommen alle, die in irgendeiner Weise mit Jugendlichen zu tun haben. Dabei besprechen wir grundsätzliche Leitlinien und Ziele, wir tauschen uns aber auch über einzelne Jugendliche aus, die uns auffallen und überlegen, wie wir ihnen helfen können.
BZ: Erfahren Sie auch Grenzen?
Ingenhoven: Ja, und zwar durch den Konsum von Drogen. Ich habe beispielsweise zurzeit mit einem jungen Mann zu tun, der nicht davon loskommt.
BZ: Schmerzt Sie das?
Ingenhoven: Es bedrückt mich und beschäftigt mich ganz schön. An Heiligabend hatte ich ein Gespräch mit ihm und heute früh wieder. Es geht darum, dass er einen Schritt macht und zur Drogenberatungsstelle geht. Ich persönlich kann ihm ja nicht helfen. Aber er tut diesen Schritt einfach nicht. Da ist man ohnmächtig.
BZ: Ist das immer so?
Ingenhoven: Glücklicherweise nicht. Es gelingt häufiger als man gemeinhin denkt, die Jugendlichen zu überzeugen, die Finger davon zulassen. Das Entscheidende ist, so früh wie möglich an die jungen Leute dran zu kommen, bevor körperliche Reaktionen durch die Drogen eintreten.
BZ: Und wie ist das mit dem Alkohol?
Ingenhoven: Der Alkoholkonsum unter Jugendlichen ist wirklich ein enormes Problem. Das liegt auch daran, dass diese Droge gesellschaftlich akzeptiert ist. Ich treffe zum Beispiel beim Breisacher Weinfest Eltern an, die nichts dabei finden, dass ihr 14-jähriger Sohn Wein trinkt. Da hilft nur Konsequenz. In einer konzertierten Aktion haben wir beim letztjährigen Fest allen Jugendlichen das Glas oder die Bierflasche einfach abgenommen. Stellen Sie sich vor, die meisten haben das stumm akzeptiert oder sogar gut gefunden, dass ihnen jemand Grenzen zeigt.
BZ: Zurzeit werden Stimmen laut, die härtere Jugendstrafen fordern. Was halten Sie davon?
Ingenhoven: Gar nichts. Das Strafrecht ist ausreichend. Man muss nur mehr Geld zur Verfügung stellen, dass die Instrumente auch greifen können. Verständnis, Beziehung, das Aufzeigen von Alternativen, gemeinsames Gestalten und Festigkeit sind der Weg.
BZ: In Gemeinderatsdiskussionen erlebe ich oft, dass den Eltern Versagen vorgeworfen wird. Was meinen Sie dazu?
Ingenhoven: Es gibt tatsächlich Eltern, die überfordert sind, denen muss man helfen. Nach meiner Einschätzung gehen wir in diese Familien zu spät rein. Ich verbinde große Hoffnung mit der Erwartung, dass sich die Schulen und Kindertagesstätten mehr und mehr als Bildungs- und Erziehungsorte begreifen. Denn dort kommen die Kinder und Jugendlichen sowieso hin. Hier in Breisach gibt es zum Beispiel Kurse für die Fünft- und Sechstklässler, bei denen die Schüler lernen, eine Gemeinschaft zu bilden und zu festigen, füreinander da zu sein und Konflikte ohne Gewalt zu lösen.
8.1.2008, www.badische-zeitung.de

 

 

Sitten verrohen - Hemmschwellen sinken - Respekt vor Polizei schwindet

Heidelberg. Sitten verrohen, die Brutalität wird immer größer: Im RNZ-Interview zum Jahresanfang stellt der Leiter der Polizeidirektion Heidelberg, Bernd Fuchs, sogar einen "schwindenden Respekt vor der Polizei selbst" fest.

> Jugendkriminalität ist das Thema schlechthin. Wie ist die Situation in der Polizeidirektion Heidelberg?
Seriöser Umgang mit dieser Thematik erfordert eine differenzierte Betrachtung. Generell ist die Kriminalitätsbelastung junger Menschen im Bereich der Polizeidirektion Heidelberg wie auch bundesund landesweit konstant bis rückläufig. Sorge bereitet uns die "Qualität" der Gewalt: zunehmende Rücksichtslosigkeit gegenüber den Mitmenschen, geringer werdende Hemmschwellen und insbesondere die deutlich erkennbare Verrohung.

> Welches waren im zurückliegenden Jahr die gravierendsten Fälle?
Nahezu alle Fälle sind gravierend. Wie anders als gravierend soll man es bezeichnen, wenn Opfer mit Messern bedroht, ausgeraubt und anschließend zusammengeschlagen werden, um am Boden liegend noch mit den Schuhen ins Gesicht getreten zu bekommen?

> Gibt es eine zunehmende Aggressivität auch Polizeibeamten gegenüber?
Eindeutig ja. Der Respekt vor staatlicher Autorität schwindet bei großen Teilen unserer Klientel zunehmend. Dabei fallen beide Geschlechter negativ auf, und das Alterspektrum ist sehr weit gefächert.

> Welches sind in der PD Heidelberg die Kriminalitäts-Schwerpunkte? Gibt es ein Stadt-Land-Gefälle?
Es sind dies Gewalt-, Rauschgift- und Internet-Kriminalität, Betrügereien und im Diebstahlsbereich der Auto- und Wohnungseinbruch. Ein Stadt-Land-Gefälle gibt es nicht mehr. In keinem Bereich.

> Was ist mit dem Kriminalitäts-Schwerpunkt Heidelberger Altstadt?
Die Altstadt war und ist kein Kriminalitäts-Brennpunkt. Sie entwickelt sich lediglich immer mehr zu einer nächtlichen "Feiermeile" mit den leider heutzutage üblichen unangenehmen Begleiterscheinungen wie Körperverletzungen oder Ordnungsstörungen. Wir leisten durch erhöhte Präsenz und konsequentes Einschreiten einen Beitrag als "Dompteure" einiger außer Rand und Band geratener Randalierer, können aber langjährige gesellschaftliche Versäumnisse nicht kompensieren, schon gar nicht alleine.

> Haben Sie ein Rezept, wie man Jugendkriminalität entgegen wirken könnte?
Es ist Erziehungsauftrag für alle, nicht nur für Eltern, Erzieher oder Lehrer, jungen Menschen in prägenden Lebensphasen Orientierung zu bieten und eine Fähigkeit zum Mitfühlen für Andere zu entwickeln. Im Rahmen der kommunalen Kriminalprävention haben wir mit den Kommunen, Schulen und anderen Akteuren Projekte initiiert und umgesetzt, deren Wirksamkeit unter Beweis gestellt wurde. Diesen Weg müssen wir weiter gehen. In Planung ist die Umsetzung eines Lehrplanes "Faustlos" für Grundschulkinder und ein Coolness-Training für junge Besucher von Jugendzentren.

> Wie hat sich die Rauschgift-Kriminalität im vergangenen Jahr entwickelt?
Heroin ist auf dem Rückzug, dafür steigt der Handel mit Kokain sowie Amphetaminen, Ecstasy und sonstigen synthetischen Drogen weiter an. Haschisch und Marihuana sind nach wie die Drogen Nummer 1. Statistisch gibt es einen Rückgang der Rauschgiftdelikte, was aber leider auch auf fehlende Ermittlungskapazitäten und notwendige andere Schwerpunktsetzungen zurückzuführen ist.

> Und die Diebstahls-Kriminalität?
Diebstahlsdelikte machen traditionell etwa 40 Prozent der Kriminalstatistiken aus, da gibt es lediglich unbedeutende Schwankungen. Leider müssen wir eine deutliche Zunahme bei den Wohnungseinbrüchen registrieren.

> Sie haben auf den Besorgnis erregenden Personalstand der Polizei aufmerksam gemacht. Müssen wir uns um unsere Sicherheit tatsächlich sorgen?
Immer mehr neue Aufgaben und immer weniger Personal haben die Polizei an die Grenze ihrer Belastbarkeit gebracht. Wir werden in Zukunft einiges nicht mehr oder nicht mit der nötigen Intensität durchführen können. Gegenwärtig müssen wir uns um die im Bereich der polizeilichen Grundversorgung noch keine Sorge machen. Wir dürfen sicherheitspolitisch aber nicht in den Tag hinein leben.
Peter Wiest , 5.1.2008, www.rnz.de

 

Paintball-Halle in Steinen: Feuer frei für Schlacht der Farben In Steinen bei Lörrach hat eine Paintball-Halle eröffnet / Gemeinderat und Kirchen protestierten gegen das angebliche Gewaltspiel

Steinen. Auf Kommando stürmen die Paintballer los, die Waffen im Anschlag. Sofort wird es laut. Salven hämmern durch die Halle, abgefeuert aus den Markierern, die aussehen wie Wasserpistolen. Massen von Farbkugeln schießen aus den Läufen und prasseln in die Deckungen, hinter denen die Paintballer abtauchen. Sie rufen sich Kommandos zu, rücken immer weiter vor, um die Fahne des Gegners zu erobern. Wer markiert, also von einer Farbkugel getroffen wird, hebt die Hand und geht vom Feld. Ein Spiel dauert höchstens vier Minuten, oft ist es schneller vorbei — und endet meist damit, dass auch der letzte Spieler eines Teams aus dem Spiel geschossen wird. "Dafür haben wir zwei Jahre lang gearbeitet und viel Geld investiert", sagt Timo Garbers mit Blick auf das Spielfeld. Gemeinsam mit seinem Partner Claude Adam betreibt der 29-Jährige die Paintball-Halle in Steinen bei Lörrach, die kürzlich eröffnet wurde. Das Licht in der ehemaligen Textilfabrik ist hell und kalt. Schwarze, engmaschige Netze begrenzen das Spielfeld. Ein weicher, dunkelgrüner Kunstrasen bedeckt den Boden. Mehr als 30 große aufblasbare Luftsäcke stehen als Deckungen auf dem Spielfeld. "Etwa zehn Jahre lang stand die Halle leer, war verwachsen und verfallen. Wir haben alles selbst aufgebaut" , berichtet Adam. Damit wollen die beiden Betreiber im Dreiländereck eine Lücke schließen. Die Internetseite www.pbportal.de eine der populärsten Seiten zum Thema Paintball, listet zwölf Spielfelder in Baden-Württemberg auf, die meisten davon sind aber im Raum Stuttgart-Heilbronn-Heidelberg-Karlsruhe zu finden. Im Südwesten dagegen ist die Halle in Steinen die einzige weit und breit. Im Norden gibt es erst in Achern wieder ein Outdoor-Spielfeld, im Osten ist die Paintball-Landkarte leer. Bleibt höchstens der Gang über die Grenze — nach Mulhouse etwa oder in die Schweiz, wo es mehrere Hallen und Outdoor-Felder gibt. Dabei spielen, so Garbers, in der Region mehr als 200 angemeldete Mannschaften. Die ganz großen Teams sind allerdings nicht darunter: Von den je zwölf Mannschaften, die in der Ersten und Zweiten Paintball-Bundesliga spielen, kommt keine einzige aus Baden-Württemberg. Die besten von ihnen spielen stattdessen in der Regionalliga Süd.

Die zentrale Frage, ob es sich beim Paintball tatsächlich um einen Sport handelt, ist juristisch eindeutig beantwortet — und deshalb hat das Landratsamt Lörrach die Paintballanlage im Gewerbegebiet Höllstein auch genehmigt mit der Begründung, eine Sportstätte sei laut Bebauungsplan dort zulässig. Der Steinener Gemeinderat indes hatte die Halle zuvor abgelehnt, und auch aus der Bevölkerung kam Widerstand. Die christlichen Gemeinden und Organisationen sammelten mehr als 200 Unterschriften gegen die Halle, und sogar eine Podiumsdiskussion wurde mit den Betreibern durchgeführt. Das Hauptargument der Gegner ist ein moralisches: Der Markierer sei eine Waffe, mit der auf Menschen geschossen werde, und es gebe einen Zusammenhang zwischen zunehmender Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft und derartigen Spielen, bei denen Gewalt simuliert werde. "Diese Kritik kommt daher, dass die Leute gar nicht wissen, was Paintball ist" , sagt Claude Adam. Bei dem Sport gehe es darum, die Fahne der gegnerischen Mannschaft zu erobern. Und um dieses Ziel zu erreichen, sei die Wahl der richtigen Strategie entscheidend. Auf den ungeübten Beobachter wirken die Spielabläufe zunächst sehr chaotisch. Analysiert jedoch ein erfahrener Paintballer die Partien, dann klingt das wie beim Schach — mit genau abgestimmten Spielzügen und Spielplänen. Und Paintball, so die Hallenbetreiber, sei nicht nur ein anspruchsvoller Mannschaftssport. Wichtig sei vor allem der soziale Kontakt zu anderen. Die Anmeldungen kommen immer häufiger, berichtet Garbers, und auch in Internetforen habe die Anlage schon viel Lob bekommen. Es sei schön, dass sich die Arbeit gelohnt habe: "Wenn man an etwas glaubt, dann darf man nicht aufgeben, sondern muss es einfach durchziehen." www.paintball-steinen.de
22.12.2007, Nicolas Scherger , BZ

 

Zivilcourage seiner Bürger mit gestellten Szenen testen

Wir brauchen Emotionen /
Umstrittenes Experiment: Lörrach testet die Zivilcourage seiner Bürger mit gestellten Szenen

Mit nachgestellten Gewaltszenen und einer Veranstaltungsreihe will die Stadt Lörrach den Bürgern Mut zur Zivilcourage machen. Anlass sind Vorfälle im vergangenen Herbst, als unter anderem Passanten eine suizidgefährdete Frau aufgefordert hatten, vom Rathaus zu springen. Ziel der Kampagne ist es, mit der Aufarbeitung gespielter Szenen praktische Empfehlungen für couragiertes Verhalten zu entwickeln. Die Inszenierung war jedoch beim ersten Versuch umstritten. Zwei Situationen haben die Mitglieder des kommunalen Arbeitskreises für Gewaltprävention "wachgerüttelt", wie die Fachbereichsleiterin für Bürgerdienste bei der Stadt Lörrach, Ilona Oswald, formuliert:
  • Das war zum einen der Fall eines herzkranken Mannes, der auf dem Bahnsteig zusammenbrach. Dabei wandten sich Passanten bewusst ab.
  • Noch öffentlichkeitswirksamer waren Vorfälle rund um das Rathaus. Als eine Frau auf dem Dach des Hochhauses mit dem Sprung in die Tiefe drohte, riefen Schaulustige "Spring doch" . Darüber war es auf dem Vorplatz zu einer Schlägerei zwischen Jugendlichen und Angehörigen des Drogen- und Obdachlosenmilieus gekommen.

"Das kann so nicht stehen bleiben", sagt Ilona Oswald. Der städtische Arbeitskreis Kriminalprävention hat bewusst einen polarisierenden Einstieg in die Kampagne gewählt. Eine Theatergruppe hat mit Jugendlichen typische Gewaltszenen einstudiert, die in der Öffentlichkeit wie echte Schlägereien, wie rassistische Übergriffe oder jugendliche Alkoholexzesse wirken sollen. "Wir brauchen für den Start Aktionen, die viele Emotionen hochspülen", sagte etwa Dietmar Fulde, der als Leiter der Psychologischen Beratungsstelle des Landkreises Lörrach beim Projekt mitarbeitet. Und dem Leiter des Lörracher Polizeireviers, Wolfgang Grethler, ging es mit dem Experiment vor allem darum, Aufmerksamkeit zu wecken: "Allein mit einer Podiumsdiskussion entwickeln die Leute keine Affinität zum Thema." Diese Aufmerksamkeit hat die erste Runde des öffentlichen Experiments dem Arbeitskreis verschafft. Selbst die Tagesthemen haben über den Lörracher "Zivilcouragentest" berichtet. Die Erkenntnis vor Ort war weniger spektakulär. Bei Handgreiflichkeiten griffen Passanten sofort ein, bei eher subtilerer oder verbaler Gewalt dauerte es länger. Dass in diesen nicht ganz klaren Situationen die Passanten erst einmal abwarten, wie sich die Lage entwickelt, hält Ilona Oswald für durchaus normal. Positiv fiel bei der Nachbereitung des Experiments auch auf, dass beim Beispiel des jugendlichen Alkoholkonsums viele Augenzeugen zunächst weitergingen, dann aber doch bei der Polizeiwache angerufen haben. Aber nicht alle Passanten fanden es gut, mit inszenierter Wirklichkeit konfrontiert zu werden und ungefragt Teil eines Experiments vor laufender Kamera zu sein. Nicht alle, die eingegriffen haben, hätten das Rollenspiel akzeptieren können, räumt Ilona Oswald ein. Widerspruch dieser Art werde bewusst in Kauf genommen. "Wir erreichen nichts, wenn wir nur tun, womit alle einverstanden sind" , sagt Ilona Oswald. Immerhin werde Zivilcourage nun diskutiert. Deshalb wird die Reihe weitergehen. Zunächst werden die Szenen in Schulen gespielt, dann soll es öffentliche Veranstaltungen zum Thema geben. Am Ende des Prozesses soll möglichst ein Leitfaden vorliegen, der erklärt, was in welcher Situation Zivilcourage bedeutet.
14.12.2007, BZ

 

Neben Alkohol macht auch Musik aggressiv

Das Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen im Freiburger Altstadtbereich wird nur einen geringen Effekt haben, den gesoffen wird vor allem in Kneipen und Diskotheken,. Möchte man die Gewalt spüsbar eindämmen, dann sollte man daran erinnern, dass in waldkirch das Gewaltproblem während der Fastnachtszeit nicht nur durch ein Alkoholverbot, sondern auch durch Verzicht auf besonders aggressive Musik entschäft wurde. Oder daran, dass beim Münchner Oktoberfest kicht etwa eine einschränkung des Alkoholkonsums, sondern eine Mäßigung der Musikbeschallung einen Rückgang der Straftaten um fast ein Füftel bewirkt hat.
Tatsächlich war imJahr 2006 nur etwa die Hälfte aller in der Freiburger Altstadt ermittelten Tatverdächtigen betrunken. Aggressive Musik macht auch Nüchterne aggressiv, und aus harmlosen Betrunkenen macht sie aggressive Betrunkene.
Dr. Klaus Miehling, Freiburg, 9.12.2007, www.der-sonntag.de

 

Gewa-Treff: Freiburger Polizei hilft Anwohnern und Jugendlichen

Es ist Freitagabend, eine Gruppe Jugendlicher trifft sich in einem Hinterhof. Jeder hat etwas zu trinken mitgebracht, es wird erzählt und gelacht. Was für die Jugendlichen einfach nur Spaß und Geselligkeit bedeutet, kann für die Anwohner ein Grund sein die Polizei wegen Ruhestörung zu alarmieren. Die Definition einer Ruhestörung ist für jung und alt unterschiedlich, öffentliche Plätze für Jugendliche rar, und so werden Grenzen schnell überschritten.

Am nächsten Morgen zeugt Müll von den nächtlichen Treffen und im schlimmsten Fall ist es zu Vandalismus oder gar Schlägereien gekommen. Mit dem Konzept „Gewa-Treff“ wollen Polizeibeamte vom Revier Süd Konflikte zwischen Anwohnern und Jugendlichen möglichst verhindern bevor sie entstehen. Dazu sind seit September Freitags und Samstags Jugendsachbearbeiter der Polizei im Gebiet des Revier Süd unterwegs. Vier Beamte sind an einem Abend in zwei Teams dann unterwegs, wenn auch die Jugendlichen unterwegs sind. Sie sind speziell für den Umgang mit Jugendlichen geschult für einen altersgerechten Umgang mit Fingerspitzengefühl. Mit gezielten Ansprachen wird versucht, Verständnis für die Bedürfnisse von Anliegern beliebter Treffs zu wecken. Im Gegensatz zu den normalen Streifen kennen die Jugendsachbearbeiter viele der jungen Leuten von ihrer täglichen Arbeit persönlich und werden von diesen fast wie alte Bekannte begrüßt. Am Samstag Abend wird im Revier Süd der Einsatz der vier Jugendspezialisten besprochen. Schon das Büro unterscheidet sich von einem normalen Polizeibüro: die Wände sind übersät mit Plakaten bekannter Stars aus dem Musikgeschäft, von den Toten Hosen bis zu Tokio Hotel. Richard Irmler und Anton Stratz fahren heute abend zusammen in zivil die Orte ab, an denen sich erfahrungsgemäß die Kids versammeln. Für die beiden gibt es keine auffälligen Stadtteile, nur auffällige Jugendliche, die schon mal für die Bildung eines Klischees sorgen können.

Jugendgangs wie man sie aus Filmen oder vielleicht noch aus Großstädten wie Berlin kennt gibt es in Freiburg nicht. Mindestens bis zwei Uhr nachts werden die beiden heute auf alle Gruppen von Jugendlichen zugehen, die sich irgendwo versammelt haben und den Kontakt mit ihnen suchen. Und sie so von „irgendwelchem Blödsinn“, so Irmler, abzuhalten. „Man kann die Jugendlichen nicht von A nach B schicken.“ ist seine Überzeugung. Prävention statt Repression ist das Motto der beiden, die beide durch ihre jeweils drei Kinder gelernt haben, Heranwachsende zu verstehen. Bei ihren Unterhaltungen achten die beiden besonders auf alkoholische Getränke. Ältere Jugendlichen werden ermahnt, ihre Vorräte nicht an jüngere weiter zu geben. Vor einer Kirche am Rande der Wiehre sitzen einige Jugendliche. Da keiner von ihnen volljährig ist, wird die vor ihnen stehende Whiskyflasche konfisziert. Die Eltern dürfen sie nun abholen. Was die Gruppe von der Kontrolle hält? „Ist okay, solange man nicht selbst kontrolliert wird.“

Im Vauban-Viertel flachsen die beiden mit ein paar Jungs, die auf einer Mauer sitzen. Normalen Streifenpolizisten fehlt für solche Gespräche meistens die Zeit. Dort wo Gespräche nicht mehr helfen, kann ein Platzverweis ausgesprochen werden. Wenn das auch keinen Erfolg zeigt, werden die Eltern aufgesucht. Manche Eltern wenden sich auch von selbst an die Polizei und bitten um Rat und Hilfe. Für bestimmte Fälle wird ein runder Tisch aus Kollegen und Institutionen gebildet, der gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten sucht. Das Projekt ist zunächst bis Mitte November begrenzt. Bei Bedarf wird es im nächsten Jahr fortgesetzt, wenn die steigenden Temperaturen im Frühjahr wieder für mehr Probleme auf der Straße sorgen. Dann wird sich auch zeigen, ob sich das subjektive Sicherheitsgefühl durch die verstärkte Präsenz verändert hat.
Nils Kickert, 17.10.2007, www.stadtkurier.de

 

Jugendkriminalität: Vier Projekte zur Prävention

Jugendkriminalität ist zweifelsohne ein Problem der Gesellschaft. Die Polizei leistet da ihre Aufklärungsarbeit wie bei allen Straftaten. Doch besser, als die Gesetzesübertretungen junger Leute zu verfolgen und zu ahnden, ist die Prävention: Straftaten verhindern, bevor sie begangen werden. Bei dieser Präventionsarbeit kann die Polizei auf die Unterstützung gemeinnütziger Organisationen zählen. Vier Vereine aus Freiburg und Titisee-Neustadt haben Vorbeugungsprojekte auf die Beine gestellt, die finanzielle Unterstützung erhalten.

Gewaltprävention ist eines der Ziele, das sich die Landesstiftung Baden-Württemberg gesetzt hat. Deswegen stellt die Stiftung auch in diesem Jahr wieder eine Million Euro für regionale Projekte zur Verhinderung und Minimierung von Jugendkriminalität zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit der Polizeidirektion Freiburg haben sich neun Organisationen aus dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald und aus Freiburg mit ihren Präventionsprojekten — die laut Ausschreibung neu und zukunftsorientiert sein sollen — um Fördermittel beworben. Vier dieser Organisationen — drei aus Freiburg, eine aus Titisee-Neustadt — haben mit ihren Konzepten zur Prävention und zur Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund den Vergabeausschuss der Landesstiftung überzeugt. Leitender Kriminaldirektor Heiner Amann, Chef der Polizeidirektion, stellte gestern in Freiburg die ausgewählten Projekte vor. Amann dankte den Vertretern der vier Vereine für ihr Engagement und wünscht ihnen viel Erfolg — denn den könne die Polizei und letztendlich die gesamte Gesellschaft gut gebrauchen. Polizeichef Amann wies darauf hin, dass die Projektmacher einen langen Atem haben müssen — "kurzfristig erreichen wir nichts". Es gehe nicht nur darum, so Amann, verhaltensauffällige Jugendliche zu gesetzeskonformem Verhalten zu motivieren, sondern auch darum, Gefährdete frühzeitig vor einer negativen Entwicklung zu schützen und verhaltensunauffällige junge Leute in ihrer positiven Vorbildrolle zu stärken. Als förderungswürdig wurden von der Landesstiftung folgende vier Projekte ausgewählt, die von Gerhard Beck, dem Leiter des Referats Prävention bei der Polizeidirektion, begleitet werden:

"Respect"
K.I.O.S.K. eV im Freiburger Stadtteil Rieselfeld: K.I.O.S.K. ist der Trägerverein für den Stadtteiltreff Glashaus und die dezentrale Kinder- und Jugendarbeit im Rieselfeld. Das Projekt soll Kindern und Jugendliche als Opfer und Täter von verbalen und körperlichen Gewaltdelikten und vor Verkehrsunfällen schützen. Man wolle soziales und respektvolles Verhalten mit der heranwachsenden Klientel einüben, sagte die Projektveranwortliche Daniela Mauch. Das Wort Respect habe man in den Projekttitel aufgenommen, weil es in vielen Sprachen vorkomme und somit verstanden werde. Zum Programm gehören unter anderem der Umgang mit Konflikten, Umgang mit der eigenen Gesundheit/Wirkung von Drogen und Selbstsicherheit. Das Projekt wird mit 15 964 Euro gefördert.

"MIAM"
Mit aller Macht - Diakonisches Werk im Evangelischen Kirchenbezirk Breisgau-Hochschwarzwald: In diesem Projekt geht es um eine bessere Integration von jungen Leuten mit Migrationshintergrund im Hochschwarzwald. Die jungen Menschen sollen zum Beispiel lernen, sinnvoll ihre Freizeit zu gestalten und vernünftig mit Suchtmitteln umzugehen; unter anderem gibt es ein wöchentliches Sportangebot. Verantwortlicher des Projekts, das mit 3620 Euro gefördert wird, ist Ralf Rollenbeck.

"Help"
Element 3 - Verein zur Förderung der Jugendkultur Freiburg: Mit diesem Projekt sollen Spannungen zwischen zugewanderten und deutschen Jugendlichen abgebaut und eine Verringerung der Gewalt, insbesondere in Freiburg-Munzingen, erreicht werden. Das Projekt bedient sich insbesondere des Mediums Video; Jugendliche sollensich gegenseitig interviewen mit dem Ziel einer verbesserten Kommunikation als Mittel der Konfliktlösung. Das Projekt unter Leitung von Margarethe Mehring-Fuchs wird mit 11 000 Euro gefördert.

"Insider statt Outlaw"
Netzwerk für Teamentwicklung und Weiterbildung Freiburg: Ziel dieses Projektes sind die Reduzierung von Normverstößen durch russlanddeutsche und muslimische Jugendliche sowie der Aufbau regionaler Verbandsstrukturen in der Jugendarbeit. Mit dabei ist Ayten Bulut von der Migrantenorganisation "Muslimische Jugend Deutschland". Man will, so Projektverantwortlicher Michael Kalff, "Rädelsführer zu Jugendleitern machen" . Das Projekt wird mit 36 000 Euro gefördert.
Franz Dannecker, 2.8.2007, BZ

www.element-3.de

 

 

Jugendkriminalität - nicht zunehmend?

Zwei Gymnasiasten aus Tessin ermorden ein Ehepaar, Jugendliche aus der Ortenau vergewaltigen ein Mädchen und nehmen die Tat mit dem Handy auf, Jugendliche in München schlagen einen Taxifahrer nieder: Mit jeder spektakulären Tat flammt die Debatte um die Jugendgewalt neu auf.

Die große Mehrzahl der Bürger ist völlig sicher, diese habe so "dramatisch zugenommen" , wie es in reißerischen Berichten stereotyp heißt. Das trifft aber nicht zu. In einer Studie des Kriminologischen Forschungsamtes Niedersachsen aus dem Jahr 2005 heißt es: "Die Fehleinschätzungen fallen umso deutlicher aus, je mehr Zeit die Befragten mit dem Fernsehen verbringen." Nach der Kriminalstatistik 2005 geht die Jugendkriminalität sogar zurück, der Anteil Jugendlicher an den erfassten Straftaten ist mit 10,7 Prozent geringer als 1985. Gewalt auf dem Schulhof wird über die Schülerunfallversicherungen recht genau erfasst, auch hier sind die Zahlen rückgängig. Gewalt gehe vor allem von einer "kleinen Gruppe früh auffälliger, sozial hoch belasteter Jugendlicher" aus, sagt der renommierte Kriminalpsychologe Professor Friedrich Lösel. Eine kleine Gruppe junger Gewalttäter entwickele sich zu einem besonderen Gefahrenherd in der Gesellschaft. Etwa fünf Prozent der männlichen Jugend müssten zu diesem harten Kern gerechnet werden. "Eine Gruppe fällt jedoch bereits früh auf und bleibt langfristig delinquent. Viele davon sind bereits mit zwölf Jahren, wenn sie rechtlich noch gar nicht strafmündig sind, als Täter bekannt" , sagte Lösel. Das Filmen von Prügelaktionen an Schulen mit einem Fotohandy, das wiederholt für Schlagzeilen sorgte, wertete er als Zeichen "der Verrohung dieser Gruppe"
20.1.2007, www.rnz.de


 

Dr Some

Dr Oberlatschi wirft im e Mitschiäler s Pausbrot uf dr Hof. Wu des Opfer ufmuckt, wärfe sich Sticker Fimpfi ufs un diäns verprigle. Do goht dr Lehrer drzwische un schwätzt vu Ritterligkeit, vu Chance-Glichheit im Kampf. Aber diä Begriff wäre nit verstande. Eso ebis isch zur Zit nit "in" .

Im Ufsatz schribt bal druf eine: "Alle Neger sind hinterlistig, feig und faul." Dr Lehrer fiählt sich do innerlig verwundet, aber er droit nit, des rot astriche. Dr het dä Spruch schommol ghert gha: "Er tönte aus dem Lautsprecher im Restaurant und verdarb mir fast den Appetit. Ich lasse den Satz so stehen, denn was einer im Radio redet, darf kein Lehrer im Schulheft streichen." Diä Szene het dr Ödön von Horváth 1937 fir e Roman üs em Läbe griffe.

Drei Kärli un e Maidli süffe ball bis zum Umgheije. Drno ziägi si sich e Video mit ere Gruppevergwaltigung nii — so wit, so normal, fascht scho — wär droit do hit no ani luege oder gar sich ernschthaft gege Gwalt un Sex in däne 30 Fernsehprogramm, im Internet un bi dr Computerspiil stelle? Wär will sich as Geschtrige bekänne? Aber halt, gleini Änderung im Spiilblan: Diä drei Kärli üs dr Ortenau luege ke Video aa, si vergwaltige des Maidli esälber — "live" — un diän alli Einzelheite mit em Handy filme; si leens in dr Jugendszene vum Städtli kursiäre. D Eltere vum Maidli erstatte Azeig. Do — ändlig — e Ufschrei: He nai, des het doch niäme welle, des isch nit dr Some, wu mir gsäjt hän. Ass mer dr eige Adeil an dr Schuld suecht un erkännt, isch hit fascht so sälte wiä zu sällere Zit, wu dr Horváth si "Jugend ohne Gott" gschriibe het.

Harald Noth, 20.1.2006, Lueginsland

 

Sprachlos und wütend: Gaming Community

Vier Tage vor dem "Fest der Liebe" wird den verkaufsfördernden Argumenten der Computerindustrie und ihrem hörigen Adlatus der "Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle" (USK) das Wort geredet und den trivialen Parolen eines virtuellen Stammtisches ganzseitig Platz eingeräumt: "[& ] alles sei rein fiktiv und habe mit der Wirklichkeit nichts zu tun" . Da geht es angeblich um "e-Sport" , um Schach mit anderen Mitteln, Förderung von Teamgeist, der Pflege weltweiter sozialer (?) Kontakte, Vertiefung der Englischkenntnisse und der Akzeptanz elektronischer Spiele. Scheinbar alles in bester Ordnung. Daneben ein Bild von drei lächelnden Männern und einer Frau. Die "Black Forest Gaming Community" . Zu siebt auf dem "Battlefield 2142" .

Hauptsächlich wird in der neu gegründeten "Gemeinschaft" eben jenes Spiel gespielt, das unter dem Oberbegriff der Ego-Shooter oder Killerspiele spätestens seit den Vorfällen in Erfurt im Fokus der Öffentlichkeit steht. Ein Spiel, dessen Hauptziel darin besteht, andere virtuelle Menschen mittels diverser Waffen zu vernichten. Aber keine Angst, besorgte Leserinnen und Leser, vermittelt der Artikel und die interviewte "Community" : "Einen Zusammenhang zwischen Spielen und realer Gewalt gibt es nicht." Ganz im Gegenteil: "Englischkenntnisse werden vertieft und soziale Kontakte weltweit geknüpft und gepflegt." Der Artikel macht sprachlos und wütend darüber, dass hier Statements unkommentiert auf fast einer ganzen Seite abgedruckt werden, die jeglicher empirischen Basis entbehren und den Fakten sozialwissenschaftlicher und medizinischer Forschung diametral gegenüber stehen:

1) "Einen Zusammenhang zwischen Spielen und realer Gewalt gibt es nicht": So haben erst unlängst die Ergebnisse einer groß angelegten Studie des Hannoveraner Kriminologen Pfeiffer aufgezeigt, dass sich die industriefreundliche These vom Nicht-Einfluss der so genannten Ego-Shooter oder Killerspiele in keiner Weise halten lässt und jeglicher Basis entbehrt. Die Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen Mediennutzung, Schulerfolg und Jugendgewalt sind signifikant.

2) "Er kann sich seine Freizeit ohne solche Spiele nicht vorstellen" : Nicht nur, dass die Schulleistungen nachweislich unter der Nutzung von Computer- und Konsolenspielen leiden. Auch Beweglichkeit, körperliche Fitness und die Intelligenzentwicklung sind direkt von einem exzessiven Mediengebrauch betroffen. Dem Zeit-Journalisten Jörg Lau kann deshalb nur zugestimmt werden: "Der daddelnde Junge, der narzisstisch-depressiv in seinem Zimmer hockt und ganze Nachmittage damit verbringt, verbotene Gewalt- und Kontrollfantasien auszuleben, ist das Inbild misslingender, weil unerwünschter Männlichkeit." Nichts von den gerühmten Strategien und der Förderung des Teamgeistes. Ungünstige Energiebilanz, Erhöhung des Körperfettanteils, schlechte Noten und Vereinzelung sind die Folgen des zweifelhaften Medienumgangs. Die Stunden vor der Kiste sind eben keine Stunden der Bewegung, Kreativität und Phantasie, sondern machen dick, dumm und aggressiv. Dass dies besonders für die bildungsfernen Schichten gilt, ist ein Allgemeinplatz geworden: "Gewalt als Unterhaltung ist ein Risikofaktor für die Bildungskarriere" (Lau).

Als Lehrer hat man es tagtäglich mit den Folgen dieser dargestellten falsch verstandenen "Medienkompetenz" zu tun. Kinder, die bereits im Grundschulalter und im frühen Hauptschulalter Nachmittage und ganze Wochenenden damit verbringen Spiele zu spielen, die sich dadurch auszeichnen, dass Menschen das Genick gebrochen wird, Frauen an Freier verkauft werden (Der Pate), Passanten wahllos erstochen werden (GTA San Andreas) oder dem Spieler eine Million virtueller Dollar Belohnung winkt, wenn der Kopf des Opfers nur lange genug in Frittierfett getaucht wird (Backyard Wrestling). Dass dies oftmals von den Eltern toleriert und durch gemeinsames Spielen unterstützt wird, verschärft nur die Vorbehalte gegen den Artikel. Ab heute kann man ja sagen, dass es zumindest das Reaktionsvermögen und die Konzentrationsbereitschaft der Kinder fördert: "Es stand ja in der Zeitung!".

BZ-Leserbrief vom 5.1.2007 von Christian Heuer, Lehrer an der Hebel-Schule Neustadt

 

Tanzen gegen Gewalt an Schulen - BuebStiftung

Das etwas andere Lernziel: richtig gut tanzen können / Mit einer Show endete ein Tanzprojekt an der Schönberg-Hauptschule in Freiburg-St.Georgen, das gegen Gewalt an Schulen helfen soll.
Das Projekt habe die Schüler verändert, so Peter Bueb von der Karl und Traudel Bueb Stiftung, Hauptschullehrer in Kirchzarten. Sie hat das 1300 Euro teure Projekt finanziert. Gegründet wurde die Stiftung am Jahresanfang von den zwei Töchtern und drei Söhnen von Traudel und Karl Bueb.
Mehr von Marcus Surges vom 28.12.2006 auf www.badische-zeitung.de

Das Projekt wird im Schuljahr 2006/2007 an der Schönbergschule in Freiburg durchgeführt.
Projektleiter ist Nick Haberstich
Freiburger Kulturzentrum, c/o
Nick Haberstich, Kaiser-Joseph-Str. 237, 79098 Freiburg, Tel 0761 - 33 512, eMail info at freiburger-kulturzentrum.de
www.freiburger-kulturzentrum.de

In einer Zeit, in der die „Töpfe“ der Stadt kaum noch etwas für die Kultur bereit stellen, sind wir als Kulturinstitution auf ihre Unterstützung angewiesen!
Mit nur 5,50 € pro Monat (66 € im Jahr) können Sie als Fördermitglied uns als Partner zur Seite stehen. Nicht nur unser Theater profitiert davon, sondern auch Sie!
Spendenkonto 2076348
BLZ 68050101 bei der SPAKA Freiburg

Theater am Martinstor

"Das Theater am Martinstor ist als Spielstätte für freie Gruppen und Künstler von überregionaler Bedeutung. Durch den gemeinnützigen Einsatz der Mitarbeiter und Mitglieder des als Verein geführten Theaters, ist es möglich für alle Gruppen die gleichen Konditionen anzubieten. Durch die Regelung "70% der Einnahmen für die Künstler und 30% für das Theater", ist es auch unbekannten Künstlern und Gruppen möglich ihre Programme öffentlich zu zeigen"

Nick Haberstich, Kaiser-Joseph-Str. 237, 79098 Freiburg
info at theater-martinstor.de
www.theater-martinstor.de


 

 

 

Endzeitchristen-Computerspiele: Gewalt ohne Blut?

Die Diskussion dreht sich vornehmlich um die Gefährlichkeit der "realistischen" visuellen Gewaltdarstellung – aber was heißt realistisch? "Killerspiele" stehen unter Beschuss, weil sie Gewalt fördern oder die Hemmschwelle senken sollen. Bei der Diskussion geht es vorwiegend um die realistische Gestaltung des Tötens von Menschen oder menschenähnlichen Wesen. Realistisch heißt meist, dass der Spieler bzw. sein digitaler Stellvertreter irgendeine Waffe besitzt, mit der andere virtuelle Lebewesen verletzt oder getötet werden. Dabei spritzt mitunter Blut, fallen die Körper zu Boden oder werden zerfetzt. Realistisch? Kommt darauf an, was man darunter versteht.

In den letzten Tagen ist beispielsweise das vor kurzem auf den Markt gekommene Computerspiel Left Behind (Materieller und spiritueller Krieg gegen den Antichrist) in die Diskussion gekommen. Es stammt aus der Ecke von Endzeitchristen, die mit Büchern oder eben jetzt auch mit Spielen an ihren Visionen gutes Geld verdienen, Endzeitliches wurde zu einem profitablen Milliarden-Markt. Ob die Macher an ihre Auslegungen der biblischen Apokalypse wirklich glauben, ist unerheblich. Im Spiel wie in den Büchern geht es um die letzte Schlacht um das Recht Gottes, bei der die "Erwählten" gegen den Rest der Welt, insbesondere die Vereinten Nationen, im "letzten Kampf des Guten gegen das Böse" kämpfen. Der UN-Generalsekretär spielt in den Büchern, die angeblich auch George Bush gerne liest, den Chef der bösen Global Community Peacekeepers, gegen die Gottes Armee mit der Hilfe von Engeln antritt. Im Spiel sollen Kinder und Jugendliche an die religiöse Welt der Endzeitchristen herangeführt werden. Man missioniert also mit Computerspielen und anderen Unterhaltungsprodukten.
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Die Kritik, die seit einiger Zeit auch von Christen aufgekommen ist, wird von den Spieleherstellern zurückgewiesen und wahrscheinlich insgeheim begrüßt, verschafft sie doch dem Spiel größere Aufmerksamkeit. Die Argumentation von Troy Lyndon, dem Chef von Left Behind Games, ist allerdings ganz interessant im Kontext der Verbotsdiskussion um Killerspiele. Auch er bezeichnet sein Produkt als "strategisches Spiel", hebt hervor, dass man kein Blut und keine unnötige Gewalt darstelle und es sich nur um den "traditionellen Kampf zwischen Gut und Böse" handle. Im Laufe des Spiels müssten die Spieler bestimmten, für die Religion lehrreichen Hinweisen folgen. Und es gehe nicht um den Krieg selbst, der werde nur dann – als christlich "sauberer" Krieg - notwendig, wenn die Guten angegriffen werden. Mit einer solchen Verklärung des notwendigen und fürs Seelenheil notwendigen Kampfes der Guten gegen die Bösen wird aber über das pure Spiel hinaus eine Ideologie aufgebaut, die das Töten im Namen Gottes rechtfertigt, auch wenn dabei kein Blut fließt. Das ist auch in anderen Spielen so, bei denen die Guten gegen die Bösen kämpfen, die man zu Recht massakrieren kann, beispielsweise auch im Rekrutierungsspiel America's Army und zahlreichen anderen Produkten. Oft werden die Feinde und Feindesländer auch anschaulich dargestellt, oft genug sind es seit Jahren Figuren, die muslimische Terroristen darstellen sollen, aber natürlich geht es auch umgekehrt, wenn die Bösen die Amerikaner, Israelis oder wer auch immer sind. Auch hier kann man natürlich fragen, ob solche Feindprojektionen mit Tötungslegitimation irgendeine Wirkung haben. Vermutlich für viele Spieler nicht direkt, aber sie könnten zumindest auch hier Haltungen verstärken, die ja oft genug tatsächlich in den Krieg oder zu blutigen Konflikten geführt haben. Beim christlichen Endzeitspiel stehen wohl neben den Atheisten, Schwulen und anderen Nicht-Erwählten die Muslime als derzeitige Hauptgegner unter Verdacht, zu den Heerscharen des Antichrist zu gehören. Zumindest ist nicht unverständlich, wenn muslimische Gruppen wie die Muslim Association of Britain nach einem Bericht der britischen Times das Spiel als bedrohlich ansehen und auch gleich nach einem Verbot oder zumindest nach einem Boykott rufen: "Dieses Spiel ist unverantwortlich und äußerst rassistisch. Es dämonisiert jede Religion, die nicht christlich ist … Spiele wie diese sind Gift für junge Menschen." Befördern auch solche saubere Tötungsspiele eine "Verherrlichung oder Verharmlosung" von Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen? Trifft dies nur zu, wenn auch Blut spritzt? Ist es gar verharmlosender, wenn die virtuell Getöteten einfach verschwinden und so die begangene Gewalt unkenntlich gemacht wird? Es wäre jedenfalls Zeit, die Debatte um Killerspiele und die Folgen von dargestellter Gewalt ein wenig differenzierter anzugehen, als dies in aller Regel auf der politischen Bühne gemacht wird.
Quelle: www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24243/1.html

 

 

Verbot von PC-Killerspielen

Wir brauchen schnell ein Gesetz gegen diese Spiele
Ich habe keinen Zweifel, dass die Bereitschaft, Gewalt gegenüber anderen einzusetzen, zunimmt. Man informiere sich lediglich in den gängigen Medien. Die entsprechenden Statistiken untermauern die immer brutalere Umsetzung von Gewalt, besonders durch Jugendliche. Wer meint, dass in bestimmten Milieus und bei durchaus auch scheinbar wohlbehüteten Mittelschichtjugendlichen Techniken vermittelt werden könnten, um realen Gewaltausbrüchen im Einzelfall vorzubeugen, scheint mir doch recht theoretisch und idealistisch zu argumentieren. So wird der verständliche Wunsch zum Vater der Gedankenführung. Nein, ich meine, dass schnell ein klar formuliertes Gesetz bundes- beziehungsweise europaweit geschaffen werden muss, um derartige höchst profitable Konsumprodukte bei drastischer Strafandrohung und -umsetzung gegenüber den Herstellern und den mit solchen Scheußlichkeiten handelnden Personen zu sanktionieren. Natürlich wird daraufhin vermehrt illegal kopiert und konsumiert werden. Kaum jedoch in dieser allgemeinen Selbstverständlichkeit, wie es vor allem männliche Jugendliche vor und nach der Pubertät legal zu praktizieren pflegen. Die in der BZ eingestreuten Interviews mit jungen Schülern, die eine Umsetzung von der fiktiven zur realen Gewalt glaubhaft weit von sich weisen, scheinen mir nicht hilfreich. Es geht vielmehr um eine wachsende Minderheit vor dem PC, die genau diese Unterscheidung nicht mehr treffen und damit zu einer Gefahr für ihre Mitmenschen werden können. Sie zu schützen und aufzuklären ist eine vorrangige Aufgabe des Staates.
BZ-Leserbrief vom 23.12.2006 von Dr. Hansjörg Malcowszki, Sölden

Zu viele Schulen geben den Druck einfach weiter
Als einer der Ersten habe ich in den achtziger Jahren Untersuchungen zur Wirkung von Computerspielen durchgeführt und entschieden gegen sie Stellung bezogen. Schon damals war erkennbar, dass sie — wie Professor Bauer es ausdrückt — ein Streichholz neben einem Pulverfass sein können. Als Psychologe und Pädagoge geht es mir aber um die vielen umherlaufenden Pulverfässer und die Frage, wie sie dazu geworden sind. 250 000 Sitzenbleiber sind eine Viertel Million zutiefst gedemütigte junge Menschen jedes Jahr, und es sind noch viel mehr Jugendliche, die sich als Versager und Verlierer fühlen. Sitzenbleiben, Selektion, Schulverweis: Statt die Probleme der Kinder und Jugendlichen zu lösen, geben noch immer zu viele Schulen den Druck weiter, den die Gesellschaft und die Schulverwaltung auf sie ausübt. Geld und Ruhe für individuelle Hilfe und Förderprogramme sind rar — und alles wäre noch viel schlimmer, wären da nicht unzählige hoch engagierte Lehrkräfte, die die Not der Kinder und Jugendlichen sehen und zu lindern versuchten. Dabei sind die Bedingungen, unter denen sie in der Schule arbeiten, vielerorts schlecht und hart, so dass nahezu ein Drittel aller Lehrkräfte ebenfalls entmutigt ist und vorzeitig das Handtuch wirft. Was ist das für eine Gesellschaft, die sich die wachsende Spaltung in Arm und Reich, in Bildungsgewinner und Bildungsverlierer leistet und damit die Pulverfässer füllt, deren Explosion jetzt mit dem Verbot von Streichhölzern verhindert werden soll? BZ-Leserbrief vom 23.12.2006 von Wolfgang Roth, Freiburg
 

Ausdruck moralischer Verelendung Erwachsener 
Eine Metaanalyse von 35 Studien zu den Auswirkungen von Video- und Computerspielen belegte eindeutig, dass aggressive Spiele auch aggressive Gedanken, Gefühle und Feindseligkeit steigerten (Ander- son & Bushman, Psychological Science 12:353-359, 2001). Dabei kommt es im Gehirn zur Ausschüttung von Dopamin in demselben Ausmaß wie bei Verwendung von Rauschmitteln. Dies zeigt, dass gerade Gewaltvideos suchtähnliche Auswirkungen haben, die Spuren im Gehirn hinterlassen. Die neurophysiologischen Vorgänge im Gehirn während des Spiels bahnen gleichzeitig Erfahrungsmuster, die die Hemmschwelle zur Ausübung von Gewalt senken. "Es geht nicht um Gewalt, es geht um Belohnung" , meint Ihr Autor. Das ist dialektische Augenwischerei. Gewalt, Gnadenlosigkeit und Grausamkeit wird in Killerspielen belohnt und genau das wird umgesetzt. Übermäßiger Konsum von Gewaltvideos und -spielen führt in die soziale Isolation, macht depressiv und wirkt seelisch abtötend. Wer wie Bürckholdt behauptet, Killerspiele seien kein Grund für Amokläufe verkürzt die kausalen Zusammenhänge leichtfertig und bagatellisiert so ein ebenso alarmierendes wie bedrohliches Phänomen: Eine unglaubliche Verrohung in den Köpfen der Spielehersteller hat eine Jugend erreicht, die vor dem Hintergrund sozialer Unsicherheit, einseitiger und früh selektionierender Schulsysteme und teilnahmsloser Elterngenerationen zunehmend zu Gewalt neigt. Ja, Killerspiele sind der Hintergrund von Amokläufen, sie sind Ausdruck einer moralischen Verelendung der Erwachsenenwelt, die das grundlegende pädagogische Prinzip des Vorbildes vergessen hat.
BZ-Leserbrief vom 23.12.2006 von Dr. med. Marcus Roggatz, Sölden

 

Abschiedsbrief des Amokläufers von Emsdetten

Unverständlich ist, warum nicht nur die Videos, sondern auch der Abschiedsbrief des Amokläufers schnell aus dem Web beseitigt wurde. Es ist ein Dokument, das die Motive und die Verzweiflung des 18-Jährigen deutlichen werden lässt, vor allem auch, dass es nicht wirklich um Killerspiele geht, wie manche Politiker dies meinen ("Ich hasse es, überflüssig zu sein"). Der Brief schildert sicherlich die Erfahrungen eines Jugendlichen, wie sie nicht nur er macht. Er zeigt die gesellschaftlichen Hintergründe und Zwänge, an denen manche Jugendliche – nicht unbedingt die Schlechtesten – verzweifeln, weil sie keinen aufrechten Ausgang aus der Situation finden und ihnen nirgendwo einer angeboten wird. Damit in der Diskussion nicht nur die reißerischen Themen und Aspekte, sondern auch die Überlegungen und die Befindlichkeit des Jugendlichen berücksichtigt werden können, der sich zu Mord und Selbstmord entschlossen hat, haben wir den Abschiedsbrief veröffentlicht. Mit solchen verzweifelten Taten von Menschen, die überflüssig sind oder sich als solche fühlen, werden wir vermutlich nicht das letzte Mal zu tun haben. Anstatt selbst argumentativ und erklärend loszuschießen, sollte man auch einmal kurz zuhören.
Florian Rötzer am 26.11.2006 auf http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24032/1.html

Wenn man weiss, dass man in seinem Leben nicht mehr Glücklich werden kann, und sich von Tag zu Tag die Gründe dafür häufen, dann bleibt einem nichts anderes übrig als aus diesem Leben zu verschwinden. Und dafür habe ich mich entschieden. Es gibt vielleicht Leute die hätten weiter gemacht, hätten sich gedacht "das wird schon", aber das wird es nicht.
Man hat mir gesagt ich muss zur Schule gehen, um für mein leben zu lernen, um später ein schönes Leben führen zu können. Aber was bringt einem das dickste Auto, das grösste Haus, die schönste Frau, wenn es letztendlich sowieso für'n Arsch ist. Wenn deine Frau beginnt dich zu hassen, wenn dein Auto Benzin verbraucht das du nicht zahlen kannst, und wenn du niemanden hast der dich in deinem scheiss Haus besuchen kommt!
Das einzigste was ich intensiv in der Schule beigebracht bekommen habe war, das ich ein Verlierer bin. Für die ersten jahre an der GSS stimmt das sogar, ich war der Konsumgeilheit verfallen, habe anach gestrebt Freunde zu bekommen, Menschen die dich nicht als Person, sondern als Statussymbol sehen.
Aber dann bin ich aufgewacht! Ich erkannte das die Welt wie sie mir erschien nicht existiert, das ie eine Illusion war, die hauptsächlich von den Medien erzeugt wurde. Ich merkte mehr und mehr in was für einer Welt ich mich befand. Eine Welt in der Geld alles regiert, selbst in der Schule ging es nur darum. Man musste das neuste Handy haben, die neusten Klamotten, und die richtigen "Freunde". hat man eines davon nicht ist man es nicht wert beachtet zu werden. Und diese Menschen nennt man Jocks. Jocks sind alle, die meinen aufgrund von teuren Klamotten oder schönen Mädchen an der Seite über anderen zu stehen. Ich verabscheue diese Menschen, nein, ich verabscheue Menschen.

Ich habe in den 18 Jahren meines Lebens erfahren müssen, das man nur Glücklich werden kann, wenn man sich der Masse fügt, der Gesellschaft anpasst. Aber das konnte und wollte ich nicht. Ich bin frei! Niemand darf in mein Leben eingreifen, und tut er es doch hat er die Konsequenzen zu tragen! Kein Politiker hat das Recht Gesetze zu erlassen, die mir Dinge verbieten, Kein Bulle hat das Recht mir meine Waffe wegzunehmen, schon gar nicht während er seine am Gürtel trägt.
Wozu das alles? Wozu soll ich arbeiten? Damit ich mich kaputtmaloche um mit 65 in den Ruhestand zugehen und 5 Jahre später abzukratzen? Warum soll ich mich noch anstrengen irgendetwas zu erreichen, wenn es letztendlich sowieso für'n Arsch ist weil ich früher oder später krepiere?
Ich kann ein Haus bauen, Kinder bekommen und was weiss ich nicht alles. Aber wozu? Das Haus wird irgendwann abgerissen, und die Kinder sterben auch mal. Was hat denn das Leben bitte für einen Sinn? Keinen! Also muss man seinem Leben einen Sinn geben, und das mache ich nicht indem ich einem überbezahlten Chef im Arsch rumkrieche oder mich von Faschisten verarschen lasse die mir erzählen wollen wir leben in einer Volksherrschaft. Nein, es gibt für mich jetzt noch eine Möglichkeit meinem Leben einen Sinn zu geben, und die werde ich nicht wie alle anderen zuvor verschwenden! Vielleicht hätte mein Leben komplett anders verlaufen können. Aber die Gesellschaft hat nunmal keinen Platz für Individualisten. Ich meine richtige Individualisten, Leute die selbst denken, und nicht solche "Ich trage ein Nietenarmband und bin alternativ" Idioten!

Ihr habt diese Schlacht begonnen, nicht ich. Meine Handlungen sind ein Resultat eurer Welt, eine Welt die mich nicht sein lassen will wie ich bin. Ihr habt euch über mich lustig gemacht, dasselbe habe ich nun mit euch getan, ich hatte nur einen ganz anderen Humor!
Von 1994 bis 2003/2004 war es auch mein Bestreben, Freunde zu haben, Spass zu haben. Als ich dann 1998 auf die GSS kam, fing es an mit den Statussymbolen, Kleidung, Freunde, Handy usw.. Dann bin ich wach geworden. Mir wurde bewusst das ich mein Leben lang der Dumme für andere war, und man sich über mich lustig machte. Und ich habe mir Rache geschworen!
Diese Rache wird so brutal und rücksichtslos ausgeführt werden, dass euch das Blut in den Adern gefriert. Bevor ich gehe, werde ich euch einen Denkzettel verpassen, damit mich nie wieder ein Mensch vergisst! Ich will das ihr erkennt, das niemand das Recht hat unter einem faschistischen Deckmantel aus Gesetz und Religion in fremdes Leben einzugreifen!

Ich will das sich mein Gesicht in eure Köpfe einbrennt!
Ich will nicht länger davon laufen!
Ich will meinen Teil zur Revolution der Ausgestossenen beitragen!
Ich will R A C H E !

Ich habe darüber nachgedacht, dass die meisten der Schüler die mich gedemütigt haben schon von der GSS abgegangen sind. Dazu habe ich zwei Dinge zu sagen:
1. Ich ging nicht nur in eine klasse, nein, ich ging auf die ganze Schule. Die Menschen die sich auf der Schule befinden, sind in keinem Falle unschuldig! Niemand ist das! In deren Köpfen läuft das selbe Programm welches auch bei den früheren Jahrgängen lief! Ich bin der Virus der diese Programme zerstören will, es ist völlig irrelewand wo ich da anfange.
2. Ein Grossteil meiner Rache wird sich auf das Lehrpersonal richten, denn das sind Menschen die gegen meinen Willen in mein Leben eingegriffen haben, und geholfen haben mich dahin zu stellen, wo ich jetzt stehe; Auf dem Schlachtfeld! Diese Lehrer befinden sich so gut wie alle noch auf dieser verdammten schule! Das Leben wie es heute täglich stattfindet ist wohl das armseeligste was die Welt zu bieten hat! S.A.A.R.T. - Schule, Ausbildung, Arbeit, Rente, Tod. Das ist der Lebenslauf eines "normalen" Menschen heutzutage. Aber was ist eigentlich normal?
Als normal wird das bezeichnet, was von der Gesellschaft erwartet wird. Somit werden heutzutage Punks, Penner, Mörder, Gothics, Schwule usw. als unnormal bezeichnet, weil sie den allgemeinen Vorstellungen der Gesellschaft nicht gerecht werden, können oder wollen. Ich scheiss auf euch! Jeder hat frei zu sein! Gebt jedem eine Waffe und die Probleme unter den Menschen lösen sich ohne jedliche Einmischung Dritter. Wenn jemand stirbt, dann ist er halt tot. Und? Der Tod gehört zum Leben! Kommen die Angehörigen mit dem Verlust nicht klar, können sie Selbstmord begehen, niemand hindert sie daran!
S.A.A.R.T. beginnt mit dem 6. Lebensjahr hier in Deutschland, mit der Einschulung. Das Kind begibt sich auf seine perönliche Sozialisationsstrecke, und wird in den darauffolgenden Jahren gezwungen sich der Allgemeinheit, der Mehrheit anzupassen. Lehnt es dies ab, schalten sich Lehrer, Eltern, und nicht zuletzt die Polizei ein. Schulpflicht ist die Schönrede von Schulzwang, denn man wird ja gezwungen zur Schule zu gehen.

Wer gezwungen wird, verliert ein Stück seiner Freiheit. Man wird gezwungen Steuern zu zahlen, man wird gezwungen Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuhalten, man wird gezwungen dies zu tun, man wird gewzungen das zu tun. Ergo: Keine Freiheit! Und sowas nennt man dann Volksherrschaft. Wenn das Volk hier herrschen würde, hiesse es Anarchie!

WERDET ENDLICH WACH - GEHT AUF DIE STRASSE - DAS HAT IN DEUTSCHLAND SCHONMAL FUNKTIONIERT!

Nach meiner Tat werden wieder irgendwelche fetten Politiker dumme Sprüche klopfen wie "Wir halten nun alle zusammen" oder "Wir müssen gemeinsam versuchen dies durchzustehen". Doch das machen sie nur um Aufmerksmakeit zu bekommen, um sich selbst als die Lösung zu präsentieren. Auf der GSS war es genauso... niemals lässt sich dieses fette Stück Scheisse von Rektorin blicken, aber wenn Theater- aufführungen sind, dann steht sie als erste mit einem breiten Grinsen auf der Bühne und präsentiert sich der Masse!
Nazis, HipHoper, Türken, Staat, Staatsdiener, Gläubige...einfach alle sind zum kotzen und müssen vernichtet werden! (Den begriff "Türken" benutze ich für alle HipHopMuchels und Kleingangster; Sie kommen nach Deutschland weil die Bedingungen bei ihnen zu hause zu schlecht sind, weil Krieg ist... und dann kommen Sie nach Deutschland, dem Sozialamt der Welt, und lassne hier die Sau raus. Sie sollten alle vergast werden! Keine Juden, keine Neger, keine Holländer, aber Muchels! ICH BIN KEIN SCHEISS NAZI)

Ich hasse euch und eure Art! Ihr müsst alle sterben!
Seit meinem 6. Lebensjahr wurde ich von euch allen verarscht! Nun müsst ihr dafür bezahlen!
Weil ich weiss das die Fascholizei meine Videos, Schulhefte, Tagebücher, einfach alles, nicht veröffentlichen will, habe ich das selbst in die Hand genommen.
Als letztes möchte ich den Menschen die mir was bedeuten, oder die jemals gut zu mir waren, danken, und mich für all dies Entschuldigen!
Ich bin weg...

 

Computerspiele: Töten lernen per Software

Virtuelle und echte Realität haben nichts miteinander zu tun? Alles Unsinn, meint Professor Spitzer. Wer im Spiel das Töten übt, greift auch im echten Leben eher zur Gewalt.

Machen Computerspiele dumm? Oder fördern sie im Gegenteil Erfindungsgabe und soziale Fähigkeiten? In der letzten Ausgabe des P.M.-Magazins (August 2006: »Hoppla, hier kommt mein zweites Ich«) vertrat der Zukunftsforscher Matthias Horx die These, dass Computerspiele Selbstvertrauen, Teamwork und Flexibilität fördern. Dieses Mal lassen wir einen prominenten Wissenschaftler für die Gegenseite zu Wort kommen: den Neurobiologen Professor Manfred Spitzer. Er ist Leiter der psychiatrischen Uniklinik in Ulm und betreut die wöchentliche TV-Sendereihe »Geist und Gehirn« auf BR-alpha.

Zu viel Medienkonsum macht unsere Kinder dick, dumm und gewaltbereit: Das ist die Hauptthese meines Buches »Vorsicht Bildschirm«, das sich kritisch mit Fernsehen und Computerspielen auseinander setzt. Bei meiner Argumentation habe ich mich auf publizierte Studien und die Erkenntnisse der Neurobiologie zu impliziten Lernprozessen sowie zur Gehirnentwicklung gestützt – also auf wissenschaftliche Ergebnisse, die jeder nachvollziehen kann. ...´
Amerikanische Kinder und Jugendliche verbringen mehr Zeit vor dem Bildschirm als mit jeder anderen Tätigkeit (außer Schlafen). Schon manche Zweijährigen sitzen zwei Stunden täglich vor dem Bildschirm. Bis zum Ende der Highschool (nach zwölf Schuljahren) verbringt ein Durchschnittsschüler etwa 13000 Stunden in der Schule – und fast doppelt so lange vor dem Fernseher (25000 Stunden). Bis zum 18. Lebensjahr haben Kinder, die in Haushalten mit Kabelanschluss oder Videorecorder aufwachsen, etwa 32000 Morde gesehen.

In Deutschland sieht es besser aus – aber nicht viel: Der tägliche Fernsehkonsum liegt im Vorschulalter bei etwa 70 Minuten, im Grundschulalter bei gut 90 Minuten und bei den zehn- bis 13-Jährigen bei knapp zwei Stunden. Besitzt ein Kind ein eigenes Fernsehgerät, schaut es noch länger fern. Der Anteil dieser Kinder nimmt ständig zu: Lag er 1999 bei 29 Prozent, so erreichte er 2003 schon 37 Prozent. Selbst Kindergartenkinder hocken noch bis spät in der Nacht vor der Flimmerkiste: Um 22 Uhr sind es deutschlandweit 800000, eine Stunde später noch 200000 und um Mitternacht immer noch unglaubliche 50000. In 79 Prozent aller Sendungen des deutschen Fernsehens kommt Gewalt vor – ein Wert, der noch zu Beginn der 1990er Jahre bei 48 Prozent lag. Jeder fünfte Jugendliche sieht sogar täglich mindestens einen Horrorfilm.

Die Gewaltwirkung, der ein Kind durch den Fernseher ausgesetzt ist, ist also schon hoch genug. Dennoch wird dieser Einfluss durch die Wirkung der Computerspiele noch übertroffen. Selbst Matthias Horx erwähnt in seinem ansonsten unglaublich unkritischen Artikel »Hoppla, hier kommt mein zweites Ich!« die Computerspiel-Industrie, die die negative Wirkung des Fernsehens noch mal drastisch steigert.

Der Unterschied zwischen Fernsehen und Computerspielen ist nämlich dramatisch: Im Fernsehen wird Gewalt konsumiert, in Computerspielen wird sie aktiv trainiert. Dies ist im Grunde ein unglaublicher Vorgang: Wohlmeinende (aber unwissende) Eltern investieren Milliarden, um unseren Nachwuchs im Töten auszubilden. Genau dies wird in den Spielen eingeübt – immer realistischer und immer grausamer.

Welches sind die Folgen? Sowohl Horx als auch der Medienpädagoge Dirk Frank berufen sich nicht auf wissenschaftliche Studien, sondern auf ein Buch des Journalisten Steven Johnson: »Everything bad is good for you. How today’s pop-culture is actually making us smarter« (deutsch: »Die neue Intelligenz. Warum wir durch Computerspiele und TV klüger werden«).

Für beide Freunde des virtuellen Abschlachtens ist also die durch nichts belegte Behauptung eines Journalisten aussagekräftig – die gesicherten Erkenntnisse aus der Wissenschaft hingegen nicht. Damit folgen sie einem bekannten Schema, das mittlerweile sogar wissenschaftlich untersucht wurde: Man leugnet Fakten, diskreditiert Autoren und stellt unbegründete Behauptungen gegen wissenschaftliche Erkenntnisse.

Unter der Überschrift »Computerspiele machen schlau« stellt Horx eine Reihe von Behauptungen auf, die allesamt unwahr sind. Gehen wir sie im Einzelnen durch:

- Spiele produzieren keine Gewalt. Falsch! Die Literatur hierzu ist zwar noch nicht so groß wie die zum Fernsehkonsum, aber es gibt mittlerweile genügend Arbeiten, die zeigen, dass auch Computerspiele Gewalt erzeugen.
Die Folgen erleben wir alle: Die Abstumpfung gegenüber realer Gewalt steigt, gleichzeitig nimmt Gewalt in allen Lebensbereichen zu. Das meiste davon bleibt in Schule und Familie, richtet Schaden an, wird aber kaum öffentlich sichtbar. Nur gelegentlich kommt es zu Exzessen, die bundesweit Aufsehen erregen. Ich erinnere nur an die Zwischenfälle in Passau, Bad Reichenhall, Meißen, Metten, Darmstadt, Brandenburg, Freising, Gersthofen, Erfurt und Coburg mit insgesamt 30 Toten und weiteren Schwerverletzten.
Wenn vor einigen Monaten der Bundestag darüber beriet, dass im ländlichen Allgäu Hauptschüler sich gegenseitig Hinrichtungsvideos per Handy für fünf bis zehn Euro verkaufen, dann wird es höchste Zeit, dass wir alle über die Veränderungen nachdenken, welche die neuen Medien mit sich bringen. Wie kann es sein, dass Kinder Geld für derartige Brutalitäten ausgeben?
Aber nicht die Kinder sind böse: Wir Erwachsenen sind es, die ihnen ihr Verhalten durch Bereitstellung der nötigen Hard- und Software ermöglichen. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Computer- und Videospiele handelt es sich um Software zum Trainieren von Gewalt, zum Abgewöhnen von Tötungshemmung und zur Abstumpfung gegenüber Mitgefühl und sozialer Verantwortung.
Verbotene Spiele wie Duke Nukem 3D zum Beispiel sollen mit detaillierten Tötungsanimationen wie dem Wegspritzen von Blut- und Hautpartikeln, Wegsprengen ganzer Körperteile usw. den Spielern Spaß bringen. Der Motivationsforscher Werner Kroeber-Riel meint dazu: »Die Feder sträubt sich, den Inhalt solcher Computerspiele oder anderer Spiele wiederzugeben, die gegenwärtig Kinder und Jugendliche in den Umgang mit roher Gewalt, Hass und widerwärtiger Sexualität einführen.«

- Spiele wirken intelligenzsteigernd. Falsch! Hierzu gibt es keine einzige Studie, die Behauptung ist frei erfunden. Das hindert jedoch selbst die Bundeszentrale für politische Bildung nicht daran, den gleichen Unfug zu publizieren; so unter dem Titel: »Computerspiele. Virtuelle Spiel- und Lernwelten«. Die staatlichen Experten verschweigen, dass in den meisten Spielen das Töten gelernt wird. Statt dessen reden sie von den »sensomotorischen Fähigkeiten«, um die es bei Computerspielen geht, von »Regelkompetenz« sowie von »Motivation und Energie«. Zur Gewalt nehmen die Autoren wie folgt Stellung: »Auf erkenntnistheoretischer Ebene besteht unter den Wissenschaftlern weithin Einigkeit, dass es im Hinblick auf die mediale Welt keine direkten Wirkungen von dieser auf die reale Welt gibt, egal, ob die Inhalte gewaltorientiert sind oder nicht.« Zu gut Deutsch: Die virtuelle Realität hat mit der echten nichts zu tun!
Diese Aussage ist schlicht falsch. Auf Grund methodisch sauber durchgeführter Studien wissen wir das ganz genau. Wer etwas anderes behauptet, der lügt – ebenso wie es die Zigarettenindustrie getan hat, als sie jahrzehntelang den Zusammenhang von Rauchen und Lungenkrebs geleugnet hat. Dieselbe Taktik benutzt auch die amerikanische Regierung, um die Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls hinauszuschieben: Sie leugnet den Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und globaler Erwärmung und plädiert für Zeit raubende zusätzliche Forschung.

- Spiele fördern die soziale Kompetenz der Spieler. Falsch! Hier ist nicht nur nichts durch Daten belegt: Hier wird die Realität in einer Weise auf den Kopf gestellt, dass es weh tut! Studien zu den Auswirkungen von Bildschirmmedien haben genau das Gegenteil gezeigt: Diese Medien führen zu Vereinsamung und zu Depression. Außerdem grenzt es an Sarkasmus, wenn man behauptet, dass z. B. Spiele, die von der US-amerikanischen Armee produziert wurden, die soziale Kompetenz fördern sollen. So werden in dem vom Militär entwickelten Spiel »Amerika’s Army« Kinder in die Details militärischer Organisationsformen und Arbeitsweisen eingeführt, von Dienstrangbezeichnungen bis Erstürmungsstrategien. Dann lernen sie das Schießen auf Menschen, und wer das alles kann, hat bei einer Bewerbung bei der US-Armee bessere Chancen oder wird von ihr gar zwecks Rekrutierung kontaktiert. Was also hierzulande verboten ist – die Rekrutierung von Kindern –, praktiziert die US-Armee öffentlich und flächendeckend über das Internet.

- Spiele fördern die Fähigkeit zur visuellen Bildverarbeitung. Richtig. Aber die von Horx erwähnte Studie der Universität Rochester hat gezeigt, dass sich die Aufmerksamkeit der Spieler ändert: Sie achten mehr auf alles, auch an der Peripherie des Aufmerksamkeitsfelds, und werden dadurch besser im Spiel. Das Problem heutiger Schüler besteht aber gerade nicht darin, dass ihre Aufmerksamkeit zu eng fokussiert ist. Im Gegenteil: Sehr viele haben Aufmerksamkeitsstörungen, die darin bestehen, dass die Aufmerksamkeit überall ist und gerade nicht fokussiert. Man könnte es auch so ausdrücken: Wer noch keine Aufmerksamkeitsstörung hat, der lernt sie beim Videospielen.

- Spiele fördern die Koordination. Falsch! Wer nur mit dem Daumen und ein paar Fingern wackelt, lernt gerade nicht die Beherrschung seines Körpers. In Einschulungsuntersuchungen fällt in den letzten Jahren zunehmend auf, dass Kinder einfachste motorische Fähigkeiten nicht mehr beherrschen, die früher jeder konnte: Seiltänzergang rückwärts, von einem Bein aufs andere hüpfen, einen Purzelbaum schlagen.

- Spiele fördern die Flexibilität. Auch diese Behauptung ist durch nichts bewiesen.

- Spiele fördern die Wettbewerbslust. Dies mag sein. Aber brauchen wir wirklich mehr Wettbewerb? Menschen sind eigentlich Kooperationswesen und erst in zweiter Linie (wenn es um Mitglieder fremder Gruppen geht) auf Wettbewerb angelegt. Aus dieser Sicht halte ich die Förderung von Wettbewerbslust, wenn sie denn eintritt, für problematisch.

- Spiele fördern Selbstvertrauen. Falsch! Zum einen gibt es keinerlei Daten, die diese Behauptung bestätigen. Und zum zweiten sind die Zusammenhänge von Bildschirmmedienkonsum und Selbstbild eher negativ.

»Ich hasse, hasse sie! Die Unmenschen der Gegenseite ... wer sitzt da gerade an der Tastatur? Tschetschenen? Palästinenser? Saddam Hussein persönlich? Irre islamische Jungs aus Kreuzberg? Das würde ich gern einmal wissen!« – So beschreibt Horx die Gedanken und Gefühle der Spieler. Will er damit wirklich belegen, dass aus ihnen bessere Menschen werden, je mehr sie spielen?

Der Zusammenhang zwischen Gewalt in den Medien und realer Gewalt ist eindeutig. Er ist so eindeutig wie der Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Fettleibigkeit, so eindeutig wie der zwischen Rauchen und Lungenkrebs. All das sind statistische Zusammenhänge, und sie sind zweifelsfrei nachgewiesen.

Dass es Ausnahmen gibt, spielt keine Rolle. Jeder kennt einen 80-Jährigen, der geraucht hat wie ein Schlot und schließlich vom Lastwagen überfahren wurde, oder einen 30-Jährigen, der nie geraucht hat und an Lungenkrebs verstorben ist. Dies spricht jedoch keineswegs gegen den generellen Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs, der übrigens etwa so groß ist wie der zwischen Bildschirmmedienkonsum und realer Gewalt.

Machen wir uns nichts vor: Es wird Zeit, dass wir handeln und dafür sorgen, dass unsere Kinder in ihrer Freizeit etwas anderes lernen als Aggression und Gewalt.

Kompletten Beitrag von Manfred Spitzer vom 22.9.2006 bitte lesen auf
http://www.pm-magazin.de/de/heftartikel/ganzer_artikel.asp?artikelid=1437

Der Neurobiologe Professor Manfred Spitzer ist Leiter der psychiatrischen Uniklinik in Ulm und betreut die wöchentliche TV-Sendereihe »Geist und Gehirn« auf BR-alpha.

 

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