Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Infos ab März 2005
zu Schulen und Bildung
 

Home >Dienste >Schulen >Schulen2                   

Blick vom verschneiten Kandel nach Westen zu den Vogesen 2/2005 mehr                                                     

 

Lehrer und Arbeitgeber zur beruflichen Ausbildung

Die südbadische Wirtschaft boomt. Unternehmen klagen über den Mangel an qualifizierten Fachkräften. Trotzdem haben Jugendliche nach wie vor Schwierigkeiten, eine Lehrstelle zu finden. Läuft im Ausbildungssystem etwas schief? Heinz Siebold und Bernd Kramer sprachen mit den Lehrern Gerhard Wissler, Hermann Weiß, Bernhard Läufer und den Arbeitgebern Frank Thieme, Theodor Wanner und Otmar Fichter über den Zustand der beruflichen Bildung in der Region.

BZ: Vielen Unternehmen geht es so gut wie schon lange nicht mehr. Schlägt sich das in der Zahl der Lehrstellen nieder?
Wanner: Wir haben uns kurzfristig entschlossen, in Gottenheim eine zusätzliche Lehrstelle zu schaffen. Damit werden bei uns derzeit 13 junge Leute ausgebildet — das sind mehr als zehn Prozent der Belegschaft.
Fichter: Wir bilden stets zwischen einem und drei Jugendlichen aus. Derzeit befindet sich ein Mechatroniker in Ausbildung, ein Industriemechaniker kommt im September hinzu. Unser Ausbildungsquote beträgt stets zwischen fünf und zehn Prozent.
Thieme: Bei uns werden mehr als 30 junge Leute ausgebildet. In unterschiedlichen Bereichen: zum Beispiel als Industriemechaniker und als Energieanlagen elektroniker im Maschinenbau oder als Verfahrensmechaniker im Kunststoffbereich sowie im kaufmännischen Bereich. Derzeit versuchen wir vor allem unsere Kontakte zu den Fachhochschulen auszubauen, indem wir zum Beispiel Diplomarbeiten vergeben. Wir wollen die jungen Menschen früh an uns binden, Ingenieure sind Mangelware.
Wanner:
Umso früher, umso besser, deshalb suchen wir auch schon den Kontakt mit den Schulen. Bezüglich der wirklich guten Leute herrscht ein enorm harter Wettbewerb.
BZ: Die Schulen machen den Schülern die technischen Berufe zu wenig schmackhaft, lautet die Kritik der Arbeitgeber.
Wanner: Ich denke, gerade in jüngster Zeit hat sich einiges in den Schulen in dieser Hinsicht getan. Das Ausbildungssystem gleicht einem Tanker, der braucht eben seine Zeit, bis er seine Richtung wirklich ändern kann. Das Ruder ist aber in die richtige Richtung gestellt.
Läufer: Die Gymnasien haben auf die Kritik reagiert, zum Beispiel mit dem neuen Fach Naturwissenschaft und Technik (NWT). Die Schüler haben zwar noch immer Biologie, Physik und Chemie, aber jetzt gibt es noch ein Fach, das vernetzt. An anschaulichen Beispielen wird gezeigt, wie Biologie, Physik und Chemie zusammenwirken. Es verhindert, dass Schüler in Fachschubladen denken. Oder das Fach Naturphänomene in der 5. und 6. Klasse: Die Schüler haben dort einen einfachen Wagen gebaut, der sich dann mit der aus einem Ballon ausströmenden Luft in Bewegung setzte. Eine sehr anschauliche Erklärung des Rückstoßprinzips.
Wissler:
Der Trend ist eindeutig. Das zeigen die neuen Bildungspläne in der Realschule. Nehmen sie das Fach naturwissenschaftliches Arbeiten. Die klassischen Fächergrenzen werden aufgehoben. Chemie-, Physik- oder Biolehrer wechseln sich ab, je nachdem, wie es der behandelte Stoff verlangt. Das verstärkt das Interesse an den Naturwissenschaften.
Weiß: Der Arbeitsmarkt beeinflusst langfristig Eltern und Schüler bei der Berufswahl. Wenn die ganze Zeit über Ingenieur- oder Facharbeitermangel geredet wird und die Leute die Stellenanzeigen lesen, wird das nicht ohne Folgen für die Beliebtheit technischer Berufe bleiben.
BZ : Sie reden viel von einer fächerübergreifenden Ausbildung. Was ist Ihnen denn jetzt lieber: eine möglichst frühe Spezialisierung oder ein möglichst breites Basiswissen?
Weiß: Es gibt in der Tat Bestrebungen, die Zahl der Ausbildungsberufe zu reduzieren. Nach diesen Plänen könnten Auszubildende verwandter Berufe das erste Jahr gemeinsam unterrichtet werden und sich dann über Ausbildungsmodule spezialisieren und weiterbilden. Weniger qualifizierte Auszubildende sollten auf diese Weise die Chance bekommen, bereits nach zwei Jahren einen Abschluss zu erhalten. In einigen Berufen ist jedoch eine weitere Spezialisierung unbedingt notwendig. In anderen Ländern ist dies schon die Regel. Der Vorteil eines solchen Systems: Auch schwächere Schüler, die bisher scheiterten, hätten die Chance, einen Abschluss zu erhalten. Wenn bei uns jemand nach drei Jahren den Abschluss nicht schafft, hat er gar nichts.
Läufer: Kein Schüler kommt heute in der baden-württembergischen Abiturprüfung an Mathematik, Deutsch und einer Fremdsprache vorbei. Das ist auch gut so, denn das Ziel des Gymnasiums ist eine vertiefte Allgemeinbildung. Ebenso wichtig erscheint mir die Vermittlung von Methodenkompetenzen. Man muss wissen, mit welchen Methoden man schnell neue Kenntnisse erwerben kann. Außerdem sollten die Schüler lernen, wie sie zusammen ein Ziel erreichen. Deshalb legen wir so viel Wert auf Gruppenarbeit.
Weiß: Entscheidend ist, dass Sie die Schüler dazu befähigen, jeden Weg gehen zu können. Und den Schwächeren die Chance geben, einen qualifizierten Abschluss zu erreichen. In der Schweiz gibt es beispielsweise viele zweijährige berufliche Ausbildungsgänge, die geringere Anforderungen stellen.
Fichter: Auch wenn sie Werkzeugmacher oder Industriemechaniker gelernt haben, sagt das noch lange nicht, dass sie spezialisiert sind. Die wirkliche Spezialisierung erfolgt nach der Lehre und hängt ganz entscheidend von ihrem persönlichen Interesse ab.

BZ: Etliche Jugendliche haben keine Chance, nach ihrem Schulabschluss eine Lehrstelle zu bekommen, darunter vor allem Hauptschüler. Stellen Sie denn Hauptschüler überhaupt noch ein?
Thieme: Wir stellen Hauptschüler für bestimmte Ausbildungsberufe wie den Verfahrensmechaniker im Kunststoffbereich ein. Teilweise haben die jungen Leute Defizite, die wir dann versuchen auszugleichen. Wir haben bei uns einen Ausbildungsverantwortlichen abgestellt, der die jungen Leute betreut. Das ist es uns auch wert.
Weiß: Ich möchte hier gerne eine Lanze für die Hauptschule brechen. Den schlechten Ruf der Hauptschule hat die Gesellschaft zu verantworten. Die große Mehrheit der Hauptschüler bringt nämlich die duale Ausbildung erfolgreich hinter sich, wie meine Erfahrungen zeigen. Im praktischen Lehrberuf können nämlich viele Hauptschüler erstmals zeigen, wo ihre Stärken wirklich liegen. Aus den erfolgreichen Azubis können auch erfolgreiche Unternehmer gerade in den Handwerksberufen werden. Das Problem sind oft die Eltern: Ihre Erwartungen liegen häufig über den Möglichkeiten ihrer Kinder. Der Misserfolg ist dann sicher. Wir hätten deutlich weniger Schulabbrecher, wenn die Jugendlichen die Schulart besuchen würden, die ihren Fähigkeiten entspricht.
BZ: Etliche Betriebe bilden nicht oder nicht mehr aus. Rechnet sich die eigene Lehrwerkstatt nicht?
Fichter: Ich habe bei der Freiburger Rhodia gelernt. Die Ausbildung war angesichts der Rundumbetreuung hervorragend. So etwas ist heute kaum noch vorstellbar. Investitionen in die Ausbildung müssen sich heute rechnen. Deshalb wählt man auch nur die Leute aus, bei denen man sicher sein kann, dass sie am Ende dem eigenen Betrieb als qualifizierte Facharbeiter zur Verfügung stehen. Ich kenne keinen, der für andere wissentlich ausbildet.
Wanner: Fachkräfte auf dem Markt zu suchen, kostet auch Geld. Man muss für Anzeigen bezahlen, die Bewerbungen bearbeiten, die Leute auswählen und sie dann schulen. Klappt es am Ende nicht, sind die ganzen Kosten der Probezeit zu berücksichtigen. Bei Sensopart arbeiten die Auszubildenden zeitweise auch produktiv mit. Man kann das Risiko von Fehlentscheidungen reduzieren. Wir laden die jungen Leute zu einem Test oder zu einem Praktikum ein. So kann man sich ein wesentlich besseres Bild verschaffen. Schulnoten sagen nicht alles. Ich denke, als Unternehmer hat man auch eine Verantwortung gegenüber der Gemeinde. Gibt es da Ausbildungswünsche, versuchen wir auch zu helfen. Aber wir können natürlich nicht jeden Jugendlichen versorgen.

BZ: Die Anforderungen in den Lehrberufen steigen, allein schon wegen des technischen Fortschritts. Manche Jugendliche sind diesen gestiegenen Anforderungen nicht gewachsen. Was soll mit ihnen geschehen?
Weiß: Ich gebe die jungen Leute nicht so schnell verloren. Wir müssen die Zahl derer, die keinen Abschluss schaffen, so gering wie möglich halten. Deshalb brauchen wir mehr Unterstützung gerade für die schwachen Schüler. Sie finden sie sonst nirgendwo. Eine alleinerziehende Mutter, die 1200 Euro pro Monat verdient, hat nicht die Mittel und nicht die Zeit, um sich noch ausgiebig um die Ausbildung ihres Kindes kümmern zu können. Das sind gesellschaftliche Veränderungen, vor denen wir nicht die Augen verschließen sollten. Wir brauchen mehr Sozialarbeit in den Schulen.
Wissler: Die Zahl derer, die die Kurve nicht kriegen, wächst. Da können wir nichts dafür. Es gibt Kinder, die können was, aber dann geht das Elternhaus kaputt und am Ende stehen die Kinder orientierungslos da. Wir versuchen, sie aufzufangen, aber das gelingt nicht immer.
Thieme: Wir haben im Kreis Emmendingen nahezu Vollbeschäftigung. Der demographische Wandel sorgt dafür, dass weniger junge Leute eine Ausbildung suchen werden. Die Folge: Der Wettbewerb auf dem Ausbildungsmarkt wird härter. Wir können uns nicht darauf verlassen, nur die Besten zu kriegen. Also müssen wir uns überlegen, wie wir Schwächere einbinden. Wir werden nicht daran vorbeikommen, in den Betrieben mehr für die Förderung der Jugendlichen zu tun.

Unternehmer und Lehrer als Gesprächspartner:
Theodor Wanner ist Gründer und Chef des Sensorherstellers Sensopart mit Werken in Gottenheim und Wieden. Sensopart beschäftigt 110 Leute.
Otmar Fichter steht an der Spitze der von ihm gegründeten Fichter Sondermaschinen GmbH in Eichstetten. Für Fichter arbeiten 35 Leute.
Frank Thieme ist Chef des Druckmaschinenbauers Thieme in Teningen. Außerdem fertigt das Unternehmen Kunststoffprodukte. Bei Thieme sind 430 Leute beschäftigt.
Bernhard Läufer leitet seit sechs Jahren das Erasmus-Gymnasium in Denzlingen. Die Schule besuchen 680 Schüler.
Hermann Weiß ist seit fünf Jahren Leiter der Gewerblichen/Hauswirtschaftlichen Schulen in Emmendingen. Er trägt die Verantwortung für rund 1800 Schüler.
Gerhard Wissler ist stellvertretender Schulleiter an der Wilhelm-August-Lay Schule in Bötzingen am Kaiserstuhl, einem Verbund aus Grund-, Haupt- und Realschule. Diese Schule zählt mehr als 700 Schüler.

Badische Zeitung Freiburg
Heinz Siebold und Bernd Kramer , 4.8.2007, www.badische-zeitung.de

 


 


Erziehungs-Perspektiven: Tagung Wissenschaft und Spiritualität

Bessere Schüler für eine humanere Welt: Das ist ein Ziel der Tagung "Wissenschaft und Spiritualität — Neue Perspektiven für die Erziehung" , die vom 26. bis 29. Juli an der Universität Freiburg stattfindet. Der Kongress geht auf eine Initiative des Dalai Lama zurück, der dort auch einen Vortrag halten wird.

Im Mittelpunkt steht der Wunsch, Schülern mehr als nur Fakten zu vermitteln: Sie reichten als Orientierung für eine verantwortungsvolle Lebensgestaltung nicht aus. Denn Bildung bedeute mehr als Wissen, betont Wolfgang Roth, pensionierter Psychologieprofessor, der früher an der Pädagogischen Hochschule Freiburg gelehrt hat: "Dabei geht es um die persönliche Entwicklung, soziale Kompetenzen und Sachkompetenzen." Sinnfragen, die Selbstdefinition, Werte wie Respekt und Bescheidenheit spielten wichtige Rollen. Roth ist der Hauptorganisator des Kongresses, den das Zentrum für Weiterbildung der Universität Freiburg und das Tibet-Kailash-Haus zusammen im Kollegiengebäude II der Universität veranstalten. "Auch Lehrer müssen ihren Schülern diese Werte geben und sie auf Sinnfragen hinleiten" , sagt Roth. Derzeit orientiere sich die Schule zu stark an der Leistung. Druck und die Furcht zu versagen, helfen aber beim Lernen nicht. "Alles, was mit Angst verbunden gelernt wird, kann nicht kreativ eingesetzt werden" , sagt Roth und verweist auf Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften. Über die neurobiologischen Grundlagen des Lernens, der Persönlichkeit und der Spiritualität werden mehrere Referenten auf dem Kongress berichten. Auch die Spannungsfelder "Spiritualität und Wissenschaft" sowie "Glaube und Vernunft" kommen zur Sprache. Der Dalai Lama wird in seinem Vortrag auf "Wiedergeburt und Erziehung" eingehen. "Wenn jemand an Wiedergeburt glaubt, geht er viel respektvoller mit anderen Menschen um" , erklärt Roth. Der Kongress widmet sich auch der Schulpraxis. Die Workshops behandeln etwa Aufmerksamkeit im Unterricht oder den Umgang mit Scham. Roth: "Das Grundverständnis des Bildungssystems muss sich verändern: Nur ein besseres Abschneiden bei Pisa darf nicht das Ziel sein."
25.7.2007, www.erziehungs-perspektiven.de



 

Jahrelanges Englischpauken ist Zeitverschwendung 

In dem Beitrag finde ich den Halbsatz "denn fürs Englischlernen ist es egal, ob man damit zusammen mit dem Französischen anfängt oder ein halbes Jahr später". Diese Aussage ist, um im Stil von Arnegger zu bleiben, ausgesprochener Quatsch, wie ich aus eigener Erfahrung weiß: Englisch ist eine Mischung aus Germanisch und Romanisch. Wenn man diese beiden Sprachen beherrscht, ist es bis zum Englischen nicht weit. Ich spreche aus eigener Erfahrung: Latein in der Sexta, Französisch in der Quarta, Griechisch in der Untertertia.

Als ich 1948 aus Frankreich zurückkam, war mir bewusst, dass Englisch ein "must" ist. Also besuchte ich eine Sprachschule in London, die ich nach sechs Monaten mit dem "Certificate of proficiency in English" der University of Cambridge verließ. Jahrelanges Englischpauken ist jedenfalls aus meiner Sicht reine Zeitverschwendung.

BZ-Leserbrief vom 8.6.2007 von Georg Wetzel, Waldkirch-Kollnau

 

 

Die Regelschule: Internat Birklehof in Hinterzarten

Wer im Internat lebt, kann sich nicht verkrümeln und muss lernen sich zu arrangieren. Das Beispiel Birklehof

Hier ist das Ende der Welt. Das sagen die Schüler, wenn es ganz schlimm wird. Wenn der Unterricht nervt und der Mitbewohner im engen Zimmer. Wenn der Dauerregen aufs Gemüt drückt, Himmelreich und Höllental im im Nebel versinken. Wenn alles grau und klamm, klamm und grau ist. Wenn die einzige Abwechslung ein Spaziergang ins Dorf ist. Oder an der Tankstelle eine Tüte Chips kaufen. An solchen Tagen ist es furchtbar, ein Birklehof-Schüler zu sein. In der graugrünen Hölle.

Aber es gibt genug sonnige Tage. Dann ist Hinterzarten ein Paradies, und Besucher verstehen, warum sich der Reformpädagoge Kurt Hahn für den Schwarzwaldhof entschied, als er 1931 einen gesunden Ort — die Kinderlähmung ging um — für die zartesten Schülerinnen und Schüler der Internatsschule Schloss Salem suchte. Raus aus der Stadt, weg mit dem Luxus, Autonomie statt Anpassung. Das war das Konzept der Reformpädagogen. 155 Schüler leben heute im Internat Birklehof, von der fünften bis zur dreizehnten Klasse. Ein klein wenig mehr Jungen als Mädchen. Dazu 58 Externe aus der Region.
Robert, 16, aus der zehnten Klasse führt übers Gelände. Ein netter Typ mit besten Manieren. Maschinenbauingenieur will er werden. Wie sein Vater. Robert zeigt den großen Speisesaal, die Sporthalle mit der Kletterwand, die neuen Unterrichtsgebäude, das Musikhaus, die gemütliche Bibliothek, die Zimmer: Stockbetten, zwei Schreibtische, zwei Schränke, zwei Regale. Das war’s. Kein Fernseher, kein Sofa. Wären nicht die Poster von Rappern und leicht bekleideten Mädchen an der Wand, es sähe aus wie in einer Jugendherberge. Gemeinschaftsduschen, die Klos sind auf dem Gang. Luxus sieht anders aus. Die Zimmer müssen selbst geputzt, die Wäsche muss selbst gewaschen werden. Küchen- und Tischdienst gehören dazu. Zweierzimmer sind (aus pädagogischen Gründen) die Regel, nur den Abiturienten stehen Einzelzimmer zu. Auf der Waldorfschule langweilte Robert sich schnell, staatliche Gymnasien wollten ihn wegen seiner Französischlücken nicht aufnehmen. Blieb nur das Internat. Aber welches? Salem war ihm zu groß und zu abgehoben, St. Blasien zu düster, Schorndorf am Ammersee zu abgelegen. Robert entschied sich für den Birklehof: "Überschaubar, familiär, ein gutes Angebot an Aktivitäten." Er spielt Fußball und Golf, wurde in die Delegiertenversammlung gewählt und führt als Mitglied des Aufnahmeteams Interessierte durchs Haus. 2400 Euro kostet ein Platz im Birklehof im Monat. Roberts Eltern können es sich leisten. Ist der Birklehof ein Treffpunkt für Rich-Kids und Bonzenkinder? Robert widerspricht: "Es gibt genug Eltern, die fürs Schulgeld den letzten Cent hergeben." Das Vermögen der Eltern sei hier kein Thema. Klar, es gibt eine Boss-Lacoste-Dolce-Gabbana-Ralph-Lauren-Clique. Es gibt aber auch viele andere. 20 Prozent der Schulplätze werden an Stipendiaten vergeben. Dabei geht es nicht allein nach Noten, sondern auch um soziale Kompetenz und Talente. Ein klein wenig — und wenn es nur das Kindergeld ist— steuern die Eltern immer zum Schulgeld bei. Damit das Stipendium nicht zum Kennzeichen von armen Teufeln wird. Der Korpsgeist werde überschätzt, sagt einer der gut 3000 Altschüler über das Netzwerk. "Ich gebe Tipps und Ratschläge. Aber ich stelle doch niemanden ein, nur weil er die gleiche Schule besucht hat." Der Birklehof trommelt ohnehin nicht mit seinen prominenten Absolventen. "Die Stimmung steht und fällt mit der richtigen Mischung der Schüler" , sagt Christof Laumont, Schulleiter und promovierter Literaturwissenschaftler. Laumont, Jahrgang 1963, lächelt viel, hat einen ganz sanften Schwarzwälder Dialekt und kennt jedem Schüler. Er mag seine Sprösslinge, das ist zu spüren. Und er ist überzeugt, dass Heranwachsende Regeln, Rituale und Reviere brauchen. Schon die festen Essenszeiten sind für manchen ungewohnt. Daheim gehen sie an den Kühlschrank, wann und wie oft sie wollen.

Ich. Sofort. Alles. Glaubt man den Klagen der Pädagogen, sind dies die Kennzeichen der Generation 2007. Doch wer im Internat lebt, muss sich an feste Regeln halten. Wer im Internat lebt, kann sich nicht Nachmittage lang vor den Fernseher oder Computer zurückziehen. Wer im Internat lebt, der lernt, mit Gleichaltrigen auszukommen, zu streiten, sich durchzusetzen. Das bildet — auch den Charakter.
Später bekennt Laumont, dass das Niveau schon ein bisschen höher sein könnte. Es wurmt ihn, wenn Kollegen von Staatsschulen berichten, ihre Schüler könnten mehr. Trotz großer Klassen, trotz Halbtagsschule. Sicher, auf dem Birklehof gibt es die unglaublich hungrigen jungen Menschen, die ständig Futter brauchen. Die eine Arbeitsgemeinschaft nach der anderen besuchen. Doch in den Klassenzimmern herrscht auch Konsummentalität: Lehrer, mach was. Pardon: Bitte, mach was. Denn hier herrscht ein ausgesprochen freundlicher Ton. Die Atmosphäre ist recht gelassen. Die abendliche Arbeitszeit — schweigendes Lernen am Schreibtisch — wurde gerade auf eine Stunde gekürzt.

"Baut den Schulstress nicht durch Saufen und Kiffen, sondern durch Sport ab" , mahnt Christof Laumont recht unverblümt bei der traditionellen Eröffnung des Sommerterzials. Die Rede des Direktors ist eines der letzten Rituale, die aus den Gründungsjahren übrig geblieben sind. Der Blick aufs Grundsätzliche gilt an diesem Morgen dem Verhältnis von Kontrolle und Vertrauen. Laumont spricht über die Kunst des Geschehenlassens und setzt sich kritisch mit seinem ehemaligen Salemer Kollegen Bernhard Bueb auseinander: "Wir sind keine Disziplinierungsschule. Deshalb gibt es weder Überwachungskameras noch Gitter an den Fenstern." Die Regeln sind klar: Handy und eigener Laptop sind erst in der Mittelstufe erlaubt, Rauchen bis dahin streng verboten. Sind die Schüler morgens zu wackelig auf den Beinen, müssen sie schon mal zum Alkoholpusten oder Drogentest antreten. Vergehen werden, je nach Anlass, mit früherem Zubettgehen, Müllsammeln oder Ausgangssperren bestraft. Christof Laumont gibt seinen Jugendlichen eine zweite Chance. Wer die nicht nutzt, muss mit Konsequenzen rechnen. Zwei Schüler durften nach den Osterferien nicht wieder anreisen. Sie hatten zu sehr über die Stränge geschlagen. Der Rausschmiss von gleich fünf Mittelstufenschülern Ende des vergangenen Schuljahres hatte im Internat für viel Gesprächsstoff gesorgt. Die Jungs hatten im Supermarkt geklaut.
Wer geht ins Internat? Manchmal sind die Jugendlichen auf anderen Schulen gescheitert, wenn sie nach Hinterzarten kommen, haben berufstätige Eltern, komplizierte Familien, suchen einen neuen Platz im Leben. Manchmal kommt die Erziehungshilfe fürs Schulgeld auf. Es gibt auch Eltern, die ihren Kindern einfach eine tolle Zeit unter Gleichaltrigen gönnen. 40 bis 50 neue Schüler nimmt die Schule jedes Jahr auf. Dreimal so viele Aufnahmegespräche führen der Schulleiter und die Schulpsychologin. Abgleich von Erwartungen nennt dies Laumont. In zwei von drei Fällen entscheiden sich die Eltern anders, in einem sagt die Schule nein. Wie die meisten Internate verzeichnet der Birklehof den größten Andrang in den Pubertätsjahren, wenn es in den Familien kracht und kriselt. Auch in der zehnten Klasse, wenn es darum geht, bei grottenschlechten Zeugnissen die schulische Feuerwehr zu spielen, schwillt der Zustrom an. Doch ein Internat ist keine Insel. "Was bisher passiert ist, passiert wieder" , dämpft Laumont in solchen Fällen die Heilserwartungen von Eltern. "Jedenfalls einmal." Die Probleme werden mitgebracht. Aber keiner soll verloren gehen. Oder, wie eine kecke Zehntklässlerin der Besucherin erklärt: "Ich weiß nicht warum, aber hier erwischen sie dich immer."  Das war in den Anfangsjahren nicht anders, erinnert sich Gerbert Hübner, der von 1947 bis 1955 den Birklehof besuchte. "Für Vergehen aller Art bekam man einen dicken oder dünnen Strich aufgebrummt, den man sich selber eintragen musste (Ehrlichkeit). Die besten Striche aber waren die, die man sich für seine Fehler selbst gab (Wahrhaftigkeit!). Das System brach schließlich zusammen, weil die Sündenwährung nicht mehr durch Arbeiten zu decken war. Mein Zimmer erforschte sich mal selbst, mit dem Ergebnis, dass jeder von uns vier sich dreißig dicke Striche machen musste. Für die Schule bedeutete das, dass sie in einer Zeit ohnehin epidemischer Wahrhaftigkeit allein für uns sechzig Stunden Strafarbeit bereitzustellen hatte."
Barbara, 13 und Einzelkind, hat auf dem Birklehof ihre besten Freundinnen gefunden. Seit drei Jahren lebt der blonde Wirbelwind im Internat. Damals war sie eine der Jüngsten. Ihre Eltern, ein Schweizer Professorenpaar, sind mit dem Schulsystem in ihrem Heimatkanton unzufrieden. "Die eigentliche Gymnasialzeit wird in der Schweiz immer kürzer." Über drei Ecken erfuhren sie vom Birklehof. Sie wurden neugierig, reisten nach Hinterzarten — und waren sofort Feuer und Flamme. Barbaras straffer Tagesplan lässt wenig Raum für Langeweile. Ihr ganz normaler Montag sieht so aus: Wecken um 6.50 Uhr, 7.15 Uhr Frühstück, Unterricht von 7.55 bis 13 Uhr, 13.15 bis 13.45 Uhr gemeinsames Mittagessen, 14.20 bis 16 Uhr Sport, 16.15 bis 17 Uhr Geigenunterricht, 17.50 bis 18.50 Uhr Arbeitsstunde, 19 Uhr Abendessen, danach Hauszeit, das heißt Zimmer aufräumen. Um 20.45 Uhr müssen die Kleinen ins Bett, um 21.30 Uhr wird, nach einigen Kämpfen und Ermahnungen, das Licht ausgemacht. Vorher machen die "Hauserwachsenen" und die Schülermentoren einen Rundgang, um gute Nacht zu sagen. Manchmal ist noch Zeit für ein Bettkantengespräch. Und manchmal entdecken sie ein paar rabenschwarze Füße: "Ab ins Bad und waschen. Aber sofort."

Fernsehen, Gameboy, Computerspiele, Handy — all das gibt es im Unterhaus nicht. Jedenfalls unter der Woche. Dafür steht jeden Nachmittag mindestens eine Arbeitsgemeinschaft auf dem Programm. "Orchester, Geige, Chor, Artistik, Tanzen" , zählt Barbara atemlos ihre Hobbys auf. "Und Lesen!" Probleme bespricht sie mit ihrer besten Freundin Veza. Und wenn das Herzeleid mal ganz schlimm wird, geht sie zu Ulrike Fröhlich, ihrer Mentorin und Hauserwachsenen. Die hat viel Geduld, kann aber sehr energisch werden, wenn das Chaos zu groß wird, wenn im Zimmer zwischen Mädchenschwarm Johnny Depp und Diddl-Mäusen nichts mehr zu finden ist. Ulrike Fröhlich lebt mit ihrer pechschwarzen Labradorhündin Wilma ebenfalls im Unterhaus und unterrichtet Mathematik und Religion. Leben und Lernen sind auf dem Birklehof eine Einheit. Wer Jugendlichen Gleichungen mit zwei Unbekannten vermittelt, sollte auch Trost bei Liebeskummer geben können. Erst wenn man sich ganz auf die Schüler einlässt, merkt man, welche Möglichkeiten in ihnen stecken — das ist ein Grundsatz der Birklehofpädagogik. Und wie geht es wieder hinaus? Effi Briest (ungelesen) auf der einen, die Packung Zigaretten (fast leer) auf der anderen Seite, jammern die Dreizehner über die strengen Regeln: "Wir sind 20 und müssen um 22 Uhr im Haus sein. Am Wochenende ist um 24 Uhr Schluss. Alkohol auf dem Zimmer ist nicht erlaubt. Und die Freundin darf auch nicht über Nacht bleiben." Was nützt das schönste Auto zum Achtzehnten, wenn man es nicht mitbringen darf? Die einzige Disco in Neustadt hat gerade zugemacht, der letzte Zug nach Hinterzarten verlässt Freiburg um 23.17 Uhr. "Da hat die Party noch gar nicht richtig begonnen." Trampen ist verboten. Bleiben die legendären Feste am Moorweiher. Das Aussteigen, das heimliche Verlassen des Internats, ist so alt wie das Internatsleben. Das Erwischtwerden auch. Ein Spiel mit ungeschriebenen Regeln. "Wer aussteigt, benimmt sich anständig und räumt den Dreck weg" , sagt der freundliche Schulvorsteher kurz und knapp. "Und wer ertappt wird, steht dazu." Mit der Wahrhaftigkeit hapert es gewaltig. Doch mehr Sorgen macht dem Leiter Laumont der Umgang mit Gewalt und Sexualität auf dem Computer. Die Regeln sind klar. Verstöße gibt es immer wieder. "Trotz aller Filter und Regeln: Die Jugendlichen sind uns immer zwei Schritte voraus." Vielleicht sind PC und Computer das Baumhaus des 21. Jahrhunderts, wo das wirkliche Leben stattfindet. Die vom pädagogischen Vordenker Georg Picht empfohlene "Kunst des Geschehenlassens" fällt in diesen Fällen schwer.

Kontrolle? Vertrauen? Die Schülermitverwaltung soll beides verbinden. Unter-, Mittel- und Oberstufe, die Externen und die Häuser schicken ihre Vertreter in die einmal in der Woche tagende Delegiertenversammlung. Aus ihren Reihen wählen sie acht Repräsentanten, die — mit Ausnahme der Notenkonferenz — an allen Sitzungen teilnehmen. Selbst im Lehrerzimmer gibt es feste Plätze für die Schüler. "Wenn sich Lehrer und Hauserwachsene uneins sind, kommt es auf unsere Stimmen an" , sagt Robert. Im Musikhaus haben sie den gemeinsamen Ton gefunden. Die Bettleroper von John Gay wird geprobt. Erst die Bläser, dann der Chor, am Wochenende alles zusammen. Fast die Hälfte der Schüler ist musisch aktiv. Die Fünf- und Sechstklässler müssen ein Blasinstrument spielen und viermal die Woche eine halbe Stunde üben. Es kommt nicht auf die musikalische Begabung an, im Mittelpunkt steht das Interesse und die Freude an der Musik. Vielleicht wird die Musik noch stärker gepflegt. Denn der Konkurrenzkampf wird härter: Die Zahl der Jugendlichen sinkt, englische Privatschulen werben um deutsche Schüler, Aktiengesellschaften gründen Internate. Der Doppeljahrgang 2012 wird eine richtige finanzielle Herausforderung. Da sind klare Profile gefragt.

Badische Zeitung Freiburg
Petra Kistler, 28.4.2007, www.badische-zeitung.de

 

 

 

Kein Grundschule-Sprachzank: Unterricht in Englisch UND in Französisch

Alois Hodde begeistert die Grundschulkinder Feldberg für die französische Sprache / Eltern zahlen aus eigener Tasche für die Bildung ihrer Kinder Während sich entlang der Rheinschiene vielfach Elternbeiräte streiten um die Sprachenwahl ihrer Kinder in der Grundschulzeit, denken einige Feldberger Eltern nicht in entweder-oder-Kategorien. Statt Englisch oder Französisch haben sie für ihre Kinder entschieden: Englisch und Französisch.

Dies ist jedoch kein einseitiger Entschluss gewesen. Wie sonst sind Äußerungen wie "Wir wollen im Urlaub nach Korsika fahren, und da will ich auch mitsprechen können" (Anni). "Wir zelten immer in Südfrankreich, ich will die Leute endlich verstehen" (Aaron) oder "In meiner Familie kann zwar keiner Französisch, aber mir macht es Spaß, Fremdsprachen zu lernen" (Nicole) zu verstehen. Benjamin, Carina und Anna Katharina sind von zu Hause aus zweisprachig geprägt, Vanessa und Christina denken an weiterführende Schulen und das nahe Nachbarland. Wohl keines der zwölf Kinder hat dies bereut. Ist es in diesem Schuljahr doch bereits der zweite Block mit jeweils zehn Einheiten. Die Rektorin Anni Oßwald hat den Wunsch nach der zweiten Fremdsprache aufgenommen und im Stundenplan berücksichtigt: Jeweils mittwochs von 12 bis 12.45 Uhr gibt es in der gesamten Schule keinen Pflichtunterricht, damit alle Französischfans noch rechtzeitig den Schulbus erreichen können — und somit den Kindern ein zusätzlicher Fahrweg am Nachmittag erspart bleibt. Doch das Kultusministerium sieht eine zweite Fremdsprache bereits in den ersten vier Jahren nicht vor. Also sponsern die Eltern die Frühförderung ihrer Kinder aus eigener Tasche — Bildung ist ihnen bares Geld wert. Im Zusammenarbeit mit der Volkshochschule haben sie in Alois Hodde einen kompetenten und engagierten Partner gefunden.
Nicht nur die fröhlichen Gesichter der Kinder zeugen davon, wenn sie aus ihren Klassenstufen zwei bis vier zur sechsten Stunde in den Unterrichtsraum stürmen. "Bon jour" schwirrt es durch den Raum, hier und da noch ein rascher Biss ins Pausenbrot — nach dem Sportunterricht gut verständlich — und schon geht es los: Zwei Kinder verteilen rasch jeweils drei Kopien, die anderen holen ihre Schreibutensilien hervor, beginnen auszumalen, während der pensionierte Kaufmann und dreisprachige Fremdsprachenkorrespondent sich stets jeweils ein oder zwei Kindern direkt zuwendet: "Je m’apelle...(Ich heiße)" und Philipp und Florian reagieren spontan: "Tu t’apelle...(Du heißt)" ; blitzschnell geht es weiter: "Aujourdhui, c’est mercredi (Heute ist Mitwoch)" und Inka und Annika ergänzen prompt die anderen Wochentage: "Vendredi, ..." . Während dieser Wiederholungphase purzeln die französischen Worte munter neben- und durcheinander. Unmerklich fließt die Imperfait-Form ein mit der neuen Geschichte, die beginnt wie alle Märchen: "Il était une fois un rat, qui s’appelait Raton
(es war einmal eine Ratte, die hieß Raton)". Erstaunlich, wie mühelos die Kinder dank der spielerischen und bewegten Art Hoddes sich Gehör und Gespür für die neue Sprache zu eigen machen. "Man kann sich keine größere Sprachbarriere vorstellen als die zwischen Deutsch und Französisch. Deshalb geht nichts über die persönliche Ansprache" , ist sich Hodde sicher. Ganz nebenbei: Er lehrt auch Konversation, in dem er mit erwachsenen Sprachschülern spazieren geht und dabei französisch parliert — eine ungewohnte, doch erfolgreiche Methode, denn mit Bewegung und frischer Luft arbeitet das Hirn bekanntlich besser." Ein abgeschlossenes Pädagogikstudium ersetzt noch lange keine jahrzehntelange Praxis", diese Überzeugung Hoddes hat die Feuerprobe in seinem Alltag bestanden. Der Kontakt zu Menschen jeden Alters — in Rickenbach unterrichtet er beispielsweise an der Reha-Klinik Hotzenplotz drei Tage pro Woche Deutsch und Englisch, abends in der VHS Neustadt Erwachsene in Englisch, Touristen gibt er Auskunft, auch wenn deren Muttersprache Spanisch ist, und unterstützt damit auch indirekt den Tourismus. Seit April 2006 wohnt der gebürtige Westfale in der Gemeinde Schluchsee, fühlt sich wohl, nicht zuletzt seiner Kontaktfreude wegen. Ohne Beschäftigung wäre sein Pensionärs-Leben nach eigenem Bekunden "stinklangweilig" . Die Kinder spüren genau seine Freude an Sprachen und Menschen, so wie Morena ihre Motivation zum Französischlernen zusammenfasst: "Weil wir so einen netten Lehrer haben".

Martina Seiler, 10.2.2007, BZ

 

Ehrenamtliche Lernbegleiter gesucht für Haupt- und berufliche Schulen

Manche Jugend liche wissen zwar theoretisch wie man eine Bewerbung schreibt, wie man sich am Telefon um eine Praktikumsstelle bewirbt, wenn es aber daran geht, die Theorie für sich selbst in die Praxis umzusetzen, scheitern sie. Diesen Jugendlichen sollen ehrenamtliche "Lernbegleiter" helfen. Der Landkreis und die Hebelschule, das Förderzentrum und die Hans-Thoma-Schulen in Neustadt sowie die Sommerbergschule in Lenzkirch suchen Frauen und Männer, die junge Menschen beim Übergang von der Schule in den Beruf unterstützen.

Das vom Kultusministerium initiierte Projekt wird von der Landesstiftung Baden-Württemberg finanziert und ist für den Zeitraum von vier Jahren festgesetzt. Im Rahmen dieses Projektes werden Jugendliche aus achten und neunten Klassen auf einen sicheren Schulabschluss vorbereitet. Das Projekt soll keine Konkurrenz zu bestehenden Angeboten wie der Hausaufgabenbetreuung darstellen, sondern diese ergänzen. Die individuelle Lernbegleitung findet außerhalb der Unterrichtszeiten der Jugendlichen statt. Sie soll, wie die Diplom-Sozialpädagogin Stefanie Issler, die das Projekt von Seiten des Landkreises betreut, erklärt, im Rahmen der Lernbegleitung nicht Schulwissen neu vermitteln, sondern das aufarbeiten, was die Schule bereits vermittelt hat. Übers reine Lernen hinaus sei das Projekt auch ein Stück Lebensbegleitung. Wo die Lernbegleiter ansetzen, werde im Vorfeld in enger Abstimmung mit dem Klassenlehrer und dem Jugendlichen festgelegt. Dabei werde auch ganz individuell entschieden, wo und wie oft diese Begleitung stattfinde, in der Schule, beim Jugendlichen zu Hause oder im Internet-Café am Adlerbuckel in Neustadt. Gesucht werden nun Männer und Frauen, welche die Lernbegleitung einzelner Jugendlicher ehrenamtlich übernehmen wollen. In regelmäßigen Abständen werden für sie Fortbildungen und Schulungen angeboten, bei denen wichtige Themen wie Motivationstechniken und Lernhilfen behandelt werden. Erfahrungen aus ähnlichen Projekten hätten gezeigt, erklärt Hebelschul-Rektor Peter Schwab, der in dieser Woche zusammen mit dem Leiter des Förderzentrums, Manfred Franke, und der Leiterin der HansThoma-Schule, Claudia Stehle, das Projekt vorstellte, dass zahlreiche Erwachsene über vielfältige Kompetenzen verfügen, die den Jugendlichen eine wertvolle Unterstützung auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden und ins Berufsleben sein können. Vor allem leistungsschwächere Jugendliche der achten und neunten Klassen der Haupt- und Förderschulen und der Berufsvorbereitungsklassen (BVJ) müssen beim Lernen und in der Berufsorientierung intensiver unterstützt werden. Darüber hinaus benötigten Jugendliche in der Lebens- und Berufswelt soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit und Kommunikations- und Konfliktfähigkeit. Von den Schulen wird das Projekt begrüßt, die ehrenamtlichen Kräfte könnten jedoch nicht die Arbeit eines Schulsozialarbeiters ersetzen, der vor allem an der Hebelschule und im Förderzentrum vermisst wird. Pro Schule rechnet man derzeit mit drei bis vier Jugendlichen, die diese Begleitung dringend benötigen, dementsprechend werden derzeit acht bis zehn ehrenamtliche Lernbegleiter gesucht. In der Außenstelle des Landratsamtes in Neustadt ist der Fachbereich "Soziale Dienste" federführend für das Projekt.
Individuelle Lernbegleitung für benachteiligte Jugendliche >Arbeit1 (7.11.2006)

Notlösung Ehrenamt: Lernbegleitung
Immer wenn Politiker nicht mehr weiterwissen, appellieren sie an das Gemeinschaftsgefühl der Bürger und fordern ehrenamtliches Engagement ein. Das gilt auch für das neue Projekt Lernbegleitung des Stuttgarter Kultusministeriums. Manche Elternhäuser sind nicht in der Lage, ihr Kind ausreichend beim Lernen zu unterstützen, es auf den Schritt in die Berufswelt vorzubereiten. Die Schulen können diese Elternauf gabe nicht übernehmen, das Land will nicht zahlen, also muss das Ehrenamt ran. Paradox ist dabei die Situation in Neustadt. Der Einsatz einer Sozialpädagogin, die in den Hebelschulen wichtige Schulsozialarbeit geleistet hat, wurde gestrichen, dieselbe Person steuert aber nun den Einsatz von ehrenamtlichen Lernbegleitern. Das Projekt Lernbegleiter an sich ist sinnvoll, es bleibt dennoch nur eine Notlösung, ein Kurieren an den Symptomen. Auf der einen Seite können die Lehrer an bundesdeutschen Hauptschulen nur von Verhältnissen wie in USA, England oder Frankreich träumen, wo der Einsatz mehrerer hauptberuf licher Schulsozialarbeiter und teilweise sogar von Psychologen an größeren Schulen selbstverständlich ist. Auf der anderen Seite gibt es keine Unterstützung für Eltern und deren Kinder, die mit den ständig steigenden Anforderungen der Computergesellschaft nicht Schritt halten können. Statt diese Aufgaben Ehrenamtlichen zuzuschieben, müsste ein Umdenken in unserer Gesellschaft und in der Politik stattfinden, viel mehr in die Kinder und die Unterstützung der Eltern investiert werden. Das Geld dafür ist da: Mehr als 30 Milliarden (30 000 000 000) Euro Steuergelder haben Bund, Länder und Gemeinden nach Darstellung des Steuerzahlerbundes auch in den vergangenen zwölf Monaten verpulvert. Die Verschwendung durch Fehlplanungen und Gedankenlosigkeit entspricht etwa fünf Prozent des Staatshaushalts. Geld mit dem man viele Schulsozialarbeiter und Familienhelfer hauptberuflich beschäftigen könnte.
Thomas Winckelmann, 11.1.2006, www.badische-zeitung.de

 

Lust auf Ausbildung: Initiative zur Berufswahl junger Menschen

Landratsamt initiiert neue Wege der Berufsorientierung im Hochschwarzwald

Die richtige Berufswahl wird für junge Menschen immer anspruchsvoller. Der Fachbereich "Struktur- & Wirtschaftsförderung" des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald startet deshalb die Initiative "Lust auf Ausbildung" im Hochschwarzwald. Gerade der Wirtschaftsraum Hochschwarzwald  muss als attraktiver Ausbildungs- und Arbeitsplatz gefördert werden. Jugendlichen sollen im Rahmen der Berufsorientierung mögliche Perspektiven aufgezeigt werden. Das Landratsamt arbeitet dabei mit der Agentur für Arbeit Freiburg, der Handwerkskammer Freiburg, der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein und dem für die Berufsorientierung federführenden Schulamt des Landratsamtes Emmendingen zusammen.

Im Fokus der Initiative stehen zunächst die Eltern. Diese haben bei der Berufswahl ihrer Kinder einen gewichtigen Einfluss. "Lust auf Ausbildung" unterstützt die Eltern, ihren Kindern den richtigen Weg in die Berufswelt zu weisen. Mit der Veranstaltungsreihe "Eltern - mit Ihnen geht es besser"  wird Eltern deshalb ein direkter Kontakt zur Arbeits- und Wirtschaftswelt ermöglicht. Sie werden zu Betriebsbesichtigungen eingeladen. Unternehmen im Hochschwarzwald aus den vier Bereichen Gastronomie, Holzwirtschaft, Metall und Dienstleistungen öffnen hierfür ihre Betriebe. Bei den
Abendveranstaltungen berichten Betriebsvertreter darüber hinaus über Ausbildungsberufe und berufliche Perspektiven. Fragen werden aus erster Hand beantwortet.

Die erste Veranstaltung mit dem
Titel "Einblick in die Holzwirtschaft"  findet
am 29. Januar 2007 um 19.30 Uhr in der Zimmerei Ganter in Hinterzarten

statt. Gerade im Hochschwarzwald hat die Holzwirtschaft landschaftsbedingt eine lange Tradition. Obwohl die wirtschaftliche Bedeutung in den vergangenen Jahrzehnten verloren hat, liegt die Holzwirtschaft bei Umsatz und Beschäftigungszahlen heute noch an fünfter Stelle der verschiedenen Wirtschaftsbereiche. Interessierte Eltern können sich entweder über die Schule ihres Kindes oder direkt beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald in Freiburg, Fachbereich "Struktur- & Wirtschaftsförderung", Telefon 0761/2187-5316 (Frau Herlt), anmelden. Anmeldeschluss ist Freitag, der 19. Januar 2007.

Die Veranstaltungsreihe wird am 29. März 2007 mit der "Vorstellung von  Hotel- und Gaststättenberufen" fortgesetzt. Am 21. Mai 2007 folgt "Metallberufe in der Praxis". Letzte Veranstaltung von "Eltern - mit ihnen geht es besser" im Hochschwarzwald wird "Einblick in Berufe des
Einzelhandels und Lebensmittelhandwerks" am 10. Juli 2007 sein.


Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, 8.1.2006

 

Alois Beck zum Porgramm der Landvolkshochschule St. Ulrich

Die Landvolkshochschule (LVHS) St. Ulrich hat ihr neues Programm aufgelegt. Ein Schwerpunkt im Themenbereich Lebenshilfe sind Seminare für Paare, ein weiterer berufliche Weiterbildungsangebote für Landwirte. In diesen Bereichen wächst die Einrichtung am stärksten. Warum, erläutert LVHS-Leiter Alois Beck im Gespräch mit BZ-Mitarbeiterin Silvia Faller. Der 62-jährige Germanist und Sozialwissenschaftler leitet die Bildungseinrichtung unter dem Dach der Erzdiözese Freiburg seit 20 Jahren.

BZ: Herr Beck, wer besucht ein Paar-Seminar?
Beck: Es sind Frauen und Männer, die Bilanz ziehen und herausfinden wollen, wo sie heute stehen. Sie fragen sich, welche Ziele sie erreicht haben und was aus ihrem ursprünglichen Lebensentwurf geworden ist. Für viele Paare ist es innerhalb ihrer Kinderphase das erste Mal, dass sie allein zwei Tage miteinander verbringen. Sie denken darüber nach, was sie einst zusammengeführt hatte, was sie aneinander geschätzt haben und was ihr Herz auch heute noch berührt.

BZ: Ihre Einrichtung arbeitet aber nicht therapeutisch, oder?
Beck: Nein. Es geht darum, dass die Teilnehmer ihre Beziehungen stärken, sich möglicherweise neue Ziele setzen und lernen, auch im Alltag Freiräume füreinander zu schaffen. Das Seminar "Zeit für Zärtlichkeit" ist übrigens der absolute Renner.

BZ: Der Blick ins Programm zeigt, dass diese Seminare viele Seiten einnehmen.
Beck: Das ist richtig. Gegenüber dem vergangenen Jahr haben wir ihre Zahl fast verdoppelt.

BZ: Wie kommt das?
Beck: Zum einen liegt es an der Nachfrage. Die Interessenten kommen aus der ganzen Bundesrepublik. Offenbar gibt es nur wenige Anbieter solcher Kurse. Dann steckt der Wunsch ehemaliger Teilnehmer unserer seit Jahrzehnten tradierten Brautleutewochen dahinter. Sie wollen sich wieder sehen und ihre Erfahrungen austauschen. Der dritte Grund ist, dass wir neu mit dem Familienreferat im Erzbischöflichen Seelsorgeamt zusammenarbeiten.

BZ: Sie kooperieren doch auch mit dem Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband?
Beck: Ja, genau genommen mit dem Bildungswerk des Verbandes. Schon seit vielen Jahren bieten wir gemeinsam Seminare zu Themen wie Hofübergabe oder Betriebsaufgabe sowie Kurse in Unternehmensführung und Arbeitspädagogik für Meisteranwärter an. Seit der BLHV seine Ländliche Heimvolkshochschule in Waldshut-Tiengen geschlossen hat, kommt jeder Landwirt oder Winzer aus Südbaden, der die Fachschule besucht oder die Meisterprüfung anvisiert, zu Kursen nach St. Ulrich. Ein wachsender Schwerpunkt unserer Zusammenarbeit mit dem Verband sind Fachtagungen.

BZ: Was ist in diesem Jahr geboten?
Beck: Zu unserem traditionellen agrarpolitischen Stammtisch kommt Ende Oktober Minister Peter Hauk. Nach einer ersten Tagung im vergangenen Jahr zum Thema Rapsöl befassen sich weitere Veranstaltungen mit der Erzeugung und dem Einsatz regenerativer Energien. Dazu holen wir ausgewiesene Fachleute, die den aktuellen Stand der Technik und betriebliche Erfordernisse erläutern. Als Bildungseinrichtung im Ländlichen Raum wollen wir dazu beitragen, dass Landwirte an diesen Einkommenschancen teilhaben. Eine andere Tagung widmet sich den Perspektiven der Grünlandbewirtschaftung. Wir bschäftigen uns mit diesem Thema vor dem Hintergrund, dass die Produktion von Milch und Fleisch in den bestehenden Vermarktungsstrukturen kaum mehr rentabel ist.

BZ: Andere Bildungshäuser beklagen rückläufige Teilnehmerzahlen. Wie ist das in St. Ulrich?
Beck: Wir wachsen langsam, aber stetig. Derzeit durchlaufen rund 5000 Teilnehmer an die 250 Veranstaltungen im Jahr. Wir bauen sogar an, weil wir einen neuen Hörsaal brauchen.

BZ: Wie gelingt Ihnen das?
Beck: Wir versuchen, ganz nah an den Bedürfnissen unserer Besucher dran zu sein. Unser neues Angebot "Mit Oma und Opa nach St. Ulrich" beispielsweise ist auf Anhieb voll. Ohne es groß zu bewerben, haben sich 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet. Sehr wichtig sind in meinen Augen auch Kooperationen. Seit diesem Jahr arbeiten wir auch mit der Katholischen Arbeitnehmerbewegung zusammen. Gemeinsam Konzepte für Seminare zu entwickeln und das Angebot bekannt zu machen, ist weitaus einfacher, als wenn jeder Träger für sich versucht, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

20.9.2006, www.badische-zeitung.de


 

 

 

 

Freiburg-Seminar fördert seit 16 Jahren befähigte SchülerInnen

Ja, was denn nun? Ist jetzt jetzt oder schon morgen oder noch gestern? Und was haben mit all den Irrungen und Wirrungen Albert Einstein und Anna Seghers zu tun? Normalsterbliche werden von Schwindel erfasst, wenn sie den Ausführungen von Benjamin Dick über "die Entwicklung des Wirklichkeitsbegriffs" zu folgen versuchen und begreifen allenfalls, dass mit ihrem herkömmlichen Zeitverständnis irgendetwas nicht in Ordnung scheint.

Eine Kostprobe dessen, womit sie sich im ablaufenden Schuljahr beschäftigt haben, gaben am Donnerstag bei der Abschlussveranstaltung in der Richard-Fehrenbach-Gewerbeschule die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Freiburg-Seminar. Eine Einrichtung, die seit 16 Jahren still und leise und ganz ohne Pisa-Hysterie besonders befähigten Schülerinnen und Schülern der Mittel- und Oberstufen allgemeinbildender und beruflicher Gymnasien in Stadt und Landkreis die Gelegenheit gibt, ihre Lust an Mathematik und Naturwissenschaften auszuleben. Das taten in diesem Jahr 150 — und zwar genauso viele Mädchen wie Jungen. Woche für Woche nahmen sie freiwillig zwei Stunden lang an einer der Arbeitsgemeinschaften (AG) teil und zerbrachen sich die Köpfe über "Entwicklungen im Universum" , "molekulare Medizin" oder "ausgewählte mathematische Probleme". Maria Hess (18), aus Bötzingen stammende Zwölftklässlerin am Rotteck-Gymnasium, nimmt schon seit fünf Jahren am Freiburg-Seminar teil, diesmal an der Mathematik- und an der Chemie-AG. Beide Fächer wird sie auch studieren. Das Zusatz-Bildungsangebot ist für sie "wie ein Hobby, das man nicht vernachlässigen mag" . Zweckfrei und ohne Blick auf Schulnoten tüftelt dabei eine Gruppe Gleichgesinnter an komplexen Fragestellungen und ihren Lösungen, die den gängigen Lehrplänen weit vorauseilen. Ein Auswahlgespräch und das jüngste Zeugnis entscheiden darüber, ob jemand geeignet erscheint für das Seminar. Nicht nur Fachwissen, auch die Persönlichkeit zählt. Kuratoriumsvorsitzender Hans Kuntzemüller schwärmt von dem "beeindruckenden Engagement" der jungen Leute, die durchweg "Allrounder" mit Blick über den engen Tellerrand des Fachgebiets hinaus seien. Laut Seminarleiter Thomas Schonhardt wird nicht nur die regelmäßige Teilnahme an den AGs, sondern auch an den begleitenden Vorträgen mit namhaften Referenten aus Wissenschaft und Wirtschaft erwartet. Schließlich wolle das freiwillige Angebot sich nicht im "Elfenbeinturm" einigeln, sagt sein zweiter Leiter Ralf Erens.
Dem Brückenschlag in die wissenschaftliche und wirtschaftliche Wirklichkeit dienen die zahlreichen Exkursionen zu Unternehmen und Forschungslabors. Sie verschaffen Einblicke in die Arbeitswelt und zeigen, wie wissenschaftliche Erkenntnisse in Unternehmen umgesetzt werden. Diese zeigen sich offenbar äußerst kooperationsbereit. Schonhardt: "Die Begabtenförderung ist ein Türöffner in der Industrie."
Anita Rüffer, 28.7.2006, www.badische-zeitung.de

Beim Freiburg-Seminar anmelden

 

Gegen Gewalt an Schulen - Broschüre

Infos über Projekte, Angebote und Initiativen gegen Gewalt an Schulen im Gebiet von Freiburg als PDF:

http://edv-cbf.homepage.t-online.de/bgas.pdf

 

Die Uniform zeigt, wie wichtig und privilegiert gute Schulausbildung ist 

Fast in allen asiatischen und afrikanischen Ländern ist einheitliche Schulkleidung obligatorisch — und das, obwohl viele Familien damit große finanzielle Probleme haben. Der Grund: Kind und Familie wird deutlich gemacht, wie wichtig und privilegiert Schulbildung ist (bei uns: Null-Bock-Mentalität, Lehrer-Anpöbelungen, Vandalismus an Schulen). Die wohlgepflegte Schulkleidung gilt jedem Außenstehenden als Reputation. Man sieht sofort, wer einer guten Schule angehört oder wer ins Gymnasium aufgestiegen ist. Das spornt nicht nur die Schüler an und gibt ihnen Stolz und Selbstwertgefühl, sondern verpflichtet auch Lehrer und Klassenkollegen ihr Bestes zu geben. Drückeberger und Störenfriede unter den Schülern sowie faule Lehrer werden um des guten Rufs der Schule willen schon von der Klasse oder Schulgemeinschaft zur Raison gebracht. Selbst außerhalb der Schule gehören damit rüdes Benehmen und Ungezogenheit nicht mehr zur anonymen “Privatangelegenheit” .
Wenn Lehrer heute vielfach beklagen, dass es außer Notendruck keine Disziplinarmittel mehr gibt und Mobbing oder Erpressung unter Schülern um sich greifen: Die drohende Versetzung an eine andere Schule, auch dokumentiert durch andere Schulkleidung, könnte Wunder wirken.

BZ-Leserbrief am 30.5.2006 von Heinrich Albrecht, Freiburg

 

Forum Schule/Wirtschaft wächst

Das junge Pflänzchen “Forum Schule/Wirtschaft” wächst. Zum zweiten Treffen von Schul- und Firmenvertretern am Mittwochabend stießen weitere Interessenten hinzu. Mittlerweile ist der Kreis fast doppelt so groß wie bei der Gründung im November mit 14 Teilnehmern.

Anwesend waren neben Vertretern von IMS Gear Eisenbach/Donaueschingen, Mesa Lenzkirch, Testo Lenzkirch, AOK Titisee-Neustadt, Sparkasse Hochschwarzwald, Hans-Thoma-Schule, Kreisgymnasium Hochschwarzwald, Realschule Neustadt, Haupt- und Realschule Löffingen und Lichtenbergschule Eisenbach, auch Annette Herlt und Karsten Scharlich von der Abteilung Struktur-/Wirtschaftsförderung des Landratsamts sowie Klaus Blawert vom Schulamt Emmendingen.

Herlt informierte über die im Landkreis bereits bestehende Plattform “Lust auf Ausbildung” . Ziel sei es, Jugendarbeitslosigkeit und Führungskräftemangel vorzubeugen sowie die duale Ausbildung zu stärken. Schulen und Wirtschaft sollen an einem Strang ziehen. Seit März 1999 gibt es den Arbeitskreis Jugend und Beruf, der sich der Koordination von Projekten verschrieben hat. Weitere Initiativen seien der Girlsday, die Ausbildungsinitiative Wirtschaftsregion Freiburg. Landratsamt, Schulamt Emmendingen, IHK Südlicher Oberrhein, Handelskammer Freiburg und die Agentur für Arbeit bilden eine “Steuergruppe” mit dem Ziel, Strategien zu entwickeln und Projekte zu begleiten. Herlt und Scharlich sehen im Hochschwarzwald Handlungsbedarf, um die strukturschwache ländliche Region als Ausbildungsregion zu stärken. Eine Plattform soll eingerichtet werden, wozu sich die Steuerungsgruppe bereits Gedanken gemacht hat, die denen entsprechen, die in der ersten Sitzung des Forums Schule/Wirtschaft zur Sprache kamen. Auch den Girlsday wollte Scharlich vorstellen, doch der war schon bekannt und soll auch dieses Jahr wieder ausgerichtet werden.
HTS-Schulleiterin Claudia Stehle stellte ein neues Projekt vor. Schüler der zweijährigen Berufsschulklassen der Sparten Wirtschaft, Hauswirtschaft und Pflege sowie Gewerbe (Elektro/Metall) werden eine Juniorfirma gründen, eine echte Firma, die von den Schülern selbstständig mit Hilfe von Lehrern gemanagt wird. Theorie und Praxis werden Hand in Hand geübt. Start ist der 7. Februar.
Die Firmenvertreter horchten auf und boten sofort ihre Unterstützung an. “Das Konzept der Juniorfirma ist ganz toll” , hieß es, “es ist sehr spannend, wenn alle drei Berufsschulzweige zusammenarbeiten.” Benedikt Lenhart, Personalleiter der IMS Gear, bot an, dass sich die Juniorfirma am 7. Oktober auf der Job-Start-Börse präsentieren könne. Die Firmenvertreter begrüßten es sehr, dass diesmal ein Vertreter des Kreisgymnasiums mit am Tisch saß. Von diesem wünschten sie sich, dass auch Gymnasiasten an der Job-Start-Börse teilnehmen. Gerade für Abiturienten gebe es interessante Ausbildungsgänge mit Praxis und Studium in Kombination, hier herrsche noch ein großer Informationsmangel bei den Schülern. Und angesichts der Bachelor-Studiengänge sei man firmenintern in der Diskussion, keine Ingenieure ohne Fachausbildung zu nehmen. Betriebspraktika seien unerlässlich, je mehr, esto besser. Die oftmals engen Zeitfenster, die an den Schulen für Schülerpraktika festgelegt werden, könnten von den Firmen aufgrund der großen Nachfrage nicht bedient werden. Hier wurde vereinbart, dass die anwesenden Schulen ihre Praktikazeiten offen legen und nach Ausweichzeiten schauen. Dies wird in der nächsten Sitzung am 13. Juni, 18 Uhr in der Hans-Thoma-Schule dann erneut besprochen.
Stehle schilderte das große Elterninteresse an Berufsinformationsabenden. Sie erhielt sofort das An-gebot von Firmenvertretern, dass diese einspringen können zu Themen wie Ausbildungsmöglichkeiten und Bewerbung, auch Auszubildende sollten durchaus direkt berichten. Dies könne ja offen für alle Eltern stattfinden, war ein Vorschlag, die Schulen sollten sich dazu Gedanken machen.

Alles von Eva Korinth vom 27.1.2006 auf www.bzol.de lesen

 

 

Genoatschool.de - Schülergenossenschaften gründen

"Unternehmen wollen in erster Linie Geld verdienen. Das gilt auch für Schülerfirmen. Anders ist das bei so genannten Schülergenossenschaften. Auch sie kommen natürlich nicht ohne marktwirtschaftliche Gesetze aus, doch steht hier Solidarität im Vordergrund. Es müssen nicht nur Gewinne eingefahren werden, sondern alle Mitglieder sollen möglichst viel von dem Geschäft profitieren. Die Getränke oder das Essen in der Cafeteria müssen also gewinnbringend und möglichst günstig zugleich verkauft werden. Infos und praktische Tipps zur Gründung einer Schülergenossenschaft bietet die Seite GenoAtSchool.de.

Mit dieser Homepage möchten wir gerne eine Plattform schaffen für den Austausch von Informationen und Material zum Thema „Schülerfirmen in genossenschaftlicher Organisationsform.” Wir beabsichtigen, Interessierten Hintergrundinformationen und Materialien zur Verfügung zu stellen. Links zu Verbänden, Schulen, Lehrerbildungseinrichtungen und pädagogischer Forschung sollen ebenso Bestandteil dieser Seite sein wie Erfahrungsberichte diverser schon existierender Schülergenossenschaften. Insbesondere soll auch der Austausch miteinander eine Rolle spielen."
www.genoatschool.de , 18.1.2006

 

 

Management im Fremdenverkehr - MA-Studium bei der ABSF

Reisen bildet. Aber wer bildet eigentlich die Fachleute aus, die Horizont erweiterndes Reisen und Einkehren ermöglichen sollen? Die Antwort darauf will die neue “Angell Business School” in Freiburg geben. Von März 2006 an bietet die private Bildungseinrichtung zwei Masterstudiengänge speziell für Praktiker an: Der “Master in Tourism Management” und der “Master in Hotel Management” qualifizieren - einmalig in Süddeutschland - Touristiker und Hotelfachleute berufsbegleitend für höhere Aufgaben.

Dass Antoinette Klute-Wetterauer ein Händchen für innovative Bildungskonzepte hat, hat die umtriebige Pädagogin in den vergangenen 20 Jahren öfter bewiesen. 1987 übernahm sie die finanzschwache Freiburger Angell-Schule und baute sie zu einem Bildungszentrum aus. Fast gleichzeitig gründete sie die Angell-Akademie für Touristik, an der seit 1992 die staatlich anerkannte Ausbildung zum internationalen Touristik-Assistenten möglich ist. Mit der Fachhochschule für Tourismus in Bad Honnef eröffnete sie schließlich die in Deutschland bis heute einzige englischsprachige Kaderschmiede für Führungskräfte im Tourismus. “Nichts ist schlimmer als eine Ausbildung, die am Bedarf vorbeigeht” , findet die Chefin des Angell-Bildungsverbunds, die im Tourismus jetzt und in Zukunft einen der größten Arbeitgeber der Welt sieht. Für all jene, die dort mitten im Berufsleben stehen, gibt es mit den beiden Masterstudiengängen bisher ungekannte Weiterbildungmöglichkeiten. Denn der Unterrichtsaufbau des rein englischsprachigen Programms ist mit kompakten Einheiten, die jeweils einmal im Monat am Wochenende stattfinden, ganz auf Bedürfnisse von Berufstätigen zu geschnitten. Mit nur drei Semestern Studienzeit plus einem Semester für die Master-Thesis bieten sie einen sehr schnellen Weg zum Mastertitel. Zudem sind beide Ausbildungsgänge so konzipiert, dass sie unterschiedlichen Lebenskonzepten gerecht werden. “Wir rücken die Praxis in den Mittelpunkt” , betont Robert Wetterauer, der in der “Angell Business School” die Geschäfte führt. Selbst ohne einen vorherigen akademischen Abschluss ist der Einstieg möglich. Interessenten sollten jedoch eine mindestens fünfjährige Berufstätigkeit in gehobener Position nachweisen können. Entwickelt wurden die beiden Studiengänge nicht vom Angell-Verbund, sondern von der University of Brighton in Großbritannien. Seit mehr als zehn Jahren pflegt Antoinette Klute-Wetterauer dorthin rege Kontakte. “Wir haben von Anfang an darauf geachtet, renommierte internationale Partner ins Boot zu holen” , sagt sie. So können Studierende der Angell-Akademie in zwei Semestern den Bachelor in Brighton erwerben. Den Master-Abschluss sieht auch Steve Goss-Turner, Leiter der School of Service Management in Brighton, nur als konsequente Fortführung des Ausbildungsprogramms an der Akademie. “Aus Erfahrung” , sagt er, “wissen wir, dass diese neue Qualifikation in der Tourismusindustrie sehr gut ankommt.” Dazu passt, dass die Studiengänge zu den wenigen weltweit gehören, die von der World Tourism Organisation akkreditiert sind. Selbstverständlich hält Antoinette Klute-Wetterauer enge Kontakte zu wichtigen Unternehmen der Tourismusbranche. Seit Jahren gehören international tätige Firmen wie Aida-Cruises, der Robinson-Club oder die Steigenberger-Hotels zum Netzwerk der Freiburger Angell-Schulen; schon etliche Male haben diese den Absolventen aus Freiburg eine berufliche Weiterentwicklung ermöglicht.

So scheinen die Kosten der einzige erkennbare Nachteil der neuen Studiengänge zu sein: Mit rund 12 000 Euro (3000 Euro pro Semester) müssen Interessenten rechnen. Doch Antoinette Klute-Wetterauer ist sich sicher, dass dieser Betrag niemanden vom Studium abhalten wird. Ihrer Erfahrung nach sind Studenten durchaus bereit, für eine gute Ausbildung etwas zu bezahlen. Ein Gewinn, hofft die Angell-Chefin, könnte das neue Angebot aber auch für die regionale Tourismusbranche werden. Denn die Studierenden sollen wissenschaftliche Untersuchungen in der Region erarbeiten. Aus solchen Bestandsaufnahmen samt Analyse und Interpretation könnten der baden-württembergischen Hotellerie und Gastronomie und darüber hinaus wertvolle Anregungen für das Qualitätsmanagement und die Nachhaltigkeit geben.
Alles von Maikka Kost vom 4.1.2005 auf www.bzol.de

Läbensschuel

Dr Wegge isch üs eme Kaiserstuehldorf gsii, e liäbe Kärli, aber uf em Gymnasium het er sich ender im hintere Mittelfäld bewegt. Noch dr Mittlere Reifi het er d Nase voll gha un isch go schaffe gange, in irgend e gleini Fabrik. Bi däm Eläktroproduzänt isch em schiints e Liächtli ufgange - noch zwoo Wuche isch er uf eimol wider ins Glassezimmer iigloffe un het drei Johr speter noch em Abi fascht lütter Einser heim drait.
E andere het rächt Hochditsch wahrschiints erscht an dr Uni glehrt. Aber scho in dr Schuel isch er als ufgumpt, an d Dafle grännt un het im Mathelehrer fascht d Griide üs dr Hand grisse. un gsait: „ He nai, das kann mer au einfacher mache.“ Dr Grabb, so hämmer däm Lehrer gsait, het natirlig si Freid dra gha, ass dr Schoddli mit em uf Halbalemannisch iber Integral- un Infinitesimal-Rächnung dischgeriärt het.

Viilmol han mer iberlegt, wurum grad vum Land wennigschtens in miinere Glass e Hüffe Schiäler gsii sin, wu zimli gueti Karriäre as Techniker oder suscht ebis in dr Wirtschaft gmacht hän. Villicht ischs, wel diä niä hän kenne an dr fertig deckt Disch hocke, si hän miäße hälfe drheim, dr Bulldock repariäre un anderi Broblem lese. Viil Familiä sin noch e Broduktionseinheit gsii. D Kinder hän bim Läbenskampf vu dr Alte miäße mitmache. Iber diä Sache wird viil z wennig gredet, wänn d Pisa-Ärgäbnis analysiärt wäre. Aü vu sällene, wu nit an d Oberschuel hän derfe oder hän kenne, häns fascht alli im Läbe zu ebis materiäll Griffbarem brocht. Eine vu dr wennige, wu do e Üsnahm bilde, isch Eier
Noth Harald, Lueginsland, BZ vom 10.12.2005

 

Survivaltraining ohne Hilfsmittel - Wandern vom Feldberg nach Badenweiler

Dass man drei Tage ohne moderne Hilfsmittel im Schwarzwald überleben kann, haben 36 Schüler aus der siebten Klasse und zwei Lehrer der Freien Waldorfschule Sankt Georgen bei einem Survivaltraining gelernt. Auf ihrer 65 Kilometer langen Tour von Hinterzarten über den Feldberg, den Belchen und den Blauen bis nach Badenweiler durften die Schüler außer einem Schlafsack, ihrem Proviant und ein paar Kleidern nichts mitnehmen. Nur Lehrer Hermann Höfflin hatte für den Notfall ein Handy dabei.

Schwärme von Mücken piesacken die müden Wanderer und lassen ihnen keine Minute Ruhe. Dabei wollen sie sich einfach nur ein wenig von ihrem anstrengenden Tagesmarsch am Lagerfeuer erholen, ihre wunden Füße massieren und ein kärgliches Mahl aus Tütensuppe und Kartoffelbrei essen. Knapp 22 Kilometer sind sie in den drei Tagen täglich gewandert. Und dabei mussten sie alles , was sie brauchen würden, in Rucksäcken mitnehmen. „Ich hatte so viel Essen eingepackt, dass ich mir ganz verfressen vorkam. Aber zum Schluss hat es dann gerade so gereicht“, erzählt Carolin Orschitt. Jeder hatte, so Hermann Höfflin, zwischen zehn und fünfzehn Kilo auf dem Rücken.

Und die mussten bei der Hitze die Berge erst einmal hinaufgeschleppt werden. „Das war schon sehr anstrengend“, sagt Elisa Faatz. Alle paar Kilometer mussten sie eine Pause einlegen – auch um frisches Wasser zu besorgen. Denn der Wasservorrat ging bei der Hitze immer schon nach ein paar Stunden zur Neige. So war die Klasse ständig auf der Suche nach einer Quelle oder einer Hütte, bei der sie um das kühlende Nass bitten konnten. „Schön war, dass die Kinder nie in eine Hütte gelaufen sind, um sich irgendetwas zu kaufen. Sie haben immer nur nach Wasser gefragt“, freut sich Höfflin. Sogar mit ein paar Ziegen haben sie sich eine Quelle teilen müssen. „Eine ist uns dann sogar über eine Stunde nachgelaufen, und wir mussten sie an einer Leine zurückbringen“, erzählt Noemi Kriemer. Gegen die Verfolgung der Mücken half jedoch nicht einmal der Mathisleweiher. „Das Wasser darin war so braun, dass sich nur wenige reingetraut haben. Und man hat hinterher genauso schlimm gerochen wie vorher“, sagt Carolin Orschitt. Was, so vermutet Elias Battmann, die Mücken noch angelockt habe.

Eine fest geplante Route hatten die Überlebenskünstler nicht. Ziel war nur, den Feldberg, den Belchen und den Blauen zu erwandern. Darum waren für Schüler und Lehrer Schilder und Richtungsanzeiger die einzigen Orientierungspunkte. „Aber die haben meist gar nicht gestimmt. Mal waren es nur noch 13 Kilometer bis zu einer Hütte und zehn Minuten später waren es dann 14“, erzählt Jana Ebert. Sobald es dann dunkel wurde, haben sie ein Lagerfeuer entfacht. „Wir Jungs haben hinter ein paar Bäumen etwas abseits immer unser eigenes Feuer gegen die Mücken angezündet“, erzählt Elias Battmann.

Obwohl die drei Tage allen Spaß gemacht haben, will jedoch keiner der 36 so schnell wieder wandern gehen. „Es war ein tolles Erlebnis, einmal völlig auf sich gestellt zu sein und zu sehen, an was man alles denken muss oder wie man sich sein Essen einteilt. Aber ich habe mich noch nie so auf die Dusche gefreut und auf eine Toilette und mein eigenes Zimmer“, schwärmt Henriette Wolf. Allerdings haben alle, wie Noemi Kriemer feststellt, gesehen, wie gut es ihnen eigentlich geht. Und das nicht nur wegen der vielen Mücken, deren Stiche sicherlich noch eine Weile an die drei Tage erinnern werden.
A
lles von Sandra Grüning vom 28.6.2005 auf www.bzol.de lesen

  

 

Schulbildung - Ticket in die Integration oder in die Armut

„Integration: Zuhören und Engagement“, eine Tagung der Körber-Stiftung am 17. und 18. Februar 2005

Ali Ercan reicht den Menschen Tassen mit Tee. Der Botschafter der Deutsch-Türkischen Teestunde spricht wenig deutsch. Er lässt den türkischen Tee mit seinem herben Geschmack für sich sprechen und die Geste des Schenkens. Auf einmal erscheint Cem Özdemir, Mitglied des Europäischen Parlaments für Bündnis 90/Die Grünen. Nun wechselt Ali vom Teeausschank zum Gespräch mit dem Politiker auf türkisch und posiert für ein Erinnerungsbild vor den Fotografen, die Özdemir begleiten. Cem Özdemir - ein Vorbild, nicht nur für die jüngeren Türkinnen und Türken, sondern auch für viele andere Jugendliche.  

Und Cem Özdemir ist nicht zufällig in Hamburg, denn am 17. und 18. Februar 2005 inszeniert die Körber-Stiftung viele Gesprächsrunden unter dem Motto: "Integration: Zuhören und Engagement", die in der Universität zu Hamburg stattfinden. Die Teestunde, die die Körberstiftung im BegegnungsCentrum Haus im Park anbietet, ist nur ein Ansatz von vielen anderen, über den die Körber-Stiftung Gespräche anzetteln will. Die Stiftung fördert besonders die beiden größten Zuwanderergruppen: Türkinnen und Türken und Aussiedlerinnen und Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion. Auch Integration durch Bildung wurde auf der Tagung in zwei Foren diskutiert: "Schule und Islam - eine Herausforderung für die Bildungsarbeit" und "Spielend zur Vielfalt? Kulturprojekte gegen Ausgrenzung".  

Cem Özdemir stellt die Studie "Integration stiften" vor, die erstmals aus der Sicht von Betroffenen systematisch das Angebot der deutschen Stiftungen zur Integration von Migrantinnen und Migranten durch Bildung untersucht. Hauptproblem ist, das hat schon die PISA-Studie deutlich gemacht, Jugendliche mit Migrationshintergrund werden durch das selektive Schulsystem benachteiligt. Einige Stiftungen stellen sich der Verantwortung, Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund nach vorn zu bringen, in einem Maß, das über das staatliche Engagement hinausgeht. Dabei kommt es auch zu Kooperationen mit den Kultusministerien.   


Stiftungen als Lückenfüller?
Stiftungen füllen Lücken aus, die der Staat hinterlässt. Sie wollen auch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in Feldern wie Sprachförderung ("PC & Deutsch"), Elitebildung ("Stipendiatenprogramm START"), Vernetzung und gesellschaftliche Initiativen ("Rat für Migration") stärken. Adressen, die man sich in diesem Zusammenhang einprägen sollte, sind die Bertelsmann Stiftung, die Gemeinnützige Hertie-Stiftung, die Robert-Bosch-Stiftung, die Mercator-Stiftung, die Jacobs-Foudation und die Freudenberg-Stiftung.

Die meisten Stiftungen, so ein Fazit der Studie, setzten darauf, erfolgreiche Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund als Vorbilder aufzubauen. Wichtig war den Autoren der Studie um Cem Özdemir, dass die Kinder neben der Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse auch die Chance erhielten, ihre Muttersprache zu pflegen. Auf der Grundlage einer Fallstudie über Jugendliche mit Migrationshintergrund an Berliner Schule haben die Autoren (Cem Özdemir, Todd Ettelson, Silke Heuser und Sükrü Uslucan) Empfehlungen ausgesprochen.   

Empfehlungen sind eine kluge Sache. Sie bündeln Interessen von gesellschaftlichen Gruppierungen in einem Katalog von politischen Ansprüchen, die dann nachhaltig in die Öffentlichkeit sickern, vielleicht gerade durch ihre respektvolle Form. Sie zwingen zu nichts, aber sie können mobilisieren. Auch der Respekt vor zugewanderten Menschen, so hoffen die Autoren von "Integration stiften", könnte durch acht Empfehlungen befördert werden:

  • Beteiligung von Migrantenorganisationen an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen,
  • mehr Kooperationen,
  • Förderung leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler,
  • Begleitung durch ein Mentorenprogramm,
  • stärkere Einbeziehung der Eltern,
  • Förderprogramme,
  • wissenschaftliche Begleitung von Förderprogrammen und  Migrantenquoten. 

"Die Herkunft der Eltern bestimmt noch immer, auf welche Schule die Kinder und Jugendlichen geschickt werden", sagt Cem Özdemir. Wenn aus Empfehlungen Tatsachen würden, könnte sich die Situation verbessern. Eine Möglichkeit sind Informationskampagnen von Migrantenorganisatonen über die Förderung von Kindern an Schulen und in der Gesellschaft - in der Landessprache der Zuwanderer, versteht sich. Auch Ganztagsschulen könnten einen Beitrag leisten, den Anforderungen der acht Empfehlungen gerecht zu werden, weil Nachteile im Elternhaus, etwa zu wenig Lektüre, ausgeglichen werden könnten.   

Stiftungen springen dort ein, wo das Handeln des Staates nicht immer hineinreicht. Sie eröffnen Felder für eine "parallele Bildung", wie Roland Kaehlbrandt von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung sagt. Doch Fakt ist für den Chef der Hertie-Stiftung auch, dass Kindergarten und Schule "die zentralen Bildungsinstanzen" bleiben. Die Lenker der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS), Heike Kahl, der Körber-Stiftung, Wolf Schmidt, der Freudenberg-Stiftung, Christian Petry und der Hertie-Stiftung fanden vor allem die vierte Empfehlung spannend, das Mentorenmodell. Wolf Schmidt meint, das Mentorenprojekt müsste aus der Gesellschaft heraus entwickelt werden, Petry hingegen sieht hier eine Marktlücke ("das ist ein richtiger Berufszweig"). "Persönliche Mentoren" könnten als Brückenbauer zwischen Elternhaus, Schule und Nachbarn die kulturelle Kluft überwinden, die den Alltag vieler Menschen in sogenannten sozialen Brennpunkten prägt.  

Debatte um Schule und Islam
Einer der Höhepunkte der Integrationstagung war die Debatte um "Schule und Islam als Herausforderung für die Bildungsarbeit". Hierzulande lernen allein 700.000 Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens. Vor dem Hintergrund der stetigen Wanderungsbewegungen in der ganzen Welt und des gewalttätigen Einbruchs der fundamentalistischen Strömungen des Islam in vielen anderen Ländern mag das auch wenig verwundern. Am wenigstens hilfreich ist es, sich von unbequemen Wahrheiten abzuschotten. Um die verhärteten Lager  im Hamburger Stadtteil Veddel in Gang zu bringen, hat die Körber-Stiftung in der Schule Slomanstieg - das ist die Schule aus der ARD-Dokumentation "Nix deutsch - eine Schule kämpft für Migration" - ein beispielhaftes Forum eröffnet: Einen so genannten "open space", also einen offenen Raum für Dialog von unten. Im Unterschied zu Tagungen oder Konferenzen gibt es hier keine Tagesordnung. Die Themen bringen die Betroffenen  im Stadtteil Veddel von sich aus zur Sprache. Dieser Stadtteil hat einen Anteil von 60 Prozent Menschen mit Migrationhintergrund; in der Schule sind es sogar um die 80 Prozent. Professionell vorbereitete Moderatoren bringen Struktur in die Gespräche von über 100 überwiegend muslimischen Betroffenen, deren Richtung und Verlauf offen ist.  

Als wichtige Themen haben sich "Islam und Angst" herauskristallisiert, Bezugspunkte sind etwa Sprachlosigkeit, Klassenfahrten, Schwimmunterricht für Mädchen und Konflikte auf dem Schulhof, wie Eberhard Seidel von "Schule ohne Rassismus" berichtet. Im Anschluss an die Präsentation der Ergebnisse des Open spaces entspann sich auf dem Podium eine erhitzte Diskussion um die Sprachförderung von Kindern mit Migrationshintergrund und um den Religionsunterricht. Gestritten wurde darüber, ob Religionslehrer christlicher oder islamischer Provenienz durch den Staat oder durch die Kirchen oder Moscheen ausgebildet werden sollten.  

Ticket in Integration oder in die Armut
Sanem Kleff von der "Schule ohne Rassismus" warf der anwesenden Hamburger Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig vor, dass - und dies vor dem Hintergrund der kontinuierlichen Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen unterer sozialer Schichten - die Sprachförderung in Hamburg um über 20 Prozent gekürzt worden sei. Die Senatorin rechtfertigte sich, indem sie darauf hinwies, dass es nicht darauf ankäme, dass auf dem Papier mehr Mittel für Sprachförderung ausgewiesen seien. Wichtig sei, dass die für Sprachförderung vorgesehenen Lehrerstunden nun nicht mehr unter der Hand in den Vertretungsunterricht wanderten.

Zugleich mahnte sie eine gezielteren Umgang mit staatlichen Geldern an. Sowohl Alexandra Dinges-Dierig als auch Sanem Kleff plädierten dafür, nicht zu viel über den Islam zu diskutieren: "Dies darf nicht als Ersatzdebatte für fehlende politische und soziale Debatten geführt werden", so Kleff, denn in dieser Gesellschaft sei es weniger schlimm, muslimisch zu sein als arm zu sein.

Ali Ercan hat sich mit seinen mangelnden Deutschkenntnissen im Leben arrangieren können. Zu seiner Zeit gab es noch viele Jobs für Ungelernte. Doch für die Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund bedeutet eine schlechte Schulbildung heute das Ticket in die Armut.

Quelle:
Ticket in die Armut oder in die Integration
"Integration: Zuhören und Engagement", Bericht von einer Tagung der Körber-Stiftung am 17. und 18. Februar 2005 in Hamburg., Arnd Zickgraf
http://bildungplus.forumbildung.de/templates/imfokus_inhalt.php?artid=396

  

© by freiburg-schwarzwald.de,  Update 22.11.07