Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Kartoffel
im Breisgau und Hochschwarzwald

  

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Tele-Blick von St.Johannis Breite nach Nordwesten übers Eggenertal zu Steinenkreuzle und Vogesenam 16.11.2006  Tele-Blick von St. Johannis Breite nach Nordwesten übers Eggenertal zu Steinenkreuzle und Vogesen am 16.11.2006

Erdapfel oder Grumbiire?
Die Kartoffel ist beliebt bei den Alemannen, sie wird aber "konfessionsabhängig" verschieden benannt:
In katholischen Gebieten heißt sie Erdapfel bzw. Herdapfel.
In evangelisch geprägten Gegenden hingegen spricht man von Grumbiire - das kommt von Grundbirne.
Warum? Evangelische Pastoren wurden im Raum Heidelberg ausgebildet und übernahmen "Grumbiire" als den kurpfälzischen Ausdruck in den Predigten, um die Vorzüge dieser tollen Knolle zu preisen.
Die katholische Geistlichkeit hingegen sprach in vorderösterreichischer Tradition von den Erdäpfeln.

 

Kartoffeln im Bild

Spargeln und Kartoffel von Weislogel aus Wasser - mehr Kartoffeln Berber (links) und Agria
 
Kartoffeln Berber, neue Ernte am 5.6.2007 auf dem Münstermarkt
Kartoffeln "Berber" aus dem Lößboden von Eichstetten am 9.6.2007 "Der dümmste Bauer hat die dicksten Kartoffeln":
Der Spruch bedeutet heute soviel wie: "Der Mann hat ja mehr Glück als Verstand" . Er stammt aus dem 18. Jahrhundert, als der Kartoffelanbau zwar innovativ war, es der Knolle allerdings anfangs an Sozialprestige mangelte. Die Folge: Die Kartoffelerzeuger wurden ihre neuen Feldfrüchte kaum los.
Kartoffeln "Berber" aus dem Lößboden von Eichstetten am 9.6.2007 bei Maier am Münstermarkt (81) Kartoffel, Grumbire, Herdäpfel, ...
Quelle: Kartoffelmuseum
 
 
Blaue Kartoffeln aus Forchheim
     
Kartoffel "Marabell" am 1.10.2007 Blaue Kartoffeln aus Forchheim auf dem Münstermarkt Blaue Kartoffeln aus Forchheim (rechts) mit Gemüse
   
Moneglia 1.4.2011:  Blaue Kartoffeln    

 

LTZ Baden-Württemberg: Kartoffelerzeugung und Beratung

Von Mischvirus befallene Kartoffelpflanze
 
Gesunde Kartoffelpflanze zum Vergleich
 
Links kranke Kartoffelpflanzen mit halbem Ernteertrag und rechts gesund
Hans-Jürgen Meßmer und Franz-Josef Mayer vom LTZ Donaueschingen am 17.6.2007 in Forchheim  
Hans-Jürgen Meßmer und Franz-Josef Mayer vom LTZ Donaueschingen am 17.6.2007 in Forchheim Kartoffelkäfer in zwei Generationen bei der Arbeit
 
 

Am 17.6.2007 auf dem Kartoffeltag in Forchheim: Geschmacksprüfung und Information über Viren und Käfer. LTZ - Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg, LTZ-Aussenstelle Donaueschingen zur Kartoffelerzeugung und Beratung
Villingerstrasse 81, 78166 Donaueschingen, Tel 0771/89835-720 und 727
eMail (anstelle at den @ tippen): franz-josef.mayer at ltz.bwl.de, hans-juergen.messmer at ltz.bwl.de
www.ltz-bw.de

Forum ernähren, bewegen, bilden: Kartoffel-Testessen in Breisach >Kartoffel (30.12.2010)

 

Edel-Kartoffeln aus dem Web-Shop?
 
Fein nussig, edel cremig oder gemüsig-erdig: Dank des Angebots in Web-Shops entdecken Kartoffel-Liebhaber die Geschmacksvielfalt alter Knollen-Sorten. Landwirte verkaufen online seltene Varianten mit schönen Namen wie La Bonnotte, Sieglinde und Bamberger Hörnchen.
Alles vom 21.1.2012 bitte lesen auf
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,810151,00.html

http://www.erlesene-kartoffeln.de/
http://www.biokartoffelversand.de/
http://shop.biohof-vonderforst.de/

Dekadenz
Kartoffeln via Internet bestellen und per Post ins Haus schicken lassen.... jau! Da fällt einem doch spontan 'uns Guido' und sein Anmerkung zu 'spätrömischer Dekadenz' ein. Oh Mann .. die einen bestellen Kartoffeln per Post und Hedgefonds klagen Profite als Menschenrecht ein - was eine Zeit ... puuh!

CO2-Bilanz
Denken Sie aber an die CO2-Bilanz! Der Öko von Welt schnallt sich schon den Rucksack auf und geht auf die Pirsch, weil er den Ehrgeiz hat, durch Anschleichen und eigenhändiges Überwältigen seine Erdäpfel selbst zu erbeuten. Das gilt wohl für die geschmacksexplosive Manufaktumfraktion nicht.
Werden die Edelerdäpfel denn wenigstens gepellt geliefert?
Facchus, 21.1.2012

Fortschritt
Das ist der wahre Fortschritt. Wer sich darüber aufregt, kann ja auf seinem Klapprad zum nächsten Bauern fahren und einen Sack Kartoffeln kaufen.
Otto, 21.1.2012

Die eigene Parzelle
Unsere Familie kauft Kartoffeln nur direkt vom Erzeuger. Mit ihm haben wir ausgehandelt, dass eine ganz bestimmte Parzelle seines Ackers nur für uns vorbehalten ist. Das kleine Etwas, was das mehr kostet, nehmen wir gerne in Kauf; auch die etwas längeren Fahrten zu unserer Kartoffelparzelle. Schließlich ist es allein uns vorbehalten, die heranwachsenden Kartoffelgewächse höchstpersönlich zu pflegen und zu düngen., d.h. unsere Kinder tun das. Dazu liefern ihre Meerschweinchen, unsere beiden Stubenkaninchen und die Exkremente unseres Kanarienvogels Pipi die Düngergrundlage. Wir Erwachsenen steuern die gesammelten Tee- und Filterkaffereste bei. Letztes Jahr praktiziert - immer wider ein Familienerlebnis ganz besonderer Art. Und Linda und Sieglinde erst: Ein Geschmackstsunami - ganz unbeschreiblich.
b1ua

 

Forum ernähren, bewegen, bilden: Kartoffel-Testessen in Breisach
 

Vitaminquelle, kalorienarm und reich an Eiweiß - Knolle ist nicht gleich Knolle: Die Geschmacksfeinheiten der Kartoffel erkennen / Testessen in Breisach. 

Bisher hat ihm die Ditta immer am besten geschmeckt, so sagte ein Teilnehmer des Kartoffeltestessens im "Forum ernähren, bewegen, bilden" in Breisach. Das war allerdings, bevor er sich die über zehn verschiedenen Sorten auf der Zunge hat zergehen lassen. Durch die von Franz-Josef Mayer, Kartoffelspezialist beim Saatbauamt in Donaueschingen, geführte Verkostung sind dem Teilnehmer erst die Vielfalt und Geschmacksfeinheiten der goldenen Knolle richtig bewusst geworden. Dabei wurde jede Sorte in verschiedenen Kategorien, ähnlich einer Weinverkostung, genau unter die Lupe genommen. Die Teilnehmer bewerteten Farbe, Konsistenz, die Mehligkeit und natürlich einen intensiven Geschmack. In der Beliebtheitsskala der Teilnehmer ganz oben waren letztendlich die Sorten Krone, Marabel und Merida. Die Qualität, so Erzeuger Heiko Schächtele aus Breisach-Gündlingen, wird neben der Sorte vor allem durch den Boden und die Witterung beeinflusst. Durch sich ändernde Verbraucherwünsche gibt es immer wieder weiterentwickelte Sorten auf den Markt.
Neu ist beispielsweise die festkochende goldgelbe Allians. Kartoffeln sollen vor allem gut schmecken, aber auch gut zu verarbeiten sein. Durch eine runde oder ovale Form oder geringe "Augentiefe" reduziert sich der Schälabfall. Beträgt dieser in der Küche zu Hause nur 15 Prozent, rechnet die Industrie mit einem Verlust von 30 bis 50 Prozent. Dieser Prozentsatz ist erheblich, vor allem, da heutzutage die Kartoffeln zu über der Hälfte als Pommes Frites, Chips oder Bratkartoffeln aus der Packung gegessen werden. In einer solchen Zubereitung verliert die Kartoffel stark ihre inhaltlichen Vorzüge. Weniger stark verarbeitet ist sie eine bedeutende Vitamin-C- und Stärkequelle, dazu kalorienarm und reich an hochwertigem Eiweiß. Um möglichst viele Nährstoffe zu erhalten, sollten die Kartoffeln in der Schale gegart und dann abgepellt werden. Frühkartoffeln, die schnell verbraucht werden, können mit der Schale gegessen werden.  
30.12.2010

 

Wo bleibt Linda? Vom Schicksal einer Kartoffel

Haben Sie schon einmal von "Linda" gehört? Die beliebte und leckere Kartoffelsorte wurde nach Auslaufen des Anbaupatentes vom Markt genommen. Mit dieser Tatsache wollen sich viele Kartoffelliebhaber nicht abfinden und haben deshalb die Initiative "Rettet Linda" ins Leben gerufen. Aber
was ist das Besondere an Linda? Sind andere Sorten mit ihr vergleichbar oder doch sogar besser? Im Geschmack unterscheiden sich die über 250 verschiedenen Kartoffelsorten deutlich. Sie zeichnen sich durch eine milde über kräftige bis nussige Geschmacksvielfalt aus. Dafür verantwortlich sind vor allem die gepflanzte Sorte und der Boden. Für "Linda", lange Zeit als die Königin unter den Kartoffeln bezeichnet, ist ein intensiv kartoffeliger Geschmack charakteristisch. Als festkochende Sorte, so auch "Belana" oder "Nicola", eignet sich die Umkämpfte besonders für Salate oder für Aufläufe. Sie zerfällt beim Kochen
nicht und behält ihre Form. Ganz im Gegensatz dazu die mehligen Sorten "Melody" oder "Afra", die viel Flüssigkeit aufnehmen und Kartoffelpüree, Suppen oder Knödeln ihre sämige Konsistenz verleihen. Der dritte "vorwiegend festkochende" Typ rundet als Allrounder die optimalen Einsatzmöglichkeiten ab. Sorten wie "Marabel", "Juwel", "Crista" oder "Agria" sind in Sachen Vielseitigkeit unschlagbar und eignen sich vor allem für Pellkartoffeln und Rösti. Wichtig für einen sinnlichen Kartoffelgenuss ist darüber hinaus das Aussehen. Die "Linda" entspricht mit ihrer intensiv gelben Farbe genau den deutschen Vorlieben. Bei unseren französischen Nachbarn kommen dagegen helle, weißfleischige Sorten bedeutendhäufiger auf den Tisch. Für ungetrübten Kartoffelgenuss ist qualitativ hohes Pflanzgut eine ausschlaggebende Voraussetzung. Dieses kann im Fachhandel bzw. direkt beim Erzeuger gekauft oder durch Kultivierung der Vorjahreskartoffeln gewonnen werden. Die Vorteile der Produktion vor der Haustür liegen auf der Hand. Kurze Wege, hohe Qualität und hervorragender Geschmack durch heimische Böden sprechen für sich. Und "Linda"? Es ist ein Antrag auf Wiederzulassung beim Bundessortenamt gestellt. Das Verfahren läuft noch. Bis dahin sind die Sorten "Belana" oder "Princess" sehr gute Alternativen.

Auch beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, Fachbereich Landwirtschaft, steht im Jahr 2008 alles im Zeichen der tollen Knolle. Im Rahmen der Landesinitiative Blickpunkt Ernährung "Vom Acker bis zum Teller" werden am 28. Oktober 2008 von 14.00 bis 17.00 Uhr verschiedene Kartoffelsorten getestet. Franz-Josef Maier, Kartoffelspezialist vom Saatbauamt in Donaueschingen, steht mit seinem Fachwissen zur Verfügung und führt durch die kulinarische Geschmacksreise. Eine weitere Veranstaltung zum Thema "Der Kartoffelanbau im Hausgarten - Tricks und Kniffe für eine bessere Kartoffelernte" gibt es am 12. November 2008. Der Kartoffelexperte Karl Witzigmann beantwortet Fragen zu Sorten, Anbau, Pflanzenschutz, Ernte und Lagerung. Anmeldeschluss ist der 6. November 2008.
22.10.2008, Landkreis

http://www.kartoffelvielfalt.de/rettet_linda/index.php

 

Internationales Jahr der Kartoffel 2008: Erntedankfest - Fruchtfolge - Bio

Sie macht nicht dick, die tolle Knolle. Hundert Gramm Kartoffeln haben nur 80 Kilokalorien. Dennoch sinkt die Nachfrage nach dem ehemals klassischen Grundnahrungsmittel. Viele Landwirte haben die Erdäpfel aus ihrer Anbaupalette gestrichen. Aber es gibt sie noch und in vielen Sorten, von mehlig bis festkochend und von früh- bis spät gereift. Auch Bio-Bauern haben dicke Kartoffeln.

Die Vereinten Nationen haben 2008 dem "Internationalen Jahr der Kartoffel" gewidmet, und die Schweizer Post brachte dazu eine Sonderbriefmarke auf den Markt. Krönung ist die Kartoffel auf alle Fälle, wenn es, wie am morgigen Sonntag um schmückende Früchte für das Erntedankfest geht. Der Erdapfel - Solanum tuberosum - ist ein Nachtschattengewächs wie die Tomate und der Paprika, aber mit dem Unterschied, dass nur die unterirdisch wachsende Knolle essbar ist. 300 Millionen Tonnen werden weltweit jährlich geerntet, davon aber nur etwa vier Prozent in Deutschland.
Was auch beim Maisanbau gut wäre, in Deutschland aber nicht praktiziert wird - nur in der Schweiz - ist für Kartoffelanbauer selbstverständlich: die Fruchtfolge. Um Krankheiten und Schädlinge zu vermeiden, werden auf demselben Acker nur alle drei bis vier Jahre Kartoffeln angebaut. Dazwischen wächst in den Folgejahren Getreide, Saatmais oder Gemüse, bevor wieder Erdäpfel gesteckt werden. Die Fruchtfolge fördere auch den Nährstoffgehalt der Knolle, sagt Landwirt Gerhard Klein aus Heitersheim. Er ist spezialisiert auf Kartoffeln und baut diese auf einer Fläche von zwölf Hektar an. Seine Palette umfasst sieben Sorten von frühreif bis spät. Die Familie Klein erntet von Mitte Mai bis Ende September. Das liegt an den artenspezifisch unterschiedlichen Vegetationsperioden. Die dauert bei frühreifen Sorten 90 bis 110 Tage, bei mittelfrühreifen 120 bis 140 und bei späten 140 bis 160 Tage. Speisekartoffeln werden aber auch nach ihren Kocheigenschaften unterschieden. Festkochende eignen sich für Bratkartoffeln und Kartoffelsalat, die "vorwiegend festkochenden" kommen als Salz- oder Pellkartoffeln auf den Tisch und die mehligen werden in der Küche für Püree und Eintöpfe bevorzugt. "Leyla", die frühreife, gelbfleischige und vorwiegend festkochende Sorte, ist bei seinen Kunden der Renner, sagt Gerhard Klein. Wieder im Kommen sind jetzt auch mehlige Sorten, die aus Heitersheim heißt "Gunda". Der Bauernhof Klein vermarktet direkt ab Hof, im Lieferservice und an die Gastronomie. Mit der diesjährigen Ernte ist der Landwirt zufrieden. Sie sei besser als 2007, weil es weniger Schnecken gibt.

Bio-Landwirt Martin Hämmerlin macht in seiner Gärtnerei Amaranth in Buggingen eine gegenteilige Erfahrung. Seine Ernte fällt 2008 schmaler aus als im Vorjahr. Problem war der Dauerregen im Mai und Juni mitten in der Wachstumsphase. Das führt bei Kartoffeln zur gefürchteten Krautfäule, der Phytoptora. Konventionelle Anbauer können dagegen ein Spritzmittel verwenden, auch die Biobauern - sie dürfen Kupfer einsetzen. Nicht jedoch Martin Hämmerlin, denn er muss sich gemäß der Demeter-Vorgaben an besonders strenge Öko-Richtlinien halten. Ein Drittel seiner Anbauflächen widmet Amaranth der Kartoffel. Vermarktet wird sie direkt ab Hof, bei Edeka, über den Bio-Großhandel und in Demeter-Läden. Die mehligen Sorten sind bei Großabnehmern wenig gefragt, aber zunehmend wieder bei den Hausfrauen. Bei Martin Hämmerlin ist "Augusta" die mehlige, "Nicola" die feste und bei den vorwiegend festkochenden gibt es je nach Erntezeit "Christa, Solara und Agria". Christa, die erste, wird bei Martin Hämmerlin schon im Januar vorgekeimt, Ende Februar ausgepflanzt und dann Anfang Juni geerntet.

Sowohl der Bauernhof Klein als auch die Gärtnerei Amaranth verkaufen ihre Kartoffeln ganzjährig. Das ist möglich dank einer professionellen Lagerung bei plus fünf Grad Celsius. Heute werden weniger Kartoffeln gegessen als früher. Das liege daran, dass zunehmend Fertigprodukte gekauft werden, wie Püree-Granulat oder neuerdings Bratkartoffeln im Glas, bedauert Martin Hämmerlin. Den Markgräfler Klassiker - "G’schwelldi mit Zieger" (auch Bibilis-Chäs genannt) - kann man aus Fertigprodukten aber nicht bereiten. Die kalorienarme und dennoch stark sättigende Knolle heißt nicht nur Erdapfel sondern mancherorts auch "Grumbiere", was Erdbirne bedeutet. Die Inkas in Peru sollen sie vor 7000 Jahren entdeckt und als "Papas" (die Knolle) bezeichnet haben. Um das Jahr 1555 wurde die Kartoffel aus den Anden nach Spanien importiert. In Deutschland kam man erst später auf die Knolle, aber auch nur, weil Friedrich der Große - genannt der "Alte Fritz" - den Anbau 1756 per Verordnung durchgesetzt hatte.
"Daher kommt ja auch der Name Pommes-Fritz" witzelte 200 Jahre später der beliebte Komiker Heinz Erhardt.
Sigrid Umiger, 4.10.2008, BZ

 

Kartoffel-Downgrading: Saatgutkonzerne drängen Linda vom Markt

Dass weniger die Käufer bestimmen, welche Sorten entwickelt und angebaut werden, als die Anbieter und "Rechteinhaber", das zeigte sich in den letzten Jahren besonders eindrucksvoll an der Kartoffelsorte Linda. Über sie wurde bekannt, mit welchen juristischen Tricks und Finten Saatgutkonzerne auch beliebte und stark nachgefragte Sorten vom Markt zu nehmen versuchen, wenn ihr Monopolschutz auszulaufen droht. Mittlerweile zieht sich das Verfahren seit fast vier Jahren hin. Nun wird eine endgültige Entscheidung im Herbst erwartet.

Ende 2004 zog die Firma Europlant die eigentlich bis 2009 laufende Zulassung für die Kartoffelsorte Linda zurück. Hintergrund war, dass der Sortenschutz, also das staatlich gewährte Monopol, am 31. Dezember 2004 auslief. Möglich wurde dieser Missbrauch durch eine immer noch bestehende Klausel im Sortenrecht. Danach kann während der Schutzzeit nur der Sorteninhaber die Zulassung verlängern – und er darf sie auch zurückziehen. Sorten, die nicht durch das Bundessortenamt (BSA) als Vorstufensaatgut, Basissaatgut, Zertifiziertes Saatgut oder Standardpflanzgut anerkannt sind, dürfen nach § 3 des Saatgutverkehrsgesetzes (SaatG) nicht zu Anbauzwecken in den "gewerblichen Verkehr" gebracht werden. So können Saatgutkonzerne bewährte Sorten vom Markt nehmen und sowohl Bauern als auch Verbraucher zwingen, stattdessen weniger nachgefragte und möglicherweise schlechtere Sorten zu kaufen, auf die sie noch Monopolrechte haben. Genau das geschah im Fall Linda: Obwohl die geschmacksintensive Kartoffelsorte seit 1974 angebaut wird, konnte sie zum 1. Januar 2005 aus der Bundessortenliste entfernt werden. Weil nicht nur Bauern, sondern auch Verbrauchern davon Wind bekamen, bildete sich ein Linda-"Freundeskreis", der Spenden sammelte und auf dessen Antrag hin das Bundessortenamt die Auslaufzeit bis 30. Juni 2007 verlängerte. Gegen diese Verlängerung legte Europlant beim Bundessortenamt Widerspruch ein. Als dieser zurückgewiesen wurde, klagte die Firma beim Verwaltungsgericht Hannover, scheiterte aber am 25. August 2005 auch dort. Die Argumentation, warum ihr auch ein Schadensersatz zustünde, war dabei durchaus bemerkenswert: Europlant gab an, dass das Unternehmen nach der von ihm selbst beantragten Verkürzung der Zulassung Saatgut vernichtet habe, das es nach der (von den Prozessgegnern erzwungenen) Verlängerung wieder verkaufen hätte können. Nun versuchte es Europlant beim Schiedsgericht für Saatgut und Sortenschutzstreitigkeiten an der niedersächsischen Landwirtschaftskammer. Dort klagte das Unternehmen gegen mehrere Bauern, die Linda pflanzten. Am 27. Juli 2005 entschied diese Stelle, dass die Kartoffeln unter der Aufsicht von Kontrolleuren geerntet und in verplombten Scheunen gelagert werden müssten. Das Oberlandesgericht Celle drängte die Parteien zwei Monate später zu einem Vergleich: Die Beschlagnahme wurde aufgehoben, aber die Landwirte mussten die strittigen Kartoffeln an Europlant übergeben. Das Unternehmen wurde wiederum verpflichtet, diese 2006 zu marktüblichen Preisen als Pflanzkartoffeln zu verkaufen. Weil die Saatgut-Treuhand, eine Art GVU und GEMA der Saatgutkonzerne, trotz des abgelaufenem Monopolschutzes, von Landwirten Auskunft haben wollte, ob sie Linda anbauen, wurde sie mit einem Big Brother Award in der Kategorie Wirtschaft "ausgezeichnet". 2007 war es die Auszeichnung "Kartoffel des Jahres" und die damit verbundene Medienöffentlichkeit, die Europlant verkünden ließ, Linda ein weiteres Jahr zu erhalten. 2008 sprang der Züchter Karsten Ellenberg ein: ihm genehmigte das Bundessortenamt das "Inverkehrbringen" zu Forschungszwecken, wodurch begrenzt Pflanzgut ausgeliefert werden konnte. Obwohl das Bundessortenamt noch keinen Termin bestätigen möchte, rechnet Ellenberg damit, dass er in den nächsten Monaten einem Bescheid über die Zulassung oder Nichtzulassung erhält. Parallel zum Wiederzulassungsverfahren in Deutschland läuft eines in Schottland. Erfolgt dort eine Registrierung, dann können die Linda-Freunde von einem EU-Effekt profitieren, der sonst eher für Negativschlagzeilen sorgt: Gelingt die Zulassung in einem europäischen Land, dann gilt sie für alle.

Peter Mühlbauer 07.08.2008,
Kompletten Beitrag bitte lesen auf:
www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28487/1.html

http://www.kartoffelvielfalt.de/rettet_linda/index.php
www.bigbrotherawards.de


 

Ä hüffe Arbeit: bei Kartoffelbauer Otmar Binder in Forchheim

Sie ist gilt als Trüffel des Volkes, und 2008 ist ihr Jahr: Mit dem „Jahr der Kartoffel" will die UN-Generalversammlung die Bedeutung der Feldfrucht in den Vordergrund zu rücken. In Deutschland, dem weltweit sechstgrößten größten Kartoffelproduzenten (11 Millionen Tonnen), sollen Kartoffeln nicht nur satt machen, sondern vor allem schmecken. In Forchheim am Kaiserstuhl, wo angeblich die besten Kartoffeln überhaupt wachsen, hat man das verstanden. Der Forchheimer Kartoffelbauer Otmar Binder erklärt, warum die dortigen Nachtschattengewächse so gut sind.

Schon wieder kein richtiger Sommer, seit Stunden regnet es Bindfäden. Aber Landwirt Otmar Binder, 47, grinst wie Bolle. „So ein schöner Landregentag ist Gold wert", sagt er und freut sich auf einen Tag im Büro. Ein Bauer wie Otmar Binder aus „Forche" (Forchheim) bleibt auch bei Dauerregen entspannt. Warum? „Unser Boden ist gut", sagt Binder, sagt der Bürgermeister, sagen die anderen Bauern. Die Bodenmischung aus rheinischem Schwemmland und Kaiserstühler Lehm-Lößboden hat zwei Vorteile: Das Wasser fließt nicht zu schnell ab, wie es weiter südlich im Markgräflerland mit seinen Kiesböden passiert, aber es staut sich auch nicht, so dass die Frucht im Boden verfaulen könnte. Ideale Voraussetzungen also für Binder und die 26 anderen Kartoffelkönige aus Forchheim. Das 686-Seelen Dorf ist überregional für seine guten Kartoffeln bekannt, und Otmar Binder ist der Forchheimer Landwirt mit den wahrscheinlich meisten Meriten („Der Feinschmecker") und den meisten Kartoffelsorten. Sein Lindenbrunnenhof ist ein Traditionsbetrieb wie die meisten Forchheimer Höfe. Sein Vater fährt seit 45 Jahren Kartoffeln aus, davor war dessen Vater auf Acker und Landstraße unterwegs und davor vermutlich auch schon sein Großvater. Haben die dümmsten Bauern die größten Kartoffeln? Otmar Binder muss wieder lachen, und meint, dass für gute Kartoffeln andere Tugenden gelten, zum Beispiel Erfahrung, aber auch Fleiß. „Ä hüffe Arbeit" würden die Herdäpfelmachen, wie Binder das im breiten Forchheimer Alemannisch sagt. Seine Frau Christa nickt. Binder baut 22 Sorten Kartoffeln an, solche, die schon im Frühjahr reif sind und solche, die erst im Herbst aus der Erde müssen und sehr lagerfähig sind. Zum Sortenspiegel gehören Berber, Nicola und heuer zum letzten Mal die Linda, aber auch Raritäten wie Papa Kreola und Kubio, Kartoffelsorten sus Bolivien, die Binder von einem Freund bekam. Mit diesen 22 Sorten hat Binder das ganze Jahr über Kartoffeln auf Lager – und immer etwas zu tun.

Auch nach der Ernte: Der Landwirt legt Wert auf Ökologie, pflanzt nach der Ernte Ölrettich oder Ackersenf, schlegelt es unter und düngt so das Feld. Auf einigen Feldern probiert Binder neue Sorten aus und sammelt Beobachtungen: Zum Beispiel, dass der Forchheimer Boden besser für die festkochende Ditta als für die Belana geeignet ist und dass er die mehlige Note der Agrea noch verstärkt. Was sich auf dem Versuchsfeld bewährt, wird weiter angebaut. So machen es die anderen Forchheimer auch – aber jeder für sich und keiner auf dem Versuchsfeld des Landratsamts. „Hier kämpft jeder auf seinem eigenen Feld", erzählt Binder, wobei man sich schon mal unter Kollegen Tipps gebe, nach dem Motto, „Du, die Sorte isch gut…". Gattin Christa ergänzt: „Wenn’s drauf ankommt, halten die Forchheimer zusammen." So wie vergangenes Jahr beim „Blickpunkt Ernährung" des Landwirtschaftsministeriums, als das Dorf 8 000 Gäste aufnahm.

Forchheimer Kartoffeln haben eine Besonderheit: Sie kommen ohne Zwischenhändler zum Endverbraucher. Bis in den Schwarzwald und bis Offenburg fahren die Bauern und verkaufen von der Straße weg ihre Herdäpfel im 15-Kilo-Sack. Hinzu kommt anderes Gemüse und Obst. Auf diesem Weg ist die Forchheimer Kartoffel bekannt und zur südbadischen Marke geworden. Und das zahlt sich aus: Binder rechnet vor, dass es beim Großhändler für 100 Kilo Kartoffeln nur etwa 20 Euro gibt. Weil sie den umgehen, können Forchheimer Bauern mit relativ kleinen Feldern überleben. Während anderenorts die Bauern 50- Hektar-Flächen brauchen, reichen in Forchheim manchmal nur 30 Hektar, um über die Runden zu kommen. Otmar Binder bewirtschaftet zum Beispiel nur 40Hektar. Leider lässt das Haus-zu- aus-Geschäft nach, weil immer mehr Menschen berufstätig und tagsüber  nicht anzutreffen sind. Wie seine Kollegen sieht Binder seine Chancen auf dem Wochenmarkt und in der Spezialisierung. Als er 1988 den Hof von seinem Vater übernahm, machte er Schluss mit der Schweine- und Kälberzucht und setzte ganz auf Gemüse und Frucht. Bei einem Rundgang über seine Äcker, Obstwiesen, Gewächshäuser kommt er  aus dem Erzählen nicht mehr heraus berichtet von den kirschgroßen Kiwis, von den Tomaten, die nicht umsonst Ochsenherztomaten heißen und von seinen meterlangen Bohnen.

Aber nicht nur die Lust, Exotisches heimisch zu machen, zeichnet Otmar Binder aus. Zurück in der Halle, wo Kisten, Traktoren und der Vollernter stehen, erklärt er, mit welcher Sorgfalt die Kartoffel  vom Feld in den Sack kommt: Extra weich plumsen die Knollen von einem Förderband auf das nächste, damit sie keine Blessuren bekommen, dann werden sie von Hand sortiert. Was zu groß, zu klein, zu grün ist, kommt nicht in den Sack. Für Binder und seine Kollegen ist diese Achtsamkeit Ehrensache, müssen sie doch jeden Tag ihren Kunden in die Augen schauen.
Pascal Cames, 27.7.2008, www.der-sonntag.de


 

Chips: Auch Biochips sind mit Acrylamid belastet

Kartoffelchips sind weiter mit dem krebsverdächtigen Stoff Acrylamid belastet. Wie die Verbraucherschutzorganisiation Foodwatch nach einem Test von 16 Chipssorten berichtet, weisen auch hochpreisige Marken und sogar Bioprodukte weiter hohe Acrylamidwerte auf. Testsieger war die Chips-Eigenmarke des Lebensmitteldiscounters Lidl. Am anderen Ende der Liste steht die Marke "Pringles Paprika" . Nach Angaben von Foodwatch enthalten diese Chips 1600 Mikrogramm Acrylamid pro Kilogramm. Damit überschreite ein Erwachsener schon mit einer Viertel Packung die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene tägliche Höchstdosis für Acrylamid, so Foodwatch
12.8.2007



Die tolle Knolle - BEKI: Eröffnungsveranstaltung im Landkreises BH

"Kartoffeln - vielfältig, lecker und gesund" so das Motto, unter dem kürzlich Herbert Schell, Leiter des Fachbereichs Landwirtschaft, das Kartoffeljahr im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald einläutete. Das
Markgräflerland und der Kaiserstuhl zählen zu den wichtigsten Kartoffelanbaugebieten in Baden-Württemberg.

BEKI-Fachfrauen am 5.8.2007 am Reckenberg: Kartoffelkunde für Kinder
Lernstationen
 
Lehrschau zur Kartoffel
 
BEKI-Fachfrauen am 5.8.2007 am Reckenberg: Kartoffelkunde für Kinder 

Insgesamt hat sich der Kartoffelanbau innerhalb der letzten 30 Jahre jedoch von 1.200 Hektar auf etwa 600 Hektar halbiert. Deshalb möchte man im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald das Wissen um die Kartoffel und die Lust darauf wieder steigern, so das erklärte Ziel von Schell bei der
Eröffnungsveranstaltung der Landesinitiative Blickpunkt Ernährung. Die Landesinitiative Blickpunkt Ernährung informiert Verbraucherinnen und Verbraucher über den Weg der Lebensmittel vom Acker bis zum Teller. Mit gesunder und allgemeiner Verbraucherinformation sensibilisiert sie seit dem Jahr 2002 für abwechslungsreiches und gesundheitsbewusstes Essen und Trinken. War es im vergangenen Jahr das Gemüse insgesamt, so dreht sich 2007 alles um die Kartoffel.
Im Laufe des Jahres bietet der Fachbereich Landwirtschaft zahlreiche Veranstaltungen rund um das Thema Kartoffel an. Einen Schwerpunkt bilden dabei die Lehrfahrten für Verbraucher am 25. und 28. September 2007 zum Thema Kartoffelerzeugung und Kartoffelverarbeitung. Oder die Kartoffeltestessen für Erzeuger und Verbraucher unter dem Motto "Die Vielfalt der Kartoffelknollen".

In der Außenstelle Breisach des Landratsamtes eröffnete Schell gleichzeitig die Lehrschau "Kartoffel" des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum, die noch bis Ende Juli zu sehen ist. Die Ausstellung  klärt den Verbraucher in Sachen Kartoffel vollständig auf. So zum Beispiel über die Kartoffelkennzeichnung, die verschiedenen Kartoffelsorten, den wichtigen Beitrag der Kartoffel in der Ernährung und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in der Küche. Die unterschiedlichen Sorten sind beim
Einkauf etwa ganz einfach anhand der Farbe des Etiketts zu erkennen. Nämlich grün für fest kochend, rot für vorwiegend fest kochend und blau für mehlig kochend. Darüber hinaus beinhaltet die Lehrschau verschiedene Kindertafeln. Wie beispielsweise ein Bild von Inspektor Lipid, der auf der Jagd nach
Fettaugen ist. Wo wird er wohl die meisten Fettaugen finden, in Pellkartoffeln, Kartoffelbrei, Pommes oder in Chips?
Zum Schluss des offiziellen Teils stellte BeKi-Koordinatorin Rita Hippchen vom Fachbereich Landwirtschaft Lernstationen für Schülerinnen und Schüler zum Thema Kartoffel vor. "BeKi" - die Kurzform für "Bewusste Kinderernährung" - ist eine Landesinitiative, die vor 25 Jahren vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg gegründet wurde. Unter dem Motto "Fit essen schmeckt" hat sich BeKi den neuen Umgang mit Essen und Trinken, mit Lebensmitteln und dem eigenen Körper als Zukunftsaufgabe gesetzt. An den Lernstationen können Kinder und Jugendliche die Kartoffel von der Produktion bis hin zum Verzehr betrachten und kennen lernen. Sie setzen sich dabei mit verschiedenen Aspekten der Kartoffel auseinander: Aussehen, Küchentechnik, Botanik, Kartoffelprodukte, Sorten und ihre Verwendung, Inhaltsstoffe, Warenkunde und Sensorik.
12.7.2006

 


Peru - Heimat der Kartoffel

Zum Kartoffeltag kam ein besonderer Gast. Professor Federico Kauffmann-Doig, Botschafter der Republik Peru in Berlin, kam aus der Hauptstadt nach Südbaden und präsentierte das Land, aus dem die Kartoffel stammt. Ein Gespräch war einfach: Der Botschafter spricht deutsch und erzählte, dass seine Großeltern väterlicherseits von Bad Mergentheim nach Südamerika auswanderten. Mit ihm sprach BZ-Mitarbeiterin Ilona Hüge.

BZ: Exzellenz, wie kamen Sie auf Forchheim?
Kauffmann-Doig: Minister Hauk hat mich eingeladen. Ich dachte, es wäre eine kleine Veranstaltung, nachdem ich mir Forchheim auf der Karte angesehen habe. Aber Kartoffeln kommen aus meinem Land, und ich freue mich immer, wenn über sie gesprochen wird, selbst wenn das in einem kleineren Kreis ist.
BZ: Nächstes Jahr wird die Kartoffel international gewürdigt.
Kauffmann-Doig: Ja, die Vereinten Nationen haben 2008 zum Jahr der Kartoffel erklärt. Das wusste ich, als ich im Dezember 2006 in Berlin ankam. Ich kümmere mich daher um eine Ausstellung zur Kartoffel, die in Deutschland anfangen und in ganz Europa gezeigt wird. Mit der Ausstellung wollen wir daran erinnern, dass die Kartoffel aus Peru stammt und dabei das Land vorstellen, mit dem Ziel, geschäftliche Beziehungen zu erleichtern.
BZ: Haben Sie in Forchheim Anregungen erhalten?
Kauffmann-Doig: "Kartoffel überall daheim" finde ich einen sehr schönen Titel, und ich habe manche Ideen gesammelt. Ich habe hier zum Beispiel Herrn Koch mit den vielen Büchern über Kartoffeln getroffen. In meiner Ausstellung habe ich auch ein Kapitel über die Kartoffel in der Literatur vorgesehen. Dazu will ich ihn einladen.
BZ: Welche Bedeutung hat die Kartoffel heute in Peru?
Kauffmann-Doig: Im Hochland ist die Kartoffel der Anbau Nummer eins. Dort werden auch andere Knollenfrüchte wie "Olluco" angebaut, die man hier nicht kennt. Sie können auch auf Höhen von über 3800 Metern wachsen. Der Konsum von Kartoffeln ist im Land noch sehr hoch, es wird nicht viel exportiert.
BZ: Weiß man in Peru, seit wann es die Kartoffel gibt?
Kauffmann-Doig: Seit mindestens 5000 Jahren, zuerst wohl in wilden Formen, aber seit rund 3000 Jahren haben wir schon essbare Sorten. Nachgewiesen wurde das bei archäologischen Grabungen. In Peru war es üblich, dass die Gräber auch Essen als Grabbeigabe erhielten. Besonders in den trockenen Küstenregionen hielten sich die Beigaben so gut, dass sie zu erkennen waren.
BZ: Ihr Eindruck vom Kartoffeltag in Forchheim?
Kauffmann-Doig: Ich bin überrascht. Ich wusste nicht, dass es so großartig ist.
20.7.2007, BZ

 

 

Vielseitiger als die Kartoffel ist kein Lebensmittel der Welt

Nicht jedes Kind weiß noch, dass die Dinger, aus denen die Pommes gemacht werden, Kartoffeln heißen. Und dass die selbst geschnittenen unendlich besser schmecken als die harten Turbofritten aus der Mikrowelle. Schade eigentlich. Die Kids von heute können nichts dafür, dass den meisten von ihnen die Kartoffel als sinnliche Erfahrung fehlt. Wer immer nur das armselige Fastfood-Endprodukt aus der Tüte vorgesetzt bekommt, wer nie die staubigen Knollen mit den Händen aus der Ackerfurche geklaubt hat, wer als Kind nicht ungeduldig seine Beutestücke am Stock überm Kartoffelfeuer geröstet hat (außen schwarz verbrannt, innen noch halbgar, aber himmlisch süß und heiß wie die Hölle), wie soll der das verstehen, dieses kleine Glück. Vom Hunger ganz zu schweigen. Es ist noch nicht mehr als zwei Generationen her, dass ein Sack Kartoffeln hierzulande mit einem Perserteppich bezahlt werden musste. Der Verbrauch an Speisekartoffeln sank dann in Deutschland von 225 Kilo pro Kopf im Jahre 1948 auf derzeit rund 65 Kilo. Und jede zweite Kartoffel wird in den Industriegesellschaften zu Fertiggerichten verarbeitet, zu Püreeflocken, Chips und Tütensuppen. Die magische Knolle taugt für viele Zwecke. Sie ist billiger Rohstoff für Massenfutter und Partysnacks, aber auch wandlungsfähiges Material für die kreativen Meister der Haute Cuisine. Als die pomme de terre 1976 durch eine große Dürre plötzlich unerschwinglich teuer wurde, besannen sich auch die Franzosen wieder auf den Wert des treuen Gemüses. Die Indios des Altiplano, die ihre Kartoffeln schon vor 4000 Jahren in Nachtfrost und Sonnenglut zu Chuño gefriergetrockneten, taten dies, um ihre kostbare Ernte zu konservieren. Doch was der wehrlosen Knolle heute von den Nahrungsmittelherstellen alles angetan wird, trägt weder zu ihrer Veredelung noch zum Geschmack bei. Salzige, womöglich mit Acrylamid belastete Chips in Tüten für uns faule couch potatoes, Kartoffelflocken als bequemer Ersatz für das eigenhändig gestampfte Püree; schockgefrostete Pommes, aus denen dann bestenfalls nach Pappe schmeckende Fettstäbchen werden, deren Geschmacksarmut mit Ketchup und Mayonaise verkleistert werden muss.

Leider ist das Wissen um das, was eine gute Knolle auszeichnet, mit den Jahrzehnten noch mehr geschrumpft als die Zahl der angebotenen Sorten. Zwar bemühen sich einzelne Bauern und Genbanken um eine Renaissance der einstigen Artenvielfalt, doch in den Supermärkten werden selten mehr als drei verschiedene angeboten. Eine gute, wohlschmeckende Kartoffel zu finden ist fast so schwer wie einen gescheiten Metzger. Der Sturm der Entrüstung, als vor zwei Jahren der Anbau der populären Sorte Linda verboten werden sollte, zeigt zumindest, dass die Knolle noch immer Zeug zum Politikum hat. Vielseitiger in der Küche ist kein Lebensmittel der Welt. So soll dieser kleine Überblick auch nur den Appetit wecken auf die schönsten und populärsten Genüsse, die sich aus Kartoffeln zaubern lassen. Zurzeit kommen ja schon die ersten Frühkartoffeln auf den Markt, als Begleiter zu den letzten Spargeln der Saison oder zu den ersten Matjes des Jahres. Natürlich kocht man die kleinen Sieglinden am besten in der Haut, pellt sie dann bei Tisch und lässt frische Butter (wahlweise auch gutes Olivenöl) ihr Aroma wachküssen, mit einem Klacks Bibbeliskäs à la Schnittlauch wird daraus ein kleines, mageres Sommeressen, das auch ohne Spargel auskommt. Truman Capote nahm noch Kaviar als Zugabe, aber das wäre heute erstens zu teuer, zweitens politisch unkorrekt.

Festkochende Sorten wie Sieglinde, Cilena und Princess eignen sich auch bestens für einen Kartoffelsalat, für den jede Hausfrau ihr eigenes Rezept besitzt. Ob man/frau dazu Öl oder Speckbrühe nimmt oder gar Mayonnaise, stets ist das hoffentlich schön schlunzige Ergebnis dem mit chemischen Zusatzstoffen haltbar gemachten Industrieprodukt überlegen. Und wie leicht kann man mit etwas Übung ein Liebesverhältnis zu Bratkartoffeln entwickeln, den oft geschmähten Kalorienbomben. Sie richtig knusprig hinzubekommen bedarf nur einer etwa halbstündigen Aufmerksamkeit an der Pfanne. Das gleiche gilt für den Reibekuchen welcher am Imbissstand vor dem Kölner Hauptbahnhof zum Kult wird. Auch hier liegen Welten zwischen den aus geriebenen rohen Streifen geformten Flecken und dem vorgefertigten Ersatz aus dem Supermarkt. Beispiel Kartoffelpüree. Wo bekommt man denn heute noch ein hausgemachtes Kartoffelpüree? Aus einer ausgesuchten, mehligkochenden Sorte wie Agria oder Hansa, fachmännisch zerstampft mit dem hölzernen Kartoffelstampfer, mit Vollmilch geschmeidig gemacht? Der französische Drei-Sterne-Koche Joël Robuchon hatte seinen größten Erfolg, als er auf die genial-banale Idee kam, sein Püree mit feinstem Olivenöl anstatt mit Butter zu verfeinern. Auch für ein köstliches Gratin muss man keine Ausbildung absolvieren, wenn man die Form gut einfettet sowie Hitze und Garzeiten im Auge behält. Und wann haben Sie zuletzt eine echte Kartoffelsuppe gekocht? Oder einen echten Kartoffelkloß halb und halb?

Während die Diätapostel, die so viel Böses über die Knolle und ihre angeblich figurfeindlichen Kohlehydraten verbreitet haben, in jüngster Zeit verstummt sind, ist die Zunft der Lebensmittelforscher schon derart auf den Hund gekommen, dass sie ernsthaft die Frage erörtert, ob dicke oder dünne Fritten schneller dick machen (Es sind die dünnen, weil sie mehr Fett pro Fritte aufsaugen). Wir wissen einfach, dass Pommes ein Vergnügen sind, das man sich eben nur höchstens einmal die Woche gönnen sollte. Und dann hausgemacht und handgeschnitten. In 175 Grad heißem Fett zwei Mal frittiert. Und morgen wieder Pellkartoffeln, von Ringelnatz zärtlich "Pellka" getauft.
Paul Hase, 16.6.2007, www.badische-zeitung.de

 

Aktionstag "Blickpunkt Ernährung" am 17. Juni in Forchheim

Die Vorbereitung für die Eröffnungsveranstaltung der landesweiten Aktion "Blickpunkt Ernährung" läuft auf vollen Touren. Das Schwerpunktthema ist in diesem Jahr die Kartoffel. Eröffnet wird die Veranstaltung daher am 17. Juni in Forchheim, der Kartoffelhochburg im Landkreis Emmendingen.

Informationen rund um den Aktionstag gab es am Dienstag in der Forchheimer Festhalle. Eine ganze Reihe von Organisatoren stellte das Projekt bei einer zweiten Pressekonferenz vor. Die baden-württembergische Initiative Blickpunkt Ernährung wird seit 2002 mit wechselnden Schwerpunkten veranstaltet. Das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum will so die Verbraucher erreichen und informieren. "Wer die Produktionskette vom Acker bis zum Teller versteht, kann sich bewusster für bestimmte Lebensmittel und eine gute Ernährung entscheiden", betonte Martina Ehrentreich von der Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft.

Die Kartoffel hat Aufmerksamkeit nötig: Der Pro-Kopf-Verbrauch sinkt ständig. Um 1900 wurden noch pro Jahr und Kopf satte 271 Kilo Kartoffeln gegessen, derzeit liegt der Pro-Kopf-Verbrauch der deutschen Bevölkerung bei 67 Kilo. "Viel zu wenig" , meinte Ehrentreich und legte zur Begründung das gute Zeugnis vor, das Ernährungswissenschaftler der Kartoffel ausstellen. Kartoffeln machen danach "satt, aber nicht dick" , enthalten kaum Fett, sind reich an Ballaststoffen und bringen hochwertiges Eiweiß mit. Sie verfügen über die wichtigen Vitamine B1, B2 und C, liefern Mineralstoffe wie Kalium, Calcium, Magnesium, Phosphor und Eisen. Und sie wirken zudem entwässernd. Der Aktionstag soll nicht nur den Wert der Kartoffel an die Verbraucher bringen. Er soll auch "Kompetenz in der Zubereitung" vermitteln. Was die Kartoffel, gekocht als Pellkartoffel, noch an Nährstoffen mitbringt, geht in vielen anderen Formen — Stichwort: Pommes Frites, Chips — entweder verloren oder erhält eine gehörige Portion Fett dazu. Mit schmackhaften und ungewöhnlichen Rezepten, zum Beispiel Kartoffelkuchen, sollen die Verbraucher am Kartoffeltag in Forchheim Anregungen erhalten.

Rund 150 Kartoffelsorten gibt es in Deutschland, für Landrat Hanno Hurth "eine ungeheure Vielfalt" . Er erlebte in Forchheim eine Premiere: Hurth stand zum ersten Mal auf dem Vollernter, der für die Frühkartoffeln im Einsatz ist. Viel früher als sonst ist dieses Jahr in Forchheim die erste Sorte ("Berber" ) reif. Ein Feld mit den frühen Sorten, zu denen auch Christa, Annabelle und Marabelle gehören, wurde nahe der Festhalle extra für den Aktionstag angelegt. Dazu kommt noch ein Sortenversuchsfeld an der Straße nach Wyhl, bei dem das Landwirtschaftsamt Hochburg am Aktionstag Fragen beantworten wird.

In Forchheim sind einen Monat vor dem Aktionstag schon viele Helfer am Werk. Landwirte und Vereine machen mit. "Eigentlich muss sich jeder zweite oder dritte Einwohner beteiligen, damit es funktioniert" , sagte Bürgermeister Johannes Gerber. Wenn das Wetter mitspielt, rechnet man mit gut 2000 Besuchern in Forchheim. Das umfangreiche Programm zum Aktionstag liegt ab sofort auch auf den Wochenmärkten aus.

Badische Zeitung Freiburg
Ilona Hüge, 16.1.2007, www.badische-zeitung.de

 

Eine Knolle, die die Welt veränderte

Sie sieht aus wie eine primitive Knolle, aus der man kaum Kulinarisches zaubern kann. Aber sie schrieb Geschichte. Die Kartoffelexpertin Barbara Kosler vom Münchner Kartoffelmuseum erläutert, warum.

BZ: Heine hat gesagt, Luther erschütterte Deutschland, Drake beruhigte es wieder — er gab uns die Kartoffel. Was gibt einer Feldfrucht so viel Macht, Frau Kosler?
Kosler: Voller Bauch revolutioniert eben nicht gern. Die Kartoffel hat damals das abgeschafft, was für viele Leute Normalzustand war: Den Hunger. Auf einer Fläche von zwei Quadratmetern, auf die mit Mühe genug Getreide für ein Vierpfundbrotbrot passte, konnte man nun fünf Kartoffelpflanzen anbauen. Mit 20 bis 30 Knollen pro Pflanze bis zum Herbst kann man die Familie eine Weile über Wasser halten.
BZ: Trotzdem war Friedrich der Große offensichtlich auf einen Trick angewiesen, um seine Untertanen davon zu überzeugen, Kartoffeln anzubauen?
Kosler: Der alte Fritz hatte das Problem, dass er im Siebenjährigen Krieg 80 000 Soldaten zu ernähren hatte. Den Tipp mit der Kartoffel hatte er von seiner Schwester Wilhelmine aus Franken, wo man schon Kartoffeln im größeren Stil anbaute. Der alte Fuchs hat sich dann darauf besonnen, dass alles, was verboten ist, Interesse weckt. Deshalb soll er seinen Soldaten befohlen haben, zwar demonstrativ die Felder zu bewachen, nachts aber, wenn die neugierigen Bauern kamen, nicht so genau hinzugucken. Ulkigerweise erzählt man das auch aus Frankreich, Griechenland, ja eigentlich überall. Die älteste Überlieferung stammt aber tatsächlich aus Preußen.
BZ: Das Land verdankt also den Sieg im Siebenjährigen Krieg der Kartoffel?
Kosler: Ohne Kartoffeln hätte der alte Fritz zumindest alt ausgeschaut. Die Konkurrenz in Österreich hat sich nämlich erst viel später durchringen können mit dem Anbau zu beginnen. Als potenzielle Teufelsfrucht, zu der die Kirche sie erklärt hatte, hatte die Kartoffel es halt schwer sich durchzusetzen.
BZ: Auch Irland sähe ohne Kartoffel anders aus.
Kosler: Für die Iren war die Kartoffel Fluch und Segen. Sie hatten ihre Ernährung schnell auf Kartoffeln umgestellt. Die Folge war zunächst, dass von 1760 bis 1840 die Bevölkerung von 1,5 Millionen auf neun Millionen wuchs — um 600 Prozent in 80 Jahren. 1845 wurde der Pilz Phytophthora infestans, die Kartoffelpest, aus Amerika eingeschleppt und vernichtete die Ernte. Weil sie sich Getreide nicht leisten konnten, verhungerten bis 1851 rund 1,5 Millionen Iren. 1,5 Millionen wanderten aus, später folgten noch vier Millionen. Weshalb es auch ein Buch gibt: "Der Pilz, der Kennedy zum Präsidenten machte."
BZ:
Womit wir dann den Bogen zur amerikanischen Kartoffel-Geschichte geschlagen hätten
Kosler: Zumindest haben die ausgewanderten Kennedys und der irische Einfluss die USA stark geprägt.
BZ: Asien zumindest dürfte sich aber seine Kartoffelunabhängigkeit bewahrt haben?
Kosler: Auch die Japaner haben große Kartoffeldenkmäler. Und in Vietnam werden schon heute zwischen zwei Reisernten oft auf den Feldern Kartoffeln angebaut. Die Kartoffel ist halt ein tolles Kerlchen und wächst fast überall — selbst in Südamerika bei den Inkas auf über 3500 Metern Höhe.
BZ: Man hört den Mantel der Geschichte rauschen. Sollte das Inkareich der Kartoffel zu verdanken sein?
Kosler: Getreide hätten die Inkas jedenfalls nicht oben in den Anden anpflanzen können. Dieser Indianerstamm hat die Kartoffel als erster kultiviert, sie sogar mit einem primitiven Gefriertrocknungsverfahrens konserviert und in riesigen Hallen eingelagert, denn sie ernteten mehr als sie essen konnten. Wer sich aber nicht ständig um sein tägliches Brot kümmern muss, hat Zeit, eine Hochkultur aufzubauen.
BZ: Unsere heutige Hochkultur zumindest weist der Kartoffel zunehmend eine Nebenrolle zu. Hat die Knolle als historischer Strippenzieher ausgedient?
Kosler: Ich denke, der Trend geht heute weg von der Quantität und hin zur Qualität. Ich will nicht mehr die Allerweltskartoffel, ich gehe auf den Wochenmarkt und kaufe mir eben das Bamberger Hörnchen.
BZ: Die Kartoffel wandert also aus der Volks- in die Dreisterneküche?
Kosler: Sie durchlebt eine Achterbahnkarriere. Aber sie war immer vor allem eine Not-, Kriegs- und Hungermahlzeit. Spätestens wenn der Wohlstand schwindet, kommt auch die Kartoffel wieder. Schauen Sie mal in die Schrebergärten — da startet sie schon heute eine neue Karriere.
Michael Brendler , 16.6.2007, www.badische-zeitung.de


 

Kartoffelmuseum in München

"Das Kartoffelmuseum, eine Einrichtung der Otto Eckart Stiftung, wurde 1996 in München eröffnet. Es zeigt eine facettenreiche Sammlung von Exponaten rund um das Thema Kartoffel und ist weltweit das einzige Museum, dass sich der Kartoffel ausschliesslich in kunst- und kunsthistorischer Hinsicht widmet. Herzstück ist eine umfangreiche Bildersammlung."

Stiftung Otto Eckart
Das Kartoffelmuseum, Grafinger Straße 2, 81671 München, Telefon:089/404050
Eintritt frei!
www.kartoffelmuseum.de


 

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