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Saatgut

  

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Teleblick von Heitersheim nach Norden zu Batzenberg, Schneckental, Kirchhofen und Schönberg (von links) am 2.11.2006
Teleblick von Heitersheim nach Norden zu Batzenberg, Schneckental, Kirchhofen und Schönberg (von links) am 2.11.2006

 

Saatmais - Anbauspezialität in Breisgau und Ortenau

Eine Spezialität des Oberrheingrabens auf der badischen Seite ist der Anbau von Saatmais. Seit dem Ende der 1950er Jahre wird er betrieben, nirgendwo sonst in Deutschland ist es warm genug dafür. Rund 300 Betriebe widmen sich auf 3300 Hektar Anbaufläche diesem Geschäft. Die Schwerpunkte sind zwischen Neuenburg und Breisach, zwischen Weisweil und Kenzingen und ein Stück weiter nördlich rund um Lichtenau, einem Dorf in der Nähe von Bühl. Für Hubert Hugger vom Regierungspräsidium Freiburg ist Saatmaisanbau "die hohe Kunst des Ackerbaus". Spezieller Saatmais wird angebaut, seit herkömmlicher Mais durch Hybridsorten abgelöst worden ist. Hybrid bedeutet, dass man die Befruchtung der Maispflanzen nicht mehr sich selbst überlässt, sondern gezielt dafür sorgt, dass weit entfernte Maissorten einander befruchten. Dank Hybridmais hätten sich die Erträge in den vergangenen 50 Jahren pro Hektar von früher 30 bis 40 Doppelzentner mehr als verdoppelt, sagt Fachmann Hugger. Saatmais habe die herkömmlichen Sorten praktisch vollkommen verdrängt. Die traditionelle Sorte gelber badischer Landmais gebe es nur noch, weil die Taubenzüchter ihn an ihre Tiere verfütterten, sagt Hugger. Der Hybridmais kann sich allerdings nicht mehr selbst vermehren, deswegen muss jedes Jahr neuer Saatmais gezogen werden. Das ist für die Landwirtschaftsbetriebe aufwändig, aber auch ertragreich. Pro Hektar Saatmais müsse man mit 80 bis 90 Stunden Arbeit rechnen, sagt Hugger, bei Körnermais seien es nur vier bis fünf Stunden. Dafür erlösen die Landwirte für Saatmais mehr als 4000 Euro pro Hektar gegenüber 1500 für Körnermais. "Die hohe Wertschöpfung stabilisiert die Betriebe", sagt Anton Rösch vom badischen Bauernverband BLHV. Wenn der Saatmais reif ist, werden die Kolben geerntet und in die beiden südbadischen Maiswerke gebracht, Südgetreide in Weisweil und das Raiffeisen-Maiswerk in Heitersheim. Dort werden die Kolben getrocknet, die Körner vom Kolben entfernt und gegen Schädlinge wie den Maiswurzelbohrer gebeizt. Dann kann der Landwirt den Mais ausbringen – nicht vor dem 20. April, denn die Pflanze, von der sich die Inkas in Peru ernährten, ist frostempfindlich. 20 Prozent des Mais’, der in Deutschland angebaut wird, kommt aus Südbaden, 80 Prozent werden importiert.
11.8.2009, www.badische-zeitung.de

 

 

Kulturpflanzenarten: Die kostbare Vielfalt stirbt aus 

Weltweit sorgt die industriegerechte Massenproduktion dafür, dass zahllose Kulturpflanzen unwiederbringlich verloren gehen

Wer hat noch nicht staunend vor einem französischen Marktstand gestanden, voll mit Zwiebeln in allen Varianten und Farben? Oder wer hat in Italien nicht schon ein großes Spektrum an meist geschmackvollen Tomaten erlebt? Und manch einer erinnert sich noch an die unglaublich gut schmeckenden tief roten Erdbeeren von früher. Diese Vielfalt hat stets einen Namen, es sind die Namen der einzelnen Sorten unserer Kulturpflanzen. Dass jede Sorte ihren eigenen Charakter und ihre spezifischen Eigenschaften hat, wird eigentlich nur noch beim Wein wahrgenommen — und hier spielen die einzelnen Sorten eine ganz wesentliche Rolle. Doch die Sorten kommen und gehen. Viele Sorten von früher sind verschwunden, manche für immer, weil sie nicht mehr für die modernen landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen geeignet waren. Außerdem betreiben heute große Agro-Konzerne in der EU Monokulturen für die Massenproduktion und verdrängen kleine Produzenten mit ihrem regional angepassten Angebot. Mit der zunehmenden Industrialisierung und Rationalisierung der Landwirtschaft ist die Kulturpflanzenvielfalt in atemberaubendem Tempo verschwunden — die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass in den vergangenen hundert Jahren weltweit rund 75 Prozent der Sorten unwiederbringlich verloren gegangen sind. Es gehen nicht nur die Sorten verloren, sondern auch das Spektrum der verschiedenartigen Gemüse verändert sich. Nicht wenige Gemüsearten und -sorten, die unsere Großeltern noch kannten, sind heute fast in Vergessenheit geraten. Andere hingegen kamen hinzu, wie in den 1970er Jahren, als vermehrt Brokkoli, Auberginen, Fenchel und Zucchini auf unseren Märkten zu erhalten waren. Hieran beteiligt waren vor allem die "Gastarbeiter" aus Italien und Spanien, die dieses Gemüse mit nach Deutschland brachten.
Die Vielfalt der Kulturpflanzen hat eine extrem lange Geschichte. Innerhalb der vergangenen 10 000 Jahre hat sich durch die Hand und die beobachtende Fantasie unzähliger Menschen eine unglaubliche Vielfalt an Kulturpflanzen entwickelt. Weltweit werden heute noch mehr als 7000 Pflanzenarten mit einer langen, zum Teil abenteuerlichen Geschichte genutzt. Je nach Landstrich und Klima, je nach Bodenbeschaffenheit, nach regionaler Brauchbarkeit oder kultureller Vorliebe haben Bauern und Gärtner diese Vielfalt ganz bodenständig mit Bezug zur Region, meist sogar lokal auf den Höfen entwickelt. Sie haben ihre eigenen robusten Hof-Sorten gepflegt, bearbeitet und sie durch regen Austausch von Sorten über kulturelle und regionale Schranken hinweg verbessert. Die tief greifenden sozialen Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten haben ihren Ausdruck in neuen Koch- und Essgewohnheiten gefunden. Mit Fastfood und Fertiggerichten hat die Nahrungsmittelindustrie darauf reagiert. Neben dem Handel bestimmt sie heute weitgehend die Anforderungen an die landwirtschaftlichen Produkte — oft auf Kosten der Geschmacksqualität, wahrscheinlich auch auf Kosten von Vitalität und Gesundheit. Das Angebot bei Obst und Gemüse ist auf wenige Sorten reduziert. Der Verbraucher scheint nur noch drei Kartoffel-"Sorten" zu kennen: mehlig, vorwiegend fest und fest kochende. Dass es weltweit mehr als 2000 verschiedene Kartoffelsorten mit unterschiedlichsten Eigenschaften gibt — in Deutschland sind immerhin 160 davon für den Anbau amtlich registriert — , ist beim Einkaufen kaum zu merken. Das gilt für andere Gemüsearten ebenso. Der Verlust der Vielfalt, ihre Zerstörung ist kein Schicksal! Man kann etwas tun. Das zeigt das Beispiel der Tomate: Anfang der 1980er Jahre waren nur noch eine Handvoll weniger ähnlicher Sorten auf dem Markt, rote, runde Früchte mit Einheitsgeschmack. Der Initiative von einigen nicht-staatlichen Organisationen (NGO) und engagierten Privatpersonen ist es zu verdanken, dass in den 1990er Jahren farblich und geschmacklich stark abweichende Sorten aus den Genbanken wieder vermehrt wurden und in Umlauf kamen. Heute sind wieder etwa 1000 Sorten — weiße, gelbe, orangefarbene, violette, braune und gestreifte — mit unterschiedlichen Formen und mit unterscheidbaren Aromen regulär im Handel!

Diese Erfolgsgeschichte bei anderen Kulturpflanzenarten fortzuschreiben und damit beispielgebend für die wirtschaftliche Verwertung der Vielfalt zu sorgen, ist ein Hauptanliegen der Stiftung Kaiserstühler Garten. Im Samengarten in Eichstetten erhält sie dieses kostbare Gut und will es wieder aufleben lassen. Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die Mannigfaltigkeit der Kulturpflanzen unserer Region zu erhalten, sie verantwortlich zu fördern und samenfestes, vitales Saatgut, auch von heute gefährdeten Sorten, an künftige Generationen weiterzugeben.
Christian Hiss, 27.5.2008, BZ

Christian Hiss ist Gärtnermeister und leitet einen vielseitigen, biologisch-dynamisch geführten Gärtnerhof in Eichstetten am Kaiserstuhl.

 

Heimisches Saatgut oder Importware aus Asien für unsere Wiesen

Gründe sorgen sich ums Grün: Bei Renaturierungen von Wiesen greifen Stadtgärtner und Bauverwaltungen zu billigem Einheitssaatgut

Ist die Blumenwiese ein schützenswertes Kulturgut? Ja, sagt das Land — und verstößt dennoch ständig gegen das eigene Naturschutzgesetz. Das schreibt bei Renaturierungen einheimische Kräutersaaten vor, doch Stadtgärtner und Bauverwaltungen greifen lieber zur billigen Ramschware. Mehrere Tausend Hektar Grünfläche werden jedes Jahr neu eingesät. Doch viel zu oft verstoßen die Behörden dabei gegen das eigene Naturschutzgesetz, weil sie es nicht besser wissen oder weil sie keine Alternativen kennen. Das hat Gisela Splett, naturschutzpolitische Sprecherin und Agrarexpertin der grünen Landtagsfraktion festgestellt, und sie kritisiert diese Praxis. Denn sie bringe es mit sich, dass zwar wertvolle Streuobstwiesen geschaffen werden, das Gras darunter aber aus einer Mischung stammt, die von der Nordsee bis zu den Alpen identisch ist. Solche fertigen Mischungen liegen in jedem Baumarkt. Ihr Preis ist niedrig, dafür sind aber oft nur drei, vier verschiedene Grasarten in der Tüte, und die werden mitunter sogar in Asien gewonnen. Heimisches Saatgut hingegen ist schwer zu bekommen, denn es gibt nur einen Lieferanten im Südwesten. Und es ist teurer, weil es viele Arten enthält. Das aber ist wichtig, weil auf der Alb natürlich andere Gräser und Kräuter wachsen als am Oberrhein und im Schwarzwald.
Baden-Württemberg ist in fünf Zonen eingeteilt, um den Artenreichtum der Wiesen zu erhalten. Deutschland umfasst neun Zonen. Deshalb liefern Unternehmen, die sich auf gebietstypisches Saatgut spezialisiert haben, auch keinen Einheitsbrei, sondern Mischungen mit mehr als 50 Arten von Kräutern und Gräsern. "Gebietsheimisches Saatgut ist die absolute Ausnahme", moniert auch der parlamentarische Berater Markus Rösler. Er warnt: Auf den eintönigen Standard-Grünflächen haben Killerkräuter wie die allergisch wirkende Ambrosia leichtes Spiel. Ein Fünftel der Landesfläche von 35 000 Quadratkilometern immerhin sind Wiesen. Gisela Splett fordert darum ein Paket an Maßnahmen.
Neben Informationskampagnen für die Behörden wünscht sie sich Wettbewerbe und eine gezielte Förderung. Vor allem aber ein so genanntes Spenderflächenkataster. Das gibt es bislang nur in Sachsen-Anhalt. Wer sich eintragen lässt, stellt seine Wiese zum Mähen zur Verfügung. Das Mähgut auf einer anderen Fläche in der Nähe auszubringen, ist die billigste Variante, heimische Gräser zu verbreiten. Und eine legale: Weil die Landwirtschaft nur zertifiziertes Saatgut verwenden darf (was bei regionalen Saatmischungen meist gar nicht geht), zerren die Konzerne kleine Händler gern vor den Kadi. Erst im April hat die EU dem ein Ende gesetzt und Richtlinien geschaffen, die den Handel mit Wildsamen spürbar erleichtern.
Andreas Böhme, 3.9.2007, www.suedkurier.de

 

Saatmais aus Heitersheim

Wer mit dem Fahrrad oder zu Fuß im Rheintal unterwegs ist, kann sie nicht übersehen: weite Flächen abgeernteter Maisfelder. In Südbaden ist Mais die wichtigste Ackerfrucht, auch in Freiburg und im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Etwa zwei Drittel der Ackerflächen sind damit bepflanzt, in Stadt und Landkreis sind das 10 000 Hektar. Das entspricht etwa zwei Dritteln der Freiburger Gemarkungsfläche.

Ein Fünftel dieser Fläche im Gebiet zwischen Neuenburg und Ehrenkirchen dient jedes Jahr der Produktion von Saatgut. Das ist nirgendwo sonst in Deutschland möglich. Nur am südlichen Oberrhein gibt´ s genügend Sonnenscheinstunden zwischen April und Oktober, damit Körnermais vollständig ausreift. Und nur ausgereifte Körner können im kommenden Frühjahr austreiben. Aufbereitet wird das Saatgut im Heitersheimer Maiswerk der ZG Raiffeisen-Genossenschaft mit Sitz in Karlsruhe. Bei einer Mais-Fachtagung des Unternehmens kürzlich in Freiburg-Tiengen informierten sich 150 Landwirte über neue Sorten und Neuerungen bei der Anbautechnik. In Deutschland wird Mais im Wesentlichen als Viehfutter angepflanzt, wobei die noch grünen Pflanzen im Frühherbst auf dem Acker gehäckselt und dann siliert werden. Nur ein Fünftel der Anbaufläche entfällt auf die Körnermaisproduktion, deren Ertrag wiederum zu 70 Prozent ebenfalls für Tiernahrung verwendet wird. Neu ist der Anbau als Energiepflanze für Biogasanlagen. Bis zu 20 000 Kilowattstunden Strom je Hektar lassen sich erzielen — genug für den Jahresverbrauch von zehn Zwei-Personen-Haushalten. Züchterische und technische Fortschritte bringen 1,5-prozentige Ertragszuwächse pro Jahr. Bis 100 Doppelzentner Körner je Hektar sind derzeit möglich. Seit Ende Oktober läuft im Heiterheimer Maiswerk, Raiffeisenstraße 2, die Saatgutaufbereitung auf Hochtouren. 6000 Tonnen Mais durchlaufen die Trocknungs- und Sortieranlagen und werden anschließend in Einheiten mit je 50 000 oder 80 000 Körnern abgepackt.
Das Handelsprodukt Saatmais wird in Körnern gezählt, denn die Landwirte säen Mais mit Einzelkorn-Maschinen, im Schnitt bringen sie 90 000 Körner pro Hektar aus. Knapp eine halbe Million Einheiten verlassen das Maiswerk im Jahr, womit sich eine Fläche von 250 000 Hektar bepflanzen lässt, was 15 Prozent der deutschen Maisanbaufläche entspricht. Das Saatgut aus Heitersheim ist für die Anbaugebiete nördlich der Mainlinie bestimmt. Es bringt Pflanzen hervor, deren Kolben früh reifen. Das Saatgut für die hiesigen Kulturen hingegen kommt aus Frankreich und Spanien.

Für 200 landwirtschaftliche Betriebe in der Region ist die Saatgutvermehrung eine wichtige Einkommensquelle. Sie sind seit Generationen mit der ZG verbunden, die in den 1960er Jahren die Saatguterzeugung in Bad Krozingen eingeführt hatte. 1978 zog das Maiswerk nach Heitersheim um und ist seither stetig gewachsen. Im Auftrag von Zuchtunternehmen wie Pioneer, KWS oder Saatenunion schließt sein Leiter Ekkehard Hipp mit den Landwirten Verträge ab, die den Anbau bis ins Detail regeln. Dieses Jahr hatte der Agraringenieur und seine zehn Mitarbeiter die Vermehrung von 30 verschiedenen Sorten vereinbart. Zur Vermehrung kämen nur konventionell erzüchtete Sorten, sagt Hipp.
Silvia Faller , 15.12.2006, www.badische-zeitung.de

www.raiffeisen.com/pflanzen/ackermanager/mais_html
http://www.zg-raiffeisen.de/agrar/saatgut.htm

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