Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Tante Emma-Läden - Dorfläden
Einzelhandel im Hochschwarzwald
  

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Regenbogen am 12.9.2006 um 16 Uhr bei Freiburg im Breisgau - so soll's bleiben?

 


Der Laden um die Ecke wird immer wichtiger - drei Beispiele

Tante Emma ist tot, lang lebe Tante Emma: Was einst der Lebensmittelladen vor der Haustür war, könnte als biologisches Nahversorgungsgeschäft eine Wiedergeburt feiern. Denn gerade auf dem Land wird es für ältere Menschen ohne Auto immer schwieriger sich zu versorgen. Drei Läden in Freiburg und Breisach machen es vor.

"Regionale Nahversorgung" - nicht jeder kann etwas mit diesem sperrigen Begriff anfangen. Dabei ist das Prinzip einfach: Ein Lebensmittelgeschäft mit Vollsortiment, das in Fuß- oder Radwegnähe zu den eigenen vier Wänden liegt, bietet frische Ware von regionalen Erzeugern an und stärkt so die Wirtschaft vor Ort. Produkte, die regional nicht vorhanden sind, zum Beispiel Hygieneartikel, werden hinzugekauft. Einzige Bedingung: Sie müssen biologisch einwandfrei und fair gehandelt sein. Bio als Job-Motor?
In Zeiten von Billig-Supermärkten auf der grünen Wiese findet dieses Gegenmodell immer mehr, in erster Linie ökologisch bewusste, Anhänger. Wohinter man grüne Ideologie vermutet, könnte eine Lösung für ein Gesellschaftsproblem stecken. Denn die zunehmende Überalterung der Gesellschaft macht die Versorgungsfrage dringend: Nicht jeder Rentner ist noch in der Lage sich zum Einkaufen ins Auto zu setzen. Umso wichtiger sind solche Geschäfte vor Ort, erst recht wenn sie für Ältere sogar einen Warenbringdienst anbieten.

Quartiersladen in FR-Vauban
Nur, wie organisiert man einen Tante-Emma-Laden der neuen Generation? "Ehrenamt reicht nicht", sagt SPD-Gemeinderat Walter Krögner bei einem Besuch im Quartiersladen im Stadtteil Vauban. Auf einer Informationsfahrt für interessierte Bürger stellt Krögner mit dem Quartiersladen das erste von drei Modellen vor, das sich bereits bewährt hat. "Wir sind der größte Arbeitgeber im Vauban", sagen die Geschäftsführerinnen Christina Konietzny und Cornelia Lühr. 16 Mitarbeiter arbeiten derzeit im Quartiersladen. Seit 2008 ist das vor elf Jahren gegründete Geschäft genossenschaftlich organisiert. Den Mitgliedern der Genossenschaft, meist Familien aus dem Vauban, räumt das Geschäft günstigere Einkaufspreise ein. Deshalb hängen überall zwei Preisschilder. Finanziert wird das Geschäft durch die Monatsbeiträge der Mitglieder und den Genossenschaftsanteil von rund 153 Euro. Wer die Mitgliedschaft kündigt, erhält sein Geld zurück.

Marktladen im FR-Rieselfeld
Das gleiche Prinzip verfolgt auch der "Marktladen" im Rieselfeld. Einen Stadtteil weiter, in der Haslacher Gartenstadt, hat der Regio-Markt seinen Sitz - ein Beispiel für ein privat organisiertes Geschäft. Inhaberin Gisela Kleiner ist erst seit September hier. Als Krögner mit seinen Besuchern den Laden betritt, kauft gerade ein ältere Dame ein. Für die nebenher berufstätige Kleiner, deren Mann im Geschäft hilft, ist der Regio-Markt eine Leidenschaft - trotz des finanziellen Risikos. "Es bleibt alles in der Familie", sagt sie. Ihr Laden ist gut sortiert, frischer Feldsalat aus Opfingen und selbst gemachte Linzertorte sind im Angebot.

Regionalwert-Biomarkt in Breisach
Ganz zentral in Breisach liegt der Regionalwert-Biomarkt, der auf Basis der bürgerlichen Aktiengesellschaft Regionalwert AG organisiert ist. Statt auf Kredite kann sich Inhaberin Marlene Svedas auf das Eigenkapital der Aktieninhaber stützen. Ihr weiträumiges Geschäft wirkt einladend, und das nicht nur wegen der sympathischen Chefin. Und obwohl ihr Laden wie ein Supermarkt aussieht, fühlt man sich eher in einem Tante-Emma-Laden. "Hier kommen die Menschen, um einfach mal vorbeizuschauen", sagt Svedas. Walter Krögner räumt ein, dass diese Art einzukaufen nicht gerade billig ist. Nicht jeder kann sich das leisten. "Aber das Geld bleibt hier, und kann hier wirken", sagt er. Für den SPD-Stadtrat ist es ein ursoziales Thema, nicht allein wegen der Überalterung der Gesellschaft. Ginge es nach ihm, dann liegt hier die Zukunft des Einkaufens.
7.12.2011, Matthias Eisele, www.freiburger-wochenbericht.de

 

Geschäftsnamen Shoe4you, what2go, .... oder Saftlädele

In minem neue Buech „Zwischenhimmel“ hab’ i mi au mit Nämme für Friiburger Gschäfter b’schäftigt. Do schtoht: „In Freiburg, einer Stadt im alemannischen Sprachraum, fand ich in kaum zwanzig Minuten eine Liste mit Geschäftsnamen wie: The Body Shop, Hairkillers, living & clothing, Color Style & Image, come & go, skinny-shop, Reflex Shoes, Life Style, Zeiss relaxed Vision Center, McCafé, McDonald’s, Subway, Starbuck, teapot (Salon de thé), Hotline, Forever 18, Cheers, jeans-land, Jack & Jones, Last Minute, Foot Locker und Game Shop. Au us de Steinzitt hab’ i ebbs gfunde, ebbs wunderschöns, nämlig Saft Lädele un Bequemschuhladen. Jetze hab’ i in de Badische gläse, dass in des neue Sparkasse-Zentrum in Unterlinde’ au Läde un Restaurants nii kumme. Unter anderem eins vun sellere italienische Pizzaria-Kett’ Vapiano. Des kenn i schu us Berlin un Münche un i mueß sage, do findet au de Schnaigigschte noch ebbis, wo-n-em schmeckt. Au mir het’s allewiil gschmeckt, numme d kleine Pizzarie in de Stadt duen mr leid, denne schmeckt die neu Filiale ganz sicher nitte. Un ä neuer Schuhlade soll’s gen: Shoe 4 you. Schuhbidu git’s jo schun – in Ingolstadt, Siegen, Lippstadt, Berlin, Rostock … Was in Unterlinde’ noch fehlt, isch ä Bretzelbakery 2 go, dennoo-n-ä P 5 en, tobacco & more un de Teenyshop All 14ys. Aber sell kunnt au noch, wette mr?
6.4.2011,
Stefan Pflaum 

 

 

Wenn im Ort der letzte Laden aufgibt: Gemeinde muß einspringen

Immer öfter müssen Gemeinden aushelfen, wenn sich private Dienstleister aus ländlichen Regionen zurückziehen. Auch in Südbaden betreiben Kommunen mittlerweile Postagenturen und stellen Backwarenverkäufern Gemeinderäume zur Verfügung. "Der Druck auf die Bürgermeister, das Dorf am Laufen zu halten, ist sehr groß" , sagt der Sprecher des Gemeindetags, Harald Burkhart. Bei der hausärztlichen Versorgung steht Südbaden jedoch überdurchschnittlich gut da.

Gottenheims Bürgermeister Volker Kieber dachte noch lange nicht ans Aufgeben, als ihm alle Discounter signalisierten, dass seine 2500-Einwohner-Gemeinde zu klein für ein Einkaufszentrum sei. Außerdem gebe es in den Nachbargemeinden bereits große Einkaufsmöglichkeiten, hieß es in der Begründung. Im Sommer 2005 lud Kieber dann die örtliche Bäckerei, die Metzgerei, die Gemüseläden und den Getränkehandel an zwei Tagen die Woche in die Winzerhalle ein, wo sie ihre Produkte an Ständen verkauften. Das Motto: Wir versorgen uns selbst. Das Projekt lief sechs Wochen. Vor allem ältere Bürger berichten dem Bürgermeister von ihrer Schwierigkeit, ohne Auto einzukaufen. Was fehlt, ist ein Geschäft mit komplettem Lebensmittelsortiment. "Leider war der Personalaufwand für die Betriebe in der Winzerhalle zu groß, aber die Idee für ein Genossenschafts- oder Stiftungsmodell ist noch nicht gestorben", sagt der Bürgermeister. Noch größer ist das Problem im Schwarzwald. Artur Klausmann, Stadtkämmerer von Löffingen, berichtet über die sechs Ortsteile, in denen es nur noch in zweien ein Lebensmittelgeschäft gibt. "Es gab immer mal wieder die Bemühung, ein Geschäft zu eröffnen — sogar mit Unterstützung der Stadt. Aber es hat sich einfach nicht getragen." Das Einkaufsverhalten der Kunden habe sich grundlegend geändert. Vom Einkaufen erhoffe sich heute jeder ein Erlebnis. "Das heißt, die Leute aus Löffingen fahren nach Donaueschingen zum Einkaufen. Für den örtlichen Einzelhandel wird es immer schwieriger." In Göschweiler, einem Ortsteil mit 500 Einwohnern, hat die Stadt einer Bäckerei nun einen Gemeinderaum zur Verfügung gestellt, damit sie dort zweimal wöchentlich Brötchen verkaufen kann.
Feldbergs Bürgermeister Stefan Wirbser spricht von einem "latenten Abschleichen" des Einzelhandels. "Wenn die Menschen nicht mehr alles im Ort bekommen, dann kaufen sie auswärts ein — und dort dann meist alles." Für ältere Bewohner sei das mangelnde Angebot im Ort ein großes Problem.
Aus Sulzburg im Markgräflerland hat sich die Deutsche Post 1996 zurückgezogen. Da sich kein Betreiber einer Postagentur in der Stadt mit 2700 Einwohnern gefunden hatte, blieb nur die Stadtverwaltung übrig. In den Räumen der Touristeninformation können die Sulzburger heute Briefmarken kaufen und Pakete aufgeben. Aber: "Die Erlöse für die Postagentur gehen immer weiter nach unten. Die Post verschlechtert die Verträge laufend. Bei uns stehen Verwaltungsfachangestellte am Schalter, daher legen wir drauf" , sagt Sulzburgs Bürgermeister Peter Wehrle, meint aber: "Es ist besser, als wenn es keine Post gäbe." Ein Stück weit hänge davon auch die Lebensqualität und die Attraktivität Sulzburgs ab. Hugo Gimber, Pressesprecher der Deutschen Post, weist Vorwürfe zurück, dass die Post die Vertragsbedingungen verschlechtere: "Die Verträge werden angepasst — keiner ist verpflichtet, die Post zu übernehmen." Richtig sei allerdings, dass der umsatzabhängige Teil der Vergütung für die Betreiber erhöht und die Pauschale gesenkt wurde. Erfreuliches weiß die Kassenärztliche Vereinigung über die regionale ärztliche Versorgung zu berichten: "Es gibt keine unterversorgten Gebiete. Selten liegt der nächste Arzt sechs Kilometer entfernt. In Brandenburg und Sachsen sind es bis zu 30 Kilometer", sagt Walter Schenk.
Sebastian Hautli, 26.9.2008, BZ

St. Peter muss selbst wissen, was es will >StPeter7 (23.10.2008)

 

 

Kiosk an Strassenbahnendhaltestelle Littenweiler schliesst

17 Jahre lang war Matthias Böser (37) für die unterschiedlichsten Menschen in Littenweiler Teil ihres Alltags. So lange verkaufte er in dem kleinen Kiosk an der Straßenbahn-Endhaltestelle Lassbergstraße Tabak und Süßigkeiten, Zeitschriften und Lottoscheine, Backwaren und Kaffee. Bis vor drei Jahren hat er noch einen zweiten Stand am anderen Ende der Stadt, in Landwasser, betrieben. Nun gibt er auch den Kiosk in Littenweiler auf, den seine Eltern vor 25 Jahren aufgebaut haben — das Ende einer kleinen Ära.

Auch in den letzten Tagen herrscht noch so reger Betrieb, dass Matthias Böser kaum zum Innehalten kommt. Er verkauft Fahrkarten für die wenige Meter weiter wartende Straßenbahn, "saure Zungen" an kleine Kinder, nimmt Lottoscheine für den Rekord-Jackpot entgegen. Schnell bildet sich eine Schlange vor dem Verkaufsfenster. Schlecht vorstellbar, dass das kleine Häuschen ab Samstag erstmal leer stehen wird. "Ich würde die Zeit nicht missen wollen" , sagt Matthias Böser, "aber es war die richtige Entscheidung, aufzuhören." Der gelernte Mechaniker wird fortan in Werkstatt und Büro seinem eigentlichen Beruf nachgehen und mehr mit Maschinen denn mit Menschen zu tun haben. Nach all der Zeit freut er sich auf ein wenig Ruhe: "Wenn man den ganzen Tag von Menschen umgeben ist, hat man abends manchmal nicht mal mehr Lust zu reden." Die Aufgabe des Geschäfts ist für den 37-Jährigen zugleich ein Abschied von der Stadt: Die neue Stelle wird er auf dem Land in seinem Wohnort Schliengen antreten und dann auch etwas mehr Zeit für die Familie haben.

Das Lager ist fast ausgeräumt, die letzten Waren wandern über den Ladentisch - Ausverkauf nach 25 Jahren. Damals haben Matthias Bösers Eltern Klaus und Bärbel den Kiosk aufgebaut, den der Sohn dann nach und nach übernommen hat. Dafür hat er schließlich vor drei Jahren auch seinen zweiten Stand in Landwasser aufgegeben. Bis zuletzt haben die Eltern am Wochenende noch mitgearbeitet. "Manchmal ist so ein Kiosk fast schon eine Sozialstation", sagt die Mutter: Anlaufpunkt für Rentner, die alleine sind, oder Kinder, die zu Hause vernachlässigt werden. "Viele suchen einfach jemanden, der zuhört" , erklärt Matthias Böser. Mehr als dreiviertel der Besucher seien Stammkunden, welchen denn auch gerne mal ein Sonderwunsch erfüllt wird - etwa die Lieferung des "Dubai Magazins" für eine ältere Nachbarin, die ihren Urlaub regelmäßig am Persischen Golf verbringt. Mit der neuen Pächterin des Häuschens, das der Freiburger Verkehrs-AG (VAG) gehört, wird sich die Atmosphäre nun vermutlich ändern. Böser bedauert, dass es keinen fliegenden Wechsel gibt, der eine Einarbeitung in die gewachsenen Strukturen möglich gemacht hätte: Die Wiedereröffnung ist noch auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Nachfolgerin stehe zwar schon fest, falls jedoch der geplante Umbau zum begehbaren Kleinladen genehmigt werden sollte, werde wohl eine Art Mini-Supermarkt an die Stelle des Kiosk treten. Die Umbaupläne bestätigt auch VAG-Sprecher Andreas Hildebrandt. Insgesamt verpachtet die VAG in Freiburg sieben Kioske entlang der Straßenbahnstrecken, überwiegend an Endhaltestellen. "Die klassischen Kioske sterben eh aus" , kommentiert Böser die Änderungspläne. Zu klein sei die Kaufbereitschaft, zu groß mittlerweile die Konkurrenz, etwa durch Tankstellenverkauf. Ihm bleiben aber viele positive Erinnerungen: Lebensgeschichten, die er begleitet hat, und Menschen, die ihn selbst geprägt haben. So musste etwa eine seiner ersten Freundinnen monatelang bei ihm Kaugummis kaufen, bis sie es wagte, ihm eine Nachricht zuzustecken — heute ist sie seine Steuerberaterin.
Carina Breun, 6.12.2007, BZ

Matthias Böser am 6.12.2007 am Kiosk Littenweiler - Ausverkauf Matthias Böser am 6.12.2007 am Kiosk Littenweiler - Ausverkauf

Bärbel und Klaus Böser haben 25 Jahre den Kiosk an der Strassenendhaltestelle Littenweiler bewirtschaftet. Zuvor 20 Jahre den Kiosk am Bahnübergang der Höllentalbahn in der Lindenmatten-strasse, - und stets 7 Tage in der Woche, auch und gerade an den Wochenenden. Macht zusammen "45 Jahre Littenweiler"! Vielen Dank und alles Gute für den verdienten Ruhestand in Ehrenstetten.
E.K., 7.12.2007


 

Hohe Miete macht Plötzlich-Laden in Eisenstrasse den Garaus

Einzelhändlerin Barbara Gutsch muss das "Plötzlich" schließen und steht nun vor der Insolvenz

"Inzwischen bin ich froh, dass es nun mit dem Geschäft zu Ende geht" , sagt Barbara Gutsch. In die Stimme der 51-Jährigen mischt sich dabei Bitterkeit. 5000 Euro an Miete und Nebenkosten muss sie pro Monat für die Ladenräume in der Eisenstraße 1-3 bezahlen — für 70 Quadratmeter im Erdgeschoss und weitere 70 Quadratmeter im ersten Stock. Das war zu viel. Das "Plötzlich" , so der Name ihres Hängematten- und Geschenkartikelladens, konnte die hohe Belastung auf Dauer nicht tragen. Barbara Gutsch: "Die Lage hier beim Münsterplatz ist im Sommer top, wenn die Touristen unterwegs sind. Sonst ist es hier ziemlich tot."

Vor vier Jahren ist sie mit dem Geschäft, das sie 1986 von ihrer Mutter Ruth Gutsch übernommen und damals umbenannt hatte und das ursprünglich vor rund 60 Jahren gegründet worden war, an die jetzige Adresse gezogen. "Im Nachhinein gesehen war das ein Riesenfehler." Schon bald habe sich gezeigt, dass es am neuen Standort viel schwerer als gedacht sein würde, den nötigen Umsatz zu erzielen. "Ins Obergeschoss sind eh die meisten Kunden gar nie gegangen." So kam es zu ersten Mietrückständen.
Hoffnung habe sie geschöpft, als im Juli 2006 Thomas Metzger mit dem Eiscafé "Cappuccino" miteingezogen sei und so zusätzliche Einnahmen hereinkamen. "Doch am Ende kam der Anwalt, der die Hausbesitzer-Erbengemeinschaft vertritt, und hat zur Deckung der eigenen Kosten diese Einnahmen gepfändet" , so Barabara Gutsch. Damals seien alle Mietschulden bezahlt gewesen. So sei die letzte Chance, den Laden zu halten, zunichte gemacht worden. Das "Cappuccino" zog vergangenen Monat wieder aus und ist jetzt in der Hochdorferstraße 13 daheim. Barbara Gutsch erhielt die Kündigung und muss nun das "Plötzlich" schließen. Bis 30. August ist Räumungsverkauf. Dann kommt die Privatinsolvenz, sagt die Unternehmerin. So drückend seien die Schulden nach mehr als 20 Jahren Einzelhandel. Mit der Ladenschließung gehen fünf Verkaufsjobs verloren. Künftig will Barbara Gutsch einen Teil des "Plötzlich" -Sortiments übers Internet vertreiben: www.ploetzlich-freiburg.de
21.8.2007, hos, BZ

 

Tante Emma mit russischer Note in Neustadt

In den vergangenen Jahren haben sich in Neustadt zahlreiche Russlanddeutsche selbstständig gemacht — mindestens sechs Geschäfte bemühen sich mittlerweile in der Stadt um Kunden. Unternehmergeist, finanzielle Förderungen, aber auch die schwierige Suche nach Arbeitsplätzen bringen die Aussiedler dazu, das Wagnis eines eigenen Ladens einzugehen.

Eigentlich ist das Geschäft ein klassischer Tante-Emma-Laden: Hier gibt es alles. Vom eingelegten Fisch über die Pralinenpackung bis hin zum Brot. Und doch ist alles ein wenig anders. Die Pralinenschachtel zeigt außen das Bolschoitheater, das Brot ist türkisch und als Fisch gibt es Dorschleber und Sprotten, halbkiloweise Kaviar oder gar getrocknete Brassen am Stück. "Galinka" ist ein Laden für russische Lebensmittelspezialitäten. Seit September 2005 gibt es das geräumige Geschäft in der Neustädter Salzstraße. Hinter dem Tresen steht in blauer ärmelloser Jacke Wilhelm Schill, er vertritt seine kranke Frau, der der Laden gehört. Hier gibt es Buchweizen, Hirse, Bulgur, gesalzene Krautköpfe aus Kroatien und sibirische Nüsse. Trägt sich denn so ein Geschäft in Neustadt? "Bis der Laden das Geld zurückgibt, das man eingezahlt hat, braucht man ungefähr zwei Jahre" , meint Schill. Auch dann werde man sicher nicht reich.

"Man kann davon leben" , sagt Christine Bischof-Saurer. Keine 200 Meter vom "Galinka" entfernt betreibt sie an der Donaueschinger Straße seit Mai 2005 einen ähnlichen Lebensmittelladen. Er heißt "Diana" , auch hier hängen kitschige Gemälde an den Wänden, gibt es russische Bücher und DVDs zum Ausleihen und natürlich russische Lebensmittel aller Art. Was allerdings nicht heißt, dass die Produkte auch tatsächlich aus den Ländern der GUS stammen: Die meisten werden in Deutschland hergestellt — auf russische Art, mit kyrillischer Beschriftung. Nur klein sind die Produktionsorte zu lesen: Der Frischkäse etwa kommt aus Hausach. Die meisten ihrer Kunden sind wie Bischof-Saurer selbst Spätaussiedler. Etwa ein Drittel sei aber deutsch, sagt sie: "Die meisten kommen aus der ehemaligen DDR, die kennen die Sachen noch von drüben." Etwa den speziellen Speck oder die gezuckerte Kondensmilch. Sie verkaufe auch Telefonkarten, daher kämen auch Kunden aus Asien, der Türkei oder Afghanistan in den Laden. "Es ist ganz international." Viele ihrer Kunden kenne sie persönlich: "Das sind Nachbarn, Leute vom Übergangswohnheim in Rötenbach, oder welche, die ich bei meiner Arbeit als Arzthelferin getroffen habe." In der Umgebung wohnen etwa 2500 bis 3000 Deutschrussen, schätzt Christine Bischof-Saurer.

Wie viele Spätaussiedler sich in Titisee-Neustadt selbstständig gemacht haben, darüber gibt es keine Zahlen. Auch die tatsächliche Zahl der deutschrussischen Einwohner ist unbekannt: "Es ist aussichtslos, darüber etwas rauszufinden", sagt Ralf Rollenbeck vom Diakonischen Werk. Da Spätaussiedler deutsche Pässe haben, werden sie in keiner Statistik gesondert aufgeführt. Auch Rollenbeck ist aufgefallen, dass viele Russlanddeutsche den Weg in die Selbstständigkeit suchen. Gründe dafür gebe es mehrere: "Die Jobsuche ist für sie schwierig und die Selbstständigkeit wird gerne gefördert" , meint er. Seiner Einschätzung nach ist die Innovationsfreude in diesem Personenkreis außerdem größer als in vergleichbaren deutschen Kreisen. Rollenbeck betrachtet die zahlreichen Geschäftseröffnungen jedoch mit Skepsis: "Wie viele Läden auf lange Sicht überleben, das ist das Entscheidende" , meint er. Er kenne Fälle aus anderen Städten, in denen sich die Ladeninhaber teils hoch verschuldet hätten. Viele Russlanddeutsche arbeiteten außerdem selbstständig als Paketzusteller. Dafür brauche man keine Ausbildung, sondern nur einen Führerschein. Doch auch dabei müssten die Russlanddeutschen zunächst auf eigene Kosten einen Lieferwagen anschaffen. Er finde die Entwicklung problematisch, sagt Rollenbeck: "Bei schlechten Sprach- und Rechtskenntnissen ist das Scheitern zum Teil fast vorhersehbar. "

Auch Irina Litau und ihr Mann haben als Spediteure gearbeitet. Sechs Jahre lang hat das Ehepaar mit einem Kleintransporter in Donaueschingen für einen Paketdienst Fracht ausgefahren. Das seien teils 14 Stunden am Tag gewesen, sagt Irina Litau. "Irgendwann hatten wir die Schnauze voll." Seit Juli 2006 betreiben die beiden nun gemeinsam das Geschäft "Irina" am Neustädter Hirschbuckel. "Dies und das" steht als Klassifizierung außen auf dem Schaufenster. Das Sortiment ist eine bunte Mischung aus Schuhen, Spielsachen und Buntstiften, Kinder- und Erwachsenenkleidern. Ein Abendkleid kostet 25 Euro. "Günstiger als alle anderen" , sagt Irina Litau stolz. Noch kämpfen sie darum, sich zu etablieren. "Es gibt viel Konkurrenz" , sagt Irina Litau.

Nelli Löwen betreibt seit Juni vergangenen Jahres das "Maggie" an der Salzstraße. Sie hat in Russland Verkäuferin gelernt und in Deutschland jahrelang als Reinigungskraft gearbeitet. Ihr Mann fährt für GLS Pakete aus, so reicht das Einkommen für die ganze Familie. Hat sie keine Angst davor gehabt, sich selbstständig zu machen? "Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht" , sagt Nelli Löwen. "Aber was ist besser, zu arbeiten oder im Sozialamt oder Arbeitsamt zu sitzen? Das macht mir keinen Spaß." Der Laden laufe schon, sie sei zufrieden. Noch werde sie ja auch als Ich-AG unterstützt. "Es ist ein bisschen schwer, aber besser als nichts" , sagt sie. Dass es nicht einfach ist, Arbeit zu finden, zeigt sich auch in ihrer Familie: Ihr mittlerer Sohn sei seit vorletztem Jahr mit der Schule fertig, erzählt sie. Dann habe er ein Jahr Metallschule in Neustadt gemacht — und arbeite heute gemeinsam mit ihrem Mann im Paketdienst. "Er hat halt keine Stelle gefunden", sagt sie und zuckt die Schultern.

Nicht alle Russlanddeutschen sind erst seit kurzem im Geschäft. Seit zehn Jahren betreibt Alexander Sinner seinen Kfz-An- und Verkauf auf der Biberwiese. Er kauft im Internet oder von Händlern und verkauft die Autos ins Ausland weiter. Auch Reifendienst bietet er an — viel mehr geht allerdings nicht, denn einen Meisterbrief hat Sinner nicht. "Gut geht der Laden nicht" , meint er. Zum Leben lange es aber schon. "Ich bin jetzt auch zu alt, um noch etwas anderes zu machen."

Seit mehr als zwei Jahren gibt es Ava Computer in der Salzstraße. Nach seiner Ausbildung zum Fachinformatiker hat sich Viktor Gross mit Computerdienstleistungen selbstständig gemacht. Als sein Ausbildungsbetrieb ihn nach der Übernahme wegen fehlender Aufträge doch entlassen musste, habe er die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und sich selbstständig gemacht. "Die Banken wollten kein Geld geben" , sagt Gross. Eltern und Freunden haben ihm das Startkapital geliehen, außerdem bekam er Überbrückungsgeld. Er lacht. Der Laden läuft, einen Teil des Geldes habe er bereits abbezahlt. Eine Stelle zu finden, wäre mit seiner Ausbildung wohl nicht schwer gewesen — das sagt er selbst. "Aber ich wollte immer schon mal ausprobieren, selbstständig zu sein" , sagt der 24-Jährige. "Lieber früher als später" , meint der gebürtige Kasache. Später, mit Familie, traue man sich das nicht mehr zu.
Katharina Meyer , 23.1.2007, www.badische-zeitung.de

Irina, "Dies und Das"
Irina Litau, Hirschbuckel, Tel 07651/6441

AVA Computer
Salzstr. 18, 79822 Titisee-Neustadt, Viktor Gross
Tel 07651/97 25 08,
www.ava-computer.de
eMail:
info@ava-computer.de

Diana
Christine Bischof-Saurer., Donaueschinger Strasse
Wilhelm-Stahl-Str. 20 am 79822 Titisee-Neustadt. Tel 07651/933035

Galinka - Lebensmittel
Wilhelm Schill, Salzstrasse 7, Tel 7651/932669

Kfz-Ankauf/Verkauf
Alexander Sinner,
Schützenstr. 19b, 79822 Titisee-Neustadt, Tel 07651/932746

Maggie,
Nelli Löwen, Salzstrasse, Tel 07651/935264

 

Hirzberg-Lädele in der Kartäuserstrasse in der Oberau

Eine gute Nachricht für Bewohner der Kartäuserstraße: Es gibt weiterhin ein Lebensmittelgeschäft in ihrer Nähe. Gerade für Menschen ohne Auto ist das vor wenigen Tagen eröffnete "Hirzberg-Lädele" eine wichtige Anlaufstelle. Das Tante-Emma-Flair mischt sich hier mit Professionalität. Inhaberin Lioba Schmidle will damit zeigen, dass nicht nur die Großmärkte auf der grünen Wiese eine Zukunft haben.

Nachdem der vorherige Betreiber Michael Riesterer nach 24 Jahren nun beruflich andere Wege geht, sah Lioba Schmidle ihre Stunde gekommen. Der entscheidende Tipp kam von ihrem Mann Klaus, der in der Rabenkopfstraße als Hausmeister arbeitet. "Das würd´ mir Spaß machen" , dachte sich die Gottenheimerin — und hat es bisher nicht bereut. Der knapp 40 Quadratmeter große Laden ist nach dem Umbau heller und übersichtlicher geworden. Den Bewohnern der nahen Seniorenwohnanlage Kursana, die schon zu den Stammkunden gehören, fällt das Einkaufen mit Rollator dank mehr Platz nun leichter. Besonders schätzen sie die persönliche Atmosphäre und die kompetente Beratung. Tatkräftig unterstützt wird die Inhaberin von ihrer 18-jährigen Tochter Daniela, einer angehenden Verkäuferin. Beide sind sich einig, dass der persönliche Kontakt mit Kunden am meisten Spaß macht. Da fällt das frühe Aufstehen gleich ein bisschen leichter. Kleine Bistrotische vor dem Haus laden zur Kaffeepause ein; belegte Weckle sind besonders bei in der Umgebung tätigen Handwerkern beliebt. Doch auch sonst bleiben trotz des begrenzten Platzes kaum Wünsche offen: Milchprodukte, Backwaren, Zeitschriften, Drogerieartikel oder frisches Obst gehören zum Angebot. Wurst liefert die Metzgerei Kindle aus der Wiehre; die Blumen kommen vom "Grünberater" in der Nägeleseestraße. Mitbringsel wie Badischer Wein, Kerzen und Süßigkeiten sind ebenfalls zu haben. Der Altweibersommer lässt sich mit gekühlten Getränken ganz gut überstehen. Auf Wunsch wird in die nähere Umgebung auch ausgeliefert. Das nach dem nahen Berg benannte Lädele ist durchgehend von 7.30 bis 18 Uhr geöffnet (samstags bis 12.30 Uhr). Bei so viel Arbeit wundert es wenig, dass die frühere Großhandelskauffrau kaum Zeit für ihr Hobby, den heimischen Garten, hat. "Der verwildert momentan" , gibt sie lachend zu. Und hofft, dass das Hirzberg-Lädele aufblüht.

Kompletten Beitrag von Carola Schark vom 20.9.2006 auf www.badische-zeitung.de lesen

 

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