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Religionen
im Breisgau und Hochschwarzwald
 

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Blick nach Süden über den Wingert Eichhalde zu Freiburg, Münster und Schönberg am 1.3.2006 mehr

Als die ersten Missionare nach Afrika kamen, besaßen sie die Bibel und wir das Land.
Sie forderten uns auf zu beten.
Und wir schlossen die Augen.

Als wir sie wieder öffneten, war die Lage genau umgekehrt:
Wir hatten die Bibel und sie das Land.

Desmond Mpito Tutu, Friedensnobelpreisträger 1984


Religion in Freiburg:
40 Prozent der Freiburger sind katholisch, 25 Prozent evangelisch und 35 Prozent sind konfessionslos bzw. gehören einer anderen Glaubensrichtung an.
2007 sind in Freiburg 380 Menschen aus der katholischen und 266 aus der evangelischen Kirche ausgetreten.
 

Schweiz verbietet Bau von Minaretten - nun gegen Zwangsehe, Beschneidung

In der Schweiz wird der Bau neuer Minarette verboten. Dafür hat sich am Sonntag bei einer Volksabstimmung eine überraschend klare Mehrheit ausgesprochen. Wird dadurch die Religionsfreiheit eingeschränkt? 57,5 Prozent haben für ein Minarettverbott gestimmt. Dieses Abstimmungsergebnis war selbst von der national-konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP), die das Referendum mit initiiert hatte, nicht erwartet worden. Andere bürgerliche Parteien sowie Sozialdemokraten und Grüne hatten sich zusammen mit der Regierung vehement gegen das Bauverbot ausgesprochen. Es werden vor allem wirtschaftliche Repressalien arabischer Staaten befürchtet. In ersten Reaktionen sprachen Vertreter zahlreicher Parteien von einer politischen Abstimmung gegen einen Islam, der von vielen Schweizern als militant empfunden werde. Die SVP und ihre Mitstreiter hätten die Sorgen der Bevölkerung mit ihrer Initiative richtig eingeschätzt. So kam es auch zu einer hohen Beteiligung von rund 54 Prozent. Im Durchschnitt gehen in der Schweiz bei Wahlen nur 44 Prozent der Bürger zur Urne. Die Abstimmung war durchgesetzt worden, nachdem weitere Bauanträge für Minarette an bisher unauffälligen islamischen Gebetshäusern eingereicht worden waren. In der Schweiz, wo etwa 400 000 Muslime unter zusammen mehr als 6 Millionen katholischen und protestantischen Christen leben, gibt es derzeit vier Minarette.
Der Unmut in der Bevölkerung gegen den Bau weiterer solcher Gebäude sei von der Politik unter dem Deckel gehalten worden, sagte Walter Wobmann, Präsident des Initiativkomitees, im Schweizer Fernsehen. Die Schweizer wollten keine Minarette in der Schweiz. Nun wolle man gegen Zwangsehen und Beschneidungen vorgehen und die Ganzkörperverschleierung von Frauen verbieten.
29.11.2009, www.rnz.de

Minarettverbot und Intoleranz
Die Schweiz ist das erste Land der Welt, das die Errichtung von neuen Minaretten untersagen will. Nach einer aggressiven Kampagne verbucht die rechtspopulistische SVP einen erschreckenden Erfolg: Rund 58 Prozent der Bürger, bei einer Wahlbeteiligung von 54 Prozent, sagten Ja zu einem Bauverbot. Die Angst vor dem Fremden lässt sich (nicht nur in der Schweiz und in islamischen Ländern) hervorragend instrumentalisieren. Das Abstimmungsergebnis zeigt wie der Fundamentalismus, nicht nur in muslimischen Ländern, weltweit zunimmt und den Frieden bedroht. Das Zeitalter der Aufklärung liegt nicht hinter uns, sondern, wenn wir Glück haben, vor uns. Sechs Jahrzehnte Frieden in Zentraleuropa führen bei vielen zur Illusion der Frieden sei der Normalzustand. Doch ein Blick in die Welt oder in irgendeine Nachrichtensendung zeigt, dass dies eine Illusion ist. Wir sind nicht besser oder schlechter als Hutus und Tutsi, als Serben und Kroaten, als Iraker und Iraner... Wenn es "gut organisiert" wird fallen auch in Deutschland oder der Schweiz nach wenigen Jahren Propaganda Christen über Moslems, Raucher über Nichtraucher oder Schwarzhaarige über Blonde her... Nicht Frieden, sondern Kriege, Pogrome und Massaker waren und sind die Realität der Menschheitsgeschichte. Diesen Zustand zu überwinden ist unsere Aufgabe.
1.12.2009, Axel Mayer, BUND Freiburg

58 Prozent der Schweizer haben Angst
58 Prozent der Schweizer haben in einer freie Abstimmung bei sehr hoher Wahlbeteiligung gegen den Neubau von Minaretten gestimmt. Wenn jetzt viele Politiker über die eigenen Bürger herziehen und diese als dumm (im Hinblick von zu erwartende Sanktionen islamischer Staaten) und fremdenfeindlich (im Hinblick auf die Abgrenzung gegenüber Migranten) bezeichnen, dann ist dies die gefährlich falsche Reaktion.
Richtig wäre, dieses klare Votum in einem ersten Schritt ernst zu nehmen und als Ausdruck ehrlicher Angst zu begreifen. Zu hinterfragen ist dann in einem zweiten Schritt, ob diese Angst der Schweizer Bürger vor Migranten begründet oder aber unbegründet ist. Ist die Besorgnis begründet, dann ist die internationale Politik gefordert. Ist die Angst hingegen unbegründet, dann muß sofort eine gewaltige Aufklärungsaktion gestartet werden, an der sich federführend auch die Islam-Organisationen in der Schweiz und den EU-Staaten beteiligen.
EK, 2.12.2009

Schweizerische Volkspartei SVP begrüßt das Votum
Das Egerkinger-Komitee kämpfte mit Unterstützung der SVP allein auf weiter Flur für die Initiative und gegen die massiven Verunglimpfungen der Gegner. Minarette werden in der Schweiz keine mehr gebaut. Den Ruf der Muezzine bei den bestehenden Minaretten darf es nie geben, dafür hat der Bundesrat zu sorgen. Das Resultat bringt klar zum Ausdruck, wie gross das Unbehagen der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gegen eine schleichende Islamisierung des Landes ist. Der heutige Entscheid ist ein klarer Auftrag des Volkes an die Regierung. Die Rechtsstaatlichkeit ist für alle in unserem Land lebenden Personen konsequent durchzusetzen. Wer sich nicht an unsere Regeln hält, hat sein Aufenthaltsrecht verwirkt. Die Duldung von an die Scharia angelehntem Ausnahmerecht kommt für die SVP nicht in Frage (z.B. Dispens vom Schwimmunterricht, Zwangsverheiratungen, separate Friedhöfe)

2.12.2009, www.svp.ch

Angst abbauen: Gegen Missbrauch des Islam Stellung beziehen
Dieser Beschluss richtet sich nicht eigentlich gegen den Bau von Minaretten, sondern ist Ausdruck einer gewissen Grundangst vor der muslimischen Religion – zumindest wie sich diese Religion derzeit darbietet. Andererseits zeugt dieser Beschluss auch von Unwissenheit über diese Glaubensform. Man kann nun nicht von jedem verlangen, das wunderbare Buch von Hans Küng über den Islam zu lesen, um diesen Glauben besser zu verstehen. Andererseits könnte aber dieser unselige Beschluss nun von den Anhängern des Islam durchaus positiv verwertet werden, um ihren Glauben bei uns besser verständlich zu machen. Ein gutes Zeichen, um Angst abzubauen, wäre sicher das Beziehen einer sehr klaren Stellung gegen den Missbrauch des Islam für terroristische Zwecke; das gilt sowohl für islamische Vereinigungen als auch für islamisch regierte Staaten. Wenn dieser Beschluss der Schweizer nun zu einer guten Diskussion über die bestehenden Probleme führt, so hat er letztendlich doch noch etwas Gutes bewirkt.  
BZ-Leserbrief vom 5.12.2009 von Dr. Rainer Sutterer, Lörrach
  Volksabstimmungen sind demokratisch!
Im Artikel zum Minarettverbot in der Schweiz kommt auch Herr Schuster, MdB, zu Wort. Das Votum sei bedenklich und bestärke ihn in der Skepsis gegenüber Überlegungen, auch in Deutschland Volksabstimmungen zu schaffen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin gegen ein Minarettverbot. Dennoch möchte ich dem Bundestagsabgeordneten dringend raten: Schauen Sie mal im Lexikon unter Demokratie nach
BZ-Leserbrief vom 5.12.2009 von Dieter Neef, Lörrach
  Zum Islam in den Demokratien Europas keine kritische Meinungsäußerung mehr möglich
Ich stelle fest, dass in Bezug auf den Islam in den Demokratien Europas keine kritische Meinungsäußerung mehr möglich ist, ohne in eine fremdenfeindliche intolerante Ecke gedrängt zu werden. Wenn ich mich kritisch zum Papst äußere, geschieht nichts, aber wehe ich äußere mich kritisch zum Islam – dann ab in die Schandecke! Das ist ein Verhalten aus dem tiefsten Mittelalter und nicht ein Verhalten, das dem Demokratieverständnis entspricht
BZ-Leserbrief vom 5.12.2009 von Ulrich Lanzen, Görwihl

Meinungen - Zitate
Reinhard Hackl, Bündnis für mehr Demokratie in Stuttgart: "Das Ergebnis der Volksabstimmung zum Monarett-Verbot zeigt: Da gibt es ein Problem, das nicht bearbeitet wurde. Insofern kann das durchaus heilsam sein."

Dr. Alois Stutzer, Wirtschafts- und Politikprofessor an der Uni Basel: "Ein wichtiger Aspekt ist, dass das Ergebnis einer Volksabstimmung weitere Diskussionen auslöst - in diesem Fall etwa darüber, wie mit dem Thema Integration in Zukunft umzugehen ist."
http://www.wwz.unibas.ch/wifor/staff/as/as.htm ,
5.12.2009

.... nicht ausreichend auf die Ängste in der Bevölkerung eingegangen
Eins vorweg: Wenn ich Schweizer wäre, würde ich mir auch überlegen, wie es zu diesem katastrophalen Ergebnis kommen konnte. Allerdings würde ich nicht – wie nahezu alle Politiker, Medien und Eliten in Europa – nur die Bevölkerung beschimpfen und für unmündig erklären, sondern mich fragen, wie es kommen kann, dass über alle Bevölkerungsschichten hinweg die Initiative mitgetragen wurde. ...
Der (verbindliche) Volkswille äußert sich in Demokratien vornehmlich in Abstimmungen. In Deutschland gibt es z.B. allgemeine, freie, geheime, gleiche, und unmittelbare Wahlen. Davor darf im Rahmen der Gesetze zum Thema informiert werden. So auch am vorvergangenen Sonntag. Insofern äußerte sich im Ergebnis der Volkswille, der sich selbstverständlich auch wieder ändern kann (sonst hätten wir ja andauernd eine identische Regierung). Ob das Abstimmungsergebnis - also der Volkswille – mit den Menschenrechten, dem Pacmannschen Kosmos etc. vereinbar ist, steht auf einem anderen Blatt. Ebenso spielt die von Ihnen unterstellt „wahre Gesinnung“ der Wähler und Nichtwähler keine Rolle. Das Ergebnis ist den Wahlrechtsgrundsätzen entsprechend zustande gekommen und repräsentiert den Volkswillen. ....
Ich finde das Resultat auch alarmierend, aber auch bei der breit angelegten Diskussion wurde - soweit ich das verfolgen konnte - nicht ausreichend auf die Ängste in der Bevölkerung eingegangen, sondern nur sinngemäß gesagt: „Zeigt, dass ihr tolerant seid, und stimmt dagegen.“ Wenn zum Beispiel die Grauen Wölfe unter Duldung des Staates neun Vereine/Moscheen alleine in der Deutschschweiz betreiben, muss man sich über Unbehagen in der Bevölkerung nicht wundern. Dennoch tut mir das Ergebnis für all die aufrechten und gut integrierten Muslime, die wir in Zukunft doch so dringend brauchen werden, sehr leid .....
Ein Ansatz – in meinen Augen der zentrale – wäre, endlich deutsche Imame ausbilden bzw. Import-Imame zu verbieten! Man muss sich nur folgende Daten ansehen: Mili-Görus ist ein radikal-islamischer Verein, der aus Deutschland einen Gottesstaat machen will, wie selbst Berlins Innensenator Körting zu gibt. Laut Wikipedia kontrolliert diese Organisation, die eine Anschauung diametral zu den Werten des GG vertritt (und vor allem implementieren will!!), acht Prozent der deutschen Moscheen. Stellen Sie sich das doch einfach vor: Fast in jeder zehnten Moschee wird konsequent gegen das Grundgesetz gepredigt! Vor allem sind es ja nicht diese 8 Prozent. Hinzu kommen zum Beispiel noch faschistische Organisationen wie die Grauen Wölfe, die ebenfalls zahlreiche Vereine/Moscheen kontrollieren (z.B. 9 alleine in der Deutschschweiz). Aber auch die DITIB sehe ich als absolutes Integrationshindernis. Diese Organisation wird vom angeblich so laizistischen türkischen Staat kontrolliert. Welche Prägung die Imame erhalten, hat z.B. Erdogans Rede in Köln oder auch die Reaktionen von türkischen Politikern auf die Volksabstimmung in der Schweiz gezeigt. Auf den Seiten der Böll-Stiftung gibt es eine erschreckende Studie zur DITIB. Die DITIB weist ihre Imame an, dafür zu sorgen, dass Religion und Werte streng wie in der Heimat ausgelegt werden. Sie stellt sich explizit gegen den für ein friedvolles Miteinander so notwendigen Euroislam. Mir ist es unerklärlich, wie es der deutsche Staat zu lassen kann, dass die integrationsfeindliche türkische Regierung fortlaufend Imame einfliegen kann, die in aller Regel kein Wort deutsch sprechen, die Gläubigen im Sinne Erdogans und seiner Schergen fortwährend indoktrinieren, um dann nach drei Jahren wieder weiterzuziehen. Wie soll denn so eine wirkliche Integration stattfinden? Das waren jetzt nur drei prominente türkische Organisationen. Von den arabischen- ich sage nur König-Fahad-„Akademie“ – will ich erst gar nicht anfangen. ....
Jeder Moslem kann in der Schweiz seinen Glauben ausleben! Jeder Moslem darf beten, Frauen dürfen ihre Kopftücher tragen, es dürfen weiter Moscheen gegründet und gebaut oder Kinder an hohen islamischen Feiertagen auf Antrag von der Schule befreit werden, um nur einige Beispiele zu nennen. Wie können Sie davon reden, dass die Religionsfreiheit zur Disposition stand? Und dann noch von unteilbaren Menschenrechten schwadronieren….Gehen Sie doch mal in einen Gottesdienst von Mili-Görus oder den Grauen Wölfen: Da werden Sie sehen was es heißt, wenn gegen die „unteilbaren Menschenrechte“ vorgegangen wird. ....
Schauen sie sich doch an, was in Moscheen abläuft! Das ist es, gegenüber dem sie wachsam sein sollten. Die Juden gehörten der intellektuellen und wirtschaftlichen Elite Deutschlands und Europa an, bevor sie vernichtet wurden. Die extremen Probleme, die nun mal Einwanderer moslemischen Glaubens in ganz Europa bereiten, müssen angesprochen werden! Die Negativstatistiken werden trotz ähnlicher Voraussetzungen und Chancen über alle Jahrgänge von Türken und Arabern dominiert, während die asiatischen Einwanderer spätestens in der zweiten Generation mit weit überdurchschnittlichen Leistungen glänzen. Dies alles sind Fakten, die Ihnen vielleicht nicht passen mögen, die man aber klar ansprechen muss. .....
Blog-Beitrag von Carl-Michael vom 8.12.2009
 

Sollen sie ihr Phallus-Symbol doch haben
Günter Wallraff spricht im FR-Interview über die Religionsfreiheit, aber auch die Grenzen der Toleranz. Er fordert: Schaut genau hin, klagt an, wo Anklage nötig ist. Die Diskussion über Minarette lenke von der inhaltlichen Debatte aber ab.
Herr Wallraff, für die Schwachen einzutreten, ist bei Ihnen ein Stück Programm. Auf wessen Seite stehen Sie, wenn es um Muslime und Nicht-Muslime in Deutschland geht?
Zunächst mal stehe ich auf der Seite der Verfassung. Deshalb glaube ich zum Beispiel, dass der Bau würdiger Moscheen ein selbstverständliches Recht ist. Aber ich merke auch, ich bin nicht in allen Streitpunkten immer so ganz meiner Meinung.
Selbstwiderspruch in Person?
Ja, denn je mehr ich über den Islam und über bestimmte islamische Organisationen in Deutschland erfahre, desto mehr erkenne ich, dass das Grundrecht auf Religionsfreiheit auch missbraucht wird.
Wo denn?
Ich denke etwa an strikte Geschlechtertrennung, an die Diskriminierung von Mädchen, die drangsaliert werden, wenn sie kein Kopftuch tragen wollen. Ich denke an Prediger, die den Toleranzspielraum schamlos ausnutzen und sich mit Ausgrenzungs- und Hassparolen in einem Land, in dem Meinungsfreiheit als Grundrecht garantiert wird, auf der sicheren Seite wähnen. Jede religiöse Praxis muss ihre Grenze an den Vorgaben der universalen Menschenrechte finden. Und das muss klar formuliert und auch eingefordert werden.
Was zu wenig geschieht?
Ich kann den politischen und gesellschaftlichen Kreisen, denen ich nahestehe - Grünen, aufgeschlossenen Sozialdemokraten, undogmatischen Linken und Teilen der protestantischen Kirche -, den Vorwurf nicht ersparen, zu lange weggesehen oder geschwiegen zu haben. Wir sollten nicht die Fehler aus der Zeit des Kalten Kriegs wiederholen. Damals war ich selbst einer von denen, die noch bis zur Biermann-Ausbürgerung 1976 nicht im "falschen Lager" erscheinen wollten und sich deshalb eine gewisse - nun ja - Zurückhaltung auferlegten, wenn es um Menschenrechtsverletzungen in "sozialistischen Staaten" ging.
Das heißt auf die Gegenwart übertragen: Sie fordern den Muslimen in Deutschland eine Bringschuld ab?
Nicht "den Muslimen". Gerade die integrierten - die Mehrheit übrigens -, die sich dieser Gesellschaft zugehörig fühlen, sagen mir: "Wir verstehen euch nicht. Ihr seid viel zu blauäugig und lasst euch von den Funktionären bestimmter Hardliner-Verbände hinters Licht führen." Gerade bei den Verbandsfunktionären werde ich das Gefühl nicht los, dass viele von ihnen eine doppelte Agenda haben: nach außen smart, innerlich hart. Ihre "Dialogpartner" sehen sie oft als "nützliche Idioten" an, und als solche verhalten sich manche auch, indem sie sich vereinnahmen oder instrumentalisieren lassen.
.....
Dieses Hin und Her um die Minarette ist ohnehin die völlig falsche Diskussion.
Was ist die richtige?
Was in den Moscheen gepredigt wird. Darum geht es. Mit dem Bau repräsentativer Moscheen werden Aufmerksamkeit und Interesse für die Inhalte steigen - zumal wenn das Ganze auch auf Deutsch stattfinden sollte. Bei der Frage nach der Finanzierung sollte man eine nachprüfbare Offenlegung verlangen. Sollten irgendwelche arabische Scheichtümer oder gar der Iran mit großzügigem Sponsorierung dubiose Interessen verfolgen - dann muss das ans Licht. ...
Nach dem Volksentscheid in der Schweiz gegen den Bau von Minaretten gab und gibt es ein Erschrecken der Eliten, wie so ein Votum zustande kommen konnte. Teilen Sie dieses Erschrecken?

Ich finde es geheuchelt. Politiker oder Wirtschaftsvertreter erschrecken weniger über die Intoleranz der Schweizer als über die Reaktionen aus der islamischen Welt: Drohungen mit Finanz- oder Wirtschaftsboykotten, das treibt diese Herren um.
Ist Deutschland eigentlich nur die Schweiz in groß?
Wenn ich von Abstimmungen im Internet höre, die noch eindeutiger ausfallen als das Votum der Schweizer, kommt es mir schon so vor.
.....
Das komplette Interview von Günter Wallraff vom 11.12.2009 bitte lesen auf
http://www.fr-online.de/top_news/?em_cnt=2122271&em_cnt_page=1
 

 

Trennung von Staat und Kirche: Berliner Modell sollte Schule machen

Ich hoffe, das Berliner Modell macht Schule Berlin hat sich dazu entschieden, dass der Religionsunterricht innerhalb der Glaubensgemeinschaften und nicht in der Schule stattfindet. Und das ist gut so. Dieses laizistische Prinzip der Trennung von Staat und Kirche sagt überhaupt nichts darüber aus, wie religiös die Berliner sind. Es sagt auch nicht, dass den Berlinerinnen und Berlinern Religion "mehrheitlich schlicht egal" ist.

Die Wurzeln unserer ethischen Grundwerte reichen weiter und tiefer zurück als die christlichen Glaubensinhalte. An den Schulen soll nicht Glauben, sondern Wissen vermittelt werden. Das bedeutet Aufklärung! Nach Kant ist das "die Befreiung des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit".
Im Ethikunterricht besteht die Möglichkeit, den Jugendlichen die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten der großen monotheistischen Religionen zu vermitteln – im Sinn etwa eines Küng’schen Weltethos – und ebenso die Entwicklung ethischer Prinzipien in der Philosophie und Philosophiegeschichte. Darauf können dann die Schüler ihr kulturelles Weltbild aufbauen. Ein solches erweitertes Weltbild ist für die Jugendlichen, die in eine globalisierte Welt hineinwachsen, der richtige Weg, um eine gute persönliche ethische Grundhaltung zu gewinnen. Ich hoffe, das Berliner Modell macht Schule.
BZ-Leserbrief vom 8.5.2009 von Peter Haas, Teningen

Religion gehört nicht in die öffentliche Schule

Wir sollten endlich die Trennung von Kirche und Staat verwirklichen. Religion ist Privatsache und gehört nicht in die öffentliche Schule. Wer seinen Kindern Religionsunterricht angedeihen lassen will, soll das auf eigene Kosten (oder auf Kosten seiner Kirche) gern machen dürfen, aber doch nicht in der staatlichen Schule und vom Geld der Steuerzahler finanziert (die Kirchensteuern gehen zum größten Teil für die Beamtengehälter der Pfarrer und Bischöfe drauf, den staatlichen Religionsunterricht finanziert großenteils der Staat – also wir alle). Was wir in den Schulen stattdessen brauchen, ist ein Fach "Ethik" oder "Lebenskunde" oder wie das auch immer heißen mag, als Pflicht für alle Schülerinnen und Schüler und auf allen Klassenstufen. Dort würden alle, Moslems und Christen, Buddhisten und Gottlose, Hindus und Juden, das Notwendige und für alle gemeinsam Geltende über die Religionen, über Normen und Werte, über die Gleichberechtigung der Geschlechter und die gewaltfreie Kindererziehung, über Frieden und Gerechtigkeit, über Nächstenliebe und Völkerverständigung, über Gut und Böse erfahren – und das aufgrund eines staatlichen Lehrplans, von staatlichen Lehrkräften und unter staatlicher Aufsicht. Das läge in unser aller Interesse (Stichwort "Integration"). Dass es an der Karoline-Kaspar-Schule einen Ethikunterricht für Grundschüler gibt, ist toll, aber dass die Eltern das privat organisieren und dafür 120 Euro pro Jahr löhnen müssen, ist ein Skandal! Wo bleibt da die Schulgeldfreiheit? Und wo die staatliche Schulaufsicht? Was macht die Schulaufsichtsbehörde denn morgen, wenn ein paar wildgewordene Christlamisten für ihre Kinder auf eigene Kosten an der staatlichen Schule ein Ersatzfach für Biologie einführen wollen, damit ihre Kinder dort lernen können, dass nicht die Evolutionslehre Stand der Wissenschaft ist, sondern dass Gott die Welt tatsächlich an sieben Tagen geschaffen hat?
22.12.2008, Michael Rux, Freiburg

Mehr auf www.badische-zeitung.de/gruene-fordern-mehr-ethik-an-schulen

Religion? Nicht an öffentlichen Schulen!
Der Ethikunterricht ist eine immer wichtiger werdende soziale Brücke, auf der sich Kinder und Jugendliche der verschiedensten religiösen und nichtreligiösen Weltanschauungen auf der Basis von Wissenschaft und Menschenrechten treffen. Dabei lernen sie, miteinander respektvoll zu reden und zusammen etwas konfliktlos zu unternehmen. Hingegen ist der konfessionelle Religionsunterricht etwas grundsätzlich anderes: Hier werden in erster Linie nicht Wissen und soziales Verhalten vermittelt, sondern "Glauben", ein "Für-wahr-Halten" von etwas, was weder bewiesen noch widerlegt werden kann, jedoch extrem unwahrscheinlich ist (zum Beispiel ein persönlicher Gott, Leben nach dem Tod, Jungfrauengeburt oder Auferstehung eines Jesus von Nazareth). Und solch ein höchst fragwürdiger Glaube wird bei den drei monotheistischen Religionen (Islam, Christen- und Judentum) sogar zusätzlich mit einem offiziell noch immer erhobenen Absolutheitsanspruch verbunden, nämlich jeweils (!) "die allein wahre und gültige Religion zu sein und als solche anerkannt zu werden". Diese inhumanen Absolutheitsansprüche haben (verständlicherweise) schon zu viel millionenfachem gegenseitigen, grausamen Umbringen geführt und lassen natürlich keinen Frieden zu, solange sie noch bestehen. Darum meine ich, dass solche Glauben auf keinen Fall in öffentlichen Schulen vermittelt werden dürfen, sondern – wenn überhaupt in einem sich sozial nennenden Staat – höchstens in religionseigenen Räumlichkeiten! Folglich sollte der äußerst wichtige Ethikunterricht an allen öffentlichen Schulen Deutschlands (natürlich auch schon in der ersten Klasse der Grundschule) ein Pflichtfach und Religionsunterricht verbannt werden. 
27.12.2008, Reinhard Moysich, Karlsruhe

Kirchen lassen sich vom Steuerzahler bezahlen
Ich stimme Herrn Rux weitestgehend zu: Religionsunterricht hat an öffentlichen Schulen nichts verloren. Man stelle sich vor, Hindus, Moslems, Juden, Buddhisten – es existieren rund 3000 (!) Religionen auf der Welt – werden alle ihren staatlich finanzierten Religionsunterricht erhalten. Wo kommen wir da hin? Christlicher Religionsunterricht ist doch nichts weiter als das Privileg, in den Schulen potenzielle Kirchensteuer-Zahler zu erziehen und an sich zu binden. Und dieses Privileg lassen sich die Kirchen sogar noch mit milliardenschweren Beträgen aus der Staatskasse bezahlen. In einem Punkt allerdings irrt Herr Rux: Die Gehälter der kirchlichen Würdenträger werden zwar zum Teil aus der Kirchensteuer bezahlt, allerdings massiv mit zusätzlichen staatlichen Leistungen subventioniert, die von allen Steuerzahlern – nicht zu verwechseln mit Kirchensteuerzahlern – getragen werden. Vereinbart ist dies in so genannten Konkordatsverträgen, zum Beispiel dem Badenkonkordat von 1932, aktualisiert im Landtag von Baden-Württemberg am 18. Dezember 2007. So erhält der Freiburger Erzbischof beispielsweise ein monatliches Gehalt aus der Staatskasse von rund 11 000, das von Nichtkatholiken mitbezahlt wird. Welche Gegenleistung erhalten diese dafür?
5.1.2009, Rainer Hercher, Umkirch

Ein Atheismus aus der Mottenkiste
Der Leserbrief entlarvt in unverblümter Weise. Was in Wirklichkeit hinter den Forderungen nach flächendeckender Einführung des Ethikunterrichts steckt: Ein Atheismus aus der aufklärerischen Mottenkiste, die Entchristlichung von Bildung und Kultur, die Verdrängung des Religiösen aus dem öffentlichen Leben überhaupt zugunsten einer neutralen "Lebenkunde des für alle gemeinsam Geltenden." Was ist das und wer schreibt ihre Inhalte vor? Der Staat? Eine – notwendigerweise jederzeit veränderbare – allgemeine Übereinkunft? Eine lebendige, ganzheitliche und damit auch religiös fundierte Persönlichkeitsentwicklung als notwendige Voraussetzung für Freiheit, Verantwortung und Toleranz soll durch eine dürre scheinobjektive Informationslehre ersetzt werden; der kostbare Schatz einer von Kindheit an erworbenen positiven Religiosität durch einen freischwebenden "autonomen" Diskurs, der seine Verbindlichkeit nur durch staatliche Vorschriften erhält. Und auch diese sind nur durchsetzbar, weil ihre verbliebenen Werte nichts anderes sind als säkularisierte parasitäre Derivate des mit dem antiken Humanismus gesättigten Christentums. Hinaus läuft es auf eine "Liberalität im liberalen Sinne" (Loriot), wo letztlich alles gleich falsch und demgemäß auch gleich richtig sein kann und schließlich hinter jedem schwachsinnigen Unfug hinterhergelaufen wird, wie die tägliche Erfahrung in allen Lebensbereichen deprimierend genug beweist. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Kirchen mutiger und offensiver dieser Entleerung der europäischen Identität widersetzen würde und sich nicht zunehmend aus der Erziehung und Prägung der Kinder hinausdrängen ließen.
5.1.2009, Manfred Kleehammer, Freiburg

 


Die meisten Muslime schätzen die Demokratie

Umfrage in 35 islamischen Ländern / Skepsis gegenüber den USA
 
US-Präsident George W. Bush hat immer wieder betont, islamische Extremisten verachteten westliche Demokratie und Freiheit — doch eine großangelegte Studie des US-Forschungsinstituts Gallup legt nahe, dass das Gegenteil der Fall ist. "Die Sympathisanten des Terrorismus hassen nicht unsere Freiheit, sie wollen unsere Freiheit", bilanziert Gallup-Managerin Dalia Mogahed, Mitautorin der Studie "Wer spricht für den Islam? — Was eine Milliarde Muslime wirklich denkt". Die gute Nachricht der Studie: Nur sieben Prozent der Muslime können als politisch radikalisiert eingestuft werden, sie rechtfertigten die Terroranschläge vom 11. September. Dagegen seien 93 Prozent der Befragten politisch moderat. Insgesamt wurden für das Projekt in den vergangenen Jahren 50 000 Muslime in über 35 überwiegend islamischen Ländern befragt, laut Gallup eine der umfangreichsten Studien, die je in der islamischen Welt gemacht wurden — die Ergebnisse stellen reihenweise gewohnte Denkmuster infrage.
Im Gegensatz zur verbreiteten Annahme, dass Extremisten anti-demokratisch eingestellt seien, betonten 50 Prozent von ihnen, dass sie mehr politische Demokratie befürworten. Mehr noch: Befragt, was sie am Westen am meisten bewundern, nannten die politisch Radikalen an erster Stelle Technologie — bereits an zweiter Stelle das westliche Wertesystem, gefolgt von einem fairen politischen System, Demokratie und Menschenrechten.

Allerdings: Skepsis herrscht bei der Frage, ob die USA tatsächlich das Ziel verfolgen, Demokratie in die islamische Welt zu bringen. Nur die Hälfte aller Befragten glaubt das. Die Autoren nehmen an, dass das daran liegt, dass die USA seit Jahrzehnten undemokratische Regime unterstützen. Nur 24 Prozent der Ägypter und Jordanier und nur 16 Prozent der Türken nehmen den USA das Eintreten für Demokratie in der islamischen Welt ab. "Obwohl es selten Demokratie gibt in muslimischen Ländern, schätzen viele Muslime eine Reihe demokratischer Prinzipien" , heißt die Bilanz der Studie. "Im Allgemeinen sehen Muslime keinen Gegensatz zwischen demokratischen Werten und religiösen Prinzipien." Immer wieder betonen die Befragten den Wert des Islam für ihre Gesellschaft. Mitautor Esposito meint: Die Muslime strebten zwar Freiheit und Demokratie an, "aber keine von den USA definierte und aufgezwungene Demokratie" .
Ein weiteres unerwartetes Ergebnis: 85 Prozent aller Befragten im Iran, 90 Prozent in Indonesien und 61 Prozent in Saudi-Arabien treten für die gleichen Rechte für Männer und Frauen ein. Weit verbreitet ist der Umfrage zufolge die Furcht vor angeblichen US-Plänen zur Beherrschung der islamischen Welt. 81 Prozent der befragten Radikalen und 67 Prozent der politisch Gemäßigten sehen die USA als aggressive Macht. Zum Vergleich: Nur neun Prozent der Radikalen schätzten Deutschland derart ein.
1.3.2008, www.rnz.de

 

Wichtig: Dialog zwischen den Glaubensgemeinschaften

Müllheim (eb). "Woraus und wofür lebe ich in einer globalisierten Welt?" Dieser grundlegenden Frage nach der Spiritualität des Menschen gingen rund 130 Abiturientinnen und Abiturienten des Markgräfler Gymnasiums (MGM) im Rahmen eines Studientages im evangelischen Gemeindehaus nach.

Organisiert wurde dieser etwas andere Tag des Lernens von Religionspädagoge Udo Grotz, dessen Einladung fünf Vertreter unterschiedlicher Glaubensrichtungen gefolgt waren: Zeynel Arslan (Alevit) aus Rheinfelden, Faruk Bajwa (Sunnit) aus Ehrenkirchen, Wilfried Pfeffer (Buddhist), Professor Dr. Uhde von der katholischen Fakultät der Uni Freiburg sowie Professor Ulrich Duchrow von der evangelischen Fakultät der Universität Heidelberg.

"In einer Zeit, in der ,Religion’ niemandem mehr ungefragt zugemutet werden darf" , und angesichts der Globalisierung, die ganz unterschiedliche Glaubensgemeinschaften eng zusammenführt, müsse das Ziel nicht ein "interreligiöser Eintopf" , sondern der Dialog sein, "ohne jemandem vom eigenen Glauben überzeugen zu wollen" , betonte Schulleiter Heribert Hertramph. Und auch die Referenten stellten diese Notwendigkeit sowie die tatsächlichen Möglichkeiten eines friedlichen Miteinanders in den Vordergrund.
Entscheidend dafür, ob der Glaube Menschen auseinander- oder eher zusammenführe, sei die Art und Weise, wie jemand seinen Glauben lebe, erklärte Zeynal Arslan, der neben seinem Hauptberuf als Energieanlagenelektroniker auch Yoga unterrichtet. Toleranz und gegenseitigen Respekt auf der Grundlage der Vernunft stellte auch Faruk Bajwa, Oberstufenschüler am Faust-Gymnasium Staufen, über die unterschiedlichen Ausprägungen verschiedener Religionen. Dazu sei es notwendig, ein "anderes Erlebnisbewusstsein zu entwickeln" , betonte der Buddhist und frühere Biologielehrer Wilfried Pfeffer: "Wir müssen unser emotionales Erleben hinterfragen" und "Gelassenheit" erlangen, um zur Akzeptanz zu gelangen und Toleranz zu üben, anstatt ein "Sklave der eigenen Emotionen" zu sein. Auch der Freiburger Theologieprofessor Uhde stellte die "gemeinsame Schnittmenge" über die Unterschiedlichkeit der Religionen. Dabei gehe es um mehr als "Kenntnisse" . Im Vordergrund stehe die Frage nach der Spiritualität, dem "Geistigen im Menschen" , und die Frage, was Religionen zum Frieden beitragen können. Warum es für den Menschen nicht einfach ist, "solidarisch (empathisch) Mensch zu werden" , zeigte der Heidelberger Theologe Duchrow am sozial-geschichtlichen Entwicklungsprozess der Menschheit auf: Mit der Einführung von Besitz und der Zulassung von Zinsen beginnt und verbreitet sich die "Entsolidarisierung bereits im 8. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung" . So erkannte schon Aristoteles die grundlegende Illusion, der der nach Besitz strebende Mensch zu unterliegen droht: "Wenn ich mit Geld Lebensmittel kaufen kann, so scheint mehr Geld mehr Leben zu versprechen" , erläuterte Duchrow. Und so könnten die verschiedenen Religionen auch als unterschiedliche Versuche, mit diesem Problem fertig zuwerden, gedeutet oder genutzt werden.
Dass für die Schülerinnen und Schüler des Markgräfler Gymnasiums in Müllheim gerade auch die Unterschiedlichkeit der bei dieser Veranstaltung vertretenen Religionsgruppen interessant war, zeigten zahlreiche Nachfragen und die Diskussionen in den anschließenden Arbeitsgruppen.
2.2., eb, BZ

 

 

Winfried Kretschmann: Wie Christen sich in Politik engagieren

Wie kann sich christliches Selbstverständnis in praktischer Politik ausdrücken? Eine Antwort auf diese Frage lieferte Winfried Kretschmann in der Landvolkshochschule (LVHS) St. Ulrich. Der Mitbegründer der Grünen Partei in Baden-Württemberg und Vorsitzender der Fraktion der Bündnisgrünen im Stuttgarter Landtag referierte zum Abschluss der Bildungstage für Männer, die die LVHS seit drei Jahrzehnten in der Woche vor Weihnachten ausrichtet. 38 Männer aus ganz Südbaden ließen sich vom diesjährigen Schwerpunktthema "Christsein und praktische Politik" anziehen.

Der Blick vom neuen Hörsaal der LVHS auf St. Ulrich ist geradezu überwältigend. Rechts tut sich der schneebedeckte von zerstreut liegenden Anwesen besiedelte Westabhang des Schauinslandes vor einem auf, links die historische Klosteranlage mit der Kirche St. Peter und Paul. Winfried Kretschmann war noch nie hier, gern war er der Einladung von LVHS-Leiter Alois Beck gefolgt. Der meinte in seiner Begrüßungsrede, kein anderer Politiker sei besser geeignet, zum Thema "Christsein und Politik" Stellung zu beziehen. Winfried Kretschmann gehört dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken und dem Diözesanrat des Erzbistums Freiburg an. Tatsächlich ließ sein Vortrag aufhorchen. "Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn; denn wenn’s ihr wohl geht, so geht’s auch euch wohl" , zitierte Kretschmann den alttestamentarischen Propheten Jeremias. Der formulierte diesen Appell vor etwa 2500 Jahren an die Juden in der babylonischen Diaspora. Deren Glauben drohte im Vielvölkermix Babylons unterzugehen. Jeremia forderte seine Glaubensbrüder auf, sich nicht abzugrenzen, sondern sich auf die Gesellschaft einzulassen, um so das eigene Wohlergehen und das ihrer Umgebung zu fördern. "Suchet der Stadt Bestes kann auch ein Programm für das heutige Leben sein" , sagte Winfried Kretschmann, denn die Situation der Juden in Babylon sei durchaus vergleichbar mit der Lage der christlichen Kirchen in Europa heute. "Die Zeit der Volkskirche ist vorbei und das ist auch gut so" , sagte er. Die Trennung beider Instanzen zähle zu den wichtigsten Errungenschaften der europäischen Zivilisation, sie war nur entstanden durch die Einheit von Thron und Altar.
Durch das Wort Jeremias seien Christen aufgefordert, sich in der säkularen Gesellschaft erst recht einzumischen und sich zu engagieren, Verantwortung zu übernehmen, für Gerechtigkeit zu sorgen, nur das vom Staat verlangen, was man selbst nicht erledigen könne und dabei stets selbstkritisch zu hinterfragen, ob der Staat die Ansprüche auch erfüllen kann, sich das Wohl des Ganzen zum Maßstab zu nehmen und sich nicht zum Sprachrohr von irgendwelchen Sonderinteressen zu machen. "Es ist eine gewisse Grundhaltung und es sind Werte, die Christen in die Politik einbringen können" , sagte Winfried Kretschmann.

Er rief seinen Zuhörern ins Bewusstsein, wie sehr die demokratische Grundordnung vom Christentum geprägt sei und zeigte auf, dass "die Welt immer christlicher" werde, weil die Zahl der Staaten, die ihre Verfassung auf den Grundsatz "die Würde des Menschen ist unantastbar" aufbauen und eine soziale Politik praktizieren, zunehme. "Ich mache mir keine Sorgen um das Christentum. Es ist ein Selbstläufer, weil die Menschen nach Frieden, Gerechtigkeit und sozialem Miteinander streben" , sagte Kretschmann. Es bestehe jedoch die Gefahr, dass vergessen werde, dass Jesus Christus der Erste war, der die Idee von der Feindesliebe formuliert hatte, was der Kern jeder demokratischen Verfassung sei. Seine Angehörigen und Freunde zu lieben sei ja nicht schwer, wohl aber sich Ausgegrenzten zuzuwenden oder auch einem Häftling oder einem Verfolgten Respekt, Achtung und eben Nächstenliebe zu schenken. Damit dieses Vergessen nicht um sich greife, sollten Christen sich in der Politik und in gesellschaftlichen Gruppen engagieren und sich dabei nicht scheuen, ihr Selbstverständnis zum Ausdruck zu bringen. Nach Kretschmanns Ansicht zeichne sich eine christliche Grundhaltung in Gelassenheit aus, im Sinn für das Machbare, im Bewusstsein dafür, dass die Gabe Probleme zu lösen, auch ein Geschenk Gottes ist und im Vertrauen darauf, dass Gott die Welt nicht untergehen lasse. Auch sollten sich Christen bestimmten Themen unmittelbar auf die Bibel berufen, etwa, wenn es um die Unantastbarkeit des menschlichen Genoms gehe oder auch um den Erhalt des Sonntags als arbeitsfreier Tag.
Silvia Faller , 29.12.2007, BZ

 

 

Rosenkranz - Gebetsschnur als Lebenshilfe

Der Komponist Joseph Haydn wusste noch Bescheid: "Wenn ich in meiner Wohnung auf und ab gehe und dabei den Rosenkranz bete, kommen mir die schönsten Melodien." Bevor jetzt manche sich nickend zurücklehnen, weil sie nun endlich wissen, warum die Schlager von heute so uninspiriert sind, noch schnell ein paar Basisinfos zu dieser Lebenshilfe. Die nicht etwa ein aus Rosen geflochtener Kranz ist, sondern aus 59 kleineren und größeren Perlen besteht, von einer Schnur zusammengehalten. Womit sich die katholische Variante der Gebetsschnur gegenüber ihren Verwandten im Islam (99 Perlen) und im Buddhismus (108 Perlen) geradezu bescheiden ausnimmt. Der Vergleich zeigt zugleich, dass der 1208 vom Ordensgründer Dominikus in den kirchlichen Alltag eingeführte Rosenkranz keine katholische Erfindung ist. Vielmehr macht er sich einen religiösen Erfahrungsschatz der Menschheit zunutze: Vielfaches Wiederholen von Gebeten - in diesem Falle von "Vaterunser" (große Perlen) und "Ave Maria" (kleine Perlen) - entfaltet eine meditative Wirkung. Zudem, heißt es, haben Betende mit dem Rosenkranz sozusagen den ganzen christlichen Glauben in der Hand. Denn das "Abbeten" erinnert am Beispiel des Lebens Jesu an Freude und Schmerz, an Licht- und Glorreiches. So spinnt die Gebetsschnur gleichsam einen Faden zwischen Glauben und Leben. Nicht nur am Rosenkranzfest am ersten Sonntag im Oktober, der damit zum Rosenkranz monat wurde. In dem sich übrigens jeden Werktag um 17.45 Uhr im Münster (für manche) erstaunlich viele jüngere und ältere Menschen sammeln - in der Hoffnung vielleicht, der Rosenkranz möge sie für die Partitur ihres Lebens inspirieren.
Gerhard M. Kirk, 6.10.2007, BZ

 

Vatikan: Evangelische Kirche hat kein Kirchenstatus

Empört, enttäuscht und verwundert
Als gläubiger Christ bin ich empört und enttäuscht über das Dokument der Glaubenskongregation der katholischen Kirche, mit der sie der evangelischen Kirche den Status einer Kirche abspricht und sie als kirchliche Gemeinschaft bezeichnet. Verwundert und auch traurig bin ich darüber, dass Papst Benedikt XVI. trotz der Ökumene das Dokument der Glaubenskongregation gutheißt. Meine Frau ist evangelisch und ich bin katholisch getauft. Wir beide sind Christen und besuchen deshalb abwechselnd die Gottesdienste in der katholischen und der evangelischen Kirche und andere kirchliche Veranstaltungen beider Konfessionen. Meine Frau nahm in der Vergangenheit aus Überzeugung an der Fronleichnamsprozession teil, um in der Öffentlichkeit den gemeinsamen christlichen Glauben zu bekunden. Ich singe mit Freude in meiner Heimatgemeinde im evangelischen Kirchenchor, bei dem meine Frau stellvertretende Vorsitzende ist. Die Meinung der katholischen Glaubenskongregation ist ein Schritt zurück in das Mittelalter. Auf der Welt gibt es viele schwerwiegendere Probleme, wie zum Beispiel Kriege, Naturkatastrophen, Hungersnöte, Epidemien, die wir Christen gemeinsam versuchen sollten zu lösen.
BZ-Leserbrief vom 25.7.2007 von Roland Näger, Bötzingen

Alle Religionen sind vom gleichen Übel geplagt
Warum empören sich die Protestanten? Die Aussagen der Päpste sind doch seit Jahrhunderten bekannt und werden ständig wiederholt. Alle Religionen und religiösen Gemeinschaften sind von dem gleichen Übel geplagt, dass ein Alleinvertretungsanspruch aufgebaut wird und jeweils die Anderen mit allen Mitteln, auch mit Druck und unlauteren Methoden, missioniert werden sollen. Erst die Überwindung dieses Übels ergibt einen Weltfrieden. Daran zu arbeiten ist die Aufgabe eines Jeden.
BZ-Leserbrief vom 25.7.2007 von Ulrich Schäfer, Freiburg


 

 

 

Moschee in Köln: Ralph Giordano erhält Morddrohungen

Der Mann will sich nicht beruhigen. Obwohl ihm Weggefährten den Rat gegeben haben, leiser aufzutreten - Ralph Giordano wird nicht schweigen. "Ich will sagen dürfen", platzt es aus ihm heraus, noch bevor man das Thema genannt hat, "stoppt diese Moschee" .

Tag und Nacht erhält er Anrufe von Zeitgenossen, die ihm wahlweise den Tod durch die Gaskammer oder den Strick ankündigen, gelegentlich beschränken sie sich radebrechend auf vier Worte: "Allah, Moschee, Buch, tot." All das wühlt den Mann auf, aber er lässt sich genauso wenig beirren, wie er es früher getan hat, als er gegen das Vergessen der Deutschen angekämpft und geschrieben hat.

"Ich bin der Traditionen, Sitten und Gebräuche überdrüssig, die jede Kritik in Beleidigung umfälschen, selbst aber verschwenderisch mit Verbalinjurien gegen Andersgläubige zur Hand sind",

entgegnet er dem Fragesteller und schließt dann noch einen Exkurs über seine Sicht auf den Islam an. "Die Scharia, das Gesetz des Islam ist notorisch grundgesetzwidrig, ein skandalöser Anachronismus, das Fossil einer überholten Menschheitsepoche und ein schweres Hindernis auf dem Wege zur Reformierung und Modernisierung des Islam." Nein, der Mann wird sich nicht beruhigen. Der Streit um den Neubau einer Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld wühlt ihn genauso auf wie viele Bürger und die politische Klasse in der Domstadt. "Geht es nicht einen Tick kleiner?", fragen jene, die bereit sind, sich mit dem Gotteshaus zu arrangieren und nur Probleme damit haben, dass die Kuppel mindestens 34 Meter hoch und die beiden Minarette sogar mehr als 55 Meter in den Himmel ragen sollen. Andere halten den Bau für eine "Machtdemonstration" der Zuwanderer und sprechen sich gegen ein "islamisches Disneyland" mitten im traditionell von Arbeitern bewohnten Stadtviertel aus. Sollen die Muslime doch auf die "schäl Sick" gehen, wie Kölner die rechte (falsche) Rheinseite nennen. Weil die Stadt die Brisanz des Themas unterschätzt hat, vergeudete man viel Zeit und hat sich erst spät darauf verständigt, den Dialog mit den Anwohnern zu suchen. Als man in der vergangenen Woche abends in der Aula des Gymnasiums an der Kreuzgasse über die Moschee debattierte, prallten die Meinungen so hart aufeinander, dass der Versammlungsleiter, der sozialdemokratische Ortsbürgermeister Josef Wirges, etliche Mitglieder der rechten Gruppierung "Pro Köln" von der Polizei aus dem Saal werfen ließ. Wer geglaubt haben sollte, dass sich die Stimmung seither beruhigt, hat sich getäuscht. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendjemand das Thema aufgreift. Necla Kelek etwa, die streitbare Soziologin, hat eben erklärt, der Bau einer Moschee "ist keine Frage der Glaubensfreiheit, sondern eine politische Frage" . Auf der anderen Seite versuchen alte Weggefährten wie der Schriftsteller Günter Wallraff — der selbst in Ehrenfeld lebt — Giordano davon zu überzeugen, dass er mit seiner Kritik überzogen habe.

Der sieht das anders. "Ich werde auch weiterhin auf meiner kulturellen Selbstbestimmung beharren, auf einer Lebensform, die die meine ist und die in mannigfacher Hinsicht mit der muslimischen nicht übereinstimmt" , sagt er. Dass er Beifall von der falschen Seite erhalten hat, weil die Rechten in Köln inzwischen mit seinen Thesen Politik zu machen versuchen, schreckt ihn nicht. Von denen lasse er sich nicht vereinnahmen. Der Bau der Moschee erfordert eine Bebauungsplanänderung, über die der Kölner Stadtrat im Herbst entscheidet. Bereits vor der Anhörung hatte die Stadt Änderungen an dem Entwurf verlangt. Dabei ging es nicht zuletzt um Fragen der Verkehrsführung. Der Bauherr des Gebetshauses, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), möchte Platz für 2000 Gläubige schaffen und außerdem Räume für Büros und Verwaltung. Der Gebetsraum weist wesentlich mehr Fenster auf als zunächst geplant und soll Offenheit gegenüber der Gesellschaft symbolisieren.
8.6.2007, FAZ

 

Mehr Geistzeit statt Zeitgeist - Wieder mal ein zweiter Feiertag

Da ist er wieder, der zweite Feiertag, der christlichen Festen wie Weihnachten und Ostern anhängt. Und Pfingsten. Pfingsten? Weihnachten ist ja noch klar. Weil da nach christlicher Überlieferung ein Kind geboren wurde. Das als Erwachsener den Mächtigen seiner Zeit so unbequem wurde, dass sie ihn umbringen und im Grab verschwinden ließen. Aus dem heraus der Tote den Aufstand eines neuen Lebens probte. Womit immerhin auch heute noch Ostern mehr oder weniger verständlich zu machen ist. Aber Pfingsten? Als Geburtstag der Kirche bezeichnen deren Theologen dieses Fest. Andere bringen es lieber mit jenem Geist in Verbindung, von dem wahre Wunder erzählt werden: Als weibliche Seite des christlichen Gottes macht er Mut, alles für möglich zu halten. Sogar in geistloser Zeit eine neue Erde, zumindest eine andere Welt als die der Großen Acht. Mit geistreicher Achtung vor dem Leben. Gut also, dass es diesen zweiten Feiertag gibt, um ein wenig dem nachzusinnen, was nicht der Zeitgeist ist. Dank deshalb auch den Schaustellern, die uns den Pfingstmontag als zweiten Feiertag erhalten haben. Denn der war fast schon abgeschafft, um teilweise den Arbeitgeberanteil zur Pflegeversicherung zu finanzieren. Doch die Schausteller wollten sich just diesen für sie so einträglichen Tag nicht nehmen lassen. So dass schließlich 1995 der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag "verschwand" . Obwohl der eigentlich auch einen zweiten Feiertag verdient gehabt hätte. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Gerhard M. Kirk, 26.5.2007, www.badische-zeitung.de

 

Kopftuch - verschont uns vor solch religiösen Dämlichkeiten

Zu "Jetz isch doch nit Fasnet?" von Anja Bochtler, zusammenLeben, BZ vom 30.4.2007

Islam: Streng patriarchales Welt- und Frauenbild
Es ist sicher lobenswert und auch notwendig, in einer Zeitung Kenntnisse über andere Religionen zu vermitteln. Doch was Anja Bochtler unter dem Titel: "Jetz isch doch nit Fasnet" zusammentrug, ist die pure Verniedlichung eines gar nicht närrischen Themas, bei der diese vier zum Islam konvertierten jungen Frauen offenbar als Figuren in einem Spiel mitwirken, dessen Hintermänner ihre Fäden als raffinierte Werber im islamistischen Puppenspiel dezent zu ziehen verstehen.

"Mehr Klarheit als im Christentum" findet die eine, die nächste findet Spaß am Provozieren mit dem Kopftuch, von einem matriarchalisch geprägten Islam auf Sumatra ließ sich die dritte, angeblich Feministin, begeistern, und die vierte findet zum Kopftuchgebot: "Das ist ein göttliches Gebot von jemandem, der weiß, was gut für mich ist."

Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Muslimas, die das Tragen von Kopftüchern aus dem einfachen Grund ablehnen, weil ihr Prophet dieses schlicht so nicht verlangt hat. Dass gläubige Frauen ihre Keuschheit wahren, ein Tuch über ihren Busen ziehen, sowie ihre Reize vor niemandem enthüllen sollen, als vor ihrem Gatten, wie im Koran (in Sure 24) gefordert wird, wären Tugenden, die auch vielen nicht muslimischen Damen gut zu Gesicht (oder zu Figur) stünden. Aber das Kopftuch ist da nur ein vorgeschobenes Problem. Noch unsere Großmütter trugen, wenigstens auf dem Land, außer Haus stets ein Kopftuch, denn im Winter schützte dies vor Kälte und im Sommer vor einem Sonnenstich. So mag es auch in der Wüste, zur Lebzeit des Propheten Mohammed guter Brauch gewesen sein! Aber dass Frauen durch das Tragen dieses Tuches Gott gefällig seien, auf diese Idee wären unsere Großmütter denn doch nicht gekommen!

Mohammed, der sich zeitlebens für den letzten Propheten Jehovas, nach Christus und Johannes dem Täufer, gehalten hat, blieb schlicht und einfach dem alttestamentarischen, streng patriarchalischen Welt- und Frauenbild verhaftet. Der Begriff "Liebe" im Sinne von "Nächstenliebe" kommt in seinem Koran nicht vor. Die Frau ist Eigentum des Mannes. Und der Prophet wusste im Zweifel immer, was gut ist für die Frauen, (auch für seine eigenen!) So scheint der Islam die geeignete Religion für Menschen, die für alles und jedes ein Gesetz oder Gebot brauchen. Eine Gesellschaft freilich, die sich christlich nennt und mehrheitlich nach dem rheinländisch fröhlichen Fasnachtsmotto lebt: "Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel, weil wir so brav sind", hat freilich dem Koran, diesem Sammelsurium von 1001 Ge- und Verboten, geistig nichts mehr entgegenzusetzen!

Lasst die vier konvertierten und gewiss gutgläubigen Frauen auf die von ihnen gewünschte Art selig werden, aber verschont uns BZ-Leser künftig vor solch religiösen Dämlichkeiten!

BZ-Leserbrief vom 9.5.2007 von Bernhard Mößner, Herbolzheim

Tschador - keine Fotomontage, sondern Realität Tschador - keine Fotomontage, sondern Realität

 

Scientology keine Religion, sondern ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen

In dem Artikel zu der Flugblatt-Verteilaktion der Jungen Union in Freiburg gegen John Travolta findet sich ein Satz, der nicht unwidersprochen hingenommen werden darf. Herr Steiner schreibt, dass Chick Corea vor Jahren in keiner vom Land Baden-Württemberg unterstützten Veranstaltung auftreten durfte, weil er Scientologe war und meint dazu: "Da wurde und wird die Privatsache Religion unzulässig mit dem öffentlichen Wirken als Künstler vermischt." Hat es sich denn immer noch nicht herumgesprochen, dass Scientology keine "Religion" ist, sondern ein auf materiellen Gewinn orientiertes Wirtschaftsun-ternehmen mit totalitärem Gebaren gegenüber seinen Mitgliedern? Eine solche weltweit operierende Organisation ist insofern auch keine "Privatsache" , als sie die Weltherrschaft anstrebt und zu diesem Zweck öffentliche Einrichtungen und politische Gremien infiltriert und daher eine Bedrohung für ein freiheitlich verfasstes Staatswesen darstellt. Ein paar Flugblätter verteilende Aktivisten, die zu Recht über den publicityträchtigen Auftritt eines Scientologen in Freiburg besorgt sind, sind mir allemal lieber als ein so verharmlosender und latent scientologyfreundlicher Kommentar — auch wenn man über den positiven Nutzen der Protestaktion durchaus geteilter Meinung sein kann. Zu wenig scientologykritisch dünkt mich auch der Tenor des Berichts über den Abend mit dem Scientology-Aussteiger Wilfried Handl im Audimax. Dass dem abschließend sprechenden Scientology-Repräsentanten das Mikrofon abgestellt wurde, ist sicher keine schöne Geste. Doch ist es stets in das Belieben des Berichterstatters gestellt, welche Aspekte einer Veranstaltung er herausgreift und betont und welche er weglässt.
BZ-Leserbrief vom 12.4.2007 von Matthias Gruneisen, Pfaffenweiler


 

Religion sollte aus den Schulen fern gehalten werden 

Die Unvereinbarkeit multireligiöser Feiern wie sie der Kardinal Meisner anmahnt, liegt nicht so sehr in seiner Person begründet, sondern dürfte sich aus dem alleinigen Wahrheitsanspruch der protestantischen wie der römisch-katholischen Kirche speisen. Ein Merkmal, das sie mit anderen monotheistischen Religionen teilt. Die Intoleranz, die ihre theoretische Fundierung in der Bibel findet, und deren praktische Konsequenzen sich durch zwei Jahrtausende blutigste Kirchengeschichte ziehen, dürften beredtes Zeugnis genug sein. Wenn Niklas Arnegger mit "womöglich aber sieht Gott dies ganz anders als der Kardinal" kommentiert, dürfte er sicherlich den größten Teil der christlichen Laienschar hinter sich wissen, vereinbar mit der biblischen Dogmatik ist die Ansicht aber leider nicht. So kann die Losung auch nicht sein, vermehrt einen multireligiösen Dialog mit in die Schule hineinzunehmen, sondern Religion in Zukunft aus den Schulen fern zu halten und sie durch einen Ethikunterricht zu ersetzen, wie dies ja auch schon teilweise geschieht.
BZ-Leserbrief vom 20.12.2006 von Matthias Bauer, Endingen

 

Hans Küng: Der Islam und der Westen - Dialog statt Konfrontation

Revolutionäre oder bahnbrechende Ideen waren es keine, die der Theologe Professor Dr. Hans Küng zum Thema "Der Islam und der Westen. Dialog statt Konfrontation" den Gästen des Jubiläumsfestaktes der Staufener Sparkasse am Montag präsentierte. Es waren vielmehr Gedanken, die von Pragmatismus und Empathie getragen waren.

Zunächst sprach sich der Präsident der Stiftung Weltethos ganz klar gegen jede Art von Gewaltreaktion oder Radikalismus — egal, von welcher Seite — aus. Was den Konflikt zwischen dem Westen und dem Islam anbelangt, fand Küng ebenfalls deutliche Worte. "Kein islamisches Land hat bisher ein westliches Land angegriffen, wohl aber umgekehrt." Dies lasse aus muslimischer Sicht den Westen als Aggressor erscheinen. Scharf verurteilte der Professor die Politik von George W. Bush. Der Irak-Krieg sei völkerrechtswidrig und unmoralisch gewesen; es sei nicht um Freiheit und Demokratie, sondern um Öl und Weltherrschaft gegangen. Kein Wunder also, dass Muslime eine andere Sicht der Dinge hätten und tief liegende Ressentiments entstanden seien.
Seit dem Irak-Krieg gebe es mehr Terroristen als jemals zuvor — "selbst verschuldet" , wie Hans Küng betonte. "Eine sichere Art, Terroristen zu kreieren, ist, ein Land zu besetzen." Deshalb sollte man nicht nur mit den Fingern auf den Islam deuten, mahnte er. "Die anderen Finger zeigen zurück." So sei es keine Lösung, Ländern durch Krieg ein demokratisches System aufzuzwingen. Auch mit den Taliban in Afghanistan oder den Hisbollah im Libanon hätte man seiner Meinung nach anders fertig werden müssen. Schließlich käme auch niemand auf die Idee, gegen die Mafia Militär einzusetzen. Vielmehr gehe es darum, Extremisten zu isolieren und die Reformkräfte zu stärken. Denn die Mehrheit der muslimischen Bevölkerung wolle einfach nur friedlich leben, zeigte sich Küng überzeugt. Diese Chance habe man beispielsweise auch im Iran verpasst: "Hätten die USA und Europa den gemäßigteren Präsidentschaftskandidaten Khatami unterstützt, hätte dieser vielleicht gegen die fundamentalistischen Mullahs Reformen durchsetzen können." Stattdessen sei der Iran als Achse des Bösen deklariert, die Chance für Reformen im Iran verpasst worden.

Entwicklungen und Reformen brauchen jedoch Zeit. In Deutschland habe sich die Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg auch nicht von heute auf morgen durchgesetzt. "Und wie lange hat es in der Schweiz kein Frauenwahlrecht gegeben?" Katholische Diktaturen, sei es in Italien, Portugal oder Spanien, hätten erst hinter sich gebracht werden müssen, bevor das heutige Europa — für Küng ein Erfolgsmodell — entstanden sei. Nicht zuletzt sei auch die Geschichte des Christentums eine Geschichte der Gewalt gewesen. Reformen in islamistischen Ländern müssten friedlich vorangetrieben werden — ohne Schulmeisterei von oben herab. Diesbezüglich mangle es dem Westen jedoch an selbstkritischer Reflektion. "So funktioniert´ s nicht", machte Küng deutlich. Doch was der Westen geschafft habe, müsse auch für den Islam möglich sein, zeigte er sich zuversichtlich. Allerdings habe der Islam erst noch vor sich, was in Europa schon lange geschehen sei, nämlich eine religiöse Reformation und eine Aufklärung im säkularen Sinn. "Wenn das nicht gelingt, werden wir noch größere Schwierigkeiten bekommen." Dass der Islam und ein demokratisches System durchaus harmonieren können, dafür seien Oman, aber auch die Türkei gute Beispiele.
"Der Konflikt zwischen Westen und Islam ist keine hoffnungslose Angelegenheit" , machte der Professor Mut. Er forderte den Dialog statt Konfrontation und den Dialog zwischen den Religionen. Er glaube nicht an eine Einheit der Religionen, unterstrich der Theologe. Aber wenn Frieden unter den Religionen herrsche, dann sei auch ein Frieden zwischen den Nationen möglich.
Ute Wehrle, 2.11.2006, BZ

 

Ein entschiedenes Nein gegen ein traumtänzerisches Multikulti

Natürlich ist der Koran a priori kein Buch, welches Hass und Mord legitimiert, und natürlich sympathisiert nur eine Minderheit der Kopftuch tragenden Muslima mit den verblendeten, religiös irregeleiteten Islamisten, welche unter Berufung auf den Koran die Welt mit Mord und Terror überziehen. Aber diese Leute, für die das Morden offenbar eine Art Gottesdienst ist, verlangen von ihren Frauen, dass sie sich verhüllen. Somit kann das Tragen eines Kopftuches, im Gegensatz zum Tragen einer Ordenstracht, eben auch ein politisches Signal sein. Vor solcher Realität verschließen wir offenbar die Augen und entdecken viel lieber das Böse in unserer westlichen Welt und machen diese für fast alles, was rund um den Erdkreis an Furchtbarem geschieht, zumindest indirekt verantwortlich. Natürlich ist Toleranz ein wesentliches und positives Merkmal der christlich geprägten westlichen Welt, und natürlich müssen wir verhindern, dass der Islam als Feindbild aufgebaut wird. Dies erreichen wir jedoch nicht mit traumtänzerischen Vorstellungen von Multikulti, sondern im konstruktiven Dialog mit unseren willkommenen, integrationswilligen Muslimen. Und eben da ist auch ein hartes "Nein" für fragwürdige Forderungen von Minderheiten angesagt. Dann - und nur dann - werden wir zu einem zukunftsträchtigen Einwanderungsland für positiv denkende Menschen, Unternehmer, Künstler, Wissenschaftler und so weiter. Und nur dann werden wir nicht, wie bereits festzustellen ist, zu einem Auswanderungsland von gut ausgebildeten, leistungswilligen jungen Leuten.

BZ-Leserbrief vom 26.7.2006 von Hans-Peter Huber, Lörrach

 

Toleranz für das weltweite Symbol der Unterdrückung von Frauen?

Kopftuch-Urteil: Das Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts ist eine Provokation der internationalen Kämpfe und Proteste gegen die Einschränkung von Frauen im Islam. Es ist grotesk, Toleranz für das Symbol weltweiter Frauenunterdrückung zu fordern mit dem Scheinargument von Religionsfreiheit. Das Urteil bedeutet die bewusste Benachteiligung von Frauen durch ein deutsches Gericht, dem die Badische Zeitung gleich in zwei Artikeln applaudiert. Die Männer schlagen zurück. Das islamische Kopftuch steht auch in Deutschland für die Einschränkung des Grundrechts der freien Entfaltung von Frauen, für das Verbot des Sport- und des Sexualkundeunterrichts in unseren Schulen, für den Ausschluss von Klassenfahrten, für die Einschränkung der Bewegungsfreiheit, für die Zurücksetzung von Mädchen bei der Berufswahl, für die Oberaufsicht und die Gewalt von Vätern, Brüdern und Ehemännern bis hin zur Ermordung von jungen Frauen. Wer das islamische Kopftuch zulässt, unterstützt all dies — alles im Namen von: "Gleiches Recht für alle" .

BZ-Leserbrief von Bärbel Schulze-Scholz und Prof. Dr. Rüdiger Scholz, Freiburg, 25.7.2005

 

Religionsunterricht - Kein verlängerter Arm der Kirchen

Eine bundesweit einmalige Studie untersucht das Selbstverständnis von Religion Lehrenden

“Ungläubiges Staunen” , sagt Werner Tzscheetzsch, “ist die Standardreaktion von Lehrerinnen und Lehrern auf die Ergebnisse unserer Studie.” Die Formulierung hat es in sich. Denn der Professor für Religionspädagogik und Katechetik an der Freiburger Universität hat zusammen mit Andreas Feige, Professor für Soziologie in Braunschweig, das Selbstverständnis von Frauen und Männern untersucht, die Religion unterrichten. Und das Ergebnis ist in der Tat erstaunlich: Dieses Selbstverständnis deckt sich nicht mit dem weit verbreiteten Bild, der Religionsunterricht sei der verlängerte Arm der Kirchen.
Einmalig an dieser Studie zum christlichen Religionsunterricht im religionsneutralen Staat und zu den ihn Lehrenden, erklärt Werner Tzscheetzsch, ist gleich einiges: Sie ist eine auf ein Bundesland (Baden-Württemberg) bezogene interkonfessionelle Vergleichsuntersuchung (evangelisch und katholisch); sie ist interuniversitär (Freiburg und Braunschweig); sie ist interdisziplinär (Soziologie und Religionspädagogik); und sie hat eine schier unglaubliche Beteiligung aufzuweisen — von 8000 Angeschriebenen haben mehr als 4000 mitgemacht.
Um so verblüffender ist für den Religionspädagogen das Ergebnis: Mehr als 90 Prozent der Religionslehrer und -lehrer innen — gleichgültig, ob Frau oder Mann, evangelisch oder katholisch, Berufsschule oder Gymnasium — haben vor allem drei Ziele gemein. Sie wollen ein allgemein christliches Ethos vermitteln oder anders ausgedrückt: Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Sie wollen jungen Menschen zu persönlicher Orientierung verhelfen und deshalb auch angesichts eines naturwissenschaftlich geprägten Menschenbilds die Frage nach Gott wach halten. Und sie wollen das nicht mit Indoktrination erzwingen, sondern in gedanklicher Auseinandersetzung erreichen, dass die Schülerinnen und Schüler ihre je eigenen Standorte im Leben finden können.
Vermutlich hängt es mit dieser lebendigen Weite zusammen, dass gut die Hälfte der Teilnehmenden an der Studie gern noch mehr Religionsunterricht erteilen würden, den sie zwar als anstrengend, aber auch als befriedigend erleben. Und 93 Prozent haben keine Vorbehalte gegenüber einer Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen der anderen Konfession — legen freilich Wert auf die eigene konfessionelle Beheimatung. Doch ob evangelisch oder katholisch, künftig wird es beim Religionsunterricht ohnehin auf anderes ankommen, ist Werner Tzscheetzsch nach seiner Untersuchung erst recht überzeugt: “Er ist wichtig, weil er Religion zeigen und religionszivilisierend sein muss — um Wesen und Unwesen von Religion unterscheiden und ihre fundamentalistischen Verengungen erkennen zu können.”  Die Auswertung der Studie liegt in zwei Bänden (Schwabenverlag) vor und ist im Internet greifbar unter  www.rl-studie-Baden-Wuerttemberg.de

Badische Zeitung Freiburg
Gerhard M. Kirk, 15.4.2006 auf www.badische-zeitung.de

 

Mohammedkarikaturen: Wo bitte liegt hier die Ironie? 

Ist es etwa zwingend notwendig, dass wir Mohammedkarikaturen verbreiten müssen, um unsere Ironiefähigkeit und unseren höheren Wahrheitsanspruch zu unterstreichen? Ganz offensichtlich verwechselt Herr Ott (Selbst-)Ironie mit Witzen zu Lasten anderer. Es ist eben ein Unterschied, ob ein Film wie “Das Leben des Brian” die Mehrheitsreligion veralbert oder ob Witzbilder Andersgläubige lächerlich machen; Letzteres hat mit Ironie oder Aufklärung nur begrenzt etwas zu tun. Der Ratschlag an Muslime, sie sollten die Sache mal lockerer sehen und an ihrer Ironie-Fähigkeit arbeiten, ist anmaßend. Was jemand für witzig zu halten habe, kann sich kaum am Maßstab eines anderen orientieren!
Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass alle über die gleichen Witze lachen müssen. Dennoch will der Autor entlarven, welch grundlegender Fehler des Islams sich im Karikaturenstreit offenbart. Er verweist auf eine lange Kette islamischer Intoleranz, die man nicht tolerieren dürfe. Das zentrale Beispiel, um das sich der Text hierbei gruppiert, ist Koranvers 5:51 (nicht 52 wie der Autor behauptet): “Ihr Gläubigen! Nehmt euch nicht die Juden und die Christen zu Freunden!” Ausgeklammert wird, dass im Koran sehr unterschiedliche Aussagen über Juden und Christen stehen, die sich nicht auf einen Nenner bringen lassen. Der zitierte Koranvers fordert von den Gläubigen, sich unter den Religionen für den zuletzt offenbarten Islam zu entscheiden und daran festzuhalten. Das mag man kritisieren, doch die Folgerung, dass damit die Witzlosigkeit des Islams und die Terrorbereitschaft von Muslimen erklärt seien, ist an den Haaren herbeigezogen.
Es wird so getan, als ließen sich aktuelle politische Probleme allein oder vorwiegend anhand der religiösen Schrift erklären. Weil der Essayist die Muslime der Trennung von Religion und Politik für unfähig hält, bemüht er sich in seiner eignen Analyse der Muslime nicht einmal mehr um diese Trennung, obwohl er dem Westen so viel darauf zugute hält. Darin liegt der Witz des gesamten Essays, dem die viel gepriesene Ironie völlig abgeht, die er lediglich von den Muslimen einfordert.

BZ-Leserbrief von Manfred Sing, Freiburg, 29.3.2006

 

Im Koran und in der Bibel findet jeder, der will, seine “bösen” Stellen 

Ich möchte weder die eine noch die andere Religion pauschal verurteilen. Denn Menschen leben die Religion und nicht Religion die Menschen. Die jeweilige Lebenslage der Menschen lässt sie ihre Religion auf eine bestimmte Weise interpretieren: Gestern brauchten Christen die Legitimation für Kreuzzüge, Hexenmorde und Bekämpfung der Demokratie, also fanden sie Bibelstellen dafür. Heute suchen Muslime nach Legitimation für ihre Kämpfe, also finden sie Koranstellen dafür. Andere Christen finden Bibelstellen für gutes Handeln, so wie auch Muslime Koranstellen für gutes Handeln finden.

Wenn Ott Koranstellen erwähnt, die böse seien, so empfehle ich (obwohl ich solche Sandkastenspiele nicht mag) den Titel “Denn sie wissen nicht, was sie glauben. Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann” von Prof. Dr. Franz Buggle. Dort werden negative Stellen der Bibel aufgezeigt. Damit will ich sagen: Schwarz-Weiß-Denken ist Zeichen von Dummheit oder fehlender Reflexion. Noch quasi bis gestern waren christliche Fanatiker für viele Intellektuelle Europas das Todesrisiko Nummer eins. Heute lassen sich die christlichen Gläubigen Europas nicht mehr zu solchen Untaten motivieren. Ott lebt in dieser Hinsicht die Gnade der späten Geburt. Er kann anders über die Christen denken. Mit Fanatikern auf christlicher Seite wird sich Ott aber trotzdem nicht in dasselbe Boot setzen wollen. Oder mit Teilen der Christen im Irak, die bestens mit Saddam Hussein zusammenarbeiteten und hunderttausende von Schiiten und Kurden auf dem Gewissen haben (der Außenminister war ja Christ).

Ott sollte gegen die Gefahren auf muslimischer Seite nicht mit der These-Antithese “Gutes Christentum — Böser Islam” argumentieren. Ulrich Rose schreibt in seinem Beitrag “Rückkehr der Religionen” (BZ-Leitartikel, 25. Februar): “Der Fanatismus ist die Nachtseite der Religionen, ihr zerstörerisches Potenzial.” Das heißt, alle Gläubigen haben das Potenzial zum Bösen, denn sie sind Menschen. Und heilige Bücher und heilige Männer bieten ihnen in solchen Zeiten Argumente, die sie der Bibel oder dem Koran entnommen haben wollen. Die jüdischen Siedler in Palästina zum Beispiel wähnen die Bibel auf ihrer Seite, während sie seit Jahrzehnten unbehelligt Araber “bedrängen” . Ich bin überzeugt: Die Aufklärer und Intellektuellen im europäischen Mittelalter hätten Freunde gebraucht. Das gilt heute auch für die muslimischen Intellektuellen. Und wenn diese Denker auf manches keine schlüssige Antwort geben können (wie der algerische Islamwissenschaftler Muhammad Arkoun), so ist das kein Grund, sich in seinen Vorurteilen bestätigt zu fühlen. Denn wer hat schon im Bereich des Religiösen immer logische Argumente? Insbesondere, wenn der Weg noch neu ist.
BZ-Leserbrief von Müslüm Kilinc, Freiburg , vom 4.3.2006

Ein mutiger Essay

Dank und Respekt für diesen klaren und mutigen Essay! Als bekennender Christ möchte ich anmerken: Gott (die Liebe und Weisheit) hat rabenschwarzen Humor und kann über so genannte Blasphemie nur gnädig und müde lächeln. Glauben heißt eben Nicht-Wissen.
BZ-Leserbrief von Matthias Schmidt, Freiburg, vom 4.3.2006

 

Wir Zerknirschten

Ironie und göttlicher Zorn. Von unserer Lust an der Selbstanklage, wenn es um den Islam und den Westen geht 

Du hast auf unglaublich infame Weise Gott gelästert und wirst somit zu Tode gesteinigt” , kreischt der Steinigungsmeister. Darauf Matthias: “Hören Sie, wir hatten ein wunderbares Abendessen und ich habe nur zu meiner Frau gesagt, dieses Stück Heilbutt wäre grade gut genug für Jehova gewesen.” Die Szene stammt aus “Das Leben des Brian”, einem Film der britischen Komikertruppe Monty Python, der sich über das Leben (und Sterben) Jesu lustig macht. Einige Christen wollten das Machwerk verbieten lassen, haben damit aber nur die Demonstrationsfolklore ein wenig belebt. Und selbst wenn in einer Karikatur Hitler mit Anne Frank im Bett liegt, ist dass zwar ekelhaft, doch wird niemand zwischen New York und Berlin dazu aufrufen, deshalb arabische Länder von der Landkarte verschwinden zu lassen - wie es nicht wenige Araber erklärtermaßen mit Israel vorhaben.
Auch ist es ein Unterschied, ob man die Ermordung von sechs Millionen Juden lächerlich macht oder über Gottesbilder spottet, die nur in den Gehirnen der Menschen existieren und zur Rechtfertigung für allerlei Wahnsinnstaten herhalten müssen. Ob es einen Allah oder Jahwe oder welche Götter auch immer tatsächlich gibt, kann kein Mensch wissen und noch weniger beweisen. Und manches spricht dafür, dass es sich dabei — wie Feuerbach, Marx und Freud behaupten — um bloße Projektionen, Opiate und Illusionen handeln könnte. Dieser religionskritische Gedanke gehört seit jeher zur Grundausrüstung unseres abendländischen Denkens, angefangen bei den alten Griechen bis hinein ins scholastische Mittelalter, in dem die These von der Nichtexistenz Gottes zu den selbstverständlichen Voraussetzungen der dialektischen Disputationen gehörte. Anders als viele meinen, mussten wir nicht auf die so genannte Aufklärung warten, um heilige Wahrheiten einstürzen zu lassen. Allein jenen Aufgebrachten, die nicht nur Fahnen verbrennen, ist offensichtlich noch nie der Gedanke gekommen, ihre Gottesvorstellungen könnten lediglich etwas über Bedürftigkeiten, aber wenig über die Existenz eines rettenden Wesens aussagen. Ich werde nie vergessen, wie Palästinenser, bei denen ich in Jerusalem gewohnt habe und die tagsüber freundliche Zeitgenossen waren, beim nächtlichen Zusammensitzen von Hitler zu schwärmen anfingen und mich als Deutschen geradezu umarmten, weil sie meinten, auch ich sei der Meinung, man müsse alle Israelis im Meer ertränken. Zwar dürfen wir davon ausgehen, dass es bei diesen Konflikten weniger um Religion als um die Kluft zwischen westlicher und arabischer Welt und jene angeblichen oder tatsächlichen Verwundungen geht, die wir Europäern diesen Leuten, wie sie sagen, seit langem zufügen. Doch macht es einen Unterschied, ob ich meinen Zorn mit Koranzitaten unterfüttern kann oder nicht.

Thomas von Aquin hat bestritten, dass der muslimische Glaube sich mit den Schriften der Juden und Christen überhaupt sinnvoll in Verbindung bringen lässt. Man kann das auch anders sehen, doch manches spricht dafür, dass die Differenzen größer sind als es uns Harmoniebedürftigen lieb sein kann. Der Islam hat sich als soziale, politische und militärische Vereinigungs- und Abgrenzungsbewegung geschichtliche Macht verschafft und unterscheidet sich vom Christentum bereits dadurch, dass er zwischen göttlichem und weltlichem Gesetz keinerlei Unterschied zulässt. Das Bibelwort “Gebt dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist” muss für einen Muslim geradezu blasphemisch klingen. Jesus hat mit diesem Satz seine zelotischen Anhänger vergrätzt, die aus ihm einen politischen Führer machen wollten, der den Guerillakrieg gegen die römische Besatzungsmacht und die jüdischen Kollaborateure anführen sollte. Aber auch Pilatus gegenüber hat er geantwortet: “Mein Reich ist nicht von dieser Welt.” Und deshalb ist für das Christentum die Trennung zwischen säkularer und sakraler Sphäre selbst dann konstitutiv, wenn die Kirchengeschichte von anderen Bestrebungen zu berichten weiß. Der Islam dagegen kennt diese Dichotomie überhaupt nicht, im Gegenteil.

Als ich vor wenigen Monaten mit dem algerischen Islamwissenschaftler Muhammad Arkoun eine öffentliche Diskussion über die Unterschiede unserer Religionen zu führen versuchte, fragte ich ihn, wie er die Hassgesänge gegen die Ungläubigen, die sich im Koran fänden, exegetisch bewältigen wolle. Er antwortete mir, man müsse die gesamte antike und mittelalterliche Philosophie studiert haben, um sich dazu eine Meinung bilden zu können. Auf meine Gegenfrage, wie viel Prozent der islamischen Bevölkerung dann das Recht hätten, sich mit dem Koran zu beschäftigen, schwieg er. Auf der anderen Seite begegne ich erstaunlich vielen Zeitgenossen, die den Koran für eine friedfertige Schrift halten. Gelesen haben sie ihn zwar nicht, aber ihr Glaube an das Gute kennt keine Grenzen, wenn es um das Verständnis fürs Fremde geht. Das Böse entdecken sie viel lieber in unserer westlichen Welt, die in ihren Augen für fast alles, was rund um den Erdkreis an Furchtbarem geschieht, zumindest indirekt verantwortlich ist. Mit dieser Haltung kommen sie sich äußerst differenziert vor, doch man braucht kein feines Ohr, um das selbstanklägerische Strickmuster ständig wiederzuerkennen. Wenn hiesige Intellektuelle, die jahrzehntelang gegen alles Reaktionäre angerannt sind und vom Verletzen von Tabus gar nicht genug kriegen konnten, inzwischen zu demütigem Respekt vor religiösen Gefühlen aufrufen, muss sich deren Freiheitsverständnis merklich gewandelt haben. Sollte das aus purer Angst vor jenen Leuten, die sogar das Morden noch als eine Art Gottesdienst empfinden, geschehen, könnte man ihre Haltung durchaus verstehen. Schließlich ist Theo van Gogh ja tatsächlich tot.

Dabei könnte ein kursorischer Blick in den Koran genügen, um etwas von dessen Vernichtungsfuror gegen uns Ungläubige zu erahnen. Unablässig werden dort die Juden als Lügner, Gotteslästerer, Wucherer, Unheilstifter und Feinde der wahren Gläubigen beschimpft, und wir Christen können beinahe froh sein, dass uns der Bannstrahl ein bisschen weniger trifft, was aber keineswegs heißt, dass wir deshalb auf Gnade hoffen dürfen. Denn auf so gut wie jeder Seite bestätigt der Koran seinen Anhängern, Allah werde unseresgleichen die schlimmsten Strafen zukommen und in die Hölle fahren lassen. “Nehmet nicht die Juden und die Christen zu Freunden” , lautet die Botschaft des 52. Verses der fünften Sure. Dass ein solcher Imperativ das strikte Gegenteil des Gebots christlicher Nächstenliebe ist, wird keine noch so ausgeklügelte Rabulistik leugnen können. Obwohl es auch anders lautende Stellen im Koran gibt, die uns freundlicher gesinnt sind, muss die Unzahl an zerstörungswütigen Ausfällen gegen uns Gottlose selbst denjenigen erstaunen, der auf weichzeichnerische Deutungen aus ist. Wer die islamische Wut vor allem mit Guantánamo und der Globalisierung erklärt und die Schuld damit erneut dem Westen zuweist, mag im Einzelnen nicht Unrecht haben. Doch das allein kann den spezifischen Wahnsinn dieser Enragierten noch nicht erklären. Denn sie finden im Koran zuhauf das, was ihrem Hass entgegenkommt.

Hierzulande gibt es kein heiliges Buch, das nicht relativiert oder dem Spott ausgesetzt werden dürfte. Wenn gelegentlich ein paar Empörte nach Zensur rufen, fällt das kaum ins Gewicht, schließlich erträgt, wer von seinem Glauben überzeugt ist, auch Witze und Zynismen. Immerhin wissen die Bibelfesteren unter den Christen, dass für Paulus Wahrheit und Freiheit nahezu eins sind. Aus diesem Grund kann das Christentum Nietzsches Anti-Christ und Monty Pythons “Das Leben des Brian” durchaus hinnehmen, wenn auch der Einspruch, das sei nicht immer so gewesen, so richtig wie die Behauptung falsch ist, man möge nur zurück ins Mittelalter blicken. Leute, denen dazu nur Scheiterhaufen und Kreuzzüge in den Sinn kommen, pflegen ein Weltbild, in das vor lauter Übersichtlichkeit keinerlei Geschichtskenntnisse passen. Wenn sie auch noch das biblische “Auge um Auge, Zahn um Zahn” herbei zitieren, um die Grundlagen unserer Kultur als bellizistisch auszuweisen, offenbart diese Beflissenheit nur die Unkenntnis des Zusammenhangs. Denn mit diesem Satz wird kein Rachegesetz formuliert, sondern vom Straftäter Schadenersatz eingeklagt.

Derart miserabel gewappnet, was Bibel- und Korankenntnisse anbelangt, dürfte der vielbeschworene Dialog mit dem Islam kümmerlich ausfallen, da wir außer unserem guten Willen oft nicht viel mehr in die Waagschale zu werfen haben. Stattdessen gefallen sich nicht wenige von uns in masochistischer Selbstkasteiung, indem sie sich mit einem zerknirschten Mea culpa lustvoll an die Brust schlagen und den Eurozentrismus als Ursache allen Übels anprangern. Wer sich jedoch für fast alles, was schief läuft, verantwortlich erklärt, offenbart damit, ob er will oder nicht, einen erstaunlichen Größenwahn. Gleichzeitig mag daraus die Hoffnung sprechen, mit Selbstbeschuldigungen könnten wir uns vielleicht vor dem um sich greifenden Wahnsinn schützen.

Richard Rorty hat Ironie als das Signum einer Gesellschaft ausgewiesen, die damit zu leben gelernt hat, dass es keine nachweisbaren überzeitlichen Wahrheiten gibt. Das heißt keineswegs, dass in einer solchen Gesellschaft ständig alle ironisch miteinander umgehen, es setzt lediglich die Einsicht voraus, dass jedes Weltbild über dem Bodenlosen schwebt und sich metaphysische Abgründe mit keinerlei Absolutismen aus der Welt schaffen lassen. Das weiß auch jeder Christ, solange ihm bewusst ist, dass Glauben und Wissen zweierlei sind. Die Erfahrung, dass jedes Wahrheitskonstrukt Dutzende von Alternativen neben sich ertragen muss, kann zu hysterischem Ausrasten oder ironischer Gelassenheit führen. “Ironie ist die Form des Paradoxen” , heißt es bei Friedrich Schlegel. Weil wir an das Absolute gerne glauben möchten, aber nicht die Augen davor verschließen können, dass andere mit dem gleichen Recht andere Absolutismen bevorzugen, und weil fast jeder gelegentlich entdecken muss, wie seine gestrigen Wahrheiten bereits heute schon wieder anders aussehen, lassen sich diese Schwankungen, wenn wir nicht krank darüber werden wollen, nur mit einem ironischen Bewusstsein auffangen. Dass das irdische Leben keinen fixen Sinn bereithält, daran können selbst Propheten nichts ändern, auch wenn sie gerade deshalb verehrt werden, weil sie den Bedürftigen das Gegenteil einreden.
Karl-Heinz Ott am 25.2.2006 in der BZ

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