Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest 


Neophyten - eingeschleppte Neupflanzen
im Breisgau und Hochschwarzwald
  

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Blick nach Nordwesten über Mauchen zum Himmelberg am 2.11.2006 - Wiiwegli links nach Schliengen
Blick nach Nordwesten über Mauchen zum Himmelberg am 2.11.2006 - Wiiwegli links nach Schliengen

 

Neophyten
Seit der Entdeckung Amerikas sind viele fremdländische Pflanzen nach Deutschland gelangt. In der Fachsprache werden sie als "Neophyten" ("Neupflanzen" ) bezeichnet. Manche von ihnen wurden eingeschleppt, weil sie als Zierpflanzen in Parks eingebracht wurden, andere gelangten ungewollt durch Lebensmittel- und Gütertransporte zu uns. Nicht alle Neophyten sind lästig oder gefährlich. Einige von ihnen können jedoch Gesundheitsschäden hervorrufen (zum Beispiel die Beifuß-Ambrosie), wirtschaftliche Schäden bei der Gewässerunterhaltung verursachen oder aus ökologischer Sicht bedenklich sein, weil sie einheimische Arten verdrängen (zum Beispiel manche Knöteriche und Springkraut). In diesen Fällen spricht man von "Problemneophyten" oder "invasiven Arten". Sie werden mitunter bekämpft; die rechtlichen Grundlagen hierfür sind allerdings noch recht jung.
Andreas Braun

 

Japanischer Staudenknöterich im Schwarzwald am 10.5.2009

Das ist entweder der Japanische Staudenknöterich oder der sehr ähnliche Sachalin-Knöterich oder der Hybrid aus beiden. Beides sind gebietsfremde Arten, die eingeschleppt wurden (Neophyten) und sich v.a., aber nicht nur, entlang von Gewässerufern stark ausbreiten, einheimische Arten dort verdrängen und auch die Uferstabilität gefährden.
Näheres dazu siehe z.B.
http://www.baden-online.de/news/artikel.phtml?page_id=67&db=new
http://www.bachpaten-freiburg.de/oekologi/neophyt/knoetfr.htm
http://www.floraweb.de/neoflora/handbuch/fallopiajaponica.html

 

Helfer bekämpfen eingeschleppte Neulinge - machen Sie mit

Trotz hochsommerlicher Temperaturen waren in den vergangenen Tagen etliche Bachpaten im Einsatz: Während andere sich an der Dreisam sonnten, befreiten die ehrenamtlichen Bach-Helfer die Uferbereiche kleinerer Fließgewässer von so genannten invasiven Neophyten. So werden die Bäche in einem guten ökologischen Zustand gehalten. Mittags in der Nähe des Flugplatzes: Stefan Kahrs und David Baron machen sich daran, meterhohe Exemplare des Japan-Knöterichs aus dem derzeit ausgetrockneten Bett des Scheidbachs zu rupfen. "Das Gewässer wurde vor einigen Jahren renaturiert, inzwischen lebt sogar der Teichrohrsänger wieder im Schilfgürtel", erläutert Hella Heuer-Klug vom Garten- und Tiefbauamt.
Um den Bach dauerhaft in einem ökologisch guten Zustand zu halten, bedarf es regelmäßiger Pflege: "Manche fremdländische Pflanzen, wie der Japan-Knöterich, verdrängen einheimische Arten", erklärt die Biologin. Es kann zum Rückgang der Artenvielfalt und zur Erosion von Uferbereichen führen, wenn man diesen "Neubürgern" nicht zu Leibe rückt. Vorbeugend kann man vermeiden, dass verunreinigtes Bodenmaterial verwendet wird. Denn, so Heuer-Klug: "Schon wenige Einzelpflänzchen können die Grundlage für ein späteres Massenvorkommen legen." "Erst im Juli hatten wir den Japan-Knöterich am Scheidbach mit Hilfe von Jugendlichen großflächig entfernt", sagt Biologe Kahrs. Dennoch sei die Staude bereits wieder flächendeckend nachgewachsen: "Wenn die Bekämpfung jetzt nicht konsequent weitergeführt wird, waren alle früheren Aktionen umsonst." Um dies zu vermeiden, ist der 43-Jährige auch an den heißen Tagen im Einsatz. "Die Neophyten-Bekämpfung ist eine wichtige Sache, die mir sehr am Herzen liegt", ergänzt David Baron, der noch bis September ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolviert. Der 20-Jährige hat in dieser Woche mit weiteren Helfern einen zirka 500 Meter langen Abschnitt des rund zwei Kilometer langen Scheidbachs von Wucherpflanzen befreit. Bachpatenschaften gibt es indes nicht nur dort. Auch am Dietenbach war kürzlich eine Gruppe im Einsatz. Etwa 50 Bachpatenschaften gibt es in Freiburg, einige davon werden von Schulen getragen. "Deren Handlungsspielräume sind jedoch vielfach enger geworden", sagt Hella Heuer-Klug. Die Mithilfe von anderen Helfern sei darum besonders wichtig.

Mitmachen bei Bachpateneinsätzen? Bei Hella Heuer-Klug kann man sich melden: Tel. 0761/201-4456, E-Mail: Hella.Heuer-Klug@stadt.freiburg.de.
26.8.2011, Andreas Braun

 

Invasive Neobiota - Brief der Naturschutzwacht Bayern an EU
 

European Commission, Mr. Stavros Dimas
Commissioner of the Environment,
B-1049 Brussels

Sehr geehrter Herr Kommissar,
erlauben Sie mir bitte, dass ich mich kurz vorstelle: Ich bin 1. Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Angehörigen der Naturschutzwacht Bayern (AGNA). Wir sind ein eingetragener Verein. Unsere rund 850 Mitglieder sind ehrenamtliche Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörden (Landratsämter) in Bayern. Meine Kollegen in unserem Vorstand haben mich beauftragt, Ihnen zu schreiben.

Große Sorge macht unseren Mitgliedern und uns der immer stärker werdende Verlust biologischer Vielfalt. Biologen schätzen, dass weltweit Tag für Tag etwa 130 Arten aussterben. In Deutschland ist rund ein Drittel der Tier- und Pflanzenarten gefährdet, in einigen Regionen sind es bis zu 60 Prozent. Nach der direkten Lebensraumzerstörung einschließlich Überjagung und Überfischung sind vom Menschen eingebrachte gebietsfremde Arten die zweithäufigste Ursache für den Verlust biologischer Vielfalt. (1) Hinzu kommt der Landverbrauch durch Baumaßnahmen, der allein in Baden-Württemberg täglich etwa 10 Hektar beträgt. Die zunehmende Zerstückelung der Landschaft durch neue Verkehrswege schadet vielen Wildtieren.

Von den krautigen Neophyten verhalten sich in Deutschland vor allem folgende Arten hochgradig invasiv: Indisches (oder Drüsiges) Springkraut (Impatiens glandulifera), Japan- und Sachalinknöterich (Fallopia japonica und F. sachalinensis), Kanadische und Späte Goldrute (Solidago canadensis und S. gigantea) und Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum). Regional und lokal kommen noch einige weitere Arten hinzu, z.B. Aufrechtes Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia), Orientalisches Zackenschötchen (Bunias orientalis), Lupine (Lupinus polyphyllus), Topinambur (Helianthus tuberosus), Schmalblättriges Greiskraut (Senecio inaequidens) oder Sonnenhut (Rudbeckia laciniata). Beispielsweise „erobert“ das Zackenschötchen gerade Rheinhessen. (2)Das Greiskraut breitet sich vor allem entlang von Verkehrswegen aus. Es ist aber auch schon in geschützte Wacholderheiden auf der Schwäbischen Alb eingedrungen. Bei den neophytischen Baumarten breiten sich insbesondere Robinie (Robinia pseudacacia) und Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) sehr stark aus.

Als Gründe für die enorme Durchsetzungsfähigkeit dieser Arten werden in der Literatur das Fehlen von Krankheitserregern, Fressfeinden und starken Konkurrenzpflanzen genannt. Die These, die Überdüngung der Böden mit Stickstoffverbindungen durch Landwirtschaft und Straßenverkehr sei der einzige oder doch der ausschlaggebende Grund für die Vitalität der invasiven Neophyten, ist falsch. Denn dann wäre beispielsweise nicht zu erklären, weshalb Arten, die sich in Mitteleuropa trotz Eutrophierung des Bodens unauffällig verhalten, aber etwa in Nordamerika ein großes invasives Potenzial entfalten (z.B. Blutweiderich, einige Flockenblumenarten). Außerdem wachsen die invasiven Neophyten auch auf mageren Böden, z.B. Abraumhalden. Auch die Behauptung, die Ausbreitung der problematischen Neophyten sei nichts anderes als eine der Wanderungsbewegungen, die es auf dem eurasischen Kontinent immer schon gegeben habe, entspricht nicht den Tatsachen. Das eine sind natürliche Entwicklungen, das andere ist ein in höchstem Maße künstlicher, vom Menschen ausgelöster Vorgang. Die invasiven Neobiota stören und zerstören historisch gewachsene Lebensgemeinschaften und verdrängen heimische Arten. Neben dieser biologisch-ökologischen Dimension hat das Neophyten-Problem auch ethische, wirtschaftliche, gesundheitliche, ästhetische und rechtlich-politische Aspekte. Ich will in aller gebotenen Kürze auf die wesentlichsten Punkte eingehen.

Die Verpflichtung zu Natur- und Artenschutz lässt sich auf verschiedene Art und Weise begründen, etwa durch die Einsicht, dass sich der Mensch selbst schadet, wenn er seine natürlichen Lebensgrundlagen zerstört. Die umfassendste Begründung ist aber ethischer Art. Die Natur hat ihr eigenes Daseinsrecht. Deshalb ist der Mensch nicht befugt, ihr über ein unbedingt notwendiges Maß hinaus Schaden zuzufügen. Das gilt auch und gerade für den Schutz der biologischen Vielfalt gegen vom Menschen eingebrachte gebietsfremde Organismen. Wie andere Religionen kennt auch die jüdisch-christliche Tradition das Gebot, die „Schöpfung zu bewahren“ (Genesis 2, 15).

Die massive Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten hat beträchtliche wirtschaftliche Auswirkungen. In den USA müssen jährlich große Summen für die Beseitigung von Schäden aufgebracht werden, die durch Neobiota verursacht worden sind. Allein in der Land- und Forstwirtschaft wurden die Ausgaben im Jahr 2001 auf etwa 20 Milliarden Dollar geschätzt. (3) Für Deutschland gibt es noch keine Zahlen, die alle Kosten zusammenfassen, sondern nur für Teilbereiche. Der Aufwand für die Beseitigung der Vorkommen der ostasiatischen Knötericharten an Bahnanlagen beträgt schätzungsweise 2,4 Millionen Euro. Würde man alle Knöterich-Bestände in Deutschland bekämpfen, würden sich die Kosten auf 6,2 Millionen Euro belaufen. Hinzu kämen für die nachfolgende Ufersicherung an Gewässern noch einmal knapp 17 Millionen Euro. (4) Wirtschaftliche Schäden verursachen invasive Neophyten vor allem durch Krankheitskosten, Bodenerosion, Uferabbrüche, Dammbrüche, behinderte und verhinderte Waldverjüngung, Ertragsminderung sowie erhöhten Arbeitsaufwand und Herbizideinsatz in der Landwirtschaft. Überall macht man ein und dieselbe Erfahrung: Man kann die Ausbreitung invasiver Neophyten eine Zeit lang ignorieren oder bagatellisieren. Über kurz oder lang ist man aber doch gezwungen, gegen die pflanzlichen Invasoren vorzugehen. Je länger man damit wartet, desto teurer wird es. Es ist unverantwortlich, wenn wir die Kosten für diese exponentiell wachsenden wirtschaftlichen Schäden auf künftige Generationen abwälzen.

Der oft behauptete Nutzen einiger Neophyten als „Bienenweide“ ist zumindest im Hinblick auf das Indische Springkraut ein Irrtum. Zur Blütezeit der Pflanze sind die Bienen bereits eingefüttert und nicht mehr auf Nektar angewiesen. Durch die Bestäubungskonkurrenz kommt es zur Verarmung der Vielfalt von Pflanzenarten in der Umgebung starker Springkraut-Vorkommen. (5) Zudem ist es den Bienen wegen der Enge der Springkraut-Blüten unmöglich, den Pollen zu höseln. Auch aus diesem Grund wurde 2006 bei einer Imkertagung in Bayern dazu aufgerufen, invasive Neophyten gezielt zu bekämpfen. Die weitaus meisten heimischen Insekten können mit keinem der Neophyten etwas anfangen, weder als Blütenbesucher noch als Phytophagen. Dies hat lokal und regional bereits zum Verschwinden von Insektenarten geführt. (6) Es gibt zudem Hinweise, dass Pollen und Nektar des Indischen Springkrauts die Entwicklung der gefürchteten Varroa-Milbe begünstigen. Die Berührung der grünen Teile des Riesenbärenklaus ruft bei gleichzeitiger Sonnenbestrahlung schmerzhafte Hautreizungen hervor. Die Pollen von Ambrosia, die der Wind weithin transportiert, sind selbst in größter Verdünnung hochgradig allergen, und das bis in den Oktober hinein. Dadurch wird die Pollenbelastung der Luft zeitlich stark verlängert. Verstärkt wird die Wirkung zudem durch Kreuzreaktionen mit anderen Allergenen. Betroffen sind 10 bis 13 Prozent der Bevölkerung. In der dünn besiedelten kanadischen Provinz Quebec müssen im Jahr 50 Millionen Dollar für Krankheitskosten aufgebracht werden. (7) Für Deutschland und die anderen europäischen Staaten wären die Kosten noch bedeutend höher. Die Leiden und die verminderte Lebensqualität der Allergiker lassen sich ohnehin nicht in Geld ausdrücken. In der Schweiz besteht für alle Grundbesitzer seit Sommer 2006 eine gesetzliche Melde- und Bekämpfungspflicht. Eine Reihe von krautigen Neophyten beeinträchtigt bei massenhafter Ausbreitung das Erscheinungsbild ganzer Landstriche in erheblichem Maße, zumal zur Blütezeit, z.B. die Kanadische Goldrute im Oberrheingraben sowie im Kraichgau und das Zackenschötchen in Rheinhessen.

Ganz besonders fügt das Indische Springkraut der „Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft“, wie das deutsche Bundesnaturschutzgesetz formuliert (§ 1), großen Schaden zu, weil die Pflanze sich an sehr vielen Stellen rasant ausbreitet und weil sie von etwa Ende Juni bis zu den ersten Frösten im Oktober ununterbrochen blüht und dadurch bei Massenvorkommen eine penetrante Monotonie des Landschaftsbildes erzeugt. Fotos von solchen Landschaften taugen nichts für Fremdenverkehrsprospekte. Es lässt sich schon jetzt absehen, dass sich die Störung der landschaftlichen Schönheit negativ auf den Tourismus auswirken wird.

Das Springkraut, das inzwischen in nahezu allen Regionen Deutschlands und vermutlich sämtlichen Ländern Europas vorkommt, ist der Neophyt, der sich am schnellsten ausbreitet. Die niederschlagsreichen Sommer 2007 und 2008 haben zu einer geradezu explosionsartigen Vermehrung der Pflanze geführt. Die Populationen können nach Zahl und Umfang jedes Jahr um Faktor 10 oder mehr zunehmen. Jede Pflanze erzeugt im Schnitt etwa 2000 Samen. Die Keimrate beträgt rund 90 Prozent. Ganz besonders alarmierend ist, dass sich das Springkraut nicht nur an den Ufern von zahllosen stehenden und fließenden Gewässern ausbreitet, sondern auch flächig im Wald. Die Pflanze behindert und verhindert die natürliche und die künstliche Waldverjüngung und verdrängt seltene, geschützte heimische Pflanzen in der bodennahen Vegetationsschicht, zum Beispiel mehrere Orchideenarten, Akelei, Türkenbundlilie, Aronstab, Blaustern, Leberblümchen, Waldgeißbart, Wintergrün, Wald-Primel, Eisenhut und Diptam. Invasive Neophyten sind im Wald sehr schwer zu bekämpfen, da nur begrenzt Maschinen eingesetzt werden können, um junge Bäume nicht zu verletzen oder zu vernichten. Die meisten dieser schädlichen Pflanzen müssen von Hand ausgerissen werden.

Das Springkraut hat ein weiteres hohes Gefährdungspotenzial. In seiner Heimat, dem westlichen Himalaja, steigt es bis in eine Höhe von 3000 Metern auf, möglicherweise sogar bis 4300 Meter. Es muss deshalb damit gerechnet werden, dass die Pflanze, wenn man sie nicht rechtzeitig konsequent daran hindert, in den Alpen und anderen europäischen Hochgebirgen bis an die Vegetationsgrenze für höhere Pflanzen aufsteigt und einen beträchtlichen Teil der sensiblen montanen Flora zerstört. In Südtirol, im Allgäu und im Berchtesgadener Land gibt es bereits größere Springkraut-Populationen in 1300 Metern Höhe. (8) Wenn die Pflanze erst einmal in unwegsames Gelände vorgedrungen ist, ist das Desaster unabwendbar. Im Bayerischen Wald hat sich die Pflanze bis in die Höhenlagen ausgebreitet. (9) Dasselbe gilt für den Schwarzwald (z.B. Feldberggebiet). (10)
Nach unserer Kenntnis sind Schwerpunkte des Befalls von Waldflächen durch das Indische Springkraut Nord- und Südschwarzwald, Pfälzer Wald, Schwäbisch-Fränkischer Wald, Berchtesgadener Land, Bayerischer Wald, Erzgebirgsvorland und Westerwald. Auch die Vogesen sind stark infiziert.

Ausgelöst durch Probleme dieser oder ähnlicher Art sind in den letzten Jahren in vielen Regionen der Erde die rechtlichen und politischen Anstrengungen zur Eindämmung der gefährlichen Neobiota ganz wesentlich verstärkt worden. Die Vereinigten Staaten erließen schon 1974 ein Gesetz zur Prävention und Bekämpfung der invasiven gebietsfremden Pflanzenarten (Noxious Weeds Act). Ähnliche Gesetze gibt es in Kanada, Australien, Neuseeland und Südafrika. Mehr als ein Dutzend international tätiger Umweltorganisationen widmet sich der Neobiota-Bekämpfung (z.B. UNEP, European Plant Protection Organisation (EPPO), Global Invasive Species Programme (GISP), The World Conservation Union (IUCN)). Die internationalen Bemühungen fanden ihren Niederschlag in Artikel 8 (h) der Convention on Biological Diversity (CBD). Die Vertragsstaatenkonferenz beschloss dazu detaillierte Durchführungsbestimmungen, die in Decision V/8 niedergelegt sind (15 Guiding Principles).  Ausgangspunkt ist das Vorsorgeprinzip („precautionary approach“): Die vorhandene, historisch gewachsene biologische Vielfalt muss auf Dauer gesichert werden. Zur Erreichung dieses Ziels wurde ein hierarchisches Dreistufenmodell zur Prävention und Bekämpfung der invasiven Neobiota entwickelt (Ausrottung, Eindämmung, Langzeitkontrolle). Eine zentrale Forderung ist, neu entstandene Populationen von invasiven Arten frühzeitig zu erkennen und sofort zu beseitigen, solange sie noch klein sind („Early detection and rapid action“). Diese Vorgehensweise ist am effektivsten, belastet die Umwelt am wenigsten und ist am kostengünstigsten.

Die Vertragspartnerkonferenz der Berner Konvention übernahm in der „Europäischen Strategie zu invasiven gebietsfremden Arten“ (European Strategy on Invasive Alien Species; ESIAS) die Leitprinzipien von Decision V/8 CBD und erweiterte sie um die außerordentlich wichtige Verpflichtung, die ursprüngliche biologische Vielfalt wiederherzustellen, nachdem die durch invasive Neobiota verursachten Schäden beseitigt worden sind. Im Auftrag des österreichischen Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erstellten zwei Biologen 2004 den „Österreichischen Aktionsplan zu gebietsfremden Arten (Neobiota)“. Das schweizerische Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft veröffentlichte 2005 ein Strategiepapier mit dem Titel „Invasive Neophyten in der Schweiz: Lagebericht und Handlungsbedarf“. (11) Grundlage der beiden Dokumente sind Decision V/8 und die ESIAS. Die Umweltminister der Staaten West- und Osteuropas („Pan-europäische Region“) beschlossen 2003 in Kiew, die ESIAS bis zum Jahr 2008 in ihren Ländern umzusetzen. (12) Das ist weder in Deutschland noch in den meisten anderen europäischen Ländern geschehen.

Das deutsche Bundesnaturschutzgesetz enthält mehrere Bestimmungen, die den Umgang mit invasiven Neobiota regeln. Von zentraler Bedeutung ist neben der Verpflichtung, „die wild lebenden Tiere und Pflanzen (…) in ihrer natürlichen und historisch gewachsenen Artenvielfalt zu schützen“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 9), die Verpflichtung, unter Beachtung von Artikel 8 (h) CBD geeignete Maßnahmen zu treffen, „um die Gefahr einer Verfälschung der Tier- oder Pflanzenwelt der (EU-)Mitgliedstaaten durch Ansiedlung und Ausbreitung von Tieren und Pflanzen gebietsfremder Arten abzuwehren“ (§ 41 Abs. 2). Diese Gefahr der Verfälschung von heimischer Flora und Fauna besteht in nahezu allen Regionen Deutschlands. Relevant für den Umgang mit invasiven Neobiota sind auch die Paragraphen 3 und 31 ff. Sie regeln, dass die Uferzonen von Gewässern, der Biotopverbund und das Europäische Netz „Natura 2000“ heimischen Pflanzen- und Tierarten vorbehalten sein müssen. Trotz dieser eindeutigen Rechtslage weigern sich in Deutschland die weitaus meisten Naturschutzbehörden, die invasiven gebietsfremden Pflanzen energisch und systematisch zu bekämpfen. Die Vertreter dieser Behörden behaupten, die internationalen und nationalen Rechtsdokumente enthielten lediglich unverbindliche Empfehlungen, die sie nicht umsetzen müssten. Es reiche, wenn sie die invasiven Neophyten in einigen wenigen „Einzelfällen“ kontrollierten. Mehr müsse und könne man nicht tun.

Die „Einzelfall“-Politik ist bereits heute völlig gescheitert. Sie hat nicht einmal verhindern können, dass wertvollste Naturschutzgebiete von Springkraut und Co. befallen wurden. Einige Beispiele: Wutachschlucht (Südschwarzwald), geschützte Riedgraswiesen am Bodensee, Natur- und Landschaftsschutzgebiete im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald. Aus dem NSG Astheimer Wasen und den Sanddünen im Steigerwaldvorland (beides in Bayern) mussten Robinien entfernt werden. Diese und eine beträchtliche Anzahl anderer Areale mit Neophyten-Beständen sind - auf dem Papier - nicht nur nach deutschem Recht geschützt, sondern auch nach der FFH-Richtlinie (vgl. Artikel 22). Um deren Ziele durchzusetzen und längerfristig zu sichern, ist eine strenge Neobiota-Richtlinie unabdingbar notwendig. Wenn ringsum Neophyten wachsen, lassen sich keine kleinen Inseln der Seligen frei von diesen Pflanzen halten, jedenfalls nicht auf Dauer. Das ist das entscheidende Kriterium. Wie für die Biodiversitätskonvention, Decision V/8 und die Europäische Strategie zu invasiven gebietsfremden Arten ist auch für das deutsche Bundesnaturschutzgesetz das Vorsorgeprinzip das entscheidende Kriterium. Der Maßnahmenkatalog von Decision V/8 bzw. der ESIAS ist ein von Experten ausgearbeitetes und in der Praxis erprobtes Gesamtkonzept für die Neobiota-Prävention und -Bekämpfung. Dieses muss, um auf Dauer erfolgreich sein zu können, systematisch und flächendeckend umgesetzt werden. Die Einschränkung auf „Einzelfälle“ widerspricht dieser Konzeption nach Geist und Buchstaben. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt schließt die genetische Vielfalt innerhalb der Arten ein. Diese ist bei ohnehin gefährdeten Arten nachhaltig nur zu sichern, wenn es viele und große Populationen gibt, die außerdem miteinander vernetzt sein müssen. Neophyten dürfen die Elemente des Biotopverbunds und von „Natura 2000“ nicht blockieren. Wir begrüßen es sehr, dass die EU-Kommission eine Umfrage zu invasiven Neobiota durchführte. Wir beteiligten uns daran. Unseres Erachtens ist es nicht notwendig, dass die Kommission jetzt eine eigene Strategie für den Umgang mit diesen Arten erarbeitet. Die ESIAS, der österreichische Aktionsplan und die schweizerische Handlungsanweisung haben alle wesentlichen Punkte bereits aufgeführt. Die EU-Kommission muss aber dafür sorgen, dass die Bekämpfungsmaßnahmen grenzüberschreitend erfolgen und dass die europäischen Länder, die nicht zur EU gehören, sich ebenfalls beteiligen. Mit der Ausarbeitung eines weiteren Strategiepapiers wird kostbare Zeit verloren gehen, die wir nicht mehr haben, es sei denn, das Dokument würde spätestens im zeitigen Frühjahr 2009 vorliegen.

Absolut unerlässlich ist, dass die EU-Kommission sehr rasch eine rechtlich verbindliche Richtlinie erlässt, die die Mitgliedstaaten zwingt, die in der ESIAS aufgeführten Maßnahmen strikt umzusetzen. Die EU- Kommission ist die einzige Instanz, die eine solche Rechtslage schaffen und ihre Einhaltung notfalls vor dem Europäischen Gerichtshof einklagen kann. Es muss in naher Zukunft die rechtliche Möglichkeit geben, säumige Mitgliedstaaten mit empfindlichen Geldbußen zu bestrafen. Und die EU-Kommission muss den Mut haben, beim EuGH zu klagen, so wie sie das beispielsweise jetzt zum zweiten Mal wegen des deutschen Volkswagen-Gesetzes tut. Alle anderen „Optionen“, die die Kommission möglicherweise ins Auge gefasst hat, sind von vorneherein zum Scheitern verurteilt, weil sie zulassen werden, dass sich die bestehende dramatische Situation noch weiter verschlimmert.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind durch völkerrechtlich bindende Vereinbarungen verpflichtet, bis 2010 den Verlust biologischer Vielfalt in ihren Gebieten zu beenden und anschließend die verloren gegangene Biodiversität wiederherzustellen. An dieser Verpflichtung – und nur daran – muss sich die Neobiota-Politik der EU-Kommission ausrichten. Diese beiden Ziele sind nie und nimmer zu erreichen, wenn nicht unverzüglich die ESIAS strikt umgesetzt wird. Andernfalls wird sich der Verlust von biologischer Vielfalt rasant beschleunigen. Zur Biodiversität gehören nicht nur die einzelnen Pflanzen- und Tierarten, sondern auch ihre historisch gewachsenen Lebensgemeinschaften und die genetische Vielfalt innerhalb der Arten.

Es ist in den letzten Jahren genug diskutiert worden, es gab genug Veröffentlichungen und Tagungen zur Neobiota-Frage, es sind genug Schwarze Listen aufgestellt und andere Erhebungen erarbeitet worden. Alle relevanten Fakten liegen auf dem Tisch. Was jetzt nottut, ist entschiedenes Handeln. Die ESIAS übt in ihrer „Introduction“ harsche Kritik an der Untätigkeit in Europa hinsichtlich der invasiven gebietsfremden Arten. Europa sei gegenüber anderen Regionen in der Welt in dieser Frage in Rückstand geraten. Die Aufgabe lautet: „Es ist jetzt unabdingbar, auf nationaler und regionaler Ebene wirkungsvoll zusammenzuarbeiten, um die schädlichen Auswirkungen invasiver gebietsfremder Arten zu verhindern oder zu minimieren.“ Der Schutz der heimischen Artenvielfalt vor invasiven gebietfremden Arten ist das mit Abstand gravierendste naturschützerische Problem der Gegenwart. „Nach uns die Sintflut!“ Das können wir vor den künftigen Generationen nicht verantworten. Die deutschen Naturschutzbehörden, die sich weigern, die Rechtsvorschriften zur Neobiota-Problematik zu befolgen, weigern sich auch, die Bevölkerung sachgerecht über die Gefährlichkeit dieser Arten zu informieren und um ihre Mitarbeit zu bitten. Die Eindämmung der invasiven Neophyten können die Behörden nicht alleine schultern. Sie sind auf freiwillige Helfer angewiesen. Das sagt auch Decision V/8 („local communities support“, Guiding Principle 6). Deshalb betonen alle genannten Dokumente die unbedingte Notwendigkeit einer breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit, um die Menschen für das Neophyten-Problem zu sensibilisieren. Natur- und Artenschutz sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben. In dieser Hinsicht liegt in Deutschland sehr viel im Argen. Es herrscht weithin in der Bevölkerung eine erschreckende Unkenntnis der Sachlage. Erfreulicherweise betreiben sowohl einige staatliche Organe, in erster Linie Landkreise und Kommunen, als auch private Initiativen Prävention und Bekämpfung von Neophyten. Unser Verein beteiligt sich ebenfalls an dieser Arbeit. Diese Aktivitäten beweisen, dass eine wirkungsvolle Bekämpfung der pflanzlichen Invasoren möglich ist und dass Freiwillige zur Mitarbeit gewonnen werden können. Andererseits haben diese Aktivitäten aber einen großen Nachteil: Sie sind räumlich mehr oder weniger eng begrenzt. Darunter leidet ihre mittel- und langfristige Effektivität. Deshalb muss, wie gesagt, das Problem flächendeckend und systematisch angegangen werden.

Natürlich können in Deutschland und in den anderen europäischen Ländern die Neophyten nicht mehr vollständig ausgerottet werden. Trotzdem darf bei der Information der Öffentlichkeit auf keinen Fall im Vordergrund stehen, was angeblich oder tatsächlich in der Neophyten-Bekämpfung nicht oder nicht mehr möglich ist, sondern das, was möglich ist. Und das ist sehr, sehr viel. Dieser Auffassung sind Entscheidung V/8 und die Europäische Neobiota-Strategie. Wenn rasch und entschlossen gehandelt wird, sind wir zumindest in der Lage zu verhindern, dass sich die bestehenden großen Populationen weiter ausbreiten und dass die zahlreichen großen und kleinen Gebiete, die zum Glück bisher von Neophyten verschont geblieben sind, dasselbe Schicksal erleiden (prevention, containment, long-term control). Die weitaus meisten kleineren und mittelgroßen Bestände wird man beseitigen können (eradication). Eine Informationspolitik, die auch nur unterschwellig die Neophyten-Bekämpfung als unnötig oder aussichtslos darstellt, ist kontraproduktiv. Auch zu einer solchen sachgerechten Informationspolitik muss die EU-Richtlinie zum Umgang mit invasiven Neobiota die Mitgliedstaaten verbindlich verpflichten. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen sich an der Republik Südafrika ein Beispiel nehmen. Das Land steckt in immensen wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten. Trotzdem betreibt die Regierung seit Jahren eine intensive Informationspolitik über invasive Pflanzen und bindet die Bevölkerung in deren Bekämpfung ein. (13)

Alle Behörden, die auf die eine oder andere Weise mit Natur und Landschaft zu tun haben, einschließlich der Eisenbahngesellschaften, müssen ihren Beitrag zur Neophyten-Prophylaxe und -Bekämpfung leisten. Im Zentrum müssen die Kommunen stehen. Jede von ihnen ist für ihre Gemarkung verantwortlich. Den Kommunen fällt es am leichtesten, freiwillige Helfer zu finden (z.B. Schulen, Vereine, Kirchengemeinden, kirchliche und andere Jugendgruppen, nicht organisierte Einzelpersonen), da diese auf ihre Verantwortung für die eigene unmittelbare, aber begrenzte und überschaubare Umgebung angesprochen werden können. Bach- oder Naturpatenschaften beispielsweise von Schulen haben einen sehr hohen pädagogischen Wert, weil sie theoretisches Wissen und praktische Betätigung miteinander verbinden. Nur was die Menschen kennen, schützen sie auf Dauer. Anknüpfen können die Kommunen zudem an die mancherorts regelmäßig durchgeführten Bach-, Dorf- oder Landkreisputzaktionen. An der alle zwei Jahre stattfindenden Kreisputzaktion des Rems-Murr-Kreises (Baden-Württemberg) beteiligen sich stets 8000 bis 9000 ehrenamtliche Helfer, darunter viele Schüler. Kommunen in dünn besiedelten Regionen müssen von der Landes- und Bundesregierung sowie gegebenenfalls von der EU finanzielle Unterstützung erhalten, damit sie professionelle Pflegetrupps aufstellen können.

Die Kommunen haben zudem den kürzesten Draht zu den Grundstückseigentümern, auf deren Grundflächen Neophyten wachsen. Wie im Landkreis Freising (Bayern) praktiziert, müssen die Grundeigentümer aufgerufen werden, in ihrem eigenen längerfristigen Interesse tatkräftig an der Neophyten-Bekämpfung mitzuwirken. Es sind die Behörden, die durch die EU-Richtlinie bindend verpflichtet werden müssen, bei dieser Aufgabe die Initiative zu ergreifen, einerseits weil sie nach Recht und Gesetz für Naturschutz und Landschaftspflege zuständig sind, andererseits aber auch aus ganz praktischen Gründen, beispielsweise weil Privatpersonen nicht befugt sind, fremde Grundstücke zu betreten und dort invasive Neophyten zu beseitigen. Wenn sie aber als Beauftragte der zuständigen Naturschutzbehörde handeln, müssen die Grundstückseigentümer und die anderen Nutzungsberechtigten dies dulden. Im Namen unserer Vereinsmitglieder, meiner Vorstandskollegen und in meinem eigenen Namen bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Kommissar, ebenso herzlich wie dringend, sich mit aller Kraft für die Schaffung einer Neobiota-Richtlinie der beschriebenen Art einzusetzen. Und diese muss sehr schnell kommen. Sie ist seit langem überfällig. Es eilt! Das Jahr 2010 wird bald da sein.

Quellennachweis
1  European Strategy on Invasive Alien Species (Introduction)   www.cps-skew.ch/eu_strategy_inva.pdf
2  Gesellschaft Mensch und Natur. www.gmn-ev.de
3  APHIS Weed Policy 2000-2002     www.aphis.usda.gov/index.shtml
4 NeoFlora, Artikel Japan-Knöterich    www.floraweb.de/neoflora/
5  Lars Chittka (Biozentrum der Universität Würzburg) in der britischen Fachzeitschrift Nature
6  Gregor Schmitz: Neophyten und Fauna. In:Gebietsfremde Pflanzen. R. Böcker Landsberg 1995
7
 Verband Schweizerischer Gärtnermeister: Allergieauslösende Pflanze Ambrosia artemisiifolia    
 
 www.bafu.admin.ch/artenvielfalt/01038/index.html/?lang=de&8download....pdf  
8
  Bund Naturschutz in Bayern, Kreisgruppe Lindau: Neophyten – Probleme aus Sicht des
   Naturschutzes  www.agna.de/Neophyten/BN_Okotipp_Neophytenfertig.pdf

9  G. Jungwirth: Springkraut und Co'
    www.bayerischer-wald-verein.de/aktuell/Springkraut%20und%20Co.htm

10 Freiburg-Schwarzwald.de  www.freiburg-schwarzwald.de/springkraut.htm    
11 Österreichischer Aktionsplan zu gebietsfremden Arten (Neobiota)   
    www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/umweltthemen/naturschutz/Neobiota_Dt.pdf
    Invasive Neophyten in der Schweiz: Lagebericht und Handlungsbedarf   
    www.lawa.lu.ch/neoph_bericht_gigon_weber_2005.pdf
12
 Österreichischer Aktionsplan zu gebietsfremden Arten (Neobiota), S. 10
13
 BfN-Skripten, Skript 128, S. 24     www.floraweb.de/neoflora/Skript128.pdf

20.3.2009, Arbeitsgemeinschaft der Angehörigen der Naturschutzwacht Bayern, e.V.
Ottobeuren. 27.10.2008, www.agna.de
c/o Helmut Scharpf, ^.Vors., Schillerstr. 61a, 87724 Ottobeuren, Tel
08332/5433

 

Infoabend zum Drüsigen am 6.4.2009 im Haus der Natur Feldberg

Das Drüsige (oder "indische") Springkraut hat sich mittlerweile in Deutschland stark ausgebreitet, viele Bach- und Flusstäler werden im Spätsommer fast vollständig von diesem Neophyten ("Neubürger") dominiert. Viele Naturfreunde, Förster und Landwirte setzen sich dafür ein, gegen diese invasive Art vorzugehen, organisieren Bekämpfungsaktionen oder entfernen die Pflanze selber von bestimmten Flächen. Andere stehen auf dem Standpunkt, dass diese Bekämpfungsaktionen unnötig oder ohnehin zwecklos sind. Zumindest die Hochlagen des Hochschwarzwalds um den Feldberg herum wurden bisher nicht vom Drüsigen Springkraut besiedelt. Doch ausgehend z. B. von künstlich eingebrachten Erdhaufen (Bauaushub u. ä.) breitet sich die Pflanze in den Randbereichen des Naturschutzgebietes Feldberg aus. Der Arbeitskreis Hochschwarzwald des Landesnaturschutzverbandes hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, das Drüsige Springkraut im Feldberggebiet und Seebachtal präventiv zu kontrollieren.
Doch wo ist die Bekämpfung dieser Art überhaupt sinnvoll und notwendig? Werden tatsächlich so viele andere Arten durch das Drüsige Springkraut verdrängt? Wohin ist die Pflanze überhaupt schon vorgedrungen? Kann das Feldberggebiet wirklich nachhaltig vor dem Drüsigen Springkraut bewahrt werden? Und wie können die Bekämpfungsaktionen am besten koordiniert werden? Diesen und weiteren Fragen soll im Rahmen eines Informationstreffens aller Interessierten am
06.04.2009 ab 18:00 Uhr im Haus der Natur am Feldberg
nachgegangen werden. Eingeladen sind Aktive, die bereits an Bekämpfungsaktionen teilgenommen oder diese organisiert haben (oder dies tun möchten), Förster, Botaniker und alle sonst an der Thematik Interessierten. Die Veranstaltung ist nicht im Sinne eines Seminars straff in eine festgelegte Vortragsreihenfolge gegliedert, sondern soll den Teilnehmern die Möglichkeit zum freien Gedanken- und Informationsaustausch bieten. Wir erhoffen uns von diesem Treffen
- einen unvoreingenommenen Informationsaustausch zwischen allen Teilnehmern/innen,
- das Knüpfen von Kontakten zwischen den an der Springkrautbekämpfung Interessierten,
- die Erarbeitung und Fortführung einer Verbreitungskarte und -datenbank des Springkrauts im Umfeld des NSG Feldberg (evtl. im Naturschutzzentrum?!),
- möglicherweise (evtl. auch erst im Nachgang des Treffens) die Erarbeitung von Bekämpfungsschwerpunkten,
- und evtl. die Einbeziehung auch anderer problematischer Arten (z. B. Japan-Knöterich) in die Bekämpfungsaktionen.

17.3.2009, Dr. Stefan Büchner

 

Institut für Soziale Projekte in Stegen bekämpft Problempflanzen
 
Neue Wege bei Neophyten-Beseitigung / In einem von der Arge Breisgau-Hochschwarzwald geförderten Projekt helfen Arbeitslose bei Problempflanzen-Bekämpfung

Manche nicht einheimische Pflanzenarten wie das Indische Springkraut werden hierzulande nicht gern gesehen: Sie stören das ökologische Gleichgewicht, sorgen für Probleme bei der Gewässerunterhaltung und bedrohen mitunter sogar die menschliche Gesundheit. Für eine gezielte Bekämpfung dieser "Problem-Neophyten" fehlt oft das nötige Geld. Bei einem neuen Projekt werden seit einigen Monaten Langzeitarbeitslose zur Beseitigung unerwünschter Pflanzen im Landkreis eingesetzt; die ersten Ergebnisse können sich sehen lassen.

"Wir bekämpfen die Problempflanzen vor allem an Gewässern, umso die Vielfalt der Ufervegetation zu fördern" , erklärt Klaus Hemmann. Der 58-jährige Diplom-Biologe aus Bötzingen ist beim Stegener "Institut für Soziale Projekte" beschäftigt, das im April 2008 gegründet wurde und die Förderung von Langzeitarbeitslosen zum Ziel hat. Rund 30 beschäftigungslose Männer und Frauen sind es, mit denen 
Hemmann seit einigen Wochen zur Neophyten-Bekämpfung unterwegs ist. Die dazu nötigen Kartierarbeiten hat er bereits im letzten Jahr durchgeführt. Seine Helfer werden ihm als sogenannte "Ein-Euro-Jobber" über die "Arge" des Landkreises, also dem Zusammenschluss der regionalen Arbeitsagenturen und Sozialämter, vermittelt. Bisher war die Truppe hauptsächlich im Dreisamtal und den angrenzenden Gebieten im Einsatz, wobei sich neben der Arge auch einzelne Gemeinden finanziell an dem Projekt beteiligen. Dass auch Kommunen an der Beseitigung nicht einheimischer Pflanzen interessiert sind, resultiert aus den wirtschaftlichen Schäden, welche diese verursachen können: "Wenn fremdländische Arten wie Springkraut oder Japan-Knöterich an Gewässerufern überhand nehmen, leidet nicht nur die biologische Vielfalt, sondern oftmals auch die Uferstabilität" , erklärt Hemmann. Fortgeschwemmte Pflanzenteile könnten dann Verstopfungen von Durchläufen hervorrufen und so zu weiteren Problemen bei der Gewässerunterhaltung sorgen. Bei einigen anderen Arten sei die Bekämpfung zudem aus Gründen des Gesundheitsschutzes angezeigt: "Beim Kontakt mit dem mehr als zwei Meter großen Riesenbärenklau kann es beispielsweise zu Hautverbrennungen kommen" , so Hemmann. Die ersten Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen: In der Nähe von Kirchzarten wurden mehrere Stauden des Riesenbärenklaus "gefällt" , außerdem verschiedene Gewässerabschnitte im Dreisamtal, beispielsweise am Rechten-, Weilers- oder Steinwasenbach, von dem ursprünglich aus dem Himalaya stammenden und als Zierpflanze nach Europa eingeschleppten Indischen Springkraut "gesäubert" . Die Auswahl der Bereiche, an denen Neophyten beseitigt werden, erfolgt dabei gezielt: "Am Oberlauf von Gebirgsbächen macht es am meisten Sinn, da diese Lebensräume besonders geschützt sind und die Samen der Problempflanzen von dort mit dem Wasser nach unten verfrachtet werden" , sagt Biologe Hemmann, der sein Projekt bereits mit den Freiburger Bachpaten vernetzt hat. Für den Herbst und Winter, wenn die Zeit der Neophyten-Bekämpfung vorbei ist, hat er bereits neue Ziele: "Unsere Gruppe könnte auch anderweitig im Natur- und Landschaftsschutz zum Einsatz kommen; beispielsweise bei der Böschungspflege im Kaiserstuhl" .
Andreas Braun , 5.8.2008, BZ

 

 

Bienen stehen aufs Springkraut - Naturschützer nicht

Die eingewanderte Pflanze ist eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten, aber sie verdrängt die heimische Flora

Überall in der Region strömen Naturschützer aus, um das Indische Springkraut auszureißen. Es schadet der heimischen Flora. Doch ausgerechnet dieses Kraut ist eine wichtige Nahrungsquelle für die Bienenvölker, die unter anderem nach dem Massensterben in der Rheinebene sehr geschwächt sind. Eine Zwickmühle. Dem Kraut geht es zurzeit nicht nur in St. Blasien, in Hinterzarten und im Dreisamtal an die Wurzel. Auch in Schopfheim-Fahrnau haben Mitglieder der Bund-Ortsgruppe die Pflanzen schon von den Ufern eines renaturierten Gewerbekanals entfernt, um Licht und Platz für andere Pflanzen zu schaffen. Denn das um 1840 von Asien nach Europa als Zierpflanze eingeführte Kraut vermehrt sich äußerst erfolgreich und verdrängt heimische Pflanzen, vorzugsweise an Bachufern und auf Feuchtwiesen. Ein einziges Exemplar produziert etwa 4000 Samenkörner. Hella Heuer-Klug vom Freiburger Eigenbetrieb Stadtentwässerung zählt die lila-pink blühende Art ebenso wie Goldrute und Japanknöterich zu den invasiven Neophyten. Die Biologin hat Konzepte entwickelt, deren Bestände zu reduzieren, die landesweit angewandt werden. Das Springkraut soll kurz vor oder spätestens in der Blüte ausgerissen werden. In Freiburg sei es fast verschwunden. "Vor zehn Jahren waren die Bäche hier wie lila Bänder", sagt Heuer-Klug. Bei Imkern stoßen die Aktionen allerdings auf Kritik. "Im Hochsommer blüht sonst kaum noch etwas" , erklärt Christoph Koch, Imker aus Oppenau und Vorstand im Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund. Vielerorts seien die Imker auf das Springkraut als Bienenweide angewiesen, und besonders in diesem Jahr, da mehr Völker als sonst den Winter nicht überlebt haben, die Bienen wegen der frostigen Temperaturen im April die Obstblüte nicht nutzen konnten und in den Maisanbaugebieten die Vergiftung mit dem Mittel Clothiandin zusätzliche Verluste bewirkt hat. Viele Wochen liefern großflächige Springkrautbestände massenhaft Nektar, aus dem die Bienen Honig erzeugen. Sie benötigen die zucker- und mineralstoffhaltige Flüssigkeit neben dem Pollen auch für die eigene Ernährung und die Brut. Der immensen Tracht wegen haben Imker in der Vergangenheit Neophyten sogar ausgesät — und die Honigbienen durch die Bestäubung erheblich zur Verbreitung beigetragen. In der Abwägung, ob das Springkraut eher als Nutzpflanze denn als Problempflanze einzustufen ist, dürften die Imker den Kürzeren ziehen. "Wo seltene Arten gefährdet sind, ist eine Bekämpfung geboten" , erklärt Uwe Kerkhof vom Naturschutzreferat des Freiburger Regierungspräsidiums. Von einer Ausrottung könne jedoch nicht die Rede sein. "Das wäre ein Kampf gegen Windmühlen." Die Auseinandersetzung wirft laut Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim, Licht auf die schwindende Pflanzenvielfalt durch spezialisierte und intensivierte Landwirtschaft: "Wenn der Raps und die Obstbäume verblüht sind, finden die Bienen in einer Region wie dem Rheintal tatsächlich nichts mehr." Oft sei das Springkraut sogar der Hauptnektarlieferant. Früher allgegenwärtige Nahrungsquellen wie Kornblume, Kamille oder Klatschmohn seien selten geworden. Nektar und Pollen seien noch knapper, weil sich durch hohe Getreide- und Maispreise die Kultivierung von still gelegten Ackerflächen lohne. Und auch in Grünlandgebieten wie im Schwarzwald sei das natürliche Bienenfutter knapp, weil die Bauern die Wiesen vor der Blüte mähen, um möglichst nährstoffreiches Futter einlagern zu können.
Silvia Faller , 10.7.2008, BZ

 

 

Bienensterben - Indisches Springkraut lieber nicht vernichten

Im Dreisamtal und in St. Peter sollen durch einen Einsatztrupp von 20 Mitarbeitern Neophyten bekämpft werden. In Baden gab es letzten Winter über 40 Prozent tote Bienenvölker, im Frühjahr wurden die Bienen durch Poncho Pro geschwächt, giftiger Maispollen wartet auf unsere Lieblinge. Die Gründe des Bienensterbens sind nicht abschließend erforscht, neben Milben spielen Viren und Pilze aus anderen Erdteilen, an die unsere Bienen nicht angepasst sind, die Hauptrolle. Auch die genetische Verarmung durch starke Reinzucht wird von Professor Tautz als wichtiger Faktor des dramatischen Bienensterbens genannt. Professor Tautz, Würzburg, ruft in diesem Artikel ebenso dazu auf, durch Anpflanzungen von Bienenpflanzen dem Bienensterben durch Pollenmangel entgegenzusteuern. Es wird allgemein festgestellt, dass geringe zusätzliche Belastungen die Völker zusammenbrechen lassen. Im Bereich des Rheintales sind dies wohl Rückstände aus Pflanzenschutzmitteln im Pollen zur Aufzucht der Winterbienen, im Schwarzwald mehr Pollenmangel. Es ist nachgewiesen, dass im Schwarzwald die Pollenversorgung durch Intensivierung der Landwirtschaft zurück gegangen ist. Intensive Grünlandwirtschaft mit häufigerem Mähen vor der Blüte, mehr Gras als Blumen, Beweidung durch Rinder, Schafe und Ziegen, mehr geschlossene Waldflächen, mit immer weniger Hecken und Blüten, saubere Waldränder bringen die Bienen in schlechte Pollenversorgung, was zusätzlich die Widerstandskraft schwächt. Die einzige Verbesserung entstand durch die Balsamine (indisches Springkraut), die über viele Wochen im Sommer Blütenpollen und Nektar liefert.

Die Problematik der Neophyten ist den Imkern bekannt, grundsätzlich wird dies nicht angezweifelt. Nur die Balsamine sollte geschont werden. Durch die dramatische Lage, in der Bienen, Wildbienen und andere Insekten sich befinden, sollte vor einer Bekämpfung zunächst eine Güterabwägung gemacht werden, ob der Natur und den Imkern die Vernichtung des indischen Springkrautes zugemutet werden kann. Dies kam auch bei einer Imkerversammlung in St. Peter im letzten Jahr zum Ausdruck, bei der der Kreisvorsitzende Mayer zur Bekämpfung der Balsaminen Fragen stellte, und Imker damals Bedenken äußerten. Auch beim Lehrbienenstand St. Peter kam es in den letzten Jahren trotz professioneller Milbenbehandlung immer wieder zum Bienensterben, wobei auch Pollenmangel vermutet wird. Durch die dramatische Entwicklung des Bienensterbens bitten wir um eine Güterabwägung, da die Honigbiene auch das drittwichtigste Nutztier ist — nach Rind und Schwein, vor Geflügel und Schafen. Das indische Springkraut ist von Juli bis September eindeutig der wichtigste Lieferant von Blütenpollen und Nektar. Gute Versorgung mit Pollen und Honig stärkt die Widerstandskraft für den Winter. Die Zahl der Imker und Bienen geht laufend zurück, nun ist aber bei den Imkern eine Solidarität eingekehrt, die eine Vernichtung der wichtigsten Sommernahrung von Honigbienen und Wildinsekten verhindern wollen.
BZ-Leserbrief vom 30.6.2008 von Christoph Graf, Imkerei, St. Peter

 

Kampf gegen Springkraut, Knöterich - Schwarzwaldverein aktiv

Erstmalig beschäftigte sich der Gemeinderat St. Märgen mit Neophyten, neuen, ursprünglich nicht vorhandenen Bewohnern der Gemarkung. Unter diesen gibt es zahllose harmlose, voll eingebürgerte und akzeptierte Arten wie das Veilchen oder das Kleine Springkraut. Doch sind auch unerwünscht aufdringliche, schädliche Pflanzen eingedrungen. Diese hat der Diplombiologe Klaus Hemmann im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Breisgau-Hochschwarzwald 2007 in St. Märgen und im Dreisamtal kartiert.

Deren Geschäftsführer Peter Wiessemer erläuterte Zweck sowie Art und Weise des Vorgehens über einen Verein. Er bekräftigte, auch künftig dieses Thema behandeln und finanzieren zu wollen. Adelbert Heitzmann vom Schwarzwaldverein St. Märgen begrüßte die Kartierung und erbat von Hemmann die Ergebnisse seiner Arbeit als gute Grundlage für seine Naturschutzarbeit. Hemmann suchte die St. Märgener Wasserläufe ab, insgesamt 60 Kilometer. Dabei fand er auf 23 Kilometern Bewuchs durch das drüsige Springkraut, das aus dem Himalaya stammt ("Indisches Springkraut" ). Starke Konzentrationen gibt es am Thurner und um den Christenhermannshof. Der Schaden dieser einjährigen Pflanze, die nur leicht im oft feuchten Boden wurzelt, besteht in der Förderung der Ufererosion sowie in der Verdrängung der einheimischen Flora und Verfälschung des Landschaftsbildes. Der Schwarzwaldverein St. Märgen bekämpft, wie Hubert Willmann bemerkte, in einigen ortsnahen Bachtälern seit ungefähr 15 Jahren diese Pflanze und hat dabei guten Erfolg. Das Springkraut ist dort noch nicht ausgestorben, doch es ist nicht mehr auffällig und wird jährlich erneut bekämpft. Willmann könnte sich auch eine gewisse Unterstützung durch die Grundeigentümer vorstellen. Die der menschlichen Gesundheit schädliche Pflanze des Riesenbärenklaus fand er nicht. Dagegen entdeckte er fünf noch kleine Standorte der Knöterichgewächse, von denen es drei Arten gibt.

Den Mittleren Schwarzwald haben sie erobert, die neu in die Landschaft eingedrungenen Knöterichgewächse, der Japanknöterich, der Himalaya-Knöterich und der Sachalin-Knöterich oder Kreuzungen dieser Sorten. Der Schaden ist ähnlich dem Springkraut. Doch sprengen die bis zu 4,5 Meter langen, dicken Wurzeln Mauerwerke von Brücken, Häusern und Bachverbauungen. Im Kinzigtal begleiten die dichten, geschlossenen, zwei bis vier Meter hohen Bestände die Bach- und Flussufer und fördern die Erosion der Uferböschungen. Landschaftlich ist das Bild eintönig. Doch diese Gewächse sind nicht auf die Bachufer beschränkt. Sie erobern auch Schutthalden und sonstige unbearbeitete Grundstücke. Die Knöteriche vermehren sich im wesentlichen über Wurzeln, sie bestehen aus männlichen oder weiblichen Pflanzen, Samenausbreitung hat kaum Bedeutung. Entlang der Bäche verschwämmen Wurzelteile oder Stängelteile, deren Knoten wieder Wurzeln schlagen. Ist das indische Springkraut noch leicht aus dem Boden zu ziehen, so geht das bei den vieljährigen Rhizomen der Knöterichstauden nicht. Man kann sie nur durch häufiges Mähen oder Beweidung kurz halten, sie verschwinden aber nicht. Ausrotten lassen sie sich nur durch chemische Bekämpfung in aufeinanderfolgenden Jahren.
Auf der Gemarkung St. Märgen gibt es erst etwa fünf kleine Standorte mit Knöterichen. Ähnlich sieht es bei den übrigen Gemeinden mit Ausnahme des Dreisamufers aus. An der Dreisam scheinen sich die Knöteriche etabliert zu haben. Wie funktioniert ihre Einwanderung? Nach den bisherigen Erfahrungen des Schwarzwaldvereins St. Märgen gibt es drei interessante, teils kuriose Pfade des Eindringens. Einmal verwenden Gärtnereien das an sich hübsche Grün als Um-rahmung für Blumensträuße. Abgeblühte Blumensträuße wandern auf den Komposthaufen. Ganz selten, aber es kommt vor, gelingt es einem Zweiglein, Wurzel zu fassen, und im Lauf der Jahre gründet er einen wachsenden, sich ausbreitenden Knöterich-Bestand. Gelangt er an Bäche, wird das Ausbreitungstempo hoch, der Bach wird erobert. Der verblühte Blumenstrauß kann aber auch auf einem Spaziergang bis an den Waldeingang gelangen, wo es feucht ist. Auch dort kommt das Einwurzeln und Ausbreiten vor. Ein zweiter Pfad folgt dem Gartenfreund, der, ohne die Brisanz der Pflanze zu kennen, diese zunächst kultiviert und mit der Zeit das Interesse verliert. Der dritte Weg geht ausgerechnet über Sägewerke: Holz wird im Mittleren Schwarzwald gekauft. Mit dem Stammholz gelangt eine Wurzel oder ein Sprossteil auf den eigenen Holzhof. Der ganze Holzhof der Säge wird eine Beute der Knöteriche. Gelegentlich befällt den Säger die Lust aufzuräumen. Er schiebt Gestein, Erde, alte Rinde, die sich angesammelt haben, zusammen und fragt einen Waldbesitzer, der ihm das Deponieren erlaubt. Und schon haben wir wieder einen wachsenden Bestand im Wald.
Soll die Landschaft von der in der Ortenau ablesbaren Pflanzenpest frei bleiben, müssen Bevölkerung und Naturschutzverbände, aber auch die Naturschutzverwaltung erkennen, wie hoch die Gefahrenlage auf der einen Seite ist und wie relativ einfach auf der anderen Seite die Zugangswege verhindert und die wenigen Vorkommen vernichtet werden könnten. Eine gute Kartierung, wie von der Arbeitsverwaltung begonnen, müsste dann der erste aktive Schritt sein.
Elmar Klein, 11.4.2008, www.badische-zeitung.de


 

 

 

Kampf dem Staudenknöterich

Oft geht es mit Mähen, ganz ohne Chemie: Was man gegen die "invasiven Neophyten" tun kann / Bachpatentagung in Freiburg

Ein Schwerpunkt der ersten deutschlandweiten Bachpatentagung, die zu Wochenbeginn in Freiburg stattfand, waren die so genannten "invasiven Neophyten" . Bei einer Exkursion zum Hochwasserrückhaltebecken zwischen Schallstadt und Freiburg konnten sich die rund 100 Teilnehmer einen Eindruck über die Gefahren verschaffen, die von diesen unliebsamen Pflanzen ausgehen. Anschließend wurde im Freiburger Dietenbachpark aufgezeigt, wie eine wirksame Bekämpfung von Knöterich, Springkraut und Co. möglich ist.
"Das Rückhaltebecken wurde im Jahr 1985 gebaut und wird vom St. Georgener Dorfbach durchflossen" , erläuterte Klaus Steegmüller vom Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald. Der Bau sei nötig geworden, um die Tuniberggemeinden vor Hochwässern zu schützen. Für die jährliche Unterhaltung des Beckens bringt die Stadt Freiburg jährlich zwischen 50 000 und 65 000 Euro auf. "Aufgrund des starken Eintrags von Samen und Sprossteilen, die mit dem Wasser angeschwemmt werden und sich dann absetzen, konnten sich die Neophyten großflächig im Becken ansiedeln", so Steegmüller. Hauptproblem sei der Staudenknöterich, der weite Uferbereiche überwuchert. Dabei verdrängt der Knöterich nicht nur einheimische Arten, sondern bedroht gleichzeitig auch die Stabilität der Böschungen: "Da sich unter seinen dichten Beständen keine Grasnarbe halten kann, besteht die Gefahr, dass Uferbereiche schneller weggespült werden", sagt Wasserbauingenieur Bernd Walser vom Regierungspräsidium. Der Fachmann erläuterte bereits im Tagungsteil am Vormittag, welche Probleme Japan- und Sachalin-Knöterich bei der Gewässerunterhaltung bereiten. Beide Arten stammen aus Südostasien und haben sich seit den 1980er Jahren rasant bei uns ausgebreitet. Trotz des Einsatzes ehrenamtlicher Bachpatenhelfer — ihr Zeitaufwand lässt sich mit rund 4000 Euro jährlich bewerten — gelingt es jedoch nicht, die Neophyten dauerhaft aus dem Becken fern zu halten: "Da ständig neues Material von weiter oben angeschwemmt wird, kann das Problem mit Freiwilligen hier nur teilweise gemeistert werden" , erläutert die Biologin Hella Heuer-Klug von den Freiburger Bachpaten. Weitaus erfreulicher sieht es im Freiburger Dietenbach-Park aus: Hier ist es gelungen, Springkraut und Knöteriche durch Bachpaten-Einsatz wirksam und dauerhaft zurückzudrängen. "Das ganze geschieht nur durch Mähen und ohne Chemie" , worauf Heuer-Klug großen Wert legt. Entscheidend sei, dass die Knöterich-Arten über mehrere Jahre hinweg von Mai bis Oktober mindestens einmal monatlich gemäht werden, um den unterirdischen Sprossteilen ihre Energiereserven zu nehmen und die Pflanzen so "auszuhungern" . Unlängst bestätigten Wissenschaftler die Wirksamkeit dieses Konzepts: "Auf unseren Versuchsflächen geht der Knöterich zurück, wenn wir ihn nach der Bachpaten-Methode bekämpfen" , sagt Esther Gerber vom Schweizer Cabi-Institut für biologische Kontrolle.
Andreas Braun, 27.10.2007, BZ

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