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Kommunalpolitik und Internet, Vernetzung, eDemokratie, virtuelle Gesellschaft, ....

Tele-Blick vom Häuslemeierhof nach Westen über Burg am Wald ins Dreisamtal bis Freiburg am 26.1.2007
Tele-Blick vom Häuslemeierhof nach Westen über Burg am Wald ins Dreisamtal bis Freiburg am 26.1.2007

Freiburg.de belegt nach Bonn Platz zwei bei CSC-Studie

In einer Studie des renommierten Beratungs- und Dienstleistungsunternehmens Computer Sciences Corporation (CSC) belegt der offizielle Internetauftritt der Stadt Freiburg www.freiburg.de bundesweit den zweiten Platz in der Teilwertung e-Partizipation (Bürgerbeteiligung im Internet) hinter dem Auftritt der Stadt Bonn. CSC untersuchte die Webseiten der 50 größten deutschen Städte sowie der 16 Bundesländer. Lob erhielt die Stadt besonders für die Beteiligung bei Stadtplanung und Bauen. Hier hat das für den Internetauftritt verantwortliche Presse- und Öffentlichkeitsreferat gemeinsam mit dem Stadtplanungsamt sämtliche Bebauungspläne im Verfahren, deren Status sowie Beteiligungsverfahren und -möglichkeiten online aufbereitet. Wörtlich heißt es in der Studie: "Die Stadt Freiburg im Breisgau zeigt, wie umfänglich e-Partizipation im Bereich Stadtplanung umgesetzt werden kann. Mit rund 220 000 Einwohnern zeigt das Rathaus, wie vorhandene Informationen für den Bürger umfassend und verknüpft aufbereitet werden können. Auf der Übersichtsseite der Bebauungspläne werden dem Bürger mehrere Varianten der Navigation angeboten. Je nach Bearbeitungsstand eines Bebauungsplans, findet der Nutzer Informationen über Planungskonzepte, Flächennutzungspläne, Umweltgutachten und Beschlüsse. Darüber hinaus stellt die Gemeinde Dokumentationen zu abgeschlossenen Projekten zur Verfügung."
5.6.2010, Stadt Freiburg
http://www.csc.com/de

 

Online-Anlaufstelle für Dienstleister: Einheitlicher Ansprechpartner

Das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald bietet einen neuen Service an. Künftig wird es aufgrund der EU- Dienstleistungsrichtlinie einen sogenannten "Einheitlichen Ansprechpartner" geben, über den
Dienstleistende alle Verfahren und Formalitäten online abwickeln können. Konkret heißt das: Wer zum Beispiel eine Gaststätte eröffnen möchte, muss in Zukunft nicht mehr von einer Behörde zur nächsten gehen, um die entsprechenden Genehmigungen zu bekommen. Mit dem einheitlichen
Ansprechpartner will die Europäische Union Dienstleistungsanbietern den Zugang zu den Märkten in allen Mitgliedsstaaten vereinfachen. Es soll sichergestellt werden, dass sowohl Erbringer als auch Empfänger von Dienstleistungen effektiver von den Grundfreiheiten des Niederlassungsrechts und des freien grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs profitieren können. Die uneingeschränkte Nutzung
des Binnenmarktes soll vor allem auch für kleinere und mittlere Unternehmen gewährleistet werden. Per Gesetz müssen die Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern die Aufgaben des einheitlichen Ansprechpartners übernehmen. Den Stadt- und Landkreisen ist es frei gestellt, eine solche Stelle einzurichten. Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald hat diese Option genutzt, um bürgerfreundlich und frühzeitig die Antragsteller beraten zu können. Die Anträge können  elektronisch eingereicht werden, das Landratsamt steigt damit in das sogenannte E-Government ein. Dadurch werden vollständig papier- und medienbruchfrei abgewickelte Genehmigungsverfahren über das Internet
möglich. Im Zuge der Einführung des Einheitlichen Ansprechpartners hat das Landratsamt gleichzeitig auch die Informationsplattform "service-bw" auf der Startseite der Homepage integriert. Unter der Rubrik "Bürgerservice" findet sich das einheitliche Portal und gleichzeitig der Link zum Einheitlichen Ansprechpartner. Informationen zum Einheitlichen Ansprechpartner: www.breisgau-hochschwarzwald.de
14.12.2009, E-Mail: ea@lkbh.de

HUWY.EU: Fraunhofer-Institut entwickelt E-Partizipation

Mit dem Projekt Hub Websites for Youth Participation (HUWY) will die Europäische Kommission das Interesse an E-Partizipation wecken. Bei HUWY lernen die Jugendlichen zunächst in Workshops, wie sie Diskussionen moderieren und Informationen zusammenführen können. Direkt danach geht es in die Diskussionsphase: Die Jugendlichen können in Eigenregie die für sie interessanten Themen über Chancen und Risiken des Netzes benennen und diese auf den von ihnen genutzten Plattformen - zum Beispiel in sozialen Netzwerken und auf Webseiten von Jugendorganisationen - diskutieren. Die Ergebnisse dieser dezentralen Diskussionen werden schließlich auf der Webseite von
> Moderatoren zusammengetragen. Die Diskussionsergebnisse, Anregungen, Ideen und Gesetzesvorschläge werden dann politischen Entscheidern zur Verfügung gestellt. Begleitet wird das Projekt vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), das bereits für den Deutschen Bundestag das Modell der E-Petition mit entwickelt hat.
http://www.huwy.eu , 29.10.2009

 

"Yes, we can" ist besser als "Kein Staat zum Verlieben"

60 Jahre Bundesrepublik Deutschland
Setzt unser Staat nicht die Menschenwürde an die erste Stelle politischer Verantwortung und bürgerschaftlichen Verhaltens? Ist er nicht ein gefestigter Rechtsstaat mit einer auch international anerkannten Verfassung und Rechtsprechung? Funktioniert nicht das Gemeinwesen mit seiner eingespielten Organisation politischer Kräfte und seiner demokratischen Entscheidungsfindung dynamisch und erfolgreich? Gibt es in diesem Staat nicht ein klares und breites politisches und bürgerschaftliches Engagement für die Notleidenden und weniger Erfolgreichen? Hat nicht das Konzept des nachhaltigen Wirtschaftens und der Generationengerechtigkeit einen hohen Stellenwert? Und vieles Positive mehr! Was sind gegenüber all diesen strukturellen Stärken konjunkturelle Probleme in der Wirtschaft oder die einer Demokratie inhärenten Konflikte und Herausforderungen des Interessenausgleichs? Rechtfertigen sie Pessimismus? Ist es nicht besser zu sagen: "Yes, we can" und "Just do it!"? Oder wie man in Hamburg sagt: "Quassel nich, dat geit!"? Ja, und auch sich in diesen Staat zu verlieben – in einer stillen aber tätigen Weise, und ohne Überheblichkeit und unangebrachten Stolz?  
BZ-Leserbrief vom 6.6.2009 von Klaus-Walter Riechel, Freiburg

Leserbrief zum Artikel von Thomas Hauser vom 23.5.2009
http://www.badische-zeitung.de/meinung/kommentare/tagesspiegel-kein-staat-zum-verlieben--15323264.html

 

 

 

 

Das alte Dorf verschwindet: Strukturwandel im ländlichen Raum

Gunter Mahlerwein beschreibt den Wandel ländlicher Siedlungen in Baden-Württemberg

Die Moderne ist in der Stadt zu Hause. Aber in den vergangenen 50 Jahren hat sie wohl am stärksten das Dorf verändert. Das gilt insbesondere für Regionen, die vergleichsweise spät von der Industrialisierung erfasst worden sind - wie weite Teile Baden-Württembergs. Hier hat eine Art Aufholjagd stattgefunden, die die traditionellen Stadt-Land-Unterschiede weitgehend eingeebnet hat. Von einem "Aufbruch im Dorf" zu sprechen, ist deshalb gewiss nicht falsch: In der Zeit sei den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat sich die wirtschaftliche, soziale und damit kulturelle Basis des Dorfes grundlegend gewandelt. Aber war es wirklich ein Aufbruch? Setzte so etwas nicht ein Ziel voraus, zu dem man aufbrechen will? Oder sind die Dörfer nicht einfach mitgerissen worden von der Modernisierung? Die moderne Stadt ist in zahllosen Büchern und Ausstellungen gefeiert worden. Wenn dagegen über die jüngste Geschichte es Dorfes berichtet wird, dann ist die Rede von Verlust und Preisgabe. Die Gegenreaktion kam prompt: In den 80er und 90er Jahren wurde das Dorf als vermeintliche antistädtische Idylle wieder entdeckt und mit Fachwerk und Blumenschmuck herausgeputzt. Doch hinter dieser Fassade gab es längst keine Landwirtschaft mehr. Gunter Mahlerwein, selbstständiger Historiker, der bereits mehrfach über Dorfgeschichte gearbeitet hat, steht der Sinn nicht nach dieser Nostalgie, aber auch nicht nach Jammern. Zumal sich die Rechnung auch anders aufmachen lässt, wie er im Schlusswort seines Buches andeutet: Es wurden Freiräume gewonnen gegen den Zwang, der das Leben im alten Dorf regelte. Mahlerwein beschreibt generalisierend und dennoch stets anschaulich bleibend den Entwicklungsprozess, den die baden-württembergischen Dörfer in der Summe seit 1950 genommen haben. Dieser Prozess ist untrennbar verknüpft mit dem Verschwinden der Landwirtschaft. Es gibt in vielen Dörfern kaum noch ein bäuerliches Leben, weil der Anteil der Landwirte für die meisten Einwohner unter die Wahrnehmungsschwelle gerückt ist. Gewiss ist dies von Region zu Region unterschiedlich: Im Hochschwarzwald prägt der bäuerliche Alltag noch weit stärker die Dorfgemeinschaft als etwa in Bollschweil, dem Dorf bei Freiburg, aus dem eine Reihe der Illustrationen in Mahlerweins Buch stammen. Auch die Landwirtschaft selbst hat sich verändert: War sie früher ein Familienunternehmen, führen heute in der Hälfte der Nebenwerbsbetriebe die Frauen allein das Geschäft. Und der Vollerwerbsbauer braucht heute, Großbetriebe ausgenommen, keine Knechte und Mägde mehr, sondern schafft alleine oder mit seiner Frau zusammen. Und die Veränderung der Landwirtschaft ist noch lange nicht abgeschlossen. Industrieansiedlungen und neue Wohnhäuser, deren Bauformen nicht an ländlichen Traditionen, sondern an Haustypen der städtischen Vororte anknüpfen, sind Ausdruck der Veränderung des Dorfes. Während früher die Arbeitskräfte der Landwirtschaft in die Städte abwanderten, setzte in den 60er Jahren die Zuwanderung von Menschen ein, die zwar in der Stadt arbeiteten, aber preisgünstige Bauplätze auf dem Land suchten und fanden. Das Dorf hatte plötzlich Integrationsprobleme mit seinen Neubürgern. Trotzdem, so Mahlerwein, haben sich die dörflichen Normen für das Zusammenleben länger behauptet als die Landwirtschaft und die dörfliche Sozialstruktur. Das gilt für die Vereinskultur wie für die Politik, die auf dem Dorf immer noch an Personen und nicht ans Parteien gebunden ist. Aber Mahlerwein hätte nur sein Fotomaterial, mit dem das Buch so reichlich ausgestattet ist, näher studieren müssen: Die Kleidung, insbesondere die der Frauen, verändert sich — und hält doch nicht Schritt mit der städtischen Mode. Darin zeigt sich die verzögerte Modernisierung, aber auch die weiter funktionierende soziale Kontrolle: Auf dem Dorf ist man sich, zumindest unter der alteingesessenen Bevölkerung, immer noch einig, was sich schickt und was nicht. Diese Werte vertritt die ältere Generation, und jeder Generationswechsel lässt sich deshalb unmittelbar am jeweiligen Haus ablesen: Geht es ans Erben, wird häufig die letzte landwirtschaftliche Nutzung aufgegeben, wird das Anwesen verkauft oder umgebaut. Im Dorf bestehen Tradition und Moderne nebeneinander.
Wulf Rüskamp , 28.5.2008, BZ

Gunter Mahlerwein: "Aufbruch im Dorf. Strukturwandel im ländlichen Raum Baden-Württembergs nach 1950." Verlag J. B. Metzler, Stuttgart. 232 Seiten; 49,95 Euro.

 

Demografie-Spiegel: Kommunen vergleichen Sozialdaten online

Jetzt lassen sich mit einem Mausklick Daten für jede Gemeinde des Landes im Internet abrufen: mit dem Demografie-Spiegel. Das "deutschlandweit einzigartige Informationssystem für die Analyse des demografischen Wandels" stellten gestern Staatsrätin Claudia Hübner und die Präsidentin des Statistischen Landesamts, Carmina Brenner, vor. Damit sollen die Kommunen den Wandel gestalten können.

Der Demografie-Spiegel zeigt Daten zu Alters- und Bevölkerungsstruktur, wie viele Menschen zu- und wegziehen, Statistiken zu Wohnen, Familie und Beruf, Wirtschaft, Bildung sowie Schulden der Gemeinde oder Kaufkraft der Einwohner. Mit den Grafiken und Tabellen hat man auf einen Blick den Vergleich zu Kreis- und Landesdaten. "Es gibt nirgendwo ein ähnlich umfassendes, detailliertes und gleichzeitig leicht verständliches Instrument. Damit sind wir bundesweit Vorreiter" , sagte Hübner, Staatsrätin für demografischen Wandel. In ihrem Auftrag hat das Statistische Landesamt von jeder Kommune alle Daten, die für die Bevölkerungsentwicklung wichtig sind, zusammengestellt und aufbereitet. Das neue interaktive Angebot kann jeder mit Online-Zugang nutzen. Vor allem aber soll es den Kommunen helfen, ihren demografischen Standort zu bestimmen und eine vorausschauende Politik zu entwickeln, erläuterte Hübner. Gerade für kleinere Gemeinden sei es oft eine Herausforderung, wichtige Einflussfaktoren und vorhandene Zahlen umfassend und fundiert zu analysieren. Sich auf den Bevölkerungswandel einzustellen, dem Trend zur alternden Gesellschaft gar entgegenzuwirken, sei nur möglich, wenn auch bekannt sei, was sich verändere. Auf welchen Politikfeldern eine Gemeinde aktiv werden sollte, um unter Berücksichtigung des demografischen Wandels zukunftsfähig zu bleiben oder zu werden, das hänge nicht zuletzt von den eigenen Zielen ab. "Gut und schlecht gibt es beim Demografie-Spiegel nicht" , sagte Carmina Brenner. Ausdrücklich wolle man "kein Ranking, keine Noten". Gleichwohl liegt im Vergleich der Situation der eigentliche Reiz des landesweiten Überblicks. Der besteht aus zwei Teilen: Auf der einen Seite lassen sich Alters- und Bevölkerungsstruktur abrufen. Auf der anderen gibt es für Kommunen über 2000 Einwohner zusätzliche Infos zu sechs Themenfeldern wie familienfreundliches Wohnen, Integration ausländischer Mitbürger oder kommunale Finanz- und Kaufkraft. Und die werden durchaus mit günstig, mittelmäßig oder ungünstig gekennzeichnet. Der Vergleich, wie es andernorts aussieht, könne Ansporn für eigene Initiativen oder Anregung für Netzwerke sein.

Die Region angeklickt - Beispiele
Spieglein, Spieglein vom Statistikamt, wer ist die beste Gemeinde im Land? Diese Frage kann das neue Online-Angebot zwar nicht beantworten. Aber dafür viele interessante Fakten über die Kommunen liefern. So erfährt man zum Beispiel, dass 5,4 Prozent der Offenburger jünger als sechs Jahre und 20 Prozent älter als 65 sind — im Jahr 2025 werden dies fünf und 25,6 Prozent sein. Während es ben den Arbeitsplätzen vergleichsweise günstig aussieht, gilt die Kaufkraft der Einwohner als eher ungünstig.
Emmendingen soll in zehn Jahren erstmals wieder weniger Einwohner haben als heute (gut 26 000) . Das Angebot an familiengerechtem Wohnraum ist im Vergleich zum Landesdurchschnitt eher ungünstig; dafür sieht es mit Sport- und Grünanlagen gut aus.
Der Anteil der Naturflächen und die Branchenvielfalt zum Beispiel sind in Titisee-Neustadt relativ hoch; allerdings auch der Schuldenstand mit etwa 2000 Euro je Einwohner, der Durchschnittswert im Landes liegt bei gut 900 Euro.
In Lörrach, wo 1000 Frauen statistisch betrachtet im Jahr 44,6 Kinder zur Welt bringen, lag der Anteil der unter Dreijährigen in den Kindergärten vergangenes Jahr bei 7,2 Prozent. Der Landeswert wird im Demografie-Spiegel mit 9,5 Prozent angegeben.
In Bad Säckingen sind 41,6 Prozent aller Frauen im erwerbstätigen Alter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das wird als vergleichsweise ungünstig gewertet; die Steuerkraft dagegen als positiv.

9.5.2008, www.siedkurier.de, Demografie-Spiegel: www.statistik-bw.de

 

 

NachbarNET - Adressvermittlung zur Nachbarschaftlichen Hilfe in Basel

"Im Herbst 1997, beim Start des Projektes wurde als Träger des NachbarNET ein gleichnamiger Verein gegründet, dessen Statuten folgenden Zweckparagraphen enthalten: "Der Verein NachbarNET bezweckt die Förderung nachbarschaftlicher Zusammenarbeit im Alltagsleben, insbesondere in Formen, an denen sich Menschen aus verschiedenen Gesellschaftskreisen beteiligen können, unabhängig von Alter, beruflicher Stellung etc. Diesen Zweck verfolgt der Verein durch den Betrieb eines unentgeltlichen Adressvermittlungsdienstes, welcher in der ganzen Stadt Basel Personen miteinander in Verbindung bringt, die am gleichen Gemeinschaftszweck interessiert sind und in der Nähe voneinander wohnen."

www.nachbarnetbasel.ch , 6.12.2007

 

 

Repräsentative und direkte Demokratie "maßgeschneidert" verbinden

Vorschläge für eine Reform des demokratischen Systems

Die Debatte um eine Reform unseres demokratischen Systems wird seit langem hauptsächlich zwischen zwei Polen geführt: Den Vertretern einer repräsentativen Demokratie und denen einer direkten Demokratie. Beide Seiten führen gute Argumente ins Feld, für die eigene Sicht - und gegen die andere. So wird gegen eine repräsentative Demokratie unter anderem eingewandt, dass sie die Menschen bevormunde und entmündige, in vielen Entscheidungen sogar gegen ihren ausdrücklichen, artikulierten Willen handele. Dagegen wird die direkte Demokratie als utopisch abgestempelt, da es den meisten Menschen im Alltag an Zeit, Fachwissen und vor allem an Interesse fehle, zu jeder Detailfrage in unserer hochkomplexen Gesellschaft eine Position zu beziehen. Beide Seiten führen wichtige Punkte auf – ein unlösbares Patt? Zwar gibt es einige Ansätze, diese Polarisierung aufzubrechen (z.B. Bürgerentscheide in repräsentativen Systemen), meist stellen sie jedoch "nur" Mischformen dar, welche die obigen Einwände kaum entkräften. Daher soll es hier um einen alternativen Reformvorschlag gehen, um eine Verbindung von repräsentativer und direkter Demokratie. Ziel ist also eine Kombination beider Demokratieformen, welche nicht auf einen Kompromiss hinausläuft, sondern ihre jeweiligen Vorteile uneingeschränkt übernimmt. Darüber hinaus soll den Wählern die volle Gestaltungsfreiheit ihrer politischen Partizipation überlassen bleiben. Dazu soll im Folgenden eine Demokratiereform skizziert werden, die auf eine Erweiterung um zwei Grundsätze hinausläuft:

1 Wer eine Stimme zur Mitentscheidung hat, soll selbst entscheiden, ob er/sie diese Stimme
a) direkt abgibt (eine Sachenfrage selbst entscheidet)
b) einem Stellvertreter (Einzelperson oder Partei) überträgt
c) nicht abgibt (sich enthält)
 
2 Wenn mehrere Entscheidungen zu treffen sind, dann sollen die einzelnen Wähler für jede einzelne dieser Entscheidungen frei unter den drei oben genannten Partizipationsformen wählen dürfen.

Das Ziel dieser Grundsätze ist, dass jede wahlberechtigte Person die Freiheit hat, sich direkt, indirekt oder gar nicht an den politischen Entscheidungen zu beteiligen:

- Die Anhänger einer umfassend direkten Mitbestimmung werden jede einzelne Entscheidung selbst treffen und direkt ihre Stimme abgeben.
- Die "Mix-Wähler" werden bei einzelnen (ihnen wichtig erscheinenden) Fragen oder ganzen Themengebieten selbst entscheiden wollen. Für sonstige Entscheidungen können sie fallweise Personen oder Parteien ihres Vertrauens wählen beziehungsweise sich der Stimme enthalten.
- Andere Wahlberechtigte werden ihre Stimme immer – aber durchaus fallweise an verschiedene - Stellvertreter oder Gruppen von Stellvertretern (Partei) überantworten, sich also für gebündelte Pakete von politischen Forderungen entscheiden, wie sie auch heute in umfangreichen Wahlprogrammen festgehalten werden.
- Einige Wahlberechtigte werden sich bei verschiedenen Entscheidungen enthalten oder generell "Nichtwähler" bleiben.

Das Endergebnis der politischen Entscheidung ergibt sich somit aus der Auszählung direkter Einzelstimmen, sowie aus den indirekten (von gewählten Repräsentanten verwalteten) Einzelstimmen. Die Enthaltungen entfallen. Eine einzelne Abstimmung könnte z.B. so aussehen:

- 30 % wählen direkt
- 50 % übergeben ihre Stimme an Stellvertreter (wovon z.B. 30 % der Wahlberechtigten ihre Stimme immer an Stellvertreter geben und die anderen 20 % nur für diese spezielle Abstimmung ihre Stimme an Stellvertreter übertragen haben)
- 20 % der Wahlberechtigten geben gar keine Stimme ab.

Das Abstimmungsergebnis würde sich folglich aus den direkten Stimmabgaben und den Stellvertreter-Stimmen (z.B. Parteien) zusammensetzen.

Zwei Regelungen sollen für die Wahlen gelten:

- Jede(r) Einzelne kann seine bevorzugten Wahlmöglichkeiten bis auf weiteres festlegen und zu jedem beliebigen Zeitpunkt widerrufen. Wählt beispielsweise jemand bisher immer direkt, kann er jederzeit für bestimmte Entscheidungen bestimmte Repräsentanten beauftragen. Genauso ist es jederzeit möglich, seinen jeweiligen Repräsentanten die Stimme zu entziehen, um sie anderen Repräsentanten zu geben oder die anstehende(n) Sachfrage(n) selbst zu entscheiden.
- Neben der endgültigen Entscheidung über die Gesetzesvorschläge sollten die beiden Grundsätze auch für die Mitgestaltung der Gesetzesvorschläge gelten, um jeder Person die Möglichkeit zu geben daran selbst zu partizipieren oder einen Repräsentanten zu betrauen.

Einige weitere wichtige Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung:

- Breiter (passiver und aktiver) Zugang zu relevanten Informationen und Bildung als gesellschaftlich garantiertes, einklagbares Grundrecht jeder/s Einzelnen
- Weiterentwicklung bereits bewährter Mechanismen, wie
- umfassender Schutz der Grundrechte
- konsequente Anwendung des Subsidiaritätsprinzips (damit bleiben z.B. regionale Belange unter regionaler Kontrolle, was zu einer Entlastung und Entmachtung zentraler Entscheidungsstrukturen führt)
- Transparenz- und Informationspflicht staatlicher Institutionen
- verschiedene Mehrheits-Definitionen (wie 1/2, 2/3, 3/4) je nach Fragestellung für einfache Gesetze bis hin zur Verfassungsänderung
- klar definierte Handlungsspielräume für gewählte Repräsentanten, falls direkte Partizipation technisch und praktisch (noch) nicht möglich ist (z.B. Delegierte für Verhandlungen, konkrete Ansprechpersonen nach Außen)
- Diskussion über die Einführung neuer Maßnahmen, wie
- ein gewisses Stimmenminimum als Voraussetzung für endgültige Abstimmungsvorschläge (um einer Überlastung der Abläufe vorzubeugen und um zu garantieren, dass zuerst über jene Vorschläge abgestimmt wird, welche die Wahlberechtigten als am dringendsten und wichtigsten erachten)
- eine transparente Neuordnung der Finanzierung von Repräsentanten und Parteien
- die Installation einer "zeitlichen Verzögerung" mit dämpfender bzw. stabilisierender Wirkung im (nun dynamischeren) politischen Entscheidungsprozess ("Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird")
- gewählte Gremien um die alltägliche Verwaltung zu koordinieren (z.B. Ministerien). Die Wahlberechtigten entscheiden auch, welche Sachfragen zur Abstimmung gelangen und welche der Verwaltung übertragen werden sollen.
- Eventuell: Schrittweiser Übergang in den ersten Jahre dieser Reform, wie z.B. eine
- temporäre Übernahme einer "absoluten" Verfassung
- zeitweilige Ausklammerung bestimmter Themen

Technische Umsetzung und Risiken
Heutige Kommunikations-Möglichkeiten und -Infrastruktur machen die oben skizzierten Ideen auf allen Entscheidungsebenen weltweit realisierbar. Selbstverständlich empfiehlt es sich, besonders gesicherte, dezentrale Strukturen zu wählen. Jedoch werden mit einer (mindestens teilweise) elektronischen Wahl trotz aller Sicherheitsvorkehrungen neue Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, was problematisch ist und bleibt. Deshalb appellieren wir, aufgrund heutiger technischer Sicherheitsbedenken nicht die Idee an sich zu verwerfen, sondern noch intensiver als bisher an einer Reduzierung der Missbrauchsanfälligkeit zu arbeiten. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass weder die herkömmliche manuelle, noch die elektronische Wahl einen totalen Schutz vor Wahlfälschungen bieten können. Ähnlich wie z.B. beim Online-Banking sollte deshalb eine Risiko-Nutzen-Abwägung getroffen werden, welche durch die Entwicklung entsprechender Sicherheitsstandards vielleicht schon in naher Zukunft zugunsten einer elektronisch unterstützten Wahl ausfallen könnte.

Zusammenfassung
Entgegen dem Anschein, der oft durch die öffentliche Debatte erweckt wird, schließen sich direkte und repräsentative Demokratie nicht zwangsläufig aus. Warum also nicht ihre viel diskutierten Schwächen umgehen und ihre jeweiligen Stärken in einem System kombinieren? Anstelle des gegenwärtigen "One-size-fits-all-Zwangs" ermöglicht die "maßgeschneiderte" Demokratie eine für jedes Individuum frei gestaltbare politische Partizipation. Die genannten Forderungen, Rahmenbedingungen und Gegenargumente (siehe Anhang) können hier nur kurz skizziert werden. Sie haben auch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Die zugrunde liegenden Ideen sind jedoch systematisch durchdacht und äußerst viel versprechend, weshalb sie in einem kritischen und produktiven Austausch gemeinsam weiterentwickelt werden sollten.

Christoph Freydorf und Michael Kömm , 22.1.2007
Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24455/1.html, 29.1.2007

Anregungen und Kritik sind willkommen! E-Mail: Massgeschneiderte.Demokratie (at) googlemail.com

 

Anhang: Entkräftigung häufiger Gegenargumente

"Bereits jetzt kann jeder Mensch frei wählen!"
Nein. Heute stehen alle 4-5 Jahre ein paar "Bündelentscheidungen" zur Wahl. Wer z.B. die Steuerpolitik von Partei A, die Umweltpolitik von Partei B und die Wirtschaftspolitik von Partei C gut findet, muss sich für das Gesamtpaket von entweder A, B oder C entscheiden - und steht damit vor dem Dilemma, seinen Interessen teilweise zuwider handeln zu müssen!

"Es kann kein Zufall sein, dass sich weltweit die repräsentative Demokratie durchgesetzt hat."
Aus historischen Prozessen lässt sich keine Legitimität für die eine oder andere Ordnung des gesellschaftlichen Zusammenlebens ableiten. Trotzdem lohnt sich ein kurzer Blick auf die geschichtlichen Umstände beider Demokratieformen. Schon Erzählungen über die alten griechischen Stadtstaaten zeigen uns, dass direkte Demokratie ihre Wurzeln in

- übersichtlichen Gemeinschaften mit
- ebenso überschaubaren, lokalen Themenfeldern hat.

Dagegen führt uns das Beispiel der US-Amerikanischen repräsentativen Demokratie vor Augen, wie sich im Falle von

- schwer überbrückbaren räumlichen Entfernungen und
- vielen politischen Fragen fern jeglicher Alltagswirklichkeit der meisten Menschen

die Ernennung von möglichst vertrauenswürdigen, im Gemeinsinn handelnden und als kompetent angesehenen Stellvertretern als praktikabel erweisen konnte. Diese historischen Restriktionen sind unter den heutigen Umständen nicht mehr gegeben:

- immer weniger vollkommen übersichtliche, autonome Gemeinschaften
- kaum noch intuitiv überschaubare, rein lokale Themenfelder
- Menschen reisen in Stunden, Informationen in Sekunden um die Erde
- an lokaler Stelle getroffene politische Entscheidungen können weltweite Auswirkungen haben und Milliarden von Menschen betreffen. Deutliche Beispiele hierfür sind die Nutzung von Atomkraft und Atombombe.

"Die Parteien abzuschaffen, kann keine Lösung sein!"
Die Parteien werden keineswegs abgeschafft, sie haben nur kein "Monopol" mehr. Durch die direkt-demokratische Alternative für jeden Wähler entsteht ein Wettbewerb, der die zur Wahl stehenden Repräsentanten (einzelne Personen gleich wie Parteien) noch mehr fordert, ihre Politik den Wählern überzeugend zu präsentieren. Dazu kommt ein sanfter Druck auf die Parteien, ihre innerparteilichen Strukturen transparenter und basisfreundlicher zu gestalten.

"Einige Personen könnten öfter abstimmen und damit mehr Einfluss nehmen als andere!"
Nein. Jede Person kann sich an sämtlichen Entscheidungen beteiligen - es ist ihr nur völlig freigestellt, inwieweit sie ihre Stimme jeweils selbst abgibt beziehungsweise für (eine, mehrere oder alle) Entscheidungen einen Repräsentanten betraut. Ob direkt oder indirekt, die individuelle Mitentscheidung ist die gleiche. "Wenn jede einzelne Person Gesetzesentwürfe direkt mitgestalten dürfte, wäre das viel zu chaotisch, unübersichtlich und langwierig!" Ganz im Gegenteil: Erst die Möglichkeit zu individueller Mitgestaltung erfüllt eine zentrale Voraussetzung für einen transparenten und demokratischen Diskurs bei der Entwicklung von Gesetzesentwürfen! Heute hingegen ist der Weg zum Gesetzesentwurf aufgrund untransparenter Verhandlungen zwischen verschiedenen Parteien, Bürokraten und Lobbyisten noch sehr unübersichtlich und schwer nachvollziehbar. Natürlich sind in einer Demokratie viele unterschiedliche (und auch durchaus gegensätzliche) Interessen beteiligt, was oftmals lange und schwierige Verhandlungen bis zu einem gesellschaftlichen Kompromiss zur Folge hat. Das ist zwar unumgänglich, kann jedoch durch Massenkommunikationstechnologie und sinnfällige Regelungen zu einem effizienten Aushandlungsprozess geformt werden, z.B. durch Foren, Wikis, Präferenzlisten anstelle von Ja/Nein-Abstimmungen, Stimmen-Minimum als Voraussetzung für endgültige Abstimmungsvorschläge, etc.. "Kompetenz bei Stimmrecht/Populismusgefahr/Menschen wissen nur selten, was gut für sie ist!" Niemand kann garantieren, dass Menschen in Sachfragen wirklich die Entscheidungen treffen, welche "am besten" für sie selbst und andere sind. Allerdings kann man auch nicht garantieren, dass sie kompetente Repräsentanten wählen. Dieses Argument zielt im Grunde gegen die Idee der Demokratie an sich - egal ob in einer mehr direkten oder mehr repräsentativen Ausformung. Dies ist allerdings eine andere Diskussion.

Die Autoren möchten diesen Text nach dem Prinzip des "Copyleft" veröffentlichen. Angesichts Lizenz-Inkompatibilitäten stellen sie Nutzung und Verwertung des Textes unter den Lizenzen BY-SA und GNU-FDL frei:

Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24455/1.html, 29.1.2007
Christoph Freydorf und Michael Kömm , 22.1.2007

Anregungen und Kritik sind willkommen!
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