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Die Touristen kommen wieder - acht Monate nach dem Gau Matsuyama liegt im Südwesten Japans am Seto-Binnenmeer – mehr als 800
Kilometer Luftlinie entfernt von Fukushima, wo es am 11. März dieses Jahres
infolge eines Seebebens zu einem Reaktorunfall kam, über dessen Ausmaß es noch
heute in den Medien widersprüchliche Aussagen gibt. Auch in Freiburgs
japanischer Partnerstadt spüren sie die Folgen der Katastrophe. Touristen kamen
in die 517 000-Einwohnerstadt auf der Insel Shikoku, die Hauptstadt der
Präfektur Ehime, von da an keine mehr, auch wenn sich Teilreisewarnungen laut
Auswärtigem Amt stets auf den Nordosten der Insel Honshu – das Krisengebiet um
Fukushima – beschränkten und noch immer beschränken.
Eine große Delegation aus Matsuyama besucht FreiburgDie Partnerschaft mit der japanischen Stadt wird mit den Gästen gefeiert / Die Verbindung soll auch auf der sportlichen Ebene ausgebaut werdenFreiburg erwartet eine große Delegation aus der
japanischen Partnerstadt Matsuyama mit Bürgermeister Tokihiro Nakamura. Dessen
Vater Tokio Nakamura hat am 16. Oktober 1988, vor 20 Jahren, den
Partnerschaftsvertrag mit dem damaligen Oberbürgermeister Rolf Böhme
unterzeichnet und setzte den ersten Spatenstich für den japanischen Garten im
Seepark, ein Geschenk an die Freiburger Bürgerschaft. Vielfältige Kontakte
zwischen Schulen, Chören und Orchestern sowie Bürgerreisen bilden heute die
Basis der Städteverbindung. Matsuyama war damals Freiburgs sechste und am
weitesten entfernte Partnerstadt. Am kommenden Dienstag wird Oberbürgermeister
Dieter Salomon den heutigen Bürgermeister Tokihiro Nakamura in der
Gemeinderatssitzung begrüßen. Zum 20-jährigen Bestehen der Städteverbindung
kommt Nakamura mit einer großen Delegation nach Freiburg: Unter den mehr als 40
Teilnehmern sind Gemeinderäte, Verwaltungs- und Wirtschaftsvertreter,
Umweltfachleute sowie 16 Bürgerinnen und Bürger aus Matsuyama, die den Termin
der jährlichen Bürgerreise auf das Partnerschaftsjubiläum gelegt haben. Trotz
der Entfernung von zwölf Flugstunden sind in den 20 Jahren zahlreiche Kontakte
entstanden, die die Städteverbindung zu einer der vitalsten Freiburger
Partnerschaften gemacht haben. So veranstaltet unter anderem der Freiburger
Bachchor seit 1994 Konzerte mit dem Bachchor Matsuyama, der Freiburger Jazzchor
ist mehrfach bei Konzertreisen in Japan in der Partnerstadt aufgetreten und das
Philharmonische Orchester Freiburg, die Freiburger Jadghornbläser und die
Domsingknaben standen ebenso schon auf Bühnen in Matsuyama wie die Ratspfeifer
und die Rathausmusik.
Norihiko Nakaoka neuer Vertreter Matsuyamas in Freiburg
Wer etwas über Freiburgs Partnerstadt Matsuyama
erfahren möchte, schaut sich am Besten erst einmal ihr Wappen vor dem Neuen
Rathaus an. Die schwarz-weißen, eher abstrakten Linien haben eine besondere
Bedeutung, erklärt Yuji Hisai: An Schriftzeichen angelehnt, mit denen der Name
der Stadt geschrieben wird, sind zwei Kieferbäume (Matsu) auf einem Berg
(Yama) dargestellt. Zweieinhalb Jahre hat Yuji Hisai als Vertreter von
Matsuyama in Freiburg verbracht — als einzige Partnerstadt leistet sich die
japanische Metropole mit einer halben Million Einwohnern einen ständigen
Vertreter in Freiburg. Nun muss Hisai zurück und übergibt die Nachfolge an
Norihiko Nakaoka, der vor zwei Wochen in Freiburg eingetroffen ist. Womit
beschäftigt sich ein hauptberuflicher Vertreter einer japanischen Stadt im
Breisgau? Darüber kann Yuji Hisai einiges erzählen. Im Mai zum Beispiel
reisten zum ersten Mal Freiburger Schüler (des Wentzinger-Gymnasiums) nach
Matsuyama. Yuji Hisai führte sie vorher in japanische Sitten und Gebräuche
ein, erklärte ihnen, wie man Essstäbchen benutzt und dass man "unbedingt die
Schuhe auszieht, bevor man eine japanische Wohnung betritt" . Weil man "von
Freiburg einiges lernen" könne, hielt Yuji Hisai während seines Aufenthaltes
auch Ausschau nach guten Ideen: Die Freiburger Ökostation inspirierte die
Japaner zu einem eigenen Umweltbildungszentrum. Norihiko Nakaoka, der neue
Vertreter Matsuyamas in Freiburg, wünscht sich, dass "der Kontakt zwischen den
beiden Städten noch mehr über die Bürger läuft und nicht nur über die
Behörden" . Im Umweltbereich wollen Breisgauer und Japaner noch enger
zusammenarbeiten, und zum 20-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft 2008
plant Nakaoka eine gebührende Feier. Ach ja, und Deutsch lernen möchte er bis
zum Ende seines Aufenthaltes auch. Fehlt nur noch das Büro: Seit die
Freiburger Tourist Information, in dessen Gebäude sich das alte Info-Büro der
Stadt Matsuyama befand, in das Neue Rathaus gezogen ist, hat Norihiko Nakaoka
— trotz der Anstrengungen der Stadtverwaltung - noch keinen Platz gefunden, um
seinen Schreibtisch dauerhaft aufzustellen. Freiburger Schülergruppe in Japan - begeistert von FreundlichkeitDas erste "konnichiwa" mit guten Wünschen für
den Tag machte es unmissverständlich klar: Die 16 Schülerinnen und Schüler des
Wentzinger-Gymnasiums waren vor einer Woche nach einer rund 22-stündigen
Reise in der Freiburger Partnerstadt Matsuyama in Japan angekommen. Die 13
Mädchen und drei Jungen der 10. und 11. Klasse erwidern den Besuch von
japanischen Schülern aus Highschools in Matsuyama, die seit einigen Jahren im
Kontakt mit dem Wentzinger-Gymnasium regelmäßig Freiburg besuchen.
Notarzt Frank Koberne in
Matsuyama
Markt der Partnerstädte auf dem Rathausplatz Freiburg - Impressionen
Zu Bild (1):
Matsuyama und Freiburg .... Begonnen hat’s mit einer schönen Geste: Matsuyama, Zentrum japanischer Gartenbaukunst, spendete 1989 der neuen deutschen „Schwester“ nicht nur das Know-How für die Gestaltung und die Pflege eines japanischen Gartens im Seepark. Vielmehr stiftete Matsuyama auch gleich einen finanziellen Beitrag in Höhe von 250000 Mark ( etwa 125 000 Euro). Dass die partnerschaftlichen Beziehungen dann fast noch schneller als der japanische Garten auf einen grünen Zweig kamen, lag freilich auch an den kommunalen Bemühungen, die Begegnungen nicht auf der isolierten Ebene offizieller Rathausdelegationen verdorren zu lassen. So hat Freiburg Stadtverwaltung mehrfach Bürgerreisen nach Matsuyama organisiert und durch Fahrtkostenzuschüsse gefördert, und die japanische Stadt hat für die Freiburger Gäste nicht nur die Hotelkosten übernommen, sondern auch Aufenthaltsprogramme organisiert und finanziert. Sport-Teams wie der FFC oder Musikgruppen wie die Ratspfeifer spielten in der fernen Partnerstadt auf; Frauengruppen oder bildende Künstler pflegten regen Austausch; die Bachchöre beider Städte besuchten sich gegenseitig und musizierten gemeinsam. Indes haben sich neben den menschlichen und kulturellen Kontakten auch die Wirtschaftsbeziehungen gefestigt: Seit etwa zwei Jahren sind die Industrie- und Handelskammern durch eine offizielle Partnerschaft verbunden. Von heute auf morgen kam das nicht. Vor 15 Jahren schon begannen Freiburger Betriebe damit, auf der jährlichen Verbrauchermesse in Matsuyama Präsenz zu zeigen. Mit Weinen oder Kuckucksuhren, Holzspielzeug oder Solartechnik. Umgekehrt zeigt Matsuyama immer wieder auf der Badenmesse Flagge. Mit Reiswein oder getrocknetem Fisch, mit Spielwaren oder Perlenschmuck. Von Beginn an bekam die Städtepartnerschaft freilich vor allem dadurch Rückenwind, dass Freiburg in Japan als die europäische Umwelthauptstadt gilt. Nachdem japanische Medien ihr Augenmerk auch auf Themen wie Mülltrennung und Recycling gerichtet hatten, reisten – ganz ohne Partnerschaftsförderung aus den Rathäusern – wieder und wieder Delegationen aus allen Teilen Japans an, die sich hier fachkundig zu machen suchten und bald wachsendes Interesse an der Solartechnik bekundeten. Seit 1998 schon gibt’s im internationalen Handelszentrum von Matsuyama ein „Freiburger Büro“, in dem eine deutsch sprechende Japanerin, die ihr Gehalt aus Freiburg bezieht, für Touristen und Unternehmer Kontakte vermittelt. Umgekehrt ist seit 1999 ist bei der Freiburg-Info am Rotteckring ein kleines Matsuyama-Büro angesiedelt, in dem Japaner, die in Freiburg leben, über ihr Land unterrichten und den japanischen Gästen Fragen über Freiburg beantworten. Und seit vier Jahren ist in Freiburgs Rathaus permanent ein Mitarbeiter aus Matsuayama beschäftigt, der – finanziert von seiner Heimatstadt – die Entwicklungen in Freiburg beobachten und zu Hause schildern soll. Übrigens: Im April 1999 wurde in Matsuyama
Tokihiro Nakamura zum Stadtoberhaupt gewählt. Er ist der Sohn jenes Mannes,
dank dessen Beharrlichkeit anno 1988 eine Städtepartnerschaft zu blühen
begann, die – allen einstigen Unkenrufen zum Trotz – inzwischen schöne
Früchte trägt.
Links Bild (3) oben © by freiburg-schwarzwald.de, Update 19.11.11 |