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L'viv - Partnerstadt von Freiburg
    

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Freiburg in Deutschland mit
L'viv in der Ukraine ... 

Blick nach Norden vom Münsterturm zu Rappen (links) und Stadtbibliothek am 18.3.2006

Wappen von Lviv im Strassen-Pflaster beim Rathaus in Freiburg am 29.9.2006 Ulyana Levchyshyn (links) und Maria Iwanyschyn (Künstlerin, Eiermalen) am 14.6.2007
Blick vom Münster zum Markt - mehr Wappen von Lviv im Strassen-Pflaster beim Rathaus in Freiburg am 29.9.2006 Ulyana Levchyshyn (links) und Maria Iwanyschyn (Künstlerin, Eiermalen) am 14.6.2007

Freundeskreis Freiburg-Lviv e.V.
 
Maria Steinle, Freundeskreis Freiburg-lviv am Rathausplatz  
Maria Steinle, Freundeskreis Freiburg-lviv am Rathausplatz 20.5.2006    

Seit 24. August 1989 ist Lemberg, die größte Stadt in der westlichen Ukraine, Freiburgs Partnerstadt. Fast ebenso lang engagieren sich verschiedene Gruppen für die Region, 80 km von Polens Ostgrenze entfernt. Dass Hilfe aktuell Not tut, bestätigen der Freundeskreis Freiburg-Lviv e.V. und der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes.

Freundeskreis Freiburg-Lviv e.V.,
c/o Maria Steinle, Tel 0761/135135, hfaller39@web.de

Spendenkonto "Freiburg-Küche Lviv" 2294209, BLZ 68050101, Sparkasse Freiburg

DRK Kreisverband, Arbeitskreis Auslandshilfe, Udo Pfistner, Telefon: 0 76 64/5 98 00,
Spendenkonto 20 31 307 bei der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau


 

20 Jahre Städtepartnerschaft Freiburg–Lemberg: Hilfe dringend benötigt

Die Lage in der Ukraine ist prekär: Das Nachbarland von Neu-EU Mitglied Polen ächzt im Jahr 18 nach Lossagung der zweitgrößten Sowjetrepublik von der UdSSR unter einer schweren Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Inflationsrate liegt bei 22 Prozent. „Man kann alles kaufen, aber es ist für die Menschen dort sehr teuer. Besonders Rentner und kinderreiche Familien benötigen dringend Hilfe", sagt die Vorsitzende des Freundeskreis Freiburg-Lviv e.V., Maria Steinle.

Seit die direkten Pakettransporte eingestellt wurden und um Geldspenden gebeten wird, ist das Spendenaufkommen aus Freiburg drastisch zurückgegangen. Dabei – so Maria Steinle – ist dies der einzig sinnvolle Weg: Wer regelmäßig einen nicht zu großen Geldbetrag („20 bis 25 Euro sind durchaus genug", so Steinle) spendet, trägt zu einer gleichmäßigen Versorgung mit im Land produzierten und gekauften Lebensmitteln bei. Darüber hinaus hält der Verein die direkte „Brücke von Mensch zu Mensch" als Zeichen der Bindung für überaus sinnvoll. Patenschaften werden vom Freundeskreis gerne vermittelt. Auch Reisen in die Partnerstadt mit offenen Augen und wachem Gemüt fördern Kontakte und Austausch. So hält es auch der „Arbeitskreis Auslandshilfe" des DRK-Kreisverbands Freiburg, der sich seit fast 20 Jahren um Menschen kümmert, die noch immer keinen ausreichenden sozialen Schutz erfahren.
Unter Leitung des Lemberg-Kenners Udo Pfistner bereisten 20 ehrenamtliche Mitarbeiter aus Breisgauer DRK Ortsvereinen in den Pfingstferien Einrichtungen in der Freiburger Partnerstadt und der galizischen Nachbarschaft. Halbwaisen, Straßenkinder, in Not geratene junge Mütter und Kinder aus wirtschaftlich oder ökologisch besonders belastetem Umfeld gehören ebenso zu den Adressaten der Rotkreuz-Hilfe wie ehemalige Häftlinge aus Konzentrationslagern und schwer behinderte Menschen. Die Arbeit lebt von der Kooperationsbereitschaft beider Seiten. Udo Pfistner, der bereits acht Jahre in Lemberg gelebt hat, verbringt einen Großteil seines Urlaubs er mit der ehrenamtlichen Tätigkeit für die Auslandshilfe. „Wir wollen unsere Partner vom Ukrainischen Roten Kreuz in den Stand ersetzen, aus eigener Kraft etwas zu bewirken", sagt Pfistner. So steht bei Besuchen der Delegationen aus der Regio dort und hier immer die Frage im Mittelpunkt: „Welche Aufgaben können wir konkret anpacken?" Danach wird gehandelt. Denn das ferne Land in der Mitte Europas hat Probleme, die das reiche Westeuropa nicht mit einer Kleidungs-Entsorgungs-Mentalität beanworten darf.

Sigrid Hofmaier, 31.7.2009, www.freiburger-wochenbericht.de


Eine Reise nach Lemberg bietet Avanti Busreisen vom 21. bis 30. August an: Tel 07 61/3 86 58 80, www.avantireisen.de.

 

Ohne Suppenküche und Paketbrücke: Lviv braucht dringend Unterstützung

Vor einem Jahr schloss der Freundeskreis Freiburg-Lviv die von ihm in der ukrainischen Partnerstadt getragene Suppenküche, wo täglich an die hundert bedürftige Menschen eine Mahlzeit bekommen hatten (die BZ berichtete). Da die Not im früheren Lemberg jedoch immer noch groß ist, wie die Freundeskreis-Vorsitzende Maria Steinle weiß, fließt weiter Unterstützung in Freiburgs Partnerstadt. Bei Renten zwischen 600 und 900 Hrywnja (60 bis 90 Euro) sind viele nach wie vor auf Hilfe aus Freiburg angewiesen, da sie Mieten zwischen 400 und 700 Hrywnja zahlen müssen. Im vergangenen Jahr schickte der Freundeskreis deshalb Pakete im Wert von mehr als 11 000 Euro nach Lviv, finanziert mit Spenden aus Freiburg.
Mittlerweile ist die Paketbrücke jedoch abgebrochen. Stattdessen geht das Spendengeld direkt an eine Partnerorganisation in der Ukraine. Dort werden Pakete mit den notwendigsten Lebensmitteln wie Öl, Haferflocken, Buchweizen gepackt. "Die Pakete werden den alten und bedürftigen Menschen in die Wohnung gebracht, was sie sehr schätzen", sagt Maria Steinle. Insgesamt hat der Freundeskreis über 550 Adressen von alten, behinderten, armen und studierenden Menschen, die einmal im Vierteljahr ein solches Paket bekommen sollen. Welche Freude die Gaben bereiten, hat die stellvertretende Vorsitzende Barbara Attia gerade selbst in Lviv erlebt. "Eine Rentnerin hat sich zum Beispiel sehr über zwanzig Euro gefreut – nicht zuletzt deshalb, weil auch der Strom immer teurer wird."
Was Maria Steinle wundert: Seit der Freundeskreis von Paket- auf Geld-Patenschaften umgestellt hat, fließt die Unterstützung spärlicher. "Viele hier haben selbst weniger oder meinen, den Menschen in Lviv gehe es heute besser als früher." Das gelte nur für jene, die Arbeit haben – "aber das sind nicht unsere Leute". Der Freundeskreis sucht deshalb neue Paten und Patinnen für bedürftige Menschen in der ukrainischen Partnerstadt. Wie notwendig dort ein Paket im Wert von 25 Euro aus Freiburg ist, wird in Briefen wie diesem deutlich: "Bei uns kostet das Leben zu schwer und zu teuer."
30.5.2009, Freundeskreis Lviv

 

Lviv Fashion Week: Mit Boris Marberg zu Modewoche, Modelworkshop

Anfang Februar wird Boris Marberg ins ukrainische Lviv fahren — der Mode wegen. Denn Lviv, davon ist der 35-jährige Freiburger Fotograf und Jurist überzeugt, ist von Freiburgs Partnerstädten diejenige, die in den Bereichen Mode, Kreativität und Fotografie zu den attraktivsten gehört. Anfang März findet dort nun erstmals die "Lviv Fashion Week", eine Modewoche statt, an der auch junge Freiburger Designer mitmachen sollen.

Eigentlich arbeitet Boris Marberg als Jurist im Rechtsdienst der Schweizer Gewerkschaft Unia in Basel. Doch seine Leidenschaft ist Fotografie: Er fotografiert seit seiner Kindheit, seit einiger Zeit vor allem Menschen und Kleidung. Vor fünf Jahren hat er zusammen mit Studienkollegen die "Freiburg Connection" aufgemacht — Leute, die sich bei einem Uni-Fotostammtisch getroffen haben und sich für Portraitfotografie und Modeaufnahmen begeistern. "In Freiburg ist das nicht einfach" , meint Marberg, "dafür ist die Stadt einfach zu klein." Dennoch hat sich in den vergangenen Jahre mit der "Freiburg Connection" ein Netzwerk an Fotografen und Modellen entwickelt, das sich als Gegenbewegung versteht — außerhalb der üblichen Strukturen in Vereinen oder Agenturen. Seit Februar vergangenen Jahres hat sich dieses Netzwerk mit 40 Aktiven auch digital organisiert.
Dort kam auch die Idee auf, mit anderen jungen Kreativen aus Freiburgs ukrainischer Partnerstadt Lviv zusammenzuarbeiten. "Ganz frech" hat Boris Marberg, als er im Internet von der Modewoche in Lviv las, bei der Ansprechpartnerin vor Ort, Daria Yankovska, angerufen. Die war aufgeschlossen — und nun ist konkret geplant, mit Designern aus Lviv ein weiteres Netzwerk zum Austausch aufzubauen. Die Idee dahinter ist, dass Kollektionen aus Lviv in Freiburg präsentiert werden könnten und umgekehrt. Auch sollen unter Federführung der Freiburger Fotografen Andreas Stickel und Dean Spanring Fotografen- und Modelworkshops organisiert werden. Auch Foto-Ausstellungen in den Bereichen Kunst und Mode sollen wechselseitig auf die Beine gestellt werden.

"Lviv hat, ähnlich wie Basel, eine Hochschule, die einen Design-Studiengang anbietet", sagt Marberg. "Nun sind wir auf der Suche nach Leuten in Freiburg und Lviv, die sich an den Projekten beteiligen wollen." Wenn er demnächst in die Ukraine reist, hat er im Gepäck Kleider der jungen Freiburger Designerinnen Sarah und Cathrin Bayer. Vielleicht können die ja auf der Modewoche präsentiert werden. Dort zeigen vor allem junge Designer aus den östlichen Staaten — etwa Ungarn, Georgien, Bulgarien oder Polen — ihre Entwürfe. Unterstützung hat sich Marberg auch bei der Freiburger Stadtverwaltung im Referat für Internationale Kontakte geholt, wo Ariane Hötzer für die Netzwerk-Idee in Lviv geworben hat — mit Erfolg. "Weitere Hilfe ist aber immer willkommen", so Marberg, "denn leider ist es in Freiburg noch nicht angekommen, dass es auch in Lviv Kunst und Kreatives zu sehen gibt." Anders in der Ukraine: Dort, sagt Marberg, sei die Idee begeistert aufgenommen worden. "Auch wenn enorme Sprachbarrieren zu überwinden sind."
Simone Lutz , 7.1.2008, BZ

Infos zur Modewoche in der Ukraine: Daria Yankovska (nur auf englisch) per Email daria@lvivfashionweek.com  oder bei Boris Marberg per Email lviv@marberg.de 

 

Dank an Heinz Eckert: Ein Herz für die Ukraine

"Sternzeit" ist das Motto einer Serie der Breisgauredaktion in der Adventszeit. Wir stellen Menschen vor, die etwas Gutes getan haben oder tun und bei denen sich ein Leser dafür bedanken möchte. Die Redaktion schließt sich dem Dank an und überreicht einen Weihnachtsstern. Heute: Manfred Kaufmehl dankt Heinz Eckert in Kirchzarten.

Wes das Herz voll ist . . . Heinz Eckert braucht man nur das Stichwort Ukraine zu geben, und dann sprudelt es aus ihm heraus. Seit gut 15 Jahren schlägt sein Herz für die Ukraine, das heißt für Menschen, denen es nicht besonders gut geht und denen er auf vielfältige Weise hilft. Begonnen hat alles 1991 im Zug von Freiburg nach Hinterzarten. Seine Frau Elisabeth, die viele Dreisamtäler noch von Französischkursen in der Volkshochschule kennen, wurde von einer ukrainischen Mutter, die mit einem schwer kranken Kind nach St. Blasien unterwegs war, nach dem Weg gefragt. Ljuba heißt das Mädchen, dem die Familie Eckert sofort half und für das sie in den Folgejahren immer wieder Geld beschaffte, damit Ljuba zu Behandlungen nach Hinterzarten kommen konnte. 1999 reiste Heinz Eckert zum ersten Mal in die Ukraine, nach Lemberg (Lviv) und Ternopil, im Gepäck Hilfsgüter und Geld. Es folgten zahlreiche weitere Reisen, bei denen er unter anderem ein Krisenzentrum für Familien in Ternopil finanziell unterstützte. Es gelang ihm sogar, Geld von der Aktion "Ein Herz für Kinder" von der Bildzeitung zu bekommen. In Freiburg arbeitet er mit Schwester Inge vom "’s Einlädele" zusammen, die sich vor allem um Straßenkinder in Lemberg kümmert. Der heute 73-Jährige war viele Jahre Fahrer der Finanzverwaltung. Jetzt im Ruhestand arbeitet er mit Freude im Wald, macht Holz und bekommt so auch etwas Geld für seine Hilfsprojekte. "Ich helfe meistens spontan" erzählt er, "das Geld, das ich ausgegeben habe, hat mir auch nie leid getan." Und er freut sich, wenn er sieht, wie junge Menschen, denen er hilft, selbst initiativ werden und versuchen, ihre Zukunft zu gestalten.
5.12.2007, BZ


 

Freiburger ensemble recherche in Kiew und in Lviv

Der Beifall will nicht enden. Auch Juri Andruchowytsch, der Star am ukrainischen Literaten-Himmel, klatscht begeistert. Mit ihm sind rund 200 Menschen ins Kiewer Goethe-Institut gekommen. Das viel zu wenige Stühle gestellt hat. Auf der kleinen Bühne gibt das Freiburger ensemble recherche sein erstes Konzert in der ukrainischen Hauptstadt. Am Abend darauf, im "Haus der Gelehrten", sein zweites. Und ein paar Tage später ist es auch in Freiburgs Partnerstadt Lviv zu hören.

Marmorsäulen an den Wänden, holzgetäfelter Fußboden, golden schimmernde Ikonen — die St. Lazarus-Kirche erfüllt an diesem Abend nicht altehrwürdiger orthodoxer Chorgesang. Stattdessen füllt das ensemble recherche den Kirchenraum aus mit Kompositionen von Manuel Hidalgo, Marc André, Salvatore Sciarrino, Hans Abrahamsen, Yuval Shaked, Wolfgang Rihm. In der Ukraine nicht gerade geläufige Namen zeitgenössischer Komponisten. Dennoch ist das Kirchlein mit gut 150 Menschen "ausverkauft". Der Name des Ensembles hat sie hierher gebracht. Und dieser Name hat in Lviv einen guten Klang. Die Musicae und Musici aus Freiburg haben hier mittlerweile einen richtigen "Fanclub". Seit gut zwölf Jahren sind sie regelmäßig zu Gast in der westgalizischen Stadt und bringen jedes Mal Neue Musik mit. Die die Ensemble-Mitglieder selbst "entdecken" oder die ihnen "auftragsgemäß" auf die Instrumente geschrieben wird. Schließlich ist der Name Programm, erklärt Melise Mellinger, mit ihrer Violine von Anfang an (1985) dabei: "Wir sind auf der Suche nach neuen Stücken und nach uns selbst." Was jedoch das Ohr für andere nicht verschließt. Also reist das Ensemble seit 1994 in Freiburgs ukrainische Partnerstadt. "Wobei wir uns von Anfang an klar waren" , sagt Martin Fahlenbock, "nicht nur Konzerte zu geben, sondern auch Meisterklassen anzubieten." Damit nicht genug, lächelt der Flötenspieler: "Wir haben auch kistenweise Noten geschickt, weil sie Studierenden hier noch immer kein Geld haben, um sich Noten kaufen zu können." Geschweige denn Instrumente, die den Herausforderungen Alter und Neuer Musik gerecht werden. Das wird auch bei den Meisterklassen diesmal hörbar. Weil im Lemberger Konservatorium keine Proberäume zur Verfügung stehen, wird der Unterricht einfach ins Hotel "Georges" verlegt, wo das Ensemble untergebracht ist. So kriechen unter der Zimmertür von Barbara Maurer samtene und schrille Viola-Klänge hervor. Und hinter der Tür von Nummer 14 ist unüberhörbar Jaime González mit seiner Oboe zu Hause.
Dreieinhalb Stunden lang arbeitet er an diesem Nachmittag mit drei Schülern. Dem 22-jährigen Denis Hrynov muss er zuerst mal die Oboe so richten, dass aus ihr auch die Töne herauskommen, die die Noten vorgeben. Für den 23-jährigen Jurij Litun hat er den Rat parat: "Du bist verkrampft, deine Zunge ist zu hart, bleib´ locker!" Und zur Auflockerung gibt´ s gleich noch ein Schmankerl dazu: "Man sagt, dass Oboisten durch den Druck im Kopf verrückt werden — was die Leute aber nicht wissen: Wenn man sich entschieden hat, Oboist zu werden, ist man schon verrückt." So "verrückt" ist auch Viktor Bilas. Der 25-jährige Lemberger nahm voriges Jahr schon an den Sommerkursen des ensemble recherche in Freiburg teil. Jetzt übt er im Hotelzimmer mit Jaime González eine Bach-Sonate. Und muss sich sagen lassen: "Er war eigentlich ein guter Komponist — da muss man nichts dazu machen." Gleichwohl ist Viktor Bilas von seinem Vorbild begeistert. "Jaime weiß einfach mehr als alle meine Lehrer hier am Konservatorium. Er ist der Beste, und am liebsten würde ich bei ihm in Freiburg weiterstudieren — wenn da nicht die Probleme mit dem Geld wären." Kostenlos nimmt er am Ende immerhin mit, was der Freiburger Oboist gleichsam als musikalisches Grundgesetz verinnerlicht hat: "Der Interpret muss empfinden, damit das Publikum empfindet."

So, wie zum Beispiel in der St. Lazarus-Kirche. Auch hier will der Applaus nicht enden. In den Ohren Martin Fahlenbocks ist es ein Beifall der Anerkennung für "die Qualität unserer Arbeit — und das ohne Chef" . Allerdings verschweigt er auch nicht, dass diese Arbeit immer schwerer wird. Stadt und Land steuern mit ihren Zuschüssen gerade mal dreizehn Prozent des Jahresumsatzes (etwa 550 000 Euro) bei. "Ohne den Freundeskreis des Ensembles und das Morat-Institut wären etwa unsere Freiburger Konzerte undenkbar." Auch die Reise in die Ukraine (und im Frühjahr nach Tiflis, Georgien) wäre ohne Finanzierung durch die Bundeskulturstiftung nicht möglich gewesen. "Sechzig Konzerte im Jahr, dazu noch CD-Aufnahmen — da sind wir viel unterwegs." Wobei es Martin Fahlenbock neben der Musik besonders fasziniert, "dass ich mit Kolleginnen und Kollegen arbeite, mit denen ich gern unterwegs bin" . Und mit denen auch Juri Andruchowytsch gern zusammen auftritt. "Endlich hatte ich die Möglichkeit, in einem gemeinsamen Programm aufzutreten — die Träume verwirklichen sich" , sagt er nach dem Abend im Kiewer "Haus der Gelehrten" (zu dem auch der Freiburger Walter Mossmann Texte von Heinrich Heine, Georg Büchner, Hugo von Hofmannsthal und Paul Celan beisteuert). Denn, schwärmt der ukrainische Schriftsteller: "Seit 1994, als ich zum ersten Mal das ensemble recherche in Lemberg gehört habe, bin ich von seiner Kunst sehr stark fasziniert." Aus dem Mund des Leipziger Buchpreis-Trägers 2006 ein Lob, das in den Ohren des Ensembles wie Musik klingt.

26.8.2006, Badische Zeitung


 

Wohltätige Küche Freiburg versorgt täglich hundert Menschen mit Essen

Seit 1989 ist die westukrainische Stadt L´ viv Partnerstadt Freiburgs. Zwei Jahre später wurde die Ukraine als Staat von der Sowjetunion unabhängig. Was nicht heißt, dass sie auch auf eigenen Füßen stehen konnte. Es fehlte an allem. Und so richtete der Freundeskreis Freiburg-L´ viv schon bald im früheren Lemberg eine Suppenküche ein — die bis heute jeden Tag Menschen mit einer warmen Mahlzeit versorgt.


Das kleine Schild neben der Eingangstür weist darauf hin. Unter dem in Ukrainisch geschriebenen Motto des Freundeskreises “Wir bauen eine Brücke” steht “Wohltätige Küche Freiburg” . Etwa hundert Kinder, Frauen und Männer erhalten hier täglich zwischen 10 und 12 Uhr ein kostenloses Essen. Viele von ihnen können noch selbst kommen. Andere, die zu krank, zu alt sind, bekommen ihr Menü nach Hause gebracht, von Nachbarn oder von Mitarbeiterinnen der Küche. Der etwa 60 Quadratmeter große Speiseraum mit seinen zehn Holztischen ist an diesem Spätvormittag von der Sonne durchflutet. Auf jedem Tisch eine kleine Vase mit Margeriten, Glocken- und Kornblumen. Sofija Ryndik, eine der drei Köchinnen, serviert Suppe, Fleisch, Kartoffeln, Gemüse, Dessert. “Ich bin dankbar, dass ich mit meinen dreiundfünfzig Jahren zwei Jahre vor der Rente diese Arbeit habe.” Umgerechnet 60 Euro verdienen die drei Frauen hier. Diesen Lohn bringt der Freundeskreis ebenso auf wie das Geld für die Lebensmittel, die die L´ viver Caritas für die Suppenküche besorgt. Noch dankbarer als Sofija Ryndik sind freilich jene, die jeden Tag zum Essen hierher kommen. Die Altersspanne reicht vom vierjährigen Jungen bis zur neunzigjährigen Frau. Ihnen allen ist ihre Armut nicht auf den ersten Blick anzusehen. Alle sind sauber gekleidet — dank vieler Kleiderspenden. Doch nicht nur den Spendern danken sie. Bevor sie zu essen beginnen, wenden sie sich stehend einer Madonnen-Ikone zu und sprechen ein Dankgebet. Dann essen sie schweigend.
Die junge Frau mit einer Behinderung, die jeden Tag mit ihrer alten Mutter kommt. Beide haben nur eine kleine Rente, erzählt sie. Und die müssen sie fast vollständig für die benötigten Medikamente ausgeben. Oder die Mutter mit ihren drei Kindern. Oder der Enkel mit seiner Oma. Oder der alte Mann, der trotz der sommerlichen Temperaturen an der linken Hand einen Wollhandschuh trägt. Oder die 48-jährige Arbeitslose, die sagt: “Wenn es diese Hilfe nicht gäbe, wäre ich mit meinen Kindern schon tot.” Oder die 61-jährige Rentnerin Lida Wazyk, die nicht nur “die Sauberkeit der Gaststätte” lobt, sondern auch das Essen: “Es ist alles sehr gut.”

Sie alle gehören zu den Verlierern der Unabhängigkeit vor 15 Jahren. Die natürlich auch ihre Gewinner hat. Maria Ivanytska erzählt als Beispiel die Geschichte ihres Großvaters. Der hatte vor der “Wende” 1991 mühsam 10 000 Rubel zusammengespart — genug, um sich ein kleines Häuschen fürs Alter zu kaufen. Und dann konnte er sich von einem auf den anderen Tag für das Geld gerade noch eine Scheibe Brot kaufen. Wo das Geld geblieben ist? Die Deutsch-Dozentin beobachtete damals: “Plötzlich waren in jenen Tagen viele Komsomolzen und Parteifunktionäre Besitzer von Kinos und Restaurants.” Auch die Menschen, die jeden Tag in die “Wohltätige Küche Freiburg” kommen, haben sich ihre Armut nicht selbst ausgesucht. Und sie haben eben keine jungen und kräftigen Verwandten, die im Ausland arbeiten und ihre Familien in der Heimat versorgen. Unterschiedliche Schätzungen sprechen von zwei bis sieben Millionen Ukrainern (von insgesamt etwa 47 Millionen), die in Italien, Portugal, Spanien, Polen oder in der Tschechischen Republik ihr Geld verdienen, einen Großteil davon nach Hause schicken — und damit dort ungewollt die Mietpreise in die Höhe treiben. Die Gäste der Suppenküche sind dagegen auf die Hilfe des Freundeskreises aus Freiburg angewiesen, der mittlerweile etwa 500 Familien in L´ viv unterstützt und es 250 jungen Leuten, die Waisen sind, ermöglicht zu studieren.

“Es ist so, dass ich keine Eltern mehr habe” , sagt Natalia Kwytsch, “und umso notwendiger ist es, dass sich jemand um mich kümmert, mich unterstützt.” Oder wie es Wiktoria Krylowa ausdrückt: “Obwohl der Staat uns hilft, sind die Pakete aus Freiburg für uns sehr nötig.” Oder Anna Pavlikova: “Das ist ein richtiges Fest für jeden von uns, solche Geschenke zu erhalten.” Und alle sagen sie Danke. So, wie sich die Menschen in der Suppenküche für ihre täglichen Festessen bedanken, wieder und wieder — bis sich der Gast aus dem reichen Freiburg betreten verabschiedet

Gerhard M. Kirk. Alles vom 29.6.2006 auf www.badische-zeitung.de lesen

 

Lwow, Lviv bzw. Lemberg und Freiburg

Noch zu Zeiten des Ost-West-Konflikts hatte Freiburgs OB Rolf Böhme angeregt, die 1987 besiegelte Partnerschaft mit der US-amerikanischen Stadt Madison durch die Partnerschaft mit einer sowjetischen Kommune zu ergänzen. Seine Signale wurden in Bonn verstanden, und im Januar 1988 sandte der sowjetische Botschafter Julij Kwinszinskij dem Freiburger Rathaus ein Schreiben, in dem er Lwow als geeignete Partnerstadt für Freiburg empfahl.

Im November darauf machte sich eine von der Deutsch-Sowjetischen Gesellschaft geführte Freiburger Delegation auf „Brautschau“. Mit Erfolg: Am 24. August 1989 wurde in Freiburg die Partnerschaftsurkunde unterzeichnet. Sichtlich bewegt hatte Böhme damals von einer „historischen Stunde“ gesprochen. Und, so hatte sein Amtskollege Bogdan Kotik in Freiburg ergänzt, „wir haben eine kleine Tür aufgemacht in unserem gemeinsamen europäischen Haus“. Indes durfte auch noch nach der Gegenzeichnung des Vertrages im April 1990 in der neuen und siebten Partnerstadt noch gerätselt werden, ob nun von Lwow, Lviv oder Lemberg gesprochen werden sollte. Monate zuvor noch hatte Gernot Erler als Vorsitzender der Deutsch-Sowjetischen Gesellschaft befunden, dass fortan das ukrainische Lviv dem russischen Lwow vorzuziehen sei, auf das Wort Lemberg aber solle verzichtet werden, wiewohl in diesem Namen die gemeinsame habsburgische Geschichte anklinge. Als dann im Oktober 1990 OB Böhme mit seinem Amtskollegen Kotik im Historischen Kaufhaus einen „Plan der Zusammenarbeit“ unterzeichnete, war in den Medien zwar noch immer von Lvov die Rede. Gehisst aber war da bereits die blau-gelbe Fahne der Ukraine. Im August 1991 erklärte der Staat sich als unabhängig, und im Rheinkieselwappen vor Freiburgs Rathaus wich das „o“ dank flinker Pflästererarbeit rasch einem „i“. Und mit dem Namen Lviv lebte fortan auch die Bezeichnung Lemberg in friedlicher Koexistenz

Es gab in jener Frühphase der Partnerschaft ja auch weit Wichtigeres als die Klärung der politisch korrekten Namensnennung. Schon im Januar 1990 hatte der Industrie-Manager Klaus Mangold die dramatische Versorgungslage in Freiburgs neuer Partnerstadt erkannt, und er hatte Betriebe wie auch Institutionen, Vereine und Privatleute dazu aufgerufen, zur Minderung des sozialen Leides beizutragen. Seine Alarmrufe verhallten nicht ungehört: Die Spenden flossen. Und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Das Rote Kreuz transportierte Hilfsgüter ostwärts, die Feuerwehr half mit, der Verein „Frauen bauen eine Brücke“ packte mit an, Freiburger Handwerker machten sich auf den Weg, um marode Wasserleitungen und Abwasserkanäle von jahrzehntelanger Verstopfung zu befreien... Und die von Freiburg nach Lviv rollenden Hilfskonvois, mit denen Lebensmittel und Medikamente, Kleidung und medizinische Geräte in die Metropole der Westukraine gekarrt wurden, rissen ebenso wenig ab wie die „Paketbrücke“. Freiburger kümmerten sich um die wachsende Zahl hungernder Straßenkinder in Lviv, und sie sorgten dafür, dass eine „Suppenküche“ täglich 200 warme Mahlzeiten für die Ärmsten der Armen servieren kann. BZ-Aufrufe zu Fastenaktionen brachten Geld ein, ebenso Benefizkonzerte, Weihnachtsbasare.

Partnerschaft als soziale Einbahnstraße? Fast schien es so. Der Archiv-Aktenordner mit BZ-Beiträgen über Lwow, Lviv oder Lemberg nahm im Laufe der 90er-Jahre bald mehr Gewicht an als die Sammelbände mit Artikeln über so altvertraute Partnerstädte wie Innsbruck oder Padua zusammen, und viele dieser Beiträge schilderten den Bau von Hilfsbrücken von hüben nach drüben.

Gottlob aber gibt’s auch eine Fahrspur von drüben nach hüben. Und die westukrainische Stadt muss sich längst nicht mehr mit der Bettlerrolle abfinden. Etliche Folkloregruppen, Instrumentalensembles und Chöre aus Lviv haben in den zurückliegenden Jahren das kulturelle Leben Freiburgs bereichert.

In den frühen 90er-Jahren, als die Partnerschaft mit dem einst sowjetischen Lvov noch als kleine Sensation empfunden wurde, musste man im Freiburger Rathaus einige Geduld aufbringen, um bei Austauschprojekten Ansprechpartner in der Ukraine zu finden. Günter Burger vom „Referat für internationale Kontakte“ erinnert sich: „Damals wurde ein Telefongespräch erst nach vielen Stunden vermittelt.“ Nun freilich stehen beide Seiten nicht mehr auf der langen Leitung. Wie „normal“ der partnerschaftliche Austausch inzwischen ist, macht eine kleine Umbenennung deutlich: Der Verein, der einst mit dem Namen „Frauen bauen eine Brücke“ seine mütterlich-fürsorgliche Zielsetzung angedeutet hat, heißt heute schlicht: „Freundeskreis Freiburg-Lviv“.

Inzwischen haben sich Schulpartnerschaften gebildet, und weil an vielen Schulen in der Westukraine Deutsch als erste Fremdsprache gelehrt wird, gibt’s laut Burger beim Schüleraustausch kaum Sprachprobleme. Die Universitäten beider Städte pflegen – insbesondere im Bereich Forstwissenschaft – enge Kontakte. Die Freiburger Handwerkskammer hat – in Kooperation mit gewerblichen Schulen – nun in den Monaten Mai und Juni fünf junge Handwerker aus Lviv zur Fortbildung eingeladen. Und die Stadt Freiburg zahlt allmonatlich ein Stipendium in Höhe von 620 Euro für einen ukrainischen Studenten (oder eine Studentin), der oder die sich in Lviv erfolgreich darum beworben hat, zwei Semester lang in Freiburg studieren zu dürfen. Das Interesse an der Partnerschaft mit Freiburg ist in der einst galizischen Habsburgerstadt Lemberg lebhaft. So lebhaft, dass sich nun auch das Rathaus von Lviv eine eigene Partnerschaftsstelle zur Koordination der vielfältigen Austauschprojekte leistet.
Reinhard Lessner am 6.9.2005 auf
www.bzol.de 

Junge Kantorei Freiburg beim Partnerchor in Lemberg/Ukraine >Gesang2 (6.4.2006)

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