Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Landwirtschaft - Infos zur Landwirt-Seite
  

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 Blick von der Lindlehöh ob St.Peter ins Glottertal
 

 

Nachdenken über Landwirtschaft

Die siebte Tagung "Kultur im Gewächshaus" in Eichstetten / Kultur als Pflege des Bodens 

"Es ist einigermaßen spannend, eine Gärtnerei in ein Kulturzentrum zu verwandeln", erklärt Andrea Hiß zu Anfang der Tagung. Dabei hat sie darin schon einige Übung, denn es war ja nicht die erste Ausgabe von "Kultur im Gewächshaus". Siebenmal hatte dieses Ereignis, zu dem Leute aus Südbaden, aus ganz Deutschland, aber auch aus Südtirol, Österreich und der Schweiz anreisen, bereits in der Gärtnerei von Andrea und Christian Hiß in Eichstetten am Kaiserstuhl stattgefunden, und zwar gewöhnlich einmal im Jahr.
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Welcher Begriff von Ökonomie erzeugt welche Landwirtschaft? Das war vor zwei Jahren im Gewächshaus das Thema. Traditionelle Pflanzenzucht, Pflanzenveränderung durch Gentechnik: Darum ging es 2003. Und jetzt drehten sich Vorträge und Diskussion um "Geld und Landwirtschaft. Bürgernetze als Zukunftsmodell." Dabei spann sich der Bogen von der Agrarpolitik der Europäischen Union mit ihrem allumfassenden Prämiensystem zur Alltagsrealität des einzelnen (biodynamisch produzierenden) Landwirts. Oder anders gesagt: Wer ist eigentlich das Gegenüber des Bauern?
Die Behörde, bei der er seine Anträge auf Förderung abliefert, von denen er kontrolliert wird und denen gegenüber er sich rechtfertigen muss? Oder die Konsumenten mit ihrer Vorstellung von Qualität, die so Unterschiedliches wie "Stoffqualität" (was ist drin?), "Prozessqualität" (wie entstanden?) und "soziale Qualität" (unter welchen Bedingungen entstanden?) umfasst, wenn die Käufer an der Kasse denn überhaupt etwas anderes interessieren sollte als der Preisvergleich. ....

mehr auf www.demeterhof.de/kultur_im_gewaechshaus.html

  

 

EU-Agrarpolitik - Abhängigkeiten am Beispiel des Schlierberghofs

Eine gemeinsame Agrarpolitik gehörte von Anfang an zu den wichtigsten Projekten der Europäischen Union. Die Ausgestaltung dieser Politik betrifft jeden landwirtschaftlichen Betrieb, wie das Beispiel des Schlierberghofes in Ehrenstetten zeigt.

Wie hätte sich der Schlierberghof entwickelt, wenn es die Europäische Union nicht gäbe? Hätte der landwirtschaftliche Betrieb der Familie Metzger in Ehrenstetten ohne die EU eine andere Struktur? Wäre es leichter oder schwerer gewesen, über Jahrzehnte hinweg zu überleben? Mit solchen Fragen gibt sich Hans-Peter Metzger gar nicht erst ab. Er ist seit rund 40 Jahren Landwirt am östlichen Rand des zwischen Freiburg und Staufen gelegenen Dorfes. Und die Rahmenbedingungen seines Familienbetriebes wurden schon immer in Brüssel, also auf europäischer Ebene ausgehandelt. Die Landwirtschaft in Ehrenstetten und anderswo kann nicht getrennt von Europa bedacht werden.
Umgekehrt gilt: Beim Zusammenwachsen Europas ging es von Anfang an auch und gerade um die Landwirtschaft. Dabei war das Ziel unumstritten: Weg von nationalen Regelungen, hin zu einer gesamteuropäischen Agrarpolitik. Operation gelungen, Patient tot – so möchte mancher im Nachhinein böswillig urteilen. Denn so schnell und entschlossen dieses Projekt auch umgesetzt wurde – es hat einen denkbar schlechten Ruf: Der oberflächliche Beobachter registriert in erster Linie die hohen Ausgaben der EU für die gemeinsame Agrarpolitik von jährlich etwa 45 Milliarden Euro. In den Augen der Verbraucher steht die europäische Agrarpolitik außerdem nicht selten für eine hoch gezüchtete, auf Masse ausgerichtete Landwirtschaft. Und die Bauern selbst? Sie fühlen sich von jeder Maßnahme der europäischen Agrarpolitik mehr oder weniger ungerecht behandelt. Wer wollte es ihnen verdenken: Sie leisten immer mehr und schaffen es doch kaum, ihren Lebensstandard zu halten. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist in den letzten Jahrzehnten radikal zurückgegangen. Auf dem Land herrscht Existenzangst.

Auch für Hans-Peter Metzger hat das Projekt der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik nichts Beflügelndes. Er gehört zu denen, die gelernt haben, damit zu leben und sich auf immer wieder neue Vorgaben einzustellen. „Man hopst jedes Jahr von Ast zu Ast“, sagt er. Bisher haben die Äste getragen. Was wohl auch daran liegt, dass Hans-Peter Metzger von Anfang an entschlossen war, Landwirt zu bleiben. „Ich wollte eine langfristige Existenz“, betont er.
Mit dieser konsequenten Haltung und mit seiner Liebe zur Landwirtschaft hat er auch seine Kinder angesteckt. Zwei der drei Söhne wollen den Hof weiterführen, eine der beiden Töchter hat wiederum in einen bäuerlichen Familienbetrieb eingeheiratet. Eine erstaunliche Bilanz – und gegen den Trend.
Der Schlierberghof in Ehrenstetten verfolgte eine doppelte Strategie. Auf der einen Seite ließ sich Hans Peter Metzger auf die damaligen Rahmenbedingungen der europäischen Agrarpolitik ein, um damit den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern. In den 70er- und 80er-Jahren bedeutete das: Die zur Verfügung stehenden Flächen intensiv zu bewirtschaften und frei werdende Flächen dazuzupachten oder gar zu erwerben. Denn die Europäische Union unterstützte die Bauern dadurch, dass sie die Abnahme ihrer Produkte zu festen, gestützten Preisen garantierte. Je höher also der Ertrag, desto besser der Verdienst. Auf der anderen Seite bemühte sich Hans Peter Metzger schon früh, den Schlierberghof auf eine breitere Basis zu stellen – sprich: neben dem Anbau der „Marktordnungsfrüchte“ Mais und Getreide weitere Standbeine aufzubauen, die von der EU-Agrarpolitik unabhängig waren. Der Betrieb veränderte sich. Metzger begann mit der Direktvermarktung einiger Produkte – heute ist daraus ein attraktives „Hof-Lädele“ geworden. Er trennte sich von den Milchkühen und nahm stattdessen Pferde in „Pension“, die von ihm gegen Entgeld versorgt werden. Dazu kommen Weinbau und Obstbau samt Brennerei.

Von der Hungersnot zu den Butterbergen
Die bis in die 90er-Jahre hinein vorherrschende EU-Agrarpolitik erwies sich immer mehr als ein Fiasko. Weil die Landwirte um so mehr Geld bekamen, je mehr sie produzierten und gleichzeitig der technische Fortschritt in der Landwirtschaft immer höhere Erträge ermöglichte, überstieg das Angebot an Erzeugnissen mit der Zeit die Nachfrage. Die Folge waren die Butterberge und Milchseen der 80er-Jahre. Zudem konnten viele Landwirte im Kampf um die hohen Erträge nicht mehr mithalten. Aufgrund der Koppelung des Einkommens an die Produktionsmenge gab es immer mehr Großbetriebe.
Im Nachhinein liegt es nahe, diese Politik als kurzsichtig und umweltschädlich zu beurteilen. Allerdings hatten die dafür verantwortlichen Politiker der europäischen Gründerzeit ein ehrenwertes Motiv: In Europa sollte keiner mehr hungern. Angesichts der Nahrungsmittelknappheit nach dem Krieg ging es darum, die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern, um alle Menschen ausreichend und zu angemessenen Preisen mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Ziel der Agrarpolitik war es deshalb, den Bauern einheitliche und verlässliche Marktbedingungen zu schaffen. Ein vernünftiges Anliegen – solange es keine Überproduktion gab. Was die Nachgeborenen, die nur die Fülle und Überfülle des Angebots an Lebensmitteln kennen, in der Regel nicht wissen: Erst seit Beginn der 70er-Jahre kann der Bedarf an den wichtigen Nahrungsmitteln in Europa eigenständig gedeckt werden.

Die nächste Agrarreform ist bereits beschlossen
Die Wende in der europäischen Agrarpolitik kam 1992. Die Stützpreise wurden gesenkt. Als Einkommensausgleich bekamen die Bauern direkte Beihilfen, die sich nicht mehr so stark an der Produktionsmenge, sondern an der bewirtschafteten Fläche orientierten. Der Vorteil dieser Agrarreform: Der Druck, immer mehr produzieren zu müssen, hat nachgelassen.
Der Nachteil ist die Zunahme an Bürokratie. „Die Stunden am Schreibtisch sind deutlich mehr als früher“, meint Hans-Peter Metzger. Die Landwirte müssen die Bewirtschaftung jedes einzelnen Flurstücks angeben, um die entsprechenden Gelder zu beantragen. Da sich die Flächen in zahlreiche kleine bis kleinste Parzellen aufteilen, ist allein diese Antragstellung ein mühsames und langwieriges Geschäft geworden. Aber ein überlebensnotwendiges. „Ohne die EU-Mittel könnten unsere Betriebe nicht existieren“, so Metzger.
Die nächste umfassende EU-Agrarreform ist im Übrigen beschlossen. Die „Entkoppelung“ der Direktzahlungen von der Produktion wird fortgesetzt. Nicht-produktive Maßnahmen, die dem Umweltschutz und der Landschaftspflege dienen, werden stärker honoriert. Und was die konkrete Ausgestaltung dieser Politik angeht, erhalten die einzelnen EU-Staaten eine größere Eigenständigkeit als bisher.
Die Landwirte und die Europäische Union – ein zwiespältiges Verhältnis. Einerseits ist es die EU, die den Betrieben bestimmte Rahmenbedingungen und Auflagen diktiert. Andererseits stützt sie die Bauern, die für ihre Produkte von den Verbrauchern längst nicht mehr das bekommen, was sie wert sind. Gerade die Deutschen geben nämlich immer weniger fürs Essen aus. Nur noch 12 Prozent ihres Einkommens. Vor 30 Jahren waren es noch 26 Prozent. Entsprechend steigt die Macht der Aldis und Lidls – der Discounter, die zunehmend über die Preise bestimmen können. Mit diesem Problem hätten die Landwirte wohl auch zu kämpfen, wenn es die EU nicht gäbe.
Michael Winter im Konradsblatt vom 25.04.2004, www.konradsblatt.de

 

 

 

Landwirte wollen weniger düngen 

Zurückhaltung wegen des hohen Nitratgehaltes in den Böden nach dem trockenen Sommer 2003

Für überzogen hält Hubert Hugger, Leiter des Referats für tierische und pflanzliche Erzeugung im Regierungspräsidium Freiburg, die Furcht vor steigenden Nitratwerten im Trinkwasser. Die Böden weisen nach dem außergewöhnlich heißen und trockenen Sommer 2003 in diesem Frühjahr relativ hohe Nitratwerte auf. "Landwirte, Wasserversorger und Berater ignorieren die erhöhten Werte nicht", sagt Hugger. Das Trinkwasser, das die Badenova im Wasserwerk Hausen fördert, enthält 25 Milligramm Nitrat pro Liter, im Wasserwerk Ebnet sind es nur 13 Milligramm.
Im Schutzgebiet um das Freiburger Wasserwerk Ebnet werden nach Auskunft der Badenova bis zu einer Tiefe von 90 Zentimetern derzeit durchschnittlich 129 Kilogramm Nitrat im Hektar ermittelt. Im Februar 2002 betrug dieser Wert 53 Kilogramm. Im Wasserschutzgebiet Hausen befinden sich in einem Hektar Ackerboden aktuell 105 Kilogramm Nitrat.
Im Dreisamtal ist die Situation aus Sicht des Wasserschutzes günstiger als in der Rheinebene. Denn dort halten die Landwirte Milchkühe, bewirtschaften daher weitläufige Grünlandflächen und bauen Futterpflanzen an. Ob die Milchkuhhalter in diesem Frühjahr auf vollen Güllefässern sitzen bleiben? "Oh nein", sagt Paul Steinhart aus Kirchzarten-Wittental. Wir düngen deshalb verhalten an.
Silvia Faller, 3.3.2004

 

Bauern werden in St. Ulrich als Unternehmer geschult

Bauern raus aus der Jammerecke 
In St. Ulrich werden Landwirte als Unternehmer geschult - und gewinnen dadurch ein ganz neues Verhältnis zu ihrem Beruf

Fach- und Marktkenntnis, Rentabilitäts- und Kostenbewusstsein sowie Anpassungsfähigkeit und Flexibilität sind Voraussetzungen für unternehmerischen Erfolg. Eine Fortbildungsreihe mit dem Titel Bauern-und Unternehmerschulung (BUS) der Andreas-Hermes-Akademie in Bonn in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bauernverband vermittelt diese Kompetenzen auch an Landwirte in der Region Freiburg.

In der katholischen Landvolkshochschule St. Ulrich beschäftigen sich derzeit 16 Teilnehmer unter anderem mit den Grundlagen menschlicher Kommunikation. Sie sind zwischen 22 und 50, leiten als qualifizierte Landwirte oder Winzer ihre Betriebe oder werden Betriebe übernehmen und haben schon an BUS-Grundkursen teilgenommen.

Die unausgesprochenen Botschaften hinter den Worten zu erkennen und seine eigene Position im Kommunikationsprozess zu sehen, hilft in Verhandlungen mit Behörden oder Geschäftspartnern, in Gesprächen mit Mitarbeitern, Kollegen, Angehörigen oder Kunden. Ein Spiel der Trainerin zeigt: Jeder nimmt Gehörtes anders wahr, weil er Informationen wegen unterschiedlicher Erfahrungen, Wertvorstellungen, Gefühlen und unterschiedlichen Graden an Selbstbewusstsein, Neugier, Aggression oder Freude individuell interpretiert. So kommt es, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in St. Ulrich die Inhalte einer kleinen Geschichte ganz unterschiedlich interpretieren. Diese Vielfalt zu sehen und zu akzeptieren ist schon Teil des Lernprozesses.

Dass gerade Landwirte hier Nachholbedarf haben, glaubt Friedbert Schill, stellvertretender BLHV-Kreisvorsitzender aus March-Buchheim und Ansprechpartner für BUS im Verband. "Viele Kollegen stecken in ihren Betrieben fest und kennen die Abläufe und Kommunikationsweisen in der allgemeinen Geschäftswelt nicht", sagt Schill. Überdies hätten viele Landwirte nicht verinnerlicht, dass Investitionen in Bildung und persönliche Weiterentwicklung genauso wichtig seien wie Investitionen in sächliche Produktionsmittel.

Nicht ändern lassen sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die die eigentliche Produktion von Nahrungsgrundstoffen wie Fleisch, Getreide und Milch in Deutschland nahezu unrentabel gemacht haben. Und doch zeigen mehr und mehr Landwirte, dass sich mit Kreativität der Betrieb als Ort selbstständiger Existenz zukunftsträchtig entwickeln kann, sei es durch die Einrichtung von Fremdenzimmern, durch Verarbeitung der Erzeugnisse und Verkauf in einem Hofladen, Freizeit- oder Betreuungsangebote für Kinder oder ältere Menschen, durch Dienstleistungen für Kommunen oder auch durch Kooperation mit anderen Betrieben.

Solche Konzepte lassen sich jedoch nicht einfach übertragen. "Jeder muss herausfinden, was zu ihm passt. Dabei kann BUS helfen. Es hat keinen Sinn, dass jemand, der eher menschenscheu ist, einen Hofladen einrichtet", sagt Friedbert Schill.

Silvia Faller in der BZ vom 11.3.2004

  

 

"Zielstrebiger und effizienter meine Ideen umsetzen"

Seinen "Blickwinkel erheblich erweitern" konnte Walter Reber aus Vogtsburg-Niederrotweil. Sein Betrieb mit einer Fläche von 20 Hektar, von denen zehn Hektar mit Reben bestockt sind, sei "im Grunde gut aufgestellt". Was er neu gelernt habe, fasst er so zusammen: "Ich gehe viel bewusster meiner Arbeit nach und kann viel zielstrebiger und effizienter meine Ideen umsetzen." Er habe die gesamte Betriebsorganisation umgestellt, mehr Zeit für sich und die Familie gewonnen und ebenso eine weitaus höhere Arbeitszufriedenheit. Zudem habe er alle Abläufe einer Kostenkalkulation unterworfen. Gelernt habe er die eigenen Stärken und Schwächen herauszufinden, die Schwachstellen zu akzeptieren und die Stärken zu fördern.

Regina Fraß aus dem nordbadischen Lichtenau ist von der Denkweise begeistert, die über BUS vermittelt wird. Sie führt zusammen mit ihrem Mann einen Sonderkulturbetrieb und betreibt einen Hofladen. "Man geht da mit einer positiven Einstellung raus", sagt sie. Positiv zu denken sieht Markus Ernst aus Wittlingen im Landkreis Lörrach als dringend notwendig für Landwirte an. "Viele Kollegen haben sich in der Jammernische eingerichtet und sehen gar nicht mehr die vielen positiven Aspekte unseres Berufes", meint er.

Und die wären? "Ich kann in der Natur arbeiten", sagt Andreas Brombacher aus Fischingen nahe Lörrach. Und Sigrun Landerer aus Vogtsburg-Oberreitweil drückt aus, was alle Befragten denken: "Es ist die Selbstständigkeit. Ich kann selbst über meinen Zeit- und Mitteleinsatz entscheiden. Diese Herausforderung gefällt mir."

Landwirtschaft zu betreiben sei für sie und ihre Familie mehr als nur ein Beruf, es sei eine Lebensweise. Und weil Sigrun Landerer noch viele Jahre auf ihrem Betrieb leben und arbeiten möchte und zwar wirtschaftlich erfolgreich, nimmt sie an BUS teil

  

 

Forum "Pro Schwarzwaldbauern" fordert genfreie Zone

HOCHSCHWARZWALD. Das Forum "Pro Schwarzwaldbauern" macht gegen gentechnisch veränderte Organismen (GVO) mobil und fordert eine gentechnikfreie Zone Schwarzwald. Da die EU ihr Memorandum gegen die Zulassung von GVO aufgegeben hat, sei es aus Sicht des Forums höchste Zeit, wenigstens die ökologisch besonders sensiblen Bergregionen vor der schleichenden Verseuchung mit GVO zu bewahren. Nicht zuletzt um die landschaftliche Vielfalt und Eigenart als Grundlage für den Erholungswert für den Wirtschaftsfaktor Tourismus nicht zu zerstören.

Das Forum Pro Schwarzwaldbauern hat sich einem Aktionsbündnis für das Recht auf gentechnikfreie Erzeugung und Ernährung angeschlossen und sammelt Unterschriften dafür.

BZ vom 9.3.2004

Zum Forum Pro Schwarzwaldbauern

  

 

Verzerrte Preise: Konventionelle Landbau contra Ökolandbau

Verzerrte Preise erklären nach Ansicht von Thilo Bode das Scheitern der von Rot-Grün geplanten Agrarwende. Der frühere Greenpeace-Chef, der heute Geschäftsführer der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch ist, sieht darin eine Mutlosigkeit der Berliner Politik. Unser Korrespondent Bernhard Walker sprach mit Bode.

BZ: Vor drei Jahren rief Renate Künast auf der Grünen Woche in Berlin die "Agrarwende" aus. Wie erfolgreich ist die deutsche Verbraucherschutzministerin gewesen?
Bode: Mein Urteil fällt sehr verhalten aus. Zwar wird der Ökolandbau nicht mehr als Spinnerei belächelt. Und in der Frage gentechnisch veränderter Lebensmittel versucht Künast immerhin, den Verbrauchern Wahlfreiheit zu geben. Allerdings bleibt abzuwarten, was aus ihrem Gentechnik-Gesetzentwurf in den weiteren Beratungen wird. Und wenn ich auf Künasts anfängliches Ziel schaue - 20 Prozent Ökolandbau im Jahr 2010 - liegt der Misserfolg auf der Hand. Denn der Anteil liegt heute bei vier Prozent und wächst nicht so schnell, dass er sich in sechs Jahren verfünffachen könnte.
BZ: Was aber doch daran liegt, dass sich die Bürger an der Ladentheke der Agrarwende verweigern?
Bode: Nein, das ist zu simpel argumentiert. In trauter Eintracht mit dem Bauernverband stößt ja auch Künast in dieses Horn und wirft den Verbrauchern eine Schnäppchenjagdmentalität vor. Diese Publikumsbeschimpfung lenkt aber von der Tatsache ab, dass die konventionelle Landwirtschaft vor allem deshalb billiger anbietet, weil sie es schafft, die Schäden, die sie verursacht, auf andere abzuwälzen. Nach Auskunft des Sachverständigenrats für Umweltfragen ist heute nicht irgendeine Industrie, sondern die konventionelle Landwirtschaft der ärgste Verschmutzer der Umwelt. Ich erwähne nur die Stichworte Nitrate im Trinkwasser oder Zerstörung des Regenwalds durch den Import von Soja. Solange andere für die Schäden der konventionellen Landwirtschaft bezahlen, bleiben ihre Produkte billig, was wiederum die Preisschere zum Ökolandbau zementiert.
BZ: Für einen fairen Kostenwettbewerb zwischen Ökolandbau und konventioneller Produktion müsste die Ministerin heftige Konflikte mit der Agrar- und Lebensmittelindustrie in Kauf nehmen.
Bode: Genau, doch dazu fehlt ihr wie der gesamten rot-grünen Regierung der Mut. Kinder über gesundes Essen aufzuklären, tut nicht so weh. Das beste Bewusstsein ändert aber nichts an der Tatsache, dass die konventionelle Landwirtschaft der Umwelt schadet, ohne dafür bezahlen zu müssen. Das ist die eigentliche Crux, an der Künast ansetzen müsste. Leider tut sie dies nicht, sondern trägt auch noch zweifelhafte Gütezeichen wie das so genannte QS-Siegel der konventionellen Erzeugung mit. Dem Kunden wird damit vorgegaukelt, er kaufe gute Ware. Dass die Pute mit QS-Siegel aus der grauenhaftesten Massentierhaltung stammen kann, erfährt er nicht.
BZ: Was kann der Ökolandbau tun, um mehr Kunden zu finden?
Bode: Es gibt dort die Tendenz, Fleisch oder Gemüse anzubieten, das ebenso fad schmeckt wie die Ware aus der Agrarindustrie. Damit soll das Angebot so günstig werden, dass es im Preiskampf mit konventionellen Produkten bestehen kann. Wenn Öko aber nicht besser schmeckt, wird niemand Öko kaufen

BZ vom 21.1.2004

Leserbrief zum Artikel vom 21. Januar 2004:

Realitätsfremd
Offensichtlich weiß Herr Bode nicht, wovon er spricht. Wir (konventionellen) Landwirte im Dreisamtal sorgen seit Jahrzehnten und in engem Kontakt mit den Wasserversorgern durch verantwortungsvolle Wirtschaftsweise, dass die Freiburger Bevölkerung mit Grundwasser bester Güte versorgt wird. Wie ich - oder auch Frau Künast - verhindern soll, dass dem Sojaanbau anscheinend Regenwälder in anderen Kontinenten zum Opfer fallen, kann vermutlich nur Herr Bode erklären. Dem Ökolandbau vorzuwerfen, dass dessen Produkte nur deshalb nicht stärker nachgefragt werden, weil dort die Tendenz bestehe, Fleisch und Gemüse anzubieten, das ebenso fad schmecke wie die Ware aus der Agrarindustrie, ist schlichtweg dumm und geschmacklos. Während Ministerin Künast erkannt hat, dass die Schnäppchenjagdmentalität der Verbraucher den Bio- wie auch den konventionellen Bauern, ebenso aber auch dem Natur- und Umweltschutz erheblich schadet, scheint der Kenntnisstand des Foodwatch-Geschäftsführers realitätsfremd oder ideologisch verzerrt zu sein.
Matthias Maier, Kirchzarten, BZ vom 23.2.2004
Ruhbauernhof im Dietenbach bei Kirchzarten, mm.maier@t-online.de 

  



 

Junglandwirte zur Globalisierung

Warum ist Parmaschinken mehr wert als Schwarzwälder Speck? / Zukunft der Bauern diskutiert

Marianne Anselm, Vorsitzende des Südbadischen Landfrauenverbandes, hatte die Teilnehmer nach einem Patentrezept gefragt. Dies waren Wendelin Ruf, Ehrenpräsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes, Ewald Glaser, promovierter Agraringenieur und Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Zentralgenossenschaft in Karlsruhe, Hermann Witter, evangelischer Landvolkpfarrer, und Attac-Mitbegründer Rüdiger Stegemann. Moderiert von SWR-Redakteur Harald Kiefer diskutierten sie über das Thema "Auswirkungen der Globalisierung für die Junglandwirtinnen und -landwirte in Südbaden".

Dazu eingeladen hatte die Arbeitsgemeinschaft (AG) Junger Bauern im BLHV. Die AG mit ihrem Vorsitzenden Martin Ganz aus Buchenbach hat sich über die Wintermonate hinweg mit dieser Thematik auseinander gesetzt. Die Landwirte wollen sich der Globalisierung nicht entziehen, der Welthandel bedürfe jedoch einer intensiveren Steuerung, meinte Martin Ganz zum Auftakt.

Nichts anderes war auch vom Podium zu hören. "Es gibt keine Alternative zum Welthandel. Jede Volkswirtschaft oder auch jedes einzelne Unternehmen entwickelt spezialisiertes Wissen oder Kostenvorteile auf einem bestimmten Gebiet und kann dadurch besser oder günstiger produzieren als seine Konkurrenten. Die aber sind bei anderen Produkten oder Dienstleistungen besser oder günstiger. Der Austausch über den Handel ergibt in der Summe Wohlstandsgewinne für alle", sagte Ewald Glaser in makroökonomischer Betrachtung. "Wir brauchen klare Definitionen und verlässliche Kontrollen der Spielregeln", befand Hermann Witter. Die Welthandelsorganisation WTO müsse soziale und Hygienestandards, Regeln zum Tierschutz oder auch Umweltschutzvorschriften verbindlich aufstellen. Die internationalen Kommunikation hierüber sei jedoch sehr schwierig, sagte Rüdiger Stegemann. Als Beispiele nannte er gentechnisch veränderte Nutzpflanzen oder Fleisch von Tieren, die Futter mit Hormonzusätzen gefressen haben.

Wendelin Ruf schilderte die katastrophalen Bedingungen, unter denen in Asien das Geflügel gemästet werde. "Da leben Käfighühner in Europa im Luxus", sagte er, wobei er das Verbot dieser Haltungsform in Deutschland vom Jahr 2007 an begrüße. Hierbei werde jedoch sichtbar, welche Wettbewerbsverzerrungen Tierschutzregeln auslösen, wenn sie nicht überall gelten.
Angst haben die jungen Landwirte in Südbaden vor der Zukunft, war aus Beiträgen herauszuhören. Im Durchschnitt speist sich das Einkommen eines Landwirts im Land zu 40 Prozent aus öffentlichen Zuweisungen. Die Marktpreise für Rindfleisch und Milch erlauben keine rentable Produktion.

Aus den Beiträgen war herauszuhören, dass die Lösung nur darin liegen könne, weiter nach hohen Qualitätsstandards zu produzieren und noch intensiver die regionalen Märkte zu erschließen. Peter Epp, Leiter des Landwirtschaftsamtes Emmendingen-Hochburg, sprach von Versäumnissen und nannte ein Beispiel: "Parmaschinken" sei ein international teuer gehandeltes Produkt, dessen Erzeugung und Bezeichnung geschützt sei. "Schwarzwälder Schinken" hingegen könne jeder auf seine Verpackung schreiben, gleichgültig ob die Schweine im Münstertal oder in Oldenburg herangewachsen seien. "Marketing und Produktentwicklung muss gefördert werden", sagte Epp. "Das ist ein aussichtsreicher Weg und es hilft, das Einkommen der Landwirte von den öffentlichen Haushalten abzukoppeln." Optimistisch zeigte sich Ewald Glaser. "Wir hier in Mitteleuropa können Landwirtschaft unter idealen Bedingungen betreiben. Es wächst alles hier. Es geht darum, die Märkte zu erschließen

Silvia Faller am 19.2.2004 auf www.bzol.de

  

 

Tote Milchkühe - gen-manipulierter Mais unter Verdacht

Auf einem Hof im hessischen Wölfersheim sterben innerhalb von zwei Jahren zwölf Milchkühe. Sie wurden auch mit gentechnisch verändertem Bt-Mais gefüttert. Für den Landwirt liegt der Verdacht nahe: Es war der Bt-Mais, an dem seine Kühe verendet sind. Auch ein ARD-Fernsehbericht von Report-Mainz sieht gravierende Sicherheitslücken und kritisiert die Untätigkeit der Behörden. Diese halten jedoch andere Erklärungen für wahrscheinlicher: Infektionskrankheiten und Mängel bei der Zusammensetzung des Futters.
Zwischen 1997 und Februar 2002 fütterte Landwirt Gottfried Glöckner im hessischen Wölfersheim seine Milchkühe mit wachsenden Anteilen von gentechnisch verändertem Bt-Mais, den er im Rahmen von genehmigten Anbauversuchen auf seinem Hof testete. 2001 starben fünf Milchkühe, bis zum Oktober des folgenden Jahres weitere sieben. Glöckner hatte den Verdacht, der Bt-Mais könne die Ursache für den Tod seiner Kühe sein - vor allem das Bt-Toxin, welches der Mais als Wirkstoff gegen den Maiszünsler bildet und damit diesen Schädling abtötet.
Drei Monate nachdem das letzte der fünf Tiere gestorben war, informierte Glöckner das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin, das als zuständige Behörde an der EU-weiten Genehmigung des von dem Agrobiotech-Unternehmen Syngenta entwickelten Bt176-Mais beteiligt war. Das RKI leitete eine Untersuchung ein und befragte verschiedene Experten an staatlichen und privaten Forschungseinrichtungen.
http://www.biosicherheit.de/aktuell/248.doku.html


Ungeklärte Todesursache von zwölf Kühen

Der Fall der verendeten Kühe des Gentechnik-Landwirts Glöckner zeigt, wie der Konzern Syngenta und das Robert-Koch-Institut mit Bauern umspringen. Glöckner vemutet, dass der gentechnisch veränderte btMais im Zusammenhang mit dem Tod seiner Kühe steht, Syngenta hingegen schiebt jedoch der angeblich schlechten Fütterung des Landwirts die alleinige Schuld zu.

Es ist der Alptraum jedes Milch-Bauern: im Jahre 2000 verenden auf dem Betrieb Glöckner fünf Kühe innerhalb weniger Monate, im Folgejahr nochmals sieben Tiere - und die Todesursachen sind bis heute ungeklärt. Der Landwirt Gottfried Glöckner aus dem südhessischem Wölfersheim geht davon aus, dass die Tiere durch den Verzehr von gentechnisch verändertem Mais der Firma Syngenta geschädigt wurden. Glöckner war der erste Landwirt in Hessen, der auf seinen Feldern Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Kooperation mit verschiedenen Unternehmen durchführte. Schon seit 1997 baut er auch den zu Versuchszwecken zugelassenen bt176 Mais der heutigen Firma Syngenta an. Dem Mais sind mittels Gentechnik sowohl das Insektizid Bacillus thuringiensis als auch Resistenzen gegen ein Antibiotika sowie gegen ein Totalherbizid eingebaut worden. Bacillus thuringiensis ist ein Insektizid, das in seiner natürlichen Form sogar im ökologischen Landbau eingesetzt wird, seine Wirkung beruht darauf, dass sein Gift die Verdauung von Schadinsekten zerstört. Die Zusammenarbeit Glöckners mit den Gentechnikfirmen zog Kritik auf sich, seine Freisetzungsfläche war zeitweise besetzt, es gab Demonstrationen und Protestveranstaltungen an seinem Hof.
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Die Umweltschutzorganisation Greenpeace fordert vom Gentechnik-Konzern Syngenta den Mais sofort vom Markt zu nehmen. "Hier erleben wir die real existierende Praxis der Gentechnik-Überwachung in Deutschland. Wenn bei der Verfütterung eines gentechnisch veränderten Mais, der nur zur Begleitforschung freigegeben ist, ungeklärte Todesfälle auftreten, ist das Robert-Koch-Institut in der Pflicht dem nachzugehen, bis es eine schlüssige Erklärung gibt," so der Gentechnik-Experte Christoph Then von Greenpeace. Die AbL-Bundesvorsitzende und Milchbäuerin Maria Heubuch kritisiert: "In welcher Weise hier mit einem Bauern umgesprungen wird, der die Todesursache von zwölf seiner Kühe aufklären will, wirft kein gutes Licht auf den Umgang von Syngenta mit Bauern." Januar-Ausgabe der Unabhängigen Bauernstimme, 22.Dezember 2003

 
Der achte Tag
Vier Jahre pflanzte Bauer Gottfried Glöckner manipulierten Mais auf seine Felder. Er war der perfekte Verbündete der Gentech-Industrie.
Dann starben ihm fünf Kühe. Nun ist er der perfekte Verbündete von Greenpeace.

Der Spiegel vom 5.1.2004, mehr auf www.spiegel.de


Deutschland-Karte mit Freisetzungsstandorten:
http://www.arche-genoah.de/
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gen/html/freisetz/ort/standort00189.html

Landwirt Gottfried Glöckner, Im Mörsfeld 6, 06036-980140

  

 

Lebensqualität durch Nähe - Projekt mit Wittnau

Dass Menschen zusammenrücken, füreinander da sind und sich in ihrem Dorf oder Stadtteil ehrenamtlich engagieren, ist keine Selbstverständlichkeit. Voraussetzung dafür ist eine Gesprächskultur, die es erlaubt auf Augenhöhe in Beziehung zueinander zu kommen.

Einhellig formulierten diese Erkenntnis die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion am Donnerstag im SWR-Studio Freiburg zum landesweiten Projekt "Lebensqualität durch Nähe", das im Oktober 2002 aus der Initiative Landgänge hervorgegangen ist und in der Pilotphase vom Ministerium Ländlicher Raum gefördert wird. Fünf Gemeinden in Baden-Württemberg nehmen bisher daran teil. Darunter ist Wittnau im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Ziel des Projektes ist es, dass Menschen möglichst viele ihrer materiellen und persönlichen Bedürfnisse in ihrem nächsten Umfeld befriedigen können. Wittnaus Bürgermeister Enrico Penthin schilderte im SWR-Studio, das eher Schauplatz eines einvernehmlichen Gesprächs denn einer Diskussion war, die konkreten Ziele für sein Dorf, das bereits einen Lokale-Agenda-Prozess gestartet habe und im Januar zum Projekt "Lebensqualität durch Nähe" eine Auftaktveranstaltung plane.
Mit auf dem Podium saßen der ehemalige Landvolkpfarrer für die Erzdiözese Freiburg, Werner Kohler, der die Initiative Landgänge angestoßen hatte, Ingrid Engelhart, Leiterin des Projekts "Lebensqualität durch Nähe", die Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae und die Politikprofessorin Ingeborg Villinger von der Universität Freiburg. Moderiert wurde die Runde von SWR-Redakteur Harald Kiefer. "Ich akzeptiere das Jammern über den Rückgang des ehrenamtlichen Engagements nicht", sagte Werner Kohler. "Wir haben bei unseren Landgängen festgestellt, dass in den Dörfern eine unglaubliche Vielfalt von kulturellem und sozialem Engagement existiert. Es kommt jedoch darauf an, dass die Akteure miteinander in Berührung kommen." Nur dann entstehe ein "kommunales Wir", das für den Einzelnen auch in Notlagen tragfähig wird. Das Dorf als Wohn- und Lebensraum habe nichts mehr von der geistigen Enge seiner Kindheit und Jugendzeit. ...
Ob das Projekt "Lebensqualität durch Nähe" auf diese Weise helfen kann, die Gemeinden aus ihren Finanznöten zu holen, wenn die Bürger mehr und mehr ihre Geschicke selbst in die Hand nehmen und für sich selbst und für ihren Nächten sorgen? Penthin ist überzeugt davon und ebenso Kerstin Andreae, die meinte: "Wir müssen uns auf allen Ebenen von öffentlich finanzierten Angeboten verabschieden und neue Strukturen finden, das Gemeinwesen zu fördern." Die Gemeinde Wittnau hat auf die kommenden anderthalb Jahre 10 000 Euro in ihren Haushalt eingestellt, um mehr Nähe unter ihren Bewohnern herzustellen.
Ganzen Artikel vom 6.12.2003 auf www.bzol.de lesen

Landvolkshochschule St.Ulrich unterstützt "Lebensqualität durch Nähe" >Schulen1 (19.11.2003)

  

 

Landwirtschaftsschule Neustadt feiert 50-jähriges Bestehen

Neben den zahlreichen Vertretern aus Politik und den berufsständischen Organisationen begrüßte der Vorsitzende des Vereins Landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen, Karlheinz Agostini, beim Festbankett zum 50-jährigen Bestehen in Saig, auch zwei ehemalige Lehrkräfte der Winterschule, Ingeburg Gramatzki und Martin Golle-Leidreiter, sowie Irma Wolf, die über 90 Jahre alte Ehefrau des ehemaligen Schulleiters der Landwirtschaftsschule, Heinrich Wolf.

Der Geschäftsführer des Vereins, Peter Ackermann vom ALLB, rief die Geschichte des landwirtschaftlichen Schulwesens im Hochschwarzwald in Erinnerung, die eng mit der der Großherzoglichen Ackerbauschule Hochburg verbunden war. "Vor allem im Bereich Waldbau spielte die Kreislandwirtschaftsschule in Neustadt, in der über 1000 Schüler unterrichtet wurden, eine wichtige Rolle" betonte Ackermann. Die landwirtschaftliche Fachschule, "Keimzelle" des ALLB, habe mehrere Generationen im Hochschwarzwald geprägt. Dieser Ausbildung seien auch maßgeblich die heute modernen und hochwertigen Betriebe zu verdanken. Als wichtige Partner für das ALLB hinsichtlich Beratung und Fortbildung bezeichnete er die "Ehemaligen", denen die Bezirksvorsitzende der Landfrauen, Adele Kleiser, viel Schaffenskraft und Visionen für die Zukunft wünschte.

Und dies ist wohl auch notwendig: "Mit der Agrarreform könnte ich die Feststimmung vermiesen", zeichnet der Vizepräsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV), Werner Repple, eine weniger erfreuliche Situation. Die Entkoppelung von Produkten ziehe die Koppelung an die Bürokratie nach. "Wie sollen Flächen offen gehalten werden, wenn nicht produziert werden darf ?" richtete er die Frage an die politischen Vertreter und verdeutlichte, dass harte Verhandlungen bevor stünden. Eine bürgernahe und effiziente Verwaltung könne auch er unterstützen, doch dürften Beratung und Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten dadurch nicht auf der Strecke bleiben.

Ganzen Artikel vom 25.11.2003 bitte auf www.bzol.de lesen

  

Landwirte zeigen Flagge auf dem Bauerntag in Freiburg

Eine Abordnung des BLHV bekennt sich heute beim Bauerntag zu den Existenzsorgen
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Dass sich dadurch Verbesserungen gewinnen lassen, wagt Eugen Tritschler vom Kreuzhof, der Vorsitzende des Ortsvereins im Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV), allerdings kaum zu hoffen. Es gebe viel zu viele Faktoren, die eine Rolle spielten, und wie die Probleme im einzelnen gelöst werden sollen, sei noch gar nicht bekannt. Eine gerechte Lösung, ist sich Tritschler sicher, werde es nicht geben.
Der Kompromiss biete immerhin die Chance, dass national noch etwas bewegt werden könne, um Einbußen auszugleichen, beispielsweise für die Milchwirtschaft durch eine Grünlandprämie. Auf der anderen Seite bestehe die Gefahr, dass Lücken bleiben, die einzelnen Ländern weiterhin Wettbewerbsvorteile sichern. Und er sieht auch Widersprüche: Etwa, dass - Stichwort Überproduktion - durch die Osterweiterung der Druck noch weiter zunehmen wird. Oder dort, wo es die Landwirte im Hochschwarzwald, die von der Milchviehwirtschaft leben, am härtesten trifft. Denn die Grundüberlegung der Reform, durch die so genannte Entkopplung die Überproduktion zu drosseln, ist aus seiner Sicht so richtig wie das Augenmerk auf Bio und artgerechte Haltung. Bisher galt, je mehr ein Bauer produziert, desto mehr Geld bekommt er; künftig gibt es unabhängig von der Produktionsmenge eine Direktzahlung. Dass aber gleichzeitig das Milchkontingent erhöht werden soll, will ihm nicht einleuchten. Die Auswirkungen für die Landwirte im Hochschwarzwald sind absehbar: Bekommen sie bisher 29 Cent je Liter, sind es künftig nur noch 22 Cent für die gleiche Menge, hochgerechnet bis 2007 zeichnen sich Einkommensverluste von 25 Prozent ab. Die als Ausgleich mögliche Grünlandprämie hat den Nachteil, dass sie aus einem eingefrorenen Etat bestritten werden muss, was bedeutet, dass anderen Landwirten (Ackerbau) etwas weggenommen werden müsste. Tritschlers Erwartung an den Bauerntag ist unter anderem, dass man sich darüber im klaren wird, wo beim Preis die Grenze endgültig erreicht ist.
"Wie billig können Lebensmittel werden, wie lange halten Bauern das aus", fragt er sich.

Auch im Hochschwarzwald gehe die Zahl der Landwirte zurück (genaue Zahlen hat er nicht vorliegen), viele noch aktive Kollegen seien 50, 60 oder älter, die Hofnachfolge sei unklar. Das größte Problem für die junge Generation sei die Frage der Verlässlichkeit der Politik: Niemand, der investiere, könne sicher sein, dass nicht in einigen Jahren die Weichen neu gestellt werden, beklagt Tritschler. Er weiß, dass deshalb viele Kollegen inzwischen die Politik Politik sein lassen und nur noch für sich schauen, wie sie sich einrichten, um ihre Existenz zu sichern. Dass sich heute nur eine Handvoll Landwirte auf den Weg macht, hat nichts mit dieser Resignation zu tun. Das beruht auf einer Bitte des Verbands, weil bei der Kundgebung nur begrenzt Platz ist. Immerhin gibt es weitere Plakate.

BZ vom 4.7.2003, ganzen Text auf www.bzol.de lesen

  

 

Lautackerhof - Der steile Hang vom Hof im Oberglottertal

Die Sonne steht senkrecht über dem Oberglottertäler Lautackerhof und Albert Heitzmann hat nicht viel Zeit. Er will den steilen Hang neben dem Hof noch sensen, bevor das Gewitter kommt. Stattdessen hat er diese Besucherin aus Freiburg am Tisch sitzen, die etwas wissen will von ihm über sein Leben auf dem Land. Wie das ist, so weit ab von der Welt, wie das war, ohne Strom und Telefon. Dabei will und muss der Bauer jetzt den Hang sensen. Doch irgendwann gibt er auf. Verjagt mit seinem Strohhut eine Fliege vom Tisch, lehnt sich zurück und fängt an zu erzählen.

Als der deutsche Überfall auf Polen 1939 den Zweiten Weltkrieg auslöst, ist Albert Heitzmann ein paar Monate alt. Er wird auch in den folgenden Jahren nichts von dem Elend, dem Sterben da draußen in der Welt mitbekommen. Denn dort oben auf dem alten Lautackerhof, weit oberhalb vom Glottertal, gab's eine andere, eine gute Welt. Die der Bauernfamilie Heitzmann. Da war der immer etwas ernste Vater, der wegen eines Fußleidens nicht in den Krieg musste. Da war die lebensfrohe Mutter, die gern sang. Und da war die zwei Jahre ältere Schwester Stefanie, vor der sich Albert als Kind im Stall zwischen den Kühen versteckte und mit der er stundenlang seilhüpfte. Nur manchmal unterbrachen die beiden Geschwister damals ihr Spiel, wenn jemand vom Dorf den schmalen Weg hoch durch ein Waldstück hindurch, vorbei an steilen Weiden zum Gehöft eingeschlagen hatte. Zum Brot hamstern. Weil die, die wenig hatten, wussten, dass die Bäuerin niemanden mit leeren Händen heimschickte. "Wir hatten immer genug", sagt Albert Heitzmann. Überlegt kurz und sagt dann: "Die Zeit damals, die war die beste."

Als junger Mann war es für Albert Heitzmann selbstverständlich, dass er seinem Vater auf dem gepachteten Hof hilft. Wie alle anderen jungen Burschen im Dorf. Das mit der "Lernerei" der Leute, sagt der heute 65-Jährige, das habe erst später angefangen. Überhaupt habe man nicht so Kontakt zu anderen Jungen gehabt, tanzen war er nie. "Hier hinten, da hat man so ein bisschen vorbeigelebt", sagt er nach einer Weile und zieht seine weißen Hosenträger zurecht. Mit 37 Jahren hat er den Hof übernommen. Das war 1974. Ein Jahr später hat die Familie Strom bekommen. Einen Telefonanschluss gibt's seit 1990. Darüber ist der Bauer froh. Denn zuvor musste jedes Mal einer runter ins Dorf, Hilfe holen, wenn eine Kuh kalbte. Auch nachts. Mit der Sturmlaterne kam dann der Tierarzt - wenn er sich nicht verirrt hatte und in den Wald gelaufen war. Fließend Warmwasser haben er und seine Schwester bis heute nicht. Zum Waschen wird Wasser auf dem Holzofen heiß gemacht, in der niedrigen, rauchigen Küche, wo die Wände vor vielen Jahren einmal weiß waren.

Ob es nicht ein bisschen einsam ist, das Leben auf dem Lautackerhof? Ja, das ist es, meint Albert Heitzmanns Schwester, als sie in ihrem hellblaugeblümten Bauernkleid, mit den grauen, streng zusammengesteckten Haaren für einen Moment aus dem Haus kommt. Die Bäuerin sieht und hört sehr schlecht, geht kaum mehr runter ins Dorf. Verschwindet auch sofort wieder im Haus. Schimpft wenig später mit dem roten Rudi, der Hofkatze, in der Küche. Ob es einsam ist? "Das ist Gewohnheitssache", meint Albert Heitzmann. Hier sei halt nicht so viel Radau. An Winterabenden schaltet er dann den Fernseher an. Den Fernseher, der in der Wohnstube mit ihrer niedrigen Holzdecke, dem alten Kachelofen, den rot-weiß karierten Vorhängen an den kleinen Fenstern und der alten Holzuhr an der Wand wie ein Fremdkörper wirkt. Wenn der Bauer fernsieht, dann in erster Linie die Tagesschau. Oder einen Film mit Tieren. Bücher liest er nicht - "das geht mir zu lang". Lieber liest er Zeitung. Wie sein Vater. Der hat in einer Ecke der Wohnstube Bauernzeitungen, Amtsblätter und Tageszeitungen an einer Drahtschnur aufgehängt. Ganz vergilbt hängen die Blätter da immer noch, obwohl die Schnur fast durchgerissen ist. Die letzte Zeitung, die aufgehängt wurde, erschien 1994. In dem Jahr starb der Vater der Geschwister an der Parkinsonschen Krankheit. Drei Jahre hatte er in seinem Bett in der Wohnstube gelegen. Gepflegt haben ihn seine Kinder. Manchmal kamen die Leute von der Sozialstation. "Schlimm war das", meint Albert Heitzmann und schaut hinter sich. Dorthin, wo das Bett seines Vaters stand. Und wo jetzt wieder der Holzschrank mit der Glasvitrine steht, in welche die alten Schwarzweißfotos von der Mutter geklemmt sind. Sie wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Ist aber schon lange tot.

So wie Heitzmanns Mutter vor 100 Jahren in St. Peter auf einem Hof aufgewachsen ist, so hat vor einigen Monaten eine Berliner Familie ein paar Wochen lang auf einem Schwarzwaldbauernhof im Münstertal gelebt. Die Boros. Das hat der Landwirt im Fernsehen gesehen. "Für die Leute aus Berlin war das ein Schlag", sagt Heitzmann und wundert sich nicht. Vieles war früher harte Arbeit. Das Pflügen mit Ochs und Kühen. Das stundenlange Drehen des Butterfasses - eine Schinderei, die er noch kennt. Heute ist vieles einfacher, sagt der 65-Jährige. Ein paar wenige Jahre, glaubt er, kann er als Landwirt noch arbeiten. Albert Heitzmann hofft, dass er und seine Schwester danach auf dem gepachteten Hof wohnen bleiben können. Was aus der Landwirtschaft wird, weiß er nicht.

Zu tun hat er immer noch genug. Arbeitet im Winter im Waldstück, das zum gepachteten Hof gehört. Schleudert den Honig seiner drei Bienenvölker. Bewirtschaftet im Sommer das Grünland und kümmert sich um seine sechs Kühe und die 20 Jungtiere. Gerade sorgt er sich um Kälbchen, das völlig verschwitzt im Stall steht, der direkt an den Wohntrakt des 250 Jahre alten Bauernhauses grenzt. "Da muss ich den Tierarzt rufen", meint der Landwirt und runzelt die Stirn. Man gewöhne sich an die Tiere. Auch an die zwei Schweine im Stall nebenan, die im Winter geschlachtet werden. Das ist halt das Landmannslos, sagt Heitzmann, als er die Stalltür schließt. Er selbst kann kein Tier töten, auch kein krankes. Da sei er "ein wenig feinfühlig". Aber das Fleisch der selbst aufgezogenen Schweine sei halt was ganz Feines: "Da weiß ich, was ich esse." Während der Bauer sich aus dem Brunnen eine kühle Flasche Bier angelt und sich an den Tisch vorm Haus setzt, kommen zwei Hühner angewackelt. Auf die ist der Fuchs ganz wild, so Heitzmann. Erst neulich habe der wieder eins aus dem Stall geholt. Doch seit der Bauer nachts im Stall Radio laufen lässt, ist es besser. Was da nachts läuft? "Keine Ahnung", sagt Heitzmann. Aber immer wenn er nachts im Stall ist, kommen zur vollen Stunde Nachrichten. Das scheine die ganze Nacht so zu gehen.
Ein Mann vom Dorf kommt mit seinem kleinen Sohn auf den Hof gefahren, bringt einen halben Kasten Bier, will Blumen für die Kirche pflücken. Gelegentlich kriegt der Bauer auch Besuch von einem Verwandten aus St. Peter. Man nennt das, glaubt er, Cousin.

"Das Leben ist schon recht", sagt Albert Heitzmann, als er sich das Bier aufmacht. Aber ein Landwirt mit Leib und Seele müsse man schon sein, und nicht nur mit halbem Kopf. Bescheiden müsse man halt sein. Urlaub gibt es nicht. Er selbst war erst wenige Male im nahen Freiburg und einmal am Bodensee. Sonst war Albert Heitzmann noch nirgends. Und wenn er so drüber nachdenkt, dann will er auch nirgendwohin

Martina Philipp in der BZ vom 28.6.2003, ganzen Text auf www.bzol.de lesen

  

 

Ruhbauernhof im Dietenbach - vom eigenen Land leben

Blick vom Rössle ins Dietenbach nach Süden Blick ins Dietenbach (Ruhbauernhof ganz oben)

Margarethe Maier hätte nicht gedacht, dass sie eines Tages Bäuerin werden würde. Hinter Dietenbach bei Kirchzarten, wo sich weite Wiesen die Hänge hinauf ziehen bis zum Wald, liegt seit dem 17. Jahrhundert der Ruhbauernhof der Maiers. Das Summen der Insekten ist zu hören, vereinzelte Vogelrufe, Bachrauschen und ganz fern ein Traktor. "Mit der Zeit wächst man in dieses Leben rein", sagt die 33-Jährige und fährt sich mit der Hand durchs kurze blonde Haar. Es komme immer wieder vor, dass Feriengäste erstaunt sagen: "Sie habe ich mir ganz anders vorgestellt." Margarethe Maier schmunzelt: "Wahrscheinlich denken die, eine Bäuerin trägt Dutt und Dirndl." Sie trägt blaue Shorts und ein weißes T-Shirt.

"Ferienwohnungen, Selbstvermarktung, Änderungsschneiderei" steht in geschwungenen Buchstaben auf dem Holzschild an der Straße vor der Auffahrt zum Hof. "Das Vielfältige gefällt mir", sagt die junge Bäuerin, "ich kann mir nicht vorstellen, nur im Büro zu sitzen." Ihren Tag beginnt sie um halb sieben als Bäuerin mit dem Melken der 60 Kühe. Wenn die Mutter ihre Kinder Daniel (8) und Annalena (5) zur Schule und in den Kindergarten gebracht und den Haushalt erledigt hat, geht die Schneiderin Margarethe Maier in ihr Nähzimmer. "Ich kenne viele Bäuerinnen, die weiterhin arbeiten", sagt sie und nimmt eine Kinderjeans vom Kleiderbügel: "Das ist der Trend: Frauen wollen heute das Eigene nicht mehr aufgeben, nur weil sie einen Bauern heiraten." Sie hat ihr Handwerk in Titisee-Neustadt gelernt, war in leitender Position beschäftigt, viel unterwegs. Dann lernte sie Matthias Maier kennen - und zog zu ihm und seinen Eltern auf den Hof. Leicht sei es nicht, als Fremde auf einen Hof mit so langer Tradition zu kommen.

"Sie glauben ja nicht, was für ein Wandel das war . . . !" Berta Maier, die Schwiegermutter, meldet sich unvermittelt aus der Backstube nebenan zu Wort. Auch sie war, vor 35 Jahren, von außen auf den Ruhbauernhof gekommen. "Wir hatten 18 Kühe, davon hat man gelebt - das wäre heute unmöglich", sagt sie. In den 80er-Jahren haben die Maiers "Ferien auf dem Bauernhof" als Erwerbsquelle entdeckt: "Eine Ferienwohnung bringt so viel wie sechs Kühe, das lohnt sich." Heute sind zwischen März und Oktober meist alle drei Wohnungen belegt. Für Margarethe Maier heißt das in ihrem Viertberuf Fenster putzen, Böden wischen, Betten beziehen, Wäsche machen - in einer Zeit, in der auch draußen auf dem Feld Hochsaison herrscht und Not am Mann ist.

"Ich finde es spannend, so viele verschiedene Leute kennen zu lernen", sagt sie. Abends säßen sie oft mit den Gästen zusammen. "Manche sind dem Hof inzwischen richtig verbunden und kommen jedes Jahr wieder." 56 Hektar Land und zehn Hektar Wald umfasst der Ruhbauernhof und ist in den vergangenen 400 Jahren stets ungeteilt vererbt worden - Voraussetzung dafür, dass es den Betrieb heute noch gibt. "Wenn der Matthias nicht weitergemacht hätte, wäre eine ganze Tradition abgerissen", sagt Berta Maier. Doch der habe von klein auf Bauer werden wollen, genau wie Daniel jetzt. "Das lassen wir auf uns zukommen", wehrt Margarethe Maier ab. "Vielleicht macht ja Annalena weiter."
So wie früher, einfach Bauer zu sein, das gehe heute nicht mehr. "Man muss sich spezialisieren und gut rechnen, sonst klappt es nicht", erklärt die Landwirtin. Bestandteil dieser Kalkulation ist auch das "Lädele", eine kleine Holzhütte mit blau-weißkarierten Vorhängen, in dem es einiges von dem zu kaufen gibt, was auf dem Hof produziert wird: Holzofenbrot und Apfelessig, Wurst, Marmelade, Schnaps, Nudeln und Ringelblumensalbe. Selbstbedienung: Die Hütte steht offen, die Kunden hinterlassen das Geld - und manchmal einen Gruß.

So sehr sie die Zusammenarbeit mit den Schwiegereltern, auch die damit verbundene Entlastung, schätzt: "Trotzdem hat jeder sein eigenes Reich und kann abends seine Tür zumachen", sagt Margarethe Maier. Etwas Eigenes zu haben, sei ihr wichtig. Auch in der Freizeit. "Ich gehe einmal pro Woche mit einer Freundin ins Fitnessstudio und hinterher noch was trinken und tratschen - einmal ohne Mann und Kinder, das tut uns gut." Ob sie sich manchmal gestresst fühle? "Wenn ich Gästewechsel habe und gleichzeitig Termine in der Schneiderei oder das Haus voller Kinder und die Schwiegereltern im Urlaub sind, dann ist es schon hektisch." Aber sie möge es, dass jeder Tag Neues bringt.

Am Abend fließt das Licht weich über Hof und Hügel, Margarethe Maier deckt vor dem Haus den Kaffeetisch. Eine Nachbarin schaut vorbei, ein junger Bauer mit Freundin setzt sich dazu. Dann ist Stallzeit, die Melkmaschine wird in Betrieb gesetzt. Margarethe Maier geht zu den Kälbern: "Jetzt trink erst mal", sagt sie und taucht die Hände tief in den Eimer voll frischer Milch. Das schwarz-weiß gefleckte Tier beugt den Kopf hinein, saugt sich mit der rosa Zunge an den Fingern fest und schlabbert Milch. Es ist gerade vier Stunden alt und hält sich tapfer auf den staksigen Beinen. Die Bäuerin lacht: "Das ist immer wieder schön, wenn eins das erste Mal trinkt." Die Hühner mit ihren roten Kämmen picken im Gras, eines der Haflinger Ponys steckt neugierig den Kopf in den Stall zu Pfau und Enten. "Ich liebe solches Kleinvieh", sagt Margarethe Maier und wischt sich die Hände an ihren Shorts ab. "Eigentlich habe ich doch einen schönen Beruf."

BZ vom 27.7.2003, ganzen Text lesen auf www.bzol.de 

  

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