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Aktuelle Infos zu
Alemannen und Alemannischem
Dem
Alemannisch fehlt das Prestige
Anders als die Schwaben verstecken die Badener ihren
Dialekt - trotz aller Bi-uns-ka-mer-au-alemannisch-schwätze-Sticker
"Wir können alles. Außer Hochdeutsch": Der Spruch
aus der Imagekampagne des Landes Baden-Württemberg behagt jedem Schwaben. Denn
dort strotzt die mundartlich geprägte Umgangssprache nur so vor
Selbstbewusstsein. Im anderen Landesteil, in Baden, trifft man diese Haltung
spürbar weniger an. Hier hat man noch nicht einmal den Gegenbegriff zum
Schwäbischen als Sprache: Badisch ist vielleicht die Lebens-, aber keine
gemeinsame Mundart. In Baden wird höchst unterschiedlich geschwätzt - vom
Fränkischen im Norden übers Pfälzische um Heidelberg herum bis zum so genannten
Südalemannischen, was freilich in Südbaden eher ein Notname für eine
Sprachfamilie mit unterschiedlichen Regionaldialekten ist.
Notname, Notfall: Gerade in Südbaden hört man oft die Klage über das allmähliche
Verschwinden der Mundart, doch das halten die Dialektforscher für falsch. "Der
Dialekt lebt, weil er sich verändert", sagt der Tübinger Landeskundler Hermann
Bausinger. Der Dialekt passt sich der Moderne an; weil diese viele alte Dinge
abschafft, gehen auch deren Namen verloren.
Doch der Dialekt kann sich auch die Moderne
aneignen, und käme sie englisch daher. Rudolf Post, der an der Universität
Freiburg am Badischen Wörterbuch arbeitet, kennt Beispiele: Aus dem T-Shirt ist
längst das "Tie-schärtle" geworden. Eine Sprache, die sich auf solche Weise
selbst modernisieren kann (auch wenn sie dies nur dem Klang nach tut, ohne einen
neuen Namen für die Sache selbst zu finden), stirbt nicht. Was freilich auch
seine Grenzen hat, wie Bausinger aufzeigt: Wenn aus dem "String-Tanga" im
Schwäbischen das "Bändeles-Hösle" werde, dann schwinge da nichts mehr mit vom
"Neuen, Gewagten, Erotischen".
Verändert hat sich indes vor allem der Stellenwert der Mundart. Unverfälscht
findet sie sich eigentlich nur noch im ländlichen Raum - im Wiesental etwa, im
Hotzenwald oder in Dörfern des Kaiserstuhls. In Freiburg dagegen ist aus dem
Dialekt längst eine vom regionalen Alemannisch nur mehr geprägte Umgangssprache
geworden, ein eigener Stadtdialekt, der sich der speziellen Begriffe nicht mehr
sicher ist. Die Neigung der Sprecher - mehr zur Mundart oder
mehr zur Hochsprache, dem Standard-Deutsch - hängt ab von der jeweiligen
Gesprächssituation, vom jeweiligen Milieu. Wenn daher im Freiburger
Regierungspräsidium ein Aufkleber ermuntert "Bi uns cha mer au alemannisch
schwätza", dann zeigt gerade das, was hier gewöhnlich fehl am Platze ist - die
Mundart nämlich. In einem Stuttgarter Büro käme ein derartiges Schild dagegen
komisch an: Dort kann man eben alles - außer Hochdeutsch.
Anders als in der Schweiz käme in Baden auch
niemand auf die Idee, eine offizielle Rede, gar einen wissenschaftlichen Vortrag
im reinen Dialekt vorzutragen. Das Alemannische hat einfach nicht das
"Prestige", wie die Sprachsoziologen sagen, um daraus Selbstbewusstsein zu
ziehen. Genau deshalb gibt es zwar mit Bienzle einen schwäbischen "Tatort"-Kommissar
- in den "Tatorts" aber, die in Baden spielen, ist Mundart allenfalls von
Randfiguren zu hören. Selbstverständlich gibt es Anstrengungen, den
Dialekt zu heben, etwa durch die Muettersproch-Gsellschaft. Ein vergeblicher
Kampf? Präsident Walter Möll sieht das Problem vor allem bei Jugendlichen: Ihnen
werde die Mundart zunehmend fremd, weil sie fälschlich als Ausweis geringer
Bildung gelte.
Andererseits, das zeigen andere deutsche
Sprachlandschaften, ist die besondere Pflege der Mundart im Theater und der
Literatur oft Ausdruck der Krise des Dialekts als alltäglich gesprochene
Sprache. Diese Gefahr scheint in Baden nicht gegeben. Ganz im Gegenteil: Adolf
Schmid, der Vorsitzende des Vereins "Badische Heimat", sieht im Alemannischen
sogar ein Chance, dass der südliche Oberrhein grenzüberschreitend zu einer
gemeinsamen Sprache findet. So etwas hat es schon einmal gegeben - als man sich
im Widerstand gegen ein Atomkraftwerk in Wyhl einig war. Doch davon ist heute
nicht mehr viel übrig
Wulf Rüskamp in der BZ vom 12.11.2003,
www.bzol.de
Alemannische
Mundart - Internetforum von Harald Noth aus Oberrotweil
Wer sich für den heimischen Dialekt
interessiert, ein Faible für das Alemannische hat, kommt an einem nicht vorbei:
an Harald Noth und seinem "Alemannischen Dialekthandbuch für den
Kaiserstuhl und Umgebung". Das umfangreiche Werk, das er vor zehn Jahren in
einer Auflage von rund 2500 Stück publizierte, ist längst vergriffen. Auf
seiner neuen Internetseite www.noth.net bietet Noth jetzt eine aufschlussreiche,
komprimierte Fassung davon und dazu viel Interessantes, Amüsantes und
Wissenswertes rund um das Alemannische. ...
"Zehn Jahre Dialekthandbuch" - für
alle, die sich in irgendeiner Weise mit dem Dialekt und seinen verschiedenen
Ausprägungen und Schreibweisen beschäftigen wollen, ist Harald Noths sorgfältig
erarbeitetes und profundes Werk ein Muss. Akribisch genau und mit großer
Sachkenntnis hat er sich dem Thema gewidmet und auf diesem Gebiet quasi
Pionierarbeit geleistet. ...
Amüsant und sehr interessant sind die Beiträge der
Dialektautoren Martha Schmiedle (Gottenheim), Edwin Röttele (Wyhl), Theo Klaus
(Bischoffingen), Otto Meyer (Endingen), Wolfgang Miessmer (Endingen), Arno Müller
(Ihringen), Harald Noth (Oberrotweil), Erna Sonner (Eichstetten), Arno Landerer
(Oberrotweil), Axel Mayer (Endingen), Eberhard Peter Flamm (Wyhl), Ralf Busch (Wyhl),
Jürgen Sutter (Opfingen) und weiterer Autoren allemal. Sie beschäftigen sich
mit verschiedenen Themen, haben in Gedichten und anderen Beiträgen ihrer
alemannischen Heimat und den Menschen, den Sitten und Gebräuchen, Schönem und
Erfreulichen nachgespürt, aber auch dem, was sie in der Welt bekümmert und
betrübt. Nachdenklich stimmt der Beitrag des
Elsässer Publizisten Gabriel Andres, der seinem geliebten Elsass Adieu sagen
muss - weil seine Heimat in ihrem Ursprung immer mehr verschwindet. Hinweise und
Auszüge aus den Chroniken von Oberrotweil und Eichstetten runden die
Themenvielfalt ab. Der Beitrag des Historikers Dieter Geuenich zur
"Geschichte der Alemannen" und Noths Auseinandersetzung damit hat der
Oberrotweiler nicht umsonst mit dem Vermerk versehen - "do
musch hirne". ...
Ruth
Seitz vom 6.9.2003, ganzen Artikel auf www.bzol.de
lesen
zu Harald Noth
Baseldeutsch durch
Kanak-Sprach ersetzt?
Bislang hat sich das Baseldeutsch gegenüber allen Anfechtungen gut behauptet,
aber jetzt droht die jugendliche "Kanak-Sprak"
Steht unser Baseldeutscher Dialekt in Gefahr, von
fremden Sprachen aufgerieben zu werden? Die Frage lässt sich immer wieder
stellen. Da jeder Dialekt in erster Linie gesprochene und nicht geschriebene
Sprache ist, unterliegt er auch schneller einem Mischungs- und Auflösungsprozess
als etwa das Standarddeutsch, das auf festgeschriebenen Regeln fußt. Ernsthafte
Ängste, die stadtbasler Mundart könnte verschwinden, bestanden letztmals im
ausgehenden 19. Jahrhundert, als es zu einer großen Einwanderungswelle kam.
Damals prophezeiten gewisse Kreise den definitiven Niedergang des Baseldeutschen
in Sprache und Schrift. Es kam nicht soweit. Zwar veränderte sich das
Baseldeutsch, wurde etwa grober und verarmte auch in gewisser Weise, aber es
blieb resistent.
Baseldeutsch-Spezialist Rudolf Suter macht indes
für diese Veränderung nicht allein die Immigranten verantwortlich, sondern auch
die Tatsache, dass noch bis zum Ersten Weltkrieg das Literaturwesen in Basel vom
kaiserlichen Deutschland beeinflusst war, das den Dialekt grundsätzlich als
Sprache des niederen Volkes wertete. Das änderte sich nach 1918. Vor allem aber
vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Baseldeutsch - in Abgrenzung zum
Ausland, insbesondere zu Deutschland - ein eigentliches Revival erlebte und
einige Autoren und Dichter wie Fritz Liebrich, Dominik Müller und Hermann
Schneider hervorbrachte.
Doch Literatur allein genügt nicht,
Veränderungsprozesse einer Mundart aufzuhalten oder wenigstens zu bremsen.
Bewusste Sprachpflege kann nur in Familie und Schule - und zusätzlich über
Wörterbücher und Grammatiken erfolgen. In Basel fand 1976 Rudolf Suters
Baseldeutsch-Grammatik außerordentliches Interesse - und acht Jahre später
Suters Baseldeutsch-Wörterbuch.
Wie aber steht es in der Schule mit der
stadtbasler Mundart? Kann sie sich noch behaupten, da doch das Standarddeutsch
schon in der Primarschule als Unterrichtssprache gilt und im Kindergarten
bereits Standarddeutsch-Versuche laufen? Sie kann. "Denn der Dialekt", so sagt
Hans Georg Signer, Stabsleiter Ressort Schulen, "ist die Beziehungssprache.
Zudem ist er identitätsstiftend und bedeutet Heimat: Er ist die Muttersprache,
die Sprache, in der ich mich mit (fast) allen über (fast) alles unterhalten
kann, die in Basel leben." Kein Wunder, schreiben sich Schülerinnen und Schüler
E-Mails, Postkarten und SMS durchwegs auf Baseldeutsch.
Deshalb scheint es Signer auch wichtig, dass -
zwecks Integration - auch Migranten-Kinder den Dialekt gut sprechen können. Aber
ausgerechnet hier sehen Baseldeutsch-Verfechter ihren Dialekt bedroht. Sie sehen
ihren Dialekt mehr und mehr von der jugoslawischen und türkischen Sprache
zersetzt. Tatsächlich hat sich vor allem in bestimmten Wohngebieten unter
ausländischen Kindern und Jugendlichen eine Art Soziolekt, eine Mischung aus
Dialekt und anderen Sprachen, entwickelt, der sich durch abgehacktes Sprechen
und grammatikalisch unvollständige Sätze auszeichnet. Dieser Soziolekt ist
inzwischen so auffällig geworden, dass er - quasi als Modeerscheinung - nicht
nur von Basler Kindern übernommen wird, sondern auch schon in Witzen Eingang
gefunden hat. Sagt der Lehrer zum Schüler Bülent: "Bilde einen Satz mit dem Wort
Vater." Sagt Bülent: "Mi Votter fohrt BMW." "Nicht schlecht", meint der Lehrer,
"nun bilde aus diesem Satz eine Frage." Sagt Bülent: "Mi Votter fohrt BMW -
wuaisch?"
Indes offenbart dieser Soziolekt (Kanak-Sprak)
wohl weniger sprachliches Unvermögen, sondern dient eher als Abgrenzung
gegenüber anderen Gruppen - etwa gegenüber der Erwachsenenwelt.
Dominik Heitz, Basler Zeitung,
www.baz.ch vom 12.11.2003,
dominik.heitz@baz.ch
In der Basler Zeitung finden Sie regelmäßig sehr interessante Beiträge zum
Alemannischen - Dialekt im Dreieck Schweiz, Elsaß, Breisgau.
Lyrik ohne Bollenhut -
Schriftsteller
Armin Holzer gewinnt den Gerhard-Jung-Preis
Wenn ein Preis (für junge Mundartschriftsteller) erstmals vergeben wird, vier
Kategorien geschaffen werden, aber ein und derselbe Autor gleich in dreien von
ihnen den ersten Platz belegt, ist das eine bemerkenswerte Leistung. Dem aus
Merzhausen bei Freiburg stammenden Armin Holzer, der beim derzeit an der
Alemannischen Bühne zu sehenden Volksstück "Lottoglück" für Übersetzung
und Regieassistenz verantwortlich zeichnet, ist der "Hattrick"
gelungen.
Der 32-jährige Armin Holzer darf sich nun erster
Gerhard Jung-Preisträger in den Kategorien Lyrik, Prosa und Spiel nennen. Eine
klangvolle Auszeichnung, denn der vor fünf Jahren in Zell im Wiesental
gestorbene und mit dem Hebel-Preis ausgezeichnete Gerhard Jung, der ein
Riesenwerk von Gedichten, Kurzgeschichten und Theaterstücken verfasste, ist für
die Freunde alemannischer Mundartliteratur der erste seit langem gewesen, der
sich mit dem berühmten Vorbild Johann Peter Hebel vergleichen ließ. Der
Respekt vor Holzer wächst dabei, wenn er erzählt, dass er eigentlich
Augenoptikermeister ist, vor zwei Jahren aber beschlossen habe, "nun mal
das auszuprobieren, was mir Spaß macht".
Vom Verwirklichen von Träumen, von Wünschen,
die manchmal auch auf der Strecke bleiben, handeln denn auch die von Holzer für
die Kategorie "Prosa" eingereichten Kurzgeschichten. Da ist Frieda,
die es nicht mehr länger ertragen kann, wie ihr Frieder unter Eheglück
fortschreitende gegenseitige Assimilierung versteht. Oder der junge
Schauspieler, der erleben muss, wie die älteren Kollegen das Talent noch ein
bisschen drücken, um ihre Wachablösung zu verschieben.
Den Kurzgeschichten Holzers werfen
Mundartpuristen vor, zu sehr dem Hochdeutschen verbunden zu sein. Der
Merzhausener bedient sich in der Tat in Bezug auf Satzbau und Vokabular auch
beim Hochdeutschen, übernimmt vom Alemannischen vor allem die Lautung. Für ihn
ist das kein Makel. "Warum soll man nicht hochdeutsche Grammatik
herannehmen, um die Sprache ein bisschen anzuheben?" Ohnehin sei das so
eine Sache mit dem Alemannischen und Literatur. Drei Vergangenheitsformen
reduzieren der Dialektschwätzer mit Ausdrücken wie "S'isch gsi" oder
"S'hät kha" mal so eben auf eine, auch bei der Orthographie gebe es
unter den Schriftstellern in Mundart bei weitem keine Einheitlichkeit,
abenteuerliche Formulierungen wie "ferschbrechen"
("versprechen") seien keine Seltenheit. Da versuche er so nah als
vertretbar am Hochdeutschen dran zu bleiben, um sich lesbar zu halten. Und jüngere
Schauspieler sagen auf der Alemannischen Bühne in seiner Übersetzung von
"Lottoglück" auch nicht "eineweg" und "allewil".
Sondern "ohnehin" und immer", wie im richtigen Leben auf einem
badischen Dorfe in der Regel mittlerweile auch.
Von den ersten und letzten Dingen des Lebens
handeln die fern jeglicher Bollenhut-Romantik angesiedelten Kurzgedichte
Holzers. Die amerikanische Reaktion auf die Attentate auf das World Trade-Center
hat Holzer zum Kurzgedicht "Stunde Null" angeregt. Und zum Drehbuch
"Kriegsrot" (Gerhard Jung-Preis in der Kategorie "Spiel").
Die "große Wut über den Einmarsch der USA in Afghanistan" hat er in
einer Satire um fünf kriegsbereite Herrschaften am ovalen Tisch verarbeitet.
Otto Schneckenburger, Der Sonntag vom 8.6.2003, www.der-sonntag.de
Johannes Helmle erhält 3. Preis im
Gerhard-Jung-Wettbewerb
TITISEE-NEUSTADT. Johannes Helmle aus Neustadt hat so nebenbei einen
zweiseitigen Text auf Alemannisch verfasst und damit den dritten Preis beim
Gerhard-Jung-Wettbewerb in Zell im Wiesental gewonnen. Für ihn ist das kein
Kunststück: Er schwätzt, wie ihm der Mund gewachsen ist, brüskiert Lehrer und
Prüfer mit seinem breiten Dialekt und löst immer wieder Diskussionen aus, wie
seine Geschichte "Dialekt-Probleme oder Schuel-Alemannisch" zeigt.
Der
19-Jährige sitzt gerade in den Abitursprüfungen und nimmt es recht gelassen:
Sorge macht ihm einzig das Gerücht, dass die mündlichen Prüfungen hochdeutsch zu
halten seien, da es sonst Notenabzug geben könne. Dabei hat sich Johannes mit
Dialekt durch seine ganze Schulzeit gesprochen und ihn für manchen Lehrer aus
"Preußen" auch übersetzt. Dass er jetzt ganz lupenrein sprechen soll, verwundert
ihn doch.
Von dem mundartsprachlichen BZ-Mitarbeiter Harald Noth (Lueginsland) erfuhr
Johannes vor einigen Wochen von dem
Gerhard-Jung-Wettbewerb zur Förderung alemannischer Mundartdichtung in
Zell. Aus Anlass des fünften Todestages eines der berühmtesten Vertreters des
Alemannischen, lobte die Stadt unterstützt von der Sparkasse und der
Muettersproch-Gesellschaft drei Geldpreise aus. Johannes hat schon reichlich
Erfahrung mit öffentlichen Auftritten. Von Kindesbeinen an ist er begehrter
Redner auf Hochzeiten und Geburtstagen. Bei den Großeltern stehen die Bücher von
Gerhard Jung, und so trug er schon manche Gedichte und Geschichten vor. Bei den
Jostäler Freilichtspielen stand er auch schon auf der Bühne.
...
Birgit Neuhardt, BZ vom 8.5.2003, ganzen Artikel lesen auf
www.bzol.de
Di ditsch Schproch isch halt uulogisch - Johannes Helmle (8.5.)
Erster Gerhard-Jung-Preis fördert erstaunlich vielseitige und junge
Mundart-Stücke zutage
ZELL. Bei der ersten Verleihung des
Gerhard-Jung-Preises für junge Mundartdichter zeigte sich, wie lebendig, frisch
und vielfältig das Genre in der Region vertreten ist. Junge Autoren aus dem
badischen Raum sandten insgesamt 64 Beiträge zu den Sparten Lyrik, Prosa, Lied
und Spiel ein. Mit der Auslobung des Preises löst die Stadt Zell in
Zusammenarbeit mit der Muettersproch-Gsellschaft und der Sparkasse
Schopfheim-Zell ein Vermächtnis des verstorbenen Mundartdichters und Zeller
Ehrenbürgers ein; der Wettbewerb soll künftig alle drei Jahre ausgeschrieben
werden.
Die Jury, bestehend aus Gerhard Jungs Sohn, dem
Schriftsteller Markus Manfred Jung, dem Mundartdichter und Vertreter der
Muettersproch-Gsellschaft Helmut Heizmann und Andreas Klauser, Hauptamtsleiter
der Stadt Zell, zeigte sich beeindruckt von der Qualität des Eingesandten.
Star des Abends war der 32-jährige
Armin Holzer
aus Merzhausen. Für originelle Ideen, mit hohem Einfühlungsvermögen
sprachlich und stilistisch hervorragend umgesetzt, gewann er die ersten Preise
in drei von vier Kategorien: Lyrik, Prosa und Spiel. Holzer, Träger eines
Literaturpreises der Muettersproch-Gsellschaft und Augenoptikermeister, befasst
sich zur Zeit mit dem Themenkreis "unerfüllte Wünsche". Er arbeitet
gegenwärtig als Schauspieler, Regieassistent und "Mädchen für
Alles" beim Freiburger Alemannischen Theater.
Ralf Busch aus Wyhl, Frontmann der
Folk-Rock-Mundartgruppe "Fishermans Fall", gewann den ersten Preis im
Bereich "Lied". Und das muntere Quartett vom Kaiserstuhl brachte mit
modernem Mundartliedern über die klassischen Themen Weib, Wein und Gesang jede
Menge Stimmung in den vollbesetzten Zeller St. Fridolinssaal.
Mundart hat viele Facetten, dazu zählen auch
Witz und Humor. Wie bei dem Abiturienten Johannes Helmle aus Titisee-Neustadt,
Träger des dritten Prosa-Preises, der mit seiner heiteren Geschichte
"Dialektprobleme" das Publikum immer wieder zum Lachen brachte. Jürgen
Sutter aus Ostfildern dagegen, Träger des zweiten Preises, malte in "Sísch
Krieg" verstörende Bilder von Tod und Vernichtung, mit im Text
eingestreuten alemannischen Kinderliedern, die monströs endeten.
Atmosphärisch dicht waren die in knappe Worte
gefassten sechs "Wohrete" der Freiburgerin Ulrike Derndinger, Trägerin
des zweiten Preises in der Sparte Lyrik, klar und direkt die Gedichte der
Zellerin Nicole Keilbach-Schmittel, Gewinnerin des dritten Preises.
Anerkennungspreise gingen an Corinna Zenger aus Marbach und an Noemi Luisa
Zettler aus Zell.
BZ vom 28.4.2003, http://www.fishermansfall.de/presse.html
Löwenzahn -
Bettseicher, Brunzblueme, Schisser
Es gibt einige Pflanzen, deren Namen nur
wenigen Dialektsprechern geläufig sind und dann wieder andere, die jeder
benennen kann, oft sogar mit mehreren Namen. Hierzu zählt der Löwenzahn,
mit dessen gelben Blüten im Frühling ganze Wiesen übersät sind. Nicht
nur seine Namenvielfalt ist erstaunlich kleinräumig, auch die Aspekte,
die namensgebend waren, suchen in der Wortgeographie ihresgleichen.
Besonders die harntreibende Wirkung des jungen Löwenzahns, der gern als
Salat gegessen wird, war bei der Namensgebung produktiv und schlägt sich
in Bezeichnungen wie Bettseicher, Seicher, Seichblueme und, etwas
weniger derb, Brunzblueme oder Brunzerli nieder, die
besonders häufig in Mittelbaden anzutreffen sind. In zwei kleinen
Gebieten im mittleren und nördlichen Schwarzwald kommt es gar noch
dicker, denn dort wird diese unschuldige Pflanze Bettschisser
genannt.
Anderswo wird die Staude gerne mit den Tieren in Verbindung gebracht,
die sie mit Vorliebe fressen. Vor allem zwei Vierbeiner scheinen hier in
Frage zu kommen, das Pferd und das Schwein. Selbstverständlich heißt der
Löwenzahn dann mundartlich Roßblume, was besonders für die Gegend
um Freiburg und den daran anschließend Schwarzwald gilt, und im
südlichen Markgräflerland und dem Hotzenwald
Saublueme, Saustude (‚Saustaude‘), Saustock oder
Saudätsch, bezugnehmend auf den rosettenartigen, wie flachgedrückt
erscheinenden Blätterkranz. Auch die Morestude, bzw. die
Morewurzle gehört in die Kategorie der durch Tiernamen motivierten
Bezeichnung, denn eine Mor ist eine Muttersau, die als säugendes
Tier ja ein besonderes Anrecht auf diese nahrhafte Pflanze hat.
BZ-Serie mit
friedel.scheer-nahor@germanistik.uni-freiburg.de
http://omnibus.uni-freiburg.de/~scheern/pfing00.htm#loewe,
mehr hier
Gelbfüßler
und Sauschwob -Volkskundler Werner Mezger
LÖFFINGEN. Nicht ganz wie Daniel in der Löwengrube, den Fluchtweg jedoch
ausgetestet und fest im Blick, so hielt
Volkskundler und
Professor Werner Mezger seinen Vortrag über " Gelbfüßler
und Sauschwob".
....
Eine Fülle historischer, politischer, sozialkultureller, atmosphärischer und
territorialer Aspekte kristallisierte klar den Antagonismus zwischen
"badischen und unsymbadischen"
heraus. Stereotypen wurden erstklassig bedient. Letztlich gebe es jedoch den
Badener und den Württemberger schlechthin gar nicht, so Mezger. Dem widerspreche
die Summe der Identitäten. Unter der heutigen Beschriftung des Bundeslandes
lägen immer noch die früheren Kulturen, zudem befinde sich das Land aufgrund
erneuter starker Zuwanderung im Umbruch. An dieser Stelle verdeutlichte der
Freiburger Universitätsprofessor, wie fruchtbar die ständigen gegenseitigen
kritischen Blicke und das Konkurrenzverhalten seien. Denn in einem Land, das
nicht florierte, gäbe es keine Zuwanderung. Das gesunde Misstrauen beiderseits
sei ein Garant für den Erfolg der Vernunftehe Baden und Württemberg.
Besonders vergnüglich waren Mezgers Ausführungen über den "Prüfstein"
Sprache:
Schwäbischer Dialekt, dessen Vokalkombinationen die des Französischen bei
weitem überträfen,
sei Ausweis für jeden Schwaben, der seine Herkunft nicht verleugnen wolle. Dem
stehe ein in der Sprachhierarchie übergeordnetes Alemannisch gegenüber mit
relativ klaren Vokalen, spezifisch nur in den Konsonanten. Die wenigen
Gemeinsamkeiten führten unter anderem zu gewissen "Kunstworten" wie
"schwäbisch-alemannische Fasnacht", die in sich Widerspruch seien.
...
Susanne Sidi-Yacoub, BZ vom 19.11.2002, ganzen Artikel auf
www.bzol.de lesen
Alemannen-Rap mit Stefan Pflaum und Raimund Sesterhenn
WALDKIRCH. Fixe Wortspiele in einer Sprache, die zweifellos geeignet ist,
tiefsinnigen Spitzfindigkeiten enormen Ausdruck zu verleihen, begleitet von
rhythmisch-jazzigen Klängen - das ist der "Alemannen-Rap". Diese
außergewöhnliche Stilrichtung präsentierte das Duo Stefan Pflaum und Raimund
Sesterhenn auf Einladung des Förderverein Georg-Scholz-Haus in der Galerie und
begeisterte damit die zahlreichen Gäste.
Im Programm ging's im wahrsten Sinne "alemannisch gege de Strich": in seinen
eigenen amüsanten und gleichsam tiefsinnigen Texten beleuchtete Pflaum neben
verschiedensten Lebensperspektiven auch so manchen Alltagseindruck. Gerade der
skurrile Witz verstärkte die Tragik so mancher Aussage. Dem Sprachlehrer aus
Lahr gelang es gar plastisch, die Gedanken der Zuhörer auf Vergänglichkeit,
gesellschaftliche oder familiäre Probleme oder selbst auf banal Anmutendes zu
lenken. Er schilderte die Pein der Kühe auf der Wiese an einem heißen Sommertag,
wenn Mücken und Bremmen über sie herfallen. So handelten die Lieder und
Wortbeiträge unter anderem von den "Regeln fürs Leben", "Trotzköpfen" oder
"Musterpatienten" gleichwohl wie von den Sichtweisen eines Goethe in
Konstellation zu denen von Dorfbewohnern in China oder Deutschland, präziser
Baden.
Die musikalische Begleitung dieser Darbietung formte Pflaum (Akkordeon) zusammen
mit Raimund Sesterhenn aus Denzlingen (Saxophon und Mandoline), der ebenfalls
Sprachlehrer für ausländische Deutschstudenten am Freiburger Sprachkolleg ist.
Das perfekte Zusammenwirken der beiden Musiker verweist auf ihre gemeinsame
Arbeit an den Kompositionen. Nachdem Pflaum seine alemannischen Texte über eine
lange Zeit bloß gesammelt hatte, sortierte er sie schließlich und setzte sie
gemeinsam mit seinem Kompagnon Sesterhenn in Bezug zu den passenden
jazzig-rapigen Rhythmen.
BZ vom 17.10.2002, ganzen Artikel lesen auf
www.bzol.de
Unschwob
Ins Land luege sott mer in dr Feriä, aber nit numme zum Fänschter nüs, mer
mueß sinene Kinder ebis biäte, un sinere Fraü. Ich hänk also im Internet go
luege, wänn s Chanderli (
www.kandertalbahn.de ) fahrt. Dr Räbebummler (
www.rebenbummler.de ) känne mer
scho. Ha komm, sait mi Fraü, mer gucket no gschwind, was beim Zorbas los isch.
Mer glicke also d Houmpejtsch vu sällere Friiburgeri a, wu in unserem
griächische Ürlaübsort e Reisebüro het. Wätter dert unte: natiirlig beschtens.
Aktuelles: s het sälli Wirtschaft am Strand, wu mir als ghockt sin, verrisse!
Gasexplosion! Un jetz lue do! "Zorbas-Homepage auf Schwäbisch!" Klick, un rumms,
mich haüts vu dr Socke. Diä ganz Heimsitte uf Schwebisch! Wär het des ibersetzt?
Het Zorbas jetz e Schwob iigstellt? Egal, Schwebisch isch schliäßig e Unterart
vum Alemannisch. Un awel no besser wiä Normannisch. Jetz glicke mer uf e Gleich
(Link) zu dr "Zeit": Ich wirr fascht verruckt: S Zentralorgan vu dr ditsche
geischtige Haute-Volaute uf Schwebisch! Des gits doch nit! Ich hangel mich in
däm Blatt vu einem Gleich zum andere - nyt as wiä Schwebisch. Zruck zu dr
Heimsitte - awel no schwebisch. Aber wämmer gnaüer ani luegt: Des Schwebisch
isch zimli misrablig. Un wämmer jetz wiider Hochditsch wott? Mir wirds afange
unheimlig. Mi Fraü e Schwobemaidli, s Internet uf Schwebisch - i mein, i versüff
im e schwebische Meer. Do unte villicht dr Rettungsanker: In blaüer Schrift
stoht do "unschwob". Ich glick druf, un rumms - alles wider hochditsch. Mir
gheit e Stei vum Härz. Wär hätt dänkt, ass grad ich eso an dr Standardsproch
hänk!
Gspass uf d Sitte: Des Schwebisch kunnt vume Ibersetzungsprogramm. Diä
Softwär isch an dr Uni üsdiftlet wore, aber nit z Stuegert oder z Dibinge, wiä
mer sott meine. Un an dr Friiburger Uni scho gar nit. Unseri Gscheide hiä färche
dr Dialäkt jo wiä dr Deifel s Gwychtwasser. D Heidelbärger häns verbroche (
http://unimut.fsk.uni-heidelberg.de/schwob.html ). Sie sueche jetz eber, wu
s Brogramm aü fir anderi Dialäkt schribt. No brüchsch villicht emol numme no
glicke un rumms, d ganz Badisch Zittig isch alemannisch. Bis dert mueß es s
Lueginsland no due (alli Samschtig uf
www.badische-zeitung.de -
Glick uf Baden-Württemberg). Des Lueginsland, wu jetz siter gnaü fimpf Johr vume
Viärergspann zoge wird.
Harald Noth, 27.7.2002
Mehr zum UNIMIT Schwobifying-Übersetzer
hier
Alamannen -
Michael Hoeper dokumentiert Siedlungsgeschichte im Breisgau
FREIBURG/HOCHSCHWARZWALD. Es geschah im dritten Jahrhundert nach Christus. Von
Norden her zogen Alamannen in den Breisgau und drängten die Römer in Gebiete
südlich und westlich des Rheins zurück. Die sicherten die neue Grenze mit
Kastellen wie auf dem Breisacher Münsterberg und auf dem Sponeckfelsen bei
Jechtingen. Die Landnahme durch die Alamannen kann als Geburtsstunde der
heutigen Dörfer angesehen werden. Eine Gesamtschau dieser Vorgänge hat nun
Michael Hoeper, Historiker am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Freiburger
Albert-Ludwigs-Universität, für den Breisgau erstellt.
"Alamannische
Siedlungsgeschichte im Breisgau - zur Entwicklung von Besiedlungsstrukturen im
frühen Mittelalter"
titelt seine Dissertation, die als Band 6 in der Reihe Freiburger Beiträge zur
Archäologie und Geschichte des Ersten Jahrtausends erschienen ist. Aufgelistet
und erläutert finden sich darin sämtliche archäologische Fundstellen in 90
Gemarkungen innerhalb der Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen
und des Stadtkreises Freiburg.
Die Alamannen unterstanden dem fränkischen Königsgeschlecht der Merowinger.
Sie siedelten dort, wo sie günstige Lebensbedingungen vorfanden. Aus ihren
"Siedlungskammern", den Wirtschaftsbereichen, bestehend aus Ackerflur,
Weideland, Waldgebieten, Höfen, Bestattungsplätzen und eventuell einer Kirche
oder einer Burg, bildeten sich im Lauf der Jahrhunderte die Dörfer, deren
Ortsnamen auf "-ingen" enden wie sie heute noch bestehen. Denn
-ingen
bedeutet "die Sippe von",
demnach heißt Gundelfingen übersetzt ins heutige Deutsch "Die Sippe des
Gundolf". Jüngere Siedlungen tragen Endungen wie -hof oder -hausen.
....
Silvia Faller, BZ vom 18.7.2002, ganzer Artikel
Buchtip: Die "Alamannische Siedlungsgeschichte im Breisgau" von Michael Hoeper
ist im Rahdener Verlag Marie Leidorf erschienen, das Buch hat
328 Seiten und kostet 71, 50 Euro
eMail
michael.hoeper@ufg.uni-freiburg.de
Weitere Informationen zu den Alemannen in unserer
Gegend: Beiträge im Netz bei archäologie-online (eine Freiburger Seite) mit
Artikeln zu den Alemannen:
An der Schwelle von der Antike zum Mittelalter: Die Alemannen.
Mit Beiträgen von Dr. Christel Bücker, Prof. Dr. Dieter Geuenich, Dr.
Michael Hoeper, Niklot Krohn und Stefan Mäder M.A.
http://www.archaeologie-online.de/magazin/thema/2001/01
Opfinger Wörterbuch von Jürgen
Sutter
OPFINGEN. Die ersten Kirschen hängen schon reif an den Bäumen: Zeit für die
Opfinger zu "gine". Zu was? Viele werden hier Probleme mit dem Verstehen haben.
Schließlich hat Opfingen seinen eigenen Dialekt. So "gine" die Bürger etwas
weiter nördlich die Steinfrucht nicht mehr, sondern "bräche die Griäse" oder
"mache sie rab". Im Hochdeutschen werden die Kirschen einfach nur geerntet.
Damit nun auch andere Leute die Opfinger verstehen, verfasste Jürgen Sutter das
"Opfinger Wörterbuch".
...
Der gesamte Ortschaftsrat war begeistert von Sutters Werk in der
Dieth-Schreibung - die Wörter werden so geschrieben, wie sie gesprochen werden
ohne Rücksicht auf die deutsche Schreibweise. Deshalb stimmten auch alle zu, das
Buch anlässlich zum 1000-jährigen Jubiläum der Ortschaft in vier Jahren zu
veröffentlichen. Doch bis dahin werden noch einige Diskussionen über Rechte,
Finanzierung oder Auflagenzahl anstehen. "Wir werden das Projekt auf jeden Fall
weiterverfolgen", versprach Brand. Schließlich sei das Wörterbuch ein Stück
Kulturgut. So weiß dann auch jeder, dass mit "naimé" nichts anderes als
"irgendwo" gemeint ist.
mis, BZ vom 13.6.2002, ganzer Artikel unter
www.bzol.de
Mundart kennt Witz und Ernst
Hallo friends -
Änglisch un Franzesisch
Am e schene Dag sait mer mi Bue ins Gsicht, er diäg kei Franzesisch lehre.
Nit ums Verrecke, do kennt ich mache, was ich will - des sej ihm z schwär,
diä Sproch brücht er nit, er lehrt Änglisch. Un iberhaüpt, wurum derf er
dänn kenni Spiiler uf minem Computer meh spiile, het er gfrogt. Doch, dü
derfsch, hani gsait, aber nit des Lumpeziig, diä amerikanische Griägsspiil,
wu dr do alliwiil heim schleipfsch. No het er sich in si Zimmer iigschlosse,
isch in Hungerstreik drätte, dä jung Rebäll, wu no vor kurzem e glei Biäbli
gsii isch ...
Jetz dänk i emol zruck, wu ich eso alt gsii bii, anne 1960 ... Amerikanischi
Griägsspiil hän dert no ke Roll gspiilt in dr Kinderzimmer, drfir het dr
zweit Wältgriäg dr Lit no dänkt, wiä wänn er geschtert gsii wär. Do isch
zwar scho so langsam d anglo-amerikanisch Popmüsik ufkumme un ich bii, zum
Ärger vu minem Vatter, glii e Fän gsii. Aber, un des isch dr Unterschiid:
Diä drei, viär Sänder im Badische, wu hit noch ditschi
Nämme hän, aber 24
Stunde am Dag änglischi Müsik bringe, hets dert nonit gää. D bescht
Popmüsik
hän d franzesische Sänder brocht. Mir hän als am Radio "Salut les copains"
("Hallo Freunde") ghorcht, zum an d allernejscht änglisch Müsik kumme. Diä
Sändung isch als ei, zwoo Stund gange, un kenni 24. Fufzig Brozänt vu dr
Liäder sin ännewäg franzesisch gsii - un des isch dert äne hit noch eso. Diä
eigentlig Bildungssproch im Badische isch Franzesisch gsii, wänn nit gar
Latiin. Frankrich, d franzesisch Kültür isch bi uns do häne viil präsenter
gsii wiä hit, trotz ass mer an dr Gränz gstriitzt wore isch.
D EU het jetze d Gränze abgschafft, aber sälle Rhiin, wu scho so viilmol
Front gsii isch, wird alliwiil diäfer - s Alemannisch im Elsiss stirbt üs un
im Badische serblets vor sich hi. Mir alti Nochbere häne un däne brüche ball
e Dolmätscher oder s Änglisch zum is unterhalte. Ass mer jetz Franzesisch
scho in dr Grundschuel iifiährt, kennt e Schritt in d richtig Richtig sii.
Wiä d Pisa-Studiä zeigt het (un wiä e Hüffe Eltere un
Lehrer scho lang
gmerkt gha hän), si mir bildungsmäßig zum Entwicklungsland abgsunke. Wu
Schwachi un Unterprivilegiärti verratzt sin. Hoffentlig bassiärt des
Wunder,
ass Franzesisch vu sällene Gitzkräge un Dilettante, wus in dr Bolitik un in
dr Schuelhiirarchii gää soll, gschejd umgsetzt wird.
Harald Noth, Lueginsland, BZ vom 1.6.2002
Mundartabend mit Pflaum & Sesterhenn in Kirchzertens Talvogtei
KIRCHZARTEN (ro). Von "Pflaum & Sesterhenn" ist bekannt, dass sie Mundart zur
Kunst erheben. Dieses trifft ebenso auf die Solokabarettistin Sabine Esslinger
zu. Mundartkunst also vor 130 Augen- und Ohrenpaaren beim Mundartabend
"Schwäbisch un alemannisch gschwätzt un gsunge" in Kirchzartens Talvogtei.
"Zwische no schneller, no meh un no bequemer wurd's Lebe verquetscht" Stefan
Pflaum wirft die kurze Haikuzeilen nur so hin. Sein Akkordeon zeichnet knapp
nach, der Ton ist verklungen - noch immer denkt der Zuhörer. So will es der
Mundartdichter, so begeistert er seine Zuhörer. "Theater" folgt im Sprechgesang,
dreiversig. "Wenn einer uss jedre Komödi ä Drama macht, was ä Tragödi!", lautet
der Schluss, Raimund Sesterhenn akzentuiert per Saxophon,
staccato-staccatissimo, teils frech die Akkordeontöne umwerbend. Wieder eine
Lebensweisheit in aller Kürze. Das Publikum zeigt sich begeistert.
Zeigen, dass Mundart nicht nur "Folklore" ist, will das Duo: "Sie ist in der
Lage, sich selbst zu reflektieren und zu sich selbst ein gebrochenes, ironisches
Verhältnis zu haben", bekennen die beiden Pädagogen des Sprachenkollegs für
studierende Ausländer in Freiburg.
...
Im Engagement dreier ihrer Mitglieder für die Landesjubiläumsveranstaltungen mit
Mariele Loy (schon in Fellbach-Schmiden), Roswitha Dold (12. Oktober,
Pfullingen) und Pflaum & Sesterhenn (nochmal im schwäbischen Balingen) sieht
sich die Gruppe Dreisamtal der Muettersproch-Gesellschaft in ihrem Streben
bestätigt, die Mundart nicht zu pflegen, sondern zu leben als "Muttersprache" im
"Vaterland". Genauer: Als eine Muttersprache von vielen in vielen Vaterländern.
Monika Rombach 28.5.2002
Ist Schweizer-Dütsch
nur ein deutscher Dialekt? Warum
schreibe ich diesen Aufsatz Hoch-Deutsch, in einer Fremdsprache, die ich in der
Schule lernen musste?
Weil wir "Deutsch"Schweizer, seit es uns als Teil einer Nation gibt, mit unserer
eigenen Sprache eine defensiv-unterwürfige Haltung einnehmen. Wir liessen unsere
Verständigungsform seit Jahren von den Nachbarn im Norden lächerlich machen. Man
hat kurzerhand unsere Sprache als "Dialekt" disqualifiziert und sie ins Getto
des Nur-Gesprochenen verbannt.
Sprache vs.
Dialekt.
Wer oder was bestimmt eigentlich was eigenständige Sprache, was Dialekt ist?
Wenn es um die Grösse der Unterschiede geht, so ist das Schweizer"deutsch"
zweifellos eine Sprache. Sie weist grössere Abweichungen vom Hochdeutschen auf
als beispielsweise das Holländische vom Flämischen oder das Dänische vom
Norwegischen.
Wenn man aber einem Norweger sagt, er spreche einen dänischen Dialekt so wird er
entrüstet kontern:
"Vor vierhundert Jahren waren beide Länder ein gemeinsames Königreich, aber
unsere Sprache hat sich getrennt entwickelt, seit es ein Norwegen gibt. Wir
sprechen norwegisch, die andern dänisch."
Wie gesagt: Die orthographischen und phonetischen Unterschiede sind viel kleiner
als zwischen deutsch und schweizerisch! Was also ist "Sprache", was "Dialekt"?
Unser von anderen Sprachgruppen so
unterschiedliches Verhalten hat uns z.B. das Kuriosum beschert keine eigene
Schriftsprache zu besitzen. Sogar unser Parlament muss in einer verwandten
Fremdsprache parlieren. Das bringt uns "Deutsch"schweizer natürlich in eine
benachteiligte Lage gegenüber den Romands und den Ticinesi, die ihr Patois schon
lange verlassen haben und ein reines Französisch resp. Italienisch sprechen.
Leider wird von den Welschschweizern nicht anerkannt, dass wir uns ihretwegen
mit einer Fremdsprache abmühen und daher ein Stück unserer Kultur vernachläsigen
müssen.
Der alte Einwand gegen die Verwendung der allemannisch-schweizerischen Sprache
ist immer noch, dass man einen Walliser oder einen Berner Oberländer nicht
verstehen könne. Das ist purer Unsinn. Es mag einige wenige Wörter geben, die
man zuerst erfragen muss, aber sonst kann ein Schweizer einen Schweizer aus
einem anderen Kanton verstehen, wenn er/sie will.
Stellen Sie sich doch einmal eine Sprache vor bei
der Sie die Herkunft des Sprechenden bis auf 60 Kilometer genau definieren
können -wenn er/sie in der Fremdsprache
Englisch
spricht!!! Genau das charakterisiert die
Dialekte der
schweizerischen Sprache, von der es leider keine geschriebene Version
gibt. Im Gegensatz zur üblichen Verniedlichung des
Schweizerischen bin ich stolz auf meine Sprache. Besonders im Vergleich mit der
Hochdeutschen. Denn sie beinhaltet weit mehr Internationalismen und ist damit
trotz ihrer Bedeutungslosigkeit weltoffener als die Hochsprache.
Unterschiede bei der Verwendung von
Fremdwörtern.
Es ist bedauerlich wie die Medien TV und Radio,
die sich ja vielfach der Hochsprache bedienen müssen, die schweizerischen
Eigenheiten unter den Tisch wischen.
Dies betrifft in erster Linie neudeutsche Wortschöpfungen und die Aussprache von
Fremdwörtern.
Schauspieler sowie TV- und Radiosprecher haben in den von Deutschen geführten
Sprachschulen umlernen müssen und sind jetzt in der Lage, Fremdwörter "deutsch",
und falsch auszusprechen.
Während wir seit Jahren viele Fremdwörter aus dem
Französischen in unsere Sprache aufgenommen haben, werden dieselben Begriffe bei
den Deutschen - m Zuge der Modewelle - aus dem Englischen entlehnt:
"der Rapport" (CH) kommt aus dem Französischen, "der Report" (D)
kommt aus dem Englischen.
Lange vor dem gequälten "Service" (Sörwiss ausgesprochen) kannten wir das
französische "service".
In der Schweiz heisst es "die Etikette" und weder "das Etikett" noch "das
Label"".
Wegen dieser unterschiedlichen Herkunft ist der Artikel in den beiden Sprachen
verschieden. Da das Französische männliche und weibliche Artikel kennt, das
Englische nicht, heisst es im deutschen Deutsch "das Limit"
(aus: the limit), im schweizerischen Deutsch aber "die Limite"
(aus: la limite).
Warum ist das für die schweizerischen Sprecher so schwer zu begreifen?
Seit wir Kontakt mit unseren wichtigen nördlichen
Geschäftspartnern haben, werden wir unserer Aussprache wegen von diesen
belŠchelt. Ich finde es ist an der Zeit, den Spiess umzukehren. Dazu gibt es,
der "Amerikanisierung" des Deutschen wegen, massenhaft Anlass.
"Die Aussprache der Deutschen kennt den Vokal "ä"
nicht, das Schweizerische wohl. "Ä wie in Ärde (CH). Und daher kommt der
Pferdefuss der deutschen Americamanie: dieser Laut ist der zweithäuffigste im
Englischen. Wer ihn nicht aussprechen kann, wie 90 % der Deutschen, liesse die
Verwendung englischer Fremdwörter besser bleiben. Sonst wird aus Dallas "Delles",
aus Miami "Meiehmi", aus Canada "Kenneda", aus Los Angeles "Los Ehntscheles",
aus Natalie wird "Nettelie". Man und men sind nicht mehr zu unterscheiden, weil
beide wie "men" ausgesprochen werden. Rats werden zu "Rets", acid wird zu "ehsid",
food additives zu "Food Edditifs" und wenn in einem der vielen in Berlin
verdeutschten Filmen jemand teutonisch nach "Ellis" oder "Casey" ruft (so
wenigstens tönt das unbeholfene Dubbing), so sind das keine Familiennamen,
sondern die Vornamen Alice und Cathy!
Quelle:
http://www.fortunecity.com/victorian/bronte/142/index.html
(diese Website wird leider nicht mehr gepflegt)
Alemannische Dialektszene heute
von Christian Schmid
Referat, gehalten am 17. März 1998 in Schopfheim, Auftaktveranstaltung der 10.
Schopfheimer Mund?Art Literaturwerkstatt. Mit freundlicher Abdruckerlaubnis von
Markus M. Jung, Wehr.
Kleine Literaturen sind, wie alle Literaturen, nicht immer fein. Noch heute
schätzen viele in der Mundart vor allem burleske verbale Handgreiflichkeiten.
Sie wollen unterhalten werden und lachen, nicht über ihr Sein in der Welt
nachdenken. Zahlreich sind Dialekttexte, in denen aussterbende ländliche oder
städtische Lebensformen und Bräuche beschrieben werden in der Absicht, sie für
nachkommende Generationen festzuhalten. Sie erfüllen ihren Zweck nicht dann,
wenn sie literarischen Ansprüchen genügen, sondern wenn sie die volkskundlich
relevanten Sachverhalte anschaulich und präzise schildern. Zahlreich sind auch
jene Texte, die sozusagen letzte Zeugnisse für aussterbende Dialekte sein
wollen. Auch sie sind nicht allein literarisch zu werten, sondern im Hinblick
auf ihre sprachliche Genauigkeit. Mundartliteratur ist also ein weites Feld, und
wer nur den ästhetischen Anspruch im Auge hat, lässt besser die Finger von ihr.
Wer aber mit seinem Schreiben diesen hohen ästhetischen Anspruch vertritt, also
mit seinem Schreiben vor allem Literatur im Sinn hat, muss wissen, dass er sich
antizyklisch verhält, dass er mit seinem Schreiben gegen den Strich jener
Erwartungen bürstet, die hohe Literatur mit Hochsprache gleichsetzt. Wer, wie
Markus Manfred Jung, moderne Mundartlyrik schreibt, muss mit seinen Texten den
Beweis antreten, dass es sich lohnt, sie zu lesen, gerade auch weil sie in
Mundart geschrieben sind, weil sie ihre Kraft auch ihrer besonderen Sprachform
verdanken. Wer, wie Wendelin Wurth, Mark Twains ?Huckleberry Finn? auf
alemannisch übersetzt, muss diese Zumutung damit rechtfertigen, dass Leser und
Leserinnen, die denselben Text auch auf englisch oder hochdeutsch lesen könnten,
für ihre Anstrengung mit einem besonderen sprachlichen Lesegenuss belohnt
werden, den nur diese alemannische Übersetzung bietet. Kurz und gut, wenn sich
Mundartliteratur dem Literarischen verpflichtet, erreicht sie jene Leser und
Leserinnen, die sich vom Lesen einen ästhetischen Genuss versprechen. Das sind
wenige, sicher aber nicht diejenigen, die es in der Mundart einfach sauglatt
haben wollen, oder diejenigen, die in alten Erinnerungen schwelgen wollen. Aber
es ist gerade diese mit hohem ästhetischen Anspruch schreibende
Mundartliteratur, welche die Mundartliteraturszene bewegt und sie nicht im lauen
Bad des Ewiggleichen und Ewigniedlichen dümpeln lässt, bis sie schrumplig wird.
Dass ein Mann oder eine Frau Mundart schreibt, hat in den besten Fällen damit zu
tun, dass er oder sie gerade diese Sprachform ausserordentlich gut beherrscht,
in ihr besonders begabt ist. Da muss dann die Frage ?Weshalb im Dialekt?? gar
nicht erst gestellt werden.
Von Anfang an ist in die Mundartliteratur die Angst vor dem Verlust des Eigenen
oder der Protest gegen diesen Verlust eingeschrieben. Diese Angst prägt heute,
in einer Zeit der Globalisierungs- und Vernetzungseuphorien, die
Mundartliteratur wieder stärker als vor zwanzig Jahren. Viele der besten Texte,
die ich heute für die Mundartsendung ?Schnabelweid? bei Schweizer Radio DRS1
erhalte, sind Erkundungen der Nähe, des eigenen Lebensraums. Es sind präzise
Entdeckungsreisen unter den Zuckerguss überlieferter Beschönigungen.
Der Alemannen-Spiegel 1998/4
© by freiburg-schwarzwald.de, Update
09.12.06
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