Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Alemannisch - Infoseite 2
 

Home >Alemannisch >Alemannisch2

Blüheder Mohn Ende Mai 2002: rot - grün - dunkel

Aktuelle Infos zu Alemannen und Alemannischem

 

Dem Alemannisch fehlt das Prestige 
 

Anders als die Schwaben verstecken die Badener ihren Dialekt - trotz aller Bi-uns-ka-mer-au-alemannisch-schwätze-Sticker

"Wir können alles. Außer Hochdeutsch": Der Spruch aus der Imagekampagne des Landes Baden-Württemberg behagt jedem Schwaben. Denn dort strotzt die mundartlich geprägte Umgangssprache nur so vor Selbstbewusstsein. Im anderen Landesteil, in Baden, trifft man diese Haltung spürbar weniger an. Hier hat man noch nicht einmal den Gegenbegriff zum Schwäbischen als Sprache: Badisch ist vielleicht die Lebens-, aber keine gemeinsame Mundart. In Baden wird höchst unterschiedlich geschwätzt - vom Fränkischen im Norden übers Pfälzische um Heidelberg herum bis zum so genannten Südalemannischen, was freilich in Südbaden eher ein Notname für eine Sprachfamilie mit unterschiedlichen Regionaldialekten ist. Notname, Notfall: Gerade in Südbaden hört man oft die Klage über das allmähliche Verschwinden der Mundart, doch das halten die Dialektforscher für falsch. "Der Dialekt lebt, weil er sich verändert", sagt der Tübinger Landeskundler Hermann Bausinger. Der Dialekt passt sich der Moderne an; weil diese viele alte Dinge abschafft, gehen auch deren Namen verloren.

Doch der Dialekt kann sich auch die Moderne aneignen, und käme sie englisch daher. Rudolf Post, der an der Universität Freiburg am Badischen Wörterbuch arbeitet, kennt Beispiele: Aus dem T-Shirt ist längst das "Tie-schärtle" geworden. Eine Sprache, die sich auf solche Weise selbst modernisieren kann (auch wenn sie dies nur dem Klang nach tut, ohne einen neuen Namen für die Sache selbst zu finden), stirbt nicht. Was freilich auch seine Grenzen hat, wie Bausinger aufzeigt: Wenn aus dem "String-Tanga" im Schwäbischen das "Bändeles-Hösle" werde, dann schwinge da nichts mehr mit vom "Neuen, Gewagten, Erotischen".
Verändert hat sich indes vor allem der Stellenwert der Mundart. Unverfälscht findet sie sich eigentlich nur noch im ländlichen Raum - im Wiesental etwa, im Hotzenwald oder in Dörfern des Kaiserstuhls. In Freiburg dagegen ist aus dem Dialekt längst eine vom regionalen Alemannisch nur mehr geprägte Umgangssprache geworden, ein eigener Stadtdialekt, der sich der speziellen Begriffe nicht mehr sicher ist. Die Neigung der Sprecher - mehr zur Mundart oder mehr zur Hochsprache, dem Standard-Deutsch - hängt ab von der jeweiligen Gesprächssituation, vom jeweiligen Milieu. Wenn daher im Freiburger Regierungspräsidium ein Aufkleber ermuntert "Bi uns cha mer au alemannisch schwätza", dann zeigt gerade das, was hier gewöhnlich fehl am Platze ist - die Mundart nämlich. In einem Stuttgarter Büro käme ein derartiges Schild dagegen komisch an: Dort kann man eben alles - außer Hochdeutsch.

Anders als in der Schweiz käme in Baden auch niemand auf die Idee, eine offizielle Rede, gar einen wissenschaftlichen Vortrag im reinen Dialekt vorzutragen. Das Alemannische hat einfach nicht das "Prestige", wie die Sprachsoziologen sagen, um daraus Selbstbewusstsein zu ziehen. Genau deshalb gibt es zwar mit Bienzle einen schwäbischen "Tatort"-Kommissar - in den "Tatorts" aber, die in Baden spielen, ist Mundart allenfalls von Randfiguren zu hören.  Selbstverständlich gibt es Anstrengungen, den Dialekt zu heben, etwa durch die Muettersproch-Gsellschaft. Ein vergeblicher Kampf? Präsident Walter Möll sieht das Problem vor allem bei Jugendlichen: Ihnen werde die Mundart zunehmend fremd, weil sie fälschlich als Ausweis geringer Bildung gelte.

Andererseits, das zeigen andere deutsche Sprachlandschaften, ist die besondere Pflege der Mundart im Theater und der Literatur oft Ausdruck der Krise des Dialekts als alltäglich gesprochene Sprache. Diese Gefahr scheint in Baden nicht gegeben. Ganz im Gegenteil: Adolf Schmid, der Vorsitzende des Vereins "Badische Heimat", sieht im Alemannischen sogar ein Chance, dass der südliche Oberrhein grenzüberschreitend zu einer gemeinsamen Sprache findet. So etwas hat es schon einmal gegeben - als man sich im Widerstand gegen ein Atomkraftwerk in Wyhl einig war. Doch davon ist heute nicht mehr viel übrig

Wulf Rüskamp in der BZ vom 12.11.2003, www.bzol.de

  

 

Alemannische Mundart - Internetforum von Harald Noth aus Oberrotweil

Wer sich für den heimischen Dialekt interessiert, ein Faible für das Alemannische hat, kommt an einem nicht vorbei: an Harald Noth und seinem "Alemannischen Dialekthandbuch für den Kaiserstuhl und Umgebung". Das umfangreiche Werk, das er vor zehn Jahren in einer Auflage von rund 2500 Stück publizierte, ist längst vergriffen. Auf seiner neuen Internetseite www.noth.net bietet Noth jetzt eine aufschlussreiche, komprimierte Fassung davon und dazu viel Interessantes, Amüsantes und Wissenswertes rund um das Alemannische. ...
"Zehn Jahre Dialekthandbuch" - für alle, die sich in irgendeiner Weise mit dem Dialekt und seinen verschiedenen Ausprägungen und Schreibweisen beschäftigen wollen, ist Harald Noths sorgfältig erarbeitetes und profundes Werk ein Muss. Akribisch genau und mit großer Sachkenntnis hat er sich dem Thema gewidmet und auf diesem Gebiet quasi Pionierarbeit geleistet. ...
Amüsant und sehr interessant sind die Beiträge der Dialektautoren Martha Schmiedle (Gottenheim), Edwin Röttele (Wyhl), Theo Klaus (Bischoffingen), Otto Meyer (Endingen), Wolfgang Miessmer (Endingen), Arno Müller (Ihringen), Harald Noth (Oberrotweil), Erna Sonner (Eichstetten), Arno Landerer (Oberrotweil), Axel Mayer (Endingen), Eberhard Peter Flamm (Wyhl), Ralf Busch (Wyhl), Jürgen Sutter (Opfingen) und weiterer Autoren allemal. Sie beschäftigen sich mit verschiedenen Themen, haben in Gedichten und anderen Beiträgen ihrer alemannischen Heimat und den Menschen, den Sitten und Gebräuchen, Schönem und Erfreulichen nachgespürt, aber auch dem, was sie in der Welt bekümmert und betrübt. Nachdenklich stimmt der Beitrag des Elsässer Publizisten Gabriel Andres, der seinem geliebten Elsass Adieu sagen muss - weil seine Heimat in ihrem Ursprung immer mehr verschwindet. Hinweise und Auszüge aus den Chroniken von Oberrotweil und Eichstetten runden die Themenvielfalt ab. Der Beitrag des Historikers Dieter Geuenich zur "Geschichte der Alemannen" und Noths Auseinandersetzung damit hat der Oberrotweiler nicht umsonst mit dem Vermerk versehen - "do musch hirne". ...
Ruth Seitz vom 6.9.2003, ganzen Artikel auf www.bzol.de lesen

zu Harald Noth

  

 

Baseldeutsch durch Kanak-Sprach ersetzt?

Bislang hat sich das Baseldeutsch gegenüber allen Anfechtungen gut behauptet, aber jetzt droht die jugendliche "Kanak-Sprak"

Steht unser Baseldeutscher Dialekt in Gefahr, von fremden Sprachen aufgerieben zu werden? Die Frage lässt sich immer wieder stellen. Da jeder Dialekt in erster Linie gesprochene und nicht geschriebene Sprache ist, unterliegt er auch schneller einem Mischungs- und Auflösungsprozess als etwa das Standarddeutsch, das auf festgeschriebenen Regeln fußt. Ernsthafte Ängste, die stadtbasler Mundart könnte verschwinden, bestanden letztmals im ausgehenden 19. Jahrhundert, als es zu einer großen Einwanderungswelle kam. Damals prophezeiten gewisse Kreise den definitiven Niedergang des Baseldeutschen in Sprache und Schrift. Es kam nicht soweit. Zwar veränderte sich das Baseldeutsch, wurde etwa grober und verarmte auch in gewisser Weise, aber es blieb resistent.

Baseldeutsch-Spezialist Rudolf Suter macht indes für diese Veränderung nicht allein die Immigranten verantwortlich, sondern auch die Tatsache, dass noch bis zum Ersten Weltkrieg das Literaturwesen in Basel vom kaiserlichen Deutschland beeinflusst war, das den Dialekt grundsätzlich als Sprache des niederen Volkes wertete. Das änderte sich nach 1918. Vor allem aber vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Baseldeutsch - in Abgrenzung zum Ausland, insbesondere zu Deutschland - ein eigentliches Revival erlebte und einige Autoren und Dichter wie Fritz Liebrich, Dominik Müller und Hermann Schneider hervorbrachte.

Doch Literatur allein genügt nicht, Veränderungsprozesse einer Mundart aufzuhalten oder wenigstens zu bremsen. Bewusste Sprachpflege kann nur in Familie und Schule - und zusätzlich über Wörterbücher und Grammatiken erfolgen. In Basel fand 1976 Rudolf Suters Baseldeutsch-Grammatik außerordentliches Interesse - und acht Jahre später Suters Baseldeutsch-Wörterbuch.

Wie aber steht es in der Schule mit der stadtbasler Mundart? Kann sie sich noch behaupten, da doch das Standarddeutsch schon in der Primarschule als Unterrichtssprache gilt und im Kindergarten bereits Standarddeutsch-Versuche laufen? Sie kann. "Denn der Dialekt", so sagt Hans Georg Signer, Stabsleiter Ressort Schulen, "ist die Beziehungssprache. Zudem ist er identitätsstiftend und bedeutet Heimat: Er ist die Muttersprache, die Sprache, in der ich mich mit (fast) allen über (fast) alles unterhalten kann, die in Basel leben." Kein Wunder, schreiben sich Schülerinnen und Schüler E-Mails, Postkarten und SMS durchwegs auf Baseldeutsch.

Deshalb scheint es Signer auch wichtig, dass - zwecks Integration - auch Migranten-Kinder den Dialekt gut sprechen können. Aber ausgerechnet hier sehen Baseldeutsch-Verfechter ihren Dialekt bedroht. Sie sehen ihren Dialekt mehr und mehr von der jugoslawischen und türkischen Sprache zersetzt. Tatsächlich hat sich vor allem in bestimmten Wohngebieten unter ausländischen Kindern und Jugendlichen eine Art Soziolekt, eine Mischung aus Dialekt und anderen Sprachen, entwickelt, der sich durch abgehacktes Sprechen und grammatikalisch unvollständige Sätze auszeichnet. Dieser Soziolekt ist inzwischen so auffällig geworden, dass er - quasi als Modeerscheinung - nicht nur von Basler Kindern übernommen wird, sondern auch schon in Witzen Eingang gefunden hat. Sagt der Lehrer zum Schüler Bülent: "Bilde einen Satz mit dem Wort Vater." Sagt Bülent: "Mi Votter fohrt BMW." "Nicht schlecht", meint der Lehrer, "nun bilde aus diesem Satz eine Frage." Sagt Bülent: "Mi Votter fohrt BMW - wuaisch?"

Indes offenbart dieser Soziolekt (Kanak-Sprak) wohl weniger sprachliches Unvermögen, sondern dient eher als Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen - etwa gegenüber der Erwachsenenwelt.

Dominik Heitz, Basler Zeitung, www.baz.ch vom 12.11.2003, dominik.heitz@baz.ch

In der Basler Zeitung finden Sie regelmäßig sehr interessante Beiträge zum Alemannischen - Dialekt im Dreieck Schweiz, Elsaß, Breisgau.

  

Lyrik ohne Bollenhut - Schriftsteller Armin Holzer gewinnt den Gerhard-Jung-Preis

Wenn ein Preis (für junge Mundartschriftsteller) erstmals vergeben wird, vier Kategorien geschaffen werden, aber ein und derselbe Autor gleich in dreien von ihnen den ersten Platz belegt, ist das eine bemerkenswerte Leistung. Dem aus Merzhausen bei Freiburg stammenden Armin Holzer, der beim derzeit an der Alemannischen Bühne zu sehenden Volksstück "Lottoglück" für Übersetzung und Regieassistenz verantwortlich zeichnet, ist der "Hattrick" gelungen.
Der 32-jährige Armin Holzer darf sich nun erster Gerhard Jung-Preisträger in den Kategorien Lyrik, Prosa und Spiel nennen. Eine klangvolle Auszeichnung, denn der vor fünf Jahren in Zell im Wiesental gestorbene und mit dem Hebel-Preis ausgezeichnete Gerhard Jung, der ein Riesenwerk von Gedichten, Kurzgeschichten und Theaterstücken verfasste, ist für die Freunde alemannischer Mundartliteratur der erste seit langem gewesen, der sich mit dem berühmten Vorbild Johann Peter Hebel vergleichen ließ. Der Respekt vor Holzer wächst dabei, wenn er erzählt, dass er eigentlich Augenoptikermeister ist, vor zwei Jahren aber beschlossen habe, "nun mal das auszuprobieren, was mir Spaß macht".

Vom Verwirklichen von Träumen, von Wünschen, die manchmal auch auf der Strecke bleiben, handeln denn auch die von Holzer für die Kategorie "Prosa" eingereichten Kurzgeschichten. Da ist Frieda, die es nicht mehr länger ertragen kann, wie ihr Frieder unter Eheglück fortschreitende gegenseitige Assimilierung versteht. Oder der junge Schauspieler, der erleben muss, wie die älteren Kollegen das Talent noch ein bisschen drücken, um ihre Wachablösung zu verschieben.
Den Kurzgeschichten Holzers werfen Mundartpuristen vor, zu sehr dem Hochdeutschen verbunden zu sein. Der Merzhausener bedient sich in der Tat in Bezug auf Satzbau und Vokabular auch beim Hochdeutschen, übernimmt vom Alemannischen vor allem die Lautung. Für ihn ist das kein Makel. "Warum soll man nicht hochdeutsche Grammatik herannehmen, um die Sprache ein bisschen anzuheben?" Ohnehin sei das so eine Sache mit dem Alemannischen und Literatur. Drei Vergangenheitsformen reduzieren der Dialektschwätzer mit Ausdrücken wie "S'isch gsi" oder "S'hät kha" mal so eben auf eine, auch bei der Orthographie gebe es unter den Schriftstellern in Mundart bei weitem keine Einheitlichkeit, abenteuerliche Formulierungen wie "ferschbrechen" ("versprechen") seien keine Seltenheit. Da versuche er so nah als vertretbar am Hochdeutschen dran zu bleiben, um sich lesbar zu halten. Und jüngere Schauspieler sagen auf der Alemannischen Bühne in seiner Übersetzung von "Lottoglück" auch nicht "eineweg" und "allewil". Sondern "ohnehin" und immer", wie im richtigen Leben auf einem badischen Dorfe in der Regel mittlerweile auch.

Von den ersten und letzten Dingen des Lebens handeln die fern jeglicher Bollenhut-Romantik angesiedelten Kurzgedichte Holzers. Die amerikanische Reaktion auf die Attentate auf das World Trade-Center hat Holzer zum Kurzgedicht "Stunde Null" angeregt. Und zum Drehbuch "Kriegsrot" (Gerhard Jung-Preis in der Kategorie "Spiel"). Die "große Wut über den Einmarsch der USA in Afghanistan" hat er in einer Satire um fünf kriegsbereite Herrschaften am ovalen Tisch verarbeitet.

Otto Schneckenburger, Der Sonntag vom 8.6.2003,  www.der-sonntag.de 

  

 

 

Johannes Helmle erhält 3. Preis im Gerhard-Jung-Wettbewerb

TITISEE-NEUSTADT. Johannes Helmle aus Neustadt hat so nebenbei einen zweiseitigen Text auf Alemannisch verfasst und damit den dritten Preis beim Gerhard-Jung-Wettbewerb in Zell im Wiesental gewonnen. Für ihn ist das kein Kunststück: Er schwätzt, wie ihm der Mund gewachsen ist, brüskiert Lehrer und Prüfer mit seinem breiten Dialekt und löst immer wieder Diskussionen aus, wie seine Geschichte "Dialekt-Probleme oder Schuel-Alemannisch" zeigt.

Der 19-Jährige sitzt gerade in den Abitursprüfungen und nimmt es recht gelassen: Sorge macht ihm einzig das Gerücht, dass die mündlichen Prüfungen hochdeutsch zu halten seien, da es sonst Notenabzug geben könne. Dabei hat sich Johannes mit Dialekt durch seine ganze Schulzeit gesprochen und ihn für manchen Lehrer aus "Preußen" auch übersetzt. Dass er jetzt ganz lupenrein sprechen soll, verwundert ihn doch.
Von dem mundartsprachlichen BZ-Mitarbeiter Harald Noth (Lueginsland) erfuhr Johannes vor einigen Wochen von dem Gerhard-Jung-Wettbewerb zur Förderung alemannischer Mundartdichtung in Zell. Aus Anlass des fünften Todestages eines der berühmtesten Vertreters des Alemannischen, lobte die Stadt unterstützt von der Sparkasse und der Muettersproch-Gesellschaft drei Geldpreise aus. Johannes hat schon reichlich Erfahrung mit öffentlichen Auftritten. Von Kindesbeinen an ist er begehrter Redner auf Hochzeiten und Geburtstagen. Bei den Großeltern stehen die Bücher von Gerhard Jung, und so trug er schon manche Gedichte und Geschichten vor. Bei den Jostäler Freilichtspielen stand er auch schon auf der Bühne.
...
Birgit Neuhardt, BZ vom 8.5.2003, ganzen Artikel lesen auf www.bzol.de

Di ditsch Schproch isch halt uulogisch - Johannes Helmle (8.5.)

  
 

Erster Gerhard-Jung-Preis fördert erstaunlich vielseitige und junge Mundart-Stücke zutage

ZELL. Bei der ersten Verleihung des Gerhard-Jung-Preises für junge Mundartdichter zeigte sich, wie lebendig, frisch und vielfältig das Genre in der Region vertreten ist. Junge Autoren aus dem badischen Raum sandten insgesamt 64 Beiträge zu den Sparten Lyrik, Prosa, Lied und Spiel ein. Mit der Auslobung des Preises löst die Stadt Zell in Zusammenarbeit mit der Muettersproch-Gsellschaft und der Sparkasse Schopfheim-Zell ein Vermächtnis des verstorbenen Mundartdichters und Zeller Ehrenbürgers ein; der Wettbewerb soll künftig alle drei Jahre ausgeschrieben werden.

Die Jury, bestehend aus Gerhard Jungs Sohn, dem Schriftsteller Markus Manfred Jung, dem Mundartdichter und Vertreter der Muettersproch-Gsellschaft Helmut Heizmann und Andreas Klauser, Hauptamtsleiter der Stadt Zell, zeigte sich beeindruckt von der Qualität des Eingesandten.

Star des Abends war der 32-jährige Armin Holzer aus Merzhausen. Für originelle Ideen, mit hohem Einfühlungsvermögen sprachlich und stilistisch hervorragend umgesetzt, gewann er die ersten Preise in drei von vier Kategorien: Lyrik, Prosa und Spiel. Holzer, Träger eines Literaturpreises der Muettersproch-Gsellschaft und Augenoptikermeister, befasst sich zur Zeit mit dem Themenkreis "unerfüllte Wünsche". Er arbeitet gegenwärtig als Schauspieler, Regieassistent und "Mädchen für Alles" beim Freiburger Alemannischen Theater.

Ralf Busch aus Wyhl, Frontmann der Folk-Rock-Mundartgruppe "Fishermans Fall", gewann den ersten Preis im Bereich "Lied". Und das muntere Quartett vom Kaiserstuhl brachte mit modernem Mundartliedern über die klassischen Themen Weib, Wein und Gesang jede Menge Stimmung in den vollbesetzten Zeller St. Fridolinssaal.

Mundart hat viele Facetten, dazu zählen auch Witz und Humor. Wie bei dem Abiturienten Johannes Helmle aus Titisee-Neustadt, Träger des dritten Prosa-Preises, der mit seiner heiteren Geschichte "Dialektprobleme" das Publikum immer wieder zum Lachen brachte. Jürgen Sutter aus Ostfildern dagegen, Träger des zweiten Preises, malte in "Sísch Krieg" verstörende Bilder von Tod und Vernichtung, mit im Text eingestreuten alemannischen Kinderliedern, die monströs endeten.

Atmosphärisch dicht waren die in knappe Worte gefassten sechs "Wohrete" der Freiburgerin Ulrike Derndinger, Trägerin des zweiten Preises in der Sparte Lyrik, klar und direkt die Gedichte der Zellerin Nicole Keilbach-Schmittel, Gewinnerin des dritten Preises. Anerkennungspreise gingen an Corinna Zenger aus Marbach und an Noemi Luisa Zettler aus Zell. BZ vom 28.4.2003, http://www.fishermansfall.de/presse.html 

  

 

 

 

 

Löwenzahn - Bettseicher, Brunzblueme, Schisser

Es gibt einige Pflanzen, deren Namen nur wenigen Dialektsprechern geläufig sind und dann wieder andere, die jeder benennen kann, oft sogar mit mehreren Namen. Hierzu zählt der Löwenzahn, mit dessen gelben Blüten im Frühling ganze Wiesen übersät sind. Nicht nur seine Namenvielfalt ist erstaunlich kleinräumig, auch die Aspekte, die namensgebend waren, suchen in der Wortgeographie ihresgleichen. Besonders die harntreibende Wirkung des jungen Löwenzahns, der gern als Salat gegessen wird, war bei der Namensgebung produktiv und schlägt sich in Bezeichnungen wie Bettseicher, Seicher, Seichblueme und, etwas weniger derb, Brunzblueme oder Brunzerli nieder, die besonders häufig in Mittelbaden anzutreffen sind. In zwei kleinen Gebieten im mittleren und nördlichen Schwarzwald kommt es gar noch dicker, denn dort wird diese unschuldige Pflanze Bettschisser genannt. 
Anderswo wird die Staude gerne mit den Tieren in Verbindung gebracht, die sie mit Vorliebe fressen. Vor allem zwei Vierbeiner scheinen hier in Frage zu kommen, das Pferd und das Schwein. Selbstverständlich heißt der Löwenzahn dann mundartlich Roßblume, was besonders für die Gegend um Freiburg und den daran anschließend Schwarzwald gilt, und im südlichen Markgräflerland und dem Hotzenwald Saublueme, Saustude (‚Saustaude‘), Saustock oder Saudätsch, bezugnehmend auf den rosettenartigen, wie flachgedrückt erscheinenden Blätterkranz. Auch die Morestude, bzw. die  Morewurzle gehört in die Kategorie der durch Tiernamen motivierten Bezeichnung, denn eine Mor ist eine Muttersau, die als säugendes Tier ja ein besonderes Anrecht auf diese nahrhafte Pflanze hat.
BZ-Serie mit friedel.scheer-nahor@germanistik.uni-freiburg.de

http://omnibus.uni-freiburg.de/~scheern/pfing00.htm#loewe, mehr hier

  

 

Gelbfüßler und Sauschwob -Volkskundler Werner Mezger

LÖFFINGEN. Nicht ganz wie Daniel in der Löwengrube, den Fluchtweg jedoch ausgetestet und fest im Blick, so hielt Volkskundler und Professor Werner Mezger seinen Vortrag über "Gelbfüßler und Sauschwob". ....
Eine Fülle historischer, politischer, sozialkultureller, atmosphärischer und territorialer Aspekte kristallisierte klar den Antagonismus zwischen
"badischen und unsymbadischen" heraus. Stereotypen wurden erstklassig bedient. Letztlich gebe es jedoch den Badener und den Württemberger schlechthin gar nicht, so Mezger. Dem widerspreche die Summe der Identitäten. Unter der heutigen Beschriftung des Bundeslandes lägen immer noch die früheren Kulturen, zudem befinde sich das Land aufgrund erneuter starker Zuwanderung im Umbruch. An dieser Stelle verdeutlichte der Freiburger Universitätsprofessor, wie fruchtbar die ständigen gegenseitigen kritischen Blicke und das Konkurrenzverhalten seien. Denn in einem Land, das nicht florierte, gäbe es keine Zuwanderung. Das gesunde Misstrauen beiderseits sei ein Garant für den Erfolg der Vernunftehe Baden und Württemberg.

Besonders vergnüglich waren Mezgers Ausführungen über den "Prüfstein" Sprache: Schwäbischer Dialekt, dessen Vokalkombinationen die des Französischen bei weitem überträfen, sei Ausweis für jeden Schwaben, der seine Herkunft nicht verleugnen wolle. Dem stehe ein in der Sprachhierarchie übergeordnetes Alemannisch gegenüber mit relativ klaren Vokalen, spezifisch nur in den Konsonanten. Die wenigen Gemeinsamkeiten führten unter anderem zu gewissen "Kunstworten" wie "schwäbisch-alemannische Fasnacht", die in sich Widerspruch seien.
...
Susanne Sidi-Yacoub, BZ vom 19.11.2002, ganzen Artikel auf www.bzol.de lesen

  

Alemannen-Rap mit Stefan Pflaum und Raimund Sesterhenn

WALDKIRCH. Fixe Wortspiele in einer Sprache, die zweifellos geeignet ist, tiefsinnigen Spitzfindigkeiten enormen Ausdruck zu verleihen, begleitet von rhythmisch-jazzigen Klängen - das ist der "Alemannen-Rap". Diese außergewöhnliche Stilrichtung präsentierte das Duo Stefan Pflaum und Raimund Sesterhenn auf Einladung des Förderverein Georg-Scholz-Haus in der Galerie und begeisterte damit die zahlreichen Gäste.
Im Programm ging's im wahrsten Sinne "alemannisch gege de Strich": in seinen eigenen amüsanten und gleichsam tiefsinnigen Texten beleuchtete Pflaum neben verschiedensten Lebensperspektiven auch so manchen Alltagseindruck. Gerade der skurrile Witz verstärkte die Tragik so mancher Aussage. Dem Sprachlehrer aus Lahr gelang es gar plastisch, die Gedanken der Zuhörer auf Vergänglichkeit, gesellschaftliche oder familiäre Probleme oder selbst auf banal Anmutendes zu lenken. Er schilderte die Pein der Kühe auf der Wiese an einem heißen Sommertag, wenn Mücken und Bremmen über sie herfallen. So handelten die Lieder und Wortbeiträge unter anderem von den "Regeln fürs Leben", "Trotzköpfen" oder "Musterpatienten" gleichwohl wie von den Sichtweisen eines Goethe in Konstellation zu denen von Dorfbewohnern in China oder Deutschland, präziser Baden.
Die musikalische Begleitung dieser Darbietung formte Pflaum (Akkordeon) zusammen mit Raimund Sesterhenn aus Denzlingen (Saxophon und Mandoline), der ebenfalls Sprachlehrer für ausländische Deutschstudenten am Freiburger Sprachkolleg ist. Das perfekte Zusammenwirken der beiden Musiker verweist auf ihre gemeinsame Arbeit an den Kompositionen. Nachdem Pflaum seine alemannischen Texte über eine lange Zeit bloß gesammelt hatte, sortierte er sie schließlich und setzte sie gemeinsam mit seinem Kompagnon Sesterhenn in Bezug zu den passenden jazzig-rapigen Rhythmen.
BZ vom 17.10.2002, ganzen Artikel lesen auf www.bzol.de

  

Unschwob

Ins Land luege sott mer in dr Feriä, aber nit numme zum Fänschter nüs, mer mueß sinene Kinder ebis biäte, un sinere Fraü. Ich hänk also im Internet go luege, wänn s Chanderli ( www.kandertalbahn.de ) fahrt. Dr Räbebummler ( www.rebenbummler.de  ) känne mer scho. Ha komm, sait mi Fraü, mer gucket no gschwind, was beim Zorbas los isch. Mer glicke also d Houmpejtsch vu sällere Friiburgeri a, wu in unserem griächische Ürlaübsort e Reisebüro het. Wätter dert unte: natiirlig beschtens. Aktuelles: s het sälli Wirtschaft am Strand, wu mir als ghockt sin, verrisse! Gasexplosion! Un jetz lue do! "Zorbas-Homepage auf Schwäbisch!" Klick, un rumms, mich haüts vu dr Socke. Diä ganz Heimsitte uf Schwebisch! Wär het des ibersetzt? Het Zorbas jetz e Schwob iigstellt? Egal, Schwebisch isch schliäßig e Unterart vum Alemannisch. Un awel no besser wiä Normannisch. Jetz glicke mer uf e Gleich (Link) zu dr "Zeit": Ich wirr fascht verruckt: S Zentralorgan vu dr ditsche geischtige Haute-Volaute uf Schwebisch! Des gits doch nit! Ich hangel mich in däm Blatt vu einem Gleich zum andere - nyt as wiä Schwebisch. Zruck zu dr Heimsitte - awel no schwebisch. Aber wämmer gnaüer ani luegt: Des Schwebisch isch zimli misrablig. Un wämmer jetz wiider Hochditsch wott? Mir wirds afange unheimlig. Mi Fraü e Schwobemaidli, s Internet uf Schwebisch - i mein, i versüff im e schwebische Meer. Do unte villicht dr Rettungsanker: In blaüer Schrift stoht do "unschwob". Ich glick druf, un rumms - alles wider hochditsch. Mir gheit e Stei vum Härz. Wär hätt dänkt, ass grad ich eso an dr Standardsproch hänk!

Gspass uf d Sitte: Des Schwebisch kunnt vume Ibersetzungsprogramm. Diä Softwär isch an dr Uni üsdiftlet wore, aber nit z Stuegert oder z Dibinge, wiä mer sott meine. Un an dr Friiburger Uni scho gar nit. Unseri Gscheide hiä färche dr Dialäkt jo wiä dr Deifel s Gwychtwasser. D Heidelbärger häns verbroche ( http://unimut.fsk.uni-heidelberg.de/schwob.html ). Sie sueche jetz eber, wu s Brogramm aü fir anderi Dialäkt schribt. No brüchsch villicht emol numme no glicke un rumms, d ganz Badisch Zittig isch alemannisch. Bis dert mueß es s Lueginsland no due (alli Samschtig uf  www.badische-zeitung.de  - Glick uf Baden-Württemberg). Des Lueginsland, wu jetz siter gnaü fimpf Johr vume Viärergspann zoge wird.
Harald Noth,  27.7.2002

Mehr zum UNIMIT Schwobifying-Übersetzer hier

  

 

 

Alamannen - Michael Hoeper dokumentiert Siedlungsgeschichte im Breisgau

FREIBURG/HOCHSCHWARZWALD. Es geschah im dritten Jahrhundert nach Christus. Von Norden her zogen Alamannen in den Breisgau und drängten die Römer in Gebiete südlich und westlich des Rheins zurück. Die sicherten die neue Grenze mit Kastellen wie auf dem Breisacher Münsterberg und auf dem Sponeckfelsen bei Jechtingen. Die Landnahme durch die Alamannen kann als Geburtsstunde der heutigen Dörfer angesehen werden. Eine Gesamtschau dieser Vorgänge hat nun Michael Hoeper, Historiker am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität, für den Breisgau erstellt. "Alamannische Siedlungsgeschichte im Breisgau - zur Entwicklung von Besiedlungsstrukturen im frühen Mittelalter" titelt seine Dissertation, die als Band 6 in der Reihe Freiburger Beiträge zur Archäologie und Geschichte des Ersten Jahrtausends erschienen ist. Aufgelistet und erläutert finden sich darin sämtliche archäologische Fundstellen in 90 Gemarkungen innerhalb der Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen und des Stadtkreises Freiburg.

Die Alamannen unterstanden dem fränkischen Königsgeschlecht der Merowinger. Sie siedelten dort, wo sie günstige Lebensbedingungen vorfanden. Aus ihren "Siedlungskammern", den Wirtschaftsbereichen, bestehend aus Ackerflur, Weideland, Waldgebieten, Höfen, Bestattungsplätzen und eventuell einer Kirche oder einer Burg, bildeten sich im Lauf der Jahrhunderte die Dörfer, deren Ortsnamen auf "-ingen" enden wie sie heute noch bestehen. Denn -ingen bedeutet "die Sippe von", demnach heißt Gundelfingen übersetzt ins heutige Deutsch "Die Sippe des Gundolf". Jüngere Siedlungen tragen Endungen wie -hof oder -hausen.
....

Silvia Faller, BZ vom 18.7.2002, ganzer Artikel

Buchtip: Die "Alamannische Siedlungsgeschichte im Breisgau" von Michael Hoeper ist im Rahdener Verlag Marie Leidorf erschienen, das Buch hat 328 Seiten und kostet 71, 50 Euro

eMail michael.hoeper@ufg.uni-freiburg.de

Weitere Informationen zu den Alemannen in unserer Gegend: Beiträge im Netz bei archäologie-online (eine Freiburger Seite) mit Artikeln zu den Alemannen:
An der Schwelle von der Antike zum Mittelalter: Die Alemannen.
Mit Beiträgen von Dr. Christel Bücker, Prof. Dr. Dieter Geuenich, Dr.
Michael Hoeper, Niklot Krohn und Stefan Mäder M.A.
http://www.archaeologie-online.de/magazin/thema/2001/01

  

 

Opfinger Wörterbuch von Jürgen Sutter

OPFINGEN. Die ersten Kirschen hängen schon reif an den Bäumen: Zeit für die Opfinger zu "gine". Zu was? Viele werden hier Probleme mit dem Verstehen haben. Schließlich hat Opfingen seinen eigenen Dialekt. So "gine" die Bürger etwas weiter nördlich die Steinfrucht nicht mehr, sondern "bräche die Griäse" oder "mache sie rab". Im Hochdeutschen werden die Kirschen einfach nur geerntet. Damit nun auch andere Leute die Opfinger verstehen, verfasste Jürgen Sutter das "Opfinger Wörterbuch".
...
Der gesamte Ortschaftsrat war begeistert von Sutters Werk in der Dieth-Schreibung - die Wörter werden so geschrieben, wie sie gesprochen werden ohne Rücksicht auf die deutsche Schreibweise. Deshalb stimmten auch alle zu, das Buch anlässlich zum 1000-jährigen Jubiläum der Ortschaft in vier Jahren zu veröffentlichen. Doch bis dahin werden noch einige Diskussionen über Rechte, Finanzierung oder Auflagenzahl anstehen. "Wir werden das Projekt auf jeden Fall weiterverfolgen", versprach Brand. Schließlich sei das Wörterbuch ein Stück Kulturgut. So weiß dann auch jeder, dass mit "naimé" nichts anderes als "irgendwo" gemeint ist.

mis, BZ vom 13.6.2002, ganzer Artikel unter www.bzol.de

  

 

Mundart kennt Witz und Ernst

Hallo friends -  Änglisch un Franzesisch

Am e schene Dag sait mer mi Bue ins Gsicht, er diäg kei Franzesisch lehre.
Nit ums Verrecke, do kennt ich mache, was ich will - des sej ihm z schwär,
diä Sproch brücht er nit, er lehrt Änglisch. Un iberhaüpt, wurum derf er
dänn kenni Spiiler uf minem Computer meh spiile, het er gfrogt. Doch, dü
derfsch, hani gsait, aber nit des Lumpeziig, diä amerikanische Griägsspiil,
wu dr do alliwiil heim schleipfsch. No het er sich in si Zimmer iigschlosse,
isch in Hungerstreik drätte, dä jung Rebäll, wu no vor kurzem e glei Biäbli
gsii isch ...
Jetz dänk i emol zruck, wu ich eso alt gsii bii, anne 1960 ... Amerikanischi
Griägsspiil hän dert no ke Roll gspiilt in dr Kinderzimmer, drfir het dr
zweit Wältgriäg dr Lit no dänkt, wiä wänn er geschtert gsii wär. Do isch
zwar scho so langsam d anglo-amerikanisch Popmüsik ufkumme un ich bii, zum
Ärger vu minem Vatter, glii e Fän gsii. Aber, un des isch dr Unterschiid:
Diä drei, viär Sänder im Badische, wu hit noch ditschi Nämme hän, aber 24
Stunde am Dag änglischi Müsik bringe, hets dert nonit gää.
D bescht Popmüsik
hän d franzesische Sänder brocht. Mir hän als am Radio "Salut les copains"
("Hallo Freunde") ghorcht, zum an d allernejscht änglisch Müsik kumme. Diä
Sändung isch als ei, zwoo Stund gange, un kenni 24. Fufzig Brozänt vu dr
Liäder sin ännewäg franzesisch gsii - un des isch dert äne hit noch eso. Diä
eigentlig Bildungssproch im Badische isch Franzesisch gsii, wänn nit gar
Latiin. Frankrich, d franzesisch Kültür isch bi uns do häne viil präsenter
gsii wiä hit, trotz ass mer an dr Gränz gstriitzt wore isch.

D EU het jetze d Gränze abgschafft, aber sälle Rhiin, wu scho so viilmol
Front gsii isch, wird alliwiil diäfer - s Alemannisch im Elsiss stirbt üs un
im Badische serblets vor sich hi. Mir alti Nochbere häne un däne brüche ball
e Dolmätscher oder s Änglisch zum is unterhalte. Ass mer jetz Franzesisch
scho in dr Grundschuel iifiährt, kennt e Schritt in d richtig Richtig sii.
Wiä d Pisa-Studiä zeigt het (un wiä e Hüffe Eltere un Lehrer scho lang
gmerkt gha hän), si mir bildungsmäßig zum Entwicklungsland abgsunke. Wu
Schwachi un Unterprivilegiärti verratzt sin.
Hoffentlig bassiärt des Wunder,
ass Franzesisch vu sällene Gitzkräge un Dilettante, wus in dr Bolitik un in
dr Schuelhiirarchii gää soll, gschejd umgsetzt wird.

Harald Noth, Lueginsland, BZ vom 1.6.2002

  


 

Mundartabend mit Pflaum & Sesterhenn in Kirchzertens Talvogtei

KIRCHZARTEN (ro). Von "Pflaum & Sesterhenn" ist bekannt, dass sie Mundart zur Kunst erheben. Dieses trifft ebenso auf die Solokabarettistin Sabine Esslinger zu. Mundartkunst also vor 130 Augen- und Ohrenpaaren beim Mundartabend "Schwäbisch un alemannisch gschwätzt un gsunge" in Kirchzartens Talvogtei.
"Zwische no schneller, no meh un no bequemer wurd's Lebe verquetscht" Stefan Pflaum wirft die kurze Haikuzeilen nur so hin. Sein Akkordeon zeichnet knapp nach, der Ton ist verklungen - noch immer denkt der Zuhörer. So will es der Mundartdichter, so begeistert er seine Zuhörer. "Theater" folgt im Sprechgesang, dreiversig. "Wenn einer uss jedre Komödi ä Drama macht, was ä Tragödi!", lautet der Schluss, Raimund Sesterhenn akzentuiert per Saxophon, staccato-staccatissimo, teils frech die Akkordeontöne umwerbend. Wieder eine Lebensweisheit in aller Kürze. Das Publikum zeigt sich begeistert.
Zeigen, dass Mundart nicht nur "Folklore" ist, will das Duo: "Sie ist in der Lage, sich selbst zu reflektieren und zu sich selbst ein gebrochenes, ironisches Verhältnis zu haben", bekennen die beiden Pädagogen des Sprachenkollegs für studierende Ausländer in Freiburg.
...
Im Engagement dreier ihrer Mitglieder für die Landesjubiläumsveranstaltungen mit Mariele Loy (schon in Fellbach-Schmiden), Roswitha Dold (12. Oktober, Pfullingen) und Pflaum & Sesterhenn (nochmal im schwäbischen Balingen) sieht sich die Gruppe Dreisamtal der Muettersproch-Gesellschaft in ihrem Streben bestätigt, die Mundart nicht zu pflegen, sondern zu leben als "Muttersprache" im "Vaterland". Genauer: Als eine Muttersprache von vielen in vielen Vaterländern.

Monika Rombach 28.5.2002

  
 

Ist Schweizer-Dütsch nur ein deutscher Dialekt?

Warum schreibe ich diesen Aufsatz Hoch-Deutsch, in einer Fremdsprache, die ich in der Schule lernen musste? Weil wir "Deutsch"Schweizer, seit es uns als Teil einer Nation gibt, mit unserer eigenen Sprache eine defensiv-unterwürfige Haltung einnehmen. Wir liessen unsere Verständigungsform seit Jahren von den Nachbarn im Norden lächerlich machen. Man hat kurzerhand unsere Sprache als "Dialekt" disqualifiziert und sie ins Getto des Nur-Gesprochenen verbannt.

Sprache vs. Dialekt. Wer oder was bestimmt eigentlich was eigenständige Sprache, was Dialekt ist?
Wenn es um die Grösse der Unterschiede geht, so ist das Schweizer"deutsch" zweifellos eine Sprache. Sie weist grössere Abweichungen vom Hochdeutschen auf als beispielsweise das Holländische vom Flämischen oder das Dänische vom Norwegischen.
Wenn man aber einem Norweger sagt, er spreche einen dänischen Dialekt so wird er entrüstet kontern:
"Vor vierhundert Jahren waren beide Länder ein gemeinsames Königreich, aber unsere Sprache hat sich getrennt entwickelt, seit es ein Norwegen gibt. Wir sprechen norwegisch, die andern dänisch."
Wie gesagt: Die orthographischen und phonetischen Unterschiede sind viel kleiner als zwischen deutsch und schweizerisch! Was also ist "Sprache", was "Dialekt"?

Unser von anderen Sprachgruppen so unterschiedliches Verhalten hat uns z.B. das Kuriosum beschert keine eigene Schriftsprache zu besitzen. Sogar unser Parlament muss in einer verwandten Fremdsprache parlieren. Das bringt uns "Deutsch"schweizer natürlich in eine benachteiligte Lage gegenüber den Romands und den Ticinesi, die ihr Patois schon lange verlassen haben und ein reines Französisch resp. Italienisch sprechen.
Leider wird von den Welschschweizern nicht anerkannt, dass wir uns ihretwegen mit einer Fremdsprache abmühen und daher ein Stück unserer Kultur vernachläsigen müssen. Der alte Einwand gegen die Verwendung der allemannisch-schweizerischen Sprache ist immer noch, dass man einen Walliser oder einen Berner Oberländer nicht verstehen könne. Das ist purer Unsinn. Es mag einige wenige Wörter geben, die man zuerst erfragen muss, aber sonst kann ein Schweizer einen Schweizer aus einem anderen Kanton verstehen, wenn er/sie will.
Stellen Sie sich doch einmal eine Sprache vor bei der Sie die Herkunft des Sprechenden bis auf 60 Kilometer genau definieren können -wenn er/sie in der Fremdsprache Englisch spricht!!! Genau das charakterisiert die Dialekte der schweizerischen Sprache, von der es leider keine geschriebene Version gibt. Im Gegensatz zur üblichen Verniedlichung des Schweizerischen bin ich stolz auf meine Sprache. Besonders im Vergleich mit der Hochdeutschen. Denn sie beinhaltet weit mehr Internationalismen und ist damit trotz ihrer Bedeutungslosigkeit weltoffener als die Hochsprache.

Unterschiede bei der Verwendung von Fremdwörtern.

Es ist bedauerlich wie die Medien TV und Radio, die sich ja vielfach der Hochsprache bedienen müssen, die schweizerischen Eigenheiten unter den Tisch wischen.
Dies betrifft in erster Linie neudeutsche Wortschöpfungen und die Aussprache von Fremdwörtern.
Schauspieler sowie TV- und Radiosprecher haben in den von Deutschen geführten Sprachschulen umlernen müssen und sind jetzt in der Lage, Fremdwörter "deutsch", und falsch auszusprechen.

Während wir seit Jahren viele Fremdwörter aus dem Französischen in unsere Sprache aufgenommen haben, werden dieselben Begriffe bei den Deutschen - m Zuge der Modewelle - aus dem Englischen entlehnt: "der Rapport" (CH) kommt aus dem Französischen, "der Report" (D) kommt aus dem Englischen. Lange vor dem gequälten "Service" (Sörwiss ausgesprochen) kannten wir das französische "service". In der Schweiz heisst es "die Etikette" und weder "das Etikett" noch "das Label"".
Wegen dieser unterschiedlichen Herkunft ist der Artikel in den beiden Sprachen verschieden. Da das Französische männliche und weibliche Artikel kennt, das Englische nicht, heisst es im deutschen Deutsch "das Limit" (aus: the limit), im schweizerischen Deutsch aber "die Limite" (aus: la limite).
Warum ist das für die schweizerischen Sprecher so schwer zu begreifen?

Seit wir Kontakt mit unseren wichtigen nördlichen Geschäftspartnern haben, werden wir unserer Aussprache wegen von diesen belŠchelt. Ich finde es ist an der Zeit, den Spiess umzukehren. Dazu gibt es, der "Amerikanisierung" des Deutschen wegen, massenhaft Anlass.

"Die Aussprache der Deutschen kennt den Vokal "ä" nicht, das Schweizerische wohl. "Ä wie in Ärde (CH). Und daher kommt der Pferdefuss der deutschen Americamanie: dieser Laut ist der zweithäuffigste im Englischen. Wer ihn nicht aussprechen kann, wie 90 % der Deutschen, liesse die Verwendung englischer Fremdwörter besser bleiben. Sonst wird aus Dallas "Delles", aus Miami "Meiehmi", aus Canada "Kenneda", aus Los Angeles "Los Ehntscheles", aus Natalie wird "Nettelie". Man und men sind nicht mehr zu unterscheiden, weil beide wie "men" ausgesprochen werden. Rats werden zu "Rets", acid wird zu "ehsid", food additives zu "Food Edditifs" und wenn in einem der vielen in Berlin verdeutschten Filmen jemand teutonisch nach "Ellis" oder "Casey" ruft (so wenigstens tönt das unbeholfene Dubbing), so sind das keine Familiennamen, sondern die Vornamen Alice und Cathy!

Quelle: http://www.fortunecity.com/victorian/bronte/142/index.html
(diese Website wird leider nicht mehr gepflegt)

  

Alemannische Dialektszene heute

von Christian Schmid
Referat, gehalten am 17. März 1998 in Schopfheim, Auftaktveranstaltung der 10. Schopfheimer Mund?Art Literaturwerkstatt. Mit freundlicher Abdruckerlaubnis von Markus M. Jung, Wehr.

Kleine Literaturen sind, wie alle Literaturen, nicht immer fein. Noch heute schätzen viele in der Mundart vor allem burleske verbale Handgreiflichkeiten. Sie wollen unterhalten werden und lachen, nicht über ihr Sein in der Welt nachdenken. Zahlreich sind Dialekttexte, in denen aussterbende ländliche oder städtische Lebensformen und Bräuche beschrieben werden in der Absicht, sie für nachkommende Generationen festzuhalten. Sie erfüllen ihren Zweck nicht dann, wenn sie literarischen Ansprüchen genügen, sondern wenn sie die volkskundlich relevanten Sachverhalte anschaulich und präzise schildern. Zahlreich sind auch jene Texte, die sozusagen letzte Zeugnisse für aussterbende Dialekte sein wollen. Auch sie sind nicht allein literarisch zu werten, sondern im Hinblick auf ihre sprachliche Genauigkeit. Mundartliteratur ist also ein weites Feld, und wer nur den ästhetischen Anspruch im Auge hat, lässt besser die Finger von ihr.
Wer aber mit seinem Schreiben diesen hohen ästhetischen Anspruch vertritt, also mit seinem Schreiben vor allem Literatur im Sinn hat, muss wissen, dass er sich antizyklisch verhält, dass er mit seinem Schreiben gegen den Strich jener Erwartungen bürstet, die hohe Literatur mit Hochsprache gleichsetzt. Wer, wie Markus Manfred Jung, moderne Mundartlyrik schreibt, muss mit seinen Texten den Beweis antreten, dass es sich lohnt, sie zu lesen, gerade auch weil sie in Mundart geschrieben sind, weil sie ihre Kraft auch ihrer besonderen Sprachform verdanken. Wer, wie Wendelin Wurth, Mark Twains ?Huckleberry Finn? auf alemannisch übersetzt, muss diese Zumutung damit rechtfertigen, dass Leser und Leserinnen, die denselben Text auch auf englisch oder hochdeutsch lesen könnten, für ihre Anstrengung mit einem besonderen sprachlichen Lesegenuss belohnt werden, den nur diese alemannische Übersetzung bietet. Kurz und gut, wenn sich Mundartliteratur dem Literarischen verpflichtet, erreicht sie jene Leser und Leserinnen, die sich vom Lesen einen ästhetischen Genuss versprechen. Das sind wenige, sicher aber nicht diejenigen, die es in der Mundart einfach sauglatt haben wollen, oder diejenigen, die in alten Erinnerungen schwelgen wollen. Aber es ist gerade diese mit hohem ästhetischen Anspruch schreibende Mundartliteratur, welche die Mundartliteraturszene bewegt und sie nicht im lauen Bad des Ewiggleichen und Ewigniedlichen dümpeln lässt, bis sie schrumplig wird. Dass ein Mann oder eine Frau Mundart schreibt, hat in den besten Fällen damit zu tun, dass er oder sie gerade diese Sprachform ausserordentlich gut beherrscht, in ihr besonders begabt ist. Da muss dann die Frage ?Weshalb im Dialekt?? gar nicht erst gestellt werden.
Von Anfang an ist in die Mundartliteratur die Angst vor dem Verlust des Eigenen oder der Protest gegen diesen Verlust eingeschrieben. Diese Angst prägt heute, in einer Zeit der Globalisierungs- und Vernetzungseuphorien, die Mundartliteratur wieder stärker als vor zwanzig Jahren. Viele der besten Texte, die ich heute für die Mundartsendung ?Schnabelweid? bei Schweizer Radio DRS1 erhalte, sind Erkundungen der Nähe, des eigenen Lebensraums. Es sind präzise Entdeckungsreisen unter den Zuckerguss überlieferter Beschönigungen.

Der Alemannen-Spiegel 1998/4

  

 

© by freiburg-schwarzwald.de, Update 09.12.06