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Aufsätze von Hermann Althaus - in der Badischen Heimat veröffentlicht Freiburger Bilderbogen :Jahresberichte der Freiburger Gruppe Bad. Heimat seit 1999 Damian v. Schönborn Erbauer der Residenz v.Bruchsal, Fürstbischof von Speyer und Konstanz Badische Heimat 2oo2/ 3 In memoriam Adalbert Weh Bad. Heimat 2oo2/3 das Freiburger Hungertuch zur Fastenzeit wieder vor dem Hochaltar im Münster unserer lieben Frau Bad, Heimat 2003/2 Mit Engeln und Heiligen auf gleicher Höhe –den Teufel im Visier Die neue Vorhalle des Freibg. Münsters Bad,Heimat 2004/4 Die Bismarcks in Baden Gf Fr. Wilh. in Karlsruhe u. Konstanz, Gf August Wilhelm auf dem Lilienhof am Kaiserstuhl Bad. Heimat 2oo4/4 Emil Wachter: der Schloßbergsteg in Freiburg, Humorvolles und Hintergründiges zur Stadtgeschichte in Zement gegossen; Bad.Heimat 2oo5/1 dort auch: Wachters Ausstellung in Bonndorf Die etwas anderen Musen in der Freiburger Universität: Bettina Eichins Kunstwerk zwischen Ablehnung und Anerkennung Bad. Heimat 2oo6/1 Tarodunum: die Kelten im Dreisamtal Bad. Heimat 2007/3 Georg Hauger: ein Student aus Freiburg als Tiroler Freiheitskämpfer Bad. Heimat 2777/4 Chronogramme von Badischen Münzen und Glocken, Versuch einer Erhellung von "rätselhaften" Inschriften. Badische Heimat 3/2oo8, S. 38o ff
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1 Das Sühnekreuz bei der Gichterkapelle am Resenhof in Zarten Vermutlich das älteste Kreuz im Dreisamtal findet man am Reesenhof in Zarten. Das kleine, im Volksmund auch „Gichterkapelle" oder „Kindleskapelle" genannte weiße Kirchlein, kennen alle, die mit dem Auto von Kirchzarten nach Zarten fahren und dort auf die B 31 stoßen oder die mit dem Fahrrad auf dem Radweg links nach Freiburg fahren.. Fast unscheinbar neben der Kapelle ragt, nur 8ocm hoch, ein kleines roh behauenes Steinkreuz aus dem Boden. Man nennt es ein „Sühnekreuz". Es ist sicher mehr als 500 Jahre alt. Sühnekreuze geben einen Hinweis auf ein Verbrechen, auf einen Totschlag, wenn man den Täter gefaßt hatte. In dieser mittelalterlichen Zeit, als vielerorts noch das Recht des Stärkeren galt und die Messer lockerer saßen, glaubte man, daß die Seele des Erschlagenen keine Ruhe finden würde, daß sie als Irrlicht oder Gespenst solange herumirren würde, bis eine Bestrafung des Täters erfolgt sei und bestimmte Auflagen erfüllt seien. Die Partei des Täters wie des Opfers einigte sich - oft über dem Grab des Erschlagenen - auf eine weltliche und vor allem kirchliche Buße, die auch zur „Entsühnung" des Täters und zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft führen sollten. Die weltliche Buße bestand aus genauen Hinweisen auf eine materielle Entschädigung für die Witwe oder deren Kinder als Wiedergutmachung, vor allem aber auch aus dem eigenhändigen Schlagen eines solchen „Sühnekreuzes" aus einem schweren Natursteinbrocken. Die kirchliche Buße umfaßte beträchtliche Auflagen, um die Seelenruhe des Getöteten sicherzustellen. Zunächst mußte das „Seelgerät" ausgehandelt werden. Es umfaßte -je nach sozialem Stand des Getöteten- eine bestimmte Zahl von Seelenmessen mit genauer Angabe der Zahl der Priester oder der zu brennenden Kerzen, schließlich wurde noch eine Wallfahrt gefordert, die meist nach Einsiedeln, Aachen oder auch Santiago de Compostela führten konnte. Kehrte der Pilger nach längerer Zeit zurück, war meist „Gras über die Sache gewachsen", und er galt in seinem Umfeld als entsühnt. Aus den Unterlagen im Freiburger
Stadtarchiv (A 1 VIII) kennt man aus Zarten einen Prozeß wegen eines Totschlags
aus dem Jahre 15o8, der vom Vogt und 24 „Urteilsprechern" aus dem Gebiet
der ganzen Talvogtei in Abwesenheit des Angeklagten verhandelt und von den
Talpflegern Gilg Haas und Hans Göllin gesiegelt wurde. (vgl.Gesch. d.Stadt
Freiburg, II, S.242). Ein ähnlicher Fall vom Vogtgericht in Zarten ist aus dem Jahr 1524 registriert. Beim Sühnekreuz am Reesenhof müßte es sich demnach um das im obigen Urteil erwähnte Steinkreuz handeln, so daß man es mit der Jahreszahl 15o8 (oder 1524) in Verbindung bringen darf. Daß die „Sühnekreuze" nie den Namen des Steinmetzen tragen, ist sehr verständlich. Manchmal allerdings geben sie einen Hinweis auf den Erschlagenen, indem ein Pflug oder ein Rebmesser darauf abgebildet wird. Natürlich rankten sich im Laufe der Jahre viele Legenden und Spukgeschichten um solche Steinkreuze, um Mitternacht treibe der Teufel hier noch immer sein Unwesen. Man schrieb diesen Kreuzen deswegen oft eine magische Bedeutung zu. Oft schabte man daran und mischte abergläubisch ein wenig vom Steinmehl unter die Speisen, um bestimmte Krankheiten zu heilen, eine Tatsache, die uns „aufgeklärten" Zeitgenossen heute eben „mittelalterlich" erscheint.
Kaiser Karl V., der Mann vor dem sich Martin Luther verantworten mußte, erließ im Jahre 1532 eine neue „peinliche Halsgerichtsordnung" ("Constitutio Criminalis Carolina"), die für das ganze Reich einheitliche Rechtsverordnungen enthielt und die Bestrafung von Verbrechen in die Hand des Staates legte. Dadurch entfiel allmählich auch die Forderung nach der Aufstellung von Sühnekreuzen. Die Gewohnheit, an Wegkreuzungen oder Schicksalsstätten steinerne Hochkreuze zu errichten, erhielt sich jedoch. Außer dem Sühnekreuz von Zarten
findet man in Breitnau (am Windrad), in St.Märgen (am Ende des Römerweges), in
Freiburg (das „Bischofskreuz": Metzger Hauri erschlägt 1299 den Bischof
von Straßburg!) und in Ebringen (schwere Auseinandersetzung am Kirchweihfest
von 1495 mit Freiburger Burschen ! ) solche Sühnekreuze. Bis ca. 1955 habe am
Pfisterhof in Burg am Wald ein solches Kreuz gestanden. Es sei über Nacht
gestohlen worden.
2. Die „Arma Christi- Kreuze" von Kirchzarten, Zarten u. im weiteren Dreisamtal. Holz – und Steinkreuze ganz besonderer Art finden sich mehrfach im ganzen Dreisamtal: Gemeint sind die phantasievoll gestalteten „Arma-Christi-Kreuze". Das lateinische Wort „arma", das wir auch im Wort „Armaturen" wiederfinden, bezeichnet die Waffen oder Werkzeuge, mit denen Christus ans Kreuz geschlagen wurde. Wie bei den bretonischen Calvaires wird an diesen Kreuzen die ganze Leidensgeschichte wie in einem Bilderbuch für die lese- und schreibunkundigen Menschen dargestellt. In liebevoller Ausschmückung werden an diesen Holz- und Steinkreuzen eine Fülle von Gerätschaften aufgeführt, die in der Passionsgeschichte eine Rolle spielten. Um den gemarterten Corpus ranken sie sich: Da sieht man die Würfel, mit denen die römischen Soldaten um den Rock feilschten, der Sack mit den 3o Silberlingen des Judas, das Schweißtuch der Veronika, der Kelch, in dem Engel das kostbare Blut Christi auffingen, sind zu erkennen, die Stangen, auf denen sich der Essigschwamm befand, die Martersäule, Laternen, Hammer, Zangen, das Schwert des Petrus und das Ohr des Malchus, Bohrer und Nägel werden mit wahrer Schnitzfreude ausgearbeitet, erzählen vom Sterben des Gottessohnes, regen zur Vertiefung und Betrachtung an. Der Hahn, der dreimal krähte, als Petrus den Herrn verriet, fehlt ebenso wenig wie eine Leiter oder eine Geißel. Ein einfältiger aber ehrlicher Glaube hat hier in bäuerlicher Handwerks –und Schnitzkunst seinen phantasievollen Ausdruck gefunden. In Zarten haben wir gleich zwei dieser Arma-Christi-Kreuze: Am Priesnerhof (Familie Schweizer) und am Urbershof (Familie Steinhart). Mit Blumen geschmückt, bunt bemalt und mit vielen der obengenannten Attribute versehen, fallen sie längs der Straße besonders auf: Schmucke, teilweise noch zusätzlich verzierte Walmdächer, wie sie im Schwarzwald üblich sind, z.T. mit Schindeln oder Kupferblech gedeckt, schützen die ca. 3,5om hohen nach Osten ausgerichteten Hofkreuze, eine bunte Rückwand bietet Schutz gegen winterlichen Schnee. Meist ist im Stamm noch eine Nische für die kleine Figur eines Heiligen, dem sich die Familie auf dem Hof besonders anvertraut. Das an der B 31 stehende Kreuz auf dem Urbershof, das nicht selten auch einem Vogel Platz für sein Nest bietet, soll ein Vorgängerkreuz ersetzt haben, als am 4.Mai 1770 die 14jährige Tochter Maria Theresias, Maria Antonia, auf ihrer Brautfahrt nach Frankreich mit 21 sechsspännigen Galawagen, weiteren 36 Kutschen und 45o Pferden (!) dort vorbei zog und die Bevölkerung die Straße besonders schmücken wollte. Ein 2. Mal wurde das Kreuz in den 5oger Jahren restauriert, als im Zuge der französischen Besatzung der Urbershofbauer Josef Steinhart, 53 Jahre alt, durch ein Verbrechen in der Umgebung des Hofes am 1.1o.195o zu Tode kam. Ein besonders schönes aber wenig beachtetes Arma-Christi-Kreuz findet sich, gut 5 Meter hoch und in Stein gehauen, an der Bus-Haltestelle in Höhe des ehemaligen Falkenhofes in Buchenbach-Wagensteig an der Straße nach St. Märgen. Es steht auf dem Grund des Hansmaierhofes, dort wo die Grenzen der beiden Höfe aneinanderstießen. Eindrucksvoll und filigran sind dort die Leidenswerkzeuge in Stein gemeißelt. Besonders auffallend ist hier unter dem Kreuzesstamm die kleine und seltene Darstellung von Engeln, die den Leib eines Verstorbenen aus dem Grab oder Fegfeuer in den Himmel zu ziehen versuchen (Allerseelenmotiv), wunderschön aber sind auch die anderen Leidenswerkzeuge in den Pfaffenweiler Sandstein gehauen, wobei im Schweißtuch der Veronika deutlich das Gesicht eines Mannes zu erkennen ist. Auf dieses Arma-Christi-Kreuz scheint der Corpus nachträglich aufgesetzt zu sein, denn er steht fast frei vor den Balken, auf denen noch weitere Leidenswerkzeuge zu erkennen sind. Natürlich kräht auch auf diesem in Dreipaß-Enden auslaufenden Kreuzbalken oben über dem Titulus (INRI- Jesus Nazarenus Rex Judaeorum) ein schön gearbeiteter Hahn. Das Kreuz wurde 1787 „zur grösseren Ehre Gottes" von Andreas Maier und Magdalena Rombachin (!) aufgestellt und 1871 von E.... Mayer und Johanna Kaiser aus Wagensteig renoviert. Auf dem Sockel der Rückseite findet man ein schwungvoll ausgearbeitetes „R", das möglicherweise auf die Werkstatt (Rösch, Pfaffenweiler?) hindeutet. In Kirchzarten selbst gibt es in der Lerchenfeldstraße 3a (Familie Vogt) seit 1986 wieder ein sehr schönes Arma-Christi-Kreuz. Es hat ursprünglich am Bauernhof Sackmann, dem heutigen Parkplatz der Sparkasse, gestanden. Es wurde damals von den Handwerksmeistern Alt-Bürgermeister Rieder (Malerarbeiten), Willi Vogt (Holzarbeiten) und Theo Rombach (Blechnerarbeiten) renoviert. Die Form des Corpus mit nach links geneigtem Haupt und der schmerzvoll gekrümmten, S-förmig gebogenen Körperhaltung lassen auf die Schule des zeitweiligen Klosterbruders von St. Märgen, Matthias Faller, schließen, dessen Werke in unserer Region bedeutend sind. Unter der Madonna im Stamm findet sich das Gebet: Gerechter Gott, ich bitte dich, bewahre vor Verstockung mich, damit ich nicht mit Angst und Weh im Tode ewig untergehe. Weitere Arma-Christi-Kreuze kann
man im Geroldstal (Gallihof – Familie Spiegelhalder), im Kappler Kleintal
(Nr.62 ), in Buchenbach (Kreuzung Hauptstr./Schloßhofstr) finden.
3. Bildstock an der Zartener Straße Einsam am Straßenrand und gerade noch verschont vom Neubau der künftigen Straße steht, umgeben von einem schmiedeeisernen Gatter, auf dem Grund des „Rotebur" Johann Zipfel an der Zartener Straße ein 3,80 m hoher neugotischer Bildstock mit einem eingelegten Alabasterrelief, das die Gottesmutter Maria an der Bahre ihres vom Kreuze abgenommenen Sohnes darstellt. Sowohl in der Ausführung (Dettlinger Freiburg) als auch durch die Gestaltung zieht dieses „Marterl" den kurzen Blick des Vorbeifahrenden auf sich. Man vermutet einen „adligen" Hintergrund.
Warum steht dieses Marterl hier, was geschah
einmal an der Straße nach Zarten? Der mehrfach getreppte vielkantige Unterbau des Schaftes aus Sandstein trug offenbar früher eine Heiligenfigur, über der sich am Kragenwulst das Wappen der in Stegen länger beheimateten adligen Familie „von Kageneck" erkennen läßt. Im Schild trägt es einen Schrägrechtsbalken (offiziell aber „in Rot ein silberner Schrägrechtsbalken"); über dem Helm ist der Rumpf eines bärtigen Mannes zu erkennen, der mit einer gestulpten Spitzmütze bekleidet ist. Die Vorderseite des rechteckigen „Tabernakels" zeigt hellweiß unter einem Rundbogen die oben genannte Pieta –Darstellung, während an den 3 Seitenwänden in jeweils gotische Spitzbogen Sprüche mit Texten eingelassen sind, die z.T. den Klageliedern der Bibel entnommen sind. Einer davon lautet: O Ihr alle ,die ihr vorübergeht, habet Acht und schauet, ob ein Schmerz gleich meinem Schmerz! (Klagelied 1,12). Das 4seitige Satteldach wird von
einem Mäanderband umgeben und mit einer Art Kreuzblume oben abgeschlossen. Im
unteren Bereich findet sich der kurze Text: Die „von Kagenecks", deren
Hauptlinie heute noch in Munzingen daheim ist, waren seit etwa 17oo mit dem
Weiler „Stegen" belehnt. Graf Heinrich v. Kageneck (1886 –1957,
verstorben durch einen Verkehrsunfall) wohnte im Stegener Schloß bis in die
5oger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die von Kagenecks hatten ehemals als
kaiserliche Räte unter dem breisgauischen Adel bedeutende Ämter in Straßburg
und Freiburg inne und stellten auch zeitweilig den Regierungspräsidenten von
Innsbruck, dem hohen Verwaltungssitz für die vorderösterreichischen Lande. Obgleich bereits einmal Pläne
bestanden, diesen Bildstock in den ehemaligen Schloßpark der Kagenecks nach
Stegen zu versetzen, sollte er nach dem Willen des Grundstückseigners an der
jetzigen Stelle weiter stehen. Er könnte auch heutige Verkehrsteilnehmer
mahnen, daß die Stunde des Todes überraschend eintreten kann.
An der Gabelung am Ortsausgang von Ebnet, der alten Villinger Straße und der Straße ins Höllental, steht zwischen hoch aufragenden Bäumen das sogenannte „Anna-Kreuz". Um dieses Kreuz ranken sich mehrere Geschichten. Zunächst: Man hat ein klassisches „lateinisches Kreuz" vor sich mit langgezogenem senkrechtem Balken ( im Gegensatz zum sog. „griechischen Kreuz" mit gleichlangen Balken). Auf einem Vierkantfuß erhebt sich der Sockel mit einer Inschrift, über den Abdeckplatten erwächst der Stamm, an dem der (oft mit dem Stein verwachsene ) Korpus hängt, wobei die Balkenenden in flache, gespitzte oder wie hier in kleeblättrige Enden mündet. Der Korpus zeigt den Gekreuzigten, den Kopf seit der Gotik meist auf die linke Schulter geneigt (vom Betrachter aus gesehen), das Lendentuch nach rechts geknotet, die Füße übereinander gelegt und durch nur einen Nagel gehalten Die Inschrift auf dem Anna:Kreuz in Ebnet lautet: ZUR EHRE GOTTES U. DES BITTERN
LEIDEN U. STERBEN Es hat hier also einmal (bis zum Abriß 1811) eine kleine Anna-Kapelle gestanden. Sie wird der Anna von Snewlin zugeschrieben, die hier als Sühne für einen Mord durch einen Verwandten die Kapelle errichten ließ. Immer schon hatte es als Folge des Investiturstreites Schwierigkeiten und Differenzen zwischen dem Augustiner –Kloster St. Märgen und dem der Benediktiner von St. Peter gegeben, weil sie verschiedenen politischen Richtungen (kaiserlich bzw päpstlich) zugetan waren. Wohl auch aus politischen Gründen (wegen der Vogteirechte im Zusammenhang mit dem Besitz der Burg Wiesneck) war hier 1356 der Abt Konrad von St. Märgen durch Johann Snewlin von Landeck, reichster Patrizier Freiburgs und auch Bürgermeister dort, überfallen und ermordet worden. Eine späte Nachfahrin, Anna von Snewlin-Landeck (verheiratet mit Friedrich von Sickingen im Ebneter Schloß) hatte diese Kapelle etwa 157o deswegen zur Sühne errichten lassen. Aber wegen des Mordes und der schnell entstehenden Legenden wurde auch erzählt, hier seien Hexen verbrannt worden oder ein französischer Soldat habe in der Hilarius-Kirche von Ebnet einen Kelch und geweihte Hostien geraubt und entehrt. Er sei an diesem Ort gestorben, doch sein frevelnder Arm sei aus dem Grab erwachsen und habe jeweils im Morgengrauen auf das Verbrechen verwiesen oder habe um Mitleid gebeten.
Märchen- Gespenstergeschichten- Aberglaube- Legenden- ein Körnchen Wahrheit? Wer mag das nach so langer Zeit noch zu entscheiden? Dennoch wurde bis ins Jahr 1929
am Dreifaltigkeitssonntag wegen eines alten Gelübdes von Ebnet aus eine
Prozession zu diesem Kreuz veranstaltet.193o aber, so berichten die Akten,
wollte die Polizei die Straße für den Prozessionszug nicht mehr sperren, so
daß man zum Stationskreuz ins Welchental ausweichen mußte. Ob die Sperrung nur
wegen des zunehmenden Verkehrs ausgesprochen wurde? Oder war es eine erste
Schikane des NS.-Staates?
6. Bildtext: Das St. Annen- Kreuz am Ortsausgang Ebnet bei der Gabelung der alten Villinger Straße nach St. Peter ist voller Geheimnisse. Ob sich ein Körnchen Wahrheit darin verbirgt? Foto: Hermann Althaus
5. Das Longinus-Kreuz in St.Peter Unterhalb der Klostermauer von St.Peter am Parkplatz für die Touristen findet der aufmerksame Betrachter eine nur im Südschwarzwald bekannte Form von einem Holzkreuz: ein sogenanntes „Longinuskreuz". Es steht hier seit 199o, wurde von der Gesellschaft der Kleindenkmalfreunde gestiftet, dem Freiburger Erzbischof Oskar Saier gewidmet, vom Freiburger Bildschnitzer Friedbert Andernach nach alten Vorlagen neu geschaffen.
Was ist ein „Longinuskreuz"? Nach der frommen Legende kommt diese „Heilige Lanze" durch Kaiser Karl als vornehmste Christusreliquie in den Schatz der deutschen Reichskleinodien und Heiltümer, wird in entscheidenden Kämpfen mitgetragen und gilt seit dem 13. Jh. sogar als führendes Herrschaftszeichen. Ungezählte Maler haben diesen Moment des Lanzenstichs unter dem Kreuz aufgegriffen und in frommer Gläubigkeit künstlerisch dargestellt. Eine Fülle von Altarbildern in alten Kathedralen berichten dem Betrachter von diesem entscheidenden Augenblick, von dem ihm in der Passionsgeschichte vor Ostern in den Kirchen berichtet wurde. Auf den Altarbildern finden sich- meist links vom Betrachter -die Jünger Jesu und seine Mutter Maria mit Johannes, dem Lieblingsjünger, auch der Longinus, sogar der gerettete Schächer am Kreuz, während sich auf der rechten Seite meist die römischen Kriegsknechte und die Menschen finden, die ihn wegen Hochverrats („König der Juden"-INRI) an den römischen Statthalter Pontius Pilatus ausgeliefert hatten. Auf den hölzernen Hofkreuzen mit Longinus-Darstellungen in unserm Gebiet -und nur dort findet man sie und das ist eine Besonderheit, welcher der Freiburger Holzschnitzer Friedbert Andernach inzwischen mit mehreren Schnitzarbeiten nachgegangen ist- sitzt der Lanzenträger meist auf einem schweren Pferd, wie es im ländlichen Bereich zum Ackerbau genutzt wurde, manchmal trägt der Reitersmann eine phantasievolle „römische" Uniform. In den meisten Darstellungen allerdings trägt „der Römer" die Uniform der in Durlach beheimateten Reiterregimenter des badischen Markgrafen: blaue Jacke und weiße oder rote Hosen. In Durlach nämlich hatte der bäuerliche Schnitzer „gedient", dort hatte er seine Reiter-Erfahrungen gesammelt, so stellte er sich auch römische Reiter vor. Als bäuerlicher Schnitzer umgibt er diesen Longinus mit den „Arma Christi"-Werkzeugen, und läßt dabei seiner religiösen Phantasie und Erzählkunst an den langen Winterabenden im Schwarzwald freien Lauf. Auf solche Art wurde religiöses Wissen an seine Kinder weitergegeben. (Schulkinder, die den Namen des Hauptmanns nicht so recht behalten konnten, versuchten sich mit folgendem etwas despektierlichem Reim den Namen einzuprägen: „Longinus mit der Lanzen- stach Jesus in den Ranzen!") Während im Dreisamtal – außer
in St.Peter - keines dieser Longinus-Kreuze zu finden ist, so kann man im Elztal,
wo es besonders schöne verschiedenartige Holzkreuze gibt, schnell auch mehrere
dieser Longinus-Kreuze bewundern. In Freiburg und im Glottertal sind durch
Friedbert Andernach inzwischen mehrere Kreuze dieser Art wieder aufgerichtet.
6. Von Unglücken und Schicksalsschlägen Von Unglücken und Schicksalsschlägen berichten eine Reihe von Marterln in unserer Nachbarschaft. Trauernde Hinterbliebene errichteten kleine Bildstöcke, um das Andenken an die zu früh Verstorbenen zu bewahren. Auch diese Kleindenkmäler sind schützenswertes Kulturgut und gehören zu den Besonderheiten unserer Landschaft. Auf dem Weg zum Rappeneck oder Schauinsland, ein Stück abseits des Weges und deswegen wohl nahezu unbekannt, steht mitten im Wald ein kleiner Bildstock, der von einem Unglück beim „Holzmachen" berichtet. Ein großer Baum war 1941 vom Wind entwurzelt und lag quer zwischen den anderen Bäumen. Er mußte zerschnitten werden. Doch die Spannung in der Drehung war so groß, daß der Stamm beim Sägen federte und den Rummlerhofbauern vom Geroldtal so unglücklich und mit solcher Wucht am Kopf traf, daß er noch im Wald starb. Seine Kinder setzten den Bildstock (ren.1990 vom Löwenwirt Helmut Maier), auf dem wir lesen: Hier verunglückte Hermann
Spiegelhalter *2o.5.1892 - +9.5.1942. Ein ebenso wenig bekannter, aber immer gepflegter Bildstock am Fuße des Schauinsland erzählt uns von einem Unglück im Schneesturm am 18. Januar 1987. Da hatte Emil Begelspacher aus Kirchzarten eine Wanderung zur Rappenecker Hütte gemacht und befand sich auf dem Heimweg, als er in dichten Nebel und so starkes Schneetreiben geriet, daß der Weg von oben in Richtung Kirchzarten nicht mehr zu finden war. Der Wanderer erfror dort oben, unterhalb der Rappenecker Hütte. Die Polizei, die ihn später suchen mußte, stellte aufgrund der Spuren im Schnee fest, daß er etwa 18 Mal im Kreis gelaufen war, bevor ihn die Müdigkeit oder Erschöpfung zu Boden warf. Ganz Kirchzarten nahm damals Anteil am Leid der Familie und erinnerte sich gewiß auch daran, daß einer Gruppe von jungen Engländern in den 30ger Jahren dasselbe Schicksal passiert war, wovon heute noch das „Engländer-Denkmal" am Schauinsland berichtet.
Von einem Schicksalsschlag anderer Art berichtet der leider immer mehr verwitternde Bildstock von 1872 beim Gasthaus „Löwen" im Geroldstal an der Brücke über die Brugga. Wahrscheinlich war es ein warmer Spätsommertag (6.1o.1872), -im Gasthaus „Löwen" wurde getanzt, vielleicht ging es um ein Mädchen. Kamen möglicherweise noch Grenzstreitigkeiten der Hofbauern hinzu? Wir tappen im Dunklen. Jedenfalls kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem Jüngsten von 7 Kindern des Sägers Gallus Benitz aus Geroldstal und einem Knecht Marzell Ambs aus Untersimonswald, bei der vielleicht der Schwächere, um sich zu wehren, das Messer zog und zustach. Der andere: tot. Ein Mord oder ein Totschlag?. Die trauernden Eltern erinnern daran: Hier verunglückte durch einen Messerstich der 2o Jahre alte Jüngling Fridolin Benitz von Geroldsthal im Jahre 1872. Den (!) Stich, den er in das Herz erhalten Drang auch tief in unsere Herzen ein Darum wird Gott ein Wohlgefallen und ihn nicht führen in ewige Pein. – Gedenket meiner im gebet: Vater unser- Gewidmet v. seinem Vater und Geschwistern 1873. Aus neuester Zeit haben wir auch im Birkenhof ein kleines schlichtes Gedenkkreuz, eine Art Bildstock. – Da reist 1993 ein kaum 2o Jahre alter junger Mann, engagiert für die Probleme seiner Zeit, zeitweiliges Mitglied im katholischen Kirchenchor Kirchzarten, nach Sibirien, und erfüllt sich von seinem als Zivildienstleistender verdienten ersten Geld einen Traum: eine Flugreise in die UdSSR. Gerade sein Flugzeug stürzt in Sibirien ab.- Schicksalsschläge!- Wen die Götter lieben, den lassen sie jung sterben- sagten die alten Griechen. – Ob das den trauernden Eltern half? Sie errichteten in ihrem Garten ein schlichtes Kreuz für Guido Landwehr. Nahe am Segelflugplatz bei der Birkenreute am Johannesbergweg liegt ein Gneisbrocken, ebenfalls abseits vom Weg: Fliegerkameraden hinterlegten ihn dort. Erinnert man sich noch, daß an einem schönen Tag im August 1981 bei blauem Himmel und guter Thermik 2 Segler dort oben zusammenstießen? Der Fluglehrer und sein Schüler sowie der Pilot des anderen Flugzeugs kamen zu Tode – in Kirchzarten hörte man lange die Sirenen der Krankenwagen: Schicksale! Mitgeteilt auf Steinen und Marterln und Kreuzen. Soll man die Menschen so einfach vergessen? Längs der Straße (B31) nach
Freiburg (:Christian), auch an der Zartener Straße, in Burg am Wald und den
anderen Ausfallstraßen von Kirchzarten (beim Gasthaus „Wilder Mann":
1963 Alfred Feser,1966 August Wehrle: - der hölzerne Bildstock fehlt seit
kurzer Zeit); am Bahnhof Himmelreich(:Heinz) gibt es eine ganze Reihe von alten
und ganz jungen Kreuzen und Steinen, die an das Unglück eines Menschen
erinnern, aber auch warnen wollen, sich leichtfertig den Gefahren des
Straßenverkehrs auszusetzen. Wie heißt es doch in der Bibel:„Wer Ohren hat
zu hören, der höre"!
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