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Wegekreuze im Freiburger Osten 
und im Dreisamtal - 26 bis 30
 

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Die Artikel sind in der Reihe "Wegekreuze in der Region" in DER DREISAMTÄLER erschienen.
Autor ist Hermann Althaus, Historiker und Studiendirektor i.R. in Kirchzarten, der sich seit längerer Zeit mit der Erfassung von Kleindenkmälern und insbesondere „Kreuzen und Marterln im Dreisamtal" beschäftigt.
Vielen Dank an Herrn Althaus für die Erlaubnis, die so interessanten Beiträge hier zu veröffentlichen.
 

     

 

26 Kreuze im Vörlinsbach bei Oberried

Unsere Wanderung beginnt diesmal an der Oberrieder Kirche "Maria Krönung" in der gerade (2oo2) ein Jubiläum in der ehemaligen Klosterkirche der Wilhelmiter gefeiert wird. Das Kloster war zeitweilig auch in der Hand der Äbte von St. Blasien, deswegen schmücken deren Wappenschilde (1685, Prior Benedikt Häfelin) über dem Eingang unter der Strahlenmadonna auch die Außenwand der Kirche. Links vor der Kirche erblickt man ein großes schlankes steinernes Hochkreuz mit Kleeblattenden, auf dem über der Jahreszahl 1788 der (mundartig gefärbte) Text aus der Bibel zu lesen ist: ERBARMET EICH MEINER ZUM WENIGSTEN IHR MEINE FREINTE. IHS. Vielleicht ist es ein sog. Missionskreuz, das zur Erinnerung an eine Erneuerung des Glaubens dort errichtet wurde. Hinüber auf den Kirchplatz beim heutigen Kindergarten im ehemaligen Klostergarten findet man seit 1989 ein renoviertes Steinkreuz der Stifterfamilie Wiederle/ Steinhart aus dem Jahre 1859. Es hatte ursprünglich an der Omnibushaltestelle "Abzweig Weilersbach" gestanden und war wegen des Straßenbaus dort abgebaut worden. Die alte Inschrift lautet: Kommet zu mir Alle die ihr mit Mühe und Last beladen seyd, ich will eich erquicken. Matthäus 11 K.23 V. Heute trägt es ein zusätzliches kleines Messingschild auf dem man liest: "Dies ist ein Familienkreuz der Familie Riegel und wurde 1992 von der Einmündung Weilersbachstraße hierher versetzt. Die Gemeinde dankt dem Stifter Bruno Riegel. Franz Josef Winterhalter, B.G.".

Wandert man jetzt vom Klosterplatz zur Straße ins Zastlertal und gleich wieder rechts hinauf, gelangt man bekanntlich in den Ortsteil Vörlinsbach. Nach 1oom rechts "am Klosterweg" findet man ein nur 2 m hohes schlichtes Kreuz aus Gneis und Granit mit einem dunklen Metallkorpus. Auf einer dunklen Schieferplatte liest man die goldene Inschrift: GELOBT SEI JESUS CHRISTUS - Fam. GEW: V. ALBRECHT- BENITZ 1965. Das unauffällige Kreuz ist immer sehr schön mit Blumen geschmückt.

Bereits nach weiteren 15o Metern gelangt man zum alten (1787) "Schwörerhof". Am Weg hat 1903 der Bürgermeister Winterhalter, der bis 1933 im Amt war, ein sehr schönes und von seinem Enkel Anselm Winterhalter 1996 renoviertes Kreuz gestiftet mit der "Bitte um eine gute Amtsführung"! Ein vergoldeter Kelch mit Ähren (=Brot) und Weintrauben (=Wein) findet sich im Schaft, auf der Abdeckplatte des Sockels sieht man auf einem kleinen Kreuz und einem Anker ein blutrotes Herz, Symbole christlichen Glaubens. Die wieder gut lesbare Inschrift lautet: Ich will im Frieden nimmer klagen, will alles tragen mit Geduld. Dann folgt die oben genannte Stifterinschrift.

Ein Stück bergan am Kirnermarteshof (Bes. Erich Jautz) findet man in Höhe des Campingplatzes ein nahezu gleiches steinernes Hochkreuz wie das gerade erwähnte mit den gleichen symbolischen Details. Es bietet im Schaft noch Platz für eine kleine Madonna. Das Kreuz muß aus derselben Pfaffenweiler Werkstatt stammen. Leider hat der Zahn der Zeit besonders heftig daran genagt. Die Flechte und die Witterung haben an Füßen und am Korpus deutliche Spuren hinterlassen. Die Stifter waren Pius Schweizer und dessen Ehefrau Amalia, geb. Laubi. Die Inschrift ist kurz und knapp als eine deutliche Aufforderung: Schau auf mein Christ, Betrachte mich, Gehe hin und bessere dich.

Hinter einer Linkskurve weitet sich der Blick ins Tal immer mehr und man gelangt zum (ehemals "großen") Maierhof der Familie Martin. Der alte Hof lag ursprünglich auf der anderen Straßenseite, wovon das Backhaus noch zeugt. Der ehemalige Klosterhof gehörte im Laufe der Jahre einer Familie Maier (?), den Grafen von Kageneck (1895 !), auch der Gemeinde Oberried, wurde 1936 gedrittelt und zum einen Teil an die Familie der heutigen Bewohner verkauft. Vor dem schönen, z.T. aus den alten Steinen erbauten Bauernhaus, befindet sich ein steinernes Hofkreuz von 1867, das von 2 mächtigen Linden so umrahmt ist, daß sich daraus ein großes Tor ergibt. Im 2. Weltkrieg soll ein Kriegsgefangener Pole "Jan" mit viel Liebe die Äste des Baumes kunstvoll so ineinander gefügt haben, daß sie miteinander verwuchsen.. Die Inschrift auf dem Sockel und an den Seiten lautet: DAS HEILIGE KREUZ IST DER GRUND DES CHRISTLICHEN GLAUBENS DER STERN DER SELIGSTEN HOFFNUNG DER OPFERALTAR DER GÖTTLICHEN LIEBE: (UND SEITLICH): Errichtet von der Familie SPORER IN FREIBURG 1867. RENOVIERT DURCH DIE GRÄFLICH VON KAGENECKSCHE FAMILIE 1895.

Steigt man noch ein wenig höher hinauf, so gelangt man zum abgeschieden aber wunderbar gelegenen Altevogtshof der Familie Tröscher. Man kann sich kaum noch vorstellen, daß das jetzt bewaldete Gelände auf den Höhen rundum (192o) einmal Ackerland war, auf dem Getreide angebaut und in mühseliger Arbeit zur hauseigenen Mühle gebracht wurde. Die wassergetriebene Mühle ist seit einigen Jahren wieder hergerichtet, am Pfingstmontag findet regelmäßig dort oben ein kleines "Mühlenfest" statt. Gerhart Tröscher pflegt auch weiterhin das von seinem Vorfahren Josef errichtete Eisenkreuz mit ganz schmalen blauen Balken, das dieser aus Dankbarkeit für eine gesunde Rückkehr aus dem 1. Weltkrieg 1918 dort oben errichtete. Hermann Althaus

Am Maierhof in Oberried, einem alten Klosterhof der Wilhelmiten, hat ein kríegsgefangener Pole in der 40-ger Jahren 2 Linden um ein Steinkreuz so zusammengefügt, daß sie wie ein Tor zum Dreisamtal zusammenwuchsen. Vielleicht könnten die Bäume in der Zwischenzeit als Symbol für ein friedliches Zusammenwachsen zwischen 2 ehemals feindlichen Nationen verstanden werden.

Blick nach Osten zum Kreuz beim Maierhof in Oberried-Vörlinsbach am 26.2.2006 Kreuz beim Maierhof
Blick nach Westen zum Kreuz beim Maierhof - Foto: Althaus
   
Blick nach Osten zum Kreuz beim Maierhof in Oberried-Vörlinsbach am 26.2.2006  

Zwei Linden beschützen ein Steinkreuz
Ein reizvolle Lindenpärchen steht beim Maierhof in Oberried-Vörlinsbach und beschirmt ein Kruzifix aus Stein. Ursprünglich gehörte der "Große Maierhof" zum Kloster und gib, als dieses 1843 aufgelöst wurde, in Privatbesitz über. Ein Eigentümer war Graf Kageneck aus Freiburg, der das Kreuz aufstellen ließ. Graf Kageneck veräußerte das Anwesen später an die Gemeinde, von der es wiederum der Großvater des jetzigen besitzers, Siegfried Martin, im Jahr 1936 gekauft hat. Während des 2. Weltkrieges kümmerte sich der zugewiesene Pole Jan liebevoll um die Bäume und zog sie in die form, die bis heute in allen vier Jahreszeiten Einheimischen und Gästen ein bezauberndes Motiv bildet.

   

 

27  Ein Ausflug nach Freiburg: Das Kreuz auf dem "alten Friedhof" in Freiburg

Zugleich: Ein Hinweis auf Freiburgs Bestattungsgeschichte

Den "Alten Friedhof" in Freiburg kennt wohl jeder Einheimische, denn die Geschichte, die sich um das dortige Friedhofskreuz rankt, ist so schaurig schön, daß man sie für immer behalten muß.

Doch zuvor: Ursprünglich wurden die Verstorbenen in Freiburg auf der Nordseite des Münsters, der Schattenseite, beerdigt, bedeutete doch der Tod auch das Dunkle und Ungewisse. Die Toten erinnerten die Lebenden auf dem "Kirchhof" mitten in der Stadt täglich an die Vergänglichkeit des Daseins: "Memento mori - Erinnere dich daran, daß du sterben mußt, lerne loszulassen!" Leid, Sterben und Vergänglichkeit des Seins waren noch nicht – wie heute- tabuisiert. Hochgestellte Persönlichkeiten der Stadt und Kanoniker versuchten allerdings innerhalb des Münsters beerdigt zu werden, vielleicht, um am "Jüngsten Tag" den Schall der Posaunen als erste zu hören und dadurch möglicherweise "schneller" in den Himmel zu kommen.! Durchaus eine mittelalterliche Vorstellung! –Seit den 6oger Jahren werden in der neu eingerichteten Krypta der Kirche nur die Bischöfe bestattet.!

Nicht umsonst ist der Figurenschmuck des Münsters "unsrer lieben Frau" auf der Nordseite - übrigens in allen Kulturen Symbol für Untergang und Tod - wesentlich geringer, als auf der sonnigen Südseite. Im Pflaster deuten die Umrisse der dunklen Steine, leider oft verdeckt durch die Marktstände, noch auf die ursprüngliche Andreaskapelle (darunter der "Kärner", das Beinhaus) hin. Weil man oft nur 8o cm tief beerdigte, und bei Hochwasser oder Eisaufbrüchen die Knochen auf dem Münsterplatz herumlagen(!), somit eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung darstellten, verordnete um 1510 Kaiser Maximilian I. unter dem Eindruck verschiedener Pestepidemien, den Kirchhof an den Stadtrand (bei der Nikolaikirche in der Vorstadt Neuburg) zu verlegen. Dort fiel er 1677 den vom französischen Baumeister Vauban geschaffenen Festungsmauern zum Opfer. So fanden seit etwa 1683 die Freiburger auf dem Gelände des heutigen "alten Friedhofs" ihre letzte Ruhe (bis 1872). Verschiedene Erweiterungen wurden dort möglich, nachdem diese Festungsmauern 1745 von den französischen Truppen wieder geschleift worden waren. Der 4. Friedhof, der heutige Freiburger Hauptfriedhof, wurde dann erst 1872 angelegt und weiter ausgebaut, weil Freiburg in dieser Zeit stark an Bevölkerung zunahm, so daß eine Neuanlage und Erweiterung wichtig wurde.

Der "alte Friedhof" in Freiburg ist nahezu eine Seltenheit in Deutschland, finden sich doch Begräbnisstätten aus dem 17. bis 19.Jahrhundert nur noch in wenigen Städten unseres Landes. Die Grabkultur hier vermittelt uns nicht nur individuelle und künstlerisch wertvolle Grabstelen eines selbstbewußten und stolzen Bürgertums dieser Zeit, sondern ist auch Hinweis auf die Geisteshaltung und das Glaubensbewußtsein seiner Zeitgenossen. Auf diesem "Alten Friedhof" in Freiburg liegen nämlich bedeutende Freiburger Persönlichkeiten und Familien beerdigt, Künstler, Kaufleute, Politiker, auch der berühmt-berüchtigte Major v. Hennenhofer, "Mörder" (?) des Kaspar Hauser, des Sohns (?) des Prinzen Karl von Baden und seiner Frau Stephanie, der Napoleontochter. Der "Uhrenprofessor" Pater Rinderle aus St. Peter ruht hier ebenso wie der bekannte Johann Karl Knie aus dem weltbekannten Breisacher "Zirkus Knie", der ja bei einer Vorführung auf dem Münsterplatz vom Hochseil abgestürzt war. Die exzentrische Gräfin Bermudez-Colombi ist hier begraben, und sogar die Revolutionäre von 1848 haben dort Erwähnung auf einem Gedenkstein gefunden. Daß allerdings diese wunderbare "grüne Lunge im Mittelpunkt Freiburgs" immer noch existiert und keinem Bauboom zum Opfer fiel, soll damit zusammenhängen, daß der berühmte Freiburger Architekt und Barockkünstler Johann Christian Wenzinger verfügte, er hinterlasse sein großes Vermögen (7o.ooo Gulden !) nur dann dem Freiburger Stiftungsfond, wenn sein Grab "auf ewige Zeiten" dort auf dem "Alten Friedhof" gesichert sei. Ein weiser Entschluß -und ein für uns alle bis heute wirksames Vermächtnis!

Das riesengroße Friedhofskreuz aus Buntsandstein auf dem alten Friedhof (vor der kleinen barocken Michaels-Kapelle mit dem "Totentanz" ), ursprünglich wohl auf dem Münster-Kirchplatz errichtet und dann hierher geschafft, zeigt dem Betrachter unter dem Kruzifixus am Fußende einen Totenschädel, -einen Totenschädel besonderer Art.

Den Schädel des "Alten Adam" findet man ja oft am unteren Ende von Kreuzen, weil er nach frommer Legende auf dem Kalvarienberg, der "Schädelstätte Golgotha"", bei der Aufrichtung des Christus-Kreuzes dort zum Vorschein gekommen sei. Der "Alte Adam" verkörperte in christlicher Symbolik die unerlöste und dem Tod geweihte Menschheit, während Christus als ein zweiter und "Neuer Adam" der Welt die Auferstehung und den Sieg über den Tod gebracht hat. So wird es in Darstellungen mit Kreuz und Totenschädel zum Ausdruck gebracht und sichtbar gemacht: "wie durch einen Menschen der Tod kam, so kam durch einen Menschen die Auferstehung" – lebendige Bibel , biblia pauperum,- für jeden Gläubigen verständlich!

Aber auf dem "alten Friedhof" in Freiburg ist das anders: Statt des "Alten Adam" schaut einen ein makabrer Totenschädel an, der hat eine leere Augenhöhle, ein wenig Haar überwellt seinen Kopf, ein Nagel zieht sich vom linken Backenknochen zum Mund. Und dann ist da noch die Kröte, die aus der Kiefernhöhle herausglotzt. – entsetzlich.

Jetzt beginnt die schaurig schöne Geschichte, die man in Freiburg erzählt: Nahe beim Christoffeltor, dem Ausgang nach Norden, etwa beim ehemaligen Siegesdenkmal, habe einst ein alter Schmied gewohnt, dessen junge Frau mit dem geliebten Schmiedegesellen den Tod des Meisters bewirkt habe. Die beiden töteten den Schmied mit einem Schlag in den Kopf, versteckten den Nagel unter den Haaren – niemand bemerkte den Mord. Auch schöpfte niemand Verdacht, als die beiden wenig später heirateten. Aber als aus Platzmangel die Leiche des Ermordeten nach einigen Jahren exhumiert wurde, entdeckte der Totengräber, aufmerksam geworden durch eine Kröte, den Nagel im Kopf, meldete seine Beobachtung beim Stadtrat – und so wurden die beiden Mörder schließlich doch noch ihrer gerechten Strafe zugeführt.

Erkenntnis und Hinweis für Jedermann: Gottes Mühlen mahlen langsam

PS. Daß dieser "Totenschädel" für manchen Medizinstudenten als Souvenir eine "bleibende Erinnerung" an Freiburg bedeutete, ist verständlich. Mehrfach mußte im Laufe der Jahre dieser Schädel ersetzt werden!

Ein Gang über den alten Friedhof in Freiburg ist jederzeit empfehlenswert und bedeutet einen Gang durch Freiburgs Geschichte und Kunstgeschichte vom Barock bis zum Neoklassizismus. Hier läßt sich an vielen Gräbern ablesen, welche Glaubenseinstellung man in seiner Zeit hatte und welches Verhältnis bestand zum Tod "als dem Bruder des Schlafes".

Hermann Althaus

Alter Friedhof Freiburg - Totenschädel

Hinter dem Kreuz auf dem "Alten Friedhof" in Freiburg verbirgt sich eine schaurige Geschichte. Sie erinnerte den Menschen daran, daß Gottes Mühlen langsam aber sicher mahlen.

   

 

28  Das Gedenkkreuz im Mooswald: Schweres Eisenbahnunglück (1882) in Freiburg

Gerade 1o Jahre war sie alt: die Eisenbahnstrecke von Freiburg nach Breisach,- an diesem Sonntag sollte die weitere Anbindung an das Elsaß nach Colmar und Münster im Elsaß gefeiert werden -da passierte es: Ein Unglück wegen "überhöhter Geschwindigkeit" in Höhe von Landwasser, mitten im Mooswald! 45 Stundenkilometer wäre das Maximum gewesen, 72 kmh sei er mit seiner "Kniebis" gefahren, der Lokomotivführer Jakob Schlatterer. Und so gab es Tote: 64 Menschen starben, 225 wurden schwer verletzt. Es war das erste große Eisenbahnunglück in Süddeutschland. Ganz Deutschland flaggte auf halbmast.

Das kaum noch beachtete Kreuz an der verkehrsreichen Elsässer Straße hält fest:

Es zeugt das Kreuz von Todesschrecken/ Der frohe Menschen jäh betroffen/ zeugt aber auch vom Auferwecken/ und einem christlich frommen Hoffen./ Wanderer, bete ein Vaterunser für die am 3. September 1882 auf der Eisenbahn Verunglückten.

Ein kurzer Rückblick auf die Geschichte der Freiburger Eisenbahn ist hilfreich:

Eine Eisenbahnstrecke von Freiburg nach Breisach und ins Elsaß!? Das war eine Auswirkung der allgemein zunehmenden Hochindustrialisierung dieser Jahre auch in Baden mit starker Bevölkerungszunahme und den Wachstumsfaktoren auf verschiedensten Gebieten. Freiburg war "durch die Gnade des Großherzogs" bereits 1845 an den Verkehr von Mannheim über Karlsruhe nach Basel angebunden worden, (der Bahnhof mit der damals größten Bahnsteighalle in Baden hatte außerhalb der alten Stadtmauern und ehemaligen Vaubanschen Befestigungsanlagen gebaut werden müssen, Ingenieur Tulla hatte auf dem Schiffsweg bereits 1817 durch seine Rheinregulierung die gleiche Anbindung ermöglicht),die Spurbreite auf der Rheintalstrecke war auf das Normalmaß umgestellt, und seit einigen Jahren wartete man auf die Anbindungen von Freiburg hinauf in den Schwarzwald mit der Zahnradbahn (eröffnet 1887). Der Direktor der Uhrmacherschule in Furtwangen, Robert Gerwig, hatte mit dem Bau der "Schwarzwaldbahn" die Verbindung von Offenburg nach Donaueschingen gerade gebaut (1882) und auch die Pläne für die Höllentalbahn geliefert. Er arbeitete bereits an Plänen für den Bau der Gotthartbahn.

Geld für den Bau war offenbar vorhanden: 1870/71 war Frankreich von Deutschland unter Bismarck, von den Preußen und Sachsen, besiegt worden, die Kriegsentschädigungen des Verlierers flossen in enormer Höhe "ins Reich", man spricht von der "Gründerzeit",- Prachtbauten im Jugendstil entstanden, die Wirtschaft begann für ein paar Jahre zu boomen, das beginnende "Industriezeitalter" verdrängte die Agrargesellschaft– die Auswirkungen spürte man sogar im Schwarzwald.

Zurück zum Zugunglück vom 3. September1882 und dem Gedenkkreuz! Man berichtet:

An diesem Sonntag nach "Sedan" (2.9. 187o: Feier des Sieges über Frankreich) seien 2 "Vergnügungszüge" nach Freiburg gefahren, einer aus Basel, einer aus dem elsässischen Münstertal und Colmar. Zusammen mit den Freiburgern wollte man die Eröffnung der Bahnstrecke mit der Anbindung an das im 7oger Krieg wiedergewonnene Elsaß feiern. Ein riesiges Volksfest war es gewesen, als abends um 2oUhr1o auch der elsässische Zug mit 25 Waggons und 12oo Personen wieder heimfuhr.

Es habe an diesem 3. September 1882 nach einem herrlichen Sonnentag gegen 19 Uhr ein furchtbares Gewitter gegeben, plötzlich orkanartig gestürmt und wie bei einer Sintflut geregnet..

Der Sonderzug ins Elsaß bekam 5 Minuten (!) Verspätung, weil der fahrplanmäßige Gegenzug aus Breisach wegen des Gewitters sehr vorsichtig durch die Strecke am Mooswald gefahren war.

Man muß aber wissen: Die Strecke durch den Mooswald bei Hugstetten und Hochdorf führte damals auf einem kleinen Hochdamm mit leichtem Gefälle mitten durch das Sumpfgelände der Rheinaue. (Die spätere Trockenlegung erfolgte hier erst 1934, als die Rhodiaceta für ihren Wasserbedarf Tiefbrunnen anlegte und damit den Wasserspiegel um 1,5 m senkte.) Durch den starken Regen war möglicherweise ein Teil des Dammes unterspült, vor Gericht wurde später auch darüber spekuliert.

Dann passierte es: Durch überhöhte Geschwindigkeit entgleiste die Lokomotive namens "Kniebis"- es gab 64 Tote und 225 Schwerverletzte. Vor Gericht hieß es, die 7 notwendigen "Bremser" seien nicht auf ihrem Posten gewesen, um die Geschwindigkeit zu drosseln.

Es dauerte lange, bis erste Hilfe kam, denn auch die Telefoneinrichtung war durch das Unwetter zerstört. Erst gegen 22 Uhr verbreitete sich das Gerücht vom Unglück in Freiburg, weil die Feuerwehren und die Ärzteschaft, die Krankenschwestern und Sanitäter "mit dem Horn" in der ganzen Stadt zum Unfallort gerufen wurden.

Dort bot sich –soweit man im Finstern bei Fackellicht etwas erkennen konnte- ein grauenhaftes Bild. Die entgleiste Lokomotive stak hochkant im Schlamm, die 13 ersten Wagen lagen mit Totalschaden kreuz und quer und übereinander im Morast, der die Hilfsmaßnahmen zusätzlich behinderte, die 6 mittleren Wagen lagen beschädigt im Sumpf, nur 8 Wagen im hinteren Teil waren heil geblieben, dazwischen Tote und jammernde Verwundete: ein Bild des Grauens.

Verwundete und Tote wurden auf mit Stroh bedeckten Ochsenwagen oder mit einem Rettungszug zur Identifizierung in den großen Saal der Uniklinik nach Freiburg gebracht, die Toten schaffte man später in ihre elsäßischen Heimatorte. Im elsässischen Münster warteten 8 Kinder der Familie Schubnell auf die Särge von Vater und Mutter. Nur 5 Tote fanden auf dem Freiburger Friedhof ihre letzte Ruhe. Die Freiburger Bevölkerung nahm großen Anteil an den Trauerfeierlichkeiten. In ganz Deutschland wehten die Fahnen auf halbmast. Aber auch die Sensationspresse bearbeitete den Fall und setzte Gerüchte von einem verbrecherischen, womöglich politisch motivierten Anschlag in Umlauf.

Ein Jahr später kam es zum Prozeß gegen 5 Freiburger Eisenbahner, 131 Zeugen waren geladen. Aber der Fahrdienstleiter Anton Ambros, außerdem die Bediensteten Alois Feser, Jakob Rupp, Norbert Rummel und der Lokführer Jakob Schlatterer wurden freigesprochen, da sich eine eindeutige Schuldzuweisung nicht finden ließ. Es war wohl eine Verkettung widriger Umstände. - Die Bevölkerung sei mit dem Urteil nicht zufrieden gewesen und vermutete die eigentlich Schuldigen " Höheren Ortes", heißt es.

Die Unglücks-Lokomotive hatte damals nach den Schwarzwaldbergen den Namen "Kniebis". Es beleuchtet die lange vorhandene "Technikfeindlichkeit" oder den "Aberglauben" dieser Zeit im Südwesten, daß spätere Benutzer der Eisenbahn sich weigerten, mit einem Zug, der von dieser Lokomotive "Kniebis" gezogen wurde, mit zu fahren - und sogar die Schweiz und die elsäßischen Behörden wollten dieser "Unglückslokomotive" (obwohl sie nahezu unbeschädigt geblieben war) den Grenzübertritt verweigern. Deswegen strich man allen Lokomotiven den Namen und verpaßte ihnen bis heute die "nichtssagenden" Nummern.

Ein Stück Eisenbahngeschichte !! –Ein wenig "Menschsein"!.

Das fast vergessenes Kreuz im Mooswald an der stark befahrenen Elsäßerstraße weist auch heute noch darauf hin. Warum eigentlich? - Sollten wir das Geschehene einfach vergessen in unserer so schnelllebigen Zeit? Hat uns nicht der Terroranschlag auf das World Trade Center in New York am 11. September 2oo1 erneut auf das mittelalterliche "Memento mori" hingewiesen, wie schnell das Leben vorbei ist?

Die evangelische und katholische Gemeinde von Hugstetten und Hochdorf feierte am 2.9.1982 zum 1oo. Jahrtag einen oekumenischen Gottesdienst an diesem Kreuz. Es nahmen auch entfernte Angehörige der damals Verunglückten aus dem Elsaß daran teil. Die Idee dazu kam übrigens von Jugendlichen !

Ein schlichtes Kreuz im Mooswald erinnert an ein Eisenbahnunglück von 1882, als es auf der Strecke nach Breisach 64 Tote und 235 Verletzte gab, weil man statt 72 km nur 45 km (!) hätte fahren dürfen.

   

 

29  Gedenkstein an Pirmin Kleiser - den "Herder" auf der Erlenbacher Genossenschaft-Weide

Das muß doch ein wunderbar freies Leben sein: Herder-/ Hüter-sein hoch oberhalb von Oberried und Kirchzarten auf der riesigen Weidefläche um die Stollenbacher und Erlenbacher- Hütte, Herr über je 12o Jungtiere, auf einer Weidefläche von ca 9o Hektar Blumen und Gras, Eins-sein mit Sonne, Wind und Wetter, alles im Anblick des Feldbergmassivs und der eiszeitlichen Kare unterhalb der Viehhütte.

Der Laie sieht wohl nur die eine und schöne Seite dieses Berufes und unterschätzt vermutlich Arbeit und Lebensweise eines Vieh- und Feldhüters auf der seit 1736 bestehenden "Allmende" oben im Feldberggebiet.

Eine schlichte Erinnerungstafel auf einem Gneisblock, eingerichtet von der Erlenbacher Weidegenossenschaft, gibt einen deutlichen Hinweis, daß es wohl auch anders sein kann. Man liest:

Nicht weit von hier starb am 6. Februar 199o mitten in seiner Arbeit Pirmin Kleiser. Die dankbare Weidegenossenschaft Erlenbach.

Pirmin Kleiser war mit seiner kinderreichen Familie ganzjährig "auf" der Erlenbacher Hütte, hatte sogar 197o schon den Brand des kleinen "Herderhauses" erleben müssen und leistete bereits seit nahezu 4o Jahren auch im Sommer wie im Winter seinen Dienst. An diesem 6. Februar 199o war das Wetter verhältnismäßig schön, es lag noch nicht zu viel Schnee, -eine Einladung zum Holzmachen. Bei dieser schweren Arbeit erlitt er einen Herzschlag und wurde erst um die Mittagszeit von seinem Sohn gefunden.

Eigentlich hatte er noch einmal die für die Skifahrer ( und vom Schnee) niedergedrückten Weidezäune kontrollieren und die Stecken für die 3 Weiden schon hinauf schaffen wollen. Dabei hätte er auch an den (11) Brunnenstuben nachschauen können, ob sie den Winterfrost überstehen könnten, so daß die 12o Stück Jungvieh in den rund 1o2 Tagen der Almweide von Juni bis September genügend (5o Liter pro Tag für ein Rind!) reines Wasser vorfinden könnten. Möglicherweise war auch die rund 1,5 km lange unterirdische Wasserleitung zur Versorgung der Viehtränken unterbrochen oder es waren an der eigentlichen Viehhütte für die zweijährigen trächtigen Jungrinder, die oberhalb der Stollenbacher Hütte liegt, vom Winde abgerissene Holzbohlen wieder auszubessern. Im Winter hielt sich ja seine Arbeit in Grenzen. Im Sommer dagegen mußte er die großen Flächen für die intensive Beweidung rechtzeitig düngen, damit der unwirtliche und mineralarme Boden allmählich eine feste Grasnabe bilde, im Frühling waren schon die Elektrozäune für die 3 nach Alter und Geschlecht getrennten Jungtierherden zu richten, und mit dem Auftrieb der einjährigen Tiere begann dann erst recht die harte Arbeit mit der Pflege der jeweiligen Herde. Viele Kilometer gab es täglich zu laufen, bergauf und bergab, kranke Tiere zu finden und den Tierarzt zu begleiten, Bremsennester zu beseitigen, die Herden voneinander zu trennen, entlaufenes Vieh zusammen zu holen.

Der von der Erlenbacher Weidegnossenschaft eingerichtete Weide-Lehrpfad gibt eine Reihe weiterer Informationen preis: "Im Jahre 1736 kauften 12 ehrbare und bescheidene, liebe und getreue Unterthanen und Bauern aus Kirchzarten, Oberried, Weilersbach und Zastler den Erlenbach ..samt dazugehörige Wälder und Waydt vom löblichen Gotteshaus unserer lieben Frau Zell zu Oberried im Besitze der Fürstäbte von St. Blasien für 17o Gulden guter gemeiner Währung."

Bis heute bewirtschaften und beschicken diese 12 Bauern die Genossenschaftsweide am Erlenbach. Die Stollenbacher Weide dagegen gehört der Gemeinde Oberried. Die Grenze zwischen beiden bildet die auf rund 125o m Höhe liegende Wasserscheide nach St. Wilhelm bzw. ins Zastlertal. Dort oben mißt man eine Jahresdurchschnittstemperatur von 5,4 Grad und einen Niederschlag von 172o mm. Die Gemeinde Oberried unterhält die Weide zur Förderung der Aufzucht von widerstandsfähigem Nutzvieh für ihre Landwirte und hat ebenfalls einen "Herder" eingestellt, der ebenfalls in seinem "Herderhaus" eine Gaststätte betreibt. Der Viehabtrieb Ende September ist auch heute noch ein kleines Volksfest bei den Schwarzwälder Bauern, wie man gerade (2oo1) wieder erleben konnte. Die mittlere Gewichtszunahme der Jungtiere liegt bei rund 7o kg. Die zweijährigen Tiere stehen dann kurz vor dem Abkalben und bleiben je nach Wetterlage noch bis Anfang Oktober auf der Weide.

Die Hochweiden waren im Mittelalter dem Wald abgerungen worden, bis hoch hinauf schlug man das Holz, um Acker und Weideland zu gewinnen. Noch heute weisen hochgelegene Getreidemühlen (Altevogtshof/ Oberried) auf eine solche Bodennutzung hin. Doch seit Anfang des 19.Jahrhunderts breitete sich der Wald wieder aus, weil der Ackerbau –ähnlich wie heute- nicht mehr rentabel war. Die Fichte wurde der "Brotbaum" des Schwarzwaldes. Heute sollen die Hochweiden mit staatlicher Unterstützung die Ausgewogenheit zwischen Wald und Weide herstellen und bewahren helfen.

Dazu hat auch der "mitten in seiner Arbeit" verstorbene Pirmin Kleiser, der Herder auf der Erlenbacher Hütte, seinen wertvollen Beitrag geleistet.

Hermann Althaus

Auf der Wasserscheide zwischen Erlenbacher und Stollenbacher Weide findet sich ein Erinnerungsstein an den "Herder Pirmin Kleiser", der dort oben " mitten in seiner Arbeit" einem Herzschlag erlegen ist.

   

 

30  Auch Grenzsteine sind Kleindenkmale

Das Land Baden-Württemberg plant für die nächsten 4 Jahre (bis 2oo4) die flächendeckende Erfassung der Kleindenkmale in unserm Land. Dazu wurden alle Vereine und Ämter zur Mitarbeit aufgerufen, die sich in irgendeiner Form mit Heimatgeschichte und Volkskunde beschäftigen. Auch der "Schwarzwaldverein" und die "Badische Heimat" arbeiten an dieser Aktion mit, deren Ziel es ist, die Dokumentation und Sicherung dieser in hohem Maße gefährdeten Zeugen unserer Geschichte zu erfassen. Kreuze und Bildstöcke, Heiligenstatuen und Meilensteine sollen erfaßt werden. Auch "Grenzsteine" gehören zu den Kleindenkmalen. Leider sind auch sie durch "Kunsträuber" und Souvenirsammler immer mehr gefährdet. Dabei wird die absichtliche Beschädigung, Entfernung oder Zerstörung strafrechtlich verfolgt. Deswegen wurde das geplante Projekt unter die Devise gestellt : "Aus dem Abseits ins Bewußtsein". Damit soll die Bevölkerung insgesamt motiviert werden, sich mit den steinernen Relikten der Vergangenheit zu beschäftigen. Diesem Ziel dient auch der folgende Bericht.

Grenzsteine dienen - ebenso wie Siegel und Wappen - grundsätzlich der Kenntlichmachung von Besitz und sind seit dem späten Mittelalter selbstverständliche Bestandteile des Rechtslebens. Jagdreviere und Fischereirechte, Viehtriebs- und Wasserrechte wurden so markiert. Nur dazu besonders legitimierte Personen durften im Auftrag der Grund- oder Gerichtsherren diese Grenzsteine, die mit dem Wappen der Besitzer versehen waren, setzen. Eine Kerbe auf der Oberseite des Steines zeigt den Grenzverlauf an. Grenzfrevel wurden im Mittelalter oft grausam bestraft. Es wird zum Beispiel berichtet, man habe die Frevler lebendig begraben und den Kopf abgepflügt. Für ihren Frevel müßten sie im Jenseits ständig schwere Steine schleppen. "Finsterstes Mittelalter!" Damit wollte man natürlich andererseits auch dem Unrecht des Stärkeren vorbeugen und gesellschaftliches Zusammenleben ermöglichen. Regelmäßig wurden die Grenzen durch sogenannte "Untergänger" oder auch "Siebener" kontrolliert. Dabei kam den "Drei- oder Viermärkersteinen" eine besondere Bedeutung zu, weil hier die Rechte mehrerer Anrainer aufeinander trafen. Gegen widerrechtliche Grenzversetzung sicherte man sich vor allem durch "Geheimnisse" oder "Zeugen", das sind Tonscherben oder besondere Steinchen, sogenannte "Gemerke" die unter die eigentlichen Grenzsteine gelegt wurden und nur den vereidigten Mitgliedern des Steinsatzgerichtes bekannt waren. So konnte im Streitfall durch Einpassen mit dem zerbrochenen Gegenstück "nach Recht und Gesetz" entschieden werden.

Auch im weiteren Dreisamtal gibt es interessante Grenzsteine, die manchmal wertvolle Hinweise auf ehemalige Besitz- und Herrschaftsverhältnisse weltlicher und kirchlicher Institutionen ermöglichen.

So findet sich zum Beispiel ein auf das Jahr 1586 datierter Grenzstein, auch "Landteiler" genannt, jetzt aufgestellt vor dem Rathaus in Stegen. Er wurde in den 7oger Jahren in Wittental oberhalb des Weberhofes gefunden, könnte aber von seinem ehemaligen Standort durch Waldarbeiter dorthin verschleppt worden sein. Dem Heraldiker (=Wappenkundiger) erschließt sich aus dem dargestellten Kopf eines wilden Ebers, daß es sich um das Wappen der Herren von Reischach handelt, die zwischen 1486 und 1596 im Schloß Weiler (beim Kolleg St. Sebastian) wohnten und in dieser Zeit einen Teil des Dreisamtales verwalteten. Die Rückseite des Steins trägt ebenfalls ein Wappenschild, in dem wohl nichts mehr erkennbar ist. Auf der Oberseite aber zeigt sich, wie üblich, der genaue Grenzverlauf, markiert durch eine entsprechende gekerbte Linie.

Im ganzen Tal finden sich ähnliche Grenzsteine mit dem Wappen der Familien Snewlin-Landeck, Blumeneck, Reischach, Moser, v. Neveu oder Kageneck sowie des Klosters St. Peter.

Im Klostergarten von Oberried kann man eine Kopie des mächtigen Grenzsteines bewundern, den man als Wanderer auf dem "Toten Mann" wegen der starken Verwitterung vergeblich zu entziffern sucht. Lediglich die Jahreszahl 1747 ist dort oben noch erkennbar. Die Kopie im Klosterpark entschlüsselt den alten Buntsandstein wenigstens teilweise. Im Feld der Vorderseite ist der nach rechts springende Hirsch, Zeichen der Benediktiner-Abtei St. Blasien, deutlich zu erkennen, der das Wilhelmiten-Priorat Oberried ja ab 1725 fest unterstand. Mehrere Oberrieder Mönche wurden ja sogar Äbte von Sankt Blasien, letztmalig Meinrad Troger (1749 – 1764),der Vorgänger des bekannten Fürstabts Martin II. Gerbert. 1747 hatte eine erneute Bannsteinsetzung z.B. auch mit der Gemeinde Zastler stattgefunden. Auf der Rückseite der Oberrieder Kopie findet sich ein Wappenschild mit der Jahreszahl 1840 (Gründung eines neuen Vogteiverbandes mit Geroldstal) und der Nummer 20. Das nur schlecht erkennbare eingearbeitete Wappen bezieht sich auf das Wappen der Herren von Neveu, die auch im Geroldstal und Weilersbach Besitzungen hatten(s.u.). Der Stein trägt auf der Oberkante die Andeutung des genauen Grenzverlaufs, dargestellt durch Bogenlinie und Dreieck. Von einem "Einhorn" aber, welches heute das Wappen der Gemeinde Oberried schmückt, findet man auf diesen Grenzsteinen nichts. Dennoch ist das "silberne Einhorn auf rotem Grund" der Oberrieder Geschichte entnommen, war es doch das Wappen der ehemaligen Herren von Tengen, einem im 13. Jahrhundert im Hegau ansässigen Adelsgeschlecht, das 1237 seinen sanktgallischen Lehnsbesitz im Oberrieder Tal den Nonnen von Günterstal überschrieb mit der Auflage, dort eine neue Zisterzienserinnengemeinschaft zu begründen.

Allein aus den letztgenannten Sätzen mag man erkennen, wie im Laufe der Geschichte Herrschaft und Land und damit lebendige Menschen verkauft wurden und den Besitzer wechselten.

In Kirchzarten kennt man ebenfalls Grenzsteine der Herren von Neveu (s.o), einem Adelsgeschlecht, das ursprünglich in der Ortenau und noch früher im Elsaß daheim war, aber seit 167o auch im heutigen Kirchzarten Besitzungen hatte. Ihr Mittelpunkt im Dreisamtal war der "Rainhof" im heutigen Ortsteil Burg. Deren Wappen zeigt in grünem Schild zwei schräggekreuzte, gestützte silberne Anker mit Querholz und goldenen Spitzen und Ringen (schlichter auf den Grenzsteinen, dort vor allem die Anker erkennbar). Die Herren von Neveu, von denen einer der letzten auf Schloß Biengen im Markgräfler Land als Freiburger Original ("das Franzele") bis 1918 lebte, waren noch einige Jahre nach 18o5, als im Gefolge der Säkularisation auch Dietenbach "badisch" geworden war, die Grundherren in Teilen Dietenbachs oder auch Stegens. An sie hatten die jährlichen Zinszahlungen abgeführt werden müssen, beim Besitzerwechsel auf einem Hof war jahrhundertelang jeweils 1/3 des Verkaufserlöses und das "Besthaupt" entrichtet worden. Da Dietenbach bis 1936 eine selbständige Gemeinde war, liest man auf den Grenzsteinen unter dem begleitenden (Neveuschen) Anker manchmal auch ein DB (DietenBach).

ein Grenzstein von 1586 mit dem Wappen der Herren von Reischach, die damals Herren in Stegen waren Grenzstein aus Dietenbach mit dem Wappen der Herren v.Neveu eine Kopie des Grenzsteins vom "Todten Mann" (1747) mit dem Wappen des Klosters St. Blasien.

Grenzsteine verraten viel von den ehemaligen Besitzverhältnissen unserer Gegend. Mit ihren Wappen und Jahreszahlen gehören sie ebenfalls in den Bereich der Kleindenkmale und sind deswegen schützenswertes Kulturgut. Dazu die obigen drei Bilder

(a): , (b) , (c)

   

 

 

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