Greiffeneggschlössle überm Schwabentor 200 Jahre alt

Über dem Greiffeneggschlössle weht die österreichische Flagge. Denn mit Österreich ist die Geschichte dieses Hauses in markanter Lage eng verknüpft: Der letzte vorderösterreichische Regierungspräsident Hermann Joseph Edmund Nepomuk Tröndlin von Greiffenegg hat es sich 1805 – also vor 200 Jahren – als Altersruhesitz erbaut. Später wohnte dort sein Sohn, der mit Frau und Schwägerin eine geheimnisvolle „Menage à trois“ inszenierte. Heute ist das Greiffeneggschlössle ein etabliertes Restaurant. Dessen Besitzer Toni Schlegel wird das Jubiläum in den nächsten Wochen gebührend feiern.

„Es ist ein Traum, ein solches Objekt zu haben“, sagt Toni Schlegel. Seit zehn Jahren bewirtschaftet der heutige Besitzer das Schlössle auf dem Felsenvorsprung samt dem Kastaniengarten mit seinen 800 Plätzen, der in den warmen Monaten immer proppenvoll ist. Im Sommer ist es drum schwierig mit der Ruhe: „Quieti sacrum“, Heiligtum der Ruhe, taufte nämlich einst der Erbauer Hermann von Greiffenegg sein Kleinod oberhalb des Schwabentors. Greiffeneggs Familie war im Salzhandel zu Geld gekommen. Greiffenegg stand in österreichischen Diensten und wurde als Regierungsrat in die vorderösterreichische Stadt Freiburg kommandiert. Er galt als gebildet und belesen – und als extrem durchsetzungsfähig: Deswegen beauftragte ihn Kaiserin Maria-Theresia mit der Reform der Freiburger Universität: Er drängte den Einfluss der Jesuiten zurück und führte modernere Lehrmethoden ein. Später stand er als Regierungspräsident der letzten dem Hause Habsburg verantwortlichen Regierung vor. Im Preßburger Frieden (Weihnachten 1805) diktierte Napoleon die Übergabe des Breisgaues an die Markgrafen von Baden. Der alte Greiffenegg, ein Habsburg-Anhänger durch und durch, starb 1807.

Auch sein Sohn, der Oberst Freiherr Hermann Gottlob von Greiffenegg, stand im Dienste Österreichs. Er galt als kontaktfreudig, mutig bis zur Verwegenheit, ein echter Haudegen vor dem Herrn. Und er verstand sich offenbar bestens auf den Umgang mit den Damen. Er heiratete in zweiter Ehe Agathe, die Tochter des Freiburger Sattlermeisters Mauch. Ins Schlössle zog aber auch deren bildschöne Schwester Josefa mit ein. Bald kursierten in Freiburg die wildesten Gerüchte von einer „Menage à trois“ auf dem Schlossberg. 1825 tötete der Oberst bei einem Duell in Venedig einen Arzt, der Ehrenrühriges zum Dreiecksverhältnis geäußert hatte. Die zum Waisenkind gewordene Tochter des Getöteten nahm Greiffenegg, ganz Gentleman, in seinem Schlössle auf. Daraus entwickelte sich das nächste Drama: Der Blick von der Aussichtsplattform auf Freiburg war das letzte, was das Mädchen in seinem Leben sah: Sie stürzte sich von der Altane in den Tod – angeblich, nachdem sie erfahren hatte, dass ihr Mentor ihren Vater umgebracht hatte. Doch die Geheimnisse um diesen Todesfall, sie wurden nie gelüftet. 1839 verkaufte der Oberst das Schlösschen an den Bierbrauer Schaich. Später übernahm es die Brauerei Rommel als „Rommels Schlösschen“. So begann die Gastro-Geschichte des Hauses am Berg, die seit zehn Jahren Toni Schlegel mit Begeisterung fortführt. An die alte, nicht immer nur gute Zeit, erinnert die rot-weiß-rote Fahne.
Alles von Joachim Röderer vom 26.11.2005 auf www.badische-zeitung.de