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Hebel-Medaille für die Zeller Autorin Heidi Knoblich
Johann Peter Hebel hat sie als die liebliche Tochter des Feldbergs bezeichnet, die Wiese. Nun hat die Region auch eine "liebliche Tochter der Wiese": In lyrischer Abwandlung von Hebels geflügeltem Wort hat Bruno Epple Heidi Knoblich auf diesen Schild gehoben, und zwar in seiner Laudatio bei der Verleihung der Johann-Peter-Hebel-Medaille der Muettersprochgesellschaft Hegau in Singen. Mit der Medaille zeichnet die Gesellschaft Menschen aus, die sich um die alemannische Sprache verdient gemacht haben. Die Zeller Autorin sei eine "sympathische alemannische Stimme", die landauf, landab nicht zu überhören sei, heißt es in der Begründung. Heidi Knoblich hat sich in mehr als hundert Rundfunksendungen, mit Büchern, die die Historie der Region erzählerisch aufarbeiten, mit Bühnenstücken und auch als Hörspielautorin hervor getan. Erst im vergangenen Sommer sorgte zum Beispiel die Inszenierung "Die Schwarzwaldengländer" für Aufsehen. Auch das Freilichtspiel "Fanny", das 2002 von den Jostäler Freilichtspielen aufgeführt wurde, stammt aus ihrer Feder. Ebenso wie der Roman "Winteräpfel", der anhand der Feldberg-Mutter Fanny Meyer die Erschließung des Feldbergs für den Tourismus beschreibt. Daneben hat sie aber auch das Kochbuch "Original Badisch" oder ein Winter-Weihnachtsbuch "Un d Welt hät lisslig gschnuuft" veröffentlicht. Zu schreiben angefangen hat Heidi Knoblich vor gut zehn Jahren - zunächst in ihrer Mundart, dem Dialekt des Wiesentals, inzwischen auch auf Hochdeutsch. Beim SWR-Studio Freiburg ist sie zudem für "Mundart am Samstag" mitverantwortlich und In der Comedy-Serie "Zahnarztpraxis Dr. Pauly" 4 spielt sie die Sofie. Bruno Epple lebt als Lyriker und Maler auf der Höri und verkörpert ein großes Stück der aktuellen Bodensee-Kultur. Heidi
Knoblich aber muss ganz besondere Assoziationen in ihm wecken. Wenn er sie reden
höre, dann sei ihm, als höre er Hebel selber, so Epple. "Und was sie sagt", so
der Lyriker in der Laudatio weiter, "das ist richtig und gut, und wie sie es
sagt, das ist stimmig, und wenn sie anfängt zu erzählen, dann sprudelt es aus
ihr heraus wie eine Quelle so frisch und klar." Verliebt in ihre Sprache mache
sie ein Wesen aus ihr. Sie bausche sie nicht auf, sie höre in ihre Sprache
hinein mit allem Respekt, den diese verdiene. "Wenn sie anfängt zu erzählen,
klingt alles so zauberisch, so warmherzig", befindet Epple....
Alemannenvesper mit Maurice Laugner und Frank Dietsche
LAHR. Ob besinnliche Lieder oder humorvolle, mit einem Hauch Frivolität
und einem Körnchen Wahrheit behaftete "Gschichtli us'm Läwe vun hiwwe un driwe":
Der elsässische Mundartdichter Maurice Laugner und Liedermacher Frank Dietsche
boten beim neunten Alemannenvesper der Muettersproch-Gsellschaft Geroldsecker
Land am Freitagabend Mundart vom Feinsten.
Mundart der Sonderklasse bot auch der bei den Lahrer Muettersprochlern bestens bekannte
Frank Dietsche, dessen vor einigen Jahren
beim Alemannenvesper enthüllte Erinnerungen an eine alte Liebe und andere
erfolglos gebliebenen Bemühungen unter dem Titel "Hätt i g'schieder Schittli
g'schpalte" noch in bester Erinnerung war und auch diesmal mit tosendem Applaus
bedacht wurde. 22.11.2004 in der BZ
Schliengener Z'Liecht-Obe mit Lucie Hirth und Hildegard Weber Beim Schliengener Z'Liecht-Obe zeigte sich die ganze Bandbreite der Mundart / Lucie Hirth und Hildegard Weber zu Gast Zur abendlichen "Z'Liecht-Stunde" fand sich im Sitzungssaal des Wasserschlosses "Entenstein" eine treue und aufmerksame Zuhörergemeinde ein. Gabriele Lösche tauchte mit geschickter Hand den schlichten Ratstisch in festliches Kerzenlicht. Die vortragenden Gäste aus Freiburg hatten sich zuvor bei Familie Edmund Zimmermann in Mauchen getroffen, wo schon ein wenig vertraute Nähe entstand. Lucie Hirth lebt jetzt in Freiburg-Landwasser und Hildegard Weber in March-Hugstetten. Beide sind in Sulzburg geboren. Sind die Themen von poetischen Naturen, die am Stadtrand leben, andere? Träumen sie sich in die Idylle? Das war die Frage. Lucie Hirth machte den Auftakt mit einem Gedicht von Gerhard Jung, das die alte Sitte des Z'Lichtgehens beschreibt. Kritisch-aufmerksam war das folgende Gedicht, in dem es um die Frage ging, warum die Menschen in der Großstadt so aneinander vorbeirennen. Mit einigen Limericks brachte sie einfache Tatsachen auf den Punkt und die Zuhörer zum Schmunzeln. Ihre eigene Biografie enthält auch ein Kapitel Amerika. Lucie Hirth stellte fest, wie viel von dort sprachlich ins Alemannisch einfließt. Drüben aber kennt man gerade mal den "Kindergarden". Hildegard Weber befasst sich besonders intensiv mit ihrem Garten. Die Geschichte vom "Zwiebeli" veranschaulicht Werden und Ernten. Eindringlich ist der Vergleich vom Abschleifen der Steine und der Abnutzung und Verflachung der Sprache. Doppelsinnige Lebensweisheiten bot sie in prägnanter Kürze in den Gedichten "Gloge - ungloge", "I trau mi nit", "Jungi Frau un alte Ma" dar. Mit einem stimmungsvollen Herbstgedicht schloss der erste Teil des Abends. Vergnüglich war die traditionelle Pause bei einem guten Tropfen und guten Gesprächen. Ein paar literarische Herztröpfli aus ihrem wunderschönen selbstgebundenen Buch verabreichte Hildegard Weber, um dann von Bazillen und deren Weitergabe, dem Besserwisser und jenem streitbaren Paar "Sodele - Jetzetle" zu berichten. Wie ein braver Hund aus seiner Perspektive seine Herrin und die Welt ganz allgemein sieht, hat die Autorin im Zusammenleben mit ihrem Vierbeiner gründlich studiert und humorvoll in Verse und in eine hintergründige Geschichte gebannt. Bedächtig und lebensklug sind Lucie Hirths in
Gedichtform gefasste Beobachtungen, kleine Spiegel, die sie dem Zuhörer vorhält.
Sie hat dem Volk genau aufs Maul geschaut. "De Firobe am Morge sueche", "Hindeno
ka jede sage", sind zwar lauter Alltäglichkeiten, erhielten aber zustimmenden
Beifall. Ganz neu war die Idee, ein Alemannisch in ein anderes Alemannisch zu
übertragen, so geschehen bei einer vorweihnachtlichen, nachdenklich stimmenden
Geschichte vom "Pfiffedeckl" alias Philipp Brucker aus Lahr. Da zeigte sich die
enorme Bandbreite der Mundart. ....
Roswitha Dold und Erika Sonner in der Denzlinger Rocca DENZLINGEN. "Berg un Tal kumme nid zemme, aber d' Litt, will's immer ebbs z' verzehle gitt." Wohl wahr. Zahlreiche Mundart-Liebhaber kamen in die Rocca, um alemannischer Erzähl- und Sangeskunst vom Feinsten zu lauschen. Auf der Bühne standen die Liedermacherin Roswitha Dold aus Eschbach und die Dichterin Erna Sonner, die in Oberbergen zu Hause ist. Und weil die beiden Künstlerinnen das Sprichwort von Berg und Tal in persona
verkörpern, haben sie ihren gemeinsamen Auftritt auch mit diesem Motto
überschrieben: "Alemannisch g'sunge un g'chwätzt - oder: wenn Berg un' Tal zemme
kumme." Es waren die detailgenauen und wortwitzigen Beobachtungen des Alltags,
die das Publikum an den Liedern von Roswitha Dold fesselte. So erzählte sie
augenzwinkernd von der nervenden Frage alter Leute, als sie noch ein "Schnullermaidli"
war: "Wem g'hersch du?" Dass sie dann brav antwortete und während des
Wortschwalls der alten Leuten zwischendurch immer mal wieder "Jesses nai!" und
"ah so!" bemerkte, wurde ihr dann zum Verhängnis: Sie kam zu spät zur
Schule. Auch den Vorwurf: "Ja bisch du vun Berlin?" thematisierte sie. In puncto
Landwirtschaft hätten die Städter nämlich zwei linke Hände und würden sich nur
großmäulig wichtig tun. Und an den belustigten Äußerungen des Publikums war
abzulesen, dass der Berlin-Spruch durchaus kein unbekannter war. Es war sowieso
der hohe Identifikationswert der alemannischen Lieder, der die Zuhörer immer
wieder staunen, lachen und angenehm erschauern ließ. Erna Sonner, die Dichterin aus
Oberbergen, erzählte in schöner Ergänzung zu Dold in ihren Gedichten und Texten
kleine und feine Geschichten aus ihrem Leben. So erinnerte sie sich daran, dass
in ihrer Familie nie viel politisiert wurde. Wenn der Vater befahl: "Heim ins
Reich!", dann hieß das lediglich: "Ab ins Neschd!" Auch der Großvater stand der
Politik skeptisch gegenüber. Wenn er sich dazu äußerte, dann meistens nur mit
den Worten: "Auf der Welt ist alles Schwindel, wer das nicht glaubt, der ist ein
Simpel!" Aber Erna Sonner ist durchaus politisch in ihren Gedichten. Über den
jüdischen Friedhof in Eichstetten, wo sie aufgewachsen ist, las sie vor: " . . .
främdi Böächschdabe un Näme wu d'r nur vum verzelle kännsch. 1940 un dänno? . .
.". . Und fühlte man sich als Zuhörer auch mal unangenehm ertappt, konnte man ja
immer noch sagen: "Kumm gib nid so an, du hesch au schun mol ä bleedi Gwohnet
ghan!"
Alemannische Gschichtle mit Ulrike Derndinger und Wolfgang Miessmer SEELBACH (wm). Das war so recht ein Abend für das
alemannische Gemüt. Dafür sorgten Ulrike Derndinger, die beim
Gerhard-Jung-Wettbewerb für junge Mundart im vergangenen Jahr den zweiten Platz
belegte, und Wolfgang Miessmer, der als Mundartbarde den musikalischen Teil
übernahm. Auch die Bemerkungen zum Generationenvertrag, bei
dem die wortgewaltigere Tochter ihrem Vater bei Verkaufsgesprächen am Telefon
unter die Arme greift, während die Mutter dafür sorgt, dass die Kühltheke immer
gut gefüllt und genug Essen auf den Tisch kommt, zeigen, dass die Familienwelt
durchweg auch ihre heiteren Seiten hat. Gut gefallen haben auch die
Aufzeichnungen über die "Zwelf Briäder", womit die Monatsnamen gemeint sind, die
im Laufe des Jahres Schönes und Wunderbares, aber auch "Schissdreck" und
Vermaledeites bereithalten.
Fast 80 und kein bißchen Mundartmüde - Rosemarie Banholzer
Rosemarie Banholzer, die Mundartdichterin vom Bodensee, hat im Hochschwarzwald einen festen Stamm von Freunden, darunter auch Jugendliche. Das zeigte sich am Samstag, als sie in der "Adler-Post" in Titisee-neustadt mit ihrer 20. Mundartlesung aufwartete. Eingeladen hatte der Mundartkreis Hochschwarzwald der Muettersprochgesellschaft unter Vorsitz von Werner Schnettelker aus Lenzkirch, der die Hoffnung aussprach, dass durch die Wiederaufführung des Freilichtspiels "Kolumban Kayser" in Lenzkirch die Mundart wieder mehr gepflegt werden kann. Der Mundartkreis unterstütze diese Bemühungen. Stationen von Rosemarie Banholzer waren bisher Neustadt, Eisenbach, Schollach, Lenzkirch, Kappel und Hubertshofen. Verständlich, wenn sie bei der 20. Lesung von ihrer Verbundenheit zum Schwarzwald sprach. Gerne erinnerte sie an ihre Neustädter Mutter Berta Winterhalder und zeigte, dass diese in der zweiten Klasse am 21. Juni 1911 in der Schule als Buchpreis einen Band von "Wilhelms Hauffs Märchen" erhalten hat. In den Ferien weilte sie immer wieder bei den Großeltern, besuchte ihre Tante, die "Strußmarie", und bewunderte die Uhrenfabrikation von Großvater Johann Winterhalder. "Leider habe ich keine der Uhren geerbt, weil ich noch nicht volljährig war", gestand sie, "dennoch habe ich zwei Winterhalder-Uhren gekauft, die mich in Konstanz an den Schwarzwald erinnern". Und das unterstrich sie mit dem Gedicht "I han e Schwarzwälder Uhr." Weitere Schwarzwald-Erinnerungen lebten durch eine Reihe von Gedichten auf, darunter das Mundartgedicht "Schwarzwälderle bliebe" ("Mir Leit vu heit", Rosgarten Verlag), in dem es heißt: "Als Seehas mit're Schwarzwälder Mamme und Großeltere us Neustadt im Schnee, hängt mi's Herz a de tiefgrüene Danne vum Schwarzwald, je älter, je meh". Viele Gedichte und Geschichten hörte man an diesem Nachmittag. Solche, die der Jahreszeit entsprachen und solche, die noch nicht veröffentlicht sind. Auf Wunsch trug sie in Anwesenheit von Lehrern den "Lehrer Lämpel" aus dem Buch "Max und Moritz" vor, das sie in seealemannischer Mundart herausgebracht hat. Reicher Beifall ermutigte sie, mit Zugaben und mit dem Eingeständnis aufzuwarten, dass sie am 10. Februar 2005 das 80. Lebensjahr vollenden kann. An diesem Tag kann sie auf ein reiches Schaffen zurückblicken, das von 14 Büchern und 2500 Gedichten und Geschichten geprägt ist. Siegfried Scharf am 26.10.2004 in der BZ
Marie Luise Kaschnitz - Wurzeln in Bollschweil Anlässlich des 30. Todestages von
Marie Luise Kaschnitz hatten Agenda-Engagierte und die VHS Südlicher Breisgau in Bollschweil eine Gedenkfeier
veranstaltet Marie Luise Kaschnitz zählt zu denen, die Spuren hinterlassen haben, in Bollschweil, in Karlsruhe, an vielen Orten in Europa und ganz besonders in Rom, wo sie sieben Jahre lang gelebt hatte. Und sie gehört zu denen, deren Spuren immer wieder nachgegangen werden, weil sie sich im kulturellen Gedächtnis der Nation eingeprägt haben. Marie Luise Kaschnitz hat ein umfangreiches Werk von Lyrik, Erzählungen, Romanen, Essays und Hörspielen hinterlassen. Ein kleiner Ausschnitt davon, sorgsam ausgewählt, die Entwicklung der Dichterin offenbarend und in der Form variierend brachten die Interpreten am Sonntag zu Gehör. Da war "Der Mond", ein Gedicht aus den frühen Jahren, in seinem Versmaß, seiner Reimform, seinen Sprachbildern, seiner lautmalerischen Harmonie und seinem Inhalt ganz an der hergebrachten Dichtung orientiert. Später, in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und erst recht nach dem Tod ihres Mannes Guido von Kaschnitz im Jahr 1958, sollte sie die überlieferten poetischen Formen aufbrechen, gänzlich und konsequent. Im Mittelpunkt aber stehen durchweg die Grundfragen menschlicher Existenz nach Liebe, Tod und Vergänglichkeit. Wie kann es auch anders sein? Marie Luise Kaschnitz war Zeitzeugin der Schrecknisse des vergangenen Jahrhunderts mit seinen beiden Weltkriegen und hat schwere Schicksalsschläge erlebt. Wie ein Zwiegespräch mit ihrem verstorbenen Mann wirkten denn auch die Verse aus "Dein Schweigen - meine Stimme". Marie Luise Kaschnitz hat ihre Worte aus einer tiefgründigen und weitläufigen inneren Welt geholt, hat ihre jeweilige Umgebung und Erlebnisse intensiv wahrgenommen und diese Wahrnehmungen verbunden mit ihrem Gefühl, ihren Sehnsüchten und ihren humanistischen Überzeugungen und Prägungen in Poesie gegossen. Den Bollschweilern hat sie mit ihrem Prosawerk "Beschreibung eines Dorfes",
aus dem Marschall von Bieberstein vortrug, ein einzigartiges Vermächtnis
hinterlassen. Von 1916 an hatte sie fünf Jahre lang dort gelebt, nach dem Tod
ihres Mannes war sie immer wieder zu Besuch gekommen. In Bollschweil ist sie
allgegenwärtig, die Grundschule des Ortes trägt ihren Namen und an der
Familiengruft der Familie von Holzing erinnern die beiden Schlussverse "Wohl
denen die gelebt ehe sie starben" aus ihrem Gedicht "Vater Feuerwerker" an sie.
In der Möhlinhalle war das nicht zu hören, aber viele andere einprägsame Verse.
Bernhard Mößner aus Tutschfelden - Gedichte am Computer Wenn Bernhard Mößner aus Tutschfelden
Gedichte schreibt, dann unregelmäßig: Mal zwei in einer Woche, dann wieder
einen Monat lang kein einziges. Das ist das Schöne an der Sache: Er muss ja
nicht. Er darf. Und: Er kann - das ist schwarz auf weiß in seinem
Buch
"Der Rabe scheint oft wunderlich" nachzulesen. Das Werk, das im
Februar erschienen ist, enthält auf 144 Seiten nicht nur Gedichte, sondern
auch einige Glossen. Schreiben war schon immer eine Leidenschaft von ihm. In der Grundschule überzeugten seine guten Aufsätze, man wollte ihn aufs Gymnasium schicken. Doch dort gingen damals nur die Kinder von Lehrern und Ärzten hin, Mößner besuchte die Volksschule, machte eine Ausbildung und arbeitete 45 Jahre lang als Metallfacharbeiter. Das Schreiben vernachlässigte er dabei nicht: Er war für die Badische Zeitung als Lokalreporter in Tutschfelden unterwegs und berichtete für die Betriebszeitung auch mal kritisch über die Chefetage, er verfasste Theaterstücke und "private" Gedichte, die zum Beispiel auf Geburtstagsfeiern von Freunden und Bekannten für Heiterkeit sorgten. Die Jahre gingen dahin, Mößner in Rente. Er hatte Zeit - und entdeckte das Internet für sich. "Eine tolle Sache", meint er, "ob jemand in Tutschfelden ist oder in Hamburg, das macht keinen Unterschied." Er belegte Kurse und machte sich mit den unendlichen Weiten des World Wide Web vertraut. Das Internet war es schließlich auch, wo er seine Gedichte zum ersten Mal gezielt einer größeren Öffentlichkeit vorstellte. Die Literaturforen leselupe.de und lyrikwelt.de wurden zu einer virtuellen Heimat für ihn, dort präsentierte er seine Gedichte - und erntete viele positive Bewertungen. Dass er sich dann irgendwann entschloss, einige seiner Gedichte im Selbstverlag (Auflage: 500) als Buch zu veröffentlichen, hängt auch mit seiner Parkinson-Erkrankung zusammen, wie er im Vorwort schreibt: "Ich weiß nicht, wie lange mir meine Krankheit noch Zeit lässt, weiter zu schreiben". Parkinson zwingt ihn dazu, mit einer alten
Lyriker-Tradition zu brechen: Er schreibt seine Gedichte nicht bei
Kerzenschein mit dem Füller, sondern am Computer. Mößner rächte sich mit
seiner schärfsten Waffe - mit einem Gedicht. Das heißt: "An Herrn
Parkinson", und es beginnt so: Muss Dichtung Spaß sein, Herr Mößner?
"Absolut", antwortet er, "das Leben ist schon schwer genug, da
sollte man auch was zum Lachen haben." Das hat man dann auch, auf 144
durch Scherenschnitte und Zeichnungen aufgelockerten Seiten, in Buchhandlungen
von Emmendingen bis Lahr erhältlich. Eine Auswahl seiner Texte hat Mößner
auch auf seiner Homepage www.humor-und-poesie.de
veröffentlicht.
Wiltrud Pfunder liest aus "Bis an s'End vum Regeboge" Wiltrud Pfunder ist Alemannin aus Überzeugung.
Zwar lernte sie als Kind auch Hochdeutsch, aber: "Meine Seele denkt
alemannisch". Und da sie in ihren Gedichten "das loswird, was sie
empfindet", sind diese natürlich in ihrer Muttersprache verfasst. Am
2.4.2004 um 19 Uhr liest die Dichterin im Rahmen der Ehrenkirchener Woche aus
ihrem zweiten Gedichtband "Bis an s'End vum Regeboge" in der
Berggaststätte Kohlerhof.
Erika Buhr-Diewald, Mundartdichterin aus Todtmoos-Höfle Die Mundartdichterin von Todtmoos-Höfle hatte schon als Kind schauspielerisches Talent / Aus dem Stand zitiert Erika Buhr Hölderlin-Gedichte Winterzeit ist Theaterzeit. Für Stoff sorgt Erika Buhr. Sie ist eine der bekanntesten Mundartdichterinnen der Region. Ihr Theaterstück in drei Akten mit dem Titel "Sternkinder" war in den vergangen Wochen in einigen Hotzenwald-Gemeinden zu sehen. Die Zuschauer waren jedes Mal begeistert. Zum Inhalt des Stücks: Sternkinder beobachten vom Mond aus die Erde. Die Kinder sind neugierig, erleben die Wunder der Erde und sind verzückt. Das Thema ist Erika Buhr wie auf den Leib geschrieben. Die Schönheit und Einmaligkeit der Natur mit ihren Bächen und Wäldern und den Bergen sind Teile ihres eigenen Wesens. Es ist ihr ein inneres Anliegen all das, was sie in den Wundern der Natur empfindet ,sprachlich umzusetzen". Sie ist seit vielen Jahren Mitglied der "Muttersproechler" im Raum Hochrhein. In Todtmoos-Höfle in unmittelbarer Nähe des schwarzen Waldes ist sie als geborene Diewald in einem jahrhundertealten Schwarzwaldhaus aufgewachsen. Der unmittelbar am Haus vorbeifließende Rüttebach drang in seinem Rauschen in ihre empfindsame Kinderseele. Die Natur prägte ihr Wesen und die Liebe zur Sprache zeigte sich schon in jungen Jahren. Schon in der Schule in Hinter-Todtmoos schrieb sie die besten Aufsätze und hatte ihre Freude an Gedichten. Wer sich mit der heute 71-Jährigen unterhält, ist erstaunt, wie zum rechten Zeitpunkt aus dem Stegreif Hölderlin Gedichte zitiert werden. Als damals an der Hinter-Todtmooser Schule Märchen im dichtbesetzten Schulsaal gespielt wurden, bewies Erika Buhr-Diewald eine erstaunliche schauspielerische Fähigkeit. Und auch als sie nach ihrer Schulzeit das Kindergarten-Seminar in Freiburg besuchte, fiel die junge Todtmooserin durch ihr schauspielerisches Können auf. In Freiburg spielte die Theatergruppe die Minna von Barnhelm von Gotthold Ephraim Lessing. Wem wurde die Rolle der Minna übertragen: Der jungen Schwarzwälderin aus Todtmoos. Die Leiterin der Theatergruppe in Freiburg schlug ihr sogar vor die Schauspielschule zu besuchen. Das wollte sie aber doch nicht. Die Liebe zu ihrer Schwarzwaldheimat ließ dies nicht zu. So wurde sie Kindergärtnerin in Todtmoos. Es zog die bildungshungrige junge Frau aber doch in die weite Welt. Drei Jahre lebte sie als Privaterzieherin bei eine italienischen Familie, erlebte sie die Kunststadt Rom in ihrer einmaligen Schönheit. Ihre Tochter Corinna hat ihre schauspielerischen Fähigkeiten von der Mutter geerbt. Sie hat auch bei den "Sternkindern" Regie geführt und in der Region bei verschiedenen Theatergruppen durch ihr schauspielerisches Können begeistert. In einem sehr schön gestalteten alemannischen
Gedichtband - ihr Mann ist Buchdruckermeister - hat sie unter dem Titel "Wa i
am Weg noch gfunde ha" eine Sammlung ihrer Gedichte herausgegeben, die durch
die feinsinnige Sprache, ihre originelle Betrachtung der Natur, Blume und Tier,
eine literarische Köstlichkeit sein dürfte. An vielen Orten hat sie aus diesem
Gedichtband schon gelesen und die Schönheit in der ihr lieben alemannischen
Sprache und ihre Hintergründigkeit schon vermittelt.
No hüt wirsch mit mir im Höllefüür sii!" - von Hajo R. Loch No hüt wirsch mit mir im Höllefüür sii!" Was
Zugereisten angesichts dieses für sie zungenbrecherischen Buchtitels
möglicherweise etwas fremdländisch deucht, ist nichts anderes als der Versuch
eines pensionierten Freiburger Lehrers, den nicht erst seit Goethe berühmten
Faust in ein alemannisches Sprachgewand zu kleiden. Worauf auch der Untertitel
hinweist, den Hajo R. Loch seinem "Grausspiel" gegeben hat: "Dr letschte Dag vom
Johann Georg Faust". Im Jahre 1990 hat der gebürtige Lörracher angefangen sich seinen Wunsch zu erfüllen. 1550 Verse sind am Ende dabei herausgekommen. Nicht irgendwelche Verse, sondern geschrieben "in echtem Alemannisch", darauf legt er, der vierzig Jahre lang am Wenzinger-Gymnasium Deutsch unterrichtete, Wert. Es ist die Mundart des Wiesentals, wie sie auch der große Dichter Johann Peter Hebel einst sprach: kantig, kernig, bilderreich und klangvoll. "Sappermoscht! Bisch du bi Troscht?", herrscht zum Beispiel Mephistopheles den Faust an. "Du wärsch nit uusecho, du hättsch dr 's Gnick verrenkt, glaubsch denn im Ernscht, du kriegsch vom Teufel öbbis g'schenkt?" Nicht minder expressiv sind auch die den Text begleitenden Grafiken von Lochs Jugendfreund Rainer Gdanietz aus Lörrach (dort und in Basel auch unter seinem Künstlernamen Albert Klaschek bekannt). Das expressionistisch-alemannische Zusammenspiel überzeugte jedenfalls nicht nur Benedikt Oberkirch von der Freiburger Gutenberg-Druckerei, sondern auch Klaus Poppen. Der Präsi der Muettersproch-Gesellschaft sicherte sich für deren Mitglieder gleich tausend Exemplare als Weihnachtsgabe. Denn so alemannisch kam der Faust noch nie daher, wenn er dem angebeteten Gretle erklärt: "Hätt ich mi nur nit so in di vergafft, i weiß bal nümmi, was mi no meh schafft, dii Starrsinn oder mii Verrucktheit, mii Liebeswahnsinn oder dii Verdrucktheit." gmk , BZ vom 19.12.2003, ganzen Text
bitte auf www.bzol.de lesen Winteräpfel - von Heidi Knoblich
Nur der Schnee und
die Ewigkeit und vielleicht das Sterben. „Winteräpfel“ heißt das neue Buch von Heidi Knoblich. Die Autorin hat ein Schwarzwaldbuch geschrieben. Der Untertitel: „Aus dem Leben der Feldbergmutter Fanny Mayer“. Diese hat den Feldberger Hof in ihrer Zeit zum „Nabel der Welt“ gemacht. Für eitle und nichteitle Gäste aus aller Welt. Aber bis da, von Stierenaugen (Spiegeleier) bis zum Schwarzwälder Schneeballen mit Karamellsoße, war es ein unendlich beschwerlicher und schwerer Weg. Zwischen Prolog, Epilog, Worterklärungen und Zeitspiegel - die Geschichte hat einen authentischen Hintergrund - entfaltet die Autorin das Leben der Fanny auf 190 Seiten. Beginn der erzählten Zeit ist der 25. Februar 1881. Fanny ist knapp 30 Jahre alt. Und die erzählte Zeit endet 22 Jahre später. Nur der französische Koch Truffaut aus Paris und der Italiener Alfredo sind erfunden, alle anderen auftretenden Personen haben in der „Fannyzeit“ gelebt. Fannys Bruder Carl, der den Feldberger Hof führte, wohin sie aufgebrochen war, um zu helfen, weil Carls Frau, Verone, im Kindbettfieber lag, war seinen Aufgaben auf Grund eines kriegsbedingten Lungenleidens kaum gewachsen. Er bleibt als handelnde Figur in der Erzählung ganz im Hintergrund, bestimmt aber gerade deshalb das Leben von Fanny. Nach zwei Schlüsselgesprächen mit ihrem Bruder ringt sie sich nämlich dazu durch, den Feldberger Hof als ihr Schicksal anzunehmen. Und obwohl sie widerstrebend meint, ‚eine Frau könne sich ... einmotten, begraben, beerdigen lassen hier oben’, stellt sie sich dieser Herausforderung. Seite sechzig ist der Wendepunkt. Als der Bruder droht, er wolle gehen, beschließt sie zu bleiben. Denn sie hat den stärksten Willen von allen. „Ich mach weiter“, trotzt sie. „Man kann alles, wenn man will, zieh Rösli, zieh schon, zieh!“ befiehlt sie der tüchtigen, gutherzigen Rosa Bauer aus Bernau, als sie zusammen einer Kuh beim Kalben helfen müssen. Hatte sie nicht schon zu Beginn der Geschichte den Waldhüter in Menzenschwand allein durch ihren entschlossenen Blick dazu gebracht, sie im Schneesturm ans Sterbebett ihrer Schwägerin zu schleppen? Und Fanny muss - und will - das mutterlose Kind von Carl, Oskar, beschützen und sie möchte ja schließlich ‚Paris auf den Feldberg holen’ Diesen Floh hatte ihr Truffaut in den Kopf gesetzt. An ihm, dem Mann von Welt aus Frankreich, den es als Jagdgast der Fürsten von Fürstenberg in den „sibirischen“ Osten verschlagen hat, kristallisiert sich Fannys Biographie, an ihn heftet sich ihre Sehnsucht. Eine Sehnsucht, die unerfüllt bleiben wird bis ins Grab. Erst durch die Einführung der Figur des Truffaut kann die Autorin das Leben der „Feldbergmutter“ überhaupt ins Leben setzen. Das Zusammensein mit ihm, das Hoffen auf seine Rückkehr und die Erinnerung an ihn sind die Scharniere für die Türen, die sich dem Leser zu Fannys Leben öffnen. Deshalb die vielen Rückblenden und Vorausdeutungen im Text, das Heraustreten aus der Zeitachse des Erzählflusses. Hier entscheidet sich die Handlung und hier erhält der Leser Einblick in die inneren Vorgänge. „Die ganze Nacht hat sie Carl husten gehört.“ „Sie hat in Basel noch Geld auf der Bank“. „Es gibt keine glückliche Liebe.“ „Ma déchirure, meine Herzzerreißerin“. Der Waldhüter gibt ihr seinen Rosenkranz‚ ehe sie sich nach Freiburg, in die Klinik Dr. Hegars, zu einer schweren Operation begibt. Fannys Leben: Das ist Kampf ums Leben, Kampf gegen Neid, Verzagtheit, Begehrlichkeiten und Schuldgefühle, gegen den Berg, gegen Schnee, Kälte, Wind, Nacht und Stille. Ist Verantwortung, Pflicht, Bangen, Entsagung. Da hat es die Liebe schwer. Und doch ist „Winteräpfel“ eine Liebesgeschichte, eine deutsch - französische. Eine badisch - französische: Denglegeist, Brägele, Hofsgrunder Chäsformen, Zego und Rilettes, tarte, Chinon - Wein, Apfel - Crème. Die Menzenschwander Marie, der herzensgute Waldhüter Valentin Maier, dann der Knecht, Rösli und Fannys Vater sind die Menschen, die ihr nahe stehen. Dazu gesellen sich die aufgeblasene Madame Brosi aus „Hintermenzenschwänz“, die geschwätzig, selbstgerecht und naseweis eine Gegenfigur zu Fanny darstellt und Otto Hüglin aus St. Blasien, der mit seinem geschäftigen Expansionsdrang die Existenz des Feldberger Hofes jahrelang in Frage stellt, die „Weiberwirtschaft“ dort oben zu beenden gedenkt. Die Erinnerung an Basel, für Fanny der geistige „Vorort von Paris“, wo sie lange bei der Familie der „Großmamme“ in Stellung war und an den allein lebenden Vater - die Mutter ist schon gestorben und auch Fannys Verlobter Friedrich - ist in der Erinnerung Rückhalt, wenn sie auf dem Feldberg droht, verrückt zu werden, so wie schon die abergläubische Marie, die den toten Seelen opfert. „Die Liebe und der Berg, sie machen aus Menschen Verrückte“. Auch wenn Truffaut beim Anblick des Nachthimmels dort schwärmt, er sei noch nie so nahe am Himmel gewesen, bleibt für Fanny: „Es ist ein elendes Sterben hier oben“. Dieser Berg, eine personifizierte Urgewalt, bestimmt den Fortgang der Handlung in der Erzählung mindestens ebenso wie die Protagonistin selbst. Dieser „unberechenbare, armselige Berg“. Seine Schneemassen verschlingen Menschen und diese müssen ihm jeden einzelnen Tag ihres Lebens abtrotzen. Ein unbarmherziger Gegenspieler war der Feldberg auch dem Truffaut, der am Allerheiligennachmittag „abgekämpft“ an die Tür des Feldberger Hofes klopft, mit den Worten: „Habt Nachsehen mit einem wie mir, Madame!“ Er wird diese Worte genau 100 Seiten später wiederholen, wenn er nach langer Abwesenheit im Sommer zu Fanny zurückkehrt und mit ihr im Feldsee nackt (!) baden will. Ein empörendes Ansinnen für Fanny, die ihn bis dahin noch nicht einmal geküsst hatte und ihn auch nie küssen wird. Nur weil „Küsse wie Schlangenbisse“ sind? Aber nachdem er „durch einen wildgewordenen Gaul ums Leben“ gekommen ist, schwört sie sich, „sollte sie ihm je auf der anderen Seite des Lebens begegnen, wird sie alles nachholen, in alle Ewigkeit nur noch küssen“. Bis es jedoch so weit ist, gibt es noch schier unendlich viel zu tun für sie. Aber Fanny, die Seele des Hotels, reüssiert! Derart, dass sie eines Tages sogar den Großherzog aus Karlsruhe mit seiner Gemahlin zu Gast hat. Sie wird ihn vor lauter Aufregung in Hausschuhen empfangen. Das ist eine der Stellen, wo Heidi Knoblich die Last des Daseins für Momente aufhebt und das Leben über sich selbst schmunzeln lässt. Sie tut das auch in der Anekdote mit der Ankenmarie und dem Ankensalomon und ebenso, wenn sie dem Raimartibauer das Geheimnis seiner Lederschürze entlockt. Truffaut, der „geniale“ Pariser Koch, sinnlich und verführerisch, mit französischer Lebensart (hat Truffaut nicht mit Trüffel zu tun? ), der Fanny immer wieder darin bestärkt, Mut zu fassen und nach vorne zu sehen und später der Franzose Dr. Pinard, der den Schneeschuh, damit den Skisport in den Schwarzwald bringt und sich über alle Bedenken der Schwarzwälder hinwegsetzt, kommen aus dem Westen, Alfredo aus Italien, und sie alle sind dem Leben zugewandt, nehmen in ihrer Unbekümmertheit dem Feldberg seine mythische Schwere. Fanny scheint diese mediterrane Lebensart zu genießen, ja, ihre Nähe zu brauchen wie die Luft zum Atmen. Es wird ihr dennoch nie gelingen, sich selbst zu entfliehen. Wem schon? Ein Hauptmotiv klammert die Geschehensstränge des Romans zusammen: der Apfel, die Versuchung. Als Truffaut ihr zum ersten Mal einen Apfelschnitz anbietet, denkt sie sofort: „Schlangenbisse“. Truffaut wird solange bleiben, das ahnt sie, solange er ihr nicht die versprochene Apfeltarte gebacken hat. Und sie hofft, dass er dieses Versprechen nie halten wird. Beim Durchschneiden eines Apfels fällt ihr auf, „dass das Kerngehäuse aussieht wie ein Herz. Die Kerne fallen heraus wie Tränen.“ Sechzehnmal kehrt dieses Apfelmotiv wieder. Auch als Truffaut schon tot ist. „Äpfel und Wehmut“ haben für Fanny „denselben Geschmack“. Und Winteräpfel „reifen sehr spät“, sagt Truffaut mit seiner dunklen Stimme, in der die ganze Welt mitklang’, „der Frost schadet ihnen nicht. Man behauptet sogar, dass sie, wenn sie gefrieren, noch schmackhafter werden“. Winteräpfel eben. In den Text hineingewebt sind neun Hebelzitate. Hebels Gedichte und Kalendergeschichten haben auch die lebende Fanny lange Zeit „begleitet“. Alle Figuren im Roman sind auf Fanny fokusiert. Es gibt keine Nebenhandlungen. Höchstens bruchstückhaft in Rückblenden. Erzähltempus ist das Präsens (beziehungsweise das Perfekt). Nur in Rückgriffen werden Vergangenheitstempora benutzt. Das historische Präsens zieht den Leser das ganze Buch hindurch tief in das Geschehen, in die Seelenlage der Figuren hinein, was eine starke Identifikation besonders mit Fanny ermöglicht. Polarisierungen sind Stadt - Land, Zivilisation - Natur, Geburt - Tod, Krankheit - Gesundheit, Verzagtheit - Entschlossenheit, Draußen und Drinnen.
Szenische Dialoge in direkter Rede und Passagen mit
indirekte Rede halten sich die Waage. Oft meint man die Sprache eines Drehbuches
vor sich zu haben. Kurze Sätze. Kaum episch ausladende Beschreibungen. Man
merkt, dass dem Buch eine
Theaterstückfassung voraus ging. Gedrängte Diktion. Der Leser fiebert die
ganze Lektüre über mit, ob es Fanny gelingt, den Bedrohungen des Lebens
standzuhalten, und ob ihre Liebessehnsucht in Erfüllung geht. Heidi Knoblich hat
uns mitgenommen in einen noch gar nicht so lange vergangenen Schwarzwald, wo die
Seelen der Menschen und die Seele der Natur noch nicht so weit auseinander waren
wie heute, aber die Moderne mit Eisenbahn, Flugzeug, Tourismus und Skisport
schon einbricht in die tiefsten Täler und auf die höchsten Gipfel. Und das wird
kein Ende haben. Fanny steht in dieser Zeitenwende ihre Frau. Innerlich
zerrissen und dennoch entschlossen.
Martin Gülich,
Tirolerweg 35, D-79111 Freiburg, 0761/4774772, 0761/289989 Denken ist erotisch - Philosophin Ingeborg Gleichauf aus Neustadt Die
Philosophin Ingeborg Gleichauf: Erinnerungen an Neustadt und das Alltagsgeschäft Und dann ist da noch die Sache mit dem Benehmen in der Arbeitswelt, die irritiert, die man anders gelernt und daher "nur generationstypisch" empfindet. "Meine Einstellung gegenüber Verlegern war immer positiv", erzählt Gleichauf. Doch habe sie begreifen müssen, dass gute Leistung - sprich gute Verkaufsbilanzen ihrer Bücher - nicht etwa freundliches Verhalten im Verlagsleben mit sich bringen. In diesem "eitlen Geschäft", so die Erfahrung der Philosophin, müsse man wohl etliche Leute unter der Rubrik "Profilneurose" abhaken. "Meine große Tochter hat es auf den Punkt gebracht", erzählt Gleichauf und lacht: "Ellenbogen sind angesagt." Und bezeichnend dafür, dass auch noch heutzutage die Lust am Denken scheinbar den Männern vorbehalten ist, sich an der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau nicht viel geändert hat, ist die Begegnung mit der Psychoanalytikerin Maria Wimmer. Nach einem Vortrag über Hannah Arendt habe Wimmer gefragt: "Wie kann man denn als ansehnliche Frau Philosophie machen?" Ingeborg Gleichauf lacht und erzählt: "Die hat gestaunt, als ich geantwortet habe: ,Aus erotischen Gründen!' Und ich finde das immer noch,
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