Dreisamtal für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende. Regio-Portal for Volunteering, Business and Holidays



Oberried im oberen Dreisamtal
 

Home >Ortschaften >Oberried >Oberried2

Oberried, Kirche Maria Krönung, Ehemaliges Wilhelmitenkloster

Wegekreuz am Eingang des Zastlertals  Wegekreuz am Eingang des Zastlertals
 

 

Dorf aktuell – Oberried: Kanalbau im Zastlertal

Der Dreisamtäler im Gespräch mit Josef Winterhalter, Bürgermeister der Gemeinde Oberried und Mitglied des Kreistags des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald 

Dreisamtäler: Was gibt es an neuen Entwicklungen in Oberried?
Winterhalter
: Es gibt nicht Vieles, was wir in diesem Jahr leisten können, weil die Finanzlage sehr angespannt ist.  Nichtsdestotrotz planen wir, mit dem Bau des Abwasserkanals in Richtung Zastler zu beginnen. Diese Baumaßnahme liegt in einer Größenordnung von 600.000,- Euro. Voraussetzung ist natürlich, dass wir überhaupt eine Zuschussbewilligung erhalten, anders können wir das ohnehin nicht realisieren. Wir stellten im Herbst 2003 den Antrag, denn es steht zu befürchten, dass die Fördersituation sich zukünftig noch mehr verschlechtert und die Gemeindefinanzen noch mehr einbrechen werden.

Dreisamtäler: Geht es in Zastlertal um eine Kanalsanierung?
Winterhalter
: Es ist keine Sanierung, sondern ein Neubau. Der Ortsteil Zastler verfügt im mittleren Bereich bisher über keine öffentliche Kanalisation. Es handelt sich bei dem geplanten Neuanschluss insgesamt um ca. 25 Gebäude, die zur Zeit alle mit Hauskläranlagen ausgestattet sind. Erste Planungen dafür gab es schon vor dreißig Jahren. Bisher hat man diese Maßnahme in der Dringlichkeit aber immer hintenan gestellt. Mitte der 90er Jahre beispielsweise stand der Anschluss des gesamten Ortsteils Hofsgrund an die Kanalisation an, und Ende der 90er Jahre war es der Anschluss des  gesamten Ortsteiles St. Wilhelm. Was nun noch fehlt, ist der Anschluss des mittleren Zastlertals noch aus. Wenn wir das gemacht haben, dann haben wir im Bereich Kanalbau die Hausaufgaben in der Gesamtgemeinde erledigt.

Dreisamtäler: Dieses Jahr also Investitionen in den Kanalbau –ist sonst noch etwas geplant?
Winterhalter
: Das ist die einzige Infrastrukturmaßnahme in diesem Jahr von größerer Bedeutung. Ein weiterer Ausgabenblock ist bei der Gebäudeunterhaltung vorgesehen. Das gemeindeeigene Mehrfamilienhaus im Ortsteil Zastler soll saniert werden, die Außenhülle wird mit entsprechenden Dämmschichten versehen und es werden neue Fenster eingebaut. Die Maßnahme wird durch Grundstücksveräußerungen im Zastlertal finanziert.  Außerdem werden wir sicher die ein oder andere Unterhaltungsmaßnahme im Straßenbereich tätigen, allerdings auf einem relativ niedrigen Niveau. Wir müssten eigentlich mehr in das Straßennetz investieren, wollten wir die Qualität auf Dauer erhalten. Aber es fehlt das notwendige Kleingeld.

Dreisamtäler: Straßenunterhaltung in Oberried ist keine leichte Aufgabe schon allein aufgrund der Höhenunterschiede.
Winterhalter
: Oberried ist eine der größten Flächengemeinden im Landkreis mit über sechseinhalbtausend Hektar und die Tatsache, dass wir drei Ortsteile haben bedingt natürlich, dass wir ein weit verzweigtes Straßennetz in unterschiedlichster Höhenlage zu betreuen haben. Wir haben etwa 35 km Gemeindeverbindungsstraßen, also Straßen, die der Verbindung einzelner Ortsteile bzw. einzelner Weiler dienen, dazu kommen einige Kilometer Innerortsstraßen. Schätzungsweise sind es 50 km Straße, die geteert sind und regelmäßig betreut werden müssen.

Dreisamtäler: Gibt es spezielle Brennpunkte?
Winterhalter
: Eine besondere Aufgabe besteht darin, die Brückenbauwerke zu unterhalten. Da schob man auch  aus Kostengründen die Maßnahmen viele, viele Jahre immer weiter nach hinten, aber mittlerweile müssen wir aus Gründen der Verkehrssicherheit einige Sanierungsmaßnahmen umgehend durchführen. Wir haben in den beiden vergangenen Jahren zwei Brücken in Weilersbach saniert und in diesem Jahr ist eine dritte im Bereich des Gasthauses Schützen an der Reihe. Da ist der Zustand schon so, dass im Winter die Brückenoberfläche durchbricht und man das Wasser darunter sehen kann. Da besteht also schon dringender Handlungsbedarf.

Dreisamtäler: Was passiert, wenn für solche Sanierungen keine Fördermittel fließen?
Winterhalter
: Dann werden wir allmählich Straßenverhältnisse kriegen, wie sie früher in der DDR üblich waren. Ich hoffe ja immer noch, dass sich der Bundesgesetzgeber, aber auch das Land daran erinnern, dass die Kommunen mit dem notwendigen Geld ausgestattet werden müssen, um die zwingenden Unterhaltungsleistungen leisten zu können. Da gehören ja nicht nur Straßen dazu, es betrifft auch die Schulen, ich erinnere nur an die Debatte um das Kreisgymnasium. All diese Probleme resultierten daraus, dass die Kommunen ihre investiven Mittel in den vergangenen Jahren immer mehr zugunsten von Ausgaben im sozialen Bereich, sprich der Sozialhilfe, umschichten mussten. Mittlerweile hat man da die Schmerzgrenze überschritten mit verheerenden Konsequenzen für den Zustand von öffentlichen Einrichtungen.

 

10 Millionen Euro für ein neues Verwaltungsgebäude in Oberried
– sie fehlen bei der Sanierung des Schulzentrums

Dreisamtäler
: Im vergangenen Jahr haben Schüler dem Landrat einen Besuch abgestattet und Mittel für die Sanierung des Schulzentrums gefordert.
Winterhalter: Das Schulzentrum ist eigentlich kein altes Gebäude, es wurde vor ca. 30 Jahren errichtet. Heute ist der Sanierungsbedarf für den ganzen Komplex in einer Größenordnung, die fast schon Neubaudimensionen erreicht. Das Schlimme ist, dass dieser hohe Sanierungsbedarf gerade in eine Zeit schwacher Finanzen der Kommunen fällt.  Trotz allem müssen die dringendsten Maßnahmen durchgeführt werden Vorrangig ist dabei sicherlich die Asbestsanierung. Es besteht aber auch schon seit Jahren ein klar definierter Fehlbedarf an Räumen, vor allem Fachräumen, und auch hier muss Abhilfe geschaffen werden.

Dreisamtäler: Der Landrat war über die Forderungen der Schüler nicht sehr erfreut. Seiner Meinung gibt es einfach keine Gelder, um die Sanierung grundlegend anzugehen.
Winterhalter
: Die derzeit schlechte Finanzlage kommt für niemanden überraschend. Von der Tendenz her ist sie in der Finanzpolitik der vergangenen Jahrzehnte angelegt und Fachleute haben schon seit langem davor gewarnt. Wir haben die letzten Jahre, wenn man es einfach und salopp formulieren will, über unsere Verhältnisse gelebt, und zwar auf allen politischen Ebenen und immer in der Hoffnung, dass durch noch höheres Wirtschaftswachstum  letztendlich die auflaufenden Schulden sich automatisch in Nichts auflösen.

Der Sanierungsbedarf des Schulzentrums in Kirchzarten hat sich auch nicht über Nacht entwickelt, auch das war absehbar und hier sind meiner Meinung nach falsche Prioritäten gesetzt worden. Der Verwaltungsneubau des Landratsamtes ist ein Beispiel dafür. Dieser hatte für mich nie Priorität, die Unterhaltung und Sanierung von Schulen hat eine höhere Dringlichkeit. Und es ist Fakt, dass durch diesen Neubau zehn Millionen Euro gebunden sind, Gelder, die anderswo fehlen.

Dreisamtäler: Ein  Argument für das neue Verwaltungsgebäude war, dass es kostengünstiger sei neu zu bauen, als teure Mieten zu bezahlen.
Winterhalter
: Da haben wir von den Freien Wählern unsere eignen Berechnungen, die bestätigen das nicht. Die laufenden Ausgaben für Zins, Tilgung und Unterhaltung liegen mit Sicherheit höher als die Mieten. Die Aussage, dass die Mieten teurer wären basiert auf Annahmen, die hinterfragt werden müssen. Nämlich die Annahme, dass ein Verwaltungsgebäude nach dreißig Jahren noch einen hohen Wert habe. Im Regelfall werden solche Gebäude nach dreißig Jahren nicht mehr hoch eingeschätzt, sondern eher als Bauruinen klassifiziert. Eine weitere Annahme geht davon aus, dass die Mieten für Büroräume in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen. Aktuell haben wir jedoch einen Rückgang der Büromieten zu verzeichnen. Also auch schon in diesem kurzen Zeitraum, in der die Debatte geführt wird, sind diese Annahmen zum Teil schon widerlegt.

Verwaltungsreform - Wo bleibt die Strukturdebatte?

Winterhalter
:  In diesem Zusammenhang müsste auch in viel stärkerem Maße die kommende Verwaltungsreform diskutiert werden – und zwar öffentlich!
Die Verwaltungsreform wird ab 2005 umgesetzt. Bisherige Verwaltungsämter des Landes werden den Landkreisen zugeschlagen. Nehmen wir das Beispiel Forstverwaltung. Sie wird ab dem kommenden Jahr Behörde des Landkreises sein, das ist die Vorgabe des Landes. Das Land schreibt aber nicht vor, wie dies zu geschehen hat. Möglich wäre eine zentrale Unterbringung in Freiburg. Genauso könnten aber auch zwei, drei kleinere Einheiten gebildet werden, die im Landkreis verteilt werden.
Hier muss diskutiert werden, was wir wollen: eine zentralisierte Mammut-Großbehörde oder ein in die Fläche gehendes Verwaltungsnetzwerk. Letzteres würde auch eine Aufwertung und Stärkung des ländlichen Raumes nach sich ziehen.
Es ist dringend nötig, eine solche Strukturdebatte unter den Aspekten Finanzen und Bürgernähe zu führen. Bisher fand dies nur hinter verschlossenen Türen statt.

Infrastruktur in Oberried

Winterhalter: Bedauerlich ist, dass der Lebensmittelmarkt im vergangenen Jahr wegen mangelnder Rentabilität geschlossen wurde. Die Leute haben in unmittelbarer Nähe, sprich Kirchzarten, ein gutes Einkaufsangebot, insofern tut sich jedes Geschäft in Oberried schwer. Wir sind froh, dass der Edekabetrieb aus Kirchzarten die Bäckerei in Oberried übernommen hat und ein Grundangebot an Lebensmitteln vor Ort verkauft. So ist zumindest für Gäste und Personen, die nicht sehr mobil sind, ein Grundbedarf abgedeckt.
Ansonsten haben wir eigentlich alles, was man üblicherweise in einer Gemeinde hat: Arzt, Zahnarzt, Apotheke, Frisör, Tankstelle. Gut ausgestattet sind wir vor allem mit gastronomischen Betrieben, die alle ein sehr gutes Renommee haben. Diese Betriebe sind vor allem auch für den Tourismus wichtig.

  
 

Tourismus in Oberried – auch hier eine Strukturdebatte

Dreisamtäler: Der Tourismus im Schwarzwald kämpft nach wie vor um höhere Gästezahlen.
Winterhalter: Die Übernachtungszahlen sind in Oberried bisher gegen den Trend positiv, wir haben seit zwei, drei Jahren Zuwächse, während  im gleichen Zeitraum die Übernachtungen im Schwarzwald abnehmen. Wir sind sehr optimistisch, denn das Dreisamtal und insbesondere Oberried ist eine gute Urlaubsregion; eine Urlaubsregion, die den Individualreisenden, der sich der Natur verbunden fühlt, anspricht. Es ist allerdings notwendig, dass wir eine Art Leitbild entwickeln, in dem klar definiert wird, auf was wir im Tourismus setzen und das dann ganz konsequente Handlungsfolgen mit sich bringt. Hier haben wir noch Verbesserungsbedarf.
Ein zweiter Punkt, der verbesserungswürdig ist, das sind die Verwaltungsstrukturen im Tourismus. Wenn im Dreisamtal schon gemeinsam Tourismusarbeit gemacht wird, dann sollten auch die Gremien und Arbeitsstrukturen mehr vereinheitlicht werden. Zum Beispiel in Form eines Tourismusvereins, der dann allerdings eigenverantwortlich die derzeit von den verschiedenen Gemeinden und von privaten Vereinen geleistete Arbeit durchführt.

Dreisamtäler: Können Sie das konkretisieren?
Winterhalter
: Im Augenblick haben wir eine Vielfalt von Gremien, die teilweise mit sich überschneidenden Personenbesetzungen arbeiten. Es gibt
den Arbeitskreis Tourismus,
die Interessensgemeinschaft Dreisamtal,
den Bürgermeistersprengel und
die vier Gemeinderäte des Dreisamtals.
Sie alle fühlen sich berufen, zu touristischen Fragen Stellung zu nehmen oder auch Entscheidungen zu treffen und oftmals werden Fragestellungen hin und her geschoben. Das ist nicht besonders effizient.

Schwarzwaldtherme

Dreisamtäler
: Braucht Oberried eine Schwarzwaldtherme?
Winterhalter
: Wenn jemand privat eine Schwarzwaldtherme bauen will, dann soll er das tun. Eine Therme ist immer eine Bereicherung. Wenn man aber in Zeiten des knappen Geldes Prioritäten zu setzen hat, dann kommt für mich eine Therme nicht an erster Stelle. Wichtiger erscheint mir, vorhandene Strukturen vor Ort auszubauen oder innovative Angebote zum Beispiel im ÖPNV-Sektor - Stichwort KONUS (Kostenlose Nutzung von Bus und Bahn für Urlauber) – zu erarbeiten.
Ich glaube nicht, dass eine Therme ein maßgebliches Entscheidungskriterium dafür ist, im Schwarwald Urlaub zu machen. Die Leute kommen hier her – und das sagen alle Umfragen – weil sie den Schwarzwald als Naturraum erleben wollen. Wer sich unter Palmen räkeln will, fliegt sowieso gleich nach Mallorca.

Öffentlicher Nahverkehr – kann das gute Angebot zukünftig gehalten werden?

Dreisamtäler
: Wie sieht die Situation des öffentlichen Nahverkehrs aus?
Winterhalter
: Derzeit ist Oberried gut an den Kirchzartener Bahnhof und damit an Freiburg angebunden. Die Situation im ÖPNV kann in den nächsten Jahren allerdings kritisch werden, denn das Land will seine Zuschüsse in Millionenhöhe zurückfahren. Das entstehende Finanzierungsdefizit kann nicht über höhere Zuschüsse seitens der Kommunen ausgeglichen werden. Wenn das Angebot aufrecht erhalten werden soll, müssen die Bürger mit höheren Fahrpreisen rechnen. Die Alternative ist die Einschränkung des Angebots. Auch hier geht es um die Frage der Prioritätensetzung. Wofür werden auf Landesebene Gelder ausgegeben - will man es in die Entwicklung zum Beispiel einer Messe bei Stuttgart stecken oder will man wie bisher die ÖPNV-Netze fördern? Meines Erachtens sollte man bei Investitionen in neue Messen eher zurückhaltend sein, denn selbst in Wirtschaftskreisen ist die wirtschaftliche Bedeutung einer derart neuen großen Messe umstritten.

Dreisamtäler: Macht es noch Spaß Bürgermeister zu sein?
Winterhalter
: Der Bürgermeisterposten war und ist mit Sicherheit nie ein Spaßposten, deswegen gibt es hier weder ein Ja noch ein Nein. Aber: Ich mache die Arbeit gerne. Durch die finanziellen Probleme sind die Gestaltungsräume in der Tat sehr eingeengt. In schwierigen Zeiten ist Kreativität gefragt und insoweit bin ich noch mehr gefordert. Wir befinden uns derzeit in einer Umbruchphase. Die Finanzkrise, die wir im Augenblick erleben, ist nicht ein vorübergehendes Phänomen, sondern der Beginn einer neuen Entwicklung. Geld ist zukünftig nicht mehr in Fülle vorhanden. Ich bin der Meinung, dass sich unsere Gesellschaft auf neue Rahmenbedingungen einstellen muss. Die Menschen müssen sich  wieder darauf besinnen, untereinander unterstützende Netzwerke aufzubauen. Der Ruf nach dem Staat, der für alles und jeden zuständig ist, wird künftig mehr und mehr ungehört verhallen. Und das sind Herausforderungen, denen ich mich gerne stellen will.

Dreisamtäler: Herr Winterhalter, ich danke für das Gespräch!

Für den Dreisamtäler unterhielt sich Dagmar Engesser mit Bürgermeister Josef Winterhalter
www.dreisamtaeler.de vom 8.4.2004

  
 

©  by www.freiburg-ost.dewww.freiburg-dreisamtal.de, Kontakt, Last Update 23.03.09