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664 Jahre "Kuchelgarten" der Freiburger Kartause (1346-2010)
 

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Blick nach Norden zur Kartaus am 29.10.2009
Blick nach Norden zur Kartaus am 29.10.2009

 

664 Jahre "Kuchelgarten" der Freiburger Kartause (1346-2010)

Einleitung und Dank

In diesem Jahr wollen wir aus Anlass des „Tages der offenen Bauerngartentür" eine kleine Broschüre über die Kartäuser und ihr kontemplatives und alltägliches Verhältnis zu ihren Klostergärten herausgeben. Die Freiburger Kartause wurde 1346 gegründet. Das bedeutet in diesem Jahr 664 Jahre Gartenkultur an einem Standort! Und wenn dies auch keine Zahl für eine klassische „Jubiläumsfeier" darstellt, so repräsentiert sie doch zumindest einen beeindruckenden Zeitraum. Klostergärten haben schon seit geraumer Zeit das Interesse vieler Gartenliebhaber geweckt: Nicht nur der einstmalige Pflanzen- und Kräuterschatz sind dabei von Interesse, sondern auch Fragen der Mentalitäten unterschiedlicher Epochen in Anlage, Pflege und Nutzung. Ganz besonders fruchtbar schienen uns diese Fragen in Bezug auf den Orden der Kartäuser zu sein, einem eremitischen Schweigeorden, deren Mitglieder sich zudem rein vegetarisch ernährten. Aber die Suche nach authentischem Quellenmaterial gestaltete sich mühsam – zumal für die Freiburger Kartause selbst – und so griffen wir auch auf Beispiele anderer Kartäuser-Niederlassungen zurück, wohl wissend, dass nicht immer Alles 1:1 übertragbar ist. Daraus entstand diese kleine Schrift zum Freiburger Kartäusergarten, der auch heute noch auf vielfältige Art, zur Selbstversorgung und als Lerngarten, genutzt wird. Danken möchten wir allen, die mit Informationen und Quellenhinweisen zum Entstehen dieser Broschüre beigetragen haben. Wir danken der Großfamilie Schüle, den vielen Freunden, Helferinnen und Helfern, ohne die der Garten nicht nachhaltig bewirtschaftet und dieser Tag nicht stattfinden würde. Ganz besonders bedanken möchten wir uns bei der Eigentümerin der Kartaus, der Heiliggeistspitalstiftung Freiburg, für die wohlwollende Unterstützung unserer Gartenarbeit.
Freiburg, den 18. Juli 2010, Eva-Maria Schüle und Iso Himmelsbach

Die Freiburger Kartaus um 1740 Die Freiburger Kartaus um 1740


 

Kartäusergärten

Seit dem frühen Mittelalter hatten Klostergärten eine große Bedeutung für die Entwicklung und Verbreitung des Pflanzenbaus im allgemeinen und der Heilkräuter im besonderen. Schon die Regel des Hl. Benedikt schrieb den Mönchen sowohl geistige, wie auch körperliche Arbeit vor und legte so den Grundstein für eine Durchdringung der beiden Bereiche. Verglichen mit dem Benediktinerorden ist für die Kartäuser sehr wenig über ihre besondere Bedeutung für die Gartenkultur übermittelt.1 Aus anderen Hinterlassenschaften des Ordens aber lassen sich durchaus Rückschlüsse auf die Stellung des Gartens im Leben der Kartäuser gewinnen: Wie schon bei den Benediktinern war und ist auch bei den Kartäusern die Handarbeit fester Bestandteil des Tagesablaufs. Da die Kartäuser fleischlos leben und sich möglichst weitgehend 
selbst versorgen sollen, kommt dem Garten- und Landbau eine besonders große Bedeutung zu. Einige Aussagen zum Garten finden sich schon in den Statuten des Ordens: „Der Garten und was dazu gehört soll einem der Brüder anvertraut werden, der zu allem beim Procurator Rat holen soll und ihm über alles Rechenschaft ablegt." „Der  Hüter des Gartens besorgt auch die Bienen; er hat eineigenes Haus, wo er  sein Werkzeug und seine Samen aufbewahrt; er gräbt den Garten um, sät die Kräuter aus und jätet mit einem ihm zugewiesenen Gehilfen … Wenn kein Gärtner da ist, sorgt der Koch für den Garten, und wenn ein Gärtner da ist, hilft er ihm soviel er kann." Nicht nur der Klostergarten, sondern auch andere Gärten, die den Mönchen von Stiftern und Gönnern übertragen wurden, gehörten zum nutzbaren Besitz eines Konvents, ebenso Äcker, Wald- oder Hausbesitz. Die wirtschaftliche Verantwortung für alle diese Güter oblag dem Prokurator, der damit der Ökonom einer Kartause war. Neben den reinen Nutzgärten hatte auch jede Zelle eines Kartäusermönchs einen kleinen, zwischen 50 und 100 m2 großen, Gartenteil. Dieser war mit einer Mauer umfriedet und wurde – wo möglich – von Wasser durchflossen. Dadurch wurde dem Mönch die Unabhängigkeit von der Außenwelt gesichert. Während im Nutzgarten „Kuchelgarten" / Küchengarten) der Prokurator und der Gärtner festlegten, was angepflanzt werden sollte, oblag diese Aufgabe in den Zellengärtchen, einzig dem dort lebenden Mönch. Samen und Pflanzen bekam er vom Bruder Gärtner. „Im Frühling und im Sommer zieht der Pater nach Belieben so viele Blumen wie er will. Die Mauern entlang wachsen Spalierobstbäume von edler Zucht." Neben diesen Gärten, gab es in einigen Kartäuserklöstern auch noch einen eigenen Garten des Priors, der oft aus quadratischen Zierfeldern mit aus Nutzpflanzen gebildeten christlichen Symbolen bestand. Entsprechend dem Nützlichkeitsdenken der Kartäuser kamen in ihren Gärten ausschließlich  mehrjährige Heil- und Gewürzpflanzen zur Anwendung: So wie beispielsweise Lavendel, Bohnenkraut, Salbei, Thymian und andere. Die Ästhetik der Kartäuser war immer auch an ihre rationelle Einstellung gebunden.

Maria Schüle in Ihrem schönen Garten am 27.7.2008  Maria Schüle im schönen Kartausgarten am 27.7.2008


Nähr- und Heilpflanzen

Viele heute noch erhaltene Rezeptbücher lassen vermuten, was in einem Kartäusergarten angebaut wurde: Mit Sicherheit waren es Obstbäume, denn diese sind gut auch auf den Ansichten der Freiburger Kartause zu erkennen. Die Pariser Kartäuser-Baumschule war mit ausschlaggebend für die vorzügliche Entwicklung des französischen Obstbaues, bekannt sind auch die segensreichen Auswirkungen, welche die musterhafte Wirtschaft der Kartause in Ittingen auf den Thurgau und das Bodenseegebiet hatte. Viele der noch heute gängigen Gemüse wuchsen vermutlich auch schon im Klostergarten: Kohl, Kohlrabi, Rote Beete, Spinat, Zwiebeln, Lauch und Rettich. Andere Gemüsearten, die uns heute geläufig sind, gab es um 1500 in Europa noch nicht: Kartoffeln, Mais, Tomaten, Busch- und Stangenbohnen breiteten sich erst langsam nach der Entdeckung Amerikas bei uns aus. Hauptsorge der Kartäusermönche, die vegetarisch lebten, war es sicherlich, die Ernährung für die lange Winterszeit zu sichern. Darum nehmen in allen Kochbüchern der Kartäuser Rezepte zum Konservieren der Ernte aus dem Garten einen großen Teil ein. Hinzu kam die Sorge um Krankheiten und Beschwerden von Zahnschmerzen über Nierensteine bis hin zu Magenkoliken, zu deren Behandlung Kräuter gepflanzt und Heilmittel hergestellt werden mussten. Sparsamkeit war dabei oberstes Gebot! Einige Beispiele aus dem Rezeptbuch des Kölner Priors Johannes Reckschenkel (1580-1596) mögen verdeutlichen, wie vorgegangen wurde:

a) Süßkirsche, Prunus avium, und Sauerkirsche, Morelle, Prunus cerasus
„Ein nutzbarlich konst kirschen zubereiden: Nimm etwas mehr als ein Pont (=489,5 gr) weißen Zuckers, den besten, den Du bekommen kannat. Tu ein Pintlein (=0,93 l) reinen Brunnenwassers dazu. Fülle dies in einen sauberen Kessel. Laß den Zucker schmelzen und sieden. Bildet sich Schaum, schöpfe ihn ab. Während dies auf dem Feuer steht und sieden, solltest Du zwei Pont roter Kirschen dazutun. Hast Du Morellen, das sind die schwarzroten Kirschen, so musst Du ein halbes Pont Zuckers mehr dazutun. Die Kirschen müssen unter vielem Rühren auf einem schnellen Feuer gekocht werden, bis Du siehst, dass der Zucker dick wird. Dann ist es genug."

b) Safran, Krokus, Crocus sativus
„Eine gelle farb zu machen… Vermische Safran mit einem Dotter. Du erhälst eine hübsche, leuchtende Farbe. Und: Binde Safran in ein Leintuch und lege dies über Nacht in Essig, drücke dies am folgenden Tag aus, gib Alaun dazu. Du erhälst so eine gute, gelbe Farbe, die man für Speise gebrauchen kann."

c) Rotkohl, Brassica oleracea sup. capitata var. Rubra
„Remidium certissimum contra Rorsam (Sicheres Heilmittel gegen Schuppenflechte): Nimm zwei große Hände voll Rotkohl, tue die Blätter in einen neuen Maßtopf und gieße ein Pint weißen Essigs darüber sowie ein Pint Brunnenwassers, lasse es aufwallen und lege dann die Blätter, so warm es auszuhalten ist, auf die Schuppen- flechte und bedecke sie so, dass man kein Fleisch mehr sehen kann. Dies dreimal am Tag und mit einem Leinenstück fest gewickelt."
 

Freiburger Kartausgarten

Speziellere Nachrichten über die Gartennutzung in der Freiburger Kartause haben sich nicht erhalten. Bekannt ist aber, dass die Freiburger Kartause im 16. Jahrhundert vor allem für den hier gezogenen Engelwurz bekannt war: „Dyses Gewächs wird hin und wieder bey uns in den Gärten gezielet /  und sonderlich wird die am meisten geprisen / die zu freyburg im Breisgau / von den Mönchen in der Carthausen in grosser Menge gepflanzt wird / welche nicht allein in Teutschland / sondern auch in andere Frembde Land verkauft wird." So steht es 1580 im „Tabernaemontanus", einem weit verbreiteten Kräuterbuch zu lesen.2
Und Tarquinius Schnellenberg, seit 1538 Stadtphysikus der Stadt Nordhausen, hatte bereits 1553 geschrieben: „Item es wird gefunden dreyerley Angelica: Deutscher Nation / vnder welchen die Freuburgische Angelica im Preißgaw die beste geacht wird  /...".3 Die Engelwurz galt zu dieser Zeit auch als „Pestkraut" und sollte helfen, diese Krankheit zu bekämpfen. Bis zur Aufhebung des Klosters im Jahr 1782 wurde der Klostergarten von den Mönchen genutzt, nachdem er im 18. Jahrhundert - zusammen mit den Klostergebäuden selbst - nach der Mode des Barock neu gestaltet worden war. Nach einigen Besitzerwechseln im 19. Jahrhundert wurde die Kartaus nach 1893 zu einem Seniorenheim umgebaut. Und auch jetzt wurde der Garten in erster Linie als Nutzgarten zur Selbstversorgung der Bewohner genutzt. (Fortsetzung S. 10)

Das Gewächshaus von 1912 Das Gewächshaus von 1912

Das heute noch stehende Gewächshaus wurde 1912 errichtet.4 Es war vom städtischen Hochbauamt nach dem neuestem Stand der Technik geplant, was bedeutete, dass es beheizbar war und je einen Raum für höhere und niedere Temperaturen besaß. Die Glasabdeckungen waren frei beweglich, konnten also je nach Badarf ganz oder teilweise abgenommen werden. Der Kesselraum auf der rechten Seite verfügte über alle notwendigen Einrichtungen, zur Beheizung des kompletten Gewächshauses. Damit ergab sich der Vorteil, dass man bereits in kühleren Monaten nicht nur Setzlinge ziehen konnte, sondern sogar einen Teil des Bedarfs des Altenheims im Winter decken konnte, was eine enorme Kosteneinsparung und Qualitätssteigerung bedeutete. Das Gewächshaus steht auch heute noch und hat im Grunde nichts von seinem Charme eingebüßt. Auch heute noch wird das Gewächshaus vor allem zur Pflanzenanzucht im zeitigen Frühjahr genutzt. Der Garten wird in Bioland-Anbau betrieben, was eine jährliche Kontrolle der Fruchtfolge in den einzelnen Beeten mit einschließt. Jede Neubepflanzung der Beete wird im Winter in Abhängigkeit zu den Vorkulturen festgesetzt. Steht der neue Plan, werden in einem weiteren Schritt die noch vorhandenen Sämereien gesichtet, und Fehlendes wird nachbestellt. 5
 

Engelwurz (Angelica archangelica)

Die „Erzengelwurz" ist eine imposante Doldenblütlerin und in feuchten Wäldern und Wiesen auf Island, Grönland, in Lappland oder Skandinavien zuhause. Deshalb kannte man sie auch nicht in der Antike.6 Seit dem Mittelalter gedeiht sie auch bei uns vortrefflich. Aus der rübenartigen Wurzel treibt sie einen hohlen, gerillten runden Stängel, unten armdick, nach oben hin immer schmaler. Der Stängel verzweigt sich und ist oft rotlila angelaufen. Er trägt lang gestielte, zwei- bis dreifach gefiederte Blätter. Im Juni/Juli zeigen sich am oberen Ende die stattlichen habkugeligen, grünlich weißen Blütendolden. Nach 3-4 Jahren, wenn sie einmal geblüht und gefruchtet haben, stirbt die Pflanze ab und vermehrt sich über ihre Samen.
Die Engelwurz ist eine sehr kräftigende, wärmende und nervenstärkende Pflanze. Sie hat sich als „Lebenselixier" bewährt bei Schwächezuständen und in der Rekonvaleszenz, sie unterstützt die Herzfunktion und stärkt Körper und Geist in Zeiten erhöhter Anstrengungen. Mit ihren aromatischen Bitterstoffen lindert sie zudem alle Arten von Verdauungsbeschwerden: Sie löst Krämpfe, lindert Blähungen, fördert den Gallenfluss und besitzt appetit-, sekretions- und pankreasanregende Eigenschaften. Die Wurzel der Engelwurz galt im Mittelalter als eine Art Allheilmittel und insbesondere auch als „Pestkraut". Ein Mittel des 17. Jh., gegen Ansteckung empfohlen, ist besonders bekannt geworden: der „Essig der vier Räuber".7Als einmal die Pest in Frankreich wütete, plünderten vier Räuber die Häuser der Pestkranken und, oh Wunder, sie steckten sich nicht an. Schließlich wurden sie gefasst und zum Tode verurteilt. Aber ihr Geheimnis wollte man sie nicht mit ins Grab nehmen lassen, und so versprach man ihnen das Leben, wenn sie preisgaben, womit sie sich gegen Ansteckung geschützt hatten. Es war der Essig der vier Räuber, Kräuter mit besonders starker keimtötender Wirkung, in Essig ausgezogen:
60 g Rosmarin, 60 g Salbei, 60 g Pfefferminze, 15 g Gewürznelken (zerstoßen), 15 g Zitwerwurzel (Rhizoma Zedoariae aus der Apotheke), 15 g Angelikawurzel (Engelwurz), 1 l guten Weinessig. Die Kräuter getrocknet oder frisch und fein geschnitten in ein großes Schraubglas füllen, mit Essig aufgeießen und verschließen. An einem warmen Ort zwei Wochen ziehen lassen, gelegentlich schütteln. Abseihen, gut ausdrücken. Zum Einnehmen teelöffelweise bei Ansteckungsgefahr, bei Infektionskrankheiten. Äußerlich desinfizierend und reinigend.

Ein kulinarischer Leckerbissen sind kandierte Angelika. Hier das Rezept8: Zutaten: Angelikastängel, Zucker, Wasser, Zucker zum Bestreuen. Junge zarte Frühlingstriebe in 8 bis 10 cm große Stücke schneiden, in einen Topf geben und mit Wasser bedecken. Sieden, bis die Stücke weich sind, das Wasser abgießen und die äußere Haut abziehen. In den Topf zurücklegen und wiederum mit Wasser bedecken. Das Ganze zum Kochen bringen, sofort das Wasser abgießen und die Stängel abkühlen lassen. Anschließend die Stängel wiegen und die gleiche Menge Kristallzucker zufügen. Zucker und Angelika auf eine Platte legen, abdecken und 2 Tage kalt stellen. Angelika und den Sirup, der sich gebildet hat, in einen Topf geben, langsam zum Kochen bringen und sieden lassen, gelegentlich umrühren, bis die Stängel klar werden und eine angenehme Farbe zeigen. Wieder abgießen und mit Zucker bestreuen. Die Stängel im Ofen bei 100 Grad vollständig trocknen lassen. Wenn die Stängel nicht vollkommen getrocknet sind, werden sie schimmelig! In einem luftdichten Behälter zwischen Pergamentpapier aufbewahren.

Wolfram Schüle-Seitz am 27.7.2008 mit einem Schaf geboren 1/2008 Wolfram Seitz-Schüle am 27.7.2008 mit einem Schaf geboren 1/2008
 

Die Regenfrau

„Die Regenfrau", eine Holzskulptur des Künstlers Thomas Rees, hat nach langer Odyssee seit Sommer 2009 auf der Mauer des Klostergartens der Kartaus eine neue Heimat gefunden. Die Skulptur war 2006 bei einem Säger-Event auf dem Schauinsland entstanden. Dort wurde sie als Kunstwerk bewundert, war beliebt bei Jung und Alt - unzählige Touristen und Wanderer ließen sich mit ihr fotografieren. In der Adventszeit 2006 wurde sie - aufgrund von Klagen wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses" - plötzlich entfernt. Von April 2007 bis in den September hinein ruhte sich die Frau dann auf dem lichten Platz unterhalb des Turmes auf dem Schloßberg in Richtung St. Ottilien aus und genoß den freien Blick bis weit hinüber zum Feldberg. Doch zu Herbstbeginn musste die Regenfrau auch von dort verschwinden: In Wolldecken gehüllt fuhr sie zunächst zum Forstamt in der Kartäuserstraße und von dort weiter zum Forstamt am Waldsee. Dort wartete sie lange auf ein neues Zuhause, dass sie im Sommer 2009 auf der Klostergartenmauer gefunden hat.

Regenfrau mit ihren Äpfeln am 25.8.2009  Regenfrau mit ihren Äpfeln am 25.8.2009

 

Offener Gartentreff jeden Freitags 15-18 Uhr

Wer einen vielseitigen Bauerngarten mit Zier- und Nutzgarten pflegt, weiß um die viele Arbeit. Eine ungewöhnliche Art, diese Arbeit zu bewältigen, hat Eva-Maria Schüle für den Klostergarten gefunden: Beim wöchentlichen offenen Gartentreff kommt jeder, der Lust hat, im Garten zu lernen und zu arbeiten. Im Frühjahr offenbart sich die Kraft der Natur ganz besonders: Es lässt sich förmlich zusehen, wie alles sprießt und wächst. Da kann einem die Arbeit im Hausgarten schnell mal über den Kopf wachsen - und das im wahrsten Sinne. Eva-Maria Schüle hat viele Hände, die ihr im Garten helfen - nicht nur zu dieser Jahreszeit. Jeden Freitag von 15 bis 18 Uhr ist bei ihr „Offener Gartentreff". Zwischen zwei und vierzehn Personen tummeln sich dann im weitläufigen Klostergarten Kartause in Freiburg. Auf 19 Ar biologisch bewirtschafteter Gartenfläche und umliegenden Streuobstwiesen gibt es immer genug zu tun. „Manchmal bin ich nur noch am Aufgabenverteilen und Erklären und komme selbst nicht mehr zum Arbeiten", sagt Eva-Maria Schüle fast mit Bedauern. Aber ihre Helferinnen und Helfer schätzen ihre Anleitung sehr. „Sie erklärt gut und lässt mich dann gewähren, als wäre es mein eigener Garten", sagt Anna Lübbe. Sie ist Gartenhelferin der ersten Stunde und schon seit vier Jahren regelmäßig hier. Inzwischen weniger, da sie nun selbst einen Garten hat. Sie drückt aus, was viele Menschen wieder mehr fühlen: Die Arbeit in und mit der Natur hat etwas Heilsames, das der in die moderne Arbeitswelt eingetaktete Mensch immer mehr verliert und sich gleichzeitig danach sehnt. Heilsam sei auch, zu erleben, wie etwas im Garten gelingen oder misslingen kann. Und unvergleichlich sei es, am Abend etwas selbst Geerntetes zu essen. Anna Lübbe erzählt weiter: „Hier heißt einen die ganze Familie willkommen. Ich habe nicht das Gefühl, ich gebe, sondern ich bekomme ganz viel. Nicht nur Überschüsse wie Salat und Kräuter oder neues Wissen, sondern Anteilnahme und Wertschätzung". Der Garten unterhalb des ehemaligen Kartäuserklosters hat eine besondere Atmosphäre. Quadratisch in der Form mit Wegekreuz und einem runden Brunnen in der Mitte und ornamentalen Beeten. Am Rand Beerensträucher und Streuobstbäume. Nach einer langen Reihe Pfingstrosen kommen Karotten und Lauchzwiebeln. Unterhalb einer mächtigen Mauer sind Terrassenbeete und Gewächshäuser. Das Klima ist mild, Feigen und andere Südländer gedeihen hier gut. Selbst die Nähe zum Stadion des SC Freiburg und der Stadt schaffen es nicht, die Ruhe des Ortes zu stören. Ein großes Beet mit Engelwurz fällt auf. Diese alte Heilpflanze haben bereits die Kartäusermönche im 16. Jahrhundert angebaut, wie Eva-Maria Schüle in der alten Schrift Tabernaemontanus von 1580 gelesen hat. An diese Tradition will sie anknüpfen und verarbeitet die mächtige Pflanze zu kandierten Stängeln und Likör. [...] Beim Spaziergang fanden einige ihrer Gartenhelfer zur Kartause, andere über den „Tag des offenen Bauerngartens" der BBZ, bei dem Familie Seitz-Schüle 2008 mitmachte. Über 1000 Besucher tummelten sich auf dem Areal und manche fragten, ob sie denn nicht Hilfe gebrauchen könnte. „So ist die Idee entstanden", erzählt Eva-Maria Schüle, die zunächst skeptisch war. Aber als landwirtschaftliche Familienberaterin im Hauptberuf hat der Tag der Agraringenieurin und zweifachen Mutter oft zu wenig Stunden. Beim diesjährigen „Tag des offenen Bauerngartens" am 18. Juli hilft die Gartengruppe tatkräftig mit. [...]1

1 Aus: Badische Bauern Zeitung, Nr. 19, 15. Mai 2010, S. 36 f. (Barbara Sester).
2 Aus: Tabernaemontanus. Neu vollkommen Kräuterbuch von 1731.
3 Tarquinius Schnellenberg, Experiment Büchlein von XX Pestilentz Wurtzeln und Kreutern / Wie sie alle vnd ein jeglichs besonder Für Gifft vnnd Pestilentz gebraucht mögen werden, Frankfurt 1553, nach: Konrad M. Müller, Das „Große Sterben" in Freiburg, in: AlemJB 2005/2006, S. 363-391, hier S. 390.

7 Susanne Fischer, Medizin der Erde, München 1984, S. 67-75.
8 Jekka McVicar, Der große Kräuterführer, Erlangen 1997, S. 35
1 Vgl. zum folgenden: Brigitte Tomasczewski, Der Garten im Kartäuserkloster um 1500, in: Die Kölner Kartause um 1500, eine Reise in unsere Vergangenheit (Ausstellungsführer der Ausstellung vom 18.5.-22.9.1991), Köln 1991, S. 63-78.

Die Freiburger Kartaus 1771

Zum Abschluss dieser Broschüre möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei der Eigentümerin des Kartäusergartens, der Heiliggeistspitalstiftung, für die vielfältige Unterstützung des Gartenprojektes bedanken!
Freiburg, den 18. Juli 2010, Eva-Maria Schüle und Iso Himmelsbach

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© Freiburg-Dreisamtal.de, Kontakt,   Update 11.08.10