Zur Nachahmung empfohlen

Eine Natursteinmauer bringt Gastarbeiter und Flüchtlinge zusammen. Imker Jochen Schmidt (77) hatte eine Idee: „Wir bauen eine Natursteinmauer“. Das Außergewöhnliche an der Idee: „Wir“, das sind Gastarbeiter und Flüchtlinge.  Bickenreute, ehemals Bauernhof, Hofgut und Wasserschloss, liegt zwischen dem Giersberg im Norden und dem Weilersbachtal im Süden. Am Radwanderweg hinter dem Hof wurde

(als Ausgleichsmaßnahme der Gemeinde Kirchzarten für den geplanten MTB-Trainingsparcours im Hexenwäldle) im Rahmen des Projekts „Natursteinmauer Bickenreute“ von BUND und NABU– Dreisamtal unter Federführung des Imkers Jochen Schmidt eine ganz besondere Trockenmauer gebaut. Denn diese Mauer bringt Gastarbeiter und Flüchtlinge zusammen: Joaquim Barbosa (51) aus Braga/Portugal und Adriano Vintrici (62) aus Palermo/Sizilien, jetzt selbständiger Bauunternehmer, kamen ursprünglich als Gastarbeiter hierher und bauten die 8,50 m lange und 1,10 m hohe Mauer. Dabei wurden sie unterstützt von vier Flüchtlingen: Den Syrern Amjad Agha (20), Diaa Al Zahri (29) und Abdallah Misto (38) vom Flüchtlingswohnheim Hammerschmiedstrasse in Freiburg und dem Roma aus dem Kossovo Adnan Salijevic (31) von der Bissierstrasse in Freiburg: Abriß der alten Abgrenzung aus Holz, 50 cm tiefes und 80 cm breites Fundament ausheben, Steine aus Böschungen von Feldern nahe der Husemann-Klinik Buchenbach und Kalksteine vom Schneckental her anfahren, Stein für Stein anpassen und hochmauern. Neben Kalksteinen wurden auch Steine aus Granit und Basalt eingearbeitet – so zeigt die Mauer gerade bei Regen ein ‘Gesicht’ mit lebhaften Verfärbungen.

Die Mauer steht auf dem Gelände von Nikolaus von Gayling-Westphal vom Ebneter Schloss, dafür hatte der NABU Dreisamtal eigens einen gesonderten Pachtvertrag abgeschlossen – schließlich mußte die nebenstehende Imkerei von Edwin Schweitzer aus Oberried etwas Pachtland abgeben.

natursteinmauer3-150919 von links: Abdallah, Joaquim, Diaa, Adnan, Amjad, Adriano und Jochen.

Ein kleines Projekt wie dieser Bau einer Natursteinmauer macht Mut:
Das Durchsetzungsvermögen eines einzelnen Bürgers (hier Imker Schmidt) vermag es, viele „unter einen Hut zu bringen“: Grundstückseigentümer, Pächter(Landwirte), Gemeinde,
BUND, NABU, Naturschutzbehörden, …
(Ehemalige) Gastarbeiter und Flüchtlinge verstehen sich gut – trotz Sprachbarriere und Altersunterschied. Die jungen Asylanten erfahren, wie man durch Fleiß eine Existenz und sogar eine eigene Firma aufbauen kann.
Passanten zu Fuß wie mit Fahrrad zeigen reges Interesse am diesem „Migrations-Bauvorhaben“ – zuweilen geriet vor lauter Fragen das Mauern ins Stocken.
Eine Passantin spendete spontan dem Syrer Abdalla ein Fahrrad vom Helferkreis Kirchzarten.
Mit der Natursteinmauer schaffen Flüchtlinge für alle ein lauschiges Plätzchen zwischen Nussbaum im Norden und Bienenhaus im Süden sowie Obstbaumwiese im Westen und Hexenwäldle hoch oben im Osten.
Vielleicht tragen solche Flüchtlingsprojekte sogar dazu bei, die bisweilen starren Strukturen von Ämtern und Bürokratie etwas weniger verknöchert erscheinen zu lassen. 
„Zur Nachahmung empfohlen“ – dieses Prädikat hat das Integrationsprojekt von Imker Schmidt verdient. Mehr Bilder.
Ekkehard Kaier, 4.10.2015

 

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