Youth bulges – Jugend und Krieg

In dem Buch „Söhne und Weltmacht“ von 2003 beschreibt der Soziologe und Völkermordforscher Gunnar Heinsohn (Uni Bremen) den Zusammenhang zwischen Demografie und Gewaltbereitschaft. Er erklärt den Terror (auch in Israel) mit dem Phänomen „youth bulge“, der überproportionalen Ausstülpung (bulge = Beule) der Alterspyramide der 15-29Jährigen: Sind über 30% der Männer eines Landes zwischen 15 und 29 sowie ohne Hunger, dann sehen sie ihre Wünsche als zweite, dritte und vierte Söhne unbefriedigt und wenden sich Aggressionen und letztlich Gewalt zu. Typische „youth bulge“-Länder sind Pakistan, Bangladesch, Kongo, Iran, Irak, Somalia, Sudan, Afghanistan, aber auch Ägypten, Westjordanland und Gaza. Die hohen Geburtenraten in den palästinensischen Gebieten tragen zur Gewalt im Nahen Osten bei, viele junge Männer ohne Perspektive seien für religiös motivierte Gewalt empfänglich.
https://www.freiburg-schwarzwald.de/blog/nigeria-perspektivlose-jugend/ (1.6.2014)

Youth bulges führen zu Krieg – Theorie von Gunnar Heinsohn
Nach Gunnar Heinsohn entstehen durch bevölkerungspolitisch verursachte youth bulges die Voraussetzungen für Bürgerkrieg, Völkermord, Imperialismus und Terrorismus. Wenn große Teile der männlichen Jugend zwar ausreichend ernährt sind, aber keine Aussicht haben, eine angemessene Position in der Gesellschaft zu finden, stehe ihnen als einziger Weg die Gewalt offen: Gewalt nach außen, wenn es einen äußeren Feind gibt (Gaza) oder Gewalt nach innen, wenn das Ventil nach außen versperrt ist (Kriminalität, bis hin zum Bürgerkrieg).
Kernthese von Heinsohn: In Gesellschaften mit überzähligen, zornigen jungen Männern besteht die Gefahr, dass die jungen Zweit-, Dritt- und Viertsöhne (erster Sohn durch Erbfolge abgesichert) ihre Perspektive anderswo suchen und es zu blutigen Expansionen kommt.
Aus dem children bulge (%-Überschuss der Kinder unter 15 Jahren als Rekrutierungspotential) entsteht der youth bulge (%-Überschuss der 15-24 jährigen (Kriegeralter beginnt mit 15). Aus dem children bulge lässt sich das »Rekrutierungspotential« der »Zornigen« ablesen. Die gute ärztliche Versorgung bewirkt, dass aus dem children bulge zuverlässig auf ein youth bulge geschlossen werden kann.
Die Phänomene children bulge und youth bulge sind nicht mit kurzfristig steigenden Geburtenraten zu verwechseln, also mit dem Babyboom.
Die zornigen jungen Männer hungern nicht.
Heinsohn verneint die These, der islamistisch motivierte Terrorismus zum Beispiel im Gaza-Streifen sei Ausdruck einer Bewegung von Unterdrückten. Ted Honderichs Erklärungsversuch, Terroristen reagierten aus einem gewissen Gerechtigkeitsfuror heraus, wird damit verworfen. Auch Enzensbergers psychoanalytische Deutung des radikalen Verlierers zerpflückt Heinsohn: Die überflüssigen Söhne suchen anderswo die Anerkennung, die sie in der eigenen Gesellschaft nicht mehr finden.
Kernstück des Buches ist eine tabellarische Rangordnung der Nationen nach Zahl der Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (auf dem Stand von 2003). Penibel listet er 124 Staaten und deren demografische Strukturen auf.

Das beeindruckendste Beispiel für youth bulges sind die islamischen Länder, die in nur fünf Generationen (1900-2000) von 150 auf 1200 Millionen Menschen zugenommen haben. Europa ist (ohne Sowjetunion/Russland in Asien) von 1900 bis 2000 nur auf 660 Millionen gestiegen und hat sich so aus einer dreifachen Überzahl gegenüber dem Islam in eine zweifache Unterzahl gedreht.

300 Mio zornige Söhne bis 2020
Heinsohn errechnet bis 2020 rund 300 Millionen junge Männer ohne Perspektive daheim: Diese 300 von 900 Millionen junger Männern aus der Dritten Welt werden in den kommenden fünfzehn Jahren entschlossen ausserhalb ihrer Heimat um Positionen kämpfen. Und weiter heisst es ein wenig süffisant: Mit der islamischen Speerspitze dieser Jugendarmee tritt nach dem Ende der marxistischen Weltbewegung erstmals wieder ein Herausforderer auf, der das Geschäft des aktuellen Hegemon nicht übernehmen, sondern zerstören will.

Heinsohn belegt an vielen Beispielen, dass youth bulge-Staaten sich entweder in Bürgerkriegen abgeschlachtet haben oder aggressiv gegen andere Völker sind: Sri Lanka; Südamerika 1955-1995 – besonders El Salvador; Nepal; Elfenbeinküste; Marokko (Genozid an den Sahauris); Algerien 150000 Morde 1991-2004, Afghanistan; Irak noch lange brodelnd; Palästina (dessen Konflikt Heinsohn eher am unteren Ende der Prioritätenliste sieht).
Der youth bulge als der „Zinssatz“ der Bevölkerungsentwicklung liegt in einigen Ländern weit über 40% (teilweise bis an 50%):

Gaza: Auf 1000 Männer zwischen 40 und 44 Jahren folgen 5950 Knaben zwischen 0 und 4 Jahren: 1000 : 5950
Jemen: 1000 : 5900
Pakistan: 1000 : 3000
USA: 1000 : 977
England: 1000 : 677 (Heinsohn spricht von anamäischen 677)
Deutschland: 1000 : 477 (Heinsohn spricht von suizidalen 477)<

 

„Die Bevölkerungswaffe der Islamisten“ – von Peter Sloterdijk
„Die Befunde der demografischen Forschung … die sagen relativ unmissverständlich, dass seit einem halben Jahrtausend all die Kulturen, die starke Jungmänner-Überschüsse hervorgebracht haben, unruhig und aggressiv geraten. (…) Und in einer Welt, in der immer noch eine durchschnittliche Mutter vier, fünf, sechs Kinder zur Welt bringt, ist es unvermeidlich, dass es einen ungeheuren Überschuss an sozial nicht verwendbaren jungen Männern geben wird, die ihren Zorn in politisch destruktive Aktivitäten ausleben…“ Peter Sloterdijks Diagnose ist nicht deswegen beunruhigend, weil der Philosoph sich einer drastischen Wortwahl bedient. Viel unangenehmer sind die Konsequenzen seiner Überlegungen, die er in der Ausgabe der Zeitschrift „Cicero“ unter dem Titel „Die Bevölkerungswaffe der Islamisten“ darlegt.

„Die Bevölkerungswaffe der Islamisten. Hunderte Millionen junger Männer in der arabischen Welt besitzen nichts als ihren Zor. Der radikale Islamismus ist deshalb die erste rachdurstige Ideologie der Weltgeschichte. Sie ist nur auf Zerstörung ausgelegt….. Die neuen Mobilisationen – ob sie nun korantheologisch legitim sind oder nicht – könnten, bei gleich bleibend hohen Geburtenraten, allein in der arabischen Hemisphäre bis zur Mitte des 21.Jahrhunderts ein Reservoir von mehreren hundert Millionen junger Männer beeinflussen, die einen existenziell attraktiven Sinnhorizont wahrscheinlich allein im Aufbruch zu politisch-religiös bemäntelten Selbstvernichtungsprojekten finden. In Tausenden von Koranschulen, die jüngst überall aus dem Boden gestampft werden, wo es aufkochende Jungmännerüberschüsse gibt, werden die unruhigen Scharen in den Begriffen des Heiligen Krieges gedrillt. Nur ein kleiner Teil hiervon wird sich im externen Terrorismus manifestieren können, der bei weitem größere dürfte in lebenverbrauchende Bürgerkriege auf arabischem Boden investiert werden. ….. Die Wahrheit ist: Selbst Kenner der Lage besitzen heute nicht die geringste Vorstellung davon, wie der machtvoll anrollende muslimische youth bulge, die umfangreichste Welle an genozidschwangeren Jungmännerüberschüssen in der Geschichte der Menschheit, mit friedlichen Mitteln einzudämmen wäre.“
Alles von 26. Juli 2006 von Peter Sloterdijk. bitte lesen auf
https://www.cicero.de/weltb%C3%BChne/die-bev%C3%B6lkerungswaffe-der-islamisten/37475 

Kein Friede ohne „demografische Abrüstung“ im Nahen Osten – von Gunnar Heinsohn
Peter Sloterdijk nun spricht von der „Bevölkerungswaffe der Islamisten“. Übertreibt er da nicht?
Heinsohn: Ich glaube nicht, dass er übertreibt. Nur, die Entwicklung hat auch eine positive Seite. Denn in dem Moment, wo diese Jungmänner-Wellen, auf welche Weise auch immer, abgeklungen sind, dann kann auch wieder Frieden eintreten. Wir haben das gut beobachten können in Marokko mit der Ausrottung der Araber in Spanisch-Sahara, wo dann junge Marokkaner als Siedler hereinkamen, sowie in Algerien, wo sich 150000 Menschen zwischen 1991und 2004 umgebracht haben. Während das passierte, haben die algerischen Frauen ihre Geburtenzahl auf 1,9 heruntergeschraubt, während ihre Mütter und Großmütter, die die Kämpfer geboren haben, sechs oder sieben Kinder hatten. Also das heutige Algerien steht alsbald vor einem Rentenproblem.
Schlesinger: Nun, aber die vielen jungen Männer im arabischen Raum, die gibt es ja nun. Die kann man auch nicht einfach wegsperren. Was kann man also tun? Einfach nur abwarten und zuschauen?
Heinsohn: Normalerweise, wie gesagt, gehen die den harmlosen Weg, das ist die Auswanderung. Wenn der verstellt ist – das nennen wir die unblutige Kolonisation -, gehen sie zu Hause in die Kriminalität, dann in die Gewaltkriminalität, dann in den Bürgerkrieg und unter Umständen, wenn Minderheiten da sind, in den heimischen Völkermord. Wie gesagt, Algerien hat das so gemacht.

Nur, das Palästinenserproblem ist ja nur deshalb in der Weltöffentlichkeit, weil auf der anderen Seite Juden stehen. Während also die Palästinenser ihren Jungmänner-Hass nach außen leiten können, konnten die Algerier das nicht; konnten die Marokkaner zwar das gegen andere Araber, aber eben nicht gegen Juden machen und es steht nicht in der Weltöffentlichkeit. Israel ist überhaupt nicht das Problem. Wenn wir uns Israel jetzt wegdenken eine Minute lang, dann würden wir im Gaza-Streifen Zustände sehen mit Dörferabschlachtung, wie wir sie in Algerien eben gesehen haben. Wir wissen ja, dass jetzt schon im Gaza-Streifen die Gewaltkriminalität unter den jungen Männern mehr Tote erfordert, als sie Gefallene haben in ihrem Krieg gegen die Juden Israels.
Schlesinger: Herr Heinsohn, eine Frage – mit einer ganz kurzen Antwort bitte. Sie hatten gesagt, wenn die Geburtenrate sinkt, dann löst sich quasi das Problem. Was führt nun zu kleineren Familien? Welche Rolle spielen die Frauen?
Heinsohn: Die Frauen müssen einfach mit Männern zusammen sein, die lohnabhängig sind, die keine Erben brauchen, dann gehen die Geburtenzahlen runter. Es sei denn, wir haben Palästina, wo die Welt sagt: Ihr seid Flüchtlinge und wenn ihr 20 Kinder habt, sind die Flüchtlinge und wir versorgen die. Deshalb geht in Palästina die Geburtenzahl nicht runter, während sie in Algerien und Tunesien – auch Libanon, ist ja auch bei 1,9 Kindern – längst runtergegangen ist, haben die Palästinenser immer noch sechs. Also da hat die demografische Abrüstung noch überhaupt nicht begonnen.
https://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kulturinterview/527963/ vom 4.8.2006
Der Soziologe Gunnar Heinsohn leitet das Institut für Völkermordforschung an der Universität Bremen
Demografie als Waffe des Islam
Schlesinger: Herr Sloterdijk, Sie schreiben, dass nur ein kleiner Teil der sterbewilligen jungen Männer für den externen Terrorismus mobilisiert würde, der größere Teil dürfte in lebensverbrauchenden Bürgerkriegen auf arabischem Boden sterben. Warum richtet sich Ihrer Meinung nach der radikale Islamismus nicht im großen Stil gegen den Westen? Denn das sind doch eigentlich die westlichen Werte, die von den Islamisten abgelehnt werden?
Sloterdijk: Das ist durchaus richtig. Aber diese Menschen haben ein Transportproblem, nicht? Hätten sie eine entsprechende technische Infrastruktur, könnten sie auf kreuzzugsartige Angriffskriege auch über längere Entfernungen losgesendet werden. Da sie aber über diese Struktur nicht verfügen, müssen sie sich in Nachbarschaftskonflikten betätigen. Und in diesem Zusammenhang gibt es nur zwei Alternativen: entweder den Krieg gegen Israel oder den Bürgerkrieg. Und wir können sicher sein, dass beide Optionen in den nächsten 25 Jahren auf die intensivste Weise ausgelebt werden….
Alles vom 31.7.2006 bitte lesen auf
https://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kulturinterview/525982/
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