Wohnbau Gemeinderat unfaehig

Alle wissen es: Wir brauchen rasch bezahlbaren Wohnraum, wir verfügen im Stadtgebiet über unbebaute Flächen, wir haben das bautechnische Knowhow und wir können Finanzmittel (öffentl. wie privat) abrufen. Gleichwohl sind die Bürgervertreter (zuvorderst die im Gemeinderat) nicht willens bzw. fähig, den Bau von Wohnungen anzupacken. Ein drastischer Vergleich: Nach dem 27.11.1944 lag Freiburg in Schutt und Asche, dann wurde sofort angepackt, vorort, und nach 9 Monaten fuhren wieder alle Strassenbahnen; und so ging es weiter 1946, 1947, … Heute sitzen alle Verantwortlichen alias Bürgervertreter an ihren PCs und mailen sich gegenseitig ihre Klagen zu über all die Gesetze und Vorschriften, die sie erlassen haben, um sich gegenseitig zu blockieren und die eigene Untätigkeiten rechtfertigen zu können. Hier liegt kein Problem vor von „arm und reich“ oder von „links und rechts“, sondern von „jung und alt“ – ein Generationenkonflikt.
Wir sind dabei, uns in eine Seniokratie zu verwandeln. Unsere Gesellschaft wird von den Alten dominiert, im Bezug auf Anzahl (Demografie), Kapital (Geld gibt Macht) wie Einfluß (Lobby). Im Bundestag sind nur 4,9% der Abgeordneten unter 35 Jahre jung (bei 35% Bevölkerungsanteil). Dagegen sind 66% der Abgeordneten zwischen 45 und 65 Jahre alt (bei nur 31% Bevölkerungsanteil). Im Gemeinderat von Freiburg sind die Jungen ähnlich unterrepräsentiert. Dabei sind es gerade die Jungen (junge Singles ohne üppiges Einkommen, junge Familien mit Kindern), die so dringend bezahlbaren Wohnraum suchen. Ein überalterter, saturierter und zukunfts-unwilliger Gemeinderat kann sie nicht gut vertreten, handelt dieser doch – wie so viele Volksvertreter in Bund, Ländern und Gemeinden – nach der Maxime: Nur Aktivitäten verabschieden, die kurzfristig wirken (in einer Legislaturperiode, zwecks Wiederwahl) und die die Mehrheit der Bevölkerung betreffen, also die Älteren.
Warum ist der Gemeinderat denn nicht froh darüber, dass Freiburg als Schwarmstadt so attraktiv ist und so viele auch junge Leute magisch anzieht? Warum spornt dies nicht ganz gewaltig an, rasch Wohnraum für 15000 junge Leute zu schaffen?
Warum nimmt sich niemand im Freiburger Gemeinderat dieses Statement des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zu Herzen: „Nichts schadet einem jungen Menschen mehr als das Gefühl, keinen Platz zu finden, nicht gebraucht zu werden und von der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein.“
Also lieber Seniokratie-Gemeinderat: Pack’s an.
26.3.2015

Anpacken!
Es ist ein Hohn. Freiburg braucht mehr Wohnraum: Aber es scheint, dass die heute Verantwortlichen ihr Gesäß am warmen Kachelofen niedergelassen haben. Niemand packt wirklich diese Frage konsequent an. Lieber wird über neue Fahrradwege diskutiert, denn hier findet man sich auf vertraut politisch korrektem Pfad. Haben Sie einmal versucht, sich als Familie nach einer passenden Wohnung umzuschauen – vor allem, wenn sie mehrere Kinder haben? Gibt es in der Stadt keinen, der sich dieser Lücke mit Leidenschaft UND Aufrichtigkeit hingeben und die Entwicklung zeitnah einer politischen Lösung zuführen will? Mir macht es nicht den Anschein, denn sobald irgendein Vorschlag auf den Tisch gelegt wird, kommen erst einmal Gründe, warum es nicht geht. Übrigens: Wetten, dass Dietenbach aufgrund der Rahmenbedingungen auch in fünf Jahren noch nicht bebaut ist? So darf sich das Umland freuen, für junge Familien, die die Zukunft des Landes sind, eine Heimat anzubieten. In Freiburg sind diese offenbar nicht wirklich willkommen.
26.3.2015, Rüdiger Kopf, www.stadtkurier.de

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