Wissen ist keine Bringschuld

Wissen ist eine Holschuld„. Dieses Diktum hatte Emmanuel Kant bereits zu Zeiten der Aufklärung publik gemacht. Und es gilt auch heute noch weiterhin als Kennzeichen des mündigen Bürgers im demokratischen Staates. Doch der vom Wohlstand träge gemachte und von den Medien einseitig informierte Citoyen (klingt besser als Bürger) fügt sich gerne als williger Untertan in den immer fürsorgenderen Staat ein und fasst Wissen lieber als Bringschuld auf. Eine feine Sache, kann er sich doch (wie 1933-45) mit „Wenn ich das gewußt hätte“ bzw. „Davon konnten wir doch überhaupt nichts wissen“ frei sprechen. Zwei aktuelle Beispiele:

(1) „Über 75% der Bürger wissen, daß der Ukrainekrieg am 24.2.2022 begann“ – dieses Ergebnis einer repräsentativen Umfrage wertet eine große deutsche Wochenzeitung, die mit „Z“ beginnt, als positives Zeichen dafür, wie gut informiert und deshalb mündig der Citoyen in unserer Demokratie doch sei. Dumm nur, daß immer mehr seriöse Historiker den Beginn des Ukrainekrieges spätestens im Jahr 2014 bzw. dem Scheitern der beiden völkerrechtlichen Abkommen Minsk I und II datieren.
Das positive ist somit als negatives Zeichen anzusehen, und zwar für falsche bzw. einseitige Berichterstattung, Mediendiktatur bzw. Indoktrinierung durch Medien.
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(2) „Wissen ist eine Holschuld“ verpflichtet den mündigen Bürger, auch die jeweils andere Seite anzuhören – „Audiatur et altera pars“ sagten schon die alten Römer. Wie läßt sich diese Ausgewogenheit messen? Der Medienwissenschafter Norbert Bolz macht dazu einen interessanten Vorschlag: Wenn die politisch linken (Spiegel, Süddeutsche, …) und die rechten Zeitungen (Junge Freiheit, …) ähnlich hohe Absatzzahlen haben, dann deutet dies darauf hin, daß die Bürger sich ausgewogen bzw. vielseitig informieren – welche eigene Meinung sie daraus dann ziehen, dies ist eine ganz andere Frage.
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In Deutschland ist von Ausgewogenheit keine Spur. Hinzukommt, daß die Medien (SPD als Medienunternehmer) und die Journalisten überwiegend links orientiert sind.
In der Schweiz sieht es mit der Mündigkeit der Bürger deutlich besser aus: NZZ.ch, Weltwoche.ch als eher rechte Zeitungen haben ein ähnlich hohes Abonnementaufkommen wie die linken Blätter.
15.6.2022

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