Windkraft Oberried: Brief an RP

Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin Schäfer, ich wähle die Form des offenen Briefes, da ich mich als gewählter Bürgermeister von Oberried und Kreisrat in der Pflicht sehe, in Zeiten von alternativen Fakten, Politikverdrossenheit und Überregulierung den notwendig gewordenen Schritt an die Landespolitik und in die Öffentlichkeit zu gehen. Im Jahr 2011 traf ein Tsunami auf Japan, der zum Reaktorunglück von Fukushima führte. Dieses Ereignis führte zum Atomausstieg der Bundesrepublik Deutschland. Der Souverän schien den Turbo in der Energiewende einlegen zu wollen. Das ,,schwarze? Land Baden-Württemberg wurde grün. Die nun grün-rote Landesregierung ordnete die Windkraftplanung auch auf Ebene der kommunalen Flächennutzungsplanung an. Die Kommunen sollten der Windkraft substanziellen Raum geben. Selbstverständlich auf Kosten der Kommunen, ohne finanziellen Ausgleich und mit der Auflage, die gewonnenen Daten dem Land zur Verfügung zu stellen. Auch die Gemeinden des Dreisamtals machten sich also auf den Weg. Im Rahmen der Flächennutzungsplanung wurden alle potenziellen Standorte analysiert und nacheinander nach den gesetzlichen Vorgaben ausgeschieden. In der letzten Stufe blieben sieben Standorte, von denen aus Sicht der beauftragten Planer drei nach der vorliegenden Datenlage realisierbar wären.
Die Gemeinde Oberried, auf deren Gemarkung und Teileigentum einer von vier scheinbar nicht zu realisierenden Standorte lag, ging daraufhin einen vielleicht ungewöhnlichen Weg. Ursächlich für diesen Weg war weiter, dass der Standort zu den windhöffigsten Standorten in Baden-Württemberg zählt. Verbunden mit der Idee, erneuerbare Energie zu erzeugen, deren Erträge in den Gemeindehaushalt fließen. Vorbild hierfür war die Kommune Heidenrot im Rheingau-Taunus-Kreis. Was dann geschah ist ursächlich für diesen Brief.
Die Gemeinde Oberried und der Gemeindeverwaltungsverband Dreisamtal (GW) bekundeten ihr starkes Interesse daran, den Standort Hundsrücken für Windenergie zu nutzen und im Eigentum der Gemeinde zwei Anlagen zu betreiben. Um dies zu realisieren, suchte die Gemeinde einen Projektentwickler, der nur im Falle des Erfolges honoriert werden würde. Voraussetzung für die Genehmigung ist, dass der Standort bei der bevorstehenden Zonierung des LSG Schauinsland berücksichtigt wird. Aufgrund der Untersuchungen in der FNP-Planung gab es Bedenken. Zwar wurden von den relevanten Vögeln weder am Standort noch in maßgeblicher Entfernung Horste gefunden, es gab aber einige Überflüge.
Um die Datengrundlage, die auf den ersten Untersuchungen basierte, zu verbessern, hat die Ökostromgruppe als Projektentwickler das Büro Bioplan unter der Leitung von Dr. Martin Boschert mit Untersuchungen auf BImSch-Niveau nach den Empfehlungen der LUBW beauftragt. Das Ergebnis war, dass aus artenschutzrechtlicher Sicht, aber auch im Hinblick auf eine eventuelle Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes, das am Rande gerade noch betroffen ist, eine Genehmigungsfähigkeit gegeben ist. Wie mit dem RPF abgesprochen, waren die das Vogelschutzgebiet betreffenden Fragen vorab bearbeitet und übermittelt worden. Das RPF übermittelte daraufhin einen Schnell-Check, in dem neue Bedenken geltend gemacht wurden. Darin wurde unter anderem ausgeführt, dass ,,Gebietskenner“ eine traditionelle Nutzung durch den Wespenbussard behauptet haben. Außerdem kam plötzlich der Rotmilan ins Spiel, verbunden mit der Behauptung, dass bei diesem eine Verletzung des Tötungsverbotes zu erwarten sei. Auch diese Aussagen waren verwunderlich, denn zum einen handelt es sich weder um ein Dichtezentrum und zum anderen ist der nächste Rotmilanhorst mehrere Kilometer entfernt. Auch die Überflüge über den dichten, geschlossenen Nadelwald in 1.200 m Höhe waren eher spärlich. Die Bitte von Dr. Boschert an das RPF, entsprechende Quellen für die obengenannten Thesen zu benennen, wurde bis heute nicht erfüllt, obwohl sowohl er als auch unser Rechtsanwaltsbüro die Beantwortung anmahnten. Hierbei sei bemerkt, dass Kommunen, um die für die Verwaltung eigentlich bindenden Empfehlungen der LUBW einzuhalten, jede Untersuchung an Fachplaner vergeben müssen. Das Land Baden- Württemberg sich aber scheinbar in keiner Weise an seine eigenen Vorgaben halten muss. Nachdem der vollständige Bericht von Dr. Boschert vorlag, wurde von Seiten des RPF das Gutachten mit dem Argument angezweifelt, dass die Zeit der Nachmittagsuntersuchungen mangelhaft sei. Diese Behauptung ist nicht zutreffend.
Laut LUBW-Richtlinie sind die Untersuchungen über den Aktivitätsschwerpunkt drei Stunden lang durchzuführen. Auch die Untersuchungen im Rahmen des FNP zeigen, dass der Aktivitätsschwerpunkt in den späten Vormittagsstunden liegt. Die Untersuchungen von Bioplan liefen über vier Stunden und, wenn vormittags ungeeignetes Wetter war, auch nachmittags. Auch die Beobachtungszeiträume wurden gegenüber dem RPF belegt, das darauf in keinerlei Art und Weise einging. Als neue Steigerung wurden jetzt zum Wanderfalken Aussagen einer Privatperson, dem Vorsitzenden der AG Wanderfalkenschutz (AGW), herangezogen. Dieser behauptet in allgemeiner Form, dass in der Raumschaft Überflüge stattfänden, ohne dies mit Zahlen zu belegen. In einem gemeinsamen Gespräch mit Dr. Boschert führte er zu den LUBW-Erfassungs- und Bewertungshinweisen aus, dass ihn diese nicht interessieren. Als attraktive Bereiche für den Wanderfalken nennt er explizit die Freiflächen auf dem Schauinsland, die als Rast- und Ruhehabitate von Vögeln genutzt werden, die auch als Nahrungsquelle des Wanderfalken dienen. Diese benannten Bereiche liegen außerhalb der vollständig und dicht bewaldeten Zone, in der die WEA errichtet werden sollen.
Die Einstellung des Vorsitzenden der AGW gipfelt in der Aussage, dass ansiedlungswillige Vögel nachhaltig gestört wurden, weil Ornithologen im Zusammenhang mit Windkraftplanungen vor Jahren am Ochsenberg in Freiburg Wanderfalken beobachtet haben. Eine These erscheint angesichts von tausenden von Wanderern, die den Bereich durchqueren und der häufigen Beobachtungen der AGW-Mitglieder, absurd bis kurios. Wir waren davon ausgegangen, dass bei der Beauftragung eines renommierten Büros und einer Untersuchung auf Grundlagen von LUBW-Hinweisen auf BImSchNiveau die anstehenden Fragen geklärt und von der Behörde akzeptiert werden. Zumal die Untersuchungen zwangsläufigsehr viel genauer als die relativ oberflächlichen Beobachtungen zum FNP-Verfahren sind. Da das RPF darauf verwies, dass man zügig eine Zonierung für Windkraft im Bereich Schauinsland abschließen wolle, setzte es dem GW als planende Körperschaft eine Frist zur Stellungnahme bezüglich des Zonierungsverfahrens.
Daraufhin beantragte die Kommune Oberried, dass sich die Verbandsversammlung mit dem Thema befassen möge. Auch hier vor dem Hintergrund, dass das RPF nicht auf die Faktenlage einging. Dies wurde mit Schreiben vom 26.04.2017 noch getoppt, in dem das RPF dem GW folgendes mitteilte: ,,Bitte haben Sie jedoch Verständnis dafür, dass wir mit der Vorbereitung und dem Beginn des Verordnungsverfahrens nicht länger zuwarten können. Insbesondere hinsichtlich des Standortes Hundsrücken wurden in der Vergangenheit immer wieder Zugeständnisse für weitere Untersuchungen, Prüfungen etc. gemacht, die zu einer Verzögerung des gesamten Zonierungsverfahren geführt haben. Eine weitere Verzögerung ist den anderen Gemeinden/Kommunen nun nicht mehr zumutbar? In Kenntnis der Ergebnisse, dass eine Zonierung möglich wäre, will das RPF Fakten schaffen, die eine Zonierung verunmöglichen!
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Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin, Sie sagten in einem am Hundsrücken geführten Gespräch zu, die Gemeinde zu unterstützen. Das Thema Windkraft ist nach wie vor ein emotionales, deshalb will die Gemeinde Oberried eine faire Behandlung. Ich möchte mit einer Geschichte schließen, die ich bereits in Ihrem Haus erzählt habe: ,,Ein junger Ritter machte sich auf den Weg zu einem Berg. Von diesem erzählte man, dass dort ein böser Drache leben würde. Als er an den Berg kam, liefen einige Menschen auf ihn zu. Sie riefen: Dreh um, hier wohnt ein gefährlicher Drache. Der Ritter sprach: Zeigt ihn mir!“
Bitte teilen Sie mir mit, welche konkreten Gründe auf Basis der Maßstäbe der LUBW gegen eine Berücksichtigung des Hundsrückens bei der Zonierung sprechen. Zeigen Sie mir den Drachen!
Mit freundlichem Gruß und gespannt wartend
Klaus Vosberg, Bürgermeister von Oberried
Offener Brief vom 10.5.2017, www.dreisamtaeler.de

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Oberried streitet mit Regierungspräsidium über Windräder am Schauinsland
Aus Oberried kommt massive Kritik am Regierungspräsidium Freiburg (RP). Die Gemeinde will Windkraftanlagen auf dem Hundsrücken am Schauinsland errichten. Bürgermeister Klaus Vosberg wirft der Behörde vor, die Pläne zum Bau von Windkraftanlagen zu torpedieren. Er sagt, während die Gemeinde Fachgutachten vorbringe, berufe sich das RP auf Aussagen von Lobbygruppen. Irgendwann hatte Klaus Vosberg genug. Statt weiter mit dem Regierungspräsidium Freiburg zu streiten, wählte er den Gang an die Öffentlichkeit. Vier Seiten lang ist sein offener Brief, der die Auseinandersetzung Oberrieds mit dem RP aus seiner Sicht beschreibt. Und aus der Warte des Bürgermeisters läuft einiges schief. Oberried will zwei Windkraftanlagen am Hundsrücken errichten. Das soll auf Flächen passieren, die zu großen Teilen der Gemeinde gehören. Es soll sich, so Vosberg, um Standorte handeln, die zu den windhöffigsten im ganzen Land gehören. Hier könnten Windräder also sinnvoll und ertragreich sein. Es handelt sich aber auch um Standorte, die die im Landschaftsschutzgebiet liegen. Und in genau diesem Gebiet läuft derzeit ein sogenanntes Zonierungsverfahren. Hierbei wird, stark verkürzt gesagt, festgelegt, was in welchem Bereich des Landschaftsschutzgebietes erlaubt ist. Mit der entsprechenden Einstufung durch das Regierungspräsidium könnten sich dort also auch Windräder drehen. ….
Alles vom 11.5.2017 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/oberried-streitet-mit-regierungspraesidium-ueber-windraeder-am-schauinsland
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Regenerativer Energiemix
Es geht um den Mix von regenerativen Energiearten, nicht mehr und nicht weniger. Biogas-BHKWs und Wasserkraftanlagen laufen in der Regel Tag und Nacht, Sommer wie Winter. Windkraft und PV zeigen übers Jahr einen gegenläufigen Trend: Wind liefert Strom auch nachts, vor allem in Schlechtwetterperioden und stärker im Winter, Solarenergie nur tagsüber, vor allem bei schönem Wetter und überwiegend im Sommer. I love it! Und wenn dann mal ein Passagierflugzeug aus Versehen auf ein Atommüllzwischenlager fällt, haben es auch die Letzten kapiert (nur dann ist es zu spät)! Atommülllager sind nämlich diesbzgl. nicht geschützt.
11.5.2017, Peter Ganter, BO
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Gegen AKW sowie auch gegen Ökoindustrie
Lieber Herr Ganter, ich stelle immer wieder mit Staunen fest, dass die Lobby der Ökoindustrie ganze Arbeit leistet. Leider liefern Sie in Ihrer Antwort auf meine Anmerkungen keine Fakten, sondern blumige Beschreibungen, wie es Ihrer Meinung funktionieren könnte. I love it! Und wie nun mit den Windrädle im Schwarzwald das Weltklima gerettet werden soll, haben Sie leider versäumt zu erläutern. Falls Sie an Fakten interessiert sind, empfehle ich Ihnen die Reportage des SWR Fernsehens mit dem Titel „Der Kampf um die Windräder“:
https://www.youtube.com/watch?v=wbzQnSEMZAw
Am spannensten finde ich die letzten 10 Minuten, wo gezeigt, wie die Lobbyarbeit der Windindustrie funktioniert. Falls Sie es etwas akademischer wünschen, empfehle ich Ihnen den Vortrag am Physikalischen Institut der Universität Bayreuth von Prof. Dr. Robert Schlögl, Direktor am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin: https://www.youtube.com/watch?v=-zT5vicLJRo
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Gestatten Sie mir bitte noch folgende Bemerkung: Auf dem Dach unseres Hauses befindet sich seit Anfang der 1980-er Jahre eine Solarthermieanlage und seit 5 Jahren eine Photovoltaikanlage, die etwa 50% des Eigenbedarfs deckt. Vor auch etwa 5 Jahren haben wir in unserer Familie konsequent Stromsparmaßnahmen umgesetzt und konnten so zwischen 25 und 30% den Stromverbrauch reduzieren. We love it! Wir mögen keine Atomkraftwerke und wir lieben aber auch keine Ökoindustrie, die sich mit blumigen Versprechen mit unserem Geld ihre Kassen füllt.
11.5.2017, Fredo Zimmermann, BO

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