Wappen von Herdern mit Flachsrechen und Apothekereinhorn

Bekanntlich ist Herdern, das 1008 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde, älter als Freiburg (seit 1120 aktenkundig). Doch bereits vor mehr als 600 Jahren, am 4. Juli 1457, kaufte die Stadt Freiburg von dem damaligen Eigentümer, der Deutschordencommende den „dinghof sambt dem dorff herderen“, das damit zu einem der ältesten Stadtteile (damals noch Vorort) der Stadt wurde. Ein eigenes Wappen hat das Dorf nie gehabt. Wie es dennoch zum heutigen Herdern-Wappen in der Gerichtslaube kam, wird hier erläutert.
Der Herdermer Dinghof, von dem aus das Dorf lange Zeit verwaltet worden war, stand in der unteren Hauptstraße (gegenüber der jetzigen Universitätshautklinik) und war wohl mit einem Wassergraben umgeben, der ihm auch den Namen „Weiherhof“ einbrachte. Mit dem Wechsel an die Stadt Freiburg mussten die Herdermer ihre Abgaben (den sogenannten „Zehnten“) aber nicht mehr am Dinghof abliefern, sondern im (heute historischen) „Kaufhaus“ am Münsterplatz. Die Stadt Freiburg suchte deshalb einen Käufer für den nicht mehr benötigten Dinghof. Sie fand ihn in dem Arzt Bernhard Schiller aus Riedlingen, der in Freiburg an der Universität Vorlesungen über Medizin hielt und das ganze große Hofgut, das auch fast das gesamte Gelände der jetzigen Blindenanstalt umfasste, im Jahr 1508 erwarb.
Von seinen vielen Kindern brachte es vor allem Joachim Schiller zu Ruhm und Ansehen. Er studierte ebenfalls Medizin, gab sogar ein kleines Lehrbüchlein heraus und war als Arzt und Apotheker in Freiburg sehr erfolgreich. Im Jahre 1539 baute er in der Innenstadt sein Haus „Zum Rechen“ in ein vornehmes Patrizierhaus um. Dieses Haus ist heute noch vorhanden. Es wurde 1894 mit dem Haus „Zum Phönix“, dem früheren Kollegiengebäude der Universität, zu dem zwischen Rathausgasse und Turmstraße liegenden „neuen“ Rathaus zusammengebaut.
Noch heute ist am schönen Erker an der Rathausgasse das Symbol der Familie Schiller im Sandstein eingemeißelt zu sehen: Das Einhorn. Dieses war schon im frühen Mittelalter das Berufssymbol der Apotheker, sprach man doch dem Pulver des zerriebenen Horns geheimnisvolle magische Kräfte zu.

Wappen von FR-Herdern mit Apothekereinhorn und Flachsrechen

Für seine Verdienste um Freiburg und wegen seiner adeligen Herkunft bekam Joachim Schiller am 31. März 1542 von Erzherzog Ferdinand II. eine „Wappenbesserung“ verliehen. Er erhielt damit das Recht, in sein Wappen auch das der früheren Herdermer Adeligen aufzunehmen und sich von nun an Joachim Schiller „von Herdern“ zu nennen. In alten Urkunden wird erwähnt, dass in Herdern bereits im 13./14. Jahrhundert kleinere Edelleute (so 1277 „herre Gotfrit von Herdine“, 1337 Heinrich von Herdern, 1417 Otto von Herdern) ein Familienwappen besaßen. Dieses bestand aus dem einem Pfeil oder einer Speerspitze ähnlichen „Strahl“, der in Wirklichkeit aber ein landwirtschaftliches Gerät, einen Flachsrechen, darstellt. Dieser Strahl zusammen mit dem Symbol des Einhorns wurde nun in einer Vierteilung das „gebesserte“ Wappen des Dr. Joachim Schiller. 1542 wurde der Weiherhof dann von ihm an den „edlen herrn Joachim Mynsinger von Frundeck“ verkauft. Schiller selbst zog wahrscheinlich in sein Haus in der Stadt, wo er im Winter des Jahres 1555 starb. Als 1978 – nach dem späten Wiederaufbau der bei einem Bombenangriff auf Freiburg im Zweiten Weltkrieg völlig zerstörten Gerichtslaube – die einzelnen Lokal- und Bürgervereine aufgerufen wurden, für die Glasfenster des unteren Raumes ein Wappen ihres Stadtteils zu stiften, waren die Herdermer zunächst in Verlegenheit. Denn das ehemalige Winzerdorf Herdern hatte durch seinen frühen Verkauf an die Stadt nie ein eigenes Ortswappen besessen. Bei der Wappensuche stieß Philomene Steiger, die spätere Ehrenbürgerin von Freiburg, bei ihren Nachforschungen auf das ansprechende Wappen des Joachim Schiller. Dieses Wappen wurde daraufhin in Buntglas gefertigt und in eines der Fenster der Gerichtslaube eingelassen. Gleichzeitig wurde beschlossen, dieses Emblem für den Bürgerverein Herdern zu verwenden. Bis heute führt damit der Verein das Wappen des Arztes und Apothekers Joachim Schiller als offizielles Stadtteilwappen.
Hans Sigmund, 7.11.2011

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