Wahrheit – gefühlte Wahrheit

Wenn Wahrheit und Gefühlte Wahrheit auf Dauer stark voneinander abweichen, dann läuft etwas falsch. Warum geht es so vielen Menschen in einer gefühlten Wahrheit anscheinend besser? Zwei Gründe:
(1) Weil ihnen Geld transferiert wird und sie so „über ihre Verhältnisse leben“ können – zum Beispiel die EU-Südländer durch die 750 Mrd Euro des sog. Wiederaufbaufonds.
(2) Oder weil sie einer Ideologie nachhängen, die sie glauben läßt, „die richtige und gute Meinung“ zu besitzen und die falsche Meinung mittels Cancel Culture eliminieren zu können.
Geld oder Ideologie beeinflussen die Gefühlte Wahrheit.
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(1) Gefühlte Wahrheit – von Geld auf Pump beeinflußt
Die ökonomische Wirklichkeit der EU-Südländer wie Griechenland, Italien, Spanien und nun auch Frankreich ist geprägt durch mangelnde Wettbewerbsfähligkeit ihrer unproduktiven Wirtschaft. Diese beruht auf fehlender Innovation der Produkte und/oder einem zu hohen Lohnniveau.
Nun transferiert (also schenkt) die EU mit 750 Mrd Euro unvorstellbar viel Geld in diese Länder. Die auf Pump finanzierten 750 Mrd Euro fließen aber nicht in die Unternehmen direkt, um sie am Markt wettbewerbsfähiger zu machen (Produktforschung, Sortiment, Kostensenkung), sondern eher zu den Banken und in den Konsum, um die Bürger in ihrer gefühlten Wahrheit angenehm leben zu lassen.
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Hans-Werner Sinn, einer der renommiertesten Volkswirtschaftler, nennt den als Wiederaufbaufonds getarnten Geldtransfer an die EU-Südländer deshalb schlicht Etikettenschwindel:
„Wiederaufbaufonds ist ein von Politprofis geschickt gewählter Begriff, um die Mittel zur Ruhigstellung der lokalen Bevölkerung der wirtschaftlich angeschlagenen Länder des Mittelmeerraumes in den öffentlichen Medien plausibel zu machen, doch verschleiert er das, was durch diesen Fonds tatsächlich ausgelöst wird. Ein Etikettenschwindel (der Name ‘Wiederaufbaufonds’), sonst nichts.“
„Dabei spielt es keine Rolle, ob die Geldmittel als Kredit oder als Geschenke kommen. In beiden Fällen fließen Geldmittel in das bedrängte Land, und mit diesen Geldmitteln lässt sich ein Lohnniveau stützen, das sonst keine wirtschaftliche Basis mehr hat, und es lassen sich Importe ins Land holen. Man kann durch solche Mittel in einer akuten Krise natürlich den Untergang von Industrien verzögern, aber sobald das eine Dauereinrichtung wird, zementiert man ein Lohnniveau, bei dem die Exportwirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit verliert. Der Patient wird drogenabhängig und kommt vom Tropf nicht mehr los.“ Quelle: Sinn: Der EU-Wiederaufbaufonds führt zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit (23.8.2020)
Geld als Droge. Die Südländer sind drogenabhängig geworden und haben sich in ihrer gefühlten Wahrheit seit Jahren an die EU-Transferleistungen gewöhnt. Die Transfers werden immer mehr und die Differenz zwischen Wahrheit und gefühlter Wahrheit wird immer größer. Der Vermieter meiner Ferienwohnung auf Sizilien fährt im dicken Mercedes über neue und fast leere Autobahnen, während ich als sein Mieter im VW Golf bis zum Rentenalter von 67 Jahren tagtäglich 90 km über holprige Strassen zur Arbeit fahren muß – eine überspitzte, aber nicht realitätsferne Gegenüberstellung von I und D, von Südland und Nordland.
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Was ist zu tun? Die Geldtransfers stoppen. Den Euro abschaffen, um den EU-Südländern durch Abwertung ihrer eigenen Währungen endlich die Möglichkeit zu eröffnen, wirtschaftlich konkurrenzfähig zu werden. Um die Südländer aus ihrer ökonmischen Zwangs- und Scheinwelt zu befreien, aus ihrer bequemen gefühlten Wahrheit. Und um das gute Miteinander der Europäer zu retten – in einem Europa souveräner Staaten bzw. Staatenbund.
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(2) Gefühlte Wahrheit – von Ideologie beeinflußt
Die Cancel Culture  als Löschkultur ist eine Unkultur, um eine Person, eine Gruppe von Menschen, eine Partei, usw. mit ihren abweichenden bzw. mißliebigen Meinungen zu boykottieren: Durch Löschen in den sozialen Medien, durch Zensur, durch ungleiche Behandlung, durch Ignorieren, usw. Cancel Cultur will Kritiker ruinieren und strebt in Richtung einer Gesinnungsdiktatur. Dabei geht es nicht darum, die Argumente des Kritikers mit den eigenen Argumenten abzuwägen (Aufklärung, Kant), sondern darum, die eigene, a priori gute und richtige Meinung als nicht kritisierbar durchzusetzen.
Cancel Culture ist Machtinstrument linker Ideologien, das sich gegen die abweichende Meinung ihrer rechten, liberalen bzw. konservativen Kritiker richtet. Cancel Culture ist Anzeichen für eine Kulturrevolution.
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„Letter on justice – Open Debate“ der 150:
In den USA geht Cancel Culture in den Medien und an der Universitäten immer krasser vor, sogar gegen Abweichler aus dem eigenen linken Lager. Deshalb haben ca 150 prominente Intellektuelle aus Kultur, Wissenschaft und Medien Ende Juli 2020 im Haper’s Magazine in einem offenen „Letter on Justice and Open Debate – Brief über Gerechtigkeit und offene Debatte“ vehement gegen diese Cancel Culture protestiert. Die Schlüsselfordeung lautet: „Schlechte Ideen werden durch Offenlegung, Streit und Überzeugung besiegt, nicht indem man sie verschweigt oder wegwünscht. “
Die 150 US-Intellektuellen prangern das miese Debattenklima, die Praxis „öffentlicher Beschämung und Ausgrenzung“ von Meinungsdissidenten sowie „die Tendenz, komplexe politische Fragen in einer täuschenden moralischen Gewißheit aufzulösen“ an.
Die 150 US-Intellektuellen beklagen, daß die Diskussionskultur in Presse, TV und auch in Parlamenten geprägt wird durch eine Melange aus Konformitätsdruck, Zensur, Selbstzensur und purer Existenzangst. In Deutschland wartet man vergeblich auf einen solche Initiative von Intellektuellen, wahrscheinlich, weil sich Linke in ihrer gefühlten Wirklichkeitsuhlen und/oder sich als Nicht-Linke um Beamtenstatus, Karriere und Renommée fürchten.
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“Resignation Letter” von Bari Weiss:
Die Journalistin Bari Weiss prangert in ihrem “Resignation Letter”, in dem sie ihren Job als Redakteurin bei der angesehenen New York Times (NYT) kündigt, an, daß:
„truth isn’t a process of collective discovery, but an orthodoxy already known to an enlightened few whose job is to inform everyone else” – also
„Wahrheit nicht etwas ist, was man kooperativ und gemeinsam entdeckt, sondern etwas Orthodoxes, das einige wenige Erleuchtete schon von vornherein wissen, und die es als ihre Aufgabe ansehen, alle anderen über ihre Wahrheit zu informieren.“
Mit Orthodoxie meint Weiss dien links-ideologisch geprägten Mainstream.
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Basi Weiss klagt den vorherrschenden Gesinnungs– bzw. Haltungsjournalismus des Nudging an, der dem Leser eine einheitliche Meinung als Wahrheit präsentiert und damit dem Journalismus eines Hans Joachim Friedrichs widerspricht, der Meinung (Kommentar) strikt trennt von Nachricht (Fakten).
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Auch in Deutschland tobt die Cancel Culture und treibt derzeit fast jämmerlich anmutende Blüten. So wurde der Journalist Boris Reitschuster (langjähriger Moskau-Korrespondent der ARD) für dieses Posting von Facebook wegen Hassrede und Rassismus gesperrt:
„Naive Frage: Nachdem jetzt selbst die Zigeuner-Soße umbenannt wurde in Paprika-Soße – was soll man aus dem “Zigeuner-Baron” von J. Strauss und aus dem Lied “Lustig ist das Zigeuner-Leben” machen? Paprika-Baron? Lustig ist das Paprika-Leben?”
Dem Satiriker Uwe Steimle wurde von der ARD wegen abweichender Meinung gekündigt. Der Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung von Dieter Nuhr wurde von der Website der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gelöscht. Der Suhrkamp-Verlag beendete die Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Uwe Tellkamp (Der Turm). Alles Konflikte aus dem Grund, das sie eine andere Wahrheit beschreiben, d.h. daß sie die links-gefühlte Wahrheit in der Realität nicht entdecken können.
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Die linke Mehrheit von Journalisten, Medienleuten, Intellektuellen, Anywheres, sog. Eliten, Künstlern und Hochschulprofessoren sonnt sich in ihren gefühlten Wahrheit als die Guten, die auf dem richtigen Weg sind: Alternativlosigkeit statt Austausch von Argumenten, vorgefertigte Position statt ergebnisoffene Diskussion, Haltung statt Kritik, Moral statt Kontroverse, Ideologie statt Aufklärung,  Gesinnung statt Wissenschaft .
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Immer mehr Menschen lassen sich durch Geld (bietet scheinbar materielle Sicherheit) oder Ideologie (bietet scheinbar mentalen Halt) in eine gefühlte Wahrheit drängen, die einer Scheinwelt gleichkommt. Ein Rückschritt ins Mittelalter, weit weg von Emmanuel Kant’s Aufklärung „Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
28.8.2020
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Cancel Culture ist die moderne Pest in der öffentlichen Debatte
Cancel Culture arbeitet sich an Symbolen (Straßennamen oder Denkmälern) ab, brandmarkt Institutionen, also z. B. Parteien und Organisationen, in diesem Land die AfD oder auch gerne die WerteUnion und natürlich auch Personen, die über Fehlverhalten, Kontaktschuld oder über eine (oft nur angedichtete) Assoziation mit gebrandmarkten Institutionen verdammt werden.
Eines der Charakteristika dieser Art missbräuchlich geführter Debatten ist die Personalisierung – es geht darum, wer etwas sagt, nicht was diese Person sagt. Leider greift der Mechanismus aber auch in der Verteidigung – oft versucht man mit der Person auch jegliche ihrer Handlungen und Aussagen zu verteidigen. Dadurch wird Wagenburgmentalität und Grabendenken verstärkt, was wiederum den Dogmatikern und Torwächtern der Cancel Culture wunderbar in die Hände spielt.
Als Demokrat in der Mitte muss man immer wieder versuchen, die Auseinandersetzung auf den Sachkern zurückzuführen. Denn darum geht es in der freiheitlichen Gesellschaft: Wer hat die überzeugenderen Argumente, welche Seite argumentiert faktennäher?
Und auch dies gilt in einer selbstbestimmten, freiheitlichen Gesellschaft: Zunächst steht jeder erst einmal für das gerade, was er oder sie selbst verantwortet.
… Alles vom 26.8.2020 von Vera Lengsfeld bitte lesen auf
https://www.theeuropean.de/vera-lengsfeld/die-hetzjagd-auf-andersdenkende/

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