Vergesst Auschwitz – Titel stellt unsere Erinnerungsrituale infrage

„Vergesst Auschwitz!“ heißt keinesfalls ein Vergessen der historisch singulären Massenverbrechen der Nazis mit Holocaust und Ermordung weiterer Millionen Zivilisten, sondern mahnt dringend: „Kümmert Euch um lebende Juden!“ Der provozierende Titel stellt Erinnerungsrituale, Pflichtbesuche und Betroffenheitsbeflissenheit infrage. Er vermutet, nicht zu Unrecht, im Mantel des zunehmenden Antiisraelismus immer öfter den seit 2000 Jahren virulenten Antisemitismus. Das unsägliche und larmoyante Mit-Letzter-Tinte-Gedicht von Günter Grass gibt ihm leider Recht. Bekanntlich bedroht nicht Israel dem Iran mit Vernichtung, sondern umgekehrt; und finale Ankündigungen von Diktatoren sollte man Ernst nehmen. Die „optimale Erinnerungskultur“ könnte sonst nämlich, im Falle operativ einsatzfähiger und funktionsfähiger Atomraketen des Iran, ein Pilgern sein an die Stätten, wo einst der Judenstaat war. Das möchte Broder nicht; und ich auch nicht; und viele andere auch nicht. Provokation, Spott und Zynismus zeichneten einst Ludwig Börne und Georg Büchner aus. Broder aktualisiert perfekt diesen Stil.
28.4.2012, Henning Wellbrock, Umkirch

Henryk M. Broder: Vergesst Auschwitz! Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage.
Knaus Verlag 2012. 176 S., 19,99 Euro.

Störfaktor im Wellness-Land
Obgleich brillant geschrieben, mit zynischer Rhetorik gewürzt und in seinen Beweisketten nachdenklich machend, werden Broders Kritiker wieder nur eines sehen darin: die Provokation, die scheinbar unreflektierte Parteinahme für Israel. Welches ja, wie formuliert es der Autor doch, ein Störfaktor im Wellness-Bewusstsein der Deutschen sei … Zur Kategorie intellektueller Störfaktoren im Mainstream der öffentlichen Debatte gehört zweifelsfrei auch Henryk M. Broder. Und das ist nicht verkehrt.
Alles von Alexander Dick vom 3.4.2012 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/literatur-rezensionen/stoerfaktor-im-wellness-land–57869009.html

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