Uwe Tellkamp – Doku in 3Sat

Die 90-minütige Doku „Der Fall Uwe Tellkamp – der Streit um die Meinungsfreiheit“ von Filmemacher Andreas Gräfenstein in 3Sat am 18.5.2022 zeigt erfreuliches: Es gibt doch noch guten Journalismus in den GEZ-Medien, der auf Recherche statt Framing setzt und Fakten bringt:
Standpunkte, Darstellungen und Erklärungen von Uwe Tellkamp, von Susanne Dagen, Paul Kaiser, Monika Maron, Ingo Schulze, Heiki Ikkola, Jana Hensel, Frank Richter und der Journalisten Stefan Locke (FAZ) und Martin Machowecz (Die Zeit) werden in all ihrer Verschiedenheit unkommentiert präsentiert, so daß der TV-Zuschauer frei von Nudging selbst die tiefen Gräben zwischen den Intellektuellen unserer Gesellschaft wahrnehmen und sich seine eigene Meinung zum Literaturbetrieb bilden kann. Dazu viele Bilder und Impressionen zu Dresden, dieser wunderschönen und altehrwürdigen Stadt.
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Daß so ein Film abseits von betreutem Denken, Einseitigkeit und Propaganda überhaupt noch im öffentlich-rechtlichen Sendern ausgestrahlt wird, grenzt an ein „kleines Wunder“, wie Klaus-Rüdiger Mai anmerkt (siehe sein Beitrag unten).
Entsprechend wütend ist der Verriß dieser Doku von den Linksjournalisten in SZ, Spiegel und DLF, in dem sich z.B. Matthias Dell im besten DDR-Zensorenstil echauffiert, daß „Regisseur Andreas Gräfenstein Tellkamp ohne Widerspruch zu Wort kommen lasse“ – wie armselig besorgt ist solch ein Satz, schließlich könne der unmündige, dumme deutsche Bürger dem ja intellektuell nicht gewachsen sein.
Da verwundert es auch nicht, dass das ZDF angekündigt hat, die 3Sat-Doku zwar wie geplant am 12. Juni zu senden, aber drastisch gekürzt und erst um 0.35 Uhr. Haltung bzw. Haltungsjournalismus muß eben sein.
Gleichwohl: Der Beitrag kann hier noch in voller Länge in der Videothek des ZDF gesehen werden: https://www.3sat.de/kultur/kulturdoku/der-fall-tellkamp-film-100.html . Und das lohnt, weil informativ.
21.5.2022

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„Der Fall Tellkamp“ auf 3sat: Regisseur Gräfenstein über seine Doku
… Herr Gräfenstein, der Titel „Der Fall Tellkamp“ klingt ja provokant. War es schwer, Uwe Tellkamp für diesen Film als Gesprächspartner zu gewinnen?
Andreas Gräfenstein: Man versucht immer, das Vertrauen zu gewinnen. Das ist bei allen Leuten, die man für einen Dokumentarfilm gewinnen möchte, der Fall. Ich glaube, dass gerade hier der Schlüssel war, dass er verstanden hat, dass ich möglichst vorurteilsfrei an das Thema herangehe, weil es mir darum ging, einen diskursiven Film zu machen. Ich habe ihn nicht gleich mit Vorurteilen, Vorhaltungen konfrontiert, sondern habe gesagt, dass wir einen Film machen, der offen ist und Positionen gegeneinanderstellt. Ich denke, dass das ein ganz wichtiger Punkt war.
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Wie haben Sie ihn bei Ihrem ersten Zusammentreffen erlebt?
Gräfenstein: Bei dem ersten Zusammentreffen war auch Susanne Dagen dabei, und da gab es von vornherein eine recht große Offenheit bei den beiden. Das ist für den Film natürlich gut, wenn die Bereitschaft da ist und das Vertrauen, dass man sich frei äußern kann.
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Bei einer Diskussion zwischen Uwe Tellkamp und Durs Grünbein im Dresdener Staatstheater fiel der viel zitierte Satz: „Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern. Über 95 Prozent.“ Daraufhin hatte sich der Suhrkamp Verlag von ihm erstmal distanziert. Tellkamp nimmt in Ihrem Film nochmal Stellung dazu. Was hat er Ihnen dazu gesagt?
Gräfenstein: Er ordnet das noch mal ein und sagt, dass die 95 Prozent natürlich nicht stimmen, aber dass es ihm darum gehe, dass wir die Aufnahme von Geflüchteten differenziert betrachten sollten. So verstehe ich ihn, dass das der Kern seiner Kritik ist.
… Alles vom 19.5.2022 bitte lesen auf
https://www.ndr.de/kultur/Der-Fall-Tellkamp-auf-3sat-Regisseur-Graefenstein-ueber-seine-Doku,tellkamp134.html

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Tellkamp-Doku in 3Sat: „Niemals aufgeben. Das ist es.“
Der Filmemacher Andreas Gräfenstein hat über zwei Jahre Uwe Tellkamp begleitet und an diesem Film gearbeitet. Herausgekommen ist eine Dokumentation, die an journalistische Standards erinnert, für die die Öffentlich-Rechtlichen einmal geachtet wurden, wofür man ihnen auch Vertrauen entgegen brachte, bevor man dort den Aktivismus entdeckte, bevor man journalistische Standards, überhaupt Objektivität aufkündigte, weil Journalisten plötzlich ihre Aufgabe darin sehen, an der ideologischen Front zur Durchsetzung des guten Werkes, der Großen Transformation mitzuwirken.
So stellt die Entstehung und Ausstrahlung dieses Film entweder ein kleines Wunder dar oder eine unentschuldbare Nachlässigkeit bei der Abnahme des Films. Letzteren Eindruck könnte man gewinnen, wenn man die wütenden Reaktionen von Deutschlandfunk und Deutschlandfunkultur, übrigens vom selben Kritiker, wahrnimmt. So erbost sich Matthias Dell im besten DDR-Zensorenstil darüber, dass der Film „analytisch und intellektuell“ versage, „weil Regisseur Andreas Gräfenstein Tellkamp ohne Widerspruch zu Wort kommen lasse“. Das klingt als seien unsere Menschen – wie man in der DDR-Führung zu sagen pflegte – noch nicht soweit, dass sie diesen Film ohne Anleitung der öffentlichen Interpretationseliten richtig einordnen und ideologisch auch richtig zu verstehen im Stande sind.
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Die Reaktion des Kritikers (Matthias Dell) von DLF und DLF Kultur schafft etwas, was der Film nicht wollte und nicht versuchte, er bestätigt Uwe Tellkamps Kritik, er bestätigt, dass Meinungskorridore existieren, nein mehr noch, er definiert sie, er macht sie transparent, er will bestimmen, was man im Fernsehen und im Rundfunk sagen darf und was nicht – und letztlich fällt er damit auch Tellkamps Antipoden wie dem Autor Ingo Schulze in den Rücken, in dem er die triste Realität hinter Schulzens Jovilialität zum Vorschein bringt.
Mehr sollte man über den Film nicht schreiben, denn er verdient es, dass ihn jeder selbst anschaut. Wäre öffentlich-rechtliches Fernsehen so wie diese Dokumentation, wäre sie nicht die Ausnahme, sondern die Regel, würde die Gebührendebatte abflachen, denn dann würden die Öffentlich-Rechtlichen ihren Kultur, Bildungs- und Informationsauftrag erfüllen und nicht vor den selbstgestellten Maßgaben der Gesinnung kapitulieren.
Tellkamps Wort im Film: „Niemals aufgeben. Das ist es“, ist vielleicht die Botschaft, die seine Kritiker verstört, denn sie fürchten sich davor, mit der Realität außerhalb der Funkhäuser, außerhalb ihrer kleinen woken Innenstadtbezirke konfrontiert zu werden.
…. Alles vom 19.5.2022 von Klaus-Rüdiger Mai bitte lesen auf
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/tellkamp-doku-in-3sat-niemals-aufgeben-das-ist-es/

Einige Kommentare:
Lieber Herr Mai, das haben sie hervorragend geschrieben – großartig.
Das wird diesem Film, dieser Dokumentation gerecht. Als ich diese auf 3sat angeschaut habe, dachte ich, was für eine gelungenes Werk. So sollte Journalismus in den Öffentlich-Rechtlichen wieder funktionieren. Kulturzeit war mal meine regelmäßige Lieblingssendung, heute durch die „woken“ Journo-Blasen vollkommen versaut, Monothemen in Monomeinungen versunken und am Ende kommentiert der ewige 3sat-Soziologe Armin Nassehi.
20.5.2022, M.R.

Andreas Gräfenstein’s herausragende Doku über Tellkamp
Andreas Gräfenstein ist eine herausragende Dokumentation über den Menschen Uwe Tellkamp gelungen, wobei zugleich erklärt wird, was die „Wiedervereinigung“ für viele Bürger der DDR an zerstörten Hoffnungen und zwangsläufig damit einhergehenden Enttäuschungen mit sich brachte (Teil 1 bis 2). Wohltuend ist das Fehlen jeglicher belehrender Kommentare aus dem Off. Sehr anrührend war für mich die Lesung von Tellkamp aus seinem Büchlein „Das Atelier“ im Buchhaus Loschwitz, als er mit den Tränen kämpfte. Wer wenig Zeit für alle Teile der Dokumentation aufbringen kann, sollte sich vielleicht auf die Teile 3 bis 5 konzentrieren.
Nicht alle Rezensenten sind übrigens so demagogisch verblendet und hasserfüllt wie Matthias Dell vom Belehrsender „Deutschlandfunk“, denn in der FAZ und sogar der SZ wurde die Dokumentation anerkennend besprochen.
20.5.2022, Wol

Hab es gesehen und damit seit langem im ÖRR was politisches gesehen.
War auch bass erstaunt, dass dieser Film durch die Zensur kam. Deutlich wurde auch das hilflose Gestammel der Gegner von Tellkamp, welche kaum in der Lage waren, ihre Standpunkte verständlich darzulegen. Tellkamp ist viel wortgewaltiger im Dialog als in seinem Roman.
20.5.2022, T.B.

Die Meinungsmacher wirken in dem Film wie permanent auf der Hut
– vor dem falschen Wort, der Grenzüberschreitung, dem unbotmäßigen Gedanken. Dagegen Herr Tellkamp: Unverstellt, seiner Berufung treu und angerührt vom Leben selbst – und daher glaubwürdig. Ohne Künstler wie ihn oder auch ohne Frau Dagen und Frau Maron wäre das geistige Klima komplett steril und auf Linie. Ein Alptraum.
20.5.2022, P.L.

Die 3Sat Dokumentation ist sehr eindrucksvoller Szeneeinblick.
Der Zuschauer merkt, dass sich die Macher bemühen die Attitüde des Haltungsjournalismus bewusst zu zügeln, und „Brücken zu bauen“, indem sie Einsicht in beide Seiten der Frakturlinie zu geben. Es wird offen zugestanden, dass es zu einer Entfremdung zwischen der Welt des Journalismus, Politik & Kulturbetriebs einerseits und grosser Teile der Bevölkerung andererseits gegeben hat. Auch wenn ein reichlich gnädiger Unterton herrscht.
Dies zuzugeben und dem Gegenüber Gesprächsraum einzuräumen ist ein anerkennenswerter Schritt in die richtige Richtung zur Annäherung. Allerdings ist das Journalismus-Raumschiff noch viel weiter von der Bevölkerung entfernt, als es denkt. Aber Erkenntnis ist ja ein erster Schritt.
Weiter zugegeben, dass es zu diesem Zugeständnis des Journalismus wohl nicht ohne die offenbar sehr zähen Rechts/Links-Reibereien auf den Straßen in Dresden gekommen wäre. Wessis, die daheim wegen anderer Aspekte ebenso mit den Anfeindungen des Haltungs-Betriebs hadern, hätten mit scharfzüngigen Leserbriefen wohl nicht einen vergleichbaren Eindruck hinterlassen.
Mein Fazit an Tellkamp ist die Bestürzung über die ausgefeilte, hoch-arbeitsteilige Schlagkraft des alimentierten „Haltungsbetriebs“ der sich in einem sakralen Weltanschauungskampf gegen „Rechts“ wähnt. Ähnlich einer selbstgefälligen Jagdgesellschaft mit dem Werkzeugkasten der Sozialpsychologie treibt man Menschen über Hitwords, Kontaktschuld, seek&destroy, Markieren, Deplatforming, also in summa „cancel culture“ in den „sozialen Tod“. Die Ironie fällt wohl kaum auf, dass eine Anti-NS-Serie „Der stumme Tod“ zum Titel trägt. Keine Parallelen?
Das dürfen nicht nur Anhänger rechter Submilieus erfahren, sondern inzwischen auch medizinisch/sozial/pflegerisches Fachpersonal!
Die Ehrenamtlichen dieser Treibjagd zeigen intellektuelle Anspruchlosigkeit, denn sie scheint die inflationäre Verteilung des Attributs „Rechts“ selbst gar nicht zu stören, oder als widersprüchlich aufzufallen. Offenbar bemerken sie auch nicht den Kontrast zu ihrem kognitiven Bezugspunkt: ihre Gegner touchieren den historischen NS in den seltensten Fällen. Meist sind sie Konservative, Liberale, Arbeitgeber – und neuerdings einzelne Berufsgruppen. Ein neuer NS wäre abgesehen von anderen Aspekten allein demographisch unmöglich.
Oder leistet man sich die definitorische Vergröberung, im Bewußtsein seiner hegemonialen Position an den lange herbei-gesehnten Hebeln der Gesellschaftsgestaltung, und fährt ganz bewusst mit der metaphorischen Planierraupe durch die Lebenswelt der vermeintlichen Gegner, um eine „Neue (rote) Gesellschaft“ zu errichten? Schon wieder mal?
Weiter haben sie die Tugend und den moralischen Anspruch klassischer linker Faschismuskritiker verloren, denn sie bedienen sich der Methoden, deretwegen sie ihre „Gegner“ erst zur Gefahr erklärten. Früher war „links“ untrennbar verbunden mit Pazifismus, Gewalt- und Kriegsverbot, und daher moralisch überlegen. „Rechts“ wurde abgelehnt, weil es für Krieg und Aggression stand. Hannah Arendt wäre wohl angeekelt gewesen von den Gewaltorgien der Antifa-Milizen.
Schliesslich straucheln sie ob ihres Anspruchs auf Deutungshoheit, welcher Hochmut, Masslosigkeit, mangelnde Weisheit und oberflächliche Bildung offenbart. Der moralische „Rübe-ab“-Furor vernichtet, fern von demokratischen Spielregeln und aufklärerischen Ansprüchen, bürgerliche Existenzen. Von dieser Wut ist dringend abzuraten, denn gemäss Karma führt Gutes zu Gutem, ebenso anders herum. Jedes Maß und Ziel wird heute überschritten.
Nun hat sich die Haltungs-Avantgarde mittels Corona-Politik ungebeten in die medizinische Fachwelt gedrängt, schlägt um sich, vernichtet Existenzen und verpfuscht mit ihrer blinden Dogmatik das Berufsfeld der Heilberufstätigen.
20.5.2022, H.H.

Interessant, wie der ÖR-Sender 3Sat den Angriff auf das Ladengeschäft
des Buchhauses Loschwitz und die existenzbedrohende Zerstörung der Bücher durch linke Gewalttäter einordnet:
„Im selben Jahr (2021) drohte die Lage zu eskalieren: Eine Buttersäurebombe wurde ins Buchhaus Loschwitz geworfen.“
Dieser Anschlag war nach Ansicht dieser Journalisten nur die Drohung einer Eskalation. Richtig ernst wird es also erst beim Angriff auf Personen?
20.5.2022, Kae

Kann diese Dokumentation nur empfehlen.
Sie zeigt am Mikrokosmos Dresden exemplarisch die Zerrissenheit unseres Landes. Die Dokumentation lebt vom Originalton der Exponenten unterschiedlicher politischer Positionen, die weitgehend unkommentiert nebeneinander gestellt werden und so ganz unmittelbar auf den Zuschauer einwirken, der sich so selbst ein Bild von der geistigen Verfasstheit dieses Landes machen kann. Lediglich ein Zeit- Journalist mit unmittelbarem Bezug zum Thema und den handelnden Personen der Dokumentation tritt als weitgehend differenzierender Kommentator der Vorgänge und Aussagen rund um Tellkamp auf, allerdings ohne auf das heute übliche Klipp- Schul- Niveau abzusinken.
Zu guter Letzt gibt es auch einen Brandanschlag auf eine Buchhandlung, also Hass und Gewalt- allerdings von Links…
Fazit: Sehr sehenswert!!!
20.5.2022, Sch

Es ist eine wunderbare Dokumentation,
nicht zuletzt auch wegen der Landschaftsaufnahmen um Dresden, insbesondere von Dresden-Loschwitz, der Heimat der Buchhändlerin Susanne Dagen. Ihr Buchhaus ist der Treffpunkt der angegriffenen „Neurechten“. Tellkampf, als Autor natürlich stark geprägt von den Erfahrungen der DDR-Diktatur, kämpft für seine Überzeugung, die untergegangene Meinungsfreiheit (Man kann alles sagen, wird aber dafür ausgegrenzt und geächtet.)wiederherzustellen. Man möchte ihm manchmal mehr Ruhe in seinen Äußerungen wünschen, aber Tellkamp`s kämpferisches Auftreten zeigt neben seinem starken Willen, das Schlechte zum Guten zu verändern, auch seine inneren Verwundungen. Für mich ist Tellkamp ein durch und durch ehrlicher Mensch. Übernehmen wir seine Worte „Niemals aufgeben. Das ist es.“ in dem Sinne, dass wir uns einem neuen kommunistischen System nicht unterwerfen. Und natürlich, lesen wir seine Bücher und kaufen sie, wem es möglich ist, im Loschwitzer Buchhaus von S. Dagen.
20.5.2022, M.V.

Danke für Ihre Kritik – macht Lust, die Doku anzuschauen: https://www.3sat.de/kultur/kulturdoku/der-fall-tellkamp-film-100.html
Und hier die Kritik Dells zum „umstrittenen“ Autor: https://www.deutschlandfunkkultur.de/der-fall-tellkamp-3sat-doku-von-andreas-graefenstein-ueber-den-skandal-autor-dlf-kultur-16f0408b-100.html
20.5.2022, Kas

Politpädagogen
Ich habe mir die Doku in voller Länge angeguckt, ganz hervorragend.
Dass den Politpädagogen vom Fernsehen das so durchgerutscht ist, kann man kaum glauben. Aber es ist auch sehr deprimierend zu sehen, was in Deutschland abgeht. Alle offiziellen Institutionen dieses Landes agieren wie eine einzige große Stasizentrale.
20.5.2022, Tub

1989 gab es ein Versprechen an uns alle.
Für uns Ossis war es ein neues, für die Wessis ein erneuertes. Das Versprechen einer freien, demokratischen, auf der Grundlage des Humanismus und der Menschenrechte stehenden Gesellschaft, die alles das möglich macht, schützt und sichert, was 40 Jahre nicht möglich war und mit Füßen getreten wurde. Dieses Versprechen war so stark, dass der allmächtige Apparat der DDR sang- und klanglos zusammengebrochen ist, weil er dem nichts entgegensetzen konnte.
Der Umgang mit Tellkamp zeigt lehrbuchhaft was von diesem Versprechen geblieben ist. Er zeigt, wie die schlimmsten Eigenschaften des Deutschen, Rechthaberei, Leithammelei und Pedanterie, wieder die Oberhand gewonnen haben. Ironie, Humor, die Lust an der intellektuellen Auseinandersetzung, die auch Grobes verkraftet, zählen nicht mehr. Unsere Welt darf kein Tummelplatz für die unterschiedlichsten Ansichten mehr sein. Es ist sehr, sehr schade, zu sehen was nach 30 Jahren Wiedervereinigung, nach den größten Hoffnungen und der Freiheit der 90iger Jahre, aus Deutschland mittlerweile geworden ist.
Letztlich führt das alles nur dazu, dass sich immer mehr Menschen der Öffentlichkeit entziehen und sich von der Idee einer gemeinsamen Gesellschaft abkehren.
20.5.2022, Dok
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