Tapezierspinne am Kaiserstuhl

Zur Spinne des Jahres 2013 hat die Arachnologische Gesellschaft – ein Verein, in deutschsprachiger Experten für Spinnentiere – die Gemeine Tapezierspinne gekürt. Sie ist mit den Vogelspinnen verwandt und lebt in unterirdischen Wohnröhren, die sie mit feiner Spinnseide auskleidet. Im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald kommt diese gefährdete Art im Kaiserstuhl und an einigen trocken-warmen Stellen in der Rheinebene vor.

In Mitteleuropa sind Tapezierspinnen die einzigen Vertreter der Vogelspinnen-artigen. Charakteristisches Merkmal dieser Gruppe ist, dass ihre Giftklauen parallel zueinander angeordnet sind und sich von oben nach unten bewegen. Darin unterscheiden sie sich von den Echten Webspinnen, deren Klauen zangenartig gegeneinander arbeiten. Aus Deutschland sind drei Tapezierspinnen-Arten bekannt, von denen es zwei auch im Landkreis gibt: Neben Atypus affinis, der Gemeinen Tapezierspinne, auch die ihr sehr ähnliche, insgesamt aber etwas dunklere Pechschwarze Tapezierspinne (wissenschaftlich: Atypus piceus). Oftmals kommen beide Arten an denselben Stellen in Nachbarschaft zueinander vor. Die Tiere werden knapp einen bis anderthalb Zentimeter groß, wobei die Männchen etwas kleiner sind als die Weibchen. Sie können recht alt werden, mitunter bis zu zehn Jahre.

 Ganz in Seide hüllt die Gemeine Tapezierspinne ihr Zuhause ein. Bild: Heiko Bellmann

Anders als Radnetzspinnen, zu denen beispielsweise Kreuzspinnen gehören, bauen Tapezierspinnen kein typisches, radförmiges Spinnennetz. Vielmehr leben sie in unterirdischen Röhren. Diese selbst gegrabenen und mit Spinnseide ausgekleideten Wohnungen werden meist auf trockenen Hängen, beispielsweise auf Rebböschungen, angelegt, manchmal auch an anderen wärmebegünstigten Stellen. Oberirdisch geht die „Tapete“ in einen etwa zehn Zentimeter langen Fangschlauch über, der von der Spinne an der Erdoberfläche ausgelegt wird.

Da dieser mit Erdpartikeln aus der Umgebung getarnt wird, fällt er nicht auf. Wenn jedoch ein kleines Insekt oder ein anderes Tierchen über diesen Schlauch läuft, merkt dies die Tapezierspinne, die im Innern der Röhre sitzt und dort auf Beute lauert: Sie eilt nun nach oben, packt das Beutetier und lähmt es mit einem Giftbiss, der von unten durch die Schlauchwand hindurch erfolgt. Anschließend wird die Beute in den Schlauch gezogen; der entstandene Riss wird später wieder verschlossen. Als Nahrung kommen zum Beispiel Ameisen, Käfer, Tausendfüßler und Asseln in Frage. Während die Weibchen nahezu ihr ganzes Leben in den Erdröhren verbringen, streifen erwachsene Spinnenmännchen manchmal umher: Sie sind dann auf der Suche nach Partnerinnen, um sich fortzupflanzen. Bei der Gemeinen Tapezierspinne ist dies am Kaiserstuhl vor allem in den Monaten September bis November der Fall – dies ergaben Untersuchungen von Wissenschaftlern des Zoologischen Instituts der Universität Freiburg. Mit etwas Glück kann man der Spinne des Jahres daher bei einer Herbstwanderung am Kaiserstuhl begegnen. Bei der Pechschwarzen Tapezierspinnen konzentriert sich die Paarungszeit hingegen auf die Monate Mai bis Juli – auf diese Weise gehen sich die beiden Schwesternarten also regelrecht aus dem Weg.
„Im Kaiserstuhl kommt die Gemeine Tapezierspinne zum Beispiel bei Ihringen und Oberbergen vor“, sagt Biologe Reinhold Treiber vom Landschaftserhaltungsverband Breisgau-Hochschwarzwald. Aber auch an ein paar anderen Stellen gibt es sie, etwa am Isteiner Klotz. Für die Ausbreitung sind übrigens die Jungspinnen zuständig, die bei Atypus affinis vor allem von Januar bis März auftauchen: Mit Hilfe von Spinnfäden lassen sie sich vom Winde verwehen, um auf diese Weise neue Lebensräume zu erschließen.
1.10.2013, Andreas Braun

 

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