Stohrenschule am Schauinsland

Die Stohrenschule am Schauinsland, eine der kleinsten und die höchstgelegenste Schule Deutschlands: Zehn Kinder sitzen im Kreis in der Mitte eines Klassenzimmers und singen ein französisches Guten-Morgen-Lied. Begleitet werden sie von einer ihrer beiden Lehrerinnen auf der Gitarre. Das Klassenzimmer befindet sich in einem alten Schwarzwaldhaus in Stohren fast 1000 Meter hoch oben auf dem Schauinsland und die zehn Kinder sind die einzigen Schüler der Stohrenschule, die eine er kleinsten Schulen Deutschlands ist. Ein Teil der Kinder wohnt im Münstertäler Ortsteil Stohren, die anderen kommen aus Hofsgrund und werden täglich von ihren Eltern in einer Fahrgemeinschaft zur Schule gebracht.
Noch vor einem Jahr war nicht klar, ob und wie es mit der Zwergenschule weitergehen soll, denn das Lehrerehepaar Renate und Benno Kroschel, das die Schule seit 38 Jahren leitete, stand kurz vor der Pensionierung. Doch mit Ute Rößer hat die Schule eine neue Leiterin gefunden, die mit Herz und Seele Pädagogin ist und seit Sommer in der kleinen Wohnung im Dachgeschoss des Schulhauses wohnt. Unterstützt wird sie von ihrer jungen Kollegin Cosima Blassmann.

         

Nach dem Begrüßungslied stellen die Kinder sich und ihre Schule vor. Anna, Anna-Sophie und Louisa gehen in die vierte Klasse und sind damit die Ältesten. Michelle und Matthis sind zusammen die dritte Klasse, Kevin und Linus die zweite. Dazu kommen die Erstklässler Paul, Selina und Nikolas, die erst seit dem Sommer in der Schule sind. Die Kinder berichten, was sie in diesem Schuljahr schon alles gemacht haben: Sie haben einen Buchladen in Mühlheim besucht, sind Ski gefahren, haben Referate über Zugvögel gemacht und mit einer Ernährungswissenschaftlerin gekocht und eine Menge über die Ernährungspyramide gelernt. Ausnahmslos jedes Kind erzählt, dass es gern in die Schule kommt. Auf die Frage, was ihnen denn an ihrer Schule am besten gefällt, antworten sie „der Schulgarten“, „die Ausflüge“, „die Musik, die wir machen“ oder „dass wir viel draußen sein können“. In der Tat unterscheidet sich die Stohrenschule nicht nur in der Anzahl ihrer Schüler von normalen Grundschulen. Jahrgangsübergreifender Unterricht, individualisiertes Lernen und Projektunterricht, in der heutigen Bildungsdiskussion vielfach geforderte Maßnahmen, gehören an der Stohrenschule schon immer dazu. „Projekte ergeben sich auch oft aus dem Schulalltag“ erzählt Ute Rößer. So schnitzen die Kinder gerade Kühe aus Holz, das von einem Baum stammt, der im Herbst auf dem Hof vor der Schule gefällt werden musste. „Wie das mit dem Schnitzen geht, haben wir vom Bildhauer Franz Gutmann erfahren, der seine Werkstatt hier oben auf dem Stohren hat“ berichten die Kinder.

Neben Deutsch, Mathematik und MeNuk (Mensch, Natur und Kultur), bei dem die 1./ 2. und die 3./4. Klasse getrennt unterrichtet werden, findet der Unterricht in Religion, Französisch, Sport, Kunst und Musik mit allen Kindern gemeinsam statt, meist mit beiden Lehrerinnen. Musik und selbst Musizieren war immer ein großer Bestandteil des Unterrichts in der Stohrenschule und dem Lehrerehepaar Kroschel sehr wichtig. Diese Tradition wird beibehalten und schon die Erstklässler lernen, ein Instrument zu spielen: die Psalter, eine Art Zither. Einige Kinder besitzen sogar eigene Instrumente, die ihre Väter oder sogar Großväter gebaut haben, als sie Schüler auf dem Stohren waren.

Lehrerin Cosima Blassmann ist die Tochter des ehemaligen Lehrerehepaars vom Stohren, Benno und Renate Kroschel. Sie war selbst Schülerin der Stohrenschule und ist auf dem Stohren aufgewachsen. An ihre Grundschulzeit hat sie sehr schöne Erinnerungen. Dass sie die zweite Lehrerstelle bekommen hat und jetzt hierher zurückkehren konnte, ist für sie ein absoluter Glücksfall. „Bessere Arbeitsbedingungen findet man nirgendwo“ sagt sie zufrieden.

Auch Ute Rößer kennt die Stohrenschule schon länger. Hauptsächlich unterrichtete sie an der Spielwegschule und der Abt-Columban-Schule in Münstertal. Seit 2008 jedoch kam sie einmal pro Wochen auf den Stohren um hier Französisch zu unterrichten.
„Das Unterrichten an der Stohrenschule ist kein Vergleich zu einer normalen Grundschule“ beteuert Ute Rößer. „Hier kann man jedem einzelnen Kind wirklich gerecht werden“ sagt sie. Nicht nur ihr als Lehrerin, sondern auch den Kinder gebe die Schule etwas ganz Besonderes. „Die Kinder haben ein großes Selbstbewusstsein und ein ganz großes Verantwortungsbewusstsein“ berichtet sie.
Wenn man den Kindern zuschaut, merkt man, was Ute Rößer meint. Die Großen helfen selbstverständlich den Kleineren, beim Finden eines verlorenen Handschuhs vor der Pause, beim Bauen einer Schneemauer in der Pause, aber auch im Unterricht, wenn jemand mal nicht weiter weiß.
20.2.2013, as, www.dreisamtaeler.de

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