St Maergen – Tourismus – Demografie – Nahversorgung – Mobilitaet

Dorf aktuell: Gespräch mit Josef Waldvogel, dem Bürgermeister St. Märgens
Dreisamtäler: Sie gaben letzte Woche öffentlich bekannt, dass Sie vorzeitig aus Ihrem Amt ausscheiden.
Waldvogel: Aus gesundheitlichen Gründen muss ich kürzer treten und habe deshalb beschlossen, zum 30. April 2013 in den Ruhestand zu gehen.
Dreisamtäler: Das ist jetzt noch etwa ein Dreivierteljahr …
Waldvogel: Mein Ziel ist ein ordnungsgemäßer und geregelter Übergang.
Dreisamtäler: Sie schauen dann auf 20 Jahre Amtszeit zurück – eine lange Zeit, in der Sie in St. Märgen prägend und gestaltend gewirkt haben.Waldvogel: Wenn ich zurückschaue, so fällt auf, dass die Gemeinde sich in dieser Zeit schon stark verändert hat, jedoch ohne den eigentlichen Charakter eines Schwarzwaldorfes aufgegeben zu haben. Für das Ortsbild markante Veränderungen waren sicherlich die Innerortssanierung Ende der 90er Jahre, die Gestaltung des Klosterareals mit Augustinerplatz und der Umzug des Rathauses in die ehemaligen Räume der Volksbank bei gleichzeitigem Ausbau des Heimatmuseums in den Klosterräumen. Für die Fest- und Veranstaltungskultur St. Märgens war der Bau der Schwarzwald- und Weißtannenhalle bedeutend und für die verkehrliche Beruhigung das Anlegen eines Parkplatzes am Ortsrand, eine lange diskutierte und umstrittene, aber im Rückblick richtige Entscheidung.
Was viele Bürger oft nicht sehen, aber als selbstverständlich nehmen, das ist die Wasser- und Abwasserversorgung. Über die Jahre hinweg wurde hier immer wieder investiert in Quellen, Hochbehälter, Leitungen und Kanäle, so dass wir heute auf neustem technischen Stand sind.

Dreisamtäler: St. Märgen lebt vom Tourismus. Wegweisend war der Anschluss an den Zweckverband Hochschwarzwald und damit an die Hochschwarzwald Tourismus Gesellschaft, dessen Mitglied St. Märgen von Anfang an war. Dennoch geht St. Märgen auch seinen ganz eigenen Weg und kann auf wirkliche Besonderheiten stolz sein. So zum Beispiel die Goldene Krone. Dieses Gebäude war vom Abriss bedroht und ist heute aus St. Märgen nicht mehr wegzudenken.

Waldvogel: Das aus dem 17. Jahrhundert stammende Gebäude war völlig marode und es gab durchaus interessierte Investoren, die allesamt jedoch nur den Abriss wollten und den Bau einer kleinen Ferienanlage und die Vermarktung zu Höchstpreisen im Sinn hatten. Dies lehnte der Gemeinderat aber immer ab!
Wir sind froh, dass dann sich dann Privatpersonen in Form einer GbR gefunden haben und sich der gewaltigen Herausforderung, das Gebäude zu erhalten und zu sanieren, gestellt haben. Weil es für den ländlichen Raum ein ganz herausragendes Projekt war und ist, wurde es von der EU und dem Land bezuschusst. Die Landfrauenwirtschaft, die Arbeitsplätze für Frauen schafft, ist jetzt in eine Genossenschaft umgewandelt worden. Die Frauen, die dort arbeiten, sind nun auch Eigentümerinnen des Cafés, das mit seinem hochwertigen und regionalen Angebot weit über die Region hinaus bekannt ist.
Eine weitere Besonderheit ist unser Naturschwimmbad, das wir über die Jahre hinweg immer wieder naturnah saniert und gepflegt haben. Und nicht zuletzt hat sich mit „ars alta“ eine Galerie hier etabliert, die das Kunst- und Kulturleben St. Märgens bereichert.

Dreisamtäler: Welche großen Themen werden künftig die Kommunalpolitik St. Märgens bestimmen?
Waldvogel: Ich sehe den demografischen Wandel als große Herausforderung, die Frage, wie ältere Menschen in St. Märgen würdig ihren Lebensabend verbringen können. Zentral dafür ist, dass die Nahversorgung vor Ort stimmt, dass die Dinge des täglichen Bedarfs hier eingekauft werden können. Momentan sind wir mit Bäcker, Metzger, Lebensmittelmarkt und Apotheke gut versorgt. Auch Arzt- und Physiotherapiepraxen gibt es noch. Aber selbstverständlich ist das nicht und der Erhalt der Infrastruktur wird eine große Herausforderung bleiben.
Gleichzeitig muss die Politik auch die jungen Familien im Blick haben. Deshalb investieren wir derzeit in die Sanierung des katholischen Kindergartens, der dann auch Kleinkindbetreuung anbieten. Mit der Kooperation St. Peters haben wir außerdem die Weichen so gestellt, dass die Schullandschaft mit Grundschule und Werkrealschule erhalten bleiben kann.
Ebenso wird das Thema Mobilität, nämlich der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, an Bedeutung gewinnen.

Dreisamtäler: Finanziell war es in den letzten Jahren nicht immer einfach für die Kommunen. Sparen auf allen Ebenen, auch in den Kommunalverwaltungen war angesagt. Eine schlanke Verwaltung, wie die EU sie jetzt von den Griechen fordert und woran kein Weg vorbei führt, wird bei uns inzwischen praktiziert. Der Weg dorthin war aber auch nicht ganz einfach und es gab durchaus auch Widerstände.
Waldvogel: Während meiner Amtszeit gab es einige Umstrukturierungen innerhalb der Verwaltung, immer mit dem Ziel eines effizienteren und gleichzeitig kostengünstigeren Arbeitens.

Dreisamtäler: War das auch mit einem Stellenabbau verbunden?
Waldvogel: Einsparungen geschahen weniger durch Stellenabbau, als durch das Reduzieren von Arbeitszeiten. Im Bauhof hat man versucht durch Erneuerung des Maschinen- und Fuhrparks den Abbau einer Stelle auszugleichen. Dieser Abbau wird aber nicht länger haltbar sein, wenn man die Leistungen nicht zurückfahren will.

Dreisamtäler: Haben Sie schon Pläne für Ihren Ruhestand?
Waldvogel: Ich werde mich weiterhin im sozialen und kulturellen Bereich betätigen und bleibe weiterhin im Vorstand des Stiftungs- und Sozialfonds tätig.
Dreisamtäler: Herr Waldvogel, vielen Dank für das Gespräch!

Mit Josef Waldvogel unterhielt sich Dagmar Engesser, www.dreisamtaeler.de , 4.7.2012

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