Shopfloor bei Halstrup-Walcher

„Gehört werden“ – „Shopfloor-Runden“ – innerbetriebliche Kommunikation beim „Marktführer für Positioniersysteme Halstrup-Walcher“ in Kirchzarten: Jeden Tag erhält jeder der rund 120 Mitarbeitenden bei Halstrup-Walcher Gelegen-heit, seine im Arbeitsalltag entstandenen Fragen und Probleme loszuwerden und – das ist das Besondere an der Geschichte – auch eine direkte und nachprüfbare Antwort zu bekommen.

Im Rahmen seines „Lean-Managements“, das ein schlankeres Unternehmen mit möglichst viel Einsparung unnötiger Materialien und Zeiten und damit Kosten zum Ziel hat, entstand ein innerbetriebliches Kommunikationsnetz, das seinesgleichen sucht. Einen wesentlichen Anteil am Entstehen dieser neuen innerbetrieblichen Dynamik haben die sogenannten „Shopfloor-Runden“. Jeden Vormittag treffen sich zu festgelegten Zeiten – und die sind dann für Telefonate oder Kundengespräche tabu – alle Mitarbeiter in ihrer Arbeitsgruppe oder Abteilung. Diese ersten Runden beginnen pünktlich um 8:15 Uhr in unmittelbarer Nähe der jeweiligen Arbeitsplätze. Sie finden stehend statt, mit Blick auf eine große Informationswand mit vielen Aufzeichnungen, aus denen Entwicklungen und aktuelle Fragestellungen hervorgehen. Jeder Kollege, jede Kollegin bringt die Fragen und Erfahrungen mit, die gerade Probleme machen und den Produktionsprozess bremsen. Gemeinsam wird zügig nach einer möglichen direkten Lösung gesucht oder ein adäquater Weg zur Veränderung vereinbart – was am nächsten Tag z.B. kontrolliert wird. Um 9:20 Uhr kommen dann die Abteilungsleiter zusammen, um das für alle Wichtige auszutauschen. Sich daraus für das gesamte Unternehmen ergebende Fragen bespricht dann um 10 Uhr die Geschäftsleitung.
Oft sind die jeweiligen „Shopfloor-Runden“ nach drei bis fünf Minuten beendet – und die Arbeit geht weiter. Das fällt vielen Mitarbeitenden dann auch deshalb leichter, weil sie „gehört“ wurden mit ihren aktuellen Fragen und nun „unbelastet“ ihre Aufgaben erfüllen können. Für viele sind diese täglichen Runden auch eine wohltuende Form von Wertschätzung durch das Unternehmen – sie fühlen sich ernstgenommen. Damit die täglichen Runden effektiv ablaufen, haben sich alle bei „Halstrup-Walcher“ auf Spielregeln geeinigt, die auch für menschliches Miteinander allgemein hilfreich sind. Darin steht: „Pünktliches Erscheinen; einer redet, die anderen hören zu; aktiv beteiligen; ausreden lassen; vorbereitet sein und Telefone aus.“ Die täglichen Standortbestimmungen haben beim engagierten Kirchzartener Arbeitgeber in der Stegener Straße auch zu einer „positiven Fehlerkultur“ geführt, in dem „nicht Schuldige gesucht werden, sondern Lösungen“. Damit verbunden ist auch eine Wiederbelebung des „Ideenmanagements“: die Anzahl der Verbesserungsvorschläge aus der Belegschaft konnte von vier auf 300 im Jahr gesteigert werden. Bei jeder Quartalsversammlung gibt es kleine Tombolapreise dafür und die Prämien steigerten sich auf zwanzig Prozent der jährlichen Einsparung.
Im Gespräch mit dem „Dreisamtäler“ ziehen die beiden Geschäftsführer Jürgen Walcher und Jens Amberg ein überaus positives Fazit zu ihrem „Lean-Management“. „Wir haben eine extrem verbesserte Kommunikation“, freut sich Walcher, „jeder bringt seine Fragen ein, die Dinge werden versachlicht und die Ressource Nerven enorm geschont.“ Und für Amberg ist die Wertschätzung der Mitarbeitenden wichtig: „Jetzt sind täglich Veränderungen möglich, denn wir blicken aus der Gegenwart in die Zukunft. Fehler sind für uns jetzt Schätze, über die wir zu Verbesserungen finden.“ Neben all den positiven Erfahrungen für die Mitarbeitenden bei „Halstrup-Walcher“ kommt natürlich fürs Unternehmen auch eine zählbare Wertschöpfung heraus: Kunden werden schneller beliefert – und sind zufrieden; der Materialverbrauch geschieht effektiver oder verbesserte Lagerhaltung erspart Suche und Wege. Und weil „Halstrup-Walcher“ inzwischen mit seinem „Lean-Management“ so erfolgreich im eigenen Laden schafft, gehen die Verantwortlichen des „Wertschöpfungsteams“ bei anderen Firmen auf Workshop-Tournee, motivieren andere Unternehmen zu mehr „Lean“ – und lernen dabei selbst wieder Neues für daheim.
12.12.2013, gerhard Lück, www.dreisamtaeler.de

 

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