Krebskranke-Kinder

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Frauenmantel nach dem Regen am 22.7.2014

Frauenmantel nach dem Regen am 22.7.2014

 

Förderverein für krebskranke Kinder e.V. in Freiburg seit 4.7.1980

  • 380000 Euro wurden 2004 der Uni-Kinderklinik gestiftet
  • 1893 Kinder und Jugendliche wurden krebskrank an der Uni-Klinik stationär behandelt
  • 78000 Euro  beträgt die Summe des Sozialfonds zur Unterstützung von Familien
  • 941 Mitglieder hat der Förderverein
  • 736 Gespräche führte die Sozialarbeiterin des Fördervereins

Förderverein für krebskranke Kinder- Helfen hilft – Elternhaus
Claus Geppert, Mathildenstr. 3, 79106 Freiburg, Tel 0761/275242
Elternhaus 1995 gebaut: 22 Zimmer mit 45 Betten, Geschwisterkindergarten.
www.helfen-hilft.de , info@helfen-hilft.de , geppert@helfen-hilft.de
Konto 230 045 4 bei der Sparkasse Freiburg, BLZ 68050101

 

Förderverein für krebskranke Kinder – Helfen hilft – Elternhaus: Ein Gefühl von Zuhause

Diagnose Krebs: 2100 Kinder bekommen sie pro Jahr gestellt. Während die Jungen und Mädchen meist sofort verstehen, was mit ihnen passiert, verlieren viele Eltern den Halt. Damit sie und die Geschwister nah beim kranken Kind sein können, gibt es in Freiburg ein Elternhaus.

Das Kind hat Krebs. An dem Tag, als sie erfuhr, was mit Daniel los ist, hat sich Helga Herbergers Leben schlagartig verändert. Vieles war plötzlich so unwichtig: die eigene Gesundheit, das Haus, das Geld. Nur keine Sekunde verpassen, hieß die fortan die Devise. Auf jeden Fall bei ihm bleiben.
In Heidelberg, wo sie herkommen, war alles noch einfach. Oma, Opa und eine Tante halfen mit bei der Rund-um-die Uhr-Betreuung am Klinikbett, Freunde und Nachbarn übernahmen Arbeiten, die zu Hause liegen blieben. Doch als sich die neuen Abläufe gerade eingespielt hatten, kam schon wieder eine Veränderung: Daniel musste zur Knochenmarktransplantation nach Freiburg. Wieder alles umorgeln. Wie sollten sie sonst alles managen? Täglich hin- und herfahren? In ein Hotel ziehen? Und wohin mit Florian, dem zweiten Kind?

Beim Freiburger Förderverein für krebskranke Kinder kennt man die Probleme. Viele Vereinsmitglieder haben selbst ein krebskrankes Kind begleitet. „Die Diagnose zu verkraften, ist keine leichte Sache“, sagt Inge Rendler, stellvertretende Vorsitzende des Vereins. „Aber sich in einem völlig veränderten Alltag zurecht zu finden, ist genauso schwer“. Viele Eltern schaffen es kaum, sind schnell überfordert, wenn das Familienleben nur noch von der Krebstherapie diktiert wird. Oft müssen sie wochenlange Trennungen hinnehmen. Und ständig wandeln sie auf dem schmalen Grat zwischen Angst und Bangen. Ein Dilemma der Eltern ist, dass sie ihre Sorgen mit niemandem teilen können. Gerade bei Alleinerziehenden stellen sich zudem häufig Geldnöte ein, weil sie nicht mehr voll arbeiten können. Nach 13-jähriger Spendenakquise hat der Freiburger Förderverein für krebskranke Kinder darum 1995 ein Elternhaus in der Nähe zur Uni-Kinderklinik gebaut. Wenn Eltern mit ihren Kindern hierher kommen, sollen sie den Rücken frei haben. Sie sollen einen Ort vorfinden, an dem sie sich geborgen fühlen und an dem man sich um sie kümmert.
In Deutschland ist das ziemlich einmalig. Zwar bieten andere Kliniken inzwischen auch schon Zimmer an – doch mehr meistens nicht. In Freiburg sind es von den Stationen nur wenige Schritte in das lichtdurchflutete Haus. Dort finden in nunmehr 37 Zimmern bis zu 73 Angehörige Unterkunft. Es gibt direkte Telefonleitungen an die Krankenbetten, komplett eingerichtete Küchen und Wohnzimmer, eine Waschküche, eine Bibliothek, sowie ein Internet-Cafe mit drei leistungsfähigen Rechnern.
In das ganzheitliche Konzept des Hauses passt, dass den Eltern zudem ein Team aus Sozialpädagogen und Sozialarbeitern zur Verfügung steht. Sie bieten Gespräche an, helfen bei der Eingewöhnung wie bei psychischen Problemen und informieren über Zuschüsse und Abrechnungen. Regelmäßige Veranstaltungen dienen der Kontaktaufnahme wie der Zerstreuung. Schließlich finden im Elternhaus auch verwaiste Eltern Rückhalt. „Bei alledem wollen wir aber niemanden gängeln“, stellt die stellvertretende Sozialdienstmitarbeiterin Annette Hoeger fest. „Unser Ziel ist es, die Eltern zu unterstützen, damit sie sich danach gegenseitig stützen können“.

Das Angebot wird dankbar angenommen. Zählte das Elternhaus anfangs rund 400 Übernachtungen pro Monat, sind es heute zwischen 1500 und 1800. Dies Alles wurde jedoch erst nach einem Erweiterungsbau im Jahre 2004 möglich, den der Verein und seine Spender für 2 Mio € gebaut hat.

Doch zum Glück bedeutet die hohe Nachfrage im Elternhaus nicht, dass immer mehr Kinder an Krebs erkranken. Die Freiburger Kinderklinik gilt vielmehr als Schwerpunktklinik für die Leukämiebehandlung. Aus dem ganzen Land kommen krebskranke Kinder zu Frau Prof.Dr.Charlotte Niemeyer, denn sie gilt als Kapazität. Dabei lässt die Erfolgsquote jeden noch so langen Anfahrtsweg kurz erscheinen: 75 Prozent aller Kinder mit akuter myeloischer Leukämie können heute als geheilt entlassen werden.

Bis zum Ziel ist es tatsächlich viel weiter. Wenigstens acht Monate dauert die Chemotherapie. Wird eine Knochenmarktransplantation notwendig, kann sich der Aufenthalt schnell verlängern. Auch unter Medizinern ist heute unumstritten, dass die Betreuung der Kinder durch ihre Eltern von therapeutischem Nutzen sein kann. Folglich sieht man in der Kinderklinik das Engagement im Elternhaus auch positiv. Ziel einer Krebsbehandlung, sagt Charlotte Niemeyer, sei nicht nur die körperliche Heilung, sondern auch die seelische Gesundheit des Patienten, seiner Geschwister und der Eltern.
Früher standen die Dinge anders. Eltern auf den Stationen störten. Wenn man sie an die Krankenbetten ließ, dann, um ihre Kinder beim Sterben zu begleiten. Auch Inge Rendler kann sich noch erinnern. Als sie vor 18 Jahren mit ihrer Tochter nach Freiburg kam, gab es für Eltern weder Bett, noch Toilette, noch zu essen: „Wir haben alles mitgebracht. Sogar eine Campingliege zum Schlafen“.

Frau Angelika Schaacke aus Bremen wäre damit nicht gedient gewesen. In den Jahren 2002-2004 war die Bremerin ganze neun Woche zu Hause. Ihr zweijähriger Sohn Florian hatte den Krebs schon fast besiegt, als ein Rückfall die Rückkehr nach Freiburg erforderte. Wieder war die Mutter für Wochen von daheim wegbleiben – die anderen drei Kinder begannen zu rebellieren. Seit Januar 2004 lebten dann auch sie im Elternhaus, besuchten hiesige Schulen und die Geschwisterspielstube im Erdgeschoss. „Es ist für alle Beteiligten das Beste, wenn die Familie zusammen bleiben kann“, sagt deren Leiterin Sabine Beißwenger. Zwischen sieben und acht Kinder sind dort ständig zu Gast. Für jedes Alter wird gesorgt. Dabei erlebt Sabine Beißwenger oft genug, dass Geschwisterkinder ins Hintertreffen geraten, weil sich Vater und Mutter nur noch um das kranke Kind kümmern. Die Gesunden werden vergessen, sie stehen im Schatten der Krankheit.
Der Duft von frisch gebackenem Kuchen zieht durch das lichtdurchflutete Foyer des Elternhauses. Zum Freitagskaffee strömen sie in Scharen herbei: Junge, Alte, Große, Kleine. Es ist wieder ein Anlass, auf andere Gedanken zu kommen. Natürlich kennt man sich. Kommt schnell ins Gespräch. „Das hier gibt einem ein Gefühl von zu Hause“, sagt Helga Herberger. „Dort würden wir jetzt auch viel zusammen sitzen“.
Doch die ständige Nähe zu den anderen kann auch belasten. Angelika Schaacke fürchtete besonders die Tage, an denen ein Kind gestorben ist. Dann sieht man die Eltern mit leeren Kindersitzen abreisen, und so sehr man mitfühlt, so wenig möchte man sich damit auch noch belasten: „Wir hoffen doch alle, dass es uns nicht trifft und dass wir dem Haus einmal glücklich den Rücken kehren dürfen“. So wie Britta Behling. Viele Wochen war die Rheinländerin hier gewesen an der Seite ihrer Tochter. Heute wird Julia entlassen – Abschied vom Elternhaus und den Bewohnern. „Das Haus und die Leute haben mir viel gegeben in einer schweren Zeit“, sagt Britta Behling. „Ich hätte nicht gewusst, wie alles schaffen sollte“. Nun muss es morgen wieder ohne gehen. Britta Behling lächelt: „Ich denke, das ist die leichtere Übung.“

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