Schwabentor – Geschichte des östlichen Stadttors von Freiburg

Mehrfach wurden das „Schwabentor“ und seine Fassade seit der Entstehung des Gebäudes verändert.  Freiburg besitzt heute noch zwei seiner ehemals vielen mittelalterlichen Stadttore. Die anderen wurden im Laufe der Zeit, insbesondere während der französischen Herrschaft beim Festungsbau unter Sébastien Le Prestre de Vauban (1678), abgerissen. Während man das Martinstor anhand von Holzresten einwandfrei auf den Beginn des 13. Jahrhunderts datieren konnte, ist die Entstehung des Schwabentors nicht sicher einzugrenzen. Es dürfte aber schon im Jahr 1250 gestanden haben. Dafür gibt es ein Indiz: Das Tor befand sich in unmittelbarer Nähe zu dem damals bereits bestehenden ersten bekannten Übergang über die Dreisam. Ein Kupferstich von Gregorius Sickinger von 1589 zeigt eine hölzerne überdachte Brücke, die zu diesem Tor führte. Vor dem Durchgang befand sich zusätzlich ein größerer ummauerter Bereich mit Wehrgang und einem niederen Vortor mit Zugbrücke. Wer aus dem Schwarzwald und aus dem Dreisamtal kommend nach langer beschwerlicher Fahrt mit dem Pferdefuhrwerk oder – vornehmer – mit der Postkutsche das Tor durchfahren hatte, fand im geschützten Bereich der Stadt alles, was man brauchte. Da steht noch heute das wohl älteste Gasthaus Deutschlands „Zum roten Bären“ (1133 erstmals erwähnt), während Hufschmiede und Stallungen inzwischen verschwunden sind. Wer den Einlasszoll vermeiden wollte, der konnte auch außerhalb der Stadtmauer auf einem schmalen Fahrweg (Mennweg) am Rande des Schlossberges in Richtung Herdern weiterfahren. Der Schwabentorturm war ursprünglich nach Oberlinden hin offen und besaß begehbare Wehrgänge. 1547 wurde die Innenseite ebenfalls zugemauert und mit einer Turmuhr ausgestattet. 1572 kam ein außenliegender Treppenturm hinzu, der heutige Eingang zum Zinnfigurenmuseum.
100 Jahre später brachte der Maler Matthäus Schwäri im Auftrag der Stadt ein Gemälde an, das einen Kaufmann vor einem mit Fässern beladenen und von Pferden gezogenen Fuhrwerk zeigt. War dieses Bild wohl zu Beginn einfach nur ein Hinweis auf den regen Handelsverkehr in den Schwarzwald und das Schwabenland – auch die Salzstraße hat hiervon ihren Namen – , so begannen sich um das Bild im Laufe der Zeit einige Legenden zu spinnen. So wird erzählt, dass der schwäbischer Bauer oder Handelsmann mit dem in den Fässern befindlichen Gold die Stadt Freiburg kaufen oder es ihr für den Münsterbau schenken wollte. Leider soll aus diesem Deal nichts geworden sein, weil die geizige Bäuerin die Fässer wieder entleerte und mit Kieselsteinen füllte.
Bis zum Jahr 1901 hatte das bis dahin kaum veränderte Schwabentor eine Höhe von rund 26 Metern. Obwohl zunächst ein Abriss im Gespräch war, beschlossen die Ratsherren in der Zeit des von Türmen begeisterten Oberbürgermeister Otto Winterer, sowohl das Martins- als auch das Schwabentor aufzustocken. Nach den Plänen von Carl Schäfer wurde der Turm auf 65 Meter erhöht. Der obere Teil erhielt einen gotischen Treppengiebel, wie man ihn aus norddeutschen Städten kennt. 1903 malte Fritz Geiges auf die stadtauswärts gerichtete Seite ein Bild des ersten Freiburger Stadtpatrons Sankt Georg mit dem Drachen (es wurde 1931 von Wilhelm Hanemann und 1969 von E. J. Geschöll renoviert).
Von 1911 bis 1913 wurden zum Schlossberg hin umfangreiche Anbauten im Fachwerkstil mit einem zweiten Durchlass hinzugefügt. Das zuvor Wind und Regen ausgesetzte Bild des schwäbischen Bauern wurde durch einen offenen Erker mit Vordach besser geschützt. Bereits in früherer Zeit hatte das Kunstwerk mehrere Restaurationen und wohl auch Veränderungen über sich ergehen lassen. So war Simon Göser in der Barockzeit am Werk, der auch den Totentanz im Alten Friedhof gemalt hat, später dann Dominik Weber (1850), Ernst Fey (1903) und Wilhelm Hanemann (1929). Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine weitere Überarbeitung.
Wie schlecht der Zustand des Gemäldes – wie auch des gesamten Tores – Ende des 19. Jahrhunderts war, zeigt die Aufnahme von 1890. Mitte des 20. Jahrhunderts waren viele der Giebelchen und Spitztürmchen recht baufällig geworden. Kurzerhand wurde der Turm 1954 auf 42 Meter gekürzt und mit einem dem ursprünglichen Zustand ähnelnden Zeltdach versah. Als Spitze wurde ein kleiner zwiebelförmiger Glockenturm aufgesetzt. So präsentiert sich noch heute das sogar von der Straßenbahn durchfahrene Stadttor in Oberlinden.
Hans Sigmund, Freiburg-Herdern, 11. April 2011

 

Schwabentor am 6.7.2012 - Der Steg wurde abgerissen

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