Rollstuhlwandern Schwarzwald

Der Schwarzwald bietet vielfältige Möglichkeiten zum Wandern mit dem Rollstuhl. Das Angebot an barrierefreien Wegen wird ständig erweitert. Natürlich geht es vor allem im Hochschwarzwald immer wieder bergauf und bergab, wobei den großen Steigungen weder Elektroantrieb noch Hydraulikbremsen am Rollstuhl gewachsen sind.

Andererseits ist die Schwarzwälder Gebirgslandschaft weniger durch Bergspitzen und Kare geprägt als durch offene Bergrücken und langgezogene Täler, die annähernd eben verlaufen und daher für Rollstuhlfahrer ideal geeignet sind. Dazu kommt, dass die Bauernhöfe im Schwarzwald zumeist Einzelhöfe sind, die eigene natürlich geteerte Wege durch Pkw und Lkw (Milchlaster) angefahren werden können. Und diese Zufahrtsträßchen sind oft „wie für Rollis gebaut“. Drei Beispiele:

Bergrücken: Vom Thurner zwischen St.Märgen und Breitnau die vielbefahrene Spirzenstrasse in Richtung Buchenbach nehmen und an der scharfen Linkskehre geradeaus abzweigen und das Auto abstellen: Das in der Landkarte eingezeichnete Sträßchen „Auf der Spirzen“ verläuft auf einem freien Höhenrücken parallel zur Spirzenstrasse und vor allem eben nach Westen und bietet einen wunderschönen Rundumblick auf St.Peter, St.Märgen, Thurner und in Richtung Breitnau sowie Dreisamtal/Vogesen. Nach ca 2 km biegen Sie nochmals rechts ab zum Steigweg – und weiter gehts aussichsreich und bequem mit dem Rollstuhl. Mehr zum Sträßchen „Auf der Spirzen“ und zum Steigweg.

Langezogene Täler: Das Zastlertal wie auch das St.Wilhelmertal führen von Oberried von Westen her zum Feldberg hin, die kleinen geteerten Fahrsträßchen verlaufen über 3-4 km jeweils fast eben bzw. nur leicht ansteigend bis zum Fuß des Feldbergs hin. Da sie dort als Sackgassen an Schranken enden, sind sie auch kaum befahren.
Mehr zum Zastler und St.Wilhelmertal

Ebene Bauernhofzufahrten: Der Haldenweg bei St. Peter beginnt hinter dem Steingrubenhof und führt am Westhang um den Fohren (910 m) herum nach Norden über den Heitzmannhof, Elmehof und Haldenhof zum Sägendobel. Sie geniessen einen traumhaften Ausblick nach Südwesten zum Horn (801 m) und Lindlehöh bzw. Langeck (862 m), nach Westen ins Rohr (835 m) mit seinen schöngelegenen Bauernhöfen und nach Nordwesten zum Kandelberg. Mehr zum Haldenweg hier .

Auf der Seite https://www.freiburg-schwarzwald.de/panoramaspaziergang.htm finden Sie eine Zusammenstellung von ebenen Sträßchen bzw. Wegen im südlichen Hochschwarzwald, die Rollis wunderbare Ausblicke von „ganz oben“ bieten. Die beschriebenen Panoramaspaziergänge sind aussichtsreich und sonnig (offenes Gelände), fast eben (auch für Gehbehinderte geeignet), geteert (Kinderwagen, Rollstuhl bzw. Gehfrei kann geschoben werden), verkehrsarm (von Pkw’s kaum befahren – nur Zufahrten zu Bauernhöfen o.ä.) und relativ kurz (maximal 3 km bzw. eine Stunde).

In seiner Zeitschrift „Der Schwarzwald 4/20212“ bringt der Schwarzwaldverein mit Sitz in Freiburg eine Sonderausgabe zum barrierefreien bzw. inklusiven Wandern. Auch längere Wege mit viel „auf und ab“ wie z.B. der Himmelreich-Jakobusweg von Freiburg nach Hüfingen werden für Rollstuhlfahrer zugänglich gemacht durch Schiebe- wie Fahrservices: https://www.himmelreich-jakobusweg.de .
Die Seite https://www.barrierefrei-schwarzwald.info bietet eine Überblick über zertifizierte barrierefreie Touren.
https://www.rollstuhlwandern-in-bw.de/de/wanderlinks.php
15.11.2021

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Pilgerweg für Alle – barrierefrei auf dem Himmelreich-Jakobusweg
von Gabriele Hartmann
Jeder kennt die Jakobsmuschel als Wegmarkierung des berühmten Pilgerwegs nach Santiago de Compostela. Man findet das Zeichen in stilisierter Form: Eine gelbe Muschel auf blauem Untergrund, auch hier im Südwesten an Jakobs-Zuwegen in Richtung Süden. Einer davon ist der Himmelreich-Jakobusweg, auf dem – neben der Originalstrecke – auch Alternativrouten für Rollstuhlfahrende und Eltern mit Kinderwagen ausgeschildert sind.
Dieser „Pilgerweg für Alle“ führt in 16 Etappen von etwa 8 bis 13 Kilometern Länge von Hüfingen bis Weil am Rhein. Der Originalweg verläuft in der Regel auf Wanderwegen des Schwarzwaldvereins und wurde 2010 eingeweiht. Immer dann, wenn auf einer Wegmarkierung neben der Jakobsmuschel ein zusätzliches Rollstuhlfahrersymbol auftaucht wissen alle, die auf vier Rädern rollen: hier ist für sie eine Alternativroute ausgeschildert. Während es für den Originalweg ein Begleitbuch gibt, bekommen Rollstuhlfahrende für jede Etappe einen Extra-Flyer mit Karte und wichtigen Informationen. Alle Etappen stehen auch als GPS-Download zur Verfügung.
Die Alternativausschilderung hat der Förderverein für den Himmelreich-Jakobusweg 2016 fertiggestellt. Dazu mussten alle Etappen überprüft werden, inwieweit sie für Rollstühle und Kinderwagen geeignet sind, Alternativrouten gefunden werden, Genehmigungen von allen angrenzenden Orten, Gemeinden und Privatbesitzern für die Beschilderung eingeholt, Kartenmaterial erstellt und nach Gasthäusern gesucht werden, in denen auch Menschen mit Behinderung zurechtkommen.

Der Verein bietet regelmäßig auch „Pilgertouren für Alle“ an. Rollstuhlfahrende müssen sich anmelden, denn für sie werden Schiebehilfen und Begleitfahrzeuge gestellt, die neben Reparaturwerkzeug auch Rollstuhl-Vorsätze mitführen. Diese werden vorn an die Rollstühle jeden Typs montiert. So hat der Rollstuhl fünf Räder und lässt sich besser lenken. Gemeinsam ziehen alle Pilgernden los und wenn es dann steil wird, wie zum Beispiel auf der Etappe über den Batzenberg von Schallstadt nach Staufen, müssen die Rollstuhlfahrenden gleichzeitig geschoben und mit Schleppseilen gezogen werden, denn hier gibt es Steigungen von acht Prozent. Natürlich hätte man die Rollstuhlroute auch unten ins Schneckental verlegen können, aber das Schöne für Menschen mit Behinderungen ist ja gerade, dass sie mit Hilfe ihrer Mitpilgernden Orte erreichen, zu denen sie aus eigner Kraft nie kämen.

Leider erlebt man auf diesen „Pilgertouren für Alle“ auch immer wieder auf dem Bürgersteig parkende Autos, Fahrräder, Werbeschilder und Blumentöpfe, die Menschen im Rollstuhl und Personen mit Kinderwagen auf die Straße zwingen. Außerdem gibt es „Spaßvögel“, die gerne die Wegmarkierungsschilder verdrehen und offenbar keine Ahnung haben, was ein Irr- und Umweg auf einer solchen Tour bedeuten kann!
Wer den „Pilgerweg für Alle“ individuell nutzt, kann sich eins der Vorsatz-Geräte beim Förderverein für den Himmelreich-Jakobusweg ausleihen. Jedoch sollten pro Rollstuhl immer zwei Begleiter dabei sein – auch bei E-Rollstühlen – denn es kann immer wieder Überraschungen geben: Der Motor versagt, umgestürzte Bäume, plötzliche Unwetter. Der Verein lädt zum Mitpilgern ein und freut sich immer über neue Unterstützung bei „Pilgertouren für Alle“.
Zum offiziellen Pilgerweg nach Santiago de Compostela führen viele Wege aus allen Richtungen Europas. Der Himmelreich Jakobusweg ist Teil eines alten Fernpilgerweges, der von Krakau über Basel nach Santiago de Compostela führt. Der „Förderverein für den Himmelreich Jakobusweg“ hat die Pilgerroute und die Alternativstrecken beschildert. Jede Etappe ist verlinkt und im Internet als GPS-Track abrufbar. Es gibt ein Begleitbuch mit Kartenmaterial und Flyer.

Förderverein für den Himmelreich-Jakobusweg e.V.,
Vereinsadresse: Himmelreich 37 im Gasthaus Himmelreich; D-79199 Kirchzarten, Kontakt für Pilgerbegleitung: Vorsitzender Georg Körner gk@himmelreich-jakobusweg.de, https://www.himmelreich-jakobusweg.de

Wenn man mehrere Etappen hintereinander absolvieren will, sind die jeweiligen Tourist-Infos aufgeführt, an die man sich wegen Unterkünften wenden kann. Da sich Baden-Württemberg erst seit kurzem an der deutschlandweiten Datenbank für Barrierefreiheit www.reisen-fuer-alle.de beteiligt, sind für die Regionen, durch die der „Pilgerweg für Alle“ führt, noch nicht sehr viele Ergebnisse zu finden. Um den Rücktransport zum jeweiligen Ausgangspunkt einer Etappe zu bewerkstelligen, ist an fast allen Zielorten ein Bahnhof erreichbar – nicht jedoch in Dittishausen, Breitnau und Sulzburg
Gabriele Hartmann, Der Schwarzwald, 4/2021, Seite 12-13
https://www.schwarzwaldverein.de/2021/11/10/der-schwarzwald-4-2021/

 

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