Sufismus

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Alte Eichen im herbstlichen Dreisamtal zwischen Freiburg-Ebnet und Zarten am 16.11.2015

Alte Eichen im herbstlichen Dreisamtal zwischen Freiburg-Ebnet und Zarten am 16.11.2015

 

 

Der Sufismus wird auch als mystischer Islam bezeichnet.

 

Wie wir die Sufis missverstehen
Im Westen gilt der Sufismus vielen als das «gute» Gesicht des sonst mehrheitlich negativ wahrgenommenen Islam. Diese vereinfachte Sicht ist irreführend und in mancher Hinsicht sogar gefährlich.
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Der Terror-Angriff (Ägypten, Sinai, 12/2017) ereignete sich in einer Moschee, die von Jaririya-Sufis frequentiert wird. Der Jaririya-Orden, der seinen Ursprung in den 1940er Jahren hat, ist eine der wichtigsten Sufi-Gemeinschaften auf der Sinai-Halbinsel. Auch wenn sich bis jetzt niemand offiziell zu dem Massaker bekannt hat, passt das Vorgehen zu den IS-Kämpfern: Sufis sind für sie «Ungläubige» und fallen damit in die gleiche Kategorie wie Christen oder Schiiten. Wie schon nach ähnlichen Angriffen in Pakistan bemühten sich Analysten in der Weltpresse hinterher um eine Erklärung, wer die Sufis eigentlich sind. Meistens werden Sufis als moderate Sekte innerhalb des Islam beschrieben, deren Anhänger irgendwie toleranter und friedlicher seien als die meisten Sunniten und Schiiten. Diese oberflächliche Charakterisierung, die längst zur Floskel avanciert ist, ist jedoch nicht nur irreführend, sondern auch gefährlich….

Zunächst einmal: Sufis haben sich nie als Sekte verstanden, die separat von der breiteren Gemeinschaft der Muslime existiert. Vielmehr sind Sufis Muslime mit einer spirituellen Tendenz, einer nach innen gewandten religiösen Einstellung. Gleichwohl sind Sufis Sunniten oder Schiiten, die in der Regel die wichtigsten religiösen Gebote gewissenhaft befolgen. Zu Sufis macht sie vor allem ihre innere Haltung, die Interpretation der Rituale…..
Der Einfluss sufistischer Kultur auf die Entwicklung der islamischen Zivilisation ist so gross, dass bis vor zweihundert Jahren die Mehrheit der Muslime in der Welt einer Sufi-Gesinnung folgte. Bis heute fusst der Volksislam in vielen muslimischen Regionen auf dem Sufismus. So bestimmen in Ägypten über siebzig verschiedene Sufi-Orden das Glaubensleben von Millionen Muslimen. In Pakistan und Indien praktiziert die Mehrheit der Muslime einen von sufistischen Traditionen geformten Islam, selbst wenn sie formell keinem Sufi-Orden angehören. ….
Ironischerweise bedienen sich die islamischen Fundamentalisten für die Rechtfertigung ihrer Gewalt ähnlicher Kategorien wie mangelhaft informierte Beobachter im Westen: Sie unterscheiden zwischen einem orthodoxen Islam, den sie für den «wahren» halten, und einem mystischen, der für sie «fehlgeleitet» ist. Der hier zugrunde liegende Denkfehler, welcher auf einem Paradigma der Spaltung beruht, ist – auch wenn er in gegenteilige Einschätzungen des Sufismus mündet – der gleiche.
Die westliche Ausprägung dieses Paradigmas nennt der amerikanische Professor für Religionsstudien Omid Safi ein «Gute Sufis, böse Muslime»-Schema. Letztlich, so Safi, sei dieses Denkmuster nur ein weiterer Versuch, den unscharfen Begriff von den «moderaten Muslimen» zu alimentieren, der in Diskussionen oft heraufbeschworen werde.

Wenn wir die Sufis vom Islam trennen, bestätigen wir unwissentlich nicht nur die Argumentationsmuster der Extremisten, sondern diskreditieren auch die übrigen Muslime. Nur die Sufis für tolerant und friedlich zu halten, impliziert, dass der Rest der Muslime nicht tolerant und friedlich sei. …
Sufis sind zudem nicht per se friedlicher oder unpolitischer als Nicht-Sufis. In vielen islamischen Ländern befanden sich Sufis an der Spitze von Revolten oder waren wichtige Stützen herrschender Regime. In Ägypten kooperierten Sufis in den sechziger Jahren mit der Regierung von Gamal Abdel Nasser und unterstützten anschliessend seine Nachfolger Sadat und Mubarak.-…..

Alles vom 11.12.2017 bitte lesen auf
https://www.nzz.ch/feuilleton/wie-wir-die-sufis-missverstehen-ld.1336869?mktcid=nled&mktcval=107&kid=_2017-12-11

 

Dem Islam fehlen die Bilder und die Bildung
Die Enge kann nur durch Kunst überwunden werden. Es waren die Malerei und die Bühnenkunst, die das Religiöse und den Mythos in der abendländischen Kultur vermenschlichten. Kunst überbrückt die Unnahbarkeit Gottes. Es fehlen die von Albrecht Dürer gemalten „Betenden Hände“. Das Wort verdrängt in der islamischen Kultur alle anderen Zeichen. …
Wer Bildung nur aus Koranversen und Prophetensprüchen bezieht, hat keine Zivilität und Feinsinnigkeit. Wer aber ohne Weltliteratur aufwächst, findet im Koran keine spirituelle Grundlage mehr für einen friedlichen, menschenfreundlichen Glauben, sondern er wird zum engstirnigen Besserwisser und ängstlichen Untertan. In welcher Sprache sollen denn sakrale Texte heute verstanden werden? Was passiert, wenn dies nicht in einer literarischen und philosophisch aufgeklärten Sprache geschieht? Wir erleben ein Verkümmern der Humanität, eine Art geistige Umnachtung, die der Gewalt Tür und Tor öffnet. ….
Alles von Zafer Zenocak vom 15.8.2016 bitte lesen auf
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article157635167/Der-Islam-ist-nicht-mehr-Weltreligion-sondern-Sekte.html
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Zafer Senocak wurde 1961 in Ankara geboren. Er wuchs in Istanbul und München auf und lebt seit 1989 in Berlin. Er ist Lyriker, Essayist und Romanautor und arbeitet in deutscher und türkischer Sprache. Sein jüngstes Buch „In deinen Worten. Mutmaßungen über den Glauben meines Vaters“ (Babel Verlag) ist eine Hommage an die Sprache, das Denken und die Liebe im Islam. Es ist ein schmales Buch, aber es hat fast vier Jahre gedauert, bis er es abschließen konnte. Er sieht es als eine Art generationenübergreifendes Vermächtnis. Und auch als Dankeschön an seinen Vater, der ihm die Liebe zur islamischen Mystik und ihrer unerschöpflichen Poesie nahebrachte, aber auch mit großem Dank an die deutsche Sprache, deren reiche Tradition ihm ermöglicht hat, dieses Buch mit ihrem spirituellen und poetischen Horizont zu schreiben.

 

Sufismus als Vorlage für europäischen Reform-Islam
„Der Islam ist als Religion gescheitert. Und zwar bereits im Jahr 622 in Mekka. Mohammed konnte die Bewohner von Mekka nicht von seinen zum Teil mystischen Offenbarungen überzeugen und musste sich nach Medina absetzen. Dort wurde aus ihm ein Kriegsherr und aus seiner Botschaft eine Herrschaftsideologie. Er und seine Nachfolger machten sich daran, angeblich in Allahs Auftrag die Welt zu erobern und Gegner zu vernichten. Sie haben das sehr erfolgreich getan, und ihre Ideologie der Herrschaft war lange Zeit siegreich. Der IS macht im Grundsatz nicht viel anderes als die Herrscher Saudiarabiens oder Irans: Er benutzt den Koran als Waffe. Der Koran ist ein rauchender Colt.“ Kelek, Absatz 4 ….
Alles zu „Der Islam – Gewalt der Reform“ von Nekla Kelek vom 17.11.2015 bitte lesen auf
https://www.nzz.ch/feuilleton/der-islam-gewalt-oder-reform-1.18647391

Europäische Muslime müssten Mystiker (Sufis) sein
Absatz 4 (von Kelek) enthält eine interessante These: Gewalt (gegen andere) als Reaktion auf ein eigenes Scheitern (im gesellschaftlichen Kontext. Das Unvermögen, andere von eigenen mystischen Erfahrungen zu überzeugen.) Dieses Scheitern ist im Gegensatz zur als Reaktion darauf gewählten Gewalt keine Schande, weil mystische Erlebnisse per Definition nicht kommunizierbar sind. Diese spielen sich ja gemäss den sie Erlebenden in der exklusiven, empfangenden Intimität mit Gott ab. Es ist also unmöglich, andere von eigenen mystischen Erlebnissen zu überzeugen.
Glücklicherweise ist aber dieses Scheitern auch eine Chance, weil es im Kern seine eigene Lösung und auch eine Lösung für unsere eigene, gewaltgeladene Gegenwart in Europa enthält: Europäische Muslime müssten Mystiker (Sufis) sein, denn (wahre) Mystiker sind per Definition Laizisten. Für Mystiker zählt ja nur ihre eigene Beziehung zu Gott, was glücklicherweise ihre Kompatibilität mit der Trennung von Religion und Staat impliziert.
Die reine BEZIEHUNG zwischen einem Mystiker und seinem Gott tangiert die Gesellschaft (inklusive Kirche und Staat), in der der Mystiker lebt, nicht und zwar per Definition der exklusiven und darum privaten (!) mystischen Beziehung. Dem Mystiker geht es essentiell nur um diese Beziehung und nicht um Bücher. Mystik impliziert also Laizismus (aber nicht umgekehrt).
Für Europa mit seinen jüdisch-christlichen Wurzeln und aufklärerischen Werten müsste also der Sufismus wegen seiner Kompatibilität mit dem europäischen Laizismus Hoffnung und Lösung bedeuten. Weder der Koran noch das alte Testament sind mit den Menschenrechten und darum mit den europäischen Verfassungen kompatibel.
17.11.2015, Simon Kramer
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Islam-Reform ist unmöglich
Eine Reform des Islam wird es nicht geben! Wie soll die denn auch aussehen? Das könnte ja nur eine westlich verordnete Sichtweise der Dinge sein. Die christlichen Kirchen haben es geschafft, ihren Christen-Gott an den jeweils zeitgemäßen Gutmensch-Mainstream an zu passen, was in krassem Gegensatz zu den Bibelpassagen steht. Betrachten Sie nur einmal entsprechende Aussagen in der Bibel zur Homosexualität, zur Onanie oder zur Stellung der Frau. Die Muslime werden sich ihren Gott nicht so zurecht biegen lassen unf genau darin liegt auch die Stärke des Islam – oder anders ausgedrückt: Die Schwäche des Christentums.
Allah läßt sich nicht demokratisieren, weil er weiß, daß das seinen Untergang bedeuten würde. Der Christen-Gott hingegen schon und eben aus diesem Grund wird er auch nicht überleben. Das ist sehr bedauerlich, weil das Neue Testament so viele gute Ansätze zu einem friedlichen Zusammenleben anbietet. Aber was nutzt das, wenn der Vater das anders sieht und Jesus ist ja nur der unerfahrene Sohn.
17.11.2015, Battistuta

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