Reichsbürger: Medien legal?

Am 7.12.2022 frühmorgens führen 3000 Beamte bundesweit ein Razzia durch und verhaften 25 mutmaßliche Reichsbürger. Bundesinnenministerin Faeser sprach unmittelbar danach von „Großrazzia“, dem „größten Antiterror-Einsatz unserer Geschichte“ und einem „verhinderten Staatsstreich“. Damit führt Faeser die Bürger in die Irre, denn ein Staatsstreich ist als Putsch von oben, nicht aber von unten definiert: Laut Duden ist ein Staatsstreich ein „illegales [gewaltsames] Absetzen einer Regierung durch andere etablierte Träger staatlicher Funktionen“. Und Reichsbürger sind keine „etablierten Träger“, sondern eine radikale Gruppierung, die von Bundesinnenminister Seehofer verboten worden ist.

Am Tag nach der Razzia läßt die Bundesinnenministerin verlauten, die „Vorbereitungen auf mögliche Umsturzphantasien“ seien „sehr konkret“ gewesen. Faeser entlarvt sich damit: 3.000 Beamte finden nur eine Pistole – alles aufgrund von Phantasien der Reichsbürger-Gruppe?
Ausgesuchte Journalisten waren vorab über die Razzia informiert worden, dadurch gingen Verhaftungen per Bild und Video um die Welt. Der Medienjournalist Stefan Niggemeier formuliert am 8.12.2022 prägnant: „Stell dir vor, es ist Razzia und alle Medien sind schon da“. https://uebermedien.de/79789/stell-dir-vor-es-ist-razzia-und-alle-medien-sind-schon-da/

Die öffentliche Vorführung von Tatverdächtigen, die zuvor strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind und für die im Rechtsstaat die Unschuldsvermutung gilt, war de Folge der Medienpräsenz. Der Kölner Medienrechtler Dr. Christian Conrad prüft in Beitrag „Ein rechts­wid­riges Medi­en­spek­takel?“ (2), ob hier ein „rechtswidriges Medienspektakel“ vorliegt mit „Verletzung von Dienstgeheimnissen“, Verstößen gegen die Verschwiegenheitspflicht sowie die „Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV)“; diese gründen auf dem § 146 des Gerichtsverfassungsgesetzes, worin steht: „Der Staatsanwalt vermeidet alles, was zu einer nicht durch den Zweck des Ermittlungsverfahrens bedingten Bloßstellung des Beschuldigten führen kann.“

Nancy Faeser bei Anne Will am 11.12.2022 auf die Frage nach der Großrazzia gegen Reichsbürger:
„Es war ernst zu nehmen, sonst hätte der Generalbundesanwalt nicht 52 Objekte untersucht und 25 Haftbefehle vollstreckt.“ Dass der Einsatz durchgeführt wurde, rechtfertigt also den Einsatz.
Nach diese Logik brauchen Politiker nie wieder um die Legitimität eines Einsatzes irgendeine Befürchtung zu hegen.
13.12.2022
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Razzia mit 3000 Polizisten gegen Reichsbürger am 7.1.2022 (8.12.2022)
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Ende des Artikels „Reichsbürger – Medien legal?“
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Beginn der Anlagen (1) und (2)

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(1) Keine Chance auf ein faires Verfahren
Wie sich Medien von Nancy Faeser bestechen lassen
Deutschlands Qualitätsmedien haben sich bei der „Reichsbürger“-Razzia gegen alle Regeln des journalistischen Handwerks für eine gigantische Regierungs-PR-Nummer vereinnahmen lassen – und sie sind auch noch stolz darauf. Sie können gar nicht mehr anders, als unabhängig von den Fakten Höchststrafen zu verlangen, denn andernfalls müssten sie sich selbst bescheinigen, einen richtig schlechten Job gemacht zu haben.
Für Deutschlands Qualitätsmedien war das erneut eine schwarze Woche. Ausgerechnet von jener Politikerin, der sie nach täglich neuen schweren Fehlern und Irrtümern nur noch mit maximaler Skepsis und Distanz begegnen sollten, deren Wirken für jede Redaktion Schutzhandschuhe, Maske und eine lange Beißzange erfordern sollte, ließen sie sich nach allen Regeln der korruptiven Kunst bestechen – und sie sind auch noch stolz darauf. Tausche Vorab-Info mit allen Namen, Orten und Uhrzeiten gegen eine gigantische Regierungs-PR-Nummer, wie sie das Land seit 1961 nicht gesehen hat – das war der Deal. Ekelhaft und gegen alle Regeln des journalistischen Handwerks, gegen Strafgesetzbuch und Verfassung.

„Wer sich für die Verbreitung oder Unterdrückung von Nachrichten bestechen lässt, handelt unehrenhaft und berufswidrig“, heißt es gleich eingangs im deutschen Pressekodex. Genau dies ist hier aber, siehe oben, geschehen. „Die Presse nimmt ihre publizistische Aufgabe fair, nach bestem Wissen und Gewissen, unbeeinflusst von persönlichen Interessen und sachfremden Beweggründen wahr.“ Das wiederum ist hier offensichtlich nicht geschehen.

„Die wirklich gefährliche Delegitimation deutscher Politik fand und findet weiterhin im Kanzleramt statt, nunmehr unter Anleitung von SPD und Grünen und mit Mehrheitsbeschaffung durch die FDP. Daran ändert auch die mediale Vorab-Hinrichtung eines staatsfeindlich gesinnten, aber nach allem, was man heute wissen kann, völlig belang- und wirkungslosen Thüringer Prinzen samt Leibkoch und Camarilla nichts. Es ist nicht strafbar, einen an der Waffel zu haben und dummes Zeug zu reden. Dass das auch so bleibt, ist nicht zuletzt auch im Interesse einer ganzen Reihe von Mitgliedern dieser Bundesregierung.
… Alles vom 11.12.2022 von Jens Peter Paul bitte lesen auf
https://www.cicero.de/innenpolitik/wie-sich-medien-von-nancy-faeser-bestechen-lassen-keine-chance-auf-ein-faires-verfahren
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(2) Ein rechts­wid­riges Medi­en­spek­takel?
Vorab informierte Journalisten bei Razzien
Von der „Reichsbürger-Razzia“ konnten viele Medien „perfekte“ Bilder liefern, denn offenbar waren sie durch staatliche Stellen vorab über Ermittlungsschritte informiert. Für Christian Conrad ist so ein Vorgehen klar rechtswidrig.
Es ist Razzienzeit in Deutschland. Erst bei den mutmaßlichen Reichsbürgern, nun bundesweite Razzien bei Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ und dem Al-Zein-Clan. Während Bildaufnahmen von der Razzia bei den Umweltaktivisten nicht bekannt sind, waren Journalisten bei den anderen beiden Razzien live dabei. Besonders bei der sogenannten „Reichsbürgerrazzia“ war auffällig, wie schnell umfassend auch in Bild und Ton berichtet wurde.

Vorab-Information an die Medien, um ein möglichst großes Medienspektakel bei der Durchführung der Ermittlungsmaßnahme zu ermöglichen, lassen sich ohne weiteres unter eine „Gefährdung des Untersuchungszwecks“ sowie eine „unnötige Bloßstellung“ subsumieren. Sie sind daher auch hiernach nicht zulässig.

Im Ergebnis stellt es sich damit aus mehreren Gründen als rechtswidrig dar, Details zu bevorstehenden Ermittlungsmaßnahmen an Medien oder andere unbeteiligte Dritte weiterzugeben. Das Verhalten ist strafbar, zumindest wenn Staatsanwälte Termine verraten, die sie nicht selbst bestimmt haben (s.o.), es verletzt deren Dienstpflichten und oft auch die Persönlichkeitsrechte der Beschuldigten sowie deren Recht auf ein faires Verfahren.
… Alles vom 15.12.2022 von Dr. Christian Conrad bitte lesen auf
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/razzia-ermittlungen-reichsbuerger-vorab-infos-medien-journalisten-rechtswidrig-strafbar/

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