Eichelspitzturm

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Kaiserstuhl: Blick von der Schelinger Viehweide nach Südosten über NSG Badberg und Eichelspitzturm zu Feldberg (links) und Belchen (rechts) im Schnee am 29.3.2008

 

Ausblick vom Eichelspitzturm

                   
(1) 12.10.2012                             (2) Totenkopf                                             (3) Badberg 29.10.2012

                   
(4) Schelingen und Katharinenberg      (5) Katharinenberg und Bahingen         (6) Eichstetten

                    
(7) Bötzingen                                               (8) Totenkopf und Vogesen                     (9) Schelingen

                   
(10) Badberg                                              (11) Eichstetten                                         (12) Bahlingen

(1) Blick nach Norden zum Eichelspitzturm am 29.10.2012
(10) Altvogtsburg, NSG Badberg und Schelingen (von links)

 

 

Bruderhäusle Eichelspitze vom Kloster am Neunlindenbuck

Mauerreste auf der zweithöchsten Erhebung des Kaiserstuhls, der 520 Meter hohen Eichelspitze auf Eichstetter Gemarkung, zeugen von Spuren mittelalterlichen Eremitenlebens. Die Steine bildeten einst einen Ableger, eine „Zelle“ des St. Petersklosters, dessen Überreste sich auf dem Neunlindenbuck finden. Über beide Funde referierten der Historiker Thomas Steffens und der Archäologe Bertram Jenisch in einem Bildvortrag im Eichstetter Dorfmuseum.

Der Neunlindenbuck ist 557 Meter hoch und erstreckt sich auf Vogtsburger und Ihringer Gemarkung. Auf dieser Höhe entdeckte der Freiburger Stadtarchivar Adolf Poinsignon 1888 die Überreste einer kleine Klosteranlage. Sie dürfte schon im 14. Jahrhundert bestanden haben und wird dem Paulinereremitenorden zugeordnet. Papst Urban V. hat im Jahr 1367 den „Orden der Fratres S. Pauli Primi Eremtae“, den Paulinerorden, anerkannt. Besonders häufig fand man Klöster dieses Ordens in Diözesen Basel und Konstanz, im Schwarzwald, am Hochrhein und dem südlichen Oberrhein. Das belegen verschiedenen Funde in diesen Regionen. Über das Paulinerkloster auf dem Neunlindenbuck gibt es gar eine „Geburtsurkunde“ von 1373. In der Folgezeit wurde, so Steffen, aus dem einstigen Kapellenanwesen ein Kloster und 1387 gab der Markgraf Hesso von Hachberg den Paulinern das Recht, den Vogtsburger Pfarrer einzusetzen. Um 1464 muss es, vermutet der Historiker, einen Bruch in der Entwicklung des Klosters gegeben haben. Ob dieser aber auf eine Zerstörung oder baulichen Verfall zurückzuführen sei, sei nicht klar. Ein Zusammenhang könnte jedoch mit der Zerstörung und Verödung des Dorfes Alt-Vogtsburg zwischen 1450 und 1460 bestehen. Das Ende des Klosters sei sehr wahrscheinlich zwischen 1530 und 1545 eingetreten. Die Reformation in der Markgrafschaft Baden 1556 haben die Pauliner vom Neunlindenbuck jedenfalls nicht mehr erlebt. Nach ihrem Weggang, so die Vermutung, sei das Kloster wohl nach und nach verfallen und in Vergessenheit geraten. Unmittelbar mit der Geschichte des vergessenen Klosters verbunden ist auch das Schicksal seines „Bruderhislis“ auf der Eichelspitze. Über dieses Gemäuer referierte der Archäologe Bertram Jenisch. Auf dem Gipfel der Eichelspitze stand im Spätmittelalter eine Kapelle, das belegten verschiedene Quellen. Dass dort auch Menschen lebten, sei durch archäologische Funde gesichert. Schon 1491 werde, so Jenisch, die Kapelle „Sanct Erhart“ in einem Urbar der Eichstetter Pfarrei erwähnt. Weiter sei auch belegt, dass 1545 das Kaiserstuhl-Kloster jährlich einen Zins von zwei Vierteln Wein von St. Erhart auf der Eichelspitze erhalten habe. Die Pfarrei Eichstetten habe auch regelmäßig den Opferstock leeren und vom Inhalt ein Drittel dem Pfarrherrn geben dürfen. Das sei ein Zeichen dafür, dass die Kapelle des öfteren von Gläubigen aufgesucht wurde, schlussfolgerte Historiker Thomas Steffen. Die Anbindung an die Pfarrei Eichstetten habe nach der Reformation offensichtlich die Aufgabe der Kapelle bewirkt. Fest steht, so Steffens, dass es durch das Paulinerkloster auf dem Neunlindenbuck und dem Bruderhaus auf der Eichelspitze eremitisches Lebens am Kaiserstuhl gab.

Wie das ehemalige Bruderhäusle auf der Eichelspitze früher ausgesehen haben dürfte, zeigte der Archäologe Bertram Jenisch an Hand von Skizzen und einer Federzeichnung von 1889. Er informierte die vielen interessierten Besucher des Vortrags über die bisherige Forschungsarbeit, die auch durch den Bau des Aus sichts turmes im Jahr 2006 ausgelöst wurde. Umfangreiches Fundmaterial, das sich mittlerweile im Museum für Ur- und Frühgeschichte im Freiburger Colombischlössle befindet, aber auch fotogrammetrische Aufnahmen aus dem Jahr 2004 würden Hinweise auf ein Haus mit einer Feuerstelle geben. Neben Keramikteilen wurde auch eine Ofenkachel mit dem Motiv eines Ritters im Turnier gefunden. Sie lasse auch den Schluss auf einen beheizten Raum zu. Indizien für die damalige Lebensweise seien auch die gefundenen Beschlagteile einer Kastentruhe und Scherben. Handwerkszeug, Maultrommeln und eine Pilgermedaille zeugen ebenfalls vom Leben im Bruderhäuschen. Um die historische und archäologische Überlieferung zu schützen, sei das Plateau auf der Eichelspitze zwischenzeitlich als Grabungsschutzgebiet ausgewiesen worden. Deshalb musste der Aussichtsturm auch etwas nördlicher als vorgesehen errichtet werden. Was sich in dem historischen Untergrund befindet, wurde zwischenzeitlich mittels Georadar erkundet. Mit dieser zerstörungsfreien Methode konnten Fundamente dokumentiert werden, die auf mindestens drei Räume hinweisen: eine Küche mit einer Feuerstelle, eine Stube mit einem Kachelofen, der von der Küche aus beheizt wurde und schließlich die kleine Kapelle. Die Reflexion der Radarimpulse lasse auf einen Grundriss von 16 mal 9 Metern schließen. Hinzu kam noch ein Kräutergärtlein innerhalb einer Mauer. Nunmehr soll die im Untergrund verborgene Struktur sichtbar gemacht werden. Dabei soll der Untergrund geschützt bleiben. Der ehemals bebaute Bereich soll mit einem Geotextil als Trennschicht abgedeckt werden. Darauf sollen die noch im Untergrund vorhandenen Fundamente mit so genannten Gabionen, Drahtkörbe gefüllt mit Bruchsteinen, nachgebildet werden. Das archäologische Objekt könne vom Aussichtsturm aus der Vogelperspektive betrachtet werden, sagte Bürgermeister Michael Bruder. Ergänzend sollen Infotafeln auf den historischen Hintergrund verweisen.
Gustav Rinklin, 31.10.2008, BZ

 

Eichelspitzturm im Kaiserstuhl eingeweiht

Der Sonntag war ein wahrhaft „großer“ Tag für Eichstetten: Mit der offiziellen Einweihung des 28 Meter hohen Aussichtsturmes auf der Eichelspitze ging ein lang gehegter Wunsch der Kaiserstuhlgemeinde in Erfüllung. Und das musste natürlich mit einem großen Fest nach Eichstetter Art gefeiert werden.

Bereits beim Waldgottesdienst nahe der Robert-Meier-Hütte sprach Pfarrvikarin Irene Hassler von der Schönheit und Weite der Schöpfung und lud zum Staunen über die Wunder dieser Erde ein. Bei den Worten „Wir müssen neu sehen lernen, was vor unseren Augen liegt“ , erhielten die Besucher eine Einstimmung auf die bevorstehende Möglichkeit, endlich den einzigartigen Rundumblick über Kaiserstuhl und Breisgauer Bucht bis hin zum Schwarzwald und den Vogesen genießen zu können. Bevor die Beteiligten dieses Gemeinschaftsprojekts zu den Scheren griffen, um das symbolische Band zu durchschneiden, lobte Bürgermeister Michael Bruder die beispiellose Solidarität, mit der die Gemeinden Eichstetten, Bötzingen, Bahlingen und Vogtsburg, das Land Baden-Württemberg, der Förderverein Eichelspitzturm sowie der Mobilfunkanbieter O2 die Finanzierung des Turmes realisierten. Sein Dank galt den Behörden für das zügige Baugenehmigungsverfahren und den Firmen für den raschen Turmbau, der gerade einmal dreieinhalb Monate gedauert hatte. Nach der musikalischen Eröffnung durch das Eichstetter Saxophon-Quartett zeigte sich auch Regierungspräsident Sven von Ungern-Sternberg beeindruckt von diesem außergewöhnlichen Turm, der einen weiteren wichtigen Mosaikstein für den Tourismus in der Region darstelle. Der Regierungspräsident betonte die Wichtigkeit der Tatsache, dass sich auch Bürger mit einem klaren Ziel für eine Sache stark machen und verwies hierbei auf den Vorsitzenden des Fördervereins, Gunther Hiss, der großen Beifall erntete. Hiss skizzierte noch einmal die Geschichte des Turm-Projekts, dessen Idee im Jahr 2000 geboren wurde. „Es war manchmal ein langer und steiniger Weg, aber er war es wert“ , befand er und überreichte Bürgermeister Bruder voller Freude einen symbolischen Scheck über 60 000 Euro aus dem Erlös des „Stufen-Sponsorings“ . 117 Stufen und 15 Podeste hatten bis zum Sonntag einen „Paten“ gefunden, nur noch zehn Stufen waren bis dahin noch „ohne“ . Vielleicht entstehen ja noch einige kreative Stufen-Texte wie dieser: „Mensch mach langsam, es kommen noch 93 Stufen!“

Joachim Sauerwald, Projektleiter beim Mobilfunkanbieter O2, der die Hälfte der Baukosten trägt, bezeichnete die gute Zusammenarbeit mit dem Förderverein, der Gemeinde Eichstetten sowie den anderen Ortschaften als einen Glücksfall. Das Telekommunikationsunternehmen wird nun in der Lage sein, die südbadische Region bis Basel über Richtfunk an das Mobilfunknetz anzubinden.

In direkter Nachbarschaft zu dieser Zukunftsinvestition befindet sich mit den Überresten des „Bruderhäusles“ ein Stück Eichstetter Geschichte, das jetzt mit Info-Tafeln ebenfalls für den Tourismus aufbereitet wurde. Wie Denkmalpfleger Bertram Jenisch und der Hobby-Archäologe Axel Lott erläuterten, wurden an dieser Ruine seit mehr als zehn Jahren interessante Funde gemacht, so zum Beispiel eine Relief-Ofenkachel mit Ritterturnier-Darstellung, glasierte Dachziegel, Fensterscherben, Werkzeuge oder eine Maultrommel. Diese Zeugnisse deuten auf eine umfriedete Einsiedelei mit Kapelle aus dem 14. Jahrhundert hin, die von Pauliner-Eremiten bewohnt wurde. Geplant seien nun Georadar-Messungen, mit denen man die Grundrissstruktur des Gebäudes ohne Grabungen erfassen und als Touristen-Attraktion ein Gebäudemodell anfertigen könne.
Während auf dem Festplatz noch fröhlich gefeiert wurde, machten sich einige Hobby-Sportler für das Schaurennen „Mountainbike gegen Läufer“ warm. Ziel war, die schnellste Fortbewegungsart zwischen dem Fohrenbuck und der Eichelspitze zu ermitteln. Als Schnellster bewältigte der Mountainbiker Jörg Scheiderbauer aus Offenburg-Rammersweier die Distanz in sechs Minuten und sechsundvierzig Sekunden, gefolgt von Fahrer Ulrich Benz (Ohlsbach) mit sieben Minuten zweiunddreißig Sekunden und dem Eichstetter Läufer Rouven Höfflin (acht Minuten und zwei Sekunden).
Christa Rinklin, 1.8.2006, Badische Zeitung

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