Freiburg1944heute

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Blick vom Schauinsland über Stohren und Münstertal ins neblige Rheintal 11/2021

 

  • Europaplatz/Friedrichring: 1944 und heute (22.11.2021)

 

Europaplatz/Friedrichring: 1944 und heute
Nach dem Krieg war der Norden Freiburgs lange eine Trümmerlandschaft
Von Peter Kalchthaler
Das Quartier im Norden der Altstadt wurde beim Bombenangriff im November 1944 nahezu ausgelöscht. Der Neubau erfolgte zum Teil erst Jahre später.
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Viele Freiburgerinnen und Freiburger hatten sich 1944 auch im sechsten Kriegsjahr in trügerischer Sicherheit gewiegt. Schließlich sei Freiburg nicht „kriegswichtig“, eine Universitäts- und Lazarettstadt ohne große Industrie. Zwar waren seit 1940 mehrfach Bomben gefallen, ein Flächenbombardement, wie es seit 1942 bereits die Städte Lübeck, Hamburg oder Köln getroffen hatte, konnte oder wollte man sich für Freiburg nicht vorstellen.
Die Institutionen sahen das durchaus realistischer. Bereits kurz nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 war der Reichsluftschutzbund ins Leben gerufen worden, der die Bevölkerung auf einen Luftkrieg vorbereiten sollte. Er wurde dank Zwangsverpflichtung zum größten Verein des Reichs. Da es in Freiburg kaum öffentliche Luftschutzräume gab, wurden Keller entsprechend ausgestattet. Auf den Dachstühlen hatte Löschmaterial bereitzustehen, dessen Einsatz regelmäßig geübt wurde.
Für Neubauten, wie für das 1935/36 gebaute Verkehrsamt, und für gewerblich genutzte private Gebäude waren Luftschutzkeller vorgeschrieben. Schon ein Jahr vor dem angeblich „überraschenden“ Kriegsausbruch 1939 wurden Kunstwerke aus dem Münster und dem Augustinermuseum ausgelagert. Ab 1943 ließ das städtische Hochbauamt, veranlasst durch die Reichsbehörden, die gesamte Altstadt systematisch dokumentieren, „damit für den Fall eines Fliegerangriffes und einer Zerstörung des Altstadtbildes photographische Unterlagen zur Hand sind“, so Oberbaudirektor Joseph Schlippe in einem Schreiben wenige Wochen vor dem Luftangriff 1944.


Früher: Der Blick aus dem Leopoldring in die Friedrichstraße (heute: Friedrichring) nach Westen entstand um 1950.


Heute: Das 2017 eröffnete Motel One ist bereits der zweite Nachfolge-Neubau nach der Zerstörung des Eckhauses.

Die Bomben des 27. November zerstörten große Teile des kurz zuvor noch weitgehend intakten, über Jahrhunderte gewachsenen und veränderten Stadtbildes. Besonders schwer hatte es den Nordwesten und Norden des Stadtgebiets getroffen. Hier hatten Spreng- und Brandbomben ganze Arbeit geleistet. Vom Münsterplatz mit dem weitgehend unzerstört gebliebenen Münster ging der Blick nahezu frei zum Karlsplatz. Das seit etwa 1830 vor dem Ruinengürtel der ehemaligen Festung entstandene Klinik- und Institutsviertel der Universität mit der benachbarten evangelischen Ludwigskirche lag völlig in Trümmern.

Unter den Fotografen, die die Zerstörung und den Wiederaufbau der Stadt dokumentiert haben, sticht Egon Fehrenbach (1908 bis 1999) hervor. Als Bewohner der Altstadt und Zeitzeuge war Egon Fehrenbach bereits unmittelbar nach dem Angriff in der Nachbarschaft unterwegs gewesen und wurde zum wichtigen Dokumentar des Zeitgeschehens, der auch immer wieder das öffentliche Leben festgehalten hat. Seine Familie betrieb die „Breisgau-Drogerie“ in der Rathausgasse 11. Schon Egon Fehrenbachs gleichnamiger Vater war als Fotograf aktiv. Auch er hatte in seiner Ausbildung zum Drogisten fundierte fotografische Kenntnisse erworben und war schon Ende der 1920er Jahre mit seiner Leica in der Stadt unterwegs. Im Sommer 1939 fotografierte er ganz privat mit einem damals extrem seltenen Farbdiafilm Szenen vom Freiburger Kreisparteitag der NSDAP – geradezu entlarvende Zeitdokumente fernab der üblichen Parteipropaganda. Einige der Bilder waren 2016 im Augustinermuseum im Rahmen der NS-Ausstellung zu sehen. Der 1944 geborene Sohn des Fotografen, auch er trägt den Vornamen des Vaters und Großvaters, hatte sie zusammen mit weiteren Aufnahmen den Städtischen Museen überlassen. Im vorigen Jahr ergänzte er die Schenkung durch eine Serie von Fotos aus dem späten 1940er und frühen 1950er Jahren. Daher stammt das gezeigte historische Bild.
Egon Fehrenbachs Foto zeigt den Blick vom Leopoldring nach Westen in die völlig zerstörte Friedrichstraße (heute: Friedrichring), die zuvor mit zahlreichen Geschäften zu Freiburgs wichtigsten Flaniermeilen gezählt hatte. Dies zeigt auch die um 1890 entstandene Aufnahme aus dem Atelier Hase & Sohn in die Gegenrichtung.

Im Anschnitt rechts erkennt man auf dem Fehrenbach-Bild den ausgebrannten Eckturm des später wiederaufgebauten Merian-Sautierschen Hauses. Auf einer Verkehrsinsel wartet eine Gruppe von Fahrgästen auf die herannahende Straßenbahn der Linie 5 nach Herdern. Die mit Werbeplakaten gepflasterte Litfaßsäule und der aus den Trümmern sprießende, schon recht hohe Bewuchs zeigen, dass die Aufnahme einige Jahre nach dem Angriff entstanden ist. Erst nach 1960 waren die Trümmergrundstücke entlang des Friedrichrings wieder komplett bebaut.

Auf dem Eckgrundstück entstand Ende der 1950er Jahre ein zweiteiliger Bürobau mit einem fünfgeschossigen Baukörper und einem westlich anschließenden Achtstöcker. Mit Flachdächern setzte sich das Gebäude samt seinen Nachbarn zwischen Habsburger- und Rheinstraße deutlich von den seitens der Bauverwaltung propagierten Grundsätzen ab und wollte offenbar an dieser wichtigen Stelle bewusst einen modernen Akzent setzen. Auch der einst unter anderem von der Rentenversicherung, dem Bertelsmann-Buchclub und dem Herdhaus Stilz genutzte Gebäudekomplex ist wieder Geschichte. Die markante Kubatur der Vorgänger nimmt – mit erhöhter Geschoßzahl – der 2017 fertiggestellte Neubau des Motel One auf, den die Frankfurter Architekten Landes & Partner geplant haben.
… Alles vom 22.11.2021 von Peter Kalchthaler bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/nach-dem-krieg-war-der-norden-freiburgs-lange-eine-truemmerlandschaft–206620953.html

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