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Tektonik im Oberrheingraben: Grundwasser, Erdwärme

Niedrigwasser der Elz bei Freiburg am 15.7.2022 – Hitze

 

Die oberrheinische Tiefebene zwischen Basel und Lauterbourg ist mit 45 Milliarden Kubikmetern an Grundwasser einer der größten Wasserspeicher Europas
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Elsässer Gewässerexperte: Grundwasser, Mais, Normalität
Landwirte beuten das Wasser aus
Die Rekordhitze dieses Sommers hat auch im Elsass Folgen für die Gewässer. Die angespannte Lage wäre vermeidbar gewesen, ist Daniel Reininger vom Naturschutzverband Alsace Nature überzeugt. Ohne ein radikales Umdenken, führt er im Gespräch mit Bärbel Nückles aus, werde sich der Verteilungskampf um die Wasservorräte zuspitzen.

BZ: Herr Reininger, auf welche wichtigen Wasserreserven greift das Elsass zurück?
Reininger: Wir haben den Rhein, das Grundwasser und Flüsse, die aus dem Mittelgebirge gespeist werden. Das oberrheinische Grundwasser zwischen Basel und Lauterbourg ist mit 45 Milliarden Kubikmetern einer der bedeutendsten Wasserspeicher Europas. In den elsässischen Vogesen wurden im 19. Jahrhundert mit Beginn der Industrialisierung zudem Seen angelegt, die die Flüsse speisen sollten. Damit war auch sichergestellt, dass die Textilindustrie mit Wasser versorgt war. Eine ähnliche Strategie stand dahinter, als vor etwa 30 Jahren bei Michelbach ein Speichersee angelegt wurde. Er versorgt über den Zufluss der Doller Mulhouse mit Trinkwasser. Das hat auch angesichts der Hitze in diesem Sommer funktioniert.
„Was wir jetzt als Krise bezeichnen, wird Normalität werden.“
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BZ: Das war ziemlich vorausschauend.
Reininger: Ja, auch dass die Fecht auf der Höhe von Colmar nicht austrocknet, sichern vier Seen in den Vogesen ab (Altenweiher, Lac du Schiessrothried, Lac Vert, Lac du Forlet – d. Red.) Unsere Region war ja schon früher im Sommer mehr oder weniger trocken. Mit diesem Wissen hat man die Seen angelegt, die im Herbst und Winter über Regen und Schnee aufgefüllt wurden. Dieses Zusammenwirken natürlicher Ressourcen und technischer Eingriffe macht uns im französischen Vergleich gerade zu einer eher privilegierten Region. Aber die Trockenheit erreicht ja ein nie dagewesenes Maß. Was wir jetzt als Krise bezeichnen, wird Normalität werden. Ohne genügend Regen nützen auch solche Seen nichts.

BZ: Das Elsass befindet sich je nach Gebiet derzeit im Krisenmodus oder auf der Warnstufe davor. Das bedeutet, dass die Präfekturen die Wassernutzung für den privaten Gebrauch, aber auch für die Bewässerung von Grünanlagen begrenzen oder ganz verboten haben. Bringt das etwas?
Reininger: Für mich ist das Stückwerk. Wir werden die Krise nicht meistern, indem wir für ein paar Wochen die Geranien nicht gießen dürfen. Natürlich muss die Trinkwasserversorgung oberste Priorität haben. Stärker im Vordergrund stehen müssten aber auch die natürlichen Lebensräume statt der Landwirtschaft.

BZ: Ist deren Wasserbedarf so groß?
Reininger: Allein im Haut-Rhin werden auf 35 000 Hektar Getreide beregnet, größtenteils handelt es sich um Mais. Das nötige Wasser beziehen die Bauern aus dem Grundwasser. Wobei das nicht überall problematisch ist. In der Hardt bei Fessenheim liegt das Grundwasser tief. Sinkt dort der Spiegel, leidet die Natur oben weniger als die Feuchtgebiete im Ried, also im Zentralelsass, wo der Maisanbau oberflächennah Wasser entnimmt und in einer Lage wie jetzt die Flüsse austrocknet und damit die Biodiversität zerstört.
BZ: Wie ließe sich früh gegensteuern?
Reininger: Die aktuelle Trockenheit war nach einem regen- und schneearmen Herbst und Winter vorhersehbar. Man hätte bereits im Frühjahr den Landwirten ankündigen müssen: Wenn ihr Mais anbaut, könnte es sein, dass ihr ihn nicht beregnen könnt. Dann hätte man umsteuern können. So etwas passiert aber nicht. Die Politik knickt immer wieder vor der Agrarlobby ein, statt mutig zu handeln.

BZ: Aber ist es nicht richtig, dass die Bauern zu ihrem Recht kommen? Schließlich geht es um die Versorgung mit Lebensmitteln.
Reininger: So einfach ist das nicht. Ein hoher Anteil des Maises, der im Elsass angebaut wird, wird industriell weiterverarbeitet, zum Beispiel zu Glukose. Die ließe sich auch aus Weizen herstellen, der viel weniger Wasser verbraucht. Die Herbizide, die beim Maisanbau zum Einsatz kommen, belasten zudem das Trinkwasser. Ich könnte noch weitere solche Faktoren nennen. Auch wenn wir allein damit die Klimaerwärmung nicht aufhalten: Ohne eine Landwirtschaft, die Wasserreserven und Böden weniger ausbeutet, wird sich nichts ändern.
… Alles vom 19.8.2022 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/elsaesser-gewaesserexperte-was-wir-jetzt-als-krise-bezeichnen-wird-normalitaet-werden

Daniel Reininger (70) leitete vor seinem Ruhestand die staatliche Behörde für Gewässerschutz für das Südelsass (Haut-Rhin). Von 2015 bis 2020 war er Vorsitzender des Naturschutzverbands Alsace Nature und ist dort nach wie vor für alle Fragen zum Thema Wasser zuständig.