Rechte bequem – Linke aktiv?

„Ich sehe voll Sorge, daß die Linke immer öfter den politischen Sachdiskurs verweigert und Opponenten diskreditiert, ja dämonisiert. … Indem Opponenten zu Populisten oder Extremisten erklärt werden. Dafür reicht vielen Linken schon der Umstand, daß man aus „rechtspopulistischen“ Medien zitiert. Dazu gibt er ein konkretes Beispiel: Unlängst hatte ich einen Beitrag von netzpolitik.org getwittert. Niemand beanstandete, daß dieses Portal dezidiert links, wenn nicht linkspopulistisch ist. Ein paar Tage später hat bei meinem Tweet zu einer Meldung auf journalistenwatch.com schon der Umstand genügt, daß das Portal „rechts“ ist, um Empörung auszulösen.
Das ist genau das, was ich eben geschildert habe: Die Verweigerung der inhaltlichen Debattedenn kritisiert wurde nicht der Inhalt, sondern die Quelle. Diese Diskursverweigerung ist schädlich für unsere Demokratie – und zeigt, daß ein erheblicher Teil der Linken offensichtlich demokratieunwillig oder gar -unfähig ist.“
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Zu dieser Klage von Hans-Georg Maaßen, daß Grünlinks einen sachlichen Diskurs verhindere, mag man stehen wie man will – das Erfreuliche daran ist, dass Maaßen seine Klage an einem konkreten Beispiel festmacht:
Maaßen äußert sich rein sachlich auf der linken Plattform Netzwelt.org – alles OK so. Dann äußert sich Maaßen ebenso sachlich auf der rechten Plattform Journalistenwatch.org, und sogleich brechen Shitstorm und Empörung los. Das führt zu drei Fragen:
(1) Behindern die Medien an sich die sachliche politische Auseinandersetzung, oder sind es die hinter den Medien agierenden Claqueure mit ihren Postings und Tweets, die dann wiederum von Online-Plattformen sowie Print-Zeitungen zur Untermauerung zitiert werden?
(2) Agieren die linken „Fans“, Foristen bzw. Kommentarschreiber viel aktiver und wacher als die eher bequemen und trägen („uns gehts ja so gut“) Rechtskonservativen?
(3) Kommt es weniger auf den sachlichen Inhalt einer politischen Meinung an als auf die Quelle bzw. das Medium, das diese transportiert?
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Die linke Dominanz zeigt sich nicht nur in den Medien, sondern auch bei Demonstrationen: Keine vermeintlich rechte Demo ohne Gegendemo von links – oft können nicht einmal Trauerbezeugungen (Kandel, Freiburg, Hamburg) ohne ohrenbetäubende Antifa-Trillerpfeifen durchgeführt werden. Auf der anderen Seite sind Gegendemos von rechts Fehlanzeige.
Das Demonstrationsrecht (kaum Respekt für abweichende Stimmen) ist zur Farce verkommen, die Diskussionskultur (kaum Raum für andere Debatten) ist verschwunden. Ohne diese Pfeiler der Meinungsfreiheit (im Sinne von die eigene Meinung äußern wie auch der Meinung anderer zuhören) kann unsere Demokratie auf Dauer nicht bestehen. Ai Weiwei, von der „freien Welt“ gefeierter chinesischer Künstler und Dissident, hat das erkannt:
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„Deutschland ist keine offene Gesellschaft.
Es ist eine Gesellschaft, die offen sein möchte,
aber vor allem sich selbst beschützt.
Die deutsche Kultur ist so stark,
so daß sie nicht wirklich andere Ideen und Argu­­mente akzeptiert.
Es gibt kaum Raum für andere Debatten,
kaum Respekt für abweichende Stimmen.“
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Mit diesen deutlichen Worten begründet der linke Ai Weiwei in der „Welt“ vom 9. August 2019, warum er Berlin und Deutschland verlassen wird – ein Deutschland, dessen Kultur von Political Correctness besetzt ist.
Man stelle sich vor, obiges Statement käme nicht von Ai Weiwei, sondern von Katrin Göring-Eckart, Horst Seehofer, Heinrich Bedford-Strohm, Annalena Baerbock oder Gerhard Schröder – unvorstellbar.
Man stelle sich vor, dieses Statement käme nicht von Ai Weiwei, sondern von Necla Kelek, Bassam Tibi, Imad Karim, Hamed Abdel-Samad oder Ahmad Mansour – gut vorstellbar.
Gerade Menschen mit Migrationshintergrund sehen oft klarer, trauen sich ihre Meinung zu sagen und werden gehört. Während es sich die „schon immer hier Lebenden“ gerne bequem machen und schweigen. Mein alter VWL-Professor pflegte in den 1970er Jahren zu sagen „Jede Rezession bringt die Schweigenden zum Sprechen“. Nun ja – eine Rezession ist derzeit im Anmarsch.
20.8.2019

 

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